Iran & USA - Ende der Feindschaft?

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Platon
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von Platon »

King Kong 2006 hat geschrieben:(14 Feb 2021, 10:12)

Die zukünftigen Beziehungen zwischen den USA und dem Iran sind weiterhin schwierig. Inwiefern und wie schnell man wieder an Bilder von Außenministern beider Staaten die die Hände schütteln und Abkommen schliessen kommt, steht in den Sternen. Die Trump-Administration, Trump, Bolton und Kushner haben da nachhaltig viel zerstört. Mittlerweile haben die Hardliner im Iran dadurch zudem Oberwasser bekommen. Sie sehen gar keine Eile mehr zu neuen Übereinkünften zu kommen. China erscheint ohnehin mittlerweile interessanter für viele. Notgedrungen.

Die Tatsache, daß in den USA demokratisch und rechtsstaatlich entschieden wurde, zweimal, daß Donald Trump sich nicht eines Impeachments schuldig gemacht hat, macht die Sache nicht besser. Das "Jahrhundertabkommen" zwischen mehreren Mächten hat Jahre und viele hundert Experten benötigt. Trump und seine "Berater" haben es in Sekunden vernichtet. Wer sagt denn den Iranern, daß das was die Biden-Administration zuwege bringt nicht wieder in Sekunden wieder vernichtet werden würde (womöglich von Trump oder einem seine Clan-Mitglieder als nächsten Präsidenten). So ein Abkommen ist wie ein Tanker, die Folgen in der Bewegung bringt man nicht einfach zum Stehen. Der Iran und seine Partner richten sich nach dem Abkommen. Das sind strategische Weichenstellunngen.

Dabei geht es nicht nur um technische Aspekte. Das ist ein Feigenblatt für die politischen Standpunkte. Eine Meinung:
Die Iraner können sich das im Moment nicht aussuchen. Die wirtschaftliche Krise ist so dramatisch, dass man mittelfristig die eigene Existenz aufs Spiel setzt, wenn man nicht über das Atomabkommen versucht die Last durch die Sanktionen zu verringern. Die Fähigkeit zur Urananreicherung steht auch für die IRI in keinem Verhältnis zu den Folgen der Sanktionen, wie sie dereinst unter Obama eingeführt, aufgehoben und unter Trump wieder eingesetzt wurden. Und irgendwelchen Handel und Investitionen mit China wird es auch nur geben, wenn die derzeitigen Sanktionen aufgehoben sind. Daher sind irgendwelche "Vertrauensverluste" in der jetzigen Situation völlig irrelevant.
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King Kong 2006
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von King Kong 2006 »

Platon hat geschrieben:(14 Feb 2021, 13:26)

Die Iraner können sich das im Moment nicht aussuchen. Die wirtschaftliche Krise ist so dramatisch, dass man mittelfristig die eigene Existenz aufs Spiel setzt, wenn man nicht über das Atomabkommen versucht die Last durch die Sanktionen zu verringern. Die Fähigkeit zur Urananreicherung steht auch für die IRI in keinem Verhältnis zu den Folgen der Sanktionen, wie sie dereinst unter Obama eingeführt, aufgehoben und unter Trump wieder eingesetzt wurden. Und irgendwelchen Handel und Investitionen mit China wird es auch nur geben, wenn die derzeitigen Sanktionen aufgehoben sind. Daher sind irgendwelche "Vertrauensverluste" in der jetzigen Situation völlig irrelevant.
Demnächst tritt ja ein Gesetz in Kraft, das vor geraumer Zeit, da das Abkommen seit der einseitigen Kündigung durch Trump praktisch erledigt ist, eingebracht wurde. Es sieht vor keine Sonderregelungen daraus abgeleitet mehr zu erlauben. Genauergesagt, es werden nur noch Atomanlagen im Rahmen des NPT kontrolliert werden, die vormals offiziell angemeldet waren.
Iran fordert Rückkehr zum Atomabkommen

Ein Sprecher des Außenministeriums in Teheran sagte, wenn die anderen Vertragsparteien ihre Verpflichtungen weiter nicht erfüllten, werde man künftig weniger Kontrollen der eigenen Atomanlagen zulassen. Einem iranischen Gesetz zufolge könnten Inspektionen ab Ende dieser Woche auf die offiziell ausgewiesenen Nuklearanlagen beschränkt werden.

Das 2015 geschlossene Abkommen mit Deutschland, Großbritannien, Frankreich, China, Russland und den USA sollte den Iran daran hindern, Atomwaffen zu entwickeln. 2018 hatte der damalige US-Präsident Trump es einseitig aufgekündigt und neue Sanktionen gegen Teheran in Kraft gesetzt. Daraufhin zog sich auch der Iran schrittweise aus dem Vertrag zurück.

https://www.deutschlandfunk.de/sicherhe ... id=1227731

Es hat sich gezeigt, daß es für den Iran keinen Zugewinn zu normalen Beziehungen hat, wenn man sich an das praktisch erledigte Abkommen hält. Ein Deal funktioniert nur, wenn beide Seiten etwas davon haben. Eine schlechtere Wirtschaftlage für ein größeres Entgegenkommens Iran, wie dieser gezeigt hat, ist kein Zugewinn. Und entspricht nicht dem Sinne eines Deals. Erst, wenn sozusagen bewiesen wird, praktisch, nicht durch Versprechungen, daß das Abkommen demnächst von den USA eingehalten wird, wird der Iran wieder, wie er es tat auch wieder bereit sein wieder mitzumachen. Eine schlechtere Wirtschaftlage + Einschränkungen in der Technologie (hier Nukleartechnologie) ergibt keinen Sinn.
Wenn man zuviel weiß, wird es immer schwieriger, einfache Entscheidungen zu treffen.
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von Platon »

King Kong 2006 hat geschrieben:(15 Feb 2021, 19:03)

Demnächst tritt ja ein Gesetz in Kraft, das vor geraumer Zeit, da das Abkommen seit der einseitigen Kündigung durch Trump praktisch erledigt ist, eingebracht wurde. Es sieht vor keine Sonderregelungen daraus abgeleitet mehr zu erlauben. Genauergesagt, es werden nur noch Atomanlagen im Rahmen des NPT kontrolliert werden, die vormals offiziell angemeldet waren.
Ich nehme an du meinst das iranische Gesetz zum Hochfahren des Atomprogramms, wenn die USA die Sanktionen nicht bis zum 21.(?) Februar aufheben. Das ist letztendlich bedeutungslos sobald sich USA und Iran darauf einigen, nach welchem Fahrplan die USA wieder vollständiger Teil des Abkommens werden. Die ganzen Verstöße der Iraner gegen das Abkommen machen letztlich nur Sinn, wenn man es als Versuch sieht sich in eine gute Verhandlungsposition zu bewegen. Es sind kalkulierte Provokationen. Entsprechend ist das Atomabkommen auch nicht tot. Die Iraner haben das Atomabkommen nie verlassen und die USA sind beispielsweise grandios daran gescheitert offiziell über die UN das Wiedereinsetzen der Sanktionen herbei zu führen. Stattdessen gab es im Dezember ein gemeinsames Statement der Europäer, Russlands, Chinas und des Irans(!), dass man den JCPOA gerne erhalten würde. Wenn die Europäer plötzlich ganz offen lieber gemeinsame Sache mit China, Russland und dem Iran machen als mit den USA... Aktuell gibt es intensive Gespräche aller Beteilligten, wie man zum Status Quo vor Trump zurückkehren könnte. Da ist nichts tot, ganz im Gegenteil!
https://en.irna.ir/news/84156950/P4-1-f ... t-on-JCPOA
Es hat sich gezeigt, daß es für den Iran keinen Zugewinn zu normalen Beziehungen hat, wenn man sich an das praktisch erledigte Abkommen hält. Ein Deal funktioniert nur, wenn beide Seiten etwas davon haben. Eine schlechtere Wirtschaftlage für ein größeres Entgegenkommens Iran, wie dieser gezeigt hat, ist kein Zugewinn. Und entspricht nicht dem Sinne eines Deals. Erst, wenn sozusagen bewiesen wird, praktisch, nicht durch Versprechungen, daß das Abkommen demnächst von den USA eingehalten wird, wird der Iran wieder, wie er es tat auch wieder bereit sein wieder mitzumachen. Eine schlechtere Wirtschaftlage + Einschränkungen in der Technologie (hier Nukleartechnologie) ergibt keinen Sinn.
Der Iran kann sich das nicht aussuchen, ob sie sich an das Abkommen halten oder nicht. Sie müssen sich daran halten, wenn sie wollen, dass die USA die Sanktionen aufheben und wenn die Sanktionen nicht gelockert werden, drohen politische Unruhen im Iran. Die IRI befindet sich in einer dramatisch schlechten Lage und aus iranischer Sicht stehen irgendwelche UN-Inspektoren oder angereichertes Uran in keinem Verhältnis zu den Schäden, welche die Sanktionen in den letzten Jahren angerichtet haben.
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von King Kong 2006 »

Platon hat geschrieben:(15 Feb 2021, 23:16)

Ich nehme an du meinst das iranische Gesetz zum Hochfahren des Atomprogramms, wenn die USA die Sanktionen nicht bis zum 21.(?) Februar aufheben. Das ist letztendlich bedeutungslos sobald sich USA und Iran darauf einigen, nach welchem Fahrplan die USA wieder vollständiger Teil des Abkommens werden. Die ganzen Verstöße der Iraner gegen das Abkommen machen letztlich nur Sinn, wenn man es als Versuch sieht sich in eine gute Verhandlungsposition zu bewegen. Es sind kalkulierte Provokationen. Entsprechend ist das Atomabkommen auch nicht tot. Die Iraner haben das Atomabkommen nie verlassen und die USA sind beispielsweise grandios daran gescheitert offiziell über die UN das Wiedereinsetzen der Sanktionen herbei zu führen. Stattdessen gab es im Dezember ein gemeinsames Statement der Europäer, Russlands, Chinas und des Irans(!), dass man den JCPOA gerne erhalten würde. Wenn die Europäer plötzlich ganz offen lieber gemeinsame Sache mit China, Russland und dem Iran machen als mit den USA... Aktuell gibt es intensive Gespräche aller Beteilligten, wie man zum Status Quo vor Trump zurückkehren könnte. Da ist nichts tot, ganz im Gegenteil!
https://en.irna.ir/news/84156950/P4-1-f ... t-on-JCPOA


Der Iran kann sich das nicht aussuchen, ob sie sich an das Abkommen halten oder nicht. Sie müssen sich daran halten, wenn sie wollen, dass die USA die Sanktionen aufheben und wenn die Sanktionen nicht gelockert werden, drohen politische Unruhen im Iran. Die IRI befindet sich in einer dramatisch schlechten Lage und aus iranischer Sicht stehen irgendwelche UN-Inspektoren oder angereichertes Uran in keinem Verhältnis zu den Schäden, welche die Sanktionen in den letzten Jahren angerichtet haben.
Das Problem ist, das sich der Iran punktgenau an das Abkommen gehalten hat. Dafür gab es verschärfte Sanktionen. Von daher ist die Gleichung Iran hält sich an das Abkommen und die USA liefern dafür bereits widerlegt. An der Praxis widerlegt. Der Iran hat klar gemacht, wenn die USA sich an das Abkommen halten, dem würde natürlich vorangehen, das sie erstmal wiederkommen, werde man sich auch daran halten. Alles andere hat ja nicht funktioniert.

Biden muß nun liefern. Das hat er auch Trump und seinem Clan zu verdanken. Liefern heißt entweder zurück zum Atomabkommen oder nicht. Seine Entscheidung.
Biden faces imminent decision time on future of Iran nuclear deal

Nonetheless, a series of dates are coming up that will force the new US administration to show its hand.

https://www.timesofisrael.com/biden-fac ... lear-deal/
Der Iran hat in der ersten Runde seine Karten auf den Tisch gelegt. Gemeinsam zurück zum Abkommen, oder wenn Biden nicht will oder kann, dann leider nicht. Wie gesagt, schöne Reden reichen nicht. Der Iran kann nicht wieder liefern und dann kommt nix zurück. Es muß sich etwas von beiden Seiten verändern. Biden steht zum Abkommen oder nicht. Wenn der Iran sich wieder wie punktgenau daran hält und es kommt wieder nichts. Hilft das nicht den Iranern. Und das ist keine Therorie, ist passiert. Neben dem wirtschaftlichen Schaden, dem technologischen Rückschritt ohne Gegenleistung gäbe es zudem erneut einen praktisch nicht mehr zu reparierenden politischen Schaden. Alle Reformer oder Liberale könnten dann einpacken.
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von Orbiter1 »

King Kong 2006 hat geschrieben:(17 Feb 2021, 08:38)

Das Problem ist, das sich der Iran punktgenau an das Abkommen gehalten hat. Dafür gab es verschärfte Sanktionen. Von daher ist die Gleichung Iran hält sich an das Abkommen und die USA liefern dafür bereits widerlegt. An der Praxis widerlegt. Der Iran hat klar gemacht, wenn die USA sich an das Abkommen halten, dem würde natürlich vorangehen, das sie erstmal wiederkommen, werde man sich auch daran halten. Alles andere hat ja nicht funktioniert.
Das zwitschert auch Khamenei höchstpersönlich.

"About the #JCPOA, promises were made by the other side. I am saying one thing: We’ve heard many promises which were broken & contradicted in practice. Mere words don't help. This time only action! Action! If the Islamic Republic sees action from the other side, it will act too." Quelle:
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von Platon »

King Kong 2006 hat geschrieben:(17 Feb 2021, 08:38)

Das Problem ist, das sich der Iran punktgenau an das Abkommen gehalten hat. Dafür gab es verschärfte Sanktionen. Von daher ist die Gleichung Iran hält sich an das Abkommen und die USA liefern dafür bereits widerlegt. An der Praxis widerlegt. Der Iran hat klar gemacht, wenn die USA sich an das Abkommen halten, dem würde natürlich vorangehen, das sie erstmal wiederkommen, werde man sich auch daran halten. Alles andere hat ja nicht funktioniert.

