Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

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Skeptiker

Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Skeptiker »

Selina hat geschrieben:(18 May 2020, 17:20)
Ja, ich finde auch: Das hast du wirklich gut und treffend zusammengefasst. Ich hatte immer geglaubt, das sei inzwischen Allgemeinwissen und eine Art Basis-Konsens in der Gesellschaft. Aber offenbar eben nicht ;)
Woran machst du das fest, dass es kein Allgemeinwissen ist? Was ich hier sehe ist, dass Selbstverständlichkeiten postuliert werden, die auch von anderen nicht bestritten werden, dennoch die ersteren den zweiteren das pauschal unterstellen und sich in ihrer Empöhrung gegenseitig pushen.

Um es mal anders zu formulieren: Für Astronomen ist auch die Sonne nur ein Stern. Das mag für Hippies eine Provokation sein, weil die einen anderen sinnesmäßigen Zugang zur Sonne haben - dennoch ist die Sonne aus wissenschaftlicher Sicht halt "nur" ein Stern - aber eben ein besonderer für uns. Es ist keine Relativierung der Rolle der Sonne, sie einen Stern zu nennen - es ist schlicht korrekt.

Niemand leugnet Ausmaß und Besonderheit deutscher Kriegsverbrechen im zweiten Weltkrieg. Widerlich ist es allerdings die deutschen Kriegsverbrechen zum Anlass zu nehmen die Verbrechen der anderen nicht mehr sachlich beschreiben zu dürfen. Das läuft nämlich auf eine Geschichtsfälschung hinaus.
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Quatschki
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Quatschki »

conscience hat geschrieben:(18 May 2020, 17:44)

Fangen wir mal mit einem richtigen Kriegsverbrechen an: Katyn 1940
Das war genau genommen ein Friedensverbrechen,
da die Sowjetunion nach (in Russland bis heute noch geltender) eigener Auffassung ja erst am 22.Juni 1941 unverschuldet in den Krieg hineingerissen wurde.

Ich finde ja, dass Verbrechen, die im Frieden stattfanden, nochmal anders zu bewerten sind als solche, wo ein ganzes Land im Krieg steht.
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Ammianus
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Ammianus »

Quatschki hat geschrieben:(19 May 2020, 10:15)

Das war genau genommen ein Friedensverbrechen,
da die Sowjetunion nach (in Russland bis heute noch geltender) eigener Auffassung ja erst am 22.Juni 1941 unverschuldet in den Krieg hineingerissen wurde.

Ich finde ja, dass Verbrechen, die im Frieden stattfanden, nochmal anders zu bewerten sind als solche, wo ein ganzes Land im Krieg steht.
In Endeffekt war die Sowjetunion von Anfang an am Krieg beteiligt. Ohne den entsprechenden Vertrag wäre für Hitler das Risiko größer gewesen Polen zu überfallen. Stalin wartete ab bis die polnische Niederlage sicher war und betätigte sich dann als Leichenflederer. Aber auch Frankreich und England hatten Vorschub geleistet mit dem Münchner Abkommen und als sie dann die Besetzung der Resttschechei quais akzeptierten.
Wie vertraglich mit den Nazis vereinbart besetzte die Sowjetunion dann das Baltikum und schaltete jeglichen Widerstand mit Morden und Deportationen aus. Dann wurden an Finnland Gebietsforderungen gestellt und als Helsinki sich weigerte das Land angegriffen. Die Bolschewisten schufen sogar eine provisorische Regierung mit der sie ein kommunistisches Vasallenregime nach ihrem Sieg errichten wollten. Doch Stalin hatte durchTerror und Massenmord am Offizierskorps die Rote Armee derartig geschwächt. Das sie nach einem Monat unter großen Verlusten nicht allzu weit voran gekommen waren. Damit hatten sie wiederum Finnland zum potentiellen Partner für Hitlers Überfall im Juni 41 gemacht.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Sungawakan »

Vielleicht meinte er definitiv nicht nur um deutsche Kriegsverbrechen.
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conscience
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von conscience »

So wichtig ist der Einwand von Quatschkowski nicht ;)
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Selina
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Selina »

Skeptiker hat geschrieben:(19 May 2020, 09:41)

Woran machst du das fest, dass es kein Allgemeinwissen ist? Was ich hier sehe ist, dass Selbstverständlichkeiten postuliert werden, die auch von anderen nicht bestritten werden, dennoch die ersteren den zweiteren das pauschal unterstellen und sich in ihrer Empöhrung gegenseitig pushen.

Um es mal anders zu formulieren: Für Astronomen ist auch die Sonne nur ein Stern. Das mag für Hippies eine Provokation sein, weil die einen anderen sinnesmäßigen Zugang zur Sonne haben - dennoch ist die Sonne aus wissenschaftlicher Sicht halt "nur" ein Stern - aber eben ein besonderer für uns. Es ist keine Relativierung der Rolle der Sonne, sie einen Stern zu nennen - es ist schlicht korrekt.

Niemand leugnet Ausmaß und Besonderheit deutscher Kriegsverbrechen im zweiten Weltkrieg. Widerlich ist es allerdings die deutschen Kriegsverbrechen zum Anlass zu nehmen die Verbrechen der anderen nicht mehr sachlich beschreiben zu dürfen. Das läuft nämlich auf eine Geschichtsfälschung hinaus.
Wieso? Du kannst die "Verbrechen der anderen" doch gerne "sachlich beschreiben". Wieso solltest du das nicht "dürfen"? Das wurde hier doch auch bereits getan. Ich für meinen Teil interessiere mich als Deutsche und als Internationalistin nun mal besonders für die deutsche Schuld, die besonders groß und umfassend war, und für die deutsche Verantwortung, so etwas nie wieder zuzulassen.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von TheManFromDownUnder »

Selina hat geschrieben:(19 May 2020, 12:47)

Wieso? Du kannst die "Verbrechen der anderen" doch gerne "sachlich beschreiben". Wieso solltest du das nicht "dürfen"? Das wurde hier doch auch bereits getan. Ich für meinen Teil interessiere mich als Deutsche und als Internationalistin nun mal besonders für die deutsche Schuld, die besonders groß und umfassend war, und für die deutsche Verantwortung, so etwas nie wieder zuzulassen.
Gerade, wenn du dich als Internationalistin beschreibst, solltest du dich auch fuer Kriegsverbrechen der andern interessieren, zB die russischen Vergewaltiger Horden! Die Vertreibung und Verbrechen an Sudeten Deutschen, Schlesiern usw.

Wer den moralischen Finger erhebt sollte selbst keinen Dreck am Stecken haben.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Selina »

TheManFromDownUnder hat geschrieben:(19 May 2020, 13:06)

Gerade, wenn du dich als Internationalistin beschreibst, solltest du dich auch fuer Kriegsverbrechen der andern interessieren, zB die russischen Vergewaltiger Horden! Die Vertreibung und Verbrechen an Sudeten Deutschen, Schlesiern usw.

