der Reichstagsbrand - Betrug an den Deutschen?

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Re: der Reichstagsbrand - Betrug an den Deutschen?

Beitrag von streicher »

Dark Angel hat geschrieben:(29 Apr 2020, 15:34)

Meinst du nicht, dass das hier

"Historiker streiten seit langem darüber, wer tatsächlich den Reichstagsbrand von 1933 legte, der den Nazis zum Griff nach der absoluten Macht diente. Eine neu aufgetauchte eidesstattliche Versicherung eines damaligen Mitglieds der Sturmabteilung der NSDAP, also der SA, deutet nun auf eine Beteiligung der Nationalsozialisten hin - und entlastet den für den Brand zum Tode verurteilten niederländischen Kommunisten Marinus van der Lubbe."
(aus deiner Quelle)


als Faktenlage etwas sehr dünn ist?

Was steht in dieser eidesstattlichen Versicherung/Erklärung?
Wo kann man diese einsehen und überprüfen?
Haben sich Historiker zu dem angeblichen Dokument geäußert?
Wenn ja, wer und in welcher Form?

So lange es diesbezüglich keine nachvollziehbaren bzw zitierbaren Quellen gibt, ist deine Quelle nicht viel mehr als Makulatur und das Ganze reine Spekulation.
Habe jetzt erstmal das Dokument gesucht. Schau es dir mal an (pdf-Kopie ist dort verlinkt): Erklärung zum Reichstagsbrand und Testamente von Klara Berliner.
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Dark Angel
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Re: der Reichstagsbrand - Betrug an den Deutschen?

Beitrag von Dark Angel »

streicher hat geschrieben:(29 Apr 2020, 21:35)

Habe jetzt erstmal das Dokument gesucht. Schau es dir mal an (pdf-Kopie ist dort verlinkt): Erklärung zum Reichstagsbrand und Testamente von Klara Berliner.
Zunächst mal danke für den Link.
Etwas wirklich Neues ist der eidesstattlichen Versicherung allerdings nicht zu entnehmen.
Es bestehen seit Jahrzehnten - eigentlich schon seit dem "Reichstagsbrandprozess" berechtigte Zweifel an der Täterschaft van der Lubbes und seit Jahrzehnten diskutieren Historiker die Geschehnisse um den Reichtsgsbrand sehr kontrovers.
Diese Kontroverse kann auch mit dem Auftauchen der eidesstattlichen Versicherung NICHT beendet werden.
Dafür sind die Informationen, die sich aus dieser Versicherung ergeben nicht ausreichend, weil zu wage.
"... habe Stimmen gehört ...", "... war Brandgeruch wahrnehmbar ..." etc liefer keine Informationen über die tatsächlichen Täter und/oder die Gründe für die Barandstiftung.

Tut mir leid, aber die Faktenlage ist und bleibt dünn.
Entscheident ist und bleibt, dass der Reichstagsbrand - egal von wem tatsächlich gelegt - für die Durchsetzung der Ermächtigungsgesetze und damit für die "Umwandlung" der Demokratie in eine Diktatur instrumentalisiert wurde.
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Re: der Reichstagsbrand - Betrug an den Deutschen?

Beitrag von streicher »

Dark Angel hat geschrieben:(01 May 2020, 11:34)

Zunächst mal danke für den Link.
Etwas wirklich Neues ist der eidesstattlichen Versicherung allerdings nicht zu entnehmen.
Es bestehen seit Jahrzehnten - eigentlich schon seit dem "Reichstagsbrandprozess" berechtigte Zweifel an der Täterschaft van der Lubbes und seit Jahrzehnten diskutieren Historiker die Geschehnisse um den Reichtsgsbrand sehr kontrovers.
Diese Kontroverse kann auch mit dem Auftauchen der eidesstattlichen Versicherung NICHT beendet werden.
Dafür sind die Informationen, die sich aus dieser Versicherung ergeben nicht ausreichend, weil zu wage.
"... habe Stimmen gehört ...", "... war Brandgeruch wahrnehmbar ..." etc liefer keine Informationen über die tatsächlichen Täter und/oder die Gründe für die Barandstiftung.