Biden muß nun liefern. Das hat er auch Trump und seinem Clan zu verdanken. Liefern heißt entweder zurück zum Atomabkommen oder nicht. Seine Entscheidung.

Der Iran hat in der ersten Runde seine Karten auf den Tisch gelegt. Gemeinsam zurück zum Abkommen, oder wenn Biden nicht will oder kann, dann leider nicht. Wie gesagt, schöne Reden reichen nicht. Der Iran kann nicht wieder liefern und dann kommt nix zurück. Es muß sich etwas von beiden Seiten verändern. Biden steht zum Abkommen oder nicht. Wenn der Iran sich wieder wie punktgenau daran hält und es kommt wieder nichts. Hilft das nicht den Iranern. Und das ist keine Therorie, ist passiert. Neben dem wirtschaftlichen Schaden, dem technologischen Rückschritt ohne Gegenleistung gäbe es zudem erneut einen praktisch nicht mehr zu reparierenden politischen Schaden. Alle Reformer oder Liberale könnten dann einpacken.
In der Öffentlichkeit wurde zuletzt so getan, dass die andere Seite den ersten Schritt machen muss. Aber weder werden die USA auf einen Schlag alle Sanktionen aufheben, noch werden die Iraner alle ihre Verstöße von einem Tag auf den anderen beenden. Daher denke ich wird es im Moment um einen Fahrplan gehen müssen. Die USA heben Schritt für Schritt die Sanktionen auf und die Iraner machen Schritt für Schritt ihre Verstöße gegen das Abkommen rückgängig. Das ist ja auch das was die Iraner mit ihren Verstößen beabsichtigen, möglichst viele eigene Schritte zu haben und je länger die USA verhandeln umso mehr Schritte kommen hinzu, die die Iraner zurückgehen müssen. Es geht dabei dann um einen Fahrplan zurück ins Abkommen. Der Artikel nennt ja bereits eine konkrete Option der USA: Die USA erlauben der IWF dem Iran einen Kredit aus dem Fonds für Geldmittel gegen wirtschaftliche Coronaschäden zu geben. Das wären 5 Milliarden, die die Iraner sehr gut brauchen könnten. Alternativ könnte man den Südkoreanern erlauben die dortigen eingefrorenen Mittel teilweise an Covax zu überweisen, damit die Iraner sich damit Impfstoffe kaufen können. Die Iraner könnten dafür z.B. dann ihren letzten Schritt mit diesen Uran-Metallen oder was das war rückgängig machen oder sie sagen es gibt keine weiteren Verstöße und man verhandelt eine Rückkehr über die restlichen Schritte. Das ist dann einfach Verhandlungssache und die Diplomatenteams kommen dann schon irgendwie zu einer Lösung. Und von diesem ersten Schritt kann es dann Schritt für Schritt weitergehen und diesen Fahrplan gilt es auszuverhandeln im Laufe von mehreren Wochen und Monaten. Wenn die ersten Schritte nächste Woche schon wären oder wie der zitierte Menschen in dem Artikel meint, ein gemeinsames Statement das grundsätzlich zu machen, könnten die Iraner rechtfertigen das Gesetz aus dem Parlament zu ignorieren. Ich weiß natürlich nicht, ob darüber wirklich verhandelt wird, aber das scheint mir am meisten Sinn zu machen und der gerade zitierte Tweet von Khamenei könnte ja ebenfalls im Sinne dieses Szenarios interpretiert werden: "If the Islamic Republic sees action from the other side, it will act too."

Die Entscheidung von Biden wird dann eher um das grundsätzliche Vorgehen gehen, das jeweils Schritt für Schritt zu machen und den gemeinsamen ersten Schritt, der ja dann auch die Rahmenbedingungen schafft für weitere Schritte. Einen kompletten gemeinsam verhandelten Fahrplan dürfte es im Moment noch nicht geben, das dauert dann schon noch.
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von King Kong 2006 »

Platon hat geschrieben:(17 Feb 2021, 13:03)

In der Öffentlichkeit wurde zuletzt so getan, dass die andere Seite den ersten Schritt machen muss. Aber weder werden die USA auf einen Schlag alle Sanktionen aufheben, noch werden die Iraner alle ihre Verstöße von einem Tag auf den anderen beenden. Daher denke ich wird es im Moment um einen Fahrplan gehen müssen. Die USA heben Schritt für Schritt die Sanktionen auf und die Iraner machen Schritt für Schritt ihre Verstöße gegen das Abkommen rückgängig. Das ist ja auch das was die Iraner mit ihren Verstößen beabsichtigen, möglichst viele eigene Schritte zu haben und je länger die USA verhandeln umso mehr Schritte kommen hinzu, die die Iraner zurückgehen müssen. Es geht dabei dann um einen Fahrplan zurück ins Abkommen. Der Artikel nennt ja bereits eine konkrete Option der USA: Die USA erlauben der IWF dem Iran einen Kredit aus dem Fonds für Geldmittel gegen wirtschaftliche Coronaschäden zu geben. Das wären 5 Milliarden, die die Iraner sehr gut brauchen könnten. Alternativ könnte man den Südkoreanern erlauben die dortigen eingefrorenen Mittel teilweise an Covax zu überweisen, damit die Iraner sich damit Impfstoffe kaufen können. Die Iraner könnten dafür z.B. dann ihren letzten Schritt mit diesen Uran-Metallen oder was das war rückgängig machen oder sie sagen es gibt keine weiteren Verstöße und man verhandelt eine Rückkehr über die restlichen Schritte. Das ist dann einfach Verhandlungssache und die Diplomatenteams kommen dann schon irgendwie zu einer Lösung. Und von diesem ersten Schritt kann es dann Schritt für Schritt weitergehen und diesen Fahrplan gilt es auszuverhandeln im Laufe von mehreren Wochen und Monaten. Wenn die ersten Schritte nächste Woche schon wären oder wie der zitierte Menschen in dem Artikel meint, ein gemeinsames Statement das grundsätzlich zu machen, könnten die Iraner rechtfertigen das Gesetz aus dem Parlament zu ignorieren. Ich weiß natürlich nicht, ob darüber wirklich verhandelt wird, aber das scheint mir am meisten Sinn zu machen und der gerade zitierte Tweet von Khamenei könnte ja ebenfalls im Sinne dieses Szenarios interpretiert werden: "If the Islamic Republic sees action from the other side, it will act too."

Die Entscheidung von Biden wird dann eher um das grundsätzliche Vorgehen gehen, das jeweils Schritt für Schritt zu machen und den gemeinsamen ersten Schritt, der ja dann auch die Rahmenbedingungen schafft für weitere Schritte. Einen kompletten gemeinsam verhandelten Fahrplan dürfte es im Moment noch nicht geben, das dauert dann schon noch.
Wie immer das Prozedere sein wird. Es müssen Taten folgen. Das geschah unter Trump nicht. Im Gegenteil. Der Iran hat sich in einer trügerischen Hoffnung immerhin rund ein Jahr daran gehalten. Keine Trickserei ist die Forderung

UN-Sanktionen werden aufgehoben? Fake News? Biden kommt in Bewegung?
USA zu Gesprächen über Atomabkommen mit dem Iran bereit

Außerdem erklärte die US-Regierung UN-Sanktionen für aufgehoben, die unter Präsident Donald Trump von den USA wieder eingeführt worden waren

https://rp-online.de/politik/ausland/at ... d-56346111
Wie immer liegt die Tücke im Detail. Es bleibt abzwarten was das - genau - bedeutet. ;)
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von King Kong 2006 »

Biden kommt mit dem Erbe Trumps und Friends zunehmend ins Rotieren. Das war sicher auch so gedacht. Aus einem Scherbenhaufen lässt sich schwer wieder etwas konstruieren. Wobei Biden wenigstens aktiv werden müsste. Umso länger es dauert, desto schwieriger wird es.
Joe Biden schon „gescheitert“: US-Politik gegenüber Iran und Saudi-Arabien in der Kritik

Die US-Website „Vox“ kritisiert, dass der Demokrat Joe Biden im Vorfeld zu den US-Wahl 2020 versprochen hatte, so schnell wie möglich zum Atomabkommen zurückzukehren und nun mit seiner Iran-Politik bereits scheitere. Hoch sind die Erwartungen an Joe Biden, nachdem sein Vorgänger, der Republikaner Donald Trump , das Atomabkommen mit dem Iran aufgekündigt hatte.

https://www.fr.de/politik/joe-biden-don ... 27448.html
„Biden sollte das wahrmachen, was er angekündigt hat“

Beim Streit um das Atomabkommen hat sich eine Pattsituation zwischen dem Iran und den USA entwickelt. Beide Seiten machten sich gegenseitig Vorwürfe, sagte die Iran-Expertin Katajun Amirpur im Dlf. Dabei wäre es jetzt die Zeit für die Rückkehr zur Diplomatie, die Joe Biden angekündigt hatte.

https://www.deutschlandfunk.de/atomkonf ... _id=493398
Stattdessen könnte sich eine Situation anbahnen wie unter Bush Junior und Ahmadinejad. Dann wird es wieder eine Eiszeit mit vielen gegenseitigen Drohungen geben und man wird warten müssen, bis jemand anderes gewählt wird. Bis dahin wird der Iran wohl wie unter Ahmadinejad richtig aufdrehen. Technisch ist das möglich. Auch wird die Option Westen für alle im Iran interessierten weiter in die Ferne rücken. China, Russland und Asien insgesamt wird die Musik spielen.

Der Westen, genauer gesagt die USA, die EU ist leider als Schwergewicht immer noch eher ein amüsante Figur, wird dann gar nicht mehr ernst als Verhandlungspartner genommen. Was kann die USA versprechen? Nichts davon ist eingetreten, es wurde sogar noch schlimmer. Während der Iran verwunderlicherweise sich daran trotzdem gehalten hat. Und was ist, wenn eine Reaktivierung des Abkommens gelingt? Wer sagt denn das Trump als erneuter Präsident oder sein Sohn oder irgendein andere Fan von ihm im Amt nicht gleich wieder der WHO, dem Klimaabkommen und dem Atomabkommen den Schredder zeigt? Das wäre ja die totale Veräppelung.

Entweder ergreift Biden jetzt den Schopf oder das wars vielleicht. Optionen wie im Iran werden als nächstes Sozialdemokraten gewählt und dann ist alles gut oder diese marxistischen MEK kommen durch ein Wunder an die Macht oder die USA trauen sich doch mal einen Regionalkrieg zu beginnen ist praktisch ausgeschlossen. Keiner will das, stattdessen wird dann die Eskalationsschraube in der Region weitergehen. Der Iran hat sich zudem technisch in der Nuklearfrage und Luft- Raumfahrttechnik sehr zurückgehalten. Im Gegensatz z.B. zu Nordkorea und Pakistan bestehen dort völlig andere technologische und finanzielle Mittel. Das ist wie gesagt eine politische Entscheidung, keine technische oder finanzielle. Biden muß jetzt Farbe bekennen.
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von Platon »

Verstehe die Kritik nicht. Haben Frau Amirpur und Vox in den letzten Wochen die Nachrichten verfolgt? Biden hat nach drei Wochen im Amt offiziell Gespräche angeboten und die Iraner haben sie (vorerst) ausgeschlagen, weil sie glauben sie könnten Zugeständnisse bekommen, bevor Gespräche beginnen. Wie kommt man dann jetzt zu der Auffassung Biden würde seine Versprechungen einer diplomatische Lösung nicht versuchen umzusetzen. :?:

Es geht in der Diplomatie eben nicht von heute auf morgen und zwischen USA und Iran schonmal erst recht nicht.
Zuletzt geändert von Platon am Do 4. Mär 2021, 17:00, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von King Kong 2006 »

Platon hat geschrieben:(04 Mar 2021, 16:54)

Verstehe die Kritik nicht. Biden hat nach drei Wochen im Amt offiziell Gespräche angeboten und die Iraner haben sie (vorerst) ausgeschlagen, weil sie glauben sie könnten Zugeständnisse bekommen, bevor Gespräche beginnen. Wie kommt man dann jetzt zu der Auffassung Biden würde seine Versprechungen eine diplomatische Lösung nicht versuchen umzusetzen. :?:
Die USA sind mit Trump ausgestiegen. Wie bei der WHO oder dem Klimaabkommen. Entweder zurück oder draussen bleiben. Die WHO oder das Klimaabkommen müssen nicht neu verhandelt werden und komplett umgekrempelt werden. Zurück oder nicht.

Der Iran will zudem Taten sehen. Keine symbolischen Peanuts. Die USA haben bewiesen, daß keine Taten, ausser weitere Sanktionen folgten. Also, Action, wie es so schön heißt. Keine heiße Luft wie zuletzt. Man hat bereits Jahre verhandelt. Das war das Maximale was beide Seiten als Kompromiss gehen konnten ohne komplett umzufallen. Alles weitere zu verfolgen grenzt eher an eine geplante Konfrontation. Da geht nichts mehr. Von beiden Seiten. Alles jahrelang ausdiskutiert.
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von Platon »

King Kong 2006 hat geschrieben:(04 Mar 2021, 17:00)

Die USA sind mit Trump ausgestiegen. Wie bei der WHO oder dem Klimaabkommen. Entweder zurück oder draussen bleiben. Die WHO oder das Klimaabkommen müssen nicht neu verhandelt werden und komplett umgekrempelt werden. Zurück oder nicht.