Wer den moralischen Finger erhebt sollte selbst keinen Dreck am Stecken haben.
Auch Wehrmachtsangehörige haben während des Aggressionskrieges gegen die Sowjetunion vergewaltigt. Und das nicht zu knapp. Und während der Befreiung und kurz danach noch gab es unzählige Vergewaltigungen nicht nur durch sowjetische Armeeangehörige, sondern auch durch die anderen Alliierten. Die Amerikaner zum Beispiel waren da auch groß drin. Wird nur immer ausgeblendet.
Zuletzt geändert von Selina am Di 19. Mai 2020, 13:45, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Skeptiker »

Selina hat geschrieben:(19 May 2020, 12:47)

Wieso? Du kannst die "Verbrechen der anderen" doch gerne "sachlich beschreiben". Wieso solltest du das nicht "dürfen"? Das wurde hier doch auch bereits getan. Ich für meinen Teil interessiere mich als Deutsche und als Internationalistin nun mal besonders für die deutsche Schuld, die besonders groß und umfassend war, und für die deutsche Verantwortung, so etwas nie wieder zuzulassen.
Du hast nicht auf meine Frage geantwortet. Ist die dir unangenehm?
Woran machst du fest, dass das was der User beschrieben hatte nicht allgemein bekannt ist? Bitte einfach kurz zitieren, damit ich verstehe, wie du auf den Gedanken kommst. Danke.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Selina »

Skeptiker hat geschrieben:(19 May 2020, 13:45)

Du hast nicht auf meine Frage geantwortet. Ist die dir unangenehm?
Woran machst du fest, dass das was der User beschrieben hatte nicht allgemein bekannt ist? Bitte einfach kurz zitieren, damit ich verstehe, wie du auf den Gedanken kommst. Danke.
Dieser Gedanke ergibt sich unter anderem aus der seitenlangen Diskussion hier. Falls ich mich täuschen sollte, umso besser.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Europa2050 »

Selina hat geschrieben:(19 May 2020, 13:38)

Auch Wehrmachtsangehörige haben während des Aggressionskrieges gegen die Sowjetunion vergewaltigt. Und das nicht zu knapp. Und während der Befreiung und kurz danach noch gab es unzählige Vergewaltigungen nicht nur durch sowjetische Armisten, sondern auch durch die anderen Alliierten. Die Amerikaner zum Beispiel waren da auch groß drin. Wird nur immer ausgeblendet.
Tut mir leid, das ist mir trotzdem zu viel Tätersicht.

Dem Opfer in Minsk oder Berlin oder Bremen ist es völlig egal, ob das die Rotarmisten, Wehrmachtssoldaten oder GI‘s auch getan haben.
Das Opfer hat Wehrlosigkeit, Erniedrigung und oft Tod erlebt, und das ist, was zählt.

Und dass die Deutschen mit Kriegsverbrechen Und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angefangen haben und auch die grausame Messlatte gelegt haben, die keiner mehr erreicht hat, ist zwar Fakt, ist für eine Schuldbetrachtung der Täter und ihrer Unterstützer/Dulder/Mitläufer auch wichtig - den Opfern hilft es trotzdem nicht.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Selina »

Europa2050 hat geschrieben:(19 May 2020, 13:53)

Tut mir leid, das ist mir trotzdem zu viel Tätersicht.

Dem Opfer in Minsk oder Berlin oder Bremen ist es völlig egal, ob das die Rotarmisten, Wehrmachtssoldaten oder GI‘s auch getan haben.
Das Opfer hat Wehrlosigkeit, Erniedrigung und oft Tod erlebt, und das ist, was zählt.

Und dass die Deutschen mit Kriegsverbrechen Und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angefangen haben und auch die grausame Messlatte gelegt haben, die keiner mehr erreicht hat, ist zwar Fakt, ist für eine Schuldbetrachtung der Täter und ihrer Unterstützer/Dulder/Mitläufer auch wichtig - den Opfern hilft es trotzdem nicht.
Da hast du recht. Allerdings ging es gerade im Post eines Users um die "russischen Vergewaltiger-Horden". Diese einseitige Sicht wird von Generation zu Generation weitergetragen. Wie differenziert das mit den Vergewaltigungen wirklich war, findest du hier (wobei ich deinen ersten heutigen Kommentar zur Opfersicht sehr gut fand):

https://www.deutschlandfunk.de/zweiter- ... _id=318892
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Skeptiker »

Selina hat geschrieben:(19 May 2020, 13:47)

Dieser Gedanke ergibt sich unter anderem aus der seitenlangen Diskussion hier. Falls ich mich täuschen sollte, umso besser.
Die seitenlange Diskussion ist Ergebnis des Unverständnisses, dass man hier selbstverständlich Kriegsverbrechen aller Kriegsparteien des Zweiten Weltkrieges diskutieren darf. Da beisst sich die Katze in den Schwanz.

Das hat was von „Jeder der Jehova sagt ist ein Ketzer“. Das bestreitet derjenige. Der Streit wird dann als Beweis angeführt „Siehst du, wäre es nicht so, dann bräuchte es den Streit darüber nicht geben“. So stelle ich mir Unterhaltungen in der Klapse vor ...
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Selina »

Skeptiker hat geschrieben:(19 May 2020, 14:04)

Die seitenlange Diskussion ist Ergebnis des Unverständnisses, dass man hier selbstverständlich Kriegsverbrechen aller Kriegsparteien des Zweiten Weltkrieges diskutieren darf. Da beisst sich die Katze in den Schwanz.

Das hat was von „Jeder der Jehova sagt ist ein Ketzer“. Das bestreitet derjenige. Der Streit wird dann als Beweis angeführt „Siehst du, wäre es nicht so, dann bräuchte es den Streit darüber nicht geben“. So stelle ich mir Unterhaltungen in der Klapse vor ...
Du sagst immer "darf" und "dürfen". Noch mal: Niemand verbietet dir, hier über die Kriegsverbrechen zu schreiben, die du ebenfalls erwähnt wissen willst.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Keoma »

Selina hat geschrieben:(19 May 2020, 13:59)

Da hast du recht. Allerdings ging es gerade im Post eines Users um die "russischen Vergewaltiger-Horden". Diese einseitige Sicht wird von Generation zu Generation weitergetragen. Wie differenziert das mit den Vergewaltigungen wirklich war, findest du hier (wobei ich deinen ersten heutigen Kommentar zur Opfersicht sehr gut fand):

https://www.deutschlandfunk.de/zweiter- ... _id=318892
Nicht schon wieder der Gebhardt ihre Kaffeesudleserei.
Der Gescheitere gibt nach!
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Skeptiker »

Selina hat geschrieben:(19 May 2020, 14:07)

Du sagst immer "darf" und "dürfen". Noch mal: Niemand verbietet dir, hier über die Kriegsverbrechen zu schreiben, die du ebenfalls erwähnt wissen willst.
Ich „will“ hier garnichts. Ich kann es nur nicht einfach stehenlassen, wenn pathetischer Unsinn erzählt wird um andere Foristen in eine Ecke zu stellen.

