gedenken? feiern?

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H2O
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von H2O »

Man muß sich entscheiden können, wann und wessen man national gedenkt. Dem Tag, an dem unser Deutsches Grundgesetz in Kraft trat, könnte ich einigen Geschmack abgewinnen. Aber besser ist schon der 3. Oktober, also der Tag, als unsere Wiedervereinigung vollendet wurde. Den Tag können alle Deutschen frohen Herzens mitfeiern. Für mich als Deutschen hat der 8. Mai auch den Ruch einer "Sedanfeier" der Sieger, mit der Vertreibung von 13 Millionen Landsleuten von Haus und Hof. Das soll feiern, wem danach zumute ist. Die gute Seite dieses Tages werden Naziopfer hervorheben, deren Empfindungen Richard von Weizsäcker in seiner Rede zum 50. Jahrestag des Kriegsendes ja auch gebührend gewürdigt hatte.

Ich finde es gut, daß wir uns einen Deutschen Nationalfeiertag ausgesucht haben, über den ein Deutscher sich zu Recht und ohne Vorbehalte freuen kann, der von unseren Nachbarn nicht mit dem Schmerz eines furchtbaren Krieges, mit Niederlage und Sieg, verbunden wird.
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Nomen Nescio
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Nomen Nescio »

auch wenn ich WK II nicht bewußt erlebte (1942), ich habe soviel darüber mit älteren leuten gesprochen, daß ich doch ein ziemlich gutes bild habe von was passierte und wie.
natürlich auch weil ich sehr viel darüber lese und gelesen habe.

dennoch ist mir erst heute bewußt geworden, wie stark menschen dadurch beeinflußt werden können. ich hörte zufällig etwas, wodurch ich plötzlich an meine mutter dachte.
sie erlebte 1932 (14 jahre alt) eine schiffs katastrophe - einen brand. das schiff sank und mehr als 100 menschen fanden den tod. darunter war auch der spielkamerad meiner mutter.

so lange ich mich erinnere, wurde meine mutter fast verrückt wenn die abendsonne auf die orange markise schien. das licht erinnerte sie an das brennende schiff, wovon sich das licht auf das seewasser widerspiegelte.
wie ich diese emotionen erlebte, noch wichtiger aber, wie meine mutter sie erlebte, man muß selbst ähnliche situationen kennen gelernt haben um sie beurteilen zu können. erst dann kann man sich eindenken wie WK II auf menschen einwirken konnte.

nicht das manche schießen, das ich von 8-10/11 jahre alt (?) erlebte, sondern die auswirkung der schiffskatastrophe vermittelte mich gefühle der damals lebenden. gefühle, worüber sie kaum sprechen (können).
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Bielefeld09
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Bielefeld09 »

Undercover04 hat geschrieben:(06 Jul 2018, 20:50)

Ja ist es. Ab er es geht doch darum DASS ein Gedenken stattfindet, nicht WANN
Stimmt.
Sorry Mods, lasst diese Laden am laufen. Das ist eben Demokratie :( :p
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Bielefeld09
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Bielefeld09 »

Bielefeld09 hat geschrieben:(05 May 2019, 00:28)

Stimmt.
Aber dürfen nicht auch Täter gedenken?
Das sind wir doch!
Sorry Mods, lasst diese Laden am laufen. Das ist eben Demokratie :( :p
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Billie Holiday
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Billie Holiday »

Bielefeld09 hat geschrieben:(05 May 2019, 01:08)

Aber dürfen nicht auch Täter gedenken?
Das sind wir doch!
Du vielleicht, ich nicht.
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Selina
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Selina »

H2O hat geschrieben:(04 May 2019, 11:25)

Man muß sich entscheiden können, wann und wessen man national gedenkt. Dem Tag, an dem unser Deutsches Grundgesetz in Kraft trat, könnte ich einigen Geschmack abgewinnen. Aber besser ist schon der 3. Oktober, also der Tag, als unsere Wiedervereinigung vollendet wurde. Den Tag können alle Deutschen frohen Herzens mitfeiern. Für mich als Deutschen hat der 8. Mai auch den Ruch einer "Sedanfeier" der Sieger, mit der Vertreibung von 13 Millionen Landsleuten von Haus und Hof. Das soll feiern, wem danach zumute ist. Die gute Seite dieses Tages werden Naziopfer hervorheben, deren Empfindungen Richard von Weizsäcker in seiner Rede zum 50. Jahrestag des Kriegsendes ja auch gebührend gewürdigt hatte.

Ich finde es gut, daß wir uns einen Deutschen Nationalfeiertag ausgesucht haben, über den ein Deutscher sich zu Recht und ohne Vorbehalte freuen kann, der von unseren Nachbarn nicht mit dem Schmerz eines furchtbaren Krieges, mit Niederlage und Sieg, verbunden wird.
Diese Rede von Richard von Weizsäcker zum Tag der Befreiung vom Hitlerfaschismus, die er am 8. Mai 1985 vor dem Deutschen Bundestag hielt, sollte man sich immer mal wieder im Wortlaut anschauen. Hab (damals wie heute) selten von einem bedeutenden Politiker der westlichen Welt so klare Worte zu diesem Thema gehört. Obwohl immerhin ganze vier Jahrzehnte nach Kriegsende vergehen mussten, bevor solche wichtigen Worte in diesem Gremium gesagt werden konnten. Hier bitte die ganze Rede:

https://www.tagesschau.de/inland/rede-v ... t-101.html

Und hier zwei Zitate aus der verlinkten Weizsäcker-Rede:

Zitat Nummer 1

Die meisten Deutschen hatten geglaubt, für die gute Sache des eigenen Landes zu kämpfen und zu leiden. Und nun sollte sich herausstellen: Das alles war nicht nur vergeblich und sinnlos, sondern es hatte den unmenschlichen Zielen einer verbrecherischen Führung gedient. Erschöpfung, Ratlosigkeit und neue Sorgen kennzeichneten die Gefühle der meisten. Würde man noch eigene Angehörige finden? Hatte ein Neuaufbau in diesen Ruinen überhaupt Sinn?

Der Blick ging zurück in einen dunklen Abgrund der Vergangenheit und nach vorn in eine ungewisse dunkle Zukunft. Und dennoch wurde von Tag zu Tag klarer, was es heute für uns alle gemeinsam zu sagen gilt: Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.

Niemand wird um dieser Befreiung willen vergessen, welche schweren Leiden für viele Menschen mit dem 8. Mai erst begannen und danach folgten. Aber wir dürfen nicht im Ende des Krieges die Ursache für Flucht, Vertreibung und Unfreiheit sehen. Sie liegt vielmehr in seinem Anfang und im Beginn jener Gewaltherrschaft, die zum Krieg führte.

Wir dürfen den 8. Mai 1945 nicht vom 30. Januar 1933 trennen.