Der Iran will zudem Taten sehen. Keine symbolischen Peanuts. Die USA haben bewiesen, daß keine Taten, ausser weitere Sanktionen folgten. Also, Action, wie es so schön heißt. Keine heiße Luft wie zuletzt. Man hat bereits Jahre verhandelt. Das war das Maximale was beide Seiten als Kompromiss gehen konnten ohne komplett umzufallen. Alles weitere zu verfolgen grenzt eher an eine geplante Konfrontation. Da geht nichts mehr. Von beiden Seiten. Alles jahrelang ausdiskutiert.
Eine Neuverhandlung des Atomabkommens wird von den USA längst nicht mehr gefordert. Aber weder werden die USA jetzt einfach die Sanktionen aufheben, noch werden die Iraner ihr Verstöße gegen das Abkommen beenden. Wenn jetzt als Vorleistung die USA Sanktionen teilweise aufheben werden die Iraner immer mehr fordern, bevor sie ihre Verstöße rückgängig machen und umgekehrt. Das ganze muss koordiniert werden und darum braucht es einen gemeinsamen Fahrplan zurück ins Abkommen. Welche Schritte müssen wann in welcher Reihenfolge von beiden Seiten gemacht werden, damit am Ende beide Seiten mit der jeweils anderen zufrieden sind. Das muss verhandelt werden und das haben die USA angeboten und die Iraner haben es (vorerst) ausgeschlagen. Es ist eben nicht so einfach wie bei der WHO oder beim Klimaabkommen, dass die USA einfach wieder beitreten und dann ist alles gut und wie vorher. Klimaabkommen und WHO haben sich ja nicht grundsätzlich seit dem Austritt der USA geändert. Die Lage mit dem iranischen Atomprogramm hingegen schon, daher müssen die Details der Rückkehr ganz genau bis ins kleinste Detail verhandelt werden, damit keine der Seiten versucht die andere dabei über den Tisch zu ziehen, was sie gewiss versuchen würden. Und das geht eben nicht von jetzt auf gleich. Diplomatie braucht Zeit und zwischen Erzfeinden wie Iran und USA erst recht.
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von Vongole »

Offensichtlich zündelt der Iran mal wieder im Irak:
At least 10 rockets hit a military base in western Iraq hosting US-led coalition troops on Wednesday, security sources said, two days before Pope Francis's historic visit to the country.
(..)
Western security sources told AFP that the rockets were Iranian-made Arash models, which are 122mm artillery rockets and heavier than those seen in other attacks on Western targets in Iraq.
https://www.i24news.tv/en/news/internat ... ty-sources
So wird man Biden ganz sicher nicht überreden können, die Sanktionen gegen den Iran aufzuheben.
Am Yisrael Chai

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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von Platon »

Vongole hat geschrieben:(04 Mar 2021, 17:16)

Offensichtlich zündelt der Iran mal wieder im Irak:
So wird man Biden ganz sicher nicht überreden können, die Sanktionen gegen den Iran aufzuheben.
Ich sehe das als Teil eins Konflikts zwischen USA und Iran, der unabhängig vom Atomabkommen abläuft. Man hat ja von Seiten der USA angekündigt nach der Rückkehr zum Abkommen dann über die Rolle des Irans und sein Raketenprogramm mit dem Iran sprechen zu wollen. Diese Gespräche würden dann aber ein wenig anders ablaufen, als die zum Atomprogramm, weil die Iraner als Regionalmacht in einer vergleichsweise starken Position sind.

Zur Einschätzung dieser Raketenangriffe und die allgemeine strategische Situation, in der sie ablaufen, zitiere ich mich mal selbst:
Platon hat geschrieben:(04 Mar 2021, 13:10)Die Taktik des Iran ist, dass die Revolutionsgarden für einen Angriff auf den Iran selbst ein hohes Abschreckungspotential aufbauen durch die Raketentests und Manöver am persischen Golf. Man rüstet dann aber die eigenen Klienten in der Region mit Geld und Waffen aus, damit diese ihre lokalen Gegner bekämpfen und entweder die USA oder US-Verbündete angreifen und im Falle eines Angriffs auf den Iran ein zusätzliches Abschreckungspotential darstellen. Wenn diese Gruppen dann die USA (schiitische Milizen im Irak), Saudi-Arabien (Huthis) oder Israel (Hisbollah, Hamas, PIJ) dann auf Geheiß der Quds-Brigarden mit Raketen iranischer Produktion angreifen, sagen die Iraner einfach: Wir waren das nicht. Und waren sie streng genommen auch nicht. Man übernimmt nicht die Verantwortung, sondern leugnet die eigene Verantwortung für die Aktionen der eigenen Klienten, die aber selbstverständlich ihre Aktionen nach den Wünschen ihrer Sponsoren, d.h. den Revolutionsgarden, ausrichten. Der einzige Fall, wo die USA sich dazu entschlossen haben direkt gegen den Iran zurück zu schlagen, war die Ermordung von Sulaimani und da stand man ja dann sofort vor einem großen Krieg den beide nicht wollten und die entstehende Krise wurde mit einem Raketenangriff der Iraner auf eine US-Basis, d.h. eine durchaus beeindruckende Wiederherstellung der iranischen Abschreckung, auf die Trump dann nicht mehr reagiert hat, beigelegt. Man kann dann eigentlich nur nicht-konventionell direkt gegen den Iran zurückschlagen in Form von Cyberangriffen und Sabotage etc., worin die Israelis mutmaßlich ja sehr erfolgreich sind. Trump hatte ja dereinst auch nach dem Abschuss der Drohne die Kampfflugzeuge im letzten Moment zurückgerufen und stattdessen einen Cyberangriff angeordnet. Bei Sulaimani hat er sie dann nicht mehr zurück gerufen, aber das war ja eigentlich auch auf irakischem Boden und kein Angriff auf iranisches Territorium.

Die Israelis greifen die Iraner und Proxies auch nur in Syrien an, weil ein Angriff auf libanesischen Boden einen Krieg mit der Hisbollah auslösen und ein direkter Angriff auf den Iran ebenfalls direkte Raketenangriffe des Iran auf Israel provozieren und aus Sicht einiger auch rechtfertigen könnte. Die Souveränität der Assad-Regierung auf syrischen Boden ist de facto schon länger nichts mehr wert.

Dieses Hin und Her zwischen USA und iranischem Proxy ist die iranische Taktik, welche iranischen Einfluss und "strategische Tiefe" sichern und die USA aus der Region drängen und den Wunsch der Anhänger des Regimes nach einer Konfrontation mit den USA zufrieden stellen soll. Und nachdem es mit der Tötung von Sulaimani aus iranischer Sicht doch ziemlich aus dem Ruder gelaufen ist, hat man sich einige Zeit zurückgehalten. Aber jetzt versuchen die Iraner es mit Biden offenbar erneut. Eigentlich müssten die USA rein aus militärischer Sicht bei diesen Proxyangriffen direkt wieder gegen den Iran zurückschlagen um die iranische Kalkulation zu verändern, aber das kann man halt nicht so einfach. Eine zu harte Reaktion und Eskalation bringt den USA halt auch nichts. Der Angriff auf Sulaimani mag militärisch einen positiven Effekt gehabt haben, war politisch aber ein ziemliches Desaster, weil das Regime einen populären Märtyrer bekommen hat, das irakische Parlament hat den Abzug der USA aus dem Irak beschlossen und es gibt ja auch eine UN-Untersuchung zu der Sache. Biden versucht jetzt offenbar in Abgrenzung von Trump "angemessen" zurück zu schlagen, die Abschreckung der USA aufrecht erhalten, aber politisch keine Risiken eingehen.

Aus iranischer Sicht ist das ein asymetrischer Krieg gegen die USA, wo man eine direkte Konfrontation mit den USA vermeidet, weil man einen konventionellen Krieg natürlich verlieren würde. Stattdessen eine asymetrische Abschreckung mit Raketen und Schnellbooten im Golf und eine asymetrische Offensive über die diversen Klienten, die natürlich alle auf eigene Faust handeln und nicht auf Geheiß derer, die ihnen Geld und Waffen schicken. ^^ In den letzten 10 Jahren haben die Iraner da eine "forward defense"-Strategie entwickeln können, weil man seit 2011 und dem Aufstieg und Fall des IS neue starke Klienten hinzugewonnen hat, welche anders als z.B. die Hamas sehr stark vom Iran abhängig sind. Vor allem Kataib Hisbollah und andere schiitische Millizen im Irak, andere Mitglieder der schiitischen Internationale, welche in Syrien für Assad gekämpft haben und natürlich die Huthis, welche durch den Krieg im Jemen sich immer mehr in die Arme des Irans begeben haben. Das war ja alles das Werk von Qassem Sulaimani, der als wichtigster Verbindungsmann der Revolutionsgarden mit den ausländischen Gruppen fungierte und zur großen Symbolfigur iranischen Einfluss im Ausland wurde, und darum war er auch das (eigentlich unrealistische) Ziel für einen Vergeltungsschlag der USA.
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von Orbiter1 »

Vongole hat geschrieben:(04 Mar 2021, 17:16)

Offensichtlich zündelt der Iran mal wieder im Irak:
So wird man Biden ganz sicher nicht überreden können, die Sanktionen gegen den Iran aufzuheben.
Da geht es darum die USA aus dem Irak rauszukicken. Die USA können zum Atomabkommen zurückkehren und die Sanktionen aufheben oder nicht zum Atomabkommen zurückkehren und die Sanktionen beibehalten. Die Mullahs und Ultraradikalen kommen mit beidem zurecht.
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von Vongole »

Platon hat geschrieben:(04 Mar 2021, 17:25)

Ich sehe das als Teil eins Konflikts zwischen USA und Iran, der unabhängig vom Atomabkommen abläuft. Man hat ja von Seiten der USA angekündigt nach der Rückkehr zum Abkommen dann über die Rolle des Irans und sein Raketenprogramm mit dem Iran sprechen zu wollen. Diese Gespräche würden dann aber ein wenig anders ablaufen, als die zum Atomprogramm, weil die Iraner als Regionalmacht in einer vergleichsweise starken Position sind.

Zur Einschätzung dieser Raketenangriffe und die allgemeine strategische Situation, in der sie ablaufen, zitiere ich mich mal selbst:
Die Iraner, oder besser gesagt das iranische Regime, wäre als selbst ernannte Hegemonialmacht nur dann in einer starken Position, wenn die USA ohne Auflagen zum Abkommen zurück kehrten, und danach sieht es nicht aus.
Ich kann es nur wiederholen, Biden ist nicht Obama, das iran. Regime wäre gut beraten, den Bogen nicht zu überspannen.
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von Orbiter1 »

Vongole hat geschrieben:(04 Mar 2021, 17:41)

Die Iraner, oder besser gesagt das iranische Regime, wäre als selbst ernannte Hegemonialmacht nur dann in einer starken Position, wenn die USA ohne Auflagen zum Abkommen zurück kehrten, und danach sieht es nicht aus.
Ich kann es nur wiederholen, Biden ist nicht Obama, das iran. Regime wäre gut beraten, den Bogen nicht zu überspannen.
Die Amerikaner sind kriegsmüde und haben durch die eigenen Öl- und Gasresourcen sowie dem Wandel zu Erneuerbaren Energien immer weniger Verständnis für das teure US-Engagement in dieser Weltregion. Die große Herausforderung ist China und mit bereits deutlichem Abstand Russland, nicht ein Mullah-Regime im Iran. Und Biden stehen in weniger als 2 Jahren die nächsten Wahlen ins Haus. Der hat kein Interesse an einem Krieg gegen den Iran.
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von Vongole »

Orbiter1 hat geschrieben:(04 Mar 2021, 17:56)

Die Amerikaner sind kriegsmüde und haben durch die eigenen Öl- und Gasresourcen sowie dem Wandel zu Erneuerbaren Energien immer weniger Verständnis für das teure US-Engagement in dieser Weltregion. Die große Herausforderung ist China und mit bereits deutlichem Abstand Russland, nicht ein Mullah-Regime im Iran. Und Biden stehen in weniger als 2 Jahren die nächsten Wahlen ins Haus. Der hat kein Interesse an einem Krieg gegen den Iran.
Von Krieg gegen den Iran war in meinem Post nicht mal ansatzweise die Rede.
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von Orbiter1 »

Vongole hat geschrieben:(04 Mar 2021, 18:00)

Von Krieg gegen den Iran war in meinem Post nicht mal ansatzweise die Rede.
Was ist denn ihre Alternative zum Krieg? Jemanden töten wie Soleimani vor 1 Jahr oder irgendwelche Sabotage-Aktionen? Oder harte Sanktionen? Das hat was gebracht? Gar nichts. Die Iran-Proxies schießen aktuell weiter mit Raketen auf US-Militärbasen im Irak oder auf saudische Flughäfen und Ölanlagen. Möglicherweise wurde auch die Ölpest an der Küste Israels durch den Iran initiiert. Wie wollen sie das ohne Krieg stoppen?
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von Vongole »

Orbiter1 hat geschrieben:(04 Mar 2021, 18:16)

Was ist denn ihre Alternative zum Krieg? Jemanden töten wie Soleimani vor 1 Jahr oder irgendwelche Sabotage-Aktionen? Oder harte Sanktionen? Das hat was gebracht? Gar nichts. Die Iran-Proxies schießen aktuell weiter mit Raketen auf US-Militärbasen im Irak oder auf saudische Flughäfen und Ölanlagen. Möglicherweise wurde auch die Ölpest an der Küste Israels durch den Iran initiiert. Wie wollen sie das ohne Krieg stoppen?
Über kurz oder lang wird der Iran Zugständnisse machen müssen, oder die Mullahs riskieren, dass sie auch mit noch größerer Brutalität das Volk nicht mehr im Griff halten können.
Und ihre Vasallenstaaten auch nicht, in denen der Unwille spürbar steigt.
Am Yisrael Chai

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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von Adam Smith »

Das Problem ist, dass der Iran im Recht ist. Die USA haben sich nicht an das Abkommen gehalten und müssten demnach als erstes dahin zurückkehren. Das geht aber nicht, weil dann Biden als schwach dasteht.
Das ist Kapitalismus:

