Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

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Papaloooo
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Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Papaloooo »

Demnächst beendet die Bundeswehr ihren langjährigen Einsatz in Afghanistan.
Mehr als 50 deutsche Soldaten verloren dabei ihr Leben.
Wie viele Afghanen, sei es schuldig oder unschuldig bislang durch den Einsatz der Bundeswehr umkamen, steht auf einem anderen Blatt.
Nun zieht also die Taliban wieder in die Gebiete ein, aus denen sie die Bundeswehr jahrelang verdrängt hatte.

Ich ziehe mal den Vergleich zum Nazi-Deutschland:
Als die Alliierten Hitler und sein Gefolge endlich von der Macht gedrängt hatten, waren doch eigentlich die allermeisten Deutschen ebenfalls froh, dass der Spuk ein Ende nahm. Es waren auch Strukturen vorhanden, so dass die wenig übriggebliebenen Nazis nicht die demokratischen Strukturen erneut gefährden, oder zerstören konnten.

Ganz anders in Afghanistan:
Es wurden ja nicht sehr viele neue Strukturen geschaffen, welche den Menschen dort demokratische Prozesse und einen funktionierenden Staatsschutz garantieren.

Was hat der Afghanistan Einsatz denn nun am Ende positives bewirkt?
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Quatschki
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Quatschki »

270.000 Bewohner Afghanistans konnten als Fremdarbeiter und Konsumenten für die deutsche Wirtschaft akquiriert werden.
Dafür, dass die Bundeswehr bei diesem Feldzug keine Gefangenen gemacht hat, ist das ganz ordentlich.
Drauf so sprach Herr Lehrer Lämpel:
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Papaloooo
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Papaloooo »

Quatschki hat geschrieben:(04 Jun 2021, 10:43)

270.000 Bewohner Afghanistans konnten als Fremdarbeiter und Konsumenten für die deutsche Wirtschaft akquiriert werden.
Dafür, dass die Bundeswehr bei diesem Feldzug keine Gefangenen gemacht hat, ist das ganz ordentlich.
Wären für dieses Ziel nicht Entwicklungshilfeprojekte die bessere Alternative, als Panzer gewesen?
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von TheManFromDownUnder »

Papaloooo hat geschrieben:(04 Jun 2021, 11:33)

Wären für dieses Ziel nicht Entwicklungshilfeprojekte die bessere Alternative, als Panzer gewesen?
Das ist sehr blauegig! Entwicklungshilfe fuer wen? Die Taliban!

Nein der Einsatz war mehr als gerechtfertigt, aber das Outcome eine Schande! Kapitulation vor Extremismus, Kapitulation vor Moerdern! All das Engagement fuer die Katz! All die Toten auf beiden Seiten fuer was???

Und was ist jetzt? die wenigen Freiheiten die die Afghanen dank der Interventation hatten, vor allem die fuer Maedchen und Frauen, mit einem Schlag zu Nichte.

Das Land versinkt wieder ins tiefstislamische Mittelalter und ist weiterhin eine Brutstaette fuer islamistishe Terroristen und Drogenschmuggler! Die Bevoelkerung leidet und Afghanistan bleibt ein gefaehrlicher basket case!
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Papaloooo
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Papaloooo »

TheManFromDownUnder hat geschrieben:(04 Jun 2021, 11:45)

Das ist sehr blauegig! Entwicklungshilfe fuer wen? Die Taliban!
Ich hatte schon einen Patienten behandelt, der früher dort in Afghanistan als Ingenieur einen Staudamm und das Wasserkraftwerk errichtete.
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Der Kutscher »

TheManFromDownUnder hat geschrieben:(04 Jun 2021, 11:45)All die Toten auf beiden Seiten fuer was???
Für Nichts, wie immer, siehe Irak, Libyen und jetzt eben Afghanistan. So sieht es aus wenn man in einen Krieg zieht ohne ein wirkliches Konzept für ein „danach“ zu haben. Der Irak ist im Würgegriff des Iran. Libyen versinkt im Bürgerkrieg und Afghanistan steht nicht besser da als zu Beginn des Krieges, es gibt eben „nur“ ein paar tausend Tote mehr. :|
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Alexyessin »

Der Kutscher hat geschrieben:(04 Jun 2021, 12:38)

Für Nichts, wie immer, siehe Irak, Libyen und jetzt eben Afghanistan. So sieht es aus wenn man in einen Krieg zieht ohne ein wirkliches Konzept für ein „danach“ zu haben. Der Irak ist im Würgegriff des Iran. Libyen versinkt im Bürgerkrieg und Afghanistan steht nicht besser da als zu Beginn des Krieges, es gibt eben „nur“ ein paar tausend Tote mehr. :|
Außer das die Taliban bis jetzt nicht mehr an der Macht sind. Wobei ich deine Einschätzung teile. Fehlende Strategie in der Langzeit. Mindestens 80 Jahre hätten die UN-Truppen dort bleiben müssen.
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von TheManFromDownUnder »

Papaloooo hat geschrieben:(04 Jun 2021, 12:04)

Ich hatte schon einen Patienten behandelt, der früher dort in Afghanistan als Ingenieur einen Staudamm und das Wasserkraftwerk errichtete.
Was hat das als Antwort zu meinem Posting zu tun? Meinst du Staudaemmen und Wasserkraftwaerke fur die Taliban? Geographisch muss ich mit ueberlegen wo das Wasser in Afghanistan herkommen soll?
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Der Kutscher »