Schön, dass wir das nun geklärt haben.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Selina »

Keoma hat geschrieben:(19 May 2020, 14:08)

Nicht schon wieder der Gebhardt ihre Kaffeesudleserei.
Ach? Du zweifelst an den Aussagen und Zahlen, die belegen, dass auch die anderen Alliierten vergewaltigt haben?
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Keoma »

Selina hat geschrieben:(19 May 2020, 14:12)

Ach? Du zweifelst an den Aussagen und Zahlen, die belegen, dass auch die anderen Alliierten vergewaltigt haben?
Ich bezweifle kein Vergewaltigungen, nur bezweifle ich die Wissenschaftlichkeit von Frau Gebhardts Studien.
Ihre Zahlen sind mehr oder weniger in der Kristallkugel entstanden.
Niemand kann nämlich die tatsächlichen Taten quantifizieren.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Selina »

Keoma hat geschrieben:(19 May 2020, 14:15)

Ich bezweifle kein Vergewaltigungen, nur bezweifle ich die Wissenschaftlichkeit von Frau Gebhardts Studien.
Ihre Zahlen sind mehr oder weniger in der Kristallkugel entstanden.
Niemand kann nämlich die tatsächlichen Taten quantifizieren.
Hast du eine Quelle dafür, wo die Angaben widerlegt werden?
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Elmar Brok »

Keoma hat geschrieben:(19 May 2020, 14:15)

Ich bezweifle kein Vergewaltigungen, nur bezweifle ich die Wissenschaftlichkeit von Frau Gebhardts Studien.
Ihre Zahlen sind mehr oder weniger in der Kristallkugel entstanden.
Niemand kann nämlich die tatsächlichen Taten quantifizieren.
Aber genau zu dieser Ungenauigkeit steht sie doch scheinbar, wenn man den Artikel durchliest. Sie gibt ja selber zu, dass es sich hierbei um eine Schätzung handelt. Den Aspekt, dass die Vergewaltigungszahlen der Alliierten kaum/nicht ermittelbar sind, ist doch ein Erkenntnisgewinn. Solange sie betont, dass ihre Zahlen kaum/keine wissenschaftliche Grundlage habe, sehe ich das Problem nicht so wirklich.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Keoma »

Selina hat geschrieben:(19 May 2020, 14:18)

Hast du eine Quelle dafür, wo die Angaben widerlegt werden?
Frag doch mal die Frau Gebhardt, wo sie ihre Zahlen her hat.

Aber auch hier
https://www.welt.de/geschichte/zweiter- ... ungen.html
werden Zweifel ausgedrückt.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Keoma »

Elmar Brok hat geschrieben:(19 May 2020, 14:25)

Aber genau zu dieser Ungenauigkeit steht sie doch scheinbar, wenn man den Artikel durchliest. Sie gibt ja selber zu, dass es sich hierbei um eine Schätzung handelt. Den Aspekt, dass die Vergewaltigungszahlen der Alliierten kaum/nicht ermittelbar sind, ist doch ein Erkenntnisgewinn. Solange sie betont, dass ihre Zahlen kaum/keine wissenschaftliche Grundlage habe, sehe ich das Problem nicht so wirklich.
Von mir aus.
Aber halbgare Schätzungen haben meiner Ansicht nach nichts mit Wissenschaft zu tun.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Dark Angel »

Jessie hat geschrieben:(19 May 2020, 07:42)
Die These von @Dark Angel, nach der auch Kriegsgefangene wie aktive Soldaten zu betrachten seien, die wussten, dass sie in einem Krieg sterben könnten, scheint mir widerlegt.
Bitte die Aussagen nicht verdrehen! Es ging um Opfer und ich habe geschrieben, Opfer sind nur Angehörige der Zivilbevölkerung. Militärangehörige sind keine Opfer. Man kann nicht die Militärangehörigen der einen Kriegspartei, die in Gefangenschaft gerieten, verhungerten, zu Zwangsarbeit gezwungen oder ermordet wurden oder gefallen sind, als Opfer betrachten, die der anderen jedoch nicht. Das funktioniert nicht!
Entweder Militärangehörige sind (auch) Opfer, dann jedoch Militärangeörige aller Kriegsparteien oder sie sind keine Opfer, dann wiederum aller Kriegsparteien.
Also: gar nichts "scheint widerlegt"!
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Dark Angel »

Europa2050 hat geschrieben:(19 May 2020, 09:32)

Wie bei jedem Verbrechen gibt es auch hier zwei Sichten - die Tätersicht und die Opfersicht.

Die Tätersicht ist durch die bereits zitierte Himmler-Rede offensichtlich. Hier machen die Täter tatsächlich einen Unterschied zwischen „bedingungslos umbringen„ und „versklaven und unter größtmöglichen Verlusten ausbeuten“.
Was in der genannten Rede gut rauskommt ist aber das Grundübel - die Kollektivierung. Himmler selbst betont, dass es nicht um die individuelle Beziehung von Otto-Normaldeutschem zu Salomon-Normaljude geht, sondern um den Kampf zweier Kollektive, dem man sich unterzuordnen habe. (Und das war in Kambodscha, Srebrenica oder Ruanda nicht anders ...)

Mir ist hier - von (fast) allen Diskutanten - die Tätersicht zu überrepräsentiert. Das hat sicherlich seine Gründe, erstens sind die Deutschen die Täter und zweitens bietet eine Diskussion der Tätersicht als einziges eine Chance, Wiederholungen zu verhindern.

Im Sinne eines tieferen Verständnis ist es aber eben auch nötig, die Opfersicht einzunehmen.
Die des jüdischen Opfers, das wusste, nur aufgrund seiner Herkunft von einem allgegenwärtigen Feind für den Tod vorgesehen zu sein und in seiner Machtlosigkeit kein Entrinnen zu haben.
Aber auch die des osteuropäischen Opfers, in einer Arbeitskolonne unter ständigem Hunger in den Tod getrieben oder von einem launischen Wehrmachtsangehörigen exekutiert zu werden, weil es nicht laut genug HH gerufen hatte und in seiner Machtlosigkeit ebenfalls kein Entrinnen zu haben.

Beide haben im Moment ihrer Entrechtung und Ermordung wohl kaum einen Vergleich gezogen ...

