Die SPD ist nun offen in einem Richtungsstreit zwischen Identitätspolitikern und Volkspolitikern gefangen. Das Thema wird z.T. schon in anderen Strängen diskutiert - aber ich denke es gehört genau hier her.
Dem öffentlichen Streit zwischen Thierse und der SPD-Führung ging eine Aussprache von Journalisten und SPD-Politikern voraus:
Die „FAZ“-Journalistin, Vertreter des Lesben- und Schwulenverbands, SPDqueer und zwei Schauspieler der Initiative versuchten eine Aussprache, die im wilden verbalen Gerangel endete: „Cancel Culture“, „Homophobie und neurechtem Sprech“ ist nur ein Auszug aus dem, was man sich so an den Kopf warf. Obwohl sich eigentlich Parteien gegenübersaßen, denen eine solche Aussprache eigentlich leicht gelingen sollte. Denn: Die Journalistin ist in den vergangenen 20 Jahren eher durch eine Affinität für Diverses aufgefallen. Und doch zeigt ihre Reaktion auf das Outing eine gewisse Anspannung im Umgang mit den sich eklatant häufenden Meldungen zu Aktionen, die sehr vehement das Interesse spezifischer Gruppe verfolgen und nicht an die Gesamtgesellschaft appellieren.
https://www.welt.de/kultur/plus22748176 ... h-ist.html
Mit anderen Worten, sogar dem einen oder anderen Aktivisten gehen die aktuellen identitätspolitischen Offensiven zu weit. Aber die Parteileitung ist fest auf der Seite der Identitätspolitiker, was nach einer öffentlichen Äußerung von Thierse, auf gesellschaftlichen Ausgleich abzielend, zu einer öffentlichen Entschuldigung und Solidaritätsbekundung mit der LGBTI-Community führte:
Das alles zusammen ergab jedoch für Wolfgang Thierse ein toxisches Gemisch, weil sein Artikel von außen wie eine unmittelbare Stellungnahme zum Vorfall bei der SPD-Veranstaltung gewertet wurde – und es ja auch ist, ob gewollt oder nicht. Die SPD-Spitze aber versuchte nicht zu vermitteln, sondern schickte ein Entschuldigungsschreiben an die LGBTI-Community und lud zum Versöhnungstreffen am 11. März. Esken und Vize Kühnert beklagten eine „mangelnde Sensibilität im Umgang mit den Gäst*innen aus Euren Reihen, manche Rechtfertigung im Nachgang – all das beschämt uns zutiefst“.
Die Parteispitze erwähnt Thierse nicht, bezieht sich jedoch direkt auf ihn an einem anderen Punkt: „Aussagen einzelner Vertreter*innen der SPD zur sogenannten Identitätspolitik, die in den Medien, auf Plattformen und parteiintern getroffen wurden“, zeichneten „insbesondere im Lichte der jüngsten Debatte ein rückwärtsgewandtes Bild der SPD, das Eure Community, Dritte, aber eben auch uns verstört“, gibt der Verband Esken und Kühnert wieder.
Quelle s.o.
Thierse hat nun Esken öffentlich gefragt, ob er in der SPD noch erwünscht ist:
In der Folge drückt er seine Enttäuschung aus: „Nun aber lese ich, dass die Vorsitzende (und ein stellvertretender Vorsitzender) meiner Partei meinen, sich meiner öffentlich schämen und sich von mir distanzieren zu müssen.“ Thierse bittet Esken, ihm ebenso öffentlich mitzuteilen, ob sein Bleiben in der gemeinsamen Partei weiterhin wünschenswert oder eher schädlich sei: Er fordert also Saskia Esken auf, sich für oder gegen ihn zu entscheiden, den Daumen zu heben oder zu senken. Und endet mit den Sätzen: „Mir jedenfalls kommen Zweifel, wenn sich zwei Mitglieder der Parteiführung von mir distanzieren – angesichts eines Textes, der auf sozialen Zusammenhalt, auf kulturelle Gemeinsamkeiten, auf politische Solidarität zielt und eben auf die Bedingungen gesellschaftlicher Verständigungsprozesse.“
Quelle s.o.
Endlich! Das wird nun auch mal langsam Zeit. Die SPD muss sich zur Identitätspolitik positionieren. Da wird man dann sehen, ob aus ihr ein Haufen rassistischer Missionare geworden ist, oder ob sie im Kern noch eine Volkspartei sein will.