Wir haben wahrlich keinen Grund, uns am heutigen Tag an Siegesfesten zu beteiligen. Aber wir haben allen Grund, den 8. Mai 1945 als das Ende eines Irrweges deutscher Geschichte zu erkennen, das den Keim der Hoffnung auf eine bessere Zukunft barg.


Zitat Nummer 2:

Die Bitte an die jungen Menschen lautet:

Lassen Sie sich nicht hineintreiben in Feindschaft und Hass
gegen andere Menschen,
gegen Russen oder Amerikaner,
gegen Juden oder Türken,
gegen Alternative oder Konservative,
gegen Schwarz oder Weiß.

Lernen Sie, miteinander zu leben, nicht gegeneinander.

Lassen Sie auch uns als demokratisch gewählte Politiker dies immer wieder beherzigen und ein Beispiel geben.

Ehren wir die Freiheit.
Arbeiten wir für den Frieden.
Halten wir uns an das Recht.
Dienen wir unseren inneren Maßstäben der Gerechtigkeit.
Schauen wir am heutigen 8. Mai, so gut wir es können, der Wahrheit ins Auge."


Dennoch ist es meines Erachtens wichtig, immer mal wieder die gesamte Rede zu lesen.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
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H2O
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von H2O »

Selina hat geschrieben:(05 May 2019, 08:13)

Diese Rede von Richard von Weizsäcker zum Tag der Befreiung vom Hitlerfaschismus, die er am 8. Mai 1985 vor dem Deutschen Bundestag hielt, sollte man sich immer mal wieder im Wortlaut anschauen. Hab (damals wie heute) selten von einem bedeutenden Politiker der westlichen Welt so klare Worte zu diesem Thema gehört. Obwohl immerhin ganze vier Jahrzehnte nach Kriegsende vergehen mussten, bevor solche wichtigen Worte in diesem Gremium gesagt werden konnten. Hier bitte die ganze Rede:

https://www.tagesschau.de/inland/rede-v ... t-101.html

Und hier zwei Zitate aus der verlinkten Weizsäcker-Rede:

Zitat Nummer 1

Die meisten Deutschen hatten geglaubt, für die gute Sache des eigenen Landes zu kämpfen und zu leiden. Und nun sollte sich herausstellen: Das alles war nicht nur vergeblich und sinnlos, sondern es hatte den unmenschlichen Zielen einer verbrecherischen Führung gedient. Erschöpfung, Ratlosigkeit und neue Sorgen kennzeichneten die Gefühle der meisten. Würde man noch eigene Angehörige finden? Hatte ein Neuaufbau in diesen Ruinen überhaupt Sinn?

Der Blick ging zurück in einen dunklen Abgrund der Vergangenheit und nach vorn in eine ungewisse dunkle Zukunft. Und dennoch wurde von Tag zu Tag klarer, was es heute für uns alle gemeinsam zu sagen gilt: Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.

Niemand wird um dieser Befreiung willen vergessen, welche schweren Leiden für viele Menschen mit dem 8. Mai erst begannen und danach folgten. Aber wir dürfen nicht im Ende des Krieges die Ursache für Flucht, Vertreibung und Unfreiheit sehen. Sie liegt vielmehr in seinem Anfang und im Beginn jener Gewaltherrschaft, die zum Krieg führte.

Wir dürfen den 8. Mai 1945 nicht vom 30. Januar 1933 trennen.

Wir haben wahrlich keinen Grund, uns am heutigen Tag an Siegesfesten zu beteiligen. Aber wir haben allen Grund, den 8. Mai 1945 als das Ende eines Irrweges deutscher Geschichte zu erkennen, das den Keim der Hoffnung auf eine bessere Zukunft barg.


Zitat Nummer 2:

Die Bitte an die jungen Menschen lautet:

Lassen Sie sich nicht hineintreiben in Feindschaft und Hass
gegen andere Menschen,
gegen Russen oder Amerikaner,
gegen Juden oder Türken,
gegen Alternative oder Konservative,
gegen Schwarz oder Weiß.

Lernen Sie, miteinander zu leben, nicht gegeneinander.

Lassen Sie auch uns als demokratisch gewählte Politiker dies immer wieder beherzigen und ein Beispiel geben.

Ehren wir die Freiheit.
Arbeiten wir für den Frieden.
Halten wir uns an das Recht.
Dienen wir unseren inneren Maßstäben der Gerechtigkeit.
Schauen wir am heutigen 8. Mai, so gut wir es können, der Wahrheit ins Auge."


Dennoch ist es meines Erachtens wichtig, immer mal wieder die gesamte Rede zu lesen.
Unser Thema heißt "gedenken? feiern?" Die Nazigreuel sind mir ganzjährig sehr bewußt; also dazu brauche ich kein Gedenken am Tag der bedingungslosen Kapitulation, auf den die Nazis ziemlich zielsicher hingearbeitet hatten. Auch der Tag ist mir sehr bewußt! Ich meine, daß wir ganz unbedingt das ganze Jahr hindurch auf künftige Gemeinsamkeiten mit unseren Nachbarn hinarbeiten sollten, vor allem angesichts der vergangenen Greuel.

Mir ist es zu billig, mich plötzlich auf die Seite der Sieger zu stellen. Bei dem Rollenwechsel sind wir Deutschen nicht sehr überzeugend. Wir Hinterbliebenen tragen Verantwortung dafür, daß diese furchtbare Seite der Menschennatur nie wieder auflebt. Dazu erbitten wir die Mitwirkung aller Nachbarn das ganze Jahr hindurch, nicht nur am 8.Mai, als die Nazis endgültig ihre Macht verloren hatten.

Das ist der Sinn des europäischen Projekts: Dauerhafter Frieden und fruchtbare Zusammenarbeit.
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Julian
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Julian »

Die Alliierten haben die Besetzung Deutschlands explizit nicht als eine Befreiung gesehen, sondern als die Eroberung einer besiegten Feindnation.
4. Basic Objectives of Military Government in Germany:

a. It should be brought home to the Germans that Germany's ruthless warfare and the fanatical Nazi resistance have destroyed the German economy and made chaos and suffering inevitable and that the Germans cannot escape responsibility for what they have brought upon themselves.

b. Germany will not be occupied for the purpose of liberation but as a defeated enemy nation. Your aim is not oppression but to occupy Germany for the purpose of realizing certain important Allied objectives. In the conduct of your occupation and administration you should be just but firm and aloof. You will strongly discourage fraternization with the German officials and population.

c. The principal Allied objective is to prevent Germany from ever again becoming a threat to the peace of the world. Essential steps in the accomplishment of this objective are the elimination of Nazism and militarism in all their forms, the immediate apprehension of war criminals for punishment, the industrial disarmament and demilitarization of Germany, with continuing control over Germany's capacity to make war, and the preparation for an eventual reconstruction of German political life on a democratic basis.

