3x schwarzer Kater hat geschrieben:(26 Jun 2021, 14:39)
Ich finde schon diesen Glauben lustig, dass ein Staatsbetrieb irgendwie etwas besser machen soll als ein privates Unternehmen. Sämtliche wesentlichen Probleme im Gesundheitssystem sind auf staatliche Interventionen zurückzuführen. Und dann sehe man sich noch an, wie das in der Coronakrise läuft. Die obersten Pandemiebekämpfer (RKI) entpuppen sich als inkompetente Behörde in der wohl keiner bis 3 zählen kann. Die Verträge über Impfstofflieferungen sind wohl so zum eigenen Nachteil, dass auch hier nur Stümper am Werk gewesen sein können. Monatelang dauert es bist man mal eine funktionsfähige Impfinfrastruktur zusammen hat. Dann wird alles auf zu wenig Impfstoff geschoben, obwohl mehr 10% aller bisherigen Impfstofflieferungen vor sich herschiebt. Das reicht schon mal für fast 2 Wochen. Ein Trauerspiel ohne Gleichen. Und dem normalen Michel fällt nichts anderes ein als dem Staat noch mehr Kompetenz im Gesundheitswesen zu übertragen. Was bitte soll da besser werden? Die meisten kommunalen Krankhäuser sind defizitär und ineffizienter als die Privaten, es wird in kommunalen weniger investiert als in privaten und eine bessere Versorgung hat der Patient auch nicht. Warum also wieder zurück in die Hand der Kommunen. Wir haben genug Fässer ohne Boden.
Du hast Dich davon einfangen lassen, dass der "Realist" hier unausgesetzt über Enteignungen fabuliert. Er ist derjenige, der das Thema hier aufgebracht hat, sonst niemand.
Es geht auch gar nicht um einen Vergleich, ob private oder öffentliche Einrichtungen effizienter arbeiten.
Es geht um folgenden Punkt: Die Pandemie hat aufgedeckt, dass das Deutsche Gesundheitssystem erhebliche Mängel aufweist. Das sagen jetzt nicht irgendwelche linken Spinner, sondern das sagt unter anderem die Deutsche Krankenhausgesellschaft. Und der zuständige Minister Jens Spahn, seines Zeichens Christdemokrat (!), stimmt dem zu. Schon zuvor hat die CDU-geführte Bundesregierung immer wieder eingeräumt, dass das deutsche Gesundheitssystem auf eine solche Pandemie-Situation "schlecht vorbereitet" war, um es milde auszudrücken.
Hier ein paar der Mängel, die das Drecksvirus "dankenswerterweise" offengelegt hat (seine einzige positive Leistung!):
- Ein hochindustrialisiertes Land wie Deutschland, war nicht fähig, in vertretbarer Zeit genügend Schutzmasken zur Verfügung zu stellen, weil das ganze Zeug nur noch in China und Indien hergestellt wird.
- Ein hochindustrialisiertes Land wie Deutschland, war nicht fähig, in vertretbarer Zeit Grundstoffe für Medikamente und Tests zu stellen, weil das ganze Zeug fast nur noch in Indien hergestellt wird.
- Ein hochindustrialisiertes Land... (den Rest spare ich mir) hatte nicht genügend Produktionskapazität, um einen fertigen und eigentlich verfügbaren Impfstoff herzustellen.
- (...) hatte nicht genügend ausgebildete Fachkräfte, um die nachhaltige Versorgung von Patienten zu gewährleisten (ging nur durch massive Überstunden und Ausbeutung von hochqualifizierten, aber erbärmlich bezahlten Beschäftigten)
- (...) hatte bei weitem zu wenig Personal in den Gesundheitsämtern, um Infektionen nachzuverfolgen. Da musste die Bundeswehr helfen.
- (...) musste bei der Nachverfolgung im digitalen Zeitalter mit Telefaxen rumhampeln. In meinem Unternehmen gibt es nicht mal mehr ein Faxgerät!
- (...) stellt gerade fest, dass es in Ballungszentren eine medizinische Überversorgung gibt, auf dem platten Land hingegen eine Unterversorgung.
Das sind jetzt nur Punkte, die mir auf die Schnelle eingefallen sind. Totsicher gibt es da noch mehr.
Woher rühren diese Probleme? Die Ursache liegt darin, dass der Staat es den "Marktkräften" überlassen hat, wann und wo und wie Leistungen der Gesundheitsversorgung erbracht werden. Unter rein betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten ist es halt "billiger", Masken in China und Medikamentengrundstoffe in Indien zu kaufen. Im Normalfall geht das ja auch gut. In Extremsituationen wie der Pandemie allerdings sterben dann Menschen. Für einen großen "Gesundheitskonzern" ist es halt effektiver, eine Klinik in einem Ballungsgebiet zu bauen. Da kann man Gewinne einfahren. Auf dem platten Land fallen die Gewinne spärlich aus, deshalb gibt es da kaum noch Kliniken. Deshalb sterben da die Menschen schneller und häufiger. Der "Realist" hat darauf nur die menschenverachtende Antwort, dass "der Markt" das eben so will und dass die Leute doch in die Stadt ziehen können... Und das dann auch noch ergänzt durch die mehr als neoliberale Idee, dass der Staat den "Privaten" doch die lukrativen Geschäftsfelder überlassen und selbst in "Defizitgebieten" mit Steuergeldern die Löcher stopfen soll.
Wie löst man das Problem? Der "Realist" behauptet, dass es nur zwei Wege gibt: Wirtschaftsliberale Betätigungsfreiheit privater Betreiber oder Enteignung. Nochmal: Das behauptet der "Realist"! Niemand sonst! Es war der "Realist", der die Diskussion in diese Richtung gedreht hat. Niemand sonst. Ich behaupte, es gibt einen dritten Weg. Der Staat kann problemlos ein Gesundheitswesen aufbauen, in dem die Erbringung medizinischer Leistungen nicht allein davon abhängt, dass dies "gewinnbringend" ist.
Die Gesundheitsversorgung darf nicht davon abhängen, dass sie "Gewinn" erbringen muss. Gesundheitsversorgung darf nicht von Gewinnerwartung abhängen, sondern nur vom BEDARF!
Dazu bedarf es nur STAATLICHER STEUERUNG! Anders als der "Realist" das unablässig behauptet, sind dafür nicht zwingend Enteignungen erforderlich. Der Staat muss einfach nur wieder die Steuerungsfunktion übernehmen, die er bis zum Beginn der Pandemie "dem Markt" überlassen hat.
Das MUSS der Staat aber auch tun! Es geht hier nämlich nicht um eine Frage der Ökonomie, sondern um Daseinsvorsorge. Wenn dazu "Re-Kommunalisierung" erforderlich ist, dann rekommunalisiert man halt. Wenn dazu Enteignungen erforderlich sind, dann sollte der Staat enteignen. Der Staat ist nicht dafür da, großen Kapitalgesellschaften ihre Gewinne zu garantieren. Er ist dazu da, allen Menschen ein sicheres und würdiges Leben zu ermöglichen.