Mich erinnert der Abzug aus Afghanistan eben fatal an „Vietnamesierung“ des Vietnamkrieges und die bereits einmal geschehene „Afghanisierung“ nach dem Abzug der Roten Armee. In beiden Fällen hat der zuvor mit viel Aufwand bekämpfte Gegner nach kürzester Zeit die Oberhand gewonnen, ich sehe wirklich nichts was auf einen anderen Verlauf in Afghanistan heute hinweisen könnte. Spätestens in 1-2 Jahren nach dem Abzug sitzen die Taliban wieder fest im Sattel, wenn es überhaupt so lange dauert.
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Alexyessin »

Der Kutscher hat geschrieben:(04 Jun 2021, 12:53)

Mich erinnert der Abzug aus Afghanistan eben fatal an „Vietnamesierung“ des Vietnamkrieges und die bereits einmal geschehene „Afghanisierung“ nach dem Abzug der Roten Armee. In beiden Fällen hat der zuvor mit viel Aufwand bekämpfte Gegner nach kürzester Zeit die Oberhand gewonnen, ich sehe wirklich nichts was auf einen anderen Verlauf in Afghanistan heute hinweisen könnte. Spätestens in 1-2 Jahren nach dem Abzug sitzen die Taliban wieder fest im Sattel, wenn es überhaupt so lange dauert.
Und dann geht der ganze Käse von vorne los. Da die Taliban sich aus den Paschtunen rekrutieren, werden die Usbeken und Tadschiken wieder nicht mitmachen.
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Der Kutscher »

Genau so sehe ich das. :s
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von TheManFromDownUnder »

Der Kutscher hat geschrieben:(04 Jun 2021, 12:38)

Für Nichts, wie immer, siehe Irak, Libyen und jetzt eben Afghanistan. So sieht es aus wenn man in einen Krieg zieht ohne ein wirkliches Konzept für ein „danach“ zu haben. Der Irak ist im Würgegriff des Iran. Libyen versinkt im Bürgerkrieg und Afghanistan steht nicht besser da als zu Beginn des Krieges, es gibt eben „nur“ ein paar tausend Tote mehr. :|
Ja fuer Nichts!

Ein Versagen der westlichen Allianz und die Leitragenden sind die Afghanen vor allen die, die mit der westlichen Allianz zusammenarbeiteten und die Maedchen und Frauen Afghanistans. Eine Schande!
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von schokoschendrezki »

Papaloooo hat geschrieben:(04 Jun 2021, 09:23)

Demnächst beendet die Bundeswehr ihren langjährigen Einsatz in Afghanistan.
Mehr als 50 deutsche Soldaten verloren dabei ihr Leben.
Wie viele Afghanen, sei es schuldig oder unschuldig bislang durch den Einsatz der Bundeswehr umkamen, steht auf einem anderen Blatt.
Nun zieht also die Taliban wieder in die Gebiete ein, aus denen sie die Bundeswehr jahrelang verdrängt hatte.

Ich ziehe mal den Vergleich zum Nazi-Deutschland:
Als die Alliierten Hitler und sein Gefolge endlich von der Macht gedrängt hatten, waren doch eigentlich die allermeisten Deutschen ebenfalls froh, dass der Spuk ein Ende nahm. Es waren auch Strukturen vorhanden, so dass die wenig übriggebliebenen Nazis nicht die demokratischen Strukturen erneut gefährden, oder zerstören konnten.

Ganz anders in Afghanistan:
Es wurden ja nicht sehr viele neue Strukturen geschaffen, welche den Menschen dort demokratische Prozesse und einen funktionierenden Staatsschutz garantieren.

Was hat der Afghanistan Einsatz denn nun am Ende positives bewirkt?
Der Einsatz hat ja auch eine Vorgeschichte. Und zwar nicht nur die von 9/11. Während des sowjetisch-afghanischen Kriegs von 79 bis 89 unterstützten die USA und ihre Verbündeten die islamistischen Mudschahidin-Kämpfer mit mehreren Milliarden Dollar Hilfegeldern. Es gibt Bilder von freundschaftlichen Gespächen Reagans mit islamistischen Warlords aus der Zeit. Man kann also keineswegs davon sprechen, dass es dem Westen um die Überwindung oder Verhinderung mittelalterlich-islamischer Gesellschaften in der Region geht. Es geht wie immer um Macht und Vorherrschaft. Dem Westen wie seinerzeit der Sowjetunion.
Zuletzt geändert von schokoschendrezki am Fr 4. Jun 2021, 13:08, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Quatschki »

Zum Krieg führen braucht man Ressourcen, Munition, Benzin, Nahrungsmittel.
Wenn das nicht alles ständig von außen reingebracht würde, unter dem Deckmantel der "Humanität", würden die meisten Kriege sehr schnell an sich selbst ersticken und die Konfliktparteien müßten erstmal schauen, wie sie die Daseinsvorsorge in den Griff kriegen.
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von schokoschendrezki »

Quatschki hat geschrieben:(04 Jun 2021, 13:08)

Zum Krieg führen braucht man Ressourcen, Munition, Benzin, Nahrungsmittel.
Wenn das nicht alles ständig von außen reingebracht würde, unter dem Deckmantel der "Humanität", würden die meisten Kriege sehr schnell an sich selbst ersticken und die Konfliktparteien müßten erstmal schauen, wie sie die Daseinsvorsorge in den Griff kriegen.
Nicht nur. 80 Prozent des weltweit verfügbaren Heroins und Opiums kommen aus Afghanistan. Das ist eine beträchtliche Einnahmequelle auch für die islamistischen Warlords.
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Alexyessin »

schokoschendrezki hat geschrieben:(04 Jun 2021, 13:11)