Tut mir leid, aber die Faktenlage ist und bleibt dünn.
Entscheident ist und bleibt, dass der Reichstagsbrand - egal von wem tatsächlich gelegt - für die Durchsetzung der Ermächtigungsgesetze und damit für die "Umwandlung" der Demokratie in eine Diktatur instrumentalisiert wurde.
Ja, diese Angaben von Lennings wirken schon etwas vage, was die Wahrnehmung im Reichstag anbetrifft. Allerdings diese Ausführungen finde ich durchaus delikat:
Es war in der Wirtschaft ein Mann namens Max Becker, der, wie ich wusste, früher Mitglied des Rot-Front-Kämpferbundes gewesen war und nunmehr als Polizeispitzel diente. Er gab uns unter Überreichung eines schriftlichen Sonderausweises den Befehl, in der Lützowstrasse einen Mann abzuholen und in das Reichstagsgebäude zu bringen. Nach meiner Erinnerung war das Haus in der Lützowstrasse, in das wir drei uns begaben, ein SA-Lazarett. Es wurde uns von einem Mann in bürgerlicher Kleidung, dessen Namen ich damals nicht wusste und selbstverständlich auch heute nicht weiss, ein Mann übergeben mit folgenden Worten: "Bringen Sie diesen Herrn van der Lubbe in den Reichstag."
Das liest sich wie eine gezielte Operation.
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Re: der Reichstagsbrand - Betrug an den Deutschen?

Beitrag von Dark Angel »

streicher hat geschrieben:(01 May 2020, 15:27)

Ja, diese Angaben von Lennings wirken schon etwas vage, was die Wahrnehmung im Reichstag anbetrifft. Allerdings diese Ausführungen finde ich durchaus delikat: Das liest sich wie eine gezielte Operation.
Die Angaben sind mehr als nur wage.
Eine eidesstattliche Versicherung 22 Jahre NACH den Geschehnissen und der Mann will sich noch an einzelne Sätze erinnern,
Sorry, aber das ganze hat ein Geschmäckle. Für Historiker sind Aussagen, die nach einem derart langen Zeitraum nicht verwertbar, vor allem dann nicht, wenn sie weder durch andere Quellen verifiziert bzw abgeglichen und damit auch nicht falsifiziert werden können.
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Re: der Reichstagsbrand - Betrug an den Deutschen?

Beitrag von streicher »

Dark Angel hat geschrieben:(02 May 2020, 19:50)

Die Angaben sind mehr als nur wage.
Eine eidesstattliche Versicherung 22 Jahre NACH den Geschehnissen und der Mann will sich noch an einzelne Sätze erinnern,
Sorry, aber das ganze hat ein Geschmäckle. Für Historiker sind Aussagen, die nach einem derart langen Zeitraum nicht verwertbar, vor allem dann nicht, wenn sie weder durch andere Quellen verifiziert bzw abgeglichen und damit auch nicht falsifiziert werden können.
"Bringen Sie diesen Herrn von der Lubbe in den Reichstag.", ist jetzt nicht gerade ein Satz, der als Erinnerung anspruchsvoll ist. Schlichte Anweisung. Ein Satz.
Natürlich steht die Frage im Raum, warum Lennings seine eidesstattliche Versicherung erst 22 Jahre nach der Begebenheit geleistet hat. Vier Jahre seiner Geschichte sind laut seiner Aussage durch Flucht, Verhaftungen und Lager gekennzeichnet. Bei einem Grabbesuch eines Erschossenen ist Lennings verhaftet worden. Dann wundert es allerdings nicht, dass er mit seiner eidesstattlichen Versicherung auf sich warten ließ, mindestens bis nach dem Krieg, nach dem er wohl feststellen musste, dass ehemalige Nazis noch in Ämtern hockten. Dazu sagt er nichts, aber so war es ja. Sein Kopf bleibt eine Blackbox, man kann darüber spekulieren - es wird auch darüber spekuliert, warum er damit gewartet hat.