d. Other Allied objectives are to enforce the program of reparations and restitution, to provide relief for the benefit of countries devastated by Nazi aggression, and to ensure that prisoners of war and displaced persons of the United Nations are cared for and repatriated.
https://en.wikisource.org/wiki/JCS_1067

Da können gewisse Schönredner im Nachhinein sagen, was sie wollen; historisch korrekt ist es nicht. Ich finde, man sollte die Ehrlichkeit haben, der Wahrheit ins Auge zu blicken und nicht so tun, als seien die Deutschen damals auf der Seite der Alliierten gestanden und als sei der Feind der Alliierten nur Hitler und eine kleine Clique von Verbrechern gewesen.
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Humelix33 »

Der 8.Mai war für uns Deutsche sicher kein Tag der Befreiung, eher ein Tag des endgültig bitteren Augenöffnen's, obwohl die Augen wurden allerspätestens 1944 geöffnet, als die Heimatfront gebildet wurde, in was man seit 1933 durch Propaganda und Hass hineingeraten war. Dann kommt noch Vertreibung, Verluste von Familienangehörigen dazu, und die im Nachgang aufgeklärte Verantwortung, in den Kriegsverbrecherprozessen, bzgl. des Holocausts, dazu.

Der Tag steht denen zu, die unseren Vorfahren das NS-Regime entzogen und besiegt haben.

Den 8. Mai, krampfhaft, auch hier entsprechend als Tag der Berfreiung einordnen zu wollen, vor allem seitens öffentlichen Personen, wie einigen Politikern oder Organisationen, fehlt jegliche sinnvolle Grundlage.
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Nomen Nescio
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Nomen Nescio »

H2O hat geschrieben:(05 May 2019, 08:52)

Mir ist es zu billig, mich plötzlich auf die Seite der Sieger zu stellen. Bei dem Rollenwechsel sind wir Deutschen nicht sehr überzeugend. Wir Hinterbliebenen tragen Verantwortung dafür, daß diese furchtbare Seite der Menschennatur nie wieder auflebt. Dazu erbitten wir die Mitwirkung aller Nachbarn das ganze Jahr hindurch, nicht nur am 8.Mai, als die Nazis endgültig ihre Macht verloren hatten.
kannst du mich erklären warum du dich mit gedenken auf die seite der sieger stellen würdest ??
n.m.m. werden ALLE toten/opfer von WK II gedacht. ungeachtet nationalität, »rasse«, funktion, usw.
nur diejenigen die ein anteil an die verbrechen hatten, gehören nicht dazu.
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Nomen Nescio »

Humelix33 hat geschrieben:(05 May 2019, 09:50)

Der 8.Mai war für uns Deutsche sicher kein Tag der Befreiung, eher ein Tag des endgültig bitteren Augenöffnen's, obwohl die Augen wurden allerspätestens 1944 geöffnet, als die Heimatfront gebildet wurde, in was man seit 1933 durch Propaganda und Hass hineingeraten war. Dann kommt noch Vertreibung, Verluste von Familienangehörigen dazu, und die im Nachgang aufgeklärte Verantwortung, in den Kriegsverbrecherprozessen, bzgl. des Holocausts, dazu.

Der Tag steht denen zu, die unseren Vorfahren das NS-Regime entzogen und besiegt haben.

Den 8. Mai, krampfhaft, auch hier entsprechend als Tag der Berfreiung einordnen zu wollen, vor allem seitens öffentlichen Personen, wie einigen Politikern oder Organisationen, fehlt jegliche sinnvolle Grundlage.
ich denke daß du dabei etwas übersiehst. D war damals ein land worin terror herrschte. nur wenig menschen hatten die courage sich aktiv gegen die deutschen zu wehren.
wenn ich aber nach meinem land schaue, dann hatte man da genau dasselbe. ±7,5% der bevölkerung war aktiv in dem widerstand. genau dieselbe zahl »kollaborierte« mit den deutschen.
als der krieg vorbei war, behauptete eine große menge »wie haben widerstand geleistet.
trotz diesem bilanz erdenken wir die toten. denn die übergroße mehrheit war weder pro- noch anti-nazi. sie sind unschuldig an den verbrechen.
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Nomen Nescio »

Julian hat geschrieben:(05 May 2019, 09:07)

Da können gewisse Schönredner im Nachhinein sagen, was sie wollen; historisch korrekt ist es nicht. Ich finde, man sollte die Ehrlichkeit haben, der Wahrheit ins Auge zu blicken und nicht so tun, als seien die Deutschen damals auf der Seite der Alliierten gestanden und als sei der Feind der Alliierten nur Hitler und eine kleine Clique von Verbrechern gewesen.
das sage ich nicht. und besonders das NUR gefällt mir nicht.
es gibt immer mitläufer die ihren mäntelchen nach dem wind hängen. das eine moment sagen sie »hosannah« und das andere moment »kreuzigt ihn«. man kann sich - gelinde gesagt - daran ärgern, doch es ist eine menschliche eigenschaft. es sei so. was man evt gedenkt muß nicht durch diese menge bestimmt werden.
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Nomen Nescio »

Humelix33 hat geschrieben:(05 May 2019, 09:50)

Der Tag steht denen zu, die unseren Vorfahren das NS-Regime entzogen und besiegt haben.
und die damals bereits tote menschen ?? zählen sie nicht? oder diejenigen die nach 1945 durch die umsiedlung umkamen ?
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Nomen Nescio »

Selina hat geschrieben:(05 May 2019, 08:13)

Diese Rede von Richard von Weizsäcker zum Tag der Befreiung vom Hitlerfaschismus, die er am 8. Mai 1985 vor dem Deutschen Bundestag hielt, sollte man sich immer mal wieder im Wortlaut anschauen. Hab (damals wie heute) selten von einem bedeutenden Politiker der westlichen Welt so klare Worte zu diesem Thema gehört. Obwohl immerhin ganze vier Jahrzehnte nach Kriegsende vergehen mussten, bevor solche wichtigen Worte in diesem Gremium gesagt werden konnten. Hier bitte die ganze Rede:

https://www.tagesschau.de/inland/rede-v ... t-101.html
aber auch die rede von dr. philip jenniger, die so jämmerlich politisch ausgenutzt wurde. ich sah es live im fernsehen.
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Dampflok94 »