Nicht nur. 80 Prozent des weltweit verfügbaren Heroins und Opiums kommen aus Afghanistan. Das ist eine beträchtliche Einnahmequelle auch für die islamistischen Warlords.
Wirklich so viel? Dacht ich nicht. Aber gut. Mohn wächst ja auch dort unten gut und ist oft das Einzige was wirklich wächst, auch wenn Granaten durch die Gegend fliegen.
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Tom Bombadil »

Die Besetzung Afghanistans war von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Das Land ist viel zu zerklüftet, um es auf Dauer befrieden zu können, wenn der Großteil der Bevölkerung nicht aktiv mitmacht.
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Alexyessin »

Tom Bombadil hat geschrieben:(04 Jun 2021, 13:25)

Die Besetzung Afghanistans war von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Das Land ist viel zu zerklüftet, um es auf Dauer befrieden zu können, wenn der Großteil der Bevölkerung nicht aktiv mitmacht.
30 Jahre Bürgerkriegstraumatisiert. Da reichen 20 Jahre bei weitem nicht aus um das aus den Köpfen zu bekommen.
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von schokoschendrezki »

Tom Bombadil hat geschrieben:(04 Jun 2021, 13:25)

Die Besetzung Afghanistans war von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Das Land ist viel zu zerklüftet, um es auf Dauer befrieden zu können, wenn der Großteil der Bevölkerung nicht aktiv mitmacht.
Ziel des Einsatzes war nicht die (innere) "Befriedung Afghanistans" sondern die Ausschaltung einer möglichen Quelle von internationalem islamistischen Terror.

Es ist durchaus sinnvoll, von einem afghanischen "Gesamt-Konflikt" ab 1979, dem Beginn der sowjetischen Invasion zu sprechen. Gleichfalls Ende der 70er ereignete sich die islamische Revolution im Iran, der Beginn des Solidarnosc-Widerstands in Polen, die Wahl des polnisches Papstes und der Beginn des ökonomischen Aufstiegs Chinas. Es ist der Beginn des Auseinanderbröckelns der Nachkriegswelt. Der Beginn der Neuordnung des gesamten politischen Koordinatensystems.
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Papaloooo »

schokoschendrezki hat geschrieben:(04 Jun 2021, 13:06)Es gibt Bilder von freundschaftlichen Gespächen Reagans mit islamistischen Warlords aus der Zeit. Man kann also keineswegs davon sprechen, dass es dem Westen um die Überwindung oder Verhinderung mittelalterlich-islamischer Gesellschaften in der Region geht. Es geht wie immer um Macht und Vorherrschaft.
Von dem Krieg gegen Slobodan Milošević mal abgesehen,
ist der Kriegsgrund doch nur sehr selten im humanitären Bereich angesiedelt.
Die Frage kann in der Retrospektive erneut gestellt werden:
Hat dieser militärische Langzeiteinsatz die humanitäre Lage langfristig verbessert?
Ich wage das sehr zu bezweifeln.
Ich würde behaupten, dass dies allen, die diesen Einsatz führten, von vorneherein klar war.

Am Ende des Kalten Krieges brauchte die Bundeswehr eben neue Betätigungsfelder.
Man könnte es auch eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, oder Rechtfertigung des eigenen Daseins bezeichnen.

Und auch wenn man dann dort abgewandert ist,
wird es woanders wieder erneut zu Einsätzen kommen,
welche langfristig keine Verbesserung für die Bevölkerung dort einbringen.
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Quatschki »

schokoschendrezki hat geschrieben:(04 Jun 2021, 13:11)

Nicht nur. 80 Prozent des weltweit verfügbaren Heroins und Opiums kommen aus Afghanistan. Das ist eine beträchtliche Einnahmequelle auch für die islamistischen Warlords.
Das wächst auf Feldern.
Die könnte man, wenn man wollte, mit Luft- und Satellitenfernerkundung anhand ihrer Signatur quasi automatisch ermitteln, kartieren und bei Bedarf vernichten.
Gehörte aber nicht zum Mandat, obwohl das das einzige wäre, mit dem die Bundeswehr tatsächlich Menschen in Deutschland hätte schützen und retten können...
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von olli »

Der Hindukusch steht noch, also Mission erfüllt.
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von schokoschendrezki »

Papaloooo hat geschrieben:(04 Jun 2021, 13:43)

Von dem Krieg gegen Slobodan Milošević mal abgesehen,
ist der Kriegsgrund doch nur sehr selten im humanitären Bereich angesiedelt.
Die Frage kann in der Retrospektive erneut gestellt werden:
Hat dieser militärische Langzeiteinsatz die humanitäre Lage langfristig verbessert?
Ich wage das sehr zu bezweifeln.
Ich würde behaupten, dass dies allen, die diesen Einsatz führten, von vorneherein klar war.

Am Ende des Kalten Krieges brauchte die Bundeswehr eben neue Betätigungsfelder.
Man könnte es auch eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, oder Rechtfertigung des eigenen Daseins bezeichnen.
Ja gut. Das ist allerdings eine ziemlich steile These. Noch kurz vor 9/11 und dem Beginn der Operation "Enduring Freedom" wurde in der Bundesrepublik die Allgemeine Wehrpflicht abgeschafft. Nur mal nebenbei als Episode: Ich kenne jemanden, dessen Bruder wie viele andere auch irgendwann in den 80ern von Westdeutschland nach Westberlin übersiedelte ... nicht zuletzt, um der Wehrpflicht zu entgehen. Um die Wendezeit herum 90, 91 war er dann "fällig". Und wurde zwangsweise vom ehemaligen Westberlin irgendwo aus Kreuzberg oder Neukölln zur Musterung in eine Dienststelle ins sozialistische Ostberliner Neubaugebiet Hellersdorf abtransportiert. Kann man sich vorstellen, was da so in diesem Menschen an Weltbildzusammenbrüchen vonstatten ging?