Meiner Meinung gibt es hier keinen Vergleich, weil Leid nicht vergleichbar ist. Das eigene Leid ist immer das schlimmste. Und ja, diese Sicht halte ich nicht für unmoralisch.
Es gibt kein fremdes Leid" Konstantin Simonow (1981)
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Selina »

Dark Angel hat geschrieben:(19 May 2020, 14:49)

Es gibt kein fremdes Leid" Konstantin Simonow (1981)
Verrückt, aber das war nach dem Kommentar von Europa2050 auch mein erster Gedanke. Simonow. "Es gibt kein fremdes Leid", "Man wird nicht als Soldat geboren", "Die Lebenden und die Toten"...
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(19 May 2020, 14:58)

Verrückt, aber das war nach dem Kommentar von Europa2050 auch mein erster Gedanke. Simonow. "Es gibt kein fremdes Leid", "Man wird nicht als Soldat geboren", "Die Lebenden und die Toten"...
Tja, sämtliche Bücher von Konstantin Simonow waren zur Regierungszeit Stalins verboten. Warum wohl?
Sie durften erst nach Stalins Tod verlegt werden.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Selina »

Dark Angel hat geschrieben:(19 May 2020, 15:03)

Tja, sämtliche Bücher von Konstantin Simonow waren zur Regierungszeit Stalins verboten. Warum wohl?
Sie durften erst nach Stalins Tod verlegt werden.
Ich weiß. Nichtsdestrotrotz sind seine Beschreibungen als berühmtester Kriegsberichterstatter der Roten Armee unheimlich erschütternd. Ein prägender Literatur-Baustein in jungen Jahren. Simonow war übrigens in den 1970ern in Leipzig bei der Internationalen Dokumentar- und Kurzfilmwoche zu Gast, wo er zu den Dokfilm-Preisträgern gehörte. Beim Zuschauergespräch mit ihm im proppenvollen Uni-Raum war ich mit Freunden dabei. Hochinteressant. Angehörige sollen über Simonow gesagt haben, dass er sicher Anhänger von Gorbatschow geworden wäre, hätte der Schriftsteller da noch gelebt.

Sein Gedicht "Wart auf mich" wurde weltberühmt:

https://erinnerungsort.de/lied/wart-auf-mich/
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Setup »

Schwer zu ertragende Aufnahmen von Deutschen, die im Mai 1945 in Tschechien hingerichtet wurden. Entgegen der Behauptung im Clip wurde aber bis heute keine Dokumentation im ÖR daraus. Und es gibt noch viel mehr Material, nicht nur aus Tschechien.

[youtube][/youtube]

Unter Kriegen leidet immer die Zivilbevölkerung, es spielt überhaupt keine Rolle, welche Nationalität sie haben. Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(19 May 2020, 15:36)

Ich weiß. Nichtsdestrotrotz sind seine Beschreibungen als berühmtester Kriegsberichterstatter der Roten Armee unheimlich erschütternd. Ein prägender Literatur-Baustein in jungen Jahren. Simonow war übrigens in den 1970ern in Leipzig bei der Internationalen Dokumentar- und Kurzfilmwoche zu Gast, wo er zu den Dokfilm-Preisträgern gehörte. Beim Zuschauergespräch mit ihm im proppenvollen Uni-Raum war ich mit Freunden dabei. Hochinteressant. Angehörige sollen über Simonow gesagt haben, dass er sicher Anhänger von Gorbatschow geworden wäre, hätte der Schriftsteller da noch gelebt.

Sein Gedicht "Wart auf mich" wurde weltberühmt:

https://erinnerungsort.de/lied/wart-auf-mich/
Seine Beschreibungen sind nicht nur erschüttern, sie beschreiben auch recht schonungslos die unmenschlichen "Zustände" innerhalb der Roten Armee - gerade in den ersten Kriegsmonaten. Truppenteile, die einem Kessel entkommen waren und versuchten, sich zu den eigenen Linien durchzuschlagen wurden als Feiglinge und Deserteure gebrandtmarkt, teilweise standrechtlich erschossen oder wie Oberst Barabanow in den Selbstmord getrieben und auch Sinzow entkommt nur mehr oder weniger zufällig der Erschießung als Deserteur, weil er von einem alten Kommunisten erkannt wird und die "Chance" erhält, sich als einfacher Soldat an der Front (vor Moskau) zu "bewähren". Ähnlich schonungslos schildert Simonow gulagähnlichen die Zustände und Lebensbedingungen in den evakuierten Rüstungsbetrieben.
Aus heutiger Sicht sind das regelrechte Verbrechen am eigenen Volk. Menschenleben zählten unter Stalin nicht und auch unter diesem Gesichtspunkt sind die hohen Verluste an Armeeangehörigen und Opfern unter der Zivilbevölkerung zu betrachten.

Ähnlich schonungslos, teilweise schonungsloser schildert er die Verhältnisse in "Kriegstagebücher" und "Tage und Nächte".
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Selina »

Dark Angel hat geschrieben:(19 May 2020, 15:56)

Seine Beschreibungen sind nicht nur erschüttern, sie beschreiben auch recht schonungslos die unmenschlichen "Zustände" innerhalb der Roten Armee - gerade in den ersten Kriegsmonaten. Truppenteile, die einem Kessel entkommen waren und versuchten, sich zu den eigenen Linien durchzuschlagen wurden als Feiglinge und Deserteure gebrandtmarkt, teilweise standrechtlich erschossen oder wie Oberst Barabanow in den Selbstmord getrieben und auch Sinzow entkommt nur mehr oder weniger zufällig der Erschießung als Deserteur, weil er von einem alten Kommunisten erkannt wird und die "Chance" erhält, sich als einfacher Soldat an der Front (vor Moskau) zu "bewähren". Ähnlich schonungslos schildert Simonow gulagähnlichen die Zustände und Lebensbedingungen in den evakuierten Rüstungsbetrieben.
Aus heutiger Sicht sind das regelrechte Verbrechen am eigenen Volk. Menschenleben zählten unter Stalin nicht und auch unter diesem Gesichtspunkt sind die hohen Verluste an Armeeangehörigen und Opfern unter der Zivilbevölkerung zu betrachten.

Ähnlich schonungslos, teilweise schonungsloser schildert er die Verhältnisse in "Kriegstagebücher" und "Tage und Nächte".
Ja. Sein Hauptthema als Erzähler, Lyriker und Dramatiker war der Große Vaterländische Krieg gegen den Hitlerfaschismus. In seiner berühmten Romantrilogie „Die Lebenden und die Toten“ (1960) sind die Akteure Offiziere und Soldaten der Roten Armee, die im Krieg gegen die Wehrmacht stehen. Ja, und dort beschrieb er erstmals auch die Fehler der sowjetischen Führung um Stalin 1941, die zu einigen schlimmen Niederlagen gegen die angreifenden Deutschen führten. Was sich mir aber vor allem in jungen Jahren stark einprägte, das war die genaue und teils brutal detaillierte Beschreibung des Aggressionskrieges der Deutschen gegen die Sowjetunion, immer verbunden mit zutiefst bewegenden Einzelschicksalen, die wohl oft auch authentische Vorbilder hatten. Simonow befand sich ja oft direkt an vorderster Frontlinie. Und trotz aller Brutalität des Krieges behielt er immer in allen Beschreibungen, sogar gegenüber dem Feind, seine Menschlichkeit.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Ammianus »

Schonungslos beschreibt auch Theodor Plievier den Krieg auf beiden Seiten. Er emigrierte vor den Nazis in die Sowjetunion und überlebte dort wohl hauptsächlich, weil er kein Kommunist war. Seine Trilogie "Moskau", "Stalingrad" und "Berlin" beschreibt die Zeit vom Überfall im Juni 41 bis zum 17. Juni 1953 und damit auch die Installation des stalinistischen Regimes im Osten Deutschlands. "Stalingrad" enthält keinerlei Kritik an der Sowjetunion und wurde so auch 1945 in der sowjetischen Besatzungszone veröffentlich. 1947 verließ er diese. Wegen seiner mehr als deutlichen beiden andere Bände der Trilogie hassten die Kommunisten ihn und er wurde bis in die 80er Jahre zur Unperson. Dann allerdings veröffentlichten sie "Stalingrad" 1984 wieder mit einem Nachwort von Herrmann Kant. Darin darf man z.B. lesen:

"Der Mann ist lange tot, aber da er in der Literaturgeschichte lebt, darf in aller Sachlichkeit festgestellt werden, dass er nach seinem Frontwechsel 1947 und seinem Fortgang von Weimar nach München nur noch schlimme Machwerke geliefert hat. Selten hat sich politischer Absturz auch so deutlich als ein literarischer gezeigt."