Nomen Nescio hat geschrieben:(04 May 2018, 22:39)

die gefallenen werden also eigentlich nicht geehrt. das bedauere ich.
Es gibt den Volkstrauertag, auch wenn er aus dem Bewußtsein vieler Menschen verschwunden ist. Wahrscheinlich, weil es ein Sonntag ist.
Leute kauft mehr Dampflokomotiven!!!
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Nomen Nescio »

ich zeige euch einen mißbrauch bei einer derartigen veranstaltung, der n.m.m. eine sehr strenge bestrafung verdient.
es gibt mehrere stellen bei uns, wo gruppen von menschen erschossen wurden. bei diesen stellen wird natürlich auch gedacht. unweit von einer derartigen erdenkunsplatz steht ein gefängnis.
als die zwei minuten stille begannen, brüllten acht terrorverdächtigten sehr laut »allahu akbar«.
sie sitzen jetzt in einzelhaft. was weiter passiert, k.a.

durch solche taten, das komplett sich weigeren zu akzeptieren daß alle menschen das recht haben ihr eigenes leben einzurichten wie sie wollen, realisiere ich mich wieder daß ich froh sein darf das ich nicht durch ideologien regiert werden.
ja, ideologie. denn was sie unter religion verstehen ist keine religion, sondern eine ideologie.

dagegen werde ich bis zum letzten atem kämpfen .
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Nomen Nescio »

Dampflok94 hat geschrieben:(05 May 2019, 18:36)

Es gibt den Volkstrauertag, auch wenn er aus dem Bewußtsein vieler Menschen verschwunden ist. Wahrscheinlich, weil es ein Sonntag ist.
na, warum wird der dann nicht benutzt ??
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Tannenberg »

Julian hat geschrieben:(05 May 2019, 09:07)
Da können gewisse Schönredner im Nachhinein sagen, was sie wollen; historisch korrekt ist es nicht. Ich finde, man sollte die Ehrlichkeit haben, der Wahrheit ins Auge zu blicken und nicht so tun, als seien die Deutschen damals auf der Seite der Alliierten gestanden und als sei der Feind der Alliierten nur Hitler und eine kleine Clique von Verbrechern gewesen.
Selbst die Gegner Hitlers waren keine Freunde der Alliierten. Die Männer des 20. Juli wollten Deutschland zwar von Hitler befreien, aber sie wollten nicht, daß Deutschland den Krieg verliert und von den Alliierten besetzt wird.
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Antonius »

Tannenberg hat geschrieben:(05 May 2019, 18:59)
Selbst die Gegner Hitlers waren keine Freunde der Alliierten. Die Männer des 20. Juli wollten Deutschland zwar von Hitler befreien, aber sie wollten nicht, daß Deutschland den Krieg verliert und von den Alliierten besetzt wird.
Für mich und meine Familie war der 8.Mai 1945 der Tag der Befreiung vom Hitlerfaschismus.
Das hat der damalige Bundespräsident Weizsäcker in seiner Rede richtig ausgesagt, dafür bin ich ihm dankbar.
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Julian
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Julian »

Tannenberg hat geschrieben:(05 May 2019, 18:59)

Selbst die Gegner Hitlers waren keine Freunde der Alliierten. Die Männer des 20. Juli wollten Deutschland zwar von Hitler befreien, aber sie wollten nicht, daß Deutschland den Krieg verliert und von den Alliierten besetzt wird.
Und umgekehrt wollten auch die Alliierten nichts mit den Widerständlern zu tun haben. Ein Erfolg des 20. Juli hätte die Alliierten vor Probleme gestellt und hätte ihnen von daher nicht gefallen. Von daher gab es auch keinerlei Unterstützung für den Widerstand.

Je mehr das deutsche Volk sich hinter Hitler versammelte, umso besser, denn dies lies gröbere Maßnahmen zu. Es gibt auch zahlreiche Hinweise, dass die Allierten, besonders Großbritannien, nicht so sehr den Nationalsozialismus als Feind ansahen, sondern Deutschland als Ganzes.
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Quatschki »

Das wurde alles immer passend genacht, wie es tagespolitisch gebraucht wurde. Auch mit der Gedenkerei.
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Tannenberg »

Julian hat geschrieben:(05 May 2019, 19:20)
Und umgekehrt wollten auch die Alliierten nichts mit den Widerständlern zu tun haben. Ein Erfolg des 20. Juli hätte die Alliierten vor Probleme gestellt und hätte ihnen von daher nicht gefallen. Von daher gab es auch keinerlei Unterstützung für den Widerstand.
Die Männer des 20. Juli wollten nach der Tötung Hitlers und der Beseitigung der NS-Herrschaft mit den Briten und Amerikanern verhandeln und einen Separatfrieden im Westen zu schließen. Im Osten sollte dann, evtl. sogar mit Unterstützung der Westmächte, weiter gegen den Bolschewismus gekämpft und ein Vordringen Stalins nach Mitteleuropa gestoppt werden.

Es wäre sicher interessant gewesen, wie die Westmächte sich dazu verhalten hätten.
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von H2O »

Nomen Nescio hat geschrieben:(05 May 2019, 18:09)

kannst du mich erklären warum du dich mit gedenken auf die seite der sieger stellen würdest ??
n.m.m. werden ALLE toten/opfer von WK II gedacht. ungeachtet nationalität, »rasse«, funktion, usw.
nur diejenigen die ein anteil an die verbrechen hatten, gehören nicht dazu.
Ja, lieber NN, das ist aus meiner Sicht ganz einfach. Ich bekenne mich zum Tätervolk, auch wenn ich an keiner seiner Greueltaten beteiligt war. Ich kann nicht ausschließen, daß ich mich unter den damaligen Umständen voller Überzeugung daran beteiligt hätte. Damals ist nicht nur die Nazibarbarei endgültig entmachtet und zum Teil auch bestraft worden. Damals ist ein stolzes Deutsches Reich vernichtet worden, für das sich Millionen Menschen in Jahrhunderten aufopfernd eingesetzt hatten. Damals sind Millionen deutsche Menschen von Haus und Hof vertrieben worden. Das alles ertrage ich um des lieben Friedens willen. Andere sagen, daß das die gerechte Strafe für Naziverbrechen war. An solchem Gedenken kann ich mich nicht aufrichtig beteiligen. Da hängt jeder seinen Gedanken nach, macht sie an diesem Tag fest. Ich schlage vor, übrigens immer wieder, das Herumwühlen in dieser schrecklichen Vergangenheit endlich ein zu stellen, sie nun der Geschichtsforschung zu überlassen, und an dessen Stelle an einer gemeinsamen Zukunft zu arbeiten, in der wir solche Kriege in Europa nur noch aus Geschichtsbüchern kennen. Das ist nun gerade nicht der berühmte "Schlußstrich", sondern ein sehr eingehend begründeter gemeinsamer Neuanfang.
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Nomen Nescio »

H2O, da denken wir verschieden.
weißt du was »klinischen blick bedeutet«? wenn ein arzt eine schöne dame untersucht, versucht er neutral zu sein und sich nur auf die untersuchung zu richten. er betrachtet die dame nicht als sexobjekt.
das wird der »klinische blick« genannt.