Das Ende des Kalten Kriegs im Besonderen und das Ende der Nachkriegszeit Ende der 70er im Allgemeinen ... das ist doch weit weit mehr als nur der Verlust von Arbeitsplätzen bei der Bundeswehr. Es ist ein Totalumbruch. Wir befinden uns seit etwa 40 Jahren, und zwar weltweit in einer Art "Schlidderperiode". Es ist nicht und es ist nirgendwo klar, wohin es eigentlich geht.

Die Konservierung eines traditionalistischen politischen Weltbilds mit dem sogenannten "Westen" hier (z.B. in Form von Kategorien wie "EU - EFTA") und dem sogenannten "Osten" dort (z.B. in Form von Kategorien wie "Osteuropa - GUS - Kaukasus") ... das ist als geschichtskonservatives Weltbild natürlich legitim ... aber die Frage muss gestellt und diskutiert werden, ob dieses veraltete politische Koordinatensystem denn noch tauglich ist, die politischen Prozesse im Jahre 2021 abzubilden.

Ich bin der Ansicht: Man muss wirklich zurückgehen bis Ende der 70er und sich fragen, was in Ländern wie Iran, Polen, China, Afghanistan eigentlich wirklich passiert ist. Was die Ursachen für die Erosion des bis dahin seit 1945 gültigen politischen Weltsystems und seiner Frontstellungen waren. Am Anfang des ganzen Afghanistan-Komplexes stand diese sogenannte Saur-Revolution. "Saur", persisch, "Stier" ... dort kommunistisch und im Iran islamistisch. Die grundsätzlichen weltpolitischen Verhältnisse, der dominante Ost-West-Konflikt wurden in Frage gestellt. Es stand einfach die Frage, ob tatsächlich alles so bleiben muss, wie es ist. Und die Antwort war: Nein. Muss es nicht. Polen kann ein katholisches Land werden, der Iran ein Islam-Staat und China erkennt das Potenzial, zur wirtschaftlichen Supermacht aufzusteigen. Alles kann anders werden.
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von schokoschendrezki »

Quatschki hat geschrieben:(04 Jun 2021, 14:20)

Das wächst auf Feldern.
Die könnte man, wenn man wollte, mit Luft- und Satellitenfernerkundung anhand ihrer Signatur quasi automatisch ermitteln, kartieren und bei Bedarf vernichten.
Gehörte aber nicht zum Mandat, obwohl das das einzige wäre, mit dem die Bundeswehr tatsächlich Menschen in Deutschland hätte schützen und retten können...
Anfänglich war der Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr - wie für viele andere Länder auch - schlicht und einfach eine Solidaritätsbekundung mit den USA. Man wäre genausogut auch gegen Trinidad oder die Fidschi-Inseln vorgegangen, wären die Drahtzieher des internationalen Terrorismus dort vermutet worden. Es ging nicht um Afghanistan sondern um die USA und den sogenannten "Westen". Und allgemeiner noch: Um die Aufrechterhaltung einer Nachkriegsordnung und natürlich auch um das sich bereits abzeichnende Ende des Staatssozialismus.

Die Konflikte mit Afghanistan werden nach meinem Eindruck stets kulturalistisch gedeutet. Man könnte auch sagen: Auf moderne Art rassistisch. Afghanistan wird als ultrarückständiges Land von irgendwelchen Halbmenschen gesehen. Dass der König von Afghanistan, der 1919 im englisch-afghanischen Krieg die Briten bezwang und das Land in die Unabhängigkeit führte, ein Vertreter der Moderne war, jemand, der die Ehrendoktorschaft der heutigen TU Berlin verliehen bekam ... das können sich die meisten Leute vermutlich gar nicht vorstellen. Hinter der Rückkehr der Religionen, in Afghanistan wie auch im Iran, in Russland oder in Polen steht nicht irgendeine eingeschriebene und irgendwie "immanente Kultur" sondern stehen die sozusagen fälligen Umbrüche des 20. Jahrhunderts.
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Tom Bombadil »

schokoschendrezki hat geschrieben:(04 Jun 2021, 17:41)

Afghanistan wird als ultrarückständiges Land von irgendwelchen Halbmenschen gesehen.
Nein, die Terroristen der Taliban, IS, HAMAS, Hezbollah und wie sie noch alle heißen werden als ultrarückständig angesehen und wenn man deren Taten betrachtet, dann ist die Bezeichnung "Halbmensch" für diese Subjekte noch zu hoch gegriffen.
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Alexyessin »

schokoschendrezki hat geschrieben:(04 Jun 2021, 17:01)

Ja gut. Das ist allerdings eine ziemlich steile These. Noch kurz vor 9/11 und dem Beginn der Operation "Enduring Freedom" wurde in der Bundesrepublik die Allgemeine Wehrpflicht abgeschafft.
Diese Aussage ist so nicht korrekt.
Erstens wurde und ist die Wehrpflicht auch heute nicht abgeschafft.
Zweitens wurde verfügt, das die Musterungsgruppen 4 & 5 nicht mehr eingezogen werden. Das ist wohl das, was du meinst.
Dies wurde später auf 3 ausgeweitet, was wiederum 2009 dazu führte, das KTvG die Wehrpflicht aussetzen lies, da die Wehrgerechtigkeit nicht mehr gegeben war.
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Der Kutscher »

schokoschendrezki hat geschrieben:(04 Jun 2021, 17:41)