Nun ja, der Mann ist noch nicht so lange tot und mit derartigen Äußerungen stellte er sich so ziemlich auf eine Stufe mit dem Ex-Nazi der für das Neue Deutschland 1976 die Begründung der Biermann-Ausbürgerung zusammenschmierte. Andersherum war eine Wiederauflage "Stalingrads" ohne derartige Absonderungen unter dem Unrechtsregime in der DDR nicht möglich.

Nachtrag:

Besonders "Moskau" und "Berlin" sind sehr lesenswert.
"Ich möchte an einem Ort sein, an dem es keine Politik gibt, keine Waffen, keine Religion."
Libanesin Anfang August 2020
PeterK
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von PeterK »

Zunder hat geschrieben:(19 May 2020, 09:06)
Bei der Ermordung eines Großteils der polnischen Intelligenz ging es nicht um die Vernichtung eines Teils des polnischen Volkes, sondern um Ausschaltung der Eliten zum Zweck der Versklavung des polnischen Volkes.
Nein, sorry, das ist falsch. Bei der Ermordung eines Großteils der polnischen Intelligenz ging es um die Vernichtung eines Teils des polnischen Volkes zum Zweck der Versklavung des polnischen Volkes.

"Ausschaltung" muss man wohl als - hoffentlich unbeabsichtigten - Euphemismus werten.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Zunder »

PeterK hat geschrieben:(19 May 2020, 18:26)

Nein, sorry, das ist falsch. Bei der Ermordung eines Großteils der polnischen Intelligenz ging es um die Vernichtung eines Teils des polnischen Volkes zum Zweck der Versklavung des polnischen Volkes.

"Ausschaltung" muss man wohl als - hoffentlich unbeabsichtigten - Euphemismus werten.
Bei der Ermordung eines Großteils der polnischen Intelligenz ging es definitiv nicht um das Volk ("Gruppe als solche" bzw. "group as such"), sondern tatsächlich um die Eliten.

Das Geheimnis, wo ein Euphemismus bestehen soll, wenn ich schreibe, daß ein Großteil ermordet wurde, um die Eliten als Ganzes auszuschalten, darfst du gerne für dich behalten.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von PeterK »

Zunder hat geschrieben:(19 May 2020, 21:03)
Bei der Ermordung eines Großteils der polnischen Intelligenz ging es definitiv nicht um das Volk ("Gruppe als solche" bzw. "group as such"), sondern tatsächlich um die Eliten.

Das Geheimnis, wo ein Euphemismus bestehen soll, wenn ich schreibe, daß ein Großteil ermordet wurde, um die Eliten als Ganzes auszuschalten, darfst du gerne für dich behalten.
Du bist einem Übersetzungsfehler aufgesessen. ", as such:" bedeutet "so wie:" in Bezug auf die folgenden "acts" a) bis e). Im Text wird also nicht von einer "Gruppe als solche" gesprochen.

"Ausschalten" ist IMO als Beschreibung eines planmäßigen Massenmords ein Euphemismus.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Europa2050 »

Zunder hat geschrieben:(19 May 2020, 21:03)

Bei der Ermordung eines Großteils der polnischen Intelligenz ging es definitiv nicht um das Volk ("Gruppe als solche" bzw. "group as such"), sondern tatsächlich um die Eliten.

Das Geheimnis, wo ein Euphemismus bestehen soll, wenn ich schreibe, daß ein Großteil ermordet wurde, um die Eliten als Ganzes auszuschalten, darfst du gerne für dich behalten.
Was Du hier beschreibst gibt eher die Vorgehensweise der UdSSR (Katyn, Kurapaty) wieder (+ Umsiedlung der polnischstämmigen Bevölkerung nach Sibirien).

Die Deutschen gingen da einige Schritte weiter. Da war auch der Normalpole potentielles Mordopfer.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von PeterK »

Europa2050 hat geschrieben:(20 May 2020, 08:10)

Was Du hier beschreibst gibt eher die Vorgehensweise der UdSSR (Katyn, Kurapaty) wieder (+ Umsiedlung der polnischstämmigen Bevölkerung nach Sibirien).

Die Deutschen gingen da einige Schritte weiter. Da war auch der Normalpole potentielles Mordopfer.
Es gibt da diese Hitler-Rede (22.8.39, die Quelle ist IMO umstritten, wird aber immer wieder zitiert):
So habe ich, einstweilen nur im Osten, meine Totenkopfverbände bereitgestellt mit dem Befehl, unbarmherzig und mitleidslos Mann, Weib und Kind polnischer Abstammung und Sprache in den Tod zu schicken.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Zunder »

PeterK hat geschrieben:(20 May 2020, 07:09)

Du bist einem Übersetzungsfehler aufgesessen. ", as such:" bedeutet "so wie:" in Bezug auf die folgenden "acts" a) bis e). Im Text wird also nicht von einer "Gruppe als solche" gesprochen.

"Ausschalten" ist IMO als Beschreibung eines planmäßigen Massenmords ein Euphemismus.
"So wie" hieße auf Englisch "such as". Dort steht aber "as such". Das ist kein Versehen.

Mit Ausschalten habe ich nicht den Massenmord beschrieben, sondern die Ausschaltung der Eliten.