wohlan, ich schaue auf die deutsche geschichte ab 1870 mit einem klinischen blick. und bin manchmal sehr verwundert. dann denke ich aber an die geschichte von F, GB, USA und belgien und realisiere mich daß faktisch es ähnliche situation sind. sie passierten weit weg, und außerdem betraf es meistens nicht-weißen. au fond sind aber alle völker trotz ihrer »pharisäerblick« eigentlich genau so schlimm.
es gibt laborexperimente mit studenten, woraus sich zeigte daß amerikaner sich auch wie die deutschen benehmen können.

und ja, ich finde es wichtig daß wir wissen wozu überheblichkeit uns bringen kann. auch wenn es manchmal schmerzt.
denkst du daß ich stolz bin auf den jüngsten bruder meiner mutter, der freiwillig bei den SS diente?
ich habe gesehen wie meine großeltern die verachtung von nachbarn genossen, auch wenn sie nichts daran tun konnten.
ich erinnere mich noch daß meine tante (sie hätte gut gepaßt im KZ als aufpässerin :mad2: ), meine mutter, ein cousin und ich das lager besuchten worin mein onkel gefangen war. hinter stacheldraht.
aber nein, ich habe ab meinem ± 17 jahr versucht die menschen deutlich zu machen daß verbrechen wie in WK II durch sehr viel menschen begangen werden können (ein anderes experiment zeigte das durch hypnose). und daß zweitens eine diktatur zu fehlverhalten der menschen führt.
ausnahmen gibt es ja immer, aber die große mehrheit...

darum kann und werde ich alle toten menschen aus WK II gedenken.
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Dampflok94 »

Nomen Nescio hat geschrieben:(05 May 2019, 18:48)

na, warum wird der dann nicht benutzt ??
:?: Benutzt? Wofür denn? Er dient dem Gedenken und es werden Reden gehalten und dieser oder jener Kranz abgelegt.
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Dampflok94
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Dampflok94 »

Tannenberg hat geschrieben:(05 May 2019, 19:51)

Die Männer des 20. Juli wollten nach der Tötung Hitlers und der Beseitigung der NS-Herrschaft mit den Briten und Amerikanern verhandeln und einen Separatfrieden im Westen zu schließen. Im Osten sollte dann, evtl. sogar mit Unterstützung der Westmächte, weiter gegen den Bolschewismus gekämpft und ein Vordringen Stalins nach Mitteleuropa gestoppt werden.

Es wäre sicher interessant gewesen, wie die Westmächte sich dazu verhalten hätten.
Daran ist gar nichts interessant. Es gibt nichts aber auch gar nichts was darauf hinweist, daß sich die Westalliierten darauf eingelassen hätten. Die Forderung "unconditional surrender" wäre Aufrecht geblieben. Das war letztlich auch den meisten Leuten im Widerstand klar. Die meisten waren Militärs und wußten, der Krieg war verloren. Er wäre bei einem erfolgreichen Staatsstreich nur früher verloren gegeben worden. Was Millionen das Leben gerettet hätte.
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H2O
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von H2O »

Nomen Nescio hat geschrieben:(05 May 2019, 22:06)
...

...

darum kann und werde ich alle toten menschen aus WK II gedenken.
Ja, das geht mir bei sehr vielen äußeren Anlässen genau so, die auch nicht unbedingt mit einer Art "Traditionspflege" verbunden sein müssen. Am 8.Mai geht mir sehr viel mehr durch den Kopf als Trauer um die Opfer von Kriegen und organisiertem Mord.
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Selina
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Selina »

Ich denke am 8. Mai, dem Tag der Befreiung vom Hitlerfaschismus, an die 27 Millionen Sowjetbürger, die beim deutschen Überfall auf die Sowjetunion ermordet worden und beim anschließenden "Großen Vaterländischen Krieg" gefallen sind. Und ich denke an sechs Millionen von den Nazis ermordete Juden aus aller Welt.
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von space »

Einige wurden besiegt, einige befreit. Ich finde es heuchlerisch so zu tun als ob Deutschland einfach nur in Gänze befreit wurde, als ob Hitler als das Volk in Geiselhaft genommen hätte. Natürlich wurden viele befreit. Die Menschen in den Lagern und Gefängnissen, diejenigen im Untergrund und die die in ständiger Gefahr vor dem Regime gelebt haben. Die anderen, die die ihre Nachbarn denunziert haben, die die fanatisch mit Fackeln und Hakenkreuzfahnen durch die Straßen gezogen sind und diejenigen, die applaudiert haben, als der Mob über die jüdische Bevölkerung und Andersdenkende herfiel, die wurden besiegt.
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Nomen Nescio »

space hat geschrieben:(06 May 2019, 19:38)

Einige wurden besiegt, einige befreit. Ich finde es heuchlerisch so zu tun als ob Deutschland einfach nur in Gänze befreit wurde, als ob Hitler als das Volk in Geiselhaft genommen hätte. Natürlich wurden viele befreit. Die Menschen in den Lagern und Gefängnissen, diejenigen im Untergrund und die die in ständiger Gefahr vor dem Regime gelebt haben. Die anderen, die die ihre Nachbarn denunziert haben, die die fanatisch mit Fackeln und Hakenkreuzfahnen durch die Straßen gezogen sind und diejenigen, die applaudiert haben, als der Mob über die jüdische Bevölkerung und Andersdenkende herfiel, die wurden besiegt.
natürlich hatte hitler das volk in geiselhaft genommen.
durch die unterdrückung mittels gestapo, grüne polizei und die vielen menschen die zeigen wolten daß sie gute bürger waren und andere verrieten.
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von schokoschendrezki »

Das nächste große Gedenken findet am 19. August 2019, 30 Jahre nach dem sogenannten "Paneuropäischen Picknick" 1989 statt. Damals wurde die eigentlich abgeschottete Grenze zwischen Ungarn und Österreich an einer Stelle geöffnet und mehrere hundert DDR-Bürger traten die Flucht in den Westen an.

Nur zur Information: Das historische Zentrum der ungarischen Stadt Sopron/Ödenburg (ganz in der Nähe dieses Picknicks) ist bereits jetzt völlig geprägt von diesem Ereignis. An einem Teil der freigelegten Mauern einer ehemals römischen Grenzbefestigung sind riesige Bilder mit flüchtenden DDR-Bürgern zu sehen. Davor hat man einen improvisierten Grenzwachturm und vier oder fünf restaurierte DDR-Trabbis aufgestellt.