Hinter der Rückkehr der Religionen, in Afghanistan wie auch im Iran, in Russland oder in Polen steht nicht irgendeine eingeschriebene und irgendwie "immanente Kultur" sondern stehen die sozusagen fälligen Umbrüche des 20. Jahrhunderts.
Für die Ereignisse in Afghanistan 1978/79 sehe ich keinen „fälligen“ Umbruch, also eine quasi unausweichliche Entwicklung. Es war, stark vereinfacht ausgedrückt, eher ein verunglückter linker Putsch mit dem kläglich gescheiterten Versuch die Religion zurückzudrängen. Nebenbei bemerkt sehr zum Unwillen der damaligen Sowjetischen Führung die an einer Änderung des Status Quo in Afghanistan gar kein Interesse hatte, war doch die bürgerliche Regierung Afghanistans durchaus freundschaftlich mit der UdSSR verbunden. Viel besser als ich das hier wiedergeben könnte ist es in dieser älteren ARTE-Doku geschildert, von den Anfängen 1978/79 bis zum Abzug der Roten Armee aus Afghanistan. Man muß einfach diesen Abschnitt der Geschichte kennen um den weiteren Verlauf verstehen zu können.

Link zur Doku:
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Alexyessin hat geschrieben:(04 Jun 2021, 13:35)

30 Jahre Bürgerkriegstraumatisiert. Da reichen 20 Jahre bei weitem nicht aus um das aus den Köpfen zu bekommen.
Mittlerweile 40 Jahre.
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Alexyessin »

Der Kutscher hat geschrieben:(04 Jun 2021, 21:27)

Für die Ereignisse in Afghanistan 1978/79 sehe ich keinen „fälligen“ Umbruch, also eine quasi unausweichliche Entwicklung. Es war, stark vereinfacht ausgedrückt, eher ein verunglückter linker Putsch mit dem kläglich gescheiterten Versuch die Religion zurückzudrängen. Nebenbei bemerkt sehr zum Unwillen der damaligen Sowjetischen Führung die an einer Änderung des Status Quo in Afghanistan gar kein Interesse hatte, war doch die bürgerliche Regierung Afghanistans durchaus freundschaftlich mit der UdSSR verbunden. Viel besser als ich das hier wiedergeben könnte ist es in dieser älteren ARTE-Doku geschildert, von den Anfängen 1978/79 bis zum Abzug der Roten Armee aus Afghanistan. Man muß einfach diesen Abschnitt der Geschichte kennen um den weiteren Verlauf verstehen zu können.

Link zur Doku:
Wahrscheinlich die beste Dokumentation über die Afghanische Geschichte ab 75 die es momentan gibt. Habe die schon öfter gesehen und bringt wirklich viel ans Licht. Interessant ist auch, wie Paschtune Heykmatar schon immer die Fäden gezogen hat.
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Alexyessin »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(04 Jun 2021, 22:50)

Mittlerweile 40 Jahre.
Weiß nicht, wo ich das mal gelesen habe, aber es heißt, das ein Land pro Jahr Bürgerkrieg mindestens zwei Jahre braucht um wieder zur Ruhe zu kommen.
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3x schwarzer Kater
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Der Kutscher hat geschrieben:(04 Jun 2021, 21:27)

Für die Ereignisse in Afghanistan 1978/79 sehe ich keinen „fälligen“ Umbruch, also eine quasi unausweichliche Entwicklung. Es war, stark vereinfacht ausgedrückt, eher ein verunglückter linker Putsch mit dem kläglich gescheiterten Versuch die Religion zurückzudrängen.
Das ist falsch. Die Religion spielte damals bei weitem nicht die Rolle wie heute in Afghanistan. In den 70ern war Afghanistan ein sehr weltoffenes, westlich orientiertes Land mit sehr guten Beziehungen Deutschland. Von der Radikalität weit entfernt. Gerade Deutschland unterstütze Afghanistan beim Aufbau staatlicher Strukturen. Es gab nicht wenige Afghanen in Schlüsselpositionen, die in Deutschland ausgebildet wurden. Sei mit Studium, aber auch praktischen Polizeiausbildungen.
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Der Kutscher

Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Der Kutscher »

In den 1970ern war Afghanistan gespalten in die weltoffene Metropolregion Kabul und einiger weniger Industriezentren auf der einen Seite und den ländlichen Gebieten auf der anderen Seite. Die ländlichen Gebiete waren tief religiös und das Leben dort verlief weitgehend wie vor Hunderten oder tausenden Jahren zuvor. Ähnlich sah es ja in vielen anderen Staaten dieser Region aus, im Iran zum Beispiel. Dieser unsägliche Putsch hat die bestehende friedliche Koexistenz Stadt/Land zerstört und führte zum Bürgerkrieg. Zwangsläufig war diese Entwicklung keineswegs, auch wenn es im Iran plötzlich einen Gottesstaat gab, das machte das Vorgehen der Putschisten nur viel gefährlicher.

Wenn Du den Inhalt der Doku oder meine Aussage das der Auslöser dieses Konfliktes ein Staatsstreich war für falsch hältst, die Entwicklung dort seit 1978 als zwangsläufig und überfällig bezeichnest wäre es doch sehr nett wenn Du vielleicht dazu eine frei zugängliche Quelle benennen könntest. Die Doku ist von 2015 und meine Geschichtsbücher noch viel älter, kann ja sein das neuere Erkenntnisse vorliegen, ich lerne durchaus gerne was dazu.
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schokoschendrezki
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von schokoschendrezki »

Der Kutscher hat geschrieben:(04 Jun 2021, 21:27)

Für die Ereignisse in Afghanistan 1978/79 sehe ich keinen „fälligen“ Umbruch, also eine quasi unausweichliche Entwicklung. Es war, stark vereinfacht ausgedrückt, eher ein verunglückter linker Putsch mit dem kläglich gescheiterten Versuch die Religion zurückzudrängen. Nebenbei bemerkt sehr zum Unwillen der damaligen Sowjetischen Führung die an einer Änderung des Status Quo in Afghanistan gar kein Interesse hatte, war doch die bürgerliche Regierung Afghanistans durchaus freundschaftlich mit der UdSSR verbunden. Viel besser als ich das hier wiedergeben könnte ist es in dieser älteren ARTE-Doku geschildert, von den Anfängen 1978/79 bis zum Abzug der Roten Armee aus Afghanistan. Man muß einfach diesen Abschnitt der Geschichte kennen um den weiteren Verlauf verstehen zu können.

