schokoschendrezki hat geschrieben:(21 Mar 2018, 10:43)Da muss man aufpassen, dass die Wirtschaftsaktivitäten von international agierenden Unternehmen der "Beschäftigung mit der europäischen Kultur und Geschichte" der Bürger nicht davoneilen oder längst schon davongeeilt sind. Während Literaturwissenschaftler noch darüber nachdenken, ob und wieweit das Interesse an literarischen Übersetzungen als europäischer Kulturvermittlung zu- oder abnimmt, fahren Kolonnen von LKWs Güter in Europa hin und her und verstehen sich (zumindest nach innen und nicht unbedingt in der Außendarstellung) große Unternehmen überhaupt nicht mehr als "nationale" Einrichtungen. Das (mit Abstand) nach Umsatz und Beschäftigten größte Unternehmen in Ungarn, MOL (Erdöl und Erdgas) - nur als Beispiel - beschäftigt im eigenen Land 14500 Menschen und international 34000. Das zweitgrößte ist Audi Hungaria mit Hauptsitz in Ingolstadt. Ganze Legionen von Wirtschaftslobbyvertretern in Brüssel bestimmen zunehmend, dass das auch so bleibt und die Maschinerie weiter brummt. Ich will das gar nicht weiter bewerten, sondern nur meinen Verdacht äußern, dass wir mit dieser Vorstellung einer kulturgeschichtlichen Integration Europas längst auf irgendeinem Nebenschauplatz herumirren.
Das für ein gemeinsames Europa auch eine politische und wirtschaftliche Integration braucht, steht außer Frage. Ich wollte mit meinem Beitrag auch nicht sagen, dass eine istitutionell-bürokratische, wirtschaftliche und politische (und langfristig auch soziale) Integration nicht notwendig wäre. Diese ist genau so notwendig, wenn das Projekt eines gemeinsamen Europa klappen soll. Dazu gehören gemeinsame europäische Gesetze und Regeln für die Wirtschaft (und auch die Finanzen). Aber der geistes- und kulturgeschichtliche Teil bzw. die Menschen, die aktiv Europa erleben (durch Reisen, Schüleraustausche, Auslandssemester, Auslandsjahre, evtl europäische Austauschprogramme für Auszubildende) ist genau so notwendig. Ohen europäisches Bewusstsein, *ohne europäische Identität,* der Menschen wird es langfristig kein gemeinsames Europa geben können.
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