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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von Orbiter1 »

Vongole hat geschrieben:(05 Mar 2021, 00:28)

Über kurz oder lang wird der Iran Zugständnisse machen müssen, oder die Mullahs riskieren, dass sie auch mit noch größerer Brutalität das Volk nicht mehr im Griff halten können.
Und ihre Vasallenstaaten auch nicht, in denen der Unwille spürbar steigt.
Dann gibt es ja keinen Handlungsbedarf und das Problem löst sich irgendwann in den kommenden Jahrzehnten von selbst. Auch gut.
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von Kohlhaas »

Vongole hat geschrieben:(04 Mar 2021, 17:41)

Die Iraner, oder besser gesagt das iranische Regime, wäre als selbst ernannte Hegemonialmacht nur dann in einer starken Position, wenn die USA ohne Auflagen zum Abkommen zurück kehrten, und danach sieht es nicht aus.
Ich kann es nur wiederholen, Biden ist nicht Obama, das iran. Regime wäre gut beraten, den Bogen nicht zu überspannen.
Sehe ich genauso. Es zeichnet sich ja schon ab, dass beide Seiten dort die Muskeln spielen lassen. Biden hat klar gesagt, dass er in die Verhandlungen über das Atomprogramm auch das iranische Raketenprogramm und die aggressive Außenpolitik der Mullahs einbeziehen will. Hinter diese Position kann er nicht zurück. Wird er auch nicht wollen. Diese beiden Punkte - Raketenprogramm und Terrorexport - waren die schwerwiegendsten Kritikpunkte am Atomdeal. Die waren der Grund dafür, dass Trump den Vertrag aufgekündigt hat.
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von King Kong 2006 »

Platon hat geschrieben:(04 Mar 2021, 17:08)

Eine Neuverhandlung des Atomabkommens wird von den USA längst nicht mehr gefordert. Aber weder werden die USA jetzt einfach die Sanktionen aufheben, noch werden die Iraner ihr Verstöße gegen das Abkommen beenden. Wenn jetzt als Vorleistung die USA Sanktionen teilweise aufheben werden die Iraner immer mehr fordern, bevor sie ihre Verstöße rückgängig machen und umgekehrt. Das ganze muss koordiniert werden und darum braucht es einen gemeinsamen Fahrplan zurück ins Abkommen. Welche Schritte müssen wann in welcher Reihenfolge von beiden Seiten gemacht werden, damit am Ende beide Seiten mit der jeweils anderen zufrieden sind. Das muss verhandelt werden und das haben die USA angeboten und die Iraner haben es (vorerst) ausgeschlagen. Es ist eben nicht so einfach wie bei der WHO oder beim Klimaabkommen, dass die USA einfach wieder beitreten und dann ist alles gut und wie vorher. Klimaabkommen und WHO haben sich ja nicht grundsätzlich seit dem Austritt der USA geändert. Die Lage mit dem iranischen Atomprogramm hingegen schon, daher müssen die Details der Rückkehr ganz genau bis ins kleinste Detail verhandelt werden, damit keine der Seiten versucht die andere dabei über den Tisch zu ziehen, was sie gewiss versuchen würden. Und das geht eben nicht von jetzt auf gleich. Diplomatie braucht Zeit und zwischen Erzfeinden wie Iran und USA erst recht.
Wie du sagst, eine Neuverhandlung würde nicht von den USA gefordert.

Das Abkommen ist klar, bereits über einen sehr langen Zeitraum von den USA und Iran u.a. ausverhandelt worden. Und unterschrieben.

D.h. beide Parteien haben sich bereit erklärt das zuvor komplex, sehr genau und ausführlich Ausgehandelte umzusetzen. Die USA sind eingeladen wieder beizutreten. Warten wir ab, ob Biden es macht. Wenn er wieder an den Tisch zurückkehrt, die USA diesmal ihre Verpflichtungen dann auch noch tatsächlich umsetzt MUSS der Iran wieder seinen Teil lt. Vertrag einhalten. Wie er es schon einst tat. Da muß nichts verhandelt werden. Oder ein komplexer Vorlauf stattfinden. Trump hat es mit einer Unterschrift vernichtet. Ganz einfach. Biden muß sich einfach wieder hinsetzen (USA). Mehr nicht. Ganz einfach. Dann muss der Iran wieder den Vertrag umsetzen. Sonst wäre der Iran der Vertragsbrecher. Keine Tricks mehr. Fool me twice?

European council for foreign relations
Fool me once: How Tehran views the Iran nuclear deal

Since the November 2020 US presidential election, Tehran has left the door open for the US to return to its commitments under the Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA). And it has offered several pathways for achieving this.
So far, Iran has been waiting for moves from the Biden administration that indicate it is serious about rejoining the JCPOA.
It is highly unlikely that the US and Europe will be able to strike a broader agreement with Iran unless they first rejoin the original JCPOA – under either the current or next government in Tehran. The longer the US takes to rejoin the JCPOA, the greater the support in Tehran for accelerating the Iranian nuclear programme. In the coming weeks, European and US efforts should focus on a swift return to the JCPOA rather than holding out for the unlikely prospect of a new nuclear formula with Iran.

https://ecfr.eu/article/fool-me-once-ho ... lear-deal/
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von Platon »

King Kong 2006 hat geschrieben:(06 Mar 2021, 14:29)Wie du sagst, eine Neuverhandlung würde nicht von den USA gefordert.

Das Abkommen ist klar, bereits über einen sehr langen Zeitraum von den USA und Iran u.a. ausverhandelt worden. Und unterschrieben.

D.h. beide Parteien haben sich bereit erklärt das zuvor komplex, sehr genau und ausführlich Ausgehandelte umzusetzen. Die USA sind eingeladen wieder beizutreten. Warten wir ab, ob Biden es macht. Wenn er wieder an den Tisch zurückkehrt, die USA diesmal ihre Verpflichtungen dann auch noch tatsächlich umsetzt MUSS der Iran wieder seinen Teil lt. Vertrag einhalten. Wie er es schon einst tat. Da muß nichts verhandelt werden. Oder ein komplexer Vorlauf stattfinden. Trump hat es mit einer Unterschrift vernichtet. Ganz einfach. Biden muß sich einfach wieder hinsetzen (USA). Mehr nicht. Ganz einfach. Dann muss der Iran wieder den Vertrag umsetzen. Sonst wäre der Iran der Vertragsbrecher. Keine Tricks mehr. Fool me twice?
Wie gesagt, halte ich das nicht für umsetzbar. Biden kann selbst wenn er wollte innenpolitisch nicht einfach alle Sanktionen aufheben ohne dafür eine Gegenleistung vom Iran schriftlich garantiert zu bekommen. Da macht er sich in den USA doch lächerlich, bei Gegnern wie Parteifreunden. In diesem Szenario würde man lediglich annehmen und darauf vertrauen, dass der Iran umgehend seinen Verpflichtungen wieder nachkommt. Es wäre auch eine völlige Verzerrung der wahren Machtverhältnisse zwischen beiden Staaten. Die USA sind die weltweite Supermacht und die Iraner sind die Regionalmacht, welche durch die Sanktionen praktisch pleite ist. Von daher wäre es natürlich schön, wenn die USA von heute auf morgen alle Sanktionen aufheben und die iraner am Tag drauf alle Verstöße rückgängig machen und eine Woche später die IAEA das bestätigt, aber so läuft das in den Internationalen Beziehungen nicht, und zwischen Iran und USA schonmal gar nicht.

Mohsen Rezai, ein ehemaliger Revolutionsgardenchef, hat ja gestern der Financial Times das Szenario vorgetragen, dass die USA innerhalb eines Jahres die Sanktionen schrittweise aufheben könnten. Der Artikel ist mittlerweile wieder hinter einer Paywall und Zarif hat dementiert, dass das seine offizielle Position ist. Aber es wird am Ende auf so etwas in der Art hinauslaufen. Zarif hat angekündigt, dass er in näherer Zukunft einen Vorschlag machen will für eine Rückkehr der USA ins Abkommen und man wird schauen, was dabei herauskommt. Wichtig wird dabei auch sein, was der Iran über die offenen Fragen der IAEA bei den angekündigten Gesprächen zu erzählen hat. Die IAEA hat ja letztes Jahr an zwei Orten, welche der Iran ursprünglich nicht als Teil des Atomprogramms angegeben hat, Rückstände von nicht angereichertem Uran nachgewiesen. Faktisch ist es so, dass die USA mit ihrem Gesprächsangebot offiziell ihren ernsthaften Willen ins Abkommen zurückzukehren Kund getan haben und dabei auch erklärt haben, wie sie sich den Weg dorthin vorstellen. Der Iran hat dieses Angebot abgelehnt und jetzt müssen die Iraner, in Person von Zarif, halt mal konkret ein angekündigtes Gegenangebot machen, wie man sich das vorstellt und dann muss man einen Kompromiss suchen.
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von Orbiter1 »

Platon hat geschrieben:(04 Mar 2021, 17:08)

Eine Neuverhandlung des Atomabkommens wird von den USA längst nicht mehr gefordert.
Ist das so? Israel und deren Unterstützer in den USA werden einen Tobsuchtsanfall bekommen, wenn solche Themen wie z. B. die iranischen Raketen nicht abgedeckt werden. Andererseits wird der Iran basierend auf seiner Historie unter keinen Umständen auf diese Raketen verzichten. Ich seh hier keine Lösungsmöglichkeiten und erwarte deswegen auch keine Rückkehr der USA in das Abkommen.
Aber weder werden die USA jetzt einfach die Sanktionen aufheben, noch werden die Iraner ihr Verstöße gegen das Abkommen beenden. Wenn jetzt als Vorleistung die USA Sanktionen teilweise aufheben werden die Iraner immer mehr fordern, bevor sie ihre Verstöße rückgängig machen und umgekehrt. Das ganze muss koordiniert werden und darum braucht es einen gemeinsamen Fahrplan zurück ins Abkommen. Welche Schritte müssen wann in welcher Reihenfolge von beiden Seiten gemacht werden, damit am Ende beide Seiten mit der jeweils anderen zufrieden sind. Das muss verhandelt werden und das haben die USA angeboten und die Iraner haben es (vorerst) ausgeschlagen. Es ist eben nicht so einfach wie bei der WHO oder beim Klimaabkommen, dass die USA einfach wieder beitreten und dann ist alles gut und wie vorher. Klimaabkommen und WHO haben sich ja nicht grundsätzlich seit dem Austritt der USA geändert. Die Lage mit dem iranischen Atomprogramm hingegen schon, daher müssen die Details der Rückkehr ganz genau bis ins kleinste Detail verhandelt werden, damit keine der Seiten versucht die andere dabei über den Tisch zu ziehen, was sie gewiss versuchen würden. Und das geht eben nicht von jetzt auf gleich. Diplomatie braucht Zeit und zwischen Erzfeinden wie Iran und USA erst recht.
Ich weiß ja nicht wie viele Jahre sie da für Verhandlungen ansetzen (beim JCPOA waren es 13 Jahre), aber es dauert nicht mehr lange und die Mitte der Laufzeit des JCPOA ist erreicht. Da stellt sich dann irgendwann die Frage wie sinnvoll es überhaupt noch ist sich mit diesem Vertrag zu beschäftigen.
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von Praia61 »

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Beitrag von Platon »

Orbiter1 hat geschrieben:(06 Mar 2021, 17:31)Ist das so?
Ja. Wir ich hier anhand der Statements des US-Außenministeriums zur Einwilligung Gespräche mit dem Iran führen zu wollen, gezeigt habe, wollen die USA erstmal ins Abkommen zurück und danach über das Raketenprogramm und die Rolle des Irans in der Region sprechen. Ebenso darüber was nach dem Ablauf des Abkommen kommen könnte. Das ist die offizielle Position der USA derzeit.
Israel und deren Unterstützer in den USA werden einen Tobsuchtsanfall bekommen, wenn solche Themen wie z. B. die iranischen Raketen nicht abgedeckt werden. Andererseits wird der Iran basierend auf seiner Historie unter keinen Umständen auf diese Raketen verzichten. Ich seh hier keine Lösungsmöglichkeiten und erwarte deswegen auch keine Rückkehr der USA in das Abkommen.Ich weiß ja nicht wie viele Jahre sie da für Verhandlungen ansetzen (beim JCPOA waren es 13 Jahre), aber es dauert nicht mehr lange und die Mitte der Laufzeit des JCPOA ist erreicht. Da stellt sich dann irgendwann die Frage wie sinnvoll es überhaupt noch ist sich mit diesem Vertrag zu beschäftigen.
Die wirklich ernsthaften Verhandlungen haben 2-3 Jahre gedauert.

Ich denke auch nicht, dass die Iraner auf ihr Raketenprogramm verzichten. Dafür gibt es aus iranischer Sicht ja auch überhaupt keinen Anlass, vielmehr ist es ein zentraler Pfeiler der eigenen Sicherheitspolitik. Es dürfte wohl eher um eine formale Zusicherung des Iran gehen keine Internkontinentalraketen zu bauen bzw. zu testen, also eine Einschränkung der Reichweite der eigenen Raketen. Es gibt ja eine UN-Resolution, dass die Iraner keine Raketen bauen können, welche mit einem Atomsprengkopf versehen werden können. Da gibt es natürlich dann unterschiedliche Auffassungen was das konkret heißt. Dazu möglicherweise regionale Abkommen, an denen dann auch z.B. Saudi Arabien und die VAE beteilligt wären über Abrüstung oder zumindest eine Deckelung von Rüstungsbemühungen oder auch Vereinbarungen der USA und regionaler Mächte über Macht und EInfluss in der Region. Da geht es dann nicht mehr um das Atomprogramm und die Nichtverbreitung von Atomwaffen, sondern um diplomatische Optionen im geopolitischen Konflikt in der Region. Und da gibt es ja dann schon Möglichkeiten, weil die USA ja gerne ihre militärische Präsenz verringern würden und die Iraner diesbezüglich mit den USA ausnahmsweise mal ganz einer Meinung sind.
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von King Kong 2006 »

Platon hat geschrieben:(06 Mar 2021, 17:54)

Ja. Wir ich hier anhand der Statements des US-Außenministeriums zur Einwilligung Gespräche mit dem Iran führen zu wollen, gezeigt habe, wollen die USA erstmal ins Abkommen zurück und danach über das Raketenprogramm und die Rolle des Irans in der Region sprechen. Ebenso darüber was nach dem Ablauf des Abkommen kommen könnte. Das ist die offizielle Position der USA derzeit.