Den Massenmord an den Eliten findest du in der Aussage, daß ein Großteil der Intelligenz ermordet wurde.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von PeterK »

Zunder hat geschrieben:(20 May 2020, 10:33)
"So wie" hieße auf Englisch "such as". Dort steht aber "as such". Das ist kein Versehen.
Nope. Das Komma davor und den Doppelpunkt danach hast Du vermutlich überlesen. In der spanischen und französischen Version ist es korrekt mit "como tal:" und "comme tel:" übersetzt. Z.B. hier https://fr.wikipedia.org/wiki/Conventio ... 3%A9nocide
Mit Ausschalten habe ich nicht den Massenmord beschrieben, sondern die Ausschaltung der Eliten.
Ich halte solche Begriffe für unangebracht. Schau mal hier:

https://books.google.es/books?id=g1y0sE ... de&f=false

Da geht es um das Vokabular des Genozids. "A.B.-Aktion" und "Ausschaltung" sind auch dabei.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Quatschki »

Man muß auch bedenken, dass zusätzlich zu dem 0,65 Mio in Vorkriegspolen und Freistaat Danzig lebenden ethnischen Deutschen mehr als 3 Mio Polen gemäß "Deutscher Volksliste" eingedeutscht wurden
Nach dem Krieg galten diese Polen im kommunistischen Volkspolen als Volksverräter und Kollaborateure und teilten vielfach das Schicksal der vertriebenen Deutschen oder schlimmer. Obwohl sie nach dem deuschen Einmarsch nichts weiter getan hatten, als sich des deutschen Uropas zu erinnern (so wie die Spätaussiedler nach 1990), um die Lebenssituation ihrer Familien zu verbessern.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von TheManFromDownUnder »

Selina hat geschrieben:(19 May 2020, 13:59)

Da hast du recht. Allerdings ging es gerade im Post eines Users um die "russischen Vergewaltiger-Horden".

https://www.deutschlandfunk.de/zweiter- ... _id=318892

Warum nicht das Kind beim Namen nennen!

Kriegsverbrechen sind Kriegsverbrechen und warum soll die Auarbeitung nur auf die deutsche Seite beschraenkt sein??

Die BBC spricht von der "Gewaltigung von Berlin"
Stalin's troops assaulted an uncounted number of women as they fought their way to the German capital, though this was rarely mentioned after the war in Germany - West or East - and is a taboo subject in Russia even today.
Erwaehnenswert ist, das bis heute dieses Kapitel ruhmreicher russischer Kriegsfuehrung tabu ist!

https://www.bbc.com/news/magazine-32529679

Ich empfehle diesen BBC Artikel zu lesen!
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Zunder »

PeterK hat geschrieben:(20 May 2020, 11:04)

Nope. Das Komma davor und den Doppelpunkt danach hast Du vermutlich überlesen. In der spanischen und französischen Version ist es korrekt mit "como tal:" und "comme tel:" übersetzt. Z.B. hier https://fr.wikipedia.org/wiki/Conventio ... 3%A9nocide


Ich halte solche Begriffe für unangebracht. Schau mal hier:

https://books.google.es/books?id=g1y0sE ... de&f=false

Da geht es um das Vokabular des Genozids. "A.B.-Aktion" und "Ausschaltung" sind auch dabei.
"Comme tel" bedeutet dasselbe wie "as such" - "als solche".
https://context.reverso.net/%C3%BCberse ... /comme+tel

Daß im Englischen und Französischen andere oder möglicherweise gar keine Kommaregeln gelten, ändert nichts an der Wortbedeutung.

Als Guido Buchwald im Finale 1990 Diego Maradona ausgeschaltet hat, hat er sich also an einem Genozid beteiligt. Wäre das auch geklärt.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(19 May 2020, 16:17)

Ja. Sein Hauptthema als Erzähler, Lyriker und Dramatiker war der Große Vaterländische Krieg gegen den Hitlerfaschismus. In seiner berühmten Romantrilogie „Die Lebenden und die Toten“ (1960) sind die Akteure Offiziere und Soldaten der Roten Armee, die im Krieg gegen die Wehrmacht stehen. Ja, und dort beschrieb er erstmals auch die Fehler der sowjetischen Führung um Stalin 1941, die zu einigen schlimmen Niederlagen gegen die angreifenden Deutschen führten. Was sich mir aber vor allem in jungen Jahren stark einprägte, das war die genaue und teils brutal detaillierte Beschreibung des Aggressionskrieges der Deutschen gegen die Sowjetunion, immer verbunden mit zutiefst bewegenden Einzelschicksalen, die wohl oft auch authentische Vorbilder hatten. Simonow befand sich ja oft direkt an vorderster Frontlinie. Und trotz aller Brutalität des Krieges behielt er immer in allen Beschreibungen, sogar gegenüber dem Feind, seine Menschlichkeit.
Naja - ich habe nicht nur Simonow gelesen, auch die Memoiren von Shukow, Rokossowski (einem Opfer der stalinischen "Säuberungsaktionen"), Bagramjan, Kusnetzow und Tschuikow. Ist zwar teilweise schon eine Weile her und einiges sehe ich heute unter einem etwas anderen Blickwinkel.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Dark Angel »

TheManFromDownUnder hat geschrieben:(20 May 2020, 12:07)

Warum nicht das Kind beim Namen nennen!

Kriegsverbrechen sind Kriegsverbrechen und warum soll die Auarbeitung nur auf die deutsche Seite beschraenkt sein??


Die BBC spricht von der "Gewaltigung von Berlin"



Erwaehnenswert ist, das bis heute dieses Kapitel ruhmreicher russischer Kriegsfuehrung tabu ist!

https://www.bbc.com/news/magazine-32529679

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Genau das ist der Punkt. Mit der Aufarbeitung "eigener" Kriegsverbrechen hatten die Allierten lange - viel zu lange - ein Problem. Die durfte es nicht gegeben haben. Erst in den letzten Jahren werden solche Kriegsverbrechen überhaupt thematisiert, wird zugegeben, dass es diese auch auf allierter Seite gab bzw werden Handlungen als Kriegsverbrechen bezeichnet.
Es findet also ein Umdenken statt - insbesondere auch im Zusammenhang mit den Flächenbombardements.
Da gab es durchaus Kontroversen zwischen Briten und Amerikanern, was die Beteiligung betrifft.
Der Oberbefehlshaber der 8. USAAF-Luftflotte in Großbritanniern Gen. James Doolittle z.B. fürchtete um die "Ehre" der "Migthy Eigth" und brachte seine Bedenken und seine Ablehnung der Beteiligung an Flächenbombardements bei seinen Oberkommando zum Ausdruck - jedoch ohne Erfolg.
Bomberpilot Paul Tibbets hingegen erklärte nach seinem Bombenabwurf über Hiroshima vor der Presse "Im Krieg gibt es keine Moral".
Was bis vor Kurzem ebenso unerwähnt blieb, ist die Tatsache, dass es auch auch amerikanischer Seite (im Zusammenhang mit der Ardennenoffensive der Nazis) zu Erschießungen, ganzer Gruppen unbewaffneter deutscher Soldaten kam, die sich bereits ergeben hatten und offiziell als Kriegsgefangene galten.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von PeterK »

Zunder hat geschrieben:(20 May 2020, 12:49)

"Comme tel" bedeutet dasselbe wie "as such" - "als solche".
https://context.reverso.net/%C3%BCberse ... /comme+tel