Wie muss man das verstehen? Gerade auch im ZUsammenhang mit der Neuerrichtung von Grenzzäunen im Süden von UNgarn an der EU-AUßengrenze? Das "Paneuropäische Picknick" wurde im wesentlichen von der rechtskonseravtiven Paneuropa-Union und einigen schon damals rechtskonservativen ungarischen Politikern organisiert. Stichwort Otto von Habsburg. Der andere große Strippenzieher der historischen Umbrüche 1989 war der polnische Papst Johannes Paul II. Was war also 1989? Die große Befreieung der DDR-Bürger? Das "Ende des Sozialismus"? Oder der Anbruch eines neuen rechtskonservativen Zeitalters?

Die gegenwärtige rechtskonservative Regierung in Ungarn jedenfalls hat absolut kein Problem mit dem Paneuropäischen Picknick. Im Gegenteil: Sie reklamiert es für sich. Man darf sich die aktuellen Beziehungen Ungarn-Deutschland in kulturpolitischer Hinsicht (ganz im Gegensatz zu denen in wirtschaftlicher Hinsicht) als sehr sehr schwierig vorstellen.
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Quatschki »

schokoschendrezki hat geschrieben:(24 Jun 2019, 11:38)

Wie muss man das verstehen?
Für dich ist Paneuropäisch und Schutz der Außengrenzen ein Widerspruch?
Wie muss man das verstehen?
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Beitrag von schokoschendrezki »

Quatschki hat geschrieben:(24 Jun 2019, 11:49)

Für dich ist Paneuropäisch und Schutz der Außengrenzen ein Widerspruch?
Wie muss man das verstehen?
Ersteinmal ist die Grenze zwischen Österreich und Ungarn keine EU-Außengrenze. Nichteinmal eine Schengen-Grenze.

Ich will wirklich mal versuchen, beim Thema zu bleiben. Im Eingangsbeitrag heißt es:
Nomen Nescio hat geschrieben: wir können sagen »viele haben ihre kräfte, ja ihr leben gegeben damit wir wieder freiheit haben«. was muß man aber bei euch sagen?
sie sind opfer von teufeln gewesen. ausländer erlösten euch jedenfalls von diesen schreckensherrschern. habt ihr aber freiheit bekommen? ich weiß es nicht. materiell, ja. aber geistig?
Bezogen auf dieses paneuropäische Picknick 89: Weder Ungarn, noch Österreicher noch Schweden (das sind die Nationalitäten der Hauptinitiatoren) haben ihr Leben dafür gegeben: Aber mit dem kurzzeitigen Fall des Eisernen Vorhangs am 19. August 1989 haben hunderte von DDR-Bürgern ein Stück Freiheit gesehen und wurde endgültig der Bruch in Europa und der Welt besiegelt. Noch bevor am 30. September 89 der deutsche Außenminister Genscher die Weiterfahrt der Geflohenen aus der Prager Botschaft verkündigte. Nun nimmt 2019 Ungarn seine Rolle bei diesen Umbrüchen 1989 voll und ganz für sich in Anspruch. Ich stehe dabei auf keinerlei Seite, wohlgemerkt! Das ganze Jubiläum ist aber auf jeden Fall politisch hochgradig kontaminiert und spannend. Gerade auch, was die aktuellen Umbrüche im politischen Gefüge in Österreich betrifft.

Wer von Seiten Deutschlands am 19. August 2019 am Mahnmal in Sopronkőhida erscheint und was er/sie dort sagen wird ... das ist hochspannend. Was dort dann eigentlich gefeiert wird. Die Befreieung der DDR-Deutschen? Der Beginn eines rechtskonservativen Zeitalters? Die Selbstbesinnung eines christlich-abendländischen Europas auf seine "Kultur"?
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Quatschki »

In Sopron ging es vor allem um das Wiederzusammenführen eines alten Kulturraumes.
Die DDR-Flüchtlinge waren da eher zufällig involviert durch ihre Entschlossenheit, die Gelegenheit für sich zu nutzen.
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Wolverine
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Wolverine »

Senexx hat geschrieben:(08 May 2018, 09:11)

Am 8. Mai feiern wir nicht.
Sollten wir aber. Meine Mutter musste damals mit ihrer Mutter aus dem heutigen (wieder) Königsberg fliehen. Weil sie eine Jüdin war.

Meine Familie feiert diesen Tag ganz besonders und ich denke, dass viele andere Menschen das auch tun. Wir unterscheiden aber zwischen Kadavergehorsam und zwischen Soldaten die gezwungen waren Befehlen zu gehorchen.

Befehlsverweigerungen wurden damals mit dem Tode bestraft.
Viele deutsche Soldaten waren selbst Opfer des Systems.
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If the Arabs were to put down their arms there would be no more war.
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Humelix33 »

Tannenberg hat geschrieben:(05 May 2019, 19:51)

Die Männer des 20. Juli wollten nach der Tötung Hitlers und der Beseitigung der NS-Herrschaft mit den Briten und Amerikanern verhandeln und einen Separatfrieden im Westen zu schließen. Im Osten sollte dann, evtl. sogar mit Unterstützung der Westmächte, weiter gegen den Bolschewismus gekämpft und ein Vordringen Stalins nach Mitteleuropa gestoppt werden.

Es wäre sicher interessant gewesen, wie die Westmächte sich dazu verhalten hätten.
Es ist bald 75 Jahre her, als sich der heldenhafte Kreis um Gerhard Graf von Schwerin versuchte dem Elend ein Ende zu bereiten.

Wenn man schon dem Zweiten Weltkrieg, als Mahnung, einen Feiertag geben will, wäre es ganz klar der 20.Juli. Der Wille zählte hier ganz klar, es kamen die unglücklichsten Begleitumstände zusammen, warum das Vorhaben schief gelaufen ist.

Nach neuesten Erkenntnissen hätte ein Sturz nichts an den Forderungen der Gegenseite geändert, dafür hätte es ein erfolgreiches Attenat bereits vor der Konferenz von Teheran geben müssen. Von russischer Seite ist klar zu hören, das auch nach einem erfolgreichen Attenat und der bedingungslosen Kapitulation, die Annektierungen im Osten erfolgt wären.