Die wirklich ernsthaften Verhandlungen haben 2-3 Jahre gedauert.

Ich denke auch nicht, dass die Iraner auf ihr Raketenprogramm verzichten. Dafür gibt es aus iranischer Sicht ja auch überhaupt keinen Anlass, vielmehr ist es ein zentraler Pfeiler der eigenen Sicherheitspolitik. Es dürfte wohl eher um eine formale Zusicherung des Iran gehen keine Internkontinentalraketen zu bauen bzw. zu testen, also eine Einschränkung der Reichweite der eigenen Raketen. Es gibt ja eine UN-Resolution, dass die Iraner keine Raketen bauen können, welche mit einem Atomsprengkopf versehen werden können. Da gibt es natürlich dann unterschiedliche Auffassungen was das konkret heißt. Dazu möglicherweise regionale Abkommen, an denen dann auch z.B. Saudi Arabien und die VAE beteilligt wären über Abrüstung oder zumindest eine Deckelung von Rüstungsbemühungen oder auch Vereinbarungen der USA und regionaler Mächte über Macht und EInfluss in der Region. Da geht es dann nicht mehr um das Atomprogramm und die Nichtverbreitung von Atomwaffen, sondern um diplomatische Optionen im geopolitischen Konflikt in der Region. Und da gibt es ja dann schon Möglichkeiten, weil die USA ja gerne ihre militärische Präsenz verringern würden und die Iraner diesbezüglich mit den USA ausnahmsweise mal ganz einer Meinung sind.
Ich gehe auch davon aus, daß der Iran im Rahmen seiner Sicherheitsdoktrin nicht auf sein militärsches Raketenarsenal verzichten wird. Das eine Reaktion auf die enormen Defizite der Luftwaffe als Waffengattung maßgeblich erfolgt ist. Wenn der Iran Serienreif Kampfflugzeuge der neueren Generation entwickeln und vor allen Dingen produzieren könnte, was er einfach nicht kann, wäre das ein anderes Thema. Dieses Raketenarsenal ist sozusagen die einzige Distanzwaffe, die ernsthaft abschreckt. Dies aufzugeben ist eine rote Linie.

Zugegebenermaßen gibt es da große Differenzen zwischen den USA und Iran was den geopolitischen Status Quo betrifft. Auch wenn, wie du korrekterweise sagst, die USA und Iran in dem Punkt einig sind, daß die USA ihre Präsenz in der Region gerne verringern würden. Da müßte Teheran auch den USA entgegenkommen. Die verklausulierte "forward defence"* Irans mit diversen Verbündeten in der Region ist da sicher ein komplexes Thema. Es ist eine diplomatische Herausforderung dem Sicherheitsedürfnis Irans und den geostrategischen Bedürfnissen der USA da beiderseits Rechnung zu tragen. Das ist sicher ein großes Thema. Was allerdings losgelöst von der Atomproblematik in dem Fall zu sehen ist. Sonst wird das ein unlösbares Faß ohne Boden.

*Dubbed “forward defense” doctrine, it implies that Iran should fight its opponents outside its borders to prevent conflict inside Iran.
Alex Vatanka, “Iran and Russia, Growing Apart,” Foreign Affairs, November 29, 2017.
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von King Kong 2006 »

Biden bringt es nicht fertig sich wieder an den Tisch zu setzen, an dem die Europäer, Russland, China und (noch) der Iran sitzen. Trotz großer Erwartungen. Die USA ringen um eine Iran-Strategie. Genauer gesagt ringen sie mit sich selbst...
USA: Ringen um Iran-Strategie

Diplomatie statt Druck: So sollte unter Biden die neue Iran-Politik lauten. Aber Fortschritte bleiben bislang aus, Experten sehen die Chancen schwinden.

Sein iranischer Amtskollege Dschawad Sarif kommentierte am Donnerstag per Twitter: "Die USA behaupten, sie setzen auf Diplomatie, und nicht auf Trumps gescheiterte Politik des ‚maximalen Drucks.‘ Trotzdem gibt (Blinken) damit an, dass sie Südkorea daran hindern wollen, UNSER Geld an den Schweizer Handelskanal zu überweisen, der nur für Nahrungsmittel und Medikamente genutzt wird. Die Wiederholung der alten Politik wir keine neuen Ergebnisse bringen."

Präsident Hassan Rohani bekräftigte Teherans Haltung: "Der Iran werde seine Verpflichtungen aus dem Abkommen wieder vollständig erfüllen, wenn die USA ihre Sanktionen gegen den Iran aufheben."
Laut Beobachtern läge dies wohl daran, daß die USA erst irgendetwas entwickeln müssten, vermutlich können sie sich nicht einfach wieder an den Tisch setzen. Und müssten eine Wegbeschreibung anfertigen oder ähnliches. Oder die Hose ist zu eng und könnte platzen beim Hinsetzen. Die anderen sitzen da immer (noch) und warten.
"Die neue US-Regierung entwickelt noch ihre Strategie im Umgang mit Iran," erklärt der Politikwissenschaftler Cornelius Adebahr gegenüber der der DW. "Präsident Biden hat zwar frühzeitig angedeutet, dass er eine andere, diplomatischere Politik als sein Vorgänger verfolgen wolle. Bislang ist hiervon – auch zum Leidwesen der Europäer – jedoch nicht viel zu sehen."
Bremswirkung durch US-Innenpolitik

"Die Biden-Administration verliert wertvolle Zeit, indem sie diplomatische Initiativen hinauszögert", teilt die aus dem Iran stammende amerikanische Journalistin Negar Mortazavi auf der DW aus Washington mit. Mortazavi, die diesen Monat auf der Liste der "30 inspirierenden Frauen" des US-Wirtschaftsmagazins "Forbes" steht, nennt als einen Grund den Einfluss von Hardlinern gegenüber dem Iran innerhalb der US-Demokraten. "Eine kleine aber mächtige Minderheit in der Demokratischen Partei, hauptsächlich Senator Bob Menendez, versucht die diplomatische Annäherung an den Iran zu sabotieren und will eine schnelle Rückkehr ins Atomabkommen verhindern", sagt Mortazavi.
Biden habe außerdem die Kongresswahlen in zwei Jahren im Blick, sagt die Washingtoner Journalistin: Das Thema Aufhebung von Sanktionen gegen den Iran bringe keine Stimmen.

https://www.dw.com/de/usa-ringen-um-ira ... a-56846656
Um es noch einmal klar zu benennen. Es muß nicht diskutiert werden. Das Abkommen ist ausverhandelt. Die USA müssen sich nur wieder zu den anderen setzen und das Abkommen weiter umsetzen. Das machen die USA nicht. Der Iran muß da kein Smalltalk im Vorfeld machen (erneute Verhandlungen). Der Iran sitzt da (noch) mit den anderen. Ein kurzes Hallo reicht. Biden hat zahlreiche Kündigungen Trumps schnell rückgängig gemacht.

Hier zeigt sich wieder, daß es ziemlich egal ist, was der Iran macht. Die Atomgeschichte ist im Grunde genommen ein Feigenblatt. Es ist die Kündigung Irans aus der Gang der USA in der Region. Das ist das Problem. Die Atomkrise wird lediglich dafür instrumentalisiert, Sanktionen irgendwie begründen zu können als eine Waffe gegen einen abtrünnig gewordenen Verbündeten der USA. Ob der Iran keine Atomwaffen hat. Heimlich schon ein Arsenal besitzt spielt praktisch keine Rolle. Es spielt eine Rolle, ob der Iran ein Verbündeter der USA in der von diesen als vital bezeichneten Region ist. Dann würde wie durch ein Wunder alles gut werden. Iranische Atomwaffen hin oder her.

Aber es gibt Smalltalk, nur nicht offiziell. Die USA versuchen den Iran offenbar zu beruhigen und irgendwie zu erklären, warum es so schwerfällt sich einfach wieder dazuzusetzen.
U.S. engaged in indirect diplomacy with Iran, says White House adviser

“There are communications through the Europeans and through others that enable us to explain to the Iranians what our position is with respect to the compliance for compliance approach and to hear what their position is,” Sullivan added.

https://www.reuters.com/article/us-iran ... SKBN2B42MO
Für den Iran ist die Sache klar. Die USA treten wieder bei oder nicht. Wenn ja. Dann haben sie die Verpflichtungen zu erfüllen, sprich Sanktionen aufzuheben. Sie nicht stehen zu lassen oder gar, wie geschehen zu verstärken. Die Pflicht Irans ist dann die Auflagen die zusätzlich aus dem Vertrag Seitens Irans zu erfüllen sind umzusetzen. Dies tat der Iran bereits. Wollen die USA nicht wiederkommen gelten diese Auflagen für den Iran auch nicht mehr.

Dieses Zeitgewinnen und erstmal dies und das und wartet doch mal und findet ihr nicht auch und mal langsam und übrigens... findet im Iran keinerlei Interesse mehr. Auch nicht beim kleinen Mann.

Die Erkenntnis (die allerdings bereits Jahre alt im Iran ist), daß man machen kann was man will, kooperieren, weniger kooperieren, ändert gar nichts, lässt einige im Iran dann tatsächlich nachdenken. Denn der dauernde massive Druck der USA und den militärischen Aktionen und nachrichtendienstlichen fordert Gegendruck. Und ein anderes Sicherheitsdenken.
Iran Is Starting to Want the Bomb

The U.S. maximum pressure campaign accidentally spurred a strategic shift in Tehran.

https://foreignpolicy.com/2021/03/10/ir ... -the-bomb/
Wer meint, daß dann die Sache einfach wird, us-amerikanische Bomber und aus Israel die Sache regeln... Nein, wird nicht laufen, kann technisch auch nicht funktionieren, neben den politischen Auswirkungen. Wie in den letzten Jahrzehnten. Dazu haben sich US-Militärs und Diplomaten klar geäußert.
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Platon
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von Platon »

Nach meinem Dafürhalten ist die Forderung des Iran, dass die USA unilateral die Sanktionen aufheben völlig unrealistisch und der Iran weiß das auch. Allerdings will Khamenei derzeit keine Einigung, weil das die Chancen eines Kandidaten der Revolutionsgarden bei den Wahlen im Juni verringern würde, sich gegen einen Vertreter der Reformer/Moderaten durchzusetzen. Khamenei möchte einen Kandidaten, der seine Vision der Islamischen Republik unterstützt, wenn es darum geht seine eigene Nachfolge zu managen, von der es ziemlich wahrscheinlich ist, dass sie irgendwann in den nächsten 8 Jahren ansteht. Und das heißt einer von den Revolutionsgarden oder zumindest jemand wie Raisi. Von daher mag die US-Innenpolitik für Biden eine Rolle spielen, allzu weitreichende Zugeständnisse zu machen ohne dafür eine echte Gegenleistung zu bekommen. Aber am Ende ist es der Iran, dessen Wirtschaft unter den Sanktionen leidet und die USA haben kein Problem damit sie noch Jahrzehnte bestehen zu lassen. Es ist keineswegs so, dass USA und Iran sich auf Augenhöhe befinden würden. Die USA haben einen realistischen Vorschlag gemacht, wie man diplomatisch zu einer Lösung kommen kann und dem Iran fällt im Moment nichts anderes ein als Forderungen zu stellen, von denen sie wissen, dass die Gegenseite sie nicht sonderlich ernst nimmt und die völlig unrealistisch sind. Daher ist für mich derzeit klar bzw. es ist die naheliegendste Erklärung der derzeitigen Situation, dass Khamenei im Moment keine diplomatische Einigung will, sondern eine nach der Wahl im Juni bevorzugt.
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von Orbiter1 »

Ich bleibe weiter bei meiner Position dass die Revolutionsgarden längst das Sagen im Iran haben. Die USA können zum Atomabkommen zurückkehren und die Sanktionen aufheben oder nicht zum Atomabkommen zurückkehren und die Sanktionen beibehalten. Die Mullahs und ultraradikalen Revolutionsgarden kommen mit beidem zurecht. Die Bevölkerung wird man weiter unter Kontrolle halten können und jeden Aufstand gnadenlos niederwerfen, falls erforderlich. Ich erwarte daher auch keinen Plan von Sarif, wie man Schritt für Schritt die Sanktionen aufheben könnte, auch wenn er diesen Plan öffentlich angekündigt hat.
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von Platon »

Orbiter1 hat geschrieben:(13 Mar 2021, 14:05)Ich erwarte daher auch keinen Plan von Sarif, wie man Schritt für Schritt die Sanktionen aufheben könnte, auch wenn er diesen Plan öffentlich angekündigt hat.
Das scheint tatsächlich der Fall zu sein. Zarif hat einen Brief an den zuständigen Repräsentanten der EU geschickt, welcher aber nach iranischer Aussage keinen Plan enthalten soll. Das ist die lang angekündigte diplomatische Antwort auf die diplomatischen Offerten von USA und EU.
TEHRAN (Tasnim) – Iran’s Foreign Minister Mohammad Javad Zarif has sent a letter to EU foreign policy chief Josep Borrell about the latest developments surrounding the 2015 nuclear deal, reiterating that the US ought to honor the accord in full, the Foreign Ministry spokesperson said.