Daß im Englischen und Französischen andere oder möglicherweise gar keine Kommaregeln gelten, ändert nichts an der Wortbedeutung..
Ich stehe nicht hintan zuzugeben, dass Du wohl recht hast :). Die Schlüsse, die Du daraus ziehst, halte ich allerdings für falsch.
Als Guido Buchwald im Finale 1990 Diego Maradona ausgeschaltet hat, hat er sich also an einem Genozid beteiligt. Wäre das auch geklärt.
Das ist nun wiederum albern. Es geht darum, "Ausschalten" als Euphemismus für Massenmord zu verwenden. Ich hoffe, Du willst hier nicht relativieren.
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conscience
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von conscience »

Die gesamte Tragweite der sowjetischen Soldateska wird erst dann begreiflich, wenn man sich klar macht, dass die massenhafte Vergewaltigung von Frauen nicht auf Deutsche beschränkt blieb und nicht erst an der Grenze des damaligen Großdeutschen Reiches ihren Anfang nahm, sondern schon in Ostpolen begann sich die Rote Armee so aufzuführen, wie die deutsche, nationalsozialistische, Propaganda immer behauptet hatte — nicht zuletzt haben an der Ostfront gerade deshalb viele deutsche Soldaten in aussichtsloser Lage weitergekämpft - aus Angst vor russischer Gefangenschaft und Befürchtungen über das Schicksal der eigenen Familie, einem unerbittlichen Feind gegenüberstehend, dessen entmenschlichtes Bild unablässig von Goebbels Propaganda-Maschine geschürt wurde, kostete diese Mengenlage der Roten Armee einen unnötigen Blutzoll.
TheManFromDownUnder hat geschrieben:(20 May 2020, 12:07)

Warum nicht das Kind beim Namen nennen!

Kriegsverbrechen sind Kriegsverbrechen und warum soll die Auarbeitung nur auf die deutsche Seite beschraenkt sein??

Die BBC spricht von der "Gewaltigung von Berlin"



Erwaehnenswert ist, das bis heute dieses Kapitel ruhmreicher russischer Kriegsfuehrung tabu ist!

https://www.bbc.com/news/magazine-32529679

Ich empfehle diesen BBC Artikel zu lesen!
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Quatschki
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Quatschki »

Es gab eben aus Gründen der sozialistischen Moral keine Truppenbordelle
und aus Gründen der sozialistischen Organisation keinen Heimaturlaub
und aus Gründen der sozialistischen Kultur keine Mittel, um die Gunst der Frauen und Mädchen in den besetzten Gebieten auf zivilisierte Weise zu werben
und aus Gründen der sozialistischen Armut keine Möglichkeit, sich selbige erkaufen zu können.
Waren arme Kerle, die Rotarmisten.
Und wenn es dann noch Nichtrussen waren, kam die Diskriminierung in der eigenen Truppe dazu
Kein Neger in der US-Army hätte mit den Asiaten in der Roten Armee tauschen wollen
Drauf so sprach Herr Lehrer Lämpel:
„Dies ist wieder ein Exempel!“
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Selina
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Selina »

Unvorstellbar, was die Menschen in Leningrad bei der Blockade durch die Wehrmacht erleben, erleiden und ertragen mussten:

Etwa 900 Tage währte die Blockade von Leningrad. Sie gilt als eines der schwersten Verbrechen gegen die Menschlichkeit der deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg. Mehr als eine Million Menschen starben zwischen 1941 und 1944 an Hunger, Kälte und Krankheiten sowie bei Granatbeschuss und den Kämpfen um die Stadt.

Die Gesamtzahl der militärischen und zivilen Verluste bei der Blockade Leningrads wird in einigen Quellen auf bis zu 1,5 Millionen Menschen beziffert. Der "Leningrader Kessel" konnte nur aus der Luft und im Winter über das Eis des Ladogasees versorgt werden. In der Stadt waren die Zustände grauenhaft, gerade im Winter 1941, als die Temperaturen auf minus 40 Grad fielen. Brennmaterial war knapp, aber noch schlimmer war der Hunger. Die Lebensmittelrationen bestanden teilweise nur aus 125 Gramm Brot. In ihrer Not kochten die Menschen Lederwaren aus und aßen die so gewonnene Gallerte. Sie aßen Katzen, Ratten und Blätter, kratzen Leim von den Tapeten, streckten Brot mit Sägemehl. Die sowjetischen Behörden registrieren im ersten Blockadewinter 1941/42 mehr als 1000 Fälle von Kannibalismus...

...In Deutschland wird der Opfer der NS-Diktatur am 27. Januar gedacht. In Russland wird an diesem Tag das Ende der Leningrader Blockade gefeiert. Bei der Befreiung lebten in der nach Revolutionsführer Lenin benannten Stadt nur noch 800.000 der einst 2,5 Millionen Einwohner.


https://www.sueddeutsche.de/politik/zwe ... -1.1872865
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von BlueMonday »

Erst mal müsste man beleuchten,was man unter einem "Kriegsverbrechen" überhaupt versteht. Es geht dabei offenbar um Vorgänge im Kontext eines Krieges, die aber über die die gewöhnlichen Kriegsmittel hinausgehen. Die Belagerung von Städten, Burgen, Verteidigungsstellungen usw. war nun lange Zeit ein ganz gewöhnliches Mittel der Kriegsführung, auch und gerade mit dem Ziel die Belagerten auszuhungern, zu dezimieren und so schlussendlich zur Aufgabe zu bringen. Das Kriegsverbrechen beginnt, wenn man trotz Kapitulation eine Belagerung aufrechterhält oder wenn man jemanden erschießt, der die weiße Fahne schwenkt, wenn man einen Kriegsgefangenen nicht verpflegt und verhungern lässt usw.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(20 May 2020, 18:29)

Unvorstellbar, was die Menschen in Leningrad bei der Blockade durch die Wehrmacht erleben, erleiden und ertragen mussten:

Etwa 900 Tage währte die Blockade von Leningrad. Sie gilt als eines der schwersten Verbrechen gegen die Menschlichkeit der deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg. Mehr als eine Million Menschen starben zwischen 1941 und 1944 an Hunger, Kälte und Krankheiten sowie bei Granatbeschuss und den Kämpfen um die Stadt.

Die Gesamtzahl der militärischen und zivilen Verluste bei der Blockade Leningrads wird in einigen Quellen auf bis zu 1,5 Millionen Menschen beziffert. Der "Leningrader Kessel" konnte nur aus der Luft und im Winter über das Eis des Ladogasees versorgt werden. In der Stadt waren die Zustände grauenhaft, gerade im Winter 1941, als die Temperaturen auf minus 40 Grad fielen. Brennmaterial war knapp, aber noch schlimmer war der Hunger. Die Lebensmittelrationen bestanden teilweise nur aus 125 Gramm Brot. In ihrer Not kochten die Menschen Lederwaren aus und aßen die so gewonnene Gallerte. Sie aßen Katzen, Ratten und Blätter, kratzen Leim von den Tapeten, streckten Brot mit Sägemehl. Die sowjetischen Behörden registrieren im ersten Blockadewinter 1941/42 mehr als 1000 Fälle von Kannibalismus...