Link zur Doku:
Ja. Das ist eine hervorragende Dokumentation. Ich glaube aber trotzdem nicht, dass dieser Ende der 70er beginnende und bis heute anhaltende Afghanistan-Konflikt wirklich die Ursache, die Kernursache für die nachfolgenden Wandlungsprozesse in der Weltpolitik war. Ich sehe diesen Konflikt eher als eine Art erste Sollbruchstelle der grundlegenden Umwandlungen der Nachkriegswelt. Weder der Machtantritt Deng Xiaopings in China und der damit einsetzende Aufstieg Chinas zur Wirtschaftssupermacht noch die Wahl des polnischen Papstes Johannes Paul II und der Aufstieg der Solidarnosc-Bewegung sowie der Zerfall des staatssozialistischen Bündnissystems haben direkt etwas mit dem Afghanistan-Konflikt zu tun. Höchstens insofern als dass die Aussischtslosigkeit der sowjetischen Invasion letztendlich durch Gorbatschow erkannt wurde. Die verwiesene Dokumentation beginnt ja auch ganz zutreffend und sinngemäß mit dem Satz: ... diese Bilder versetzen uns in eine Epoche, in der Ost und West erneut um die Weltvorherrschaft ringen. Es war klar, dass ab etwa Mitte der 70er grundsätzlich die Karten neu gemischt werden. Und das wurden sie ja auch! Aber nicht primär deshalb, weil es in Afghanistan einen kommunistischen Putsch und antisowjetische Bestrebungen gab.
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Der Kutscher »

schokoschendrezki hat geschrieben:(06 Jun 2021, 10:54)

Es war klar, dass ab etwa Mitte der 70er grundsätzlich die Karten neu gemischt werden. Und das wurden sie ja auch! Aber nicht primär deshalb, weil es in Afghanistan einen kommunistischen Putsch und antisowjetische Bestrebungen gab.
Nicht als alleinige Ursache, das ist klar, der Afghanistankonflikt war und ist nur ein Baustein, nicht mehr und nicht weniger. Er führt aber in relativ gerader Linie bis zu den Ereignissen 9/11 und den daraus folgenden Konflikten in der Region.
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Tom Bombadil
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Tom Bombadil »

Die sowjetische Invasion in Afghanistan war der Anfang vom Ende der Sowjetunion.
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Teeernte »

Tom Bombadil hat geschrieben:(06 Jun 2021, 11:02)

Die sowjetische Invasion in Afghanistan war der Anfang vom Ende der Sowjetunion.
...eher leere Regale .
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Quatschki
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Quatschki »

Teeernte hat geschrieben:(06 Jun 2021, 11:07)

...eher leere Regale .
Die gab es aber immer, seit dieses Land bestand
Vorübergehende Entbehrungen, um das große Ziel des Glücks der Menschheit zu erreichen
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von schokoschendrezki »

Der Kutscher hat geschrieben:(05 Jun 2021, 07:57)

In den 1970ern war Afghanistan gespalten in die weltoffene Metropolregion Kabul und einiger weniger Industriezentren auf der einen Seite und den ländlichen Gebieten auf der anderen Seite. Die ländlichen Gebiete waren tief religiös und das Leben dort verlief weitgehend wie vor Hunderten oder tausenden Jahren zuvor. Ähnlich sah es ja in vielen anderen Staaten dieser Region aus, im Iran zum Beispiel. Dieser unsägliche Putsch hat die bestehende friedliche Koexistenz Stadt/Land zerstört und führte zum Bürgerkrieg. Zwangsläufig war diese Entwicklung keineswegs, auch wenn es im Iran plötzlich einen Gottesstaat gab, das machte das Vorgehen der Putschisten nur viel gefährlicher.

Wenn Du den Inhalt der Doku oder meine Aussage das der Auslöser dieses Konfliktes ein Staatsstreich war für falsch hältst, die Entwicklung dort seit 1978 als zwangsläufig und überfällig bezeichnest wäre es doch sehr nett wenn Du vielleicht dazu eine frei zugängliche Quelle benennen könntest. Die Doku ist von 2015 und meine Geschichtsbücher noch viel älter, kann ja sein das neuere Erkenntnisse vorliegen, ich lerne durchaus gerne was dazu.
Man kann übrigens parallel dazu auch mal die Geschichte der Tschetschenien-Konflikte betrachten. Einer mit schier unfassbaren Geldern erneuerten Metropole Grosny steht eine der gesellschaftlich-kulturell-religiös rückständigsten und finstersten Regionen der Welt gegenüber. Das ist die Welt des Jahres 2021. Direkt neben uns: Eine der dynamischsten und aufstrebendsten Volkswirtschaften Europas. Und ein Land, in dem erzkatholische Abtreibungsgesetzte wieder eingeführt wurden. Gegen den Willen einer knapp unterlegenen Bevölkerungshälfte.
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Teeernte »

Quatschki hat geschrieben:(06 Jun 2021, 11:17)

Die gab es aber immer, seit dieses Land bestand
Vorübergehende Entbehrungen, um das große Ziel des Glücks der Menschheit zu erreichen
Die Reinvestitionsquote fiel detlich unter 18,5%..