Nun zu den Historikern (ist wohl ein Seitenstrang wert): was machen dann Historiker mit solchen Aussagen, beiseite legen? Oder hängt die Einordnung des Dokuments damit zusammen, welche Position der Historiker vertritt?
Die Diskussion über die Beteiligung von Nazis ist nicht beendet: hier ist ein zusätzliches Dokument, dass die Diskussion wohl unter Historikern wieder entfacht hat, drei Theorien existieren ohnehin schon. Eigenartig finde ich allerdings, dass dieses Dokument zurückgehalten wurde und eher durch Zufall aufgetaucht ist.
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Re: der Reichstagsbrand - Betrug an den Deutschen?

Beitrag von Dark Angel »

streicher hat geschrieben:(03 May 2020, 11:43)

"Bringen Sie diesen Herrn von der Lubbe in den Reichstag.", ist jetzt nicht gerade ein Satz, der als Erinnerung anspruchsvoll ist. Schlichte Anweisung. Ein Satz.
Natürlich steht die Frage im Raum, warum Lennings seine eidesstattliche Versicherung erst 22 Jahre nach der Begebenheit geleistet hat. Vier Jahre seiner Geschichte sind laut seiner Aussage durch Flucht, Verhaftungen und Lager gekennzeichnet. Bei einem Grabbesuch eines Erschossenen ist Lennings verhaftet worden. Dann wundert es allerdings nicht, dass er mit seiner eidesstattlichen Versicherung auf sich warten ließ, mindestens bis nach dem Krieg, nach dem er wohl feststellen musste, dass ehemalige Nazis noch in Ämtern hockten. Dazu sagt er nichts, aber so war es ja. Sein Kopf bleibt eine Blackbox, man kann darüber spekulieren - es wird auch darüber spekuliert, warum er damit gewartet hat.
Ja eben, man kann da sehr viel spekulieren, nur bringen Spekulationen keinen Schritt weiter.
streicher hat geschrieben:(03 May 2020, 11:43)Nun zu den Historikern (ist wohl ein Seitenstrang wert): was machen dann Historiker mit solchen Aussagen, beiseite legen? Oder hängt die Einordnung des Dokuments damit zusammen, welche Position der Historiker vertritt?
Historiker nehmen solche Aussagen zur Kenntnis, prüfen die Glaubwürdigkeit/Seriosität, Relevanz und ob es noch andere, ähnliche Aussagen/Quellen gibt und das immer wieder, weil immer wieder neue Quellen auftauchen.
Das hat mit "Position vertreten" rein gar nichts zu tun. Historiker sind Wissenschaftler, die mit schriftlichen Quellen und auf der Basis der Quellenlage arbeiten.
Als in den Neuzigern viele Archive, mit als "geheim" oder "streng geheim" eingestuften Akten, geöffnet wurden, mussten sehr viele Einschätzungen revidiert und neu eingeordnet werden.
Sowas ist im Wissenschaftsbetrieb völlig normal.
streicher hat geschrieben:(03 May 2020, 11:43)Die Diskussion über die Beteiligung von Nazis ist nicht beendet: hier ist ein zusätzliches Dokument, dass die Diskussion wohl unter Historikern wieder entfacht hat, drei Theorien existieren ohnehin schon. Eigenartig finde ich allerdings, dass dieses Dokument zurückgehalten wurde und eher durch Zufall aufgetaucht ist.
Die Diskussion war nie beendet und ist auch nicht beendet, daran ändert die eidesstattliche Versicherung rein gar nichts.
Von wem soll das Dokument denn zurück gehalten worden sein?
Offensichtlich befand es sich wohl in Privatbesitz und war Bestandteil eines Testaments. Es ist völlig normal, dass es erst mit Testamentseröffnung bzw den darin festgelegten Fristen öffentlich zugänglich gemacht wird.
Daran ist gar nichts eigenartig.
Es wurde vom Gericht auch nur geprüft, ob das Dokument als solches echt ist und nicht ob die niedergeschriebenen Erinnerungen den Tatsachen entsprechen.
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