Wie sich die Westmächte verhalten hätten, dazu gibt es die unterschiedlichsten Aussagen, die mit Vorsicht zu genießen sind. Die utopischste Version ist immer die, das sich, nach dem Tod von Hitler, die Westmächte Deutschland anschließen sollten, und gemeinsam gegen die Sowjetunion marschiert wären. Am wahrscheinlichsten wäre vielleicht, aber auch nur vielleicht gewesen, dass sich die Allierten mit den Sowjets in die Haare bekommen hätten, weil die nur auf Rache aus waren, kann man bei den Verbrechen auch ansatzweise nachvollziehen, aber die Allierten den Willen und die eigenständige Befreiung vom Führer vielleicht positiv ausgelegt hätten, und einige Punkte der Teheran Konferenz fallen gelassen. Auch in dem Bezug sind sich verantwortliche Zeitzeugen der Allierten in unterschiedlichsten Doku's, und schriftlichen Aussagen, nicht einig, wenn sie sich nach dem Szenario eines erfolgreichen Attentat's vom 20. Juli 1944 äußern.
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Ger9374 »

Der 14.07 Französischer Nationalfeiertag

Durch die Jahrhunderte den Werdegang dieser Nation zu betrachten zeigt mir auf
wie anders der Verlauf der Geschichte dort, aber wie ähnlich doch die Schicksale beider Nationen insgesamt verliefen.
Es erfüllt mich mit tiefer Freude das Frankreich und Deutschland wahre Freunde geworden sind und wünsche mir eine Staatliche Einheit mit dieser grossen Nation noch selbst erleben zu dürfen!
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Quatschki »

Ger9374 hat geschrieben:(15 Jul 2019, 02:48)
...und wünsche mir eine Staatliche Einheit mit dieser grossen Nation noch selbst erleben zu dürfen!
Dazu müßten die aber alle deutsch lernen, denn ich lerne bestimmt kein frantösisch...
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von H2O »

Quatschki hat geschrieben:(15 Jul 2019, 09:08)

Dazu müßten die aber alle deutsch lernen, denn ich lerne bestimmt kein frantösisch...
Das werden Franzosen genau so wenig wie Sie müssen sollen. Aber schaden wird Sprachsicherheit in den wesentlichen Sprachen einer Föderation auch nicht. Am Beispiel der Schweiz wird man schon heute studieren können, welche Vorteile sprachkundigen Mitbürgern winken, und welche Nachteile für "Sprachmuffel" entstehen.

Auf EU-Ebene ist es praktisch aus zu schließen, daß selbst ein Sprachgenie sämtliche Unionssprachen so weit beherrscht, daß es zu einem sachlich ordentlichen Gespräch in sämtlichen Muttersprachen kommt. Mein Tipp: Wir werden uns an die Weltsprache Englisch als tragende gemeinsame Umgangssprache zu gewöhnen haben. Die wird schon heute in allen europäischen Staaten als 1. Fremdsprache vermittelt.
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Quatschki »

H2O hat geschrieben:(31 Aug 2019, 01:42)
Mein Tipp: Wir werden uns an die Weltsprache Englisch als tragende gemeinsame Umgangssprache zu gewöhnen haben. Die wird schon heute in allen europäischen Staaten als 1. Fremdsprache vermittelt.
Mittlerweile beginnen sich auch andere Möglichkeiten abzuzeichnen.

https://www.derstandard.at/story/200009 ... ebersetzer

Trotzdem bleiben die Sprachräume und damit auch Räume für die politischen Debatte und darauf fußend der politischen Willensbildung in hohem Masse voneinander isoliert.

In deutschen Polittalks sind eben fast nur deutsche Talkshowgäste und stets nur deutsche Moderatoren. Und in Frankreich oder Polen ist es entsprechend
Oder scheibst du auch Kommentare in ausländischen anderssprachigen Foren? Oder liest da mit?
Verfolgst du die polnische Tagespolitik ebenso wie die deutsche?

Es ist ja prinziopiell kein Problem mehr, eine beliebige ausländische Webseite zu übersetzen und zumindest den Inhalt zu erfassen. Aber wieviele nutzen so etwas regelmäßig und gezielt, um sich zu informieren?
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von H2O »

Quatschki hat geschrieben:(31 Aug 2019, 10:48)

Mittlerweile beginnen sich auch andere Möglichkeiten abzuzeichnen.

https://www.derstandard.at/story/200009 ... ebersetzer

Trotzdem bleiben die Sprachräume und damit auch Räume für die politischen Debatte und darauf fußend der politischen Willensbildung in hohem Masse voneinander isoliert.

In deutschen Polittalks sind eben fast nur deutsche Talkshowgäste und stets nur deutsche Moderatoren. Und in Frankreich oder Polen ist es entsprechend
Oder scheibst du auch Kommentare in ausländischen anderssprachigen Foren? Oder liest da mit?
Verfolgst du die polnische Tagespolitik ebenso wie die deutsche?

Es ist ja prinziopiell kein Problem mehr, eine beliebige ausländische Webseite zu übersetzen und zumindest den Inhalt zu erfassen. Aber wieviele nutzen so etwas regelmäßig und gezielt, um sich zu informieren?
Italienisch, Französisch, Englisch und Polnisch kann ich gut lesen und verstehen. Die Rzeczpospolita lese ich, und die Gazeta Wyborcza auch. Ich wohne ja auch in Westpommern/Polen. Beide Zeitungen sind sehr ordentlich gemachte Tageblätter. Die Wochenzeitschrift DIE ZEIT lese ich auch; aber die ist verdammt dick, selbst für Rentner eine harte Leselast! Dazu kommt noch meine Bremer Tageszeitung... schon um rechtzeitig Todesfälle in unserer alten Bekanntschaft zu erfahren. Englische Zeitungen lese ich fast nie, französische und italienische nur dann, wenn etwas anbrennt. Meine Interessen sind doch mehr auf technischem Gebiet. Und dann höre ich meiner Frau zuliebe den Deutschlandfunk über mein Smartphone.

Viel mehr politische Information könnte ich nie und nimmer verarbeiten. Als ich noch im Arbeitsleben stand, ging noch weniger. Kunden und Projekte forderten vollen Einsatz ...und ein bißchen mehr!

Ich meine aber, daß ich die wesentlichen Ereignisse in der EU auch auf dem platten Lande in Westpommern ganz gut verfolgen kann. Diese Ereignisse werden in den Niederlanden, Schweden, Kroatien oder auf den Azoren nicht so viel anders wahr genommen.

Dann gewinnt man ohne eigenes Dazutun schon so etwas wie einen europäischen Geist. In dieser Gemeinschaft liegt die wirtschaftliche und politische Zukunft unseres Kontinents... nicht in den vielen verschlossenen Kleinkleckersdörfern.
Ger9374

Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Ger9374 »

Habe vor etlichen Monaten die Erinnerungen an den Ausbruch des 1. WK
Medial etwas erstaunt wargenommen.
Spontan als " das ist doch echt ewig her"
versucht abzuhaken. Hat mich überrascht da ich sehr genau weiss das dies der grosse erste Umbruch schrecklicher Menschenschlächterei in der Welt war!