Anders gesagt - mal lebte auf verschleiß - es ging "früher" schon mal besser.

Durch die RIESEN Vorratshaltung für den nächsten Krieg VERROTTETE ein Grossteil der Nahrung . Faulige Kartoffeln....verschimmeltes Getreide..

Selbst hier in der DDR war das Lager der Kaufhalle grösser als der Verkaufsraum. Die Verkäuferinnen mussten jeden Tag den Mindestbestand an Butter und Mehl melden.
Ein Riesen Aufwand - mit Kontrollen ...alles in den Bezirk gemeldet .

So gab es "vorn" keine Kartoffeln...die sind "hinten" vergammelt//gekeimt.

Wenn Du die Lager (...für fast "ALLES") mal gesehen hättest.... 3x Unterwäsche für JEDEN...2 Decken...Ein mal Schuhe, ein Arbeitsanzug.. eine Gasmaske (schon mal eine Kindergasmaske gesehen?? - eine traurige Angelegenheit) Mit dem ZEUG haben sich einige DEN neuen Job beim DRK "erkauft".

Andere Neuherrscher haben alles weggeschmissen..... die Bundesregierung einiges in die Türkei verschrubbt.

Nun das wird in Ru nicht anders gewesen sein.
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Der Kutscher »

Leere Regale in der UdSSR gab es erst nach Breschnew, seine Ära wird heute noch in Russland leicht spöttisch, leicht wehmütig als „Goldenes Zeitalter des Stillstands“ bezeichnet. Man lebte über seine Verhältnisse, die Kosten des Wettrüstens mit den USA (Reagan sprach vom Totrüsten) und der Afghanistankrieg waren entscheidende Sargnägel. Die Rüstungskosten von über 494 Milliarden Dollar im Jahre 1988 konnte die Volkswirtschaft der UdSSR nicht mehr stemmen. Gorbatschows „Reformen“ waren wirtschaftlich ein völliger Fehlschlag. Das ganze System war mehr Murks als Marx, nicht nur in der UdSSR, letztlich hat der ganze RGW nie wirklich funktioniert.

Das führt jetzt aber wirklich weit weg vom eigentlichen Thema ...
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von schokoschendrezki »

Tom Bombadil hat geschrieben:(06 Jun 2021, 11:02)

Die sowjetische Invasion in Afghanistan war der Anfang vom Ende der Sowjetunion.
Das ist schon richtig. "Leere Regale" gab es vor allem in den 90ern während der Rubelkrise zur Zeit der Herrschaft Jelzins. Warum diese Rubelkrise/Russlandkrise nicht zu einer existenziellen Krise mit Hungersnöten geführt hat und warum danach Russland unter Putin wie der Vogel Phönix aus der Asche wiederauferstand, ist eine ganz andere Geschichte.

Auch die Falkland-Krise, etwas später, Anfang der 80er fällt in diese Zeit. Obgleich globalpolitisch eher unbedeutsam ... ich kann mich noch gut erinnern: Patriotisch aufgeladene argentinische Mütter verasbchiedeten ihre Söhne zu dem Einsatz .... und schrieen im Hafen hysterisch: Töte eine Briten, töte einen Briten .... Da wurde mir langsam bewusst, dass ich nicht mehr in der Welt des Ost-West-Konflikts und der Nachkriegswelt lebe. Nicht mehr in einer Welt, in der sich alles diesem Ost-West-Konflikt und der Kommunismus-Angst und der "Domino-Theorie" bzw. auf der Gegenseite der Vorstellung eines irgendwie tausendjährigen Sowjetreichs unterordnet. Man konnte Ende der 70er, Anfang der 80er die Welt von 2021 schon in Umrissen erahnen.

Noch ein bissel früher ... als 13-, 14-jähriger Teenager hats mich einmal zusammen mit Schulfreunden zu Heiligabend in eine katholische Kirche mitten in Ostberlin verschlagen. Ich hatte einfach keinen Bock auf Weihnachten in Familie wie das in dem Alter so üblich ist. Da habe ich in der vollbesetzten Kirche eine Predigt gehört: Tenor: Die Zukunft gehört nicht den Genossen und nicht der Partei. Da hab ich auch schon gedacht: Hoppla. Diese Welt der 50er, 60er, 70er Jahre .... für die Ewifkeit ist die auch nicht gemacht. Es bröckelt gewaltig im Gebälk. Und Religionen, "Idenitäten", Nation , Zugehörigkeiten, Loyalitäten, Gruppenbekenntnisse usw. werden noch eine gewaltige Rolle spielen. An sich war ich zu der Zeit in einer Phase der Entdeckung der zwanziger Jahre: Expressionismus, Dadaismus, Jazz, Relatitivitätstheorie. Ich glaubte tatsächlich: Diese sogenannte "Moderne" wird sich unaufhaltsam Bahn brechen. Aber nix da. Die Moderne der zwanziger Jahre (des vorigen Jahrhunderts) ist in weite Ferne gerückt! Wenn die Menschen nicht direkt wieder religiös erweckt sind, dann wollen sie plötzlich alle echte Dänen, Serben, Bayerrn, Ukrainer oder was auch immer sein. Oder sie entdecken gerade von politisch links her dieses Faszinosum "Identittät".
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Praia61 »

Papaloooo hat geschrieben:(04 Jun 2021, 11:33)

Wären für dieses Ziel nicht Entwicklungshilfeprojekte die bessere Alternative, als Panzer gewesen?
Wieviel Schulen wurden dort von diesen Steinzeittaliban platt gemacht ?
Wie naiv bist du den ?
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Papaloooo »