...In Deutschland wird der Opfer der NS-Diktatur am 27. Januar gedacht. In Russland wird an diesem Tag das Ende der Leningrader Blockade gefeiert. Bei der Befreiung lebten in der nach Revolutionsführer Lenin benannten Stadt nur noch 800.000 der einst 2,5 Millionen Einwohner.


https://www.sueddeutsche.de/politik/zwe ... -1.1872865
Zum Thema passend und zugleich erschreckend:

"Truppen der deutschen Wehrmacht und ihrer Verbündeten umschlossen in den Jahren 1941 bis 1944 die alte russische Hauptstadt und forcierten dabei den qualvollen Hungertod Hunderttausender. Trotzdem hat die lange Belagerung im kollektiven Bewusstsein der Deutschen noch keinen angemessenen Stellenwert gefunden. ...

Warum hat also dieses Ereignis, dessen Beginn sich demnächst zum 77. Mal jährt, keinen festen Platz in der deutschen Erinnerungskultur? Wieso gibt es kein jährlich wiederkehrendes offizielles Gedenken, keine die Ereignisse erinnernde Medienberichterstattung wie zu anderen Jahrestagen nationalsozialistischer Verbrechen, etwa dem Warschauer Aufstand? ...

In Westdeutschland war die Leningrader Blockade der breiten Öffentlichkeit weitgehend unbekannt. In den ersten Jahrzehnten nach Kriegsende stand hier die Erinnerung an das Leiden der Zivilbevölkerung in Deutschland und an die Schlacht um Stalingrad im Vordergrund. Im kollektiven Gedächtnis wurden also vor allem Ereignisse erinnert, bei denen Deutsche Opfer der Angriffe der Alliierten oder der Bedingungen an der Front waren. Verstärkt wurde diese Wahrnehmung dadurch, dass die Schlacht um Stalingrad bereits während des Krieges durch die nationalsozialistische Propaganda betont wurde, während die Leningrader Blockade nicht thematisiert wurde. Leningrad wurde in westdeutschen Schulbüchern zunächst vor allem als Wendepunkt im sogenannten Russlandfeldzug dargestellt. Kam es zu einer genaueren Beschreibung der Blockade der Stadt, wurde sie als legitimes Mittel in der Kriegsführung präsentiert und genauer auf die Situation der Soldaten im nördlichen Russland eingegangen, nicht jedoch die der Leningrader Zivilbevölkerung dargestellt. ...

Und dennoch: Wie Ulrike Jureit in der Podiumsdiskussion „Vergessen – Gegenwärtig“ anmerkte, wird die Leningrader Blockade in Deutschland bis heute nicht in den Schulbüchern für den Geschichtsunterricht behandelt. Die bewusste Auseinandersetzung der deutschen Öffentlichkeit mit der Blockade, als einem der größten Verbrechen der Nationalsozialisten in der damaligen Sowjetunion, ist noch jung. Zugleich sind die Einzelheiten dieses Ereignisses weitgehend noch nicht bekannt. ...
Quelle
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Selina »

Dark Angel hat geschrieben:(20 May 2020, 19:13)

Zum Thema passend und zugleich erschreckend:

"Truppen der deutschen Wehrmacht und ihrer Verbündeten umschlossen in den Jahren 1941 bis 1944 die alte russische Hauptstadt und forcierten dabei den qualvollen Hungertod Hunderttausender. Trotzdem hat die lange Belagerung im kollektiven Bewusstsein der Deutschen noch keinen angemessenen Stellenwert gefunden. ...

Warum hat also dieses Ereignis, dessen Beginn sich demnächst zum 77. Mal jährt, keinen festen Platz in der deutschen Erinnerungskultur? Wieso gibt es kein jährlich wiederkehrendes offizielles Gedenken, keine die Ereignisse erinnernde Medienberichterstattung wie zu anderen Jahrestagen nationalsozialistischer Verbrechen, etwa dem Warschauer Aufstand? ...

In Westdeutschland war die Leningrader Blockade der breiten Öffentlichkeit weitgehend unbekannt. In den ersten Jahrzehnten nach Kriegsende stand hier die Erinnerung an das Leiden der Zivilbevölkerung in Deutschland und an die Schlacht um Stalingrad im Vordergrund. Im kollektiven Gedächtnis wurden also vor allem Ereignisse erinnert, bei denen Deutsche Opfer der Angriffe der Alliierten oder der Bedingungen an der Front waren. Verstärkt wurde diese Wahrnehmung dadurch, dass die Schlacht um Stalingrad bereits während des Krieges durch die nationalsozialistische Propaganda betont wurde, während die Leningrader Blockade nicht thematisiert wurde. Leningrad wurde in westdeutschen Schulbüchern zunächst vor allem als Wendepunkt im sogenannten Russlandfeldzug dargestellt. Kam es zu einer genaueren Beschreibung der Blockade der Stadt, wurde sie als legitimes Mittel in der Kriegsführung präsentiert und genauer auf die Situation der Soldaten im nördlichen Russland eingegangen, nicht jedoch die der Leningrader Zivilbevölkerung dargestellt. ...

Und dennoch: Wie Ulrike Jureit in der Podiumsdiskussion „Vergessen – Gegenwärtig“ anmerkte, wird die Leningrader Blockade in Deutschland bis heute nicht in den Schulbüchern für den Geschichtsunterricht behandelt. Die bewusste Auseinandersetzung der deutschen Öffentlichkeit mit der Blockade, als einem der größten Verbrechen der Nationalsozialisten in der damaligen Sowjetunion, ist noch jung. Zugleich sind die Einzelheiten dieses Ereignisses weitgehend noch nicht bekannt. ...
Quelle
Ja. Erschreckend. Und sehr nachdenklich stimmend auch die Tatsache, dass die Bundesregierung erst im Jahr 2019 (!) beschloss, die noch lebenden Opfer der Blockade finanziell zu entschädigen. 2019!

Blockade Leningrads:
Bundesregierung kündigt Hilfen für sowjetische Kriegsopfer an

Während der Blockade des heutigen St. Petersburg durch die Wehrmacht vor 75 Jahren starben eine Million Menschen. Nun will die Bundesregierung Überlebende entschädigen.

75 Jahre nach dem Ende der Leningrader Blockade erinnert Deutschland an die Opfer der Belagerung während des Zweiten Weltkriegs. Die Bundesregierung will zum Jahrestag die noch lebenden Opfer sowie Projekte zur deutsch-russischen Verständigung mit rund zwölf Millionen Euro unterstützen.

Rund eine Million Menschen starben an Hunger und Krankheiten, als die Wehrmacht versuchte, die Bevölkerung des heutigen St. Petersburg systematisch auszuhungern. Die Heeresgruppe Nord der Wehrmacht und finnische Truppen hatten die Stadt ab 1941 eingekesselt. Die Blockade dauerte rund 900 Tage bis zur Befreiung durch die Rote Armee im Januar 1944. Die Stadt konnte nur noch über den Ladogasee versorgt werden, die Wehrmacht bombardierte gezielt Lebensmittelspeicher.


https://www.zeit.de/politik/ausland/201 ... d-gedenken
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
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