Aldus hat geschrieben:(12 Apr 2021, 22:02)
Das Schlimme ist eben, das das oftmals ja wohl stimmt. Aber dann müssen eben irgendwann grundsätzliche Entscheidungen getroffen werden - oder es gleiten ganze Landschaften in eine Art infrastrukturellen "Slum" ab, womit auch niemandem gedient ist. Entweder man nimmt wieder ein par Sachen von staatlicher Seite aus selbst in die Hand, bzw. zahlt den entsprechenden Unternehmen eine ausreichende Subvention,
damit es sich wieder rechnet. Oder man gibt betroffene Landschaften offiziell auf.
Was passiert, wenn sich eine ganze Region quasi verabschiedet bzw. verabschiedet wird, kann man eindrucksvoll im Weserbergland sehen. Die Region zwischen Minden im Norden und Kassel/Eschwege im Süden ist in den vergangenen Jahren Schauplatz spektakulärer Verbrechen gewesen: "Horrorhaus von Höxter", der Missbrauchsskandal von Lügde, der Mord an Walter Lübcke etc.. Dass das so ist, ist mit Sicherheit nicht zufällig. Die Region befindet sich in der Randlage von drei Bundesländern: Hessen, NRW, Niedersachsen und ist in allen drei Bundesländern von massiver Abwanderung geprägt. Das Straßennetz ist - mit Ausnahme der Bundesstraßen - veraltet und befindet sich teilweise noch in einem Ausbauzustand aus der Zeit der Pferdekutschen. So etwas ist dann eine richtige Brutstätte für sogenanntes "lichtscheues Gesindel". Die Grenzlage verschärft das ganze, weil dort auch noch die Folgen der ehemaligen Kleinstaaterei eine wichtige Rolle spielen. Eine Rolle, die bis heute nachwirkt: OWL war Lippe-Detmold, Schaumburg zum einen Schaumburg-Lippe, zum anderen die hessische Grafschaft Schaumburg, die zu Hessen-Kassel gehörte, Hameln war Hannover, Bad Pyrmont war Waldeck-Pyrmont, Holzminden gehörte zu Braunschweig, Höxter zum katholischen Hochstift Paderborn, Bad-Karlshafen wieder zu Hessen-Kassel etc.. Man sieht: Probleme über Probleme. Und zwar historisch und strukturell bedingt.
Daraus kann man eine Forderung ableiten: wenn eine Region erhebliche Missstände aufweist, muss es möglich sein, sie zu sanieren - analog zu dem, was man im Städtebau schon seit Jahrzehnten macht und was sich dort bewährt hat. Im Moment gibt es nur die Instrumente der Flurbereinigung, der Dorferneuerung, in den kleinen Städten das der städtebaulichen Sanierung. Die Probleme solcher Gebiete greifen aber in ihren Ursachen sehr viel weiter und gehen richtig in die Tiefe. Und da muss man ran.