Praia61 hat geschrieben:(06 Jun 2021, 15:37)

Wieviel Schulen wurden dort von diesen Steinzeittaliban platt gemacht ?
Wie naiv bist du den ?
Ja das tun sie, und das ist wirklich schrecklich.
Vor allem Mädchenschulen machen sie platt.
Wobei ich jetzt auch nicht speziell von Schulen gesprochen habe, Bildung ist schon äußerst wichtig, aber nicht das einzige was in diesem Land brach lag und brach liegt.
Wie schon zuvor beschrieben hatte ich vor einigen Jahren einen Patient behandelt, der selbst zuvor in Afghanistan als Ingenieur gearbeitet hatte, und dort ein Staudammprojekt mit Elektrizitätswerk errichtet hatte.
Generell ist es immer am hilfreichsten, die breite Masse der Bevölkerung auf seine Seite zu bringen, um dann auf diese Weise den Rückhalt von tyrannischen Rebellengruppen zu unterminieren.
Häufig ist es ja so, dass die Bevölkerung kaum eine andere Wahl hat, als sich denen anzuschließen, weil die restliche Infrastruktur völlig kaputt ist.
Zuletzt geändert von Papaloooo am So 6. Jun 2021, 16:57, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von olli »

Alexyessin hat geschrieben:Fehlende Strategie in der Langzeit. Mindestens 80 Jahre hätten die UN-Truppen dort bleiben müssen.
Nur wollte das dann auch niemand wahrhaben obwohl es stimmt. Solange die Kriegsgenerationen noch leben bleibt das in den Köpfen, man hätte so lange bleiben müssen bis eine Generation ohne Krieg erwachsen ist und das dauert eben Generationen. Mal schnell alles kaputtbomben, eine Regierung einsetzen von der man glaubt sie ist zu der eigenen kompatibel und ein paar Brunnen buddeln reicht eben nicht aus um langfristig Frieden zu schaffen. Aber immerhin, der Hindukusch steht noch, Deutschlands militärische Verteidigung hat funktioniert :rolleyes:
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Papaloooo »

Oder mal noch grundsätzlicher auf deine Frage (Praja61) geantwortet:
Mit einer konstruktiven Maßnahme lässt sich eine nachhaltigere Änderung bewirken,
als man es mit einer destruktiven Maßnahme tun kann.

Zum einen:
Bekriegt man die Taliban, sollte man nicht vergessen,
dass man damit auch viele junge Menschen bekriegt,
welche von der Taliban unter Zwang annektiert wurden,
und aus Angst vor deren Rache nicht desertieren.

Zum zweiten:
Bekriegt man sie, so erschafft man eben jene Feindbilder,
die diese für ihr grausames Tun benötigen.

Aber:
die Lage ist durch diese lange Kriegerei schon so vertrackt,
dass man da auch nicht mehr so einfach herauskommt.

Die Frage bleibt bestehen:
Haben nun Jahrzehnte von Krieg gegen die Taliban diese Region befrieden können?
Die Antwort auf diese Frage kann man sich selbst geben.
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Praia61 »

Deswegen wiederhole ich meinen zig male geäußerten Vorschlag.
Es begann mit dem 9/11 als den Drahtzieher in Afghanistan Unterschlupf gewährt wurde.
Anstatt dort einzumarschieren, tausende Tote zu Verantworten hätte man gezielt Bin Laden und seine Anhänger töten sollen.
Aber nein, die Gutmenschen meinten denen Demokratie beibringen zu können.
Jedes Schulkind weiß doch, dass demokratische Strukturen in den Köpfen anfangen und dies mindesten 2 Generationen benötigt.
Und dann gab es noch die üblichen Verschwörer die meinten die USA gingen nur wegen Rohstoffe nach Afghanistan
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Panarin »

Die Taliban überrennen gerade zahlreiche Bezirke. Das ist natürlich eine armselige Bilanz. 20 Jahre hat man Armee und Polizei aufgebaut, finanziert und ausgerüstet und kaum sind die Amerikaner weg, bricht alles zusammen.
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Alexyessin »

Panarin hat geschrieben:(22 Jun 2021, 09:13)

Die Taliban überrennen gerade zahlreiche Bezirke. Das ist natürlich eine armselige Bilanz. 20 Jahre hat man Armee und Polizei aufgebaut, finanziert und ausgerüstet und kaum sind die Amerikaner weg, bricht alles zusammen.
Meine Rede.
Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin kein Nazi, aber...
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Papaloooo »

Panarin hat geschrieben:(22 Jun 2021, 09:13)

Die Taliban überrennen gerade zahlreiche Bezirke. Das ist natürlich eine armselige Bilanz. 20 Jahre hat man Armee und Polizei aufgebaut, finanziert und ausgerüstet und kaum sind die Amerikaner weg, bricht alles zusammen.
Von Massenhinrichtungen durch die Taliban aller derjenigen,
die sich mit dem "Feind" verbündet hatten,
mal ganz zu schweigen.
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Re: Der Afghanistan-Einsatz in der Retrospektive

Beitrag von Cobra9 »

Panarin hat geschrieben:(22 Jun 2021, 09:13)

Die Taliban überrennen gerade zahlreiche Bezirke. Das ist natürlich eine armselige Bilanz. 20 Jahre hat man Armee und Polizei aufgebaut, finanziert und ausgerüstet und kaum sind die Amerikaner weg, bricht alles zusammen.
War alles zu erwarten. Unsere Ach soooo fähige Politik Clique ist teilweise nur inkompetent. Man hätte es anders machen können. Wollte man nicht.
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