The top Iranian diplomat sent the letter to Borrell on March 12 to explicate Tehran’s stances on the developments pertaining to the Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA), Saeed Khatibzadeh said on Saturday.

“The letter expounds on the Islamic Republic of Iran’s outlook and does not include any plan,” the spokesperson added.

In the letter to the coordinator of the JCPOA Joint Commission, Zarif has emphasized that if the United States intends to make up for the violation of the nuclear deal and imposition of cruel sanctions on Iran, it will have to resume honoring the JCPOA in full as a breacher in the first step, he added.[...]
https://www.tasnimnews.com/en/news/2021 ... l-on-jcpoa

Das war es dann erstmal mit einer schnellen diplomatischen Lösung.
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von King Kong 2006 »

Ich vermute, daß die USA nicht wieder an den Tisch zu den Anderen zurückkommen werden.

Verhandelt wurde genau deswegen jahrelang zwischen den Beteiligten intensiv genug. Das Atomabkommen ist ausverhandelt und unterschrieben. Wenn die USA nicht mehr dazu stehen sollte man das aber auch mutig und vor allen Dingen klar äußern und nicht herumdrucksen. Biden wird schneller entzaubert als angenommen. ;)

Dann wars das. Das war immerhin eine Leistung von Trump. Und Netanjahu. Die Ansage ist klar.
Israel issues warning against US push to rejoin nuclear deal with Iran

https://nypost.com/2021/02/19/israel-wa ... with-iran/
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von King Kong 2006 »

Erratische Aussagen aus Washington?

Die USA zeigen sich flexibler? Plötzlich müsse der Iran erstmal gar nichts.
Reviving Iran nuclear deal not a question of who goes first, U.S. official says

(Reuters) - Who might take the first step to resume compliance with the 2015 Iran nuclear deal is not an issue for the United States, a U.S. official said on Friday, suggesting greater flexibility on the part of Washington.
Ein Mißverständnis?
“It is absolutely not our position that Iran has to come into full compliance before we do anything,” the official said.
He added: “We will be pragmatic about that.”

https://www.reuters.com/article/us-iran ... SKBN2BI36U
Das wirkt ja sehr nett. Aber wie gesagt, talking is cheap. Die USA müssen jetzt zeigen, daß sie Verträge auch einhalten. Sollten sie zum Atomabkommen zurückkehren. Sollten die Sanktionen sofort fallen. Wie der Iran alle Punkte sofort und noch ein Jahr nach dem Ausstieg der USA strikt sofort umgesetzt hat. Der Iran muß das nicht mehr beweisen. Die USA sind dran. Die Frage lautet mittlerweile aber nun, ob sich die Hardliner im Iran, die den USA schon immer sinistre Machenschaften unterstellt haben sich durchgesetzt haben und gar kein Interesse mehr haben so eine Neverending Story mitzumachen. Das ist ja in der Sache seit 20 Jahren unerquicklich.

Eine Interessante Sichtweise, gerade die republikanisch beherrschten Staaten in den USA könnten von einem Atomabkommen am meisten profitieren?
How a U.S.-Iran Deal Helps Red States

Few in Washington appreciate how costly sanctions on Iran have been for U.S. firms. A study my colleagues and I conducted in 2016 revealed that between 1995 and 2014, the United States sacrificed at least $203 billion and as much as $272 billion in potential export revenue to Iran. Much of that trade would have benefitted red states.

Consider, for instance, some of Iran’s imports. Corn is Iran’s main agricultural import, and it imported $2.11 billion-worth of corn in 2018. Although the United States is the largest producer of corn in the world, it doesn’t sell a single bushel of corn to Iran. The country’s corn is primarily produced in Republican-controlled states—Nebraska, Indiana, Kansas, and South Dakota. And though the United States’ top producer of corn, Illinois, is majority Democrat, its corn production takes place in its Republican districts. The corn industry accounts for 54 percent of Illinois’ total agricultural production and employs nearly 1 million people in the state.

Iran’s second largest agricultural import is rice, another one of the United States’ leading agricultural exports. Again, the primary producers of rice in the country are, with the exception of California, the Republican states of Arkansas, Louisiana, Mississippi, Missouri, and Texas.

Furthermore, if Trump hadn’t abandoned the JCPOA, Boeing would have sold 80 civilian aircraft to Iran in a deal worth more than $20 billion that would have supported nearly 100,000 jobs in the U.S. manufacturing sector. One of Boeing’s main commercial aircraft manufacturing plants is located in North Charleston, South Carolina—a district represented by a Republican congresswoman.

The list goes on. According to Iranian economist Bijan Khajehpour, the potential of the Iranian market for U.S. businesses is greater than that of Turkey. “U.S. exports to Turkey were $14.2 billion in 2019, so if one adds the potential of the petroleum sector, without sanctions, the U.S. could export more than $15 billion of goods and services to Iran,” he said. This would make Iran a top 20 export market for the United States—a bigger consumer of U.S. exports than, for instance, Israel, Spain, and Ireland.

https://foreignpolicy.com/2021/03/26/us ... s-economy/
Natürlich sind Dollars und die Wirtschaft wichtig. Wie auch mächtige Lobbygruppen in den USA. Aber neben dem profanen Mamon und dem Motto "Geld regiert die Welt" ist es geopolitsch wichtig (gewesen?) den Iran aus dem gegnerischen Lager herauszubrechen. Dafür gibt es zumindest in der iranischen Bevölkerung einen starken Rückhalt. Das ist gründlich gescheitert. Denn wenn man meint, den Iran, inklusiven den Bürgern mit Sanktionen und Mühsal begeistern zu können, kann man sich fragen, wer sich so etwas als sympathische Einladung ausgedacht hat. Das ist so bizarr, daß man schon eher versucht ist zu untersuchen warum man ständig Situationen konstruiert, bei denen die Krise am Kochen gehalten wird?
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Vongole
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von Vongole »

Die Ansichten von Arshad Mohammed und vor allem von Trita Parsi subsumiere ich mal unter einer Mischung aus iranischer Propaganda und wishful thinking.
Am Yisrael Chai

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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von Cobra9 »

Vongole hat geschrieben:(28 Mar 2021, 00:14)

Die Ansichten von Arshad Mohammed und vor allem von Trita Parsi subsumiere ich mal unter einer Mischung aus iranischer Propaganda und wishful thinking.

Nicht nur Du.
Andrij Melnyk nennt Rolf Mützenich den „widerlichsten deutschen Politiker“..wo Er Recht hat...

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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von Kohlhaas »

King Kong 2006 hat geschrieben:(27 Mar 2021, 22:50)
Das wirkt ja sehr nett. Aber wie gesagt, talking is cheap. Die USA müssen jetzt zeigen, daß sie Verträge auch einhalten. Sollten sie zum Atomabkommen zurückkehren. Sollten die Sanktionen sofort fallen. Wie der Iran alle Punkte sofort und noch ein Jahr nach dem Ausstieg der USA strikt sofort umgesetzt hat. Der Iran muß das nicht mehr beweisen. Die USA sind dran.

Na, wenn Du das meinst, dann ist es bestimmt so. Dass es im Iran immer noch Staatziel ist, Israel zu "vernichten", spielt ja überhaupt keine Rolle. Dass die USA der Vernichtung Israels niemals aktiv oder passiv zustimmen werden, ist Deiner Auslegung nach ein politischer Fehler. Ich nehme das so zur Kenntnis. Ich meinerseits bleibe trotzdem dabei: Bevor es irgendwelche "Erleichterungen" bezüglich der Sanktionen gegen Iran gibt, muss Iran erstmal gewisse Zusagen machen. Wenn solche Zusagen nicht kommen, dann müssen die Iraner halt weiter hungern. Die Schuld dafür tragen dann allerdings nicht die USA, sondern die religiösen Fanatiker in Teheran.

Ich bin ernsthaft irritiert über den Umstand, dass die Verteidiger des Iran in diesem Diskussionsstrang nicht gewillt sind, zur Kenntnis zu nehmen, dass es im Iran STAATSZIEL ist, Israel zu VERNICHTEN. Leute, meint Ihr nicht, dass diesbezüglich erstmal ein Umdenken in Iran stattfinden sollte, ehe die USA (oder Israel) ihre Beziehung zu dem Staat der irren Mullahs überdenken müssen?
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von Platon »

Kohlhaas hat geschrieben:(28 Mar 2021, 14:02)Na, wenn Du das meinst, dann ist es bestimmt so. Dass es im Iran immer noch Staatziel ist, Israel zu "vernichten", spielt ja überhaupt keine Rolle. Dass die USA der Vernichtung Israels niemals aktiv oder passiv zustimmen werden, ist Deiner Auslegung nach ein politischer Fehler. Ich nehme das so zur Kenntnis.
Die Taktik des Iran hierzu ist allerdings letztlich zum Scheitern verurteilt. Es geht der Islamischen Republik darum die USA als der momentan wichtigsten Imperialistischen Macht aus der Region zu verdrängen, was dann auch zur Auflösung von Israel und zur Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge führen würde. Der Kampf gegen Israel und dessen Vernichtung ist erklärtes Ziel der Islamischen Republik, allerdings hat Iran - gleichgültig andersartiger Aussagen - keine Möglichkeit das wirklich umzusetzen. Jeder ernsthafte Versuch würde mit der eigenen Vernichtung enden und das will die Islamische Republik vermeiden. Daher also eine langfristige Strategie, welche nicht zufällig auf das Erreichen einer dominanten geopolitischen Position des Iran und ein Ende der US-Präsenz in der Region hinausläuft. Beides wird aber nicht realisiert werden.
Ich meinerseits bleibe trotzdem dabei: Bevor es irgendwelche "Erleichterungen" bezüglich der Sanktionen gegen Iran gibt, muss Iran erstmal gewisse Zusagen machen.
Ich vermute mit Zusagen meinst du Anerkennung von Israel? Das wird selbstverständlich nicht passieren. Selbst wenn die Top 10 des Regimes das wollten, würden die eigenen Anhänger dann eine interne Revolution starten und das Regime wäre am Ende. Der Punkt ist aber auch, dass die Sanktionen um die es geht nicht wegen Israel verhängt wurden, sondern wegen dem Atomprogramm. Es gab eine Einigung, welche dem Iran überprüfbar den Weg zu einer Atombombe versperrt, welche von den USA durch Sanktionen erzwungen wurde. Damit haben die USA das Ziel erreicht, welches sie mit diesen Sanktionen verfolgt haben.
Wenn solche Zusagen nicht kommen, dann müssen die Iraner halt weiter hungern.
Das ist eine recht makabre Einstellung. Es zeigt aber auch, dass für dich das Leiden der Zivilbevölkerung unter den Sanktionen eine recht abstrakte Sache ist. Ich bin der Ansicht, dass Regime Change im Iran zwar wünschenswert, aber im Moment nicht absehbar ist und es daher eine positive Sache wäre, wenn sich das Leben der Menschen im Iran durch Aufheben der Sanktionen verbessert.
Die Schuld dafür tragen dann allerdings nicht die USA, sondern die religiösen Fanatiker in Teheran.
Ich würde von 20% USA, weil sie einseitig aus dem Abkommen ausgetreten sind und 80% Iran, weil man in übertriebener Weise eine konfrontative Außenpolitik verfolgt und dabei unnötige Behinderungen in der ökonomischen Entwicklung des Landes in Kauf nimmt und für ideologischen Purismus den Wohlstand der Bevölkerung opfert, sprechen.
Ich bin ernsthaft irritiert über den Umstand, dass die Verteidiger des Iran in diesem Diskussionsstrang nicht gewillt sind, zur Kenntnis zu nehmen, dass es im Iran STAATSZIEL ist, Israel zu VERNICHTEN. Leute, meint Ihr nicht, dass diesbezüglich erstmal ein Umdenken in Iran stattfinden sollte, ehe die USA (oder Israel) ihre Beziehung zu dem Staat der irren Mullahs überdenken müssen?
Es ist wohl eher eine Frage der Prioritätensetzung. Es gibt was den Iran angeht eben nicht nur dessen Einstellung zu Israel, sondern noch andere Dinge, welche eine Rolle spielen, wie das Wohlergehen der iranischen Zivilbevölkerung. Ausgehend von der Einschätzung, dass ein Regime Change derzeit nicht absehbar ist, ist ein Ende der Sanktionen positiv. Oder das Nichtverbreiten von Atomwaffen, hier wäre es hilfreich wenn erneut die Einschränkungen und Kontrollen für das iranische Atomprogramms im JCPOA eingehalten werden würden. Das würde auch die Gefahr eines Krieges mit Israel und den USA wieder geringer werden lassen. Insbesondere wenn es dann noch Gespräche gibt über die Rolle des Iran in der Region wird das die Situation erstmal deeskalieren.
Zuletzt geändert von Platon am So 28. Mär 2021, 15:50, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von Astrocreep2000 »

Kohlhaas hat geschrieben:(28 Mar 2021, 14:02)Ich bin ernsthaft irritiert über den Umstand, dass die Verteidiger des Iran in diesem Diskussionsstrang nicht gewillt sind, zur Kenntnis zu nehmen, dass es im Iran STAATSZIEL ist, Israel zu VERNICHTEN. Leute, meint Ihr nicht, dass diesbezüglich erstmal ein Umdenken in Iran stattfinden sollte, ehe die USA (oder Israel) ihre Beziehung zu dem Staat der irren Mullahs überdenken müssen?
Es gibt keine historische "Erbfeindschaft" zwischen Israel und Iran, das ganze Thema kam ja erst nach der "Islamischen Revolution" 1979 auf - an deren Entstehung der Einfluss der Amerikaner durch jahrzehntelange Unterstützung des Schah-Regimes nicht ganz unbeteiligt waren. Wie dem auch sei, der "Todfeind Israel" ist ein noch recht junger Narrativ, den der Mullah-Staat nach 1979 etabliert hat - wie die Errichtung eines das eigene Land bedrohenden Feindbildes nun einmal für jeden totalitären Staat ein bewährtes Mittel ist, um die Bevölkerung hinter der Führung zu versammeln. Das halte ich auch für unnötig bis absurd, weil die schiitischen Mullahs eigentlich schon genug "Todfeinde" im eigene Lager haben, nämlich die sunnitisch-wahabitischen Saudis.

