BlueMonday hat geschrieben:(11 Jul 2020, 21:46)
Ja und? "Hilfe" muss ja irgendeine nennenswerte Substanz haben, sonst ist sie keine Hilfe oder Unterstützung, sondern eine wirkungslose Belanglosigkeit. Wie soll ohne Wirkung oder wenigstens Absicht einer Wirkung, irgendeine "Schuld" zustande kommen? Da bliebe ja nur noch eine unschöne Gesinnungshuberei über.
Ich denke mal nicht, dass die SS aus Jux Leute als Wachposten eingeteilt haben, ohne jegliche Wirkung.
BlueMonday hat geschrieben:
Angenommen der Mann wäre nicht Wachmann, sondern Koch in diesem Lager in gewesen. Da wäre ja sein tatsächlicher wirksamer Beitrag weitaus mehr von Belang gewesen. Denn unverpflegtes Personal ist wohl kaum einsatz- und handlungsfähig.
Wenn Du Dich mal an den Gesetzestext orientieren würdest, käme auch eine andere Bewertung zustande.
"Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat." Nicht ob jemand einem Mörder das Leben angenehm gemacht hat, sondern Hilfe zu dessen Tat. Es käme kein Jurist auf die Idee zu sagen, wenn ein Mörder am Tag vorher in einem Restaurant gut gespeist hat, den Besitzer und den Koch wegen Beihilfe anzuzeigen. Ein Wachposten, der überwacht, dass die Opfer zum Tötungsort überführt werden, liefert eine Beihilfe zum Mord.
BlueMonday hat geschrieben:Hätte man sich nun den Koch gegriffen, dann hätte der wahrscheinlich gesagt: "Ich habe ja nur gekocht". Und der Wachmann hat halt nur gewacht. Anders gesagt: Damit das Ganze nicht in völlige Beliebigkeit und Willkür abgleitet, muss man schon einen signifkanten, tatsächlichen Tatbeitrag nachweisen. Und das ist schwierig, wie gesagt.
Es ist nur dann schwierig, wenn man den Gesetzestext nicht zur Kenntnis nehmen will.
BlueMonday hat geschrieben:
Unsinn. Wohlfahrt hat einen gehaltvollen Beitrag geleistet, etwa finanzieller Natur, hat also bewusst mitbewirkt, was geschehen ist. Ohne sein Wirken wäre wahrscheinlich nicht dasselbe geschehen, und darin liegt seine Schuld.
Wohl
leben. Und natürlich hat das Gericht festgestellt, dass er einen gehaltvollen Beitrag geleistet hat. Aber das Kriterium war nicht, dass es ohne sein Wirken nicht genauso abgelaufen wäre. Es geht um die geleistete Hilfe zur Tat. Und nicht wie es gelaufen wäre, wenn er nicht beteiligt gewesen wäre. Das Gericht kann nicht zweifelsfrei feststellen, was passiert wäre, wenn eine Person nicht die Hilfe geleistet hätte, weil dann zig mögliche Alternativen auf dem Plan gekommen wären. Das Gericht kann aber bewerten, ob jemand willentlich geholfen hat oder nicht.
BlueMonday hat geschrieben:
Willst du ernsthaft mit so einem umfangreichen Thema diesen Thread sprengen?
Beantworte doch erstmal meine Frage.
BlueMonday hat geschrieben:
Der Wachmann ist ja nun nicht "der Staat".
Es herrscht auch der juristische Grundsatz vor, dass man nur nach jeweils zum Tatzeitpunkt herrschender Lage jemanden beurteilt. Also gerade nicht mit heutigen "juristischen Kriterien" Vergangenes.
Das Dritte Reich und mit ihm seine ganze verkommene Justiz bestand nun gerade darin, das Recht dermaßen zu beugen, dass es dem Staat in totaler Weise in die Hände spielte. Und eben in jenem politischen Klima hat dieser Mann seinen Dienst versehen. Wenn er eine Schuld trägt, dann ist sie minmal. Seine Schuld bestand allenfalls darin, dass er kein Held war, dass er ein angepasstes Rädchen im Getriebe war. Solche schuldigen Menschen kann ich dir heute in großer Zahl präsentieren.
Das heutige Gericht hat nicht die Aufgabe, eine Justiz zum Zeitraum 1944/45 zu bewerten, sondern Taten, die in dieser Zeit stattfanden. Deine Argumentation ist geeignet, um den Angeklagten entlasten zu wollen. Ich bezweifle aber, dass das Gericht diese zu eigen macht. Aus gutem Grund. Denn dann müsste man im Nachhinein selbst einen Adolf Eichmann rehabilitieren, der letztlich nur ein angepasstes Rädchen im Getriebe (angeblich) war, was Befehle von oben empfing.