Nun kommen die Gedenken des 2.Wk.
Steinmeier war in Italien, Polen bittet um Verzeihung für das tun der Deutschen, die Kriegsverbrechen!
Auch jetzt regt sich der Wille der Distanzierung ob der zeitlichen 80 Jahre dazwischen und des ritualartigen Wirkens Deutscher Politiker zu diesen Anlässen!
Nur der Holocaust will als ewige Schande
nicht in den Hintergrund rücken!
Ich denke das die selbst nicht erlebten Grauen zu verblassen beginnen und ein im Hinterkopf das Mahnende verbleibt, die beiden WK. beginnen langsam Geschichtsereignisse zu werden, die in ihrer Prägnanz verlieren!
Geht es auch anderen so?
Für Alzheimer bin ich noch zu jung !
Humelix33
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Humelix33 »

Es ist nicht verwunderlich, dass der Erste Weltkrieg medial, etwas zurückhaltender betrachtet wurde, da mittlerweile das Märchen der Alleinschuld der Deutschen ad acta gelegt wurde, was aber damals unweigerlich Folgen hatte auch was den Aufstieg des NS Regimes betraf inklusive dem Anlass des heutigen Gedenktages. Das soll aber gerne bitte nicht so groß erwähnt werden, weil man vielleich Verständnis für unsere damalige Generation entwickeln könnte, was die Wahl der NSDAP betraf.

Der Angriff auf Polen wäre früher oder später sowieso gekommen, ob mit oder ohne Hitler, rein militärhistorisch betrachtet machte alles Sinn, inklusive dem Frankreichfeldzug, was man als Rache für 1919 ansehen konnte, und bis dahin auch mit Wohlwollen registriert wurde. Begeisterung gab es eher nur bei den fanatischen NS Anhängern. Nach den propagandamäßigen Siegesfeiern hat der Großteil der Deutschen gehofft, das es das war. Die Bauschmerzen fingen richtig an, als das Unternehmen Barbarossa begann, ab dem Zeitpunkt war man eher entsetzt, vertraute aber auf ein gutes Ende, aufgrund der vorherigen Feldzüge.

Meine Großeltern kamen aus den ehemaligen Ostgebieten, als der Krieg ausbrach, so berichtete mir mein Großvater, hatte er es absolut positiv gesehen, weil man sich endlich "unsere Heimat" zurückholen würde, er war aber auch so ehrlich, das er auf den Feldzug damals natürlich verzichtet hätte, hätte er das weitere Vorgehen und generell die Verbrechen des NS Regimes vorahnen können. Aber am 1. September 1939, wie erwähnt, daraus hat er nie einen Hehl gemacht, war er aufgrund der Zwangsabtretung 1919 absolut einverstanden, das man den Angriff gestartet hatte, und innerhalb der Truppe hätte es schon damals eher ein müdes Lächeln gegeben, aufgrund der aufgeführten Gründe Hitlers für den Angriff.

Für die deutsche Bevölkerung war die Inszinierung in Gleiwitz ja auch nicht gedacht, eher für England und Frankreich, um so zu tun, als wäre der Angriff eine Verteidigungsmaßnahme gewesen, war aber am Ende so plump, das es nichtmal ein Kind geglaubt hätte.

Und der Grund der Nazis für den Angriff war eben so plump, während die Bevölkerung in den Ostgebieten nämlich eher von den bisher aufgeführten Gründen ausgegangen war, was dann historisch Sinn ergeben hätte, war das Ansinnen der Nazis schlicht "Erlangen von Lebensraum im Osten".
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Quatschki »

Polen ehrt die Helden der Westerplatte.
Dabei war die polnische Befestigung der im Völkerbundgebiet "Danzig" liegenden Westerplatte mindestens so illegal wie die russische Annexion der Krim.
Drauf so sprach Herr Lehrer Lämpel:
„Dies ist wieder ein Exempel!“
Ger9374

Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Ger9374 »

Muss Mir Mal versuchen alte Landkarten zu ziehen.Westerplatte nicht Polnisch was ganz neues für mich!
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Quatschki
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Quatschki »

Ger9374 hat geschrieben:(01 Sep 2019, 17:35)

Muss Mir Mal versuchen alte Landkarten zu ziehen.Westerplatte nicht Polnisch was ganz neues für mich!
Dann mach dich mal kundig.
Die Westerplatte war ein Stützpunkt Polens im Hafengebiet der Freien Stadt Danzig, meilenweit von der damaligen polnischen Staatsgrenze entfernt.
Der Völkerbund hat genau geregelt, was die Polen dort machen dürfen und was nicht.
Und sie haben diese Bestimmungen schon seit den 20er Jahren permanent gebrochen, widerrechtlich Befestigungen, Stellungen und Bunker errichtet und Kampftruppen stationiert.
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Re: gedenken? feiern?

Beitrag von Kloß mit Soß »

Was ich auch nicht versteh ist warum die Soldaten so undifferenziert betrachtet werden. Die deutschen Soldaten im zweiten Weltkrieg haben beeindruckende Einzelleistungen erzielt, das sollte man auch würdigen.

Major Erich "Bubi" Hartmann
Bei Kriegsbeginn 17 Jahre alt. Sieben Jahre später mit 352 bestätigten Luftsiegen bei 1404 Feindflügen der erfolgreichste Pilot in der Geschichte des Luftkrieges. Hat Hitler ausrichten lassen: „Sagen Sie dem Führer, ich will die Brillanten nicht haben, wenn er kein Vertrauen zu seinen Frontoffizieren hat!“, als er bei der Verleihung um seine Waffe gebeten wurde. Hat nach dem Krieg 11 Jahre in russicher Gefangenschaft ausgehalten ohne sich brechen zu lassen und ist danach zu seiner Frau zurückgekehrt und in die Bundeswehr eingetreten.

Feldwebel Kurt Knispel „Der Schwarze Baron“
1940 als 19-Jähriger eingezogen worden. Mit 168 bestätigten Abschüssen (100 als Richtschütze, 68 als Kommandant) auf Platz eins der Panzer-Asse. Man sagt ihm nach, dass er zum Teil weitere Abschüsse auch anderen zugesprochen hat, da er ohne hin nur sehr langsam aufstieg und nie das Ritterkreuz verliehen bekommen hat: Knispel trug die Haare lang und hatte es sich mit der Führung nachhaltig verkackt, weil er einen Offizier geschlagen hat als dieser Kriegsgefangene misshandelte. Wenn er nicht so gut gewesen wäre, hätten die ihn wahrscheinlich einen Kopf kürzer gemacht. 1945 hats seinen Tiger nicht weit von seinem Heimatdorf in Südmähren erwischt.

Nicht mal die Briten haben da ein Problem mit unseren Soldaten, die haben die Messerschmidt vom Nachtgespenst nach dem Krieg in London aufgebaut und mit der Inschrift versehen: „Diese Messerschmitt-Maschine flog der erfolgreichste Nachtjäger der Welt, der 23-jährige Major Heinz Wolfgang Schnaufer.“ Man muss sich nicht unbedingt den Rudel raussuchen, wenn man ne Kaserne benennen will, aber diese Verdammung per se macht in meinen Augen mehr Schaden als dass es nutzt.
KOH 12:5
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