Ich bin aber in der Tat (vielleicht) so naiv, zu glauben, dass da nicht mehr dahinter steckt als Maulheldentum. Meine Sichtweise wird dabei vor allem von dem genährt, was mir etliche Menschen, die aus dem Iran stammen oder auch Bekannte, die das Land bereits haben, erzählen.

Die persische Kultur ist eine sehr alte, sie wird natürlich seit Jahrhunderten von der Islamisierung überlagert, aber die absolut überwältigende Mehrheit der Iraner ist nicht so religiös-fundamentalistisch unterwegs, wie die Mullahs und die "Revolutionsgarden" das nach außen vermitteln.

Das tragische ist, dass es bereits vor 10 Jahren gewaltige Demonstrationen gegen Regime gab, unter massiver Beteiligung von Frauen. Da war richtig viel in Bewegung und ich bin überzeugt, dass ein so gebildetes, kulturreiches Volk wie die Iraner eigentlich nicht dabei aufzuhalten wäre, sich mehr Freiheiten zu erkämpfen ...

... aber die Sanktionen der letzten Jahre haben das Regime eben nicht geschwächt, sondern eher stabilisiert: Die meisten Iraner mögen das Regime nicht, aber noch weniger mag man den Feind von außen, der das Land drangsaliert. Und so werden die Sanktionen empfunden.

Man erreicht damit das Gegenteil von dem, was man vorgibt, erreichen zu wollen. Und das ist auch bekannt. Insofern bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es weniger darum geht, den Menschen im Iran zu mehr Freiheit und Wohlstand zu verhelfen, als vielmehr das Land schwach zu halten. Man will gar nicht, dass die Iraner sich dahin entwickeln können, das Joch der Mullahs selbst abzustreifen.

Ich vermute, in die US-Politik spielen da einfach auch viele Interessen des eigentlich Erzfeindes des Irans hinein, Saudi-Arabien, mit denen die Amerikaner ja beste, auf gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen basierende Beziehungen pflegen und die sich als natürliche Hegemonialmacht der Region begreifen.

Immer wieder den Iran zu verteufeln, empfinde ich jedenfalls als wenig originell. Es lohnt schon, da mal ein wenig genauer hinzuschauen.
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King Kong 2006
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von King Kong 2006 »

Eine Meinung von

Heinz Gärtner ist Lehrbeauftragter für Politikwissenschaft an den Universitäten Wien und Krems, Vorsitzender des Beirats des International Institute for Peace (IIP) und Vorsitzender des Beratenden Ausschusses für Strategie und Sicherheitspolitik der Wissenschaftlichen Kommission beim Österreichischen Bundesheer (BMLV).

Vormals hatte Pompeo unter Trump dem Iran Bedingungen genannt, die nicht annehmbar waren.

USA: Rückkehr zum Nuklearabkommen mit dem Iran
Es gibt kein Rüstungskontrollabkommen in der Geschichte, welches "Verhalten" beinhaltet. Es hätte während des Kalten Krieges kein derartiges Abkommen zwischen der Sowjetunion und den USA gegeben. Ganz im Gegenteil, Rüstungskontrolle wurde als Spannungsreduktion im Ost-West-Konflikt gesehen. Destabilisierendes Verhalten gibt es außerdem auch von den meisten anderen Akteuren im Persischen Golf.

Raketen und Trägersysteme sind natürlich in Rüstungskontrollabkommen berücksichtigt, wie im neuen Start-Vertrag. Es gibt aber keinen Vertrag, der nur die Systeme eines Landes begrenzt. Derartige Rüstungskontrollgespräche müssten die Raketen aller Staaten der Region einbeziehen, die meistens moderner sind und größere Reichweite haben als die des Iran.
Da wünsche ich viel Spaß mit den "aller Staaten der Region"...

Warum schafft es Biden nicht zum Atomabkommen zurückzukommen?
Dennoch werden diese Argumente von allen Republikanern im US-Kongress und einer Gruppe von Senatoren der Demokraten wie Bob Menendez, aber auch von einigen europäischen Regierungen verwendet. Sie werden von Lobbygruppen wie AIPAC, die die Argumente des israelischen Premierministers Netanjahu übernahm, und rechtsgerichteten Thinktanks in den USA verbreitet. Andere proisraelische Gruppen wie J-Street unterstützen hingegen das Abkommen.
Nun haben Präsident Biden und sein Außenminister Blinken Angst vor dieser Gegnerschaft bekommen. Er zögert und fordert den Iran auf, zuerst seine Verpflichtungen wahrzunehmen, bevor die USA Sanktionen aufheben würden.

https://www.derstandard.de/story/200012 ... t-dem-iran
Joe Biden Is Killing the Iran Nuclear Deal

Joe Biden harshly criticized Donald Trump for pulling out of the Iran nuclear deal during the presidential campaign. But two months into his administration, Biden has done absolutely nothing to revive the landmark deal — and his inaction might have already killed it.
Dabei gibt es einen weiteren Pferdefuß, selbst wenn die USA zurückehren, ist es für viele Beteiligte immer noch ein Risiko langfristige Investitionen mit dem Iran zu tätigen. Zum einen bedarf es nur eines anderen Präsidente, siehe Trump und dann ist alles wieder für die Katz, zum anderen wäre es trotz Abkommen und Einhaltung durch die USA immer möglich, daß man zwischen den Zeilen Handelspartner Irans drohen kann. Man kann sich schon aus US-Sicht aussuchen, ob man Firmen eher behindert, die mit dem Iran Business treiben, oder Firmen bevorzugt, die es nicht tun. Das muß man nicht aussprechen, aber man kann so handeln.
The JCPOA worked — or, at least, from the Obama administration’s perspective. A succession of IAEA reports certified into late 2018 that Iran was complying with its obligations under the pact. At the same time, though, criticism grew that the Obama administration was not fulfilling its obligation to ensure that Iran enjoyed the full economic benefits the agreement had promised. It was not enough to simply lift sanctions — Washington had to convince nervous companies and banks that they could do business with and in Iran without fear that sanctions would suddenly be restored.

As it turned out, those businesses and banks were right to be nervous. The election of Donald Trump, who declared on the campaign trail that the JCPOA was “the worst deal ever negotiated,” sounded the agreement’s death knell.
Falls im Iran wegen dem Zusammenbruch des Abkommens nun Hardliner den Ton im Iran angeben, weil die Progressiven wieder mal vergeigt haben, die es mit Diplomatie versucht haben, könnten diese zu Recht darauf verweisen, daß das Abkommen eine Mogelpackung ist. Natürlich wäre es einfacher wenn die Sanktionen nicht da wären, aber das Rad dreht sich weiter und selbst eine USA können das Rad der Zeit nicht aufhalten. Indien z.B. interessiert es nicht im geringsten was da für ein Beef zwischen den USA mit oder ohne Netanjahu ist. Die wollen, die brauchen den Iran in vielerlei Hinsicht. Was man jetzt z.B. an den verstärkten Erdöllieferungen sieht und an dem Tiefseehafen Chahbahar. China zieht auch sein Ding durch. Mit Russland wird am zweiten AKW Bushehr II gearbeitet, der in absehbarer Zeit ans Netz geht. Handel wird auch getrieben. Wie lange man Staaten daran hindern kann ihren Interessen nachzugehen wird man sehen, damit meine ich nicht den Iran, sondern die Anderen. Sicherheitskooperationen, Investionen, Handel insgesamt.
The problem with Biden’s position — as laid out in the CNN piece and as pursued by his administration thus far — is that it fails completely to understand Iran’s position. It was the United States that unilaterally violated the JCPOA in 2018. Every subsequent breach by Iran has been a response to the United States’ decision — and has even arguably been permitted under the JCPOA’s terms.

https://www.jacobinmag.com/2021/03/iran ... tion-jcpoa
Vielleicht gibt es nach den Wahlen im Iran etwas neues, vielleicht auch nicht. Das Abkommen war zumindest eine Chance. Jenseits der Kündigung durch die USA und dem bisherigen Unwillen dorthin zurückzukehren, kann es tatsächlich sein, das man im Iran das mittlerweile auch gar nicht mehr will. Dann würde man wieder nur ordentliches Mitglied im NPT sein. Alles andere an Zusatz Knebelungen fällt komplett weg. Mit Sanktionen antworten? Nun ja, nicht das da nicht schon "maximum pressure" wäre... Und es nervt zusehends auch große Akteure, siehe Indien, China, die EU usw. Man wird sehen, wie lange der Knüppel hält, den Trump da ins globale Rad gesteckt hat. Wie einst eine österreichische Politikwissenschaftlerin sagte, die USA haben zwar ein strategischen Denke, handeln aber quasi in Halbjahresplänen, schon wegen der politischen Struktur und den wirtschaftlichen Umständen. Im Iran ticken die Uhren anders und der Erwartungs- und Reaktionshorizont ist da etwas weiter gesteckt.
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von Astrocreep2000 »

King Kong 2006 hat geschrieben:(31 Mar 2021, 20:19)
Falls im Iran wegen dem Zusammenbruch des Abkommens nun Hardliner den Ton im Iran angeben, weil die Progressiven wieder mal vergeigt haben, die es mit Diplomatie versucht haben, könnten diese zu Recht darauf verweisen, daß das Abkommen eine Mogelpackung ist. Natürlich wäre es einfacher wenn die Sanktionen nicht da wären, aber das Rad dreht sich weiter und selbst eine USA können das Rad der Zeit nicht aufhalten.
Ich bin kein weiß Gott kein Iran- oder gar Mittlerer-Osten-Experte, aber für mich klingen halt die Stimmen schlüssig, dass die Sanktionen in dem Fall nichts bringen, weil das Mullah-Regime sie zu instrumentalisieren weiß. Der gebildetere Teil der iranischen Bevölkerung wird da sicher eine differenzierte Wahrnehmung haben, aber bei vielen "einfachen" verfängt halt sehr gut das Bild vom "Teufel USA" - das ja auch durchaus durch das militärische Engagement der USA in der Region genährt wurde.

Vor dem Hintergrund frage mich, ob mit den Sanktionen tatsächlich die Hoffnung verknüpft sind, das Regime zu schwächen und die Modernisierer zu stärken - oder ob es nicht vielmehr darum geht, den Iran schwach zu halten und sich nicht entwickeln zu lassen, egal in welche Richtung das ginge. Das Land hat Öl, es hat die wichtigsten Rohstoffe, es hat eine lange Kulturgeschichte, es hat Menschne mit einem ungeheuren Potential - die würden schon ihren Weg gehen, wenn man sie ließe. Das Dilemma: Die Mullahs wollen das nicht und die USA wollen es - offensichtlich (?) - auch nicht.
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von King Kong 2006 »

Astrocreep2000 hat geschrieben:(01 Apr 2021, 12:21)

Vor dem Hintergrund frage mich, ob mit den Sanktionen tatsächlich die Hoffnung verknüpft sind, das Regime zu schwächen und die Modernisierer zu stärken - oder ob es nicht vielmehr darum geht, den Iran schwach zu halten und sich nicht entwickeln zu lassen, egal in welche Richtung das ginge. Das Land hat Öl, es hat die wichtigsten Rohstoffe, es hat eine lange Kulturgeschichte, es hat Menschne mit einem ungeheuren Potential - die würden schon ihren Weg gehen, wenn man sie ließe. Das Dilemma: Die Mullahs wollen das nicht und die USA wollen es - offensichtlich (?) - auch nicht.
Man kann davon ausgehen, wenn man nicht einen neokonservativen Think Tank hinzuzieht ;) , daß es auch in akademischen Kreisen durchaus eine breite Meinung gibt, daß es die Gegnerschaft Iran - USA ist. In der von den USA selbst als vital definieren Region. Dazugekommen neue geopolitische Möglichkeiten.

Die Atomgeschichte dient primär zur Begründung von Sanktionen in dieser Auseinandersetzung. Es ist egal, was der Iran macht. Abkommen schließen. Abkommen nicht schliessen, sich daran halten, gar nicht daran halten. Egal. Schon vor 20 Jahren war in den Diskussionen zu hören und zu lesen, daß selbst wenn der Iran sich der Knute der USA in der Atomfrage unterwerfen würde (um die es ja somit gar nicht ginge), dann was anderes auftauchen wird. Z.B. die Luft- und Raumfahrt, sprich "Atomraketen". Dann kommt das und wenn der Iran sich dann da auch als einziger nackig gemacht hat (gilt natürlich nicht für anderen Staaten der Region), dann wird das auch nicht reichen. Dann fällt einem auf, daß mit der chemischen und pharmazeutischen Industrie man ja Bio- oder Chemiewaffen herstellen könnte. Also, sorry Sanktionen müssen bleiben. Notfalls mißfällt Washington irgendein Verhalten Irans und und und...

Die USA geben erst Ruhe, wenn der Iran wieder in derselben Gang ist. Aber wie gesagt, ich würde da nicht auf die USA setzen. Die müssen viel mehr Kraft aufwenden. Der Iran sitzt da verwurzelt.

Und was die Iraner betrifft, ja, man muß kein Freund des heutigen Irans sein, aber wehe man unterschätzt deshalb die Identität und Stolz des Landes. Wenn man meint, man könne als Alleinstellungsmerkmal Iranern Technologie abschwatzen und das Land klein halten, während man von lauter "Sympathen" der Freundlichkeit umgeben ist, dann wird man sich täuschen. Es ist zudem wie du schriebst der Reichtum des Landes und die Menschen selbst. Da gibts ja nicht nur Öl und Gas in Massen. Von den Mineralien und Rohstoffen ist das Land unter den Top 15. Vieles unerschlossen. Kupfer, Zink, Uran, Gold usw. Dazu die Transportwege, siehe Seidenstraße und Nord-Süd-Korridor.

Das macht den Iran, wenn man kein Verbündeter ist, sogar Gegner, zum high-value target. Man kann natürlich sagen, daß wenn der Iran klein beigibt dann das große business kommt. Mag sein, aber unter dem Schah hat der Iran big business gemacht, das kam aber nicht überall an. Auch einer der Gründe, daß man revoltierte und die USA hinauswarf. Wer dann big business macht ist nämlich nicht immer der kleine Mann.

Als "wertvolles Land" wäre es natürlich von Vorteil wenn der Zugriff in zukünftigen Gerangel um Ressourcen und Transportwegen im Falle Irans leicht wäre. Z.B. wäre es gut, wenn der Iran kein Abschreckungspotential hätte. Es wäre clever zu fordern, der Iran dürfe nur Knallerraketen haben. Als ein Beispiel. Damit schreckt man Angreifer kaum ab. Es wäre auch immens schwer ein Land in einem heißen Konflikt instabil zu machen, wenn er eine nukleare Infrastruktur hätte. Pakistan rettet das sozusagen das Leben. Nicht, die Atombombe, aber man wird sich schwer hüten die hart anzufassen, man möge sich vorstellen, das gerät dort alles durcheinander. Humankapital, Material usw. Viel zu gefährlich. Das ist auch im Iran der Fall. So ein Land fasst man nicht zu hart an. Viel zu gefährlich. Man könnte natürlich fordern, daß der Iran das alles nicht haben dürfe... Natürlich, weil der Iran nichts besseres zu tun hat, als einen Atomkrieg zu führen. Wie in den letzten 40 Jahren. Wenn das nicht da wäre, könnte man den Iran so richtig durchschütteln, mach das mal mit einem Land, das so eine sensitive Infrastruktur hat...

Die Menschen im Iran lieben nicht alle die Mullahs, aber sie sind nicht doof. Sie wissen wozu Beschränkungen in der Luft- und Raumfahrt und Atomtechnologie auch dienen. Und worauf die USA (auch Chinesen) scharf sind. Und man braucht einem Land wie Iran, das als einziges Land in der Region mit Massenvernichtungswaffen malträtiert wurde, weil man militärisch hilflos war und keine Hilfe bekam, Saddam schon, nichts von "wird schon nicht mehr passieren, macht euch ruhig nackig". Das läuft nicht mehr.

Den Iranern ist schon bewusst, das alle nur das Beste dort wollen. ;)
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King Kong 2006
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von King Kong 2006 »

Kommen die USA wieder zurück?
Nach Washingtons Ausstieg

Gespräche mit Iran über US-Rückkehr zum Atomabkommen

Der Iran, Deutschland und mehrere andere Staaten wollen der Europäische Union zufolge am Freitag über eine Rückkehr der USA ins internationalen Atomabkommen diskutieren. An dem virtuellen Treffen würden auch Vertreter von China, Russland, Frankreich und Großbritannien teilnehmen, hieß es in einer am Donnerstag veröffentlichten Erklärung.

https://www.tagesspiegel.de/politik/nac ... 63836.html
Angeblich sollen immerhin noch nach einer Umfrage die Hälfte der Befragten im Iran dem Abkommen noch eine Chance geben. Aber die andere Hälfte will davon wohl nicht mehr viel halten. Oder hat nie etwas davon gehalten. Worin eine Mehrheit offenbar besteht ist, daß alles was die Verteidigungsfähigkeit Irans betrifft dies eine rote Linie ist, die nicht diskutiert werden soll. Nicht mal mit dem möglichen Anreiz von der Aufhebung der Sanktionen. Zu massiv sind die schlechten Erfahrungen der Hilflosigkeit. Das ist nicht zu unterschätzen. Sollten die USA darauf bestehen, wird das haarig. Denn da steht der Iran massiver, nicht nur die Führung. dagegen. Wie einst ein nicht genannter Regierungsvertreter Irans vor Jahren sagte, man könne da gar keine Konzessionen machen, die Bevölkerung würde dann quasi die Führung in Haftung nehmen. Wie gesagt, das sind stolze Leute. Gut, mag ja auch ein Plan sein, das das passiert. ;)
The results suggest that neither the government in Tehran nor the Iranian public would have confidence in a process that produces only a partial lifting of sanctions. They also indicated a drop in support for the deal from more than 75 percent in 2015 to about 50 percent today.

Two-thirds of those polled opposed negotiating restrictions on Iran’s ballistic-missile program and support for regional proxies, even if submitting to such restrictions would lead to a lifting of all sanctions.

https://www.jns.org/opinion/the-clause- ... ar-accord/
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DevilsNeverCry
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von DevilsNeverCry »

Die USA sind aus dem Abkommen - welches jahrelang ausgehandelt wurde - einseitige ausgestiegen. Dann werden sie auch den ersten Schritt machen müssen um das Abkommen wiederzubeleben.
Das Argument der Iran kann sich das doch alles nicht leisten, ist für mich nur hinreichend. Ja, der Iran leidet an den wirtschaftlichen Sanktionen, keine Frage. Allerdings sind sie für das Land nicht existenzbedrohend. Es wäre das völlig falsche Signal für den Iran den ersten Schritt zu machen.
Die Frage wird sein was passiert wenn sich die Hardliner im Iran durchsetzen. Dann ist eine Wiederbelebung des Abkommens ziemlich unwahrscheinlich.
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Platon
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von Platon »

DevilsNeverCry hat geschrieben:(02 Apr 2021, 09:52)
[...]
Das Argument der Iran kann sich das doch alles nicht leisten, ist für mich nur hinreichend. Ja, der Iran leidet an den wirtschaftlichen Sanktionen, keine Frage. Allerdings sind sie für das Land nicht existenzbedrohend. [...]
Die derzeitige wirtschaftliche Lage ist definitiv für das politische System existenzbedrohend. Es gab 2017/2018 schon landesweit Proteste, welche sich im November 2019 in deutlich größerem Umfang wiederholten. Bereits damals hätte das Regime schon am Ende sein können, wenn man nicht umgehend das Internet abgeschaltet und landesweit hart gegen die Demonstranten vorgegangen wäre. Ursache ist die Inflation, durch die 2018 erneut eingeführten starken Sanktionen. Auch nach den Protesten und während Covid hat die iranische Währung nochmal massiv an Wert verloren und die Inflation wird daher derzeit weiter auf einem sehr hohen Niveau sein. Es ist absolut davon auszugehen, dass es beim nächsten Anlass erneut zu landesweiten Protesten kommt an dem zehntausende wenn nicht hunderttausende oder Millionen teilnehmen, welche das Regime sehr wohl in seiner Existenz bedrohen könnten. Es ist gut möglich, dass die Revolutionsgarden die Proteste erneut niederschlagen, aber wenn mittelfristig die Inflation weiter steigt und die Währung wie zuletzt jährlich 50% an Wert verliert, werden ständig wiederholende Proteste zu politischer Instabilität führen und die Kohärenz des Regimes aushöhlen. Ob es dann zu einem Ende der Islamischen Republik kommt oder zu anderweitigen Änderungen ist derzeit kaum abzusehen, aber die aktuelle Lage mit den Sanktionen ist für die Islamische Republik auf Dauer nicht durchzuhalten. Man braucht eine wirtschaftliche Erholung und die Aufhebung der schwerwiegendsten Sanktionen und neue Investitionen aus China, Indien und Europa ist der sinnvollste Weg hierzu.
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DevilsNeverCry
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von DevilsNeverCry »

Platon hat geschrieben:(02 Apr 2021, 10:23)

Die derzeitige wirtschaftliche Lage ist definitiv für das politische System existenzbedrohend. Es gab 2017/2018 schon landesweit Proteste, welche sich im November 2019 in deutlich größerem Umfang wiederholten. Bereits damals hätte das Regime schon am Ende sein können, wenn man nicht umgehend das Internet abgeschaltet und landesweit hart gegen die Demonstranten vorgegangen wäre. Ursache ist die Inflation, durch die 2018 erneut eingeführten starken Sanktionen. Auch nach den Protesten und während Covid hat die iranische Währung nochmal massiv an Wert verloren und die Inflation wird daher derzeit weiter auf einem sehr hohen Niveau sein. Es ist absolut davon auszugehen, dass es beim nächsten Anlass erneut zu landesweiten Protesten kommt an dem zehntausende wenn nicht hunderttausende oder Millionen teilnehmen, welche das Regime sehr wohl in seiner Existenz bedrohen könnten. Es ist gut möglich, dass die Revolutionsgarden die Proteste erneut niederschlagen, aber wenn mittelfristig die Inflation weiter steigt und die Währung wie zuletzt jährlich 50% an Wert verliert, werden ständig wiederholende Proteste zu politischer Instabilität führen und die Kohärenz des Regimes aushöhlen. Ob es dann zu einem Ende der Islamischen Republik kommt oder zu anderweitigen Änderungen ist derzeit kaum abzusehen, aber die aktuelle Lage mit den Sanktionen ist für die Islamische Republik auf Dauer nicht durchzuhalten. Man braucht eine wirtschaftliche Erholung und die Aufhebung der schwerwiegendsten Sanktionen und neue Investitionen aus China, Indien und Europa ist der sinnvollste Weg hierzu.
Demonstrationen im Iran sind nichts neues. Landesweite Proteste gab es auch schon damals - 2009 ist hierfür ein gutes Beispiel. Wobei 2009 sich mehr auf die Hauptstadt konzentrierte.
Okay, das mit dem existenzbedrohend scheint dann doch zu stimmen. Allerdings gehe ich nicht davon aus das das Regime seine Position zu diesem Abkommen ändern wird. Man wird wohl weiter darauf beharren das die USA den ersten Schritt machen, zu recht wie ich finde. Die Inflation von der du gesprochen hast dürfte in der Tat auf Sanktionen zurückzuführen sein die eine Güterknappheit im Iran verursacht haben. Was den wirtschaftlichen Einbruch Ender der 10'er Jahre betrifft so liegt das nicht nur an den Sanktionen die wieder in Kraft getreten sind, sondern auch am niedrigen Öl-und Gaspreis. Zumindest der Ölpreis wird mittelfristig gutes versprechen.
Wobei der Iran ja nun versucht neue Märkte im asiatischem Raum zu erschließen. Siehe 25 Jahre Abkommen mit China der auch Investitionen für das Land Iran verspricht und die Verhanldungen über eine Freihandelszone mit den EEU Staaten - Russland, Belarus, Kasachstan, Armenien und Kirgistan.
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von King Kong 2006 »

Auch mit dem Abkommen ist es für den Iran "existensbedrohend". Das sieht man doch aktuell. Der Iran hat das Abkommen abgeschlossen und sich daran gehalten. Ergebnis? "Existensbedrohende" Sanktionen durch die USA. Die USA müssen ihre Verpflichtungen einhalten. Sonst machen Verträge keinen Sinn.

Die USA müssen mit China und Iran und im Hintergrund Russland in der Sache Schritthalten. Das Rad dreht sich weiter. Entweder springen die USA auf den Wagen oder die Reise geht in Eurasien ohne die USA weiter.

Gut alle haben es begriffen, es geht seit 40 Jahren um die Atombe Irans, die immer kurz vor der Fertigstellung steht... Es geht aber um Geopolitik. Da sind die USA dabei oder nicht. Offenbar wollen sie dabei sein. Schon wegen dem Superathleten China.

Der Eintritt aus Sicht Irans für die USA können da aber keine "Existenzbedrohende Sanktionen" mehr sein. Abkommen abzuschliessen sind keiner Garanten, sieht man aktuell. Die USA müssen liefern. Sonst räumt der Dienstleister China ab. Der Iran ist für Kontakte offen. Er ist kein Freund von Monopolen, geopolitisch gesehen. Da muss dann aber auch was kommen.
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von Praia61 »

Superathleten China ?
Wer hat zur Zeit das größte militärisches Potential ?
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von King Kong 2006 »

Praia61 hat geschrieben:(02 Apr 2021, 11:56)

Superathleten China ?
Wer hat zur Zeit das größte militärisches Potential ?
In Eurasien und in den Infrastrukturprojekten spielt es nicht die Rolle, wessen Schlagring grösser ist, sondern wer Willens und fähig ist diese umzusetzen.

China ist Willens und fähig. Der Iran ist zur Mitarbeit bereit. Die USA können weder den Iran, geschweige denn China militärisch davon abbringen. Und wenn die Taktik im Witschaftskrieg (im Falle Irans als Atombombe verklausuliert) nicht aufgeht das abzubremsen, dann müssen die USA eben die Taktik ändern und erstmal wieder an den Tisch zurück.

Die USA konnten nicht mal den Iran in den letzten Jahrzehnten militärisch zum Einlenken drohen. US Militärs warnen eindringlich da ein Fass aufzumachen. Von China Rede ich da gar nicht. Die USA sind zur Zeit die stärkste Militärmacht. Das hilft aber nicht immer zu jeder Frage. Sie müssen einen Wirtschaftskrieg führen. Und da würde ich China nicht unterschätzen.

Wollen sie China abbremsen müssen sie den Iran zum Teil zurückgewinnen. Mit Schlagring drohen konnte den Iran nicht entzücken dem nachzugehen. Da muss mehr kommen.
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Re: Iran & USA - Ende der Feindschaft?

Beitrag von Praia61 »

Das alte Lied Iran und China die Guten und die USA die Bösen ist mir zu einfach.
Iran, China demokratische Staaten ?
Wie man solche Systeme gutheißen kann, geht an mir vorbei.
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