sünnerklaas hat geschrieben:(11 Jul 2021, 19:50)
Die Fälle der Kanzlerkandidaten Schulz und Baerbock werfen Fragen nach den Konsequenzen auf. Schulz wurde im Wahlkampf 2017 erfolgreich vorgeworfen, kein Abitur zu haben und zuvor nur Bürgermeister der Stadt Würselen gewesen zu sein. Baerbock wird vorgeworfen, keinerlei Regierungserfahrung zu haben. Auch ihr Studium wirft Fragen auf. Die Debatte bei Schulz und Baerbock war und ist hochgradig polemisch und emotional.
Bricht man die Debatte auf das eigentliche Kernthema herunter, stellen sich Fragen nach konkreten Konsequenzen:
(1) Welche beruflichen und berufspraktischen Qualifikationen muss jemand erfüllen, um in Deutschland Bundeskanzler, Minister, Ministerpräsident oder Oberbürgermeister zu werden? Es wird Zeit, dies klar und rechtlich verbindlich festzulegen. Aus den Fällen Schulz und Baerbock kennen wir einige Eckpunkte, die von Kritikern benannt wurden:
- Abitur
- abgeschlossenes Hochschulstudium (vorzugsweise Rechtswissenschaften mit Befähigung zum Richteramt) an einer deutschen Universität
- Promotion - und damit beim Doktor nicht getrickst wurde: zusätzlich Zulassung zur Habilitation
- Tätigkeit in der freien Wirtschaft
- zeitgleich politische Erfahrung in der Kommunal-, dann Landes- und schließlich in der Bundespolitik
- Ministerämter und Staatssekretärsämter (für einen zukünftigen Bundeskanzler letztendlich nur in den Ressorts Inneres, Äußeres, Justiz).
- Minister können nur solche Ressorts leiten, für die sie beruflich qualifiziert sind. Dasselbe gilt für Landräte und Oberbürgermeister).
Wer die klar festgelegten Vorraussetzungen nicht erfüllt, kann kein Staatsamt ausüben und kann nicht zugelassen werden. Weder auf Bundes- noch auf Landes-, noch auf kommunaler Ebene.
(2) Wie ist mit ausländischen Studienabschlüssen umzugehen? Im Fall Baerbock wurde vermehrt der Verdacht geäußert, da wäre ein "VHS-Kurs" für viel Geld gekauft worden. Vorzuschlagen wäre hier, ausländische Studienabschlüsse - auch bei Abschlüssen im Bologna-Raum - grundsätzlich erst einmal pauschal nicht anzuerkennen und deutschen Abschlüssen automatisch gleich zu stellen. Vielmehr müssen die Abschlüsse im Rahmen der Anerkennung einer genauen qualitativen und juristischen Überprüfung unterzogen werden. Es muss jeder begründete Eindruck vermieden werden, ein zahlungskräftiger Absolvent hätte sich anderswo seinen Abschluss gekauft und sein Zeugnis wäre ihm letztendlich gegen Geldzahlungen ausgestellt worden.
(3) Es geht die Klage, der Ullstein-Verlag nehme das Baerbock-Buch nicht vom Markt. Eine rechtliche Handhabe hätten die Kritiker Baerbocks nicht.
Konsequent wäre es doch, hier eine unabhängige Kontrollinstanz einzuführen, die es einem Verlag in begründeten Fällen verbieten kann, ein Buch weiter zu verkaufen. Per Gericht kann die Entscheidung dann im Instanzenweg überprüft werden.
(4) Kommen wir zu Guttenberg: es ist mir immer noch ein Rätsel, wie begutachtende Professoren so ein fehlerhaftes Machwerk nicht nur haben durchgehen lassen, sondern ihm auch noch ein "summa cum laude" erteilt haben. Konsequenzen für den Wissenschaftsbetrieb als ganzes und für die falsch begutachtenden Professoren hatte der Fall nicht. Dabei hätten diesen Herrn Professoren öffentlich und disziplinarisch die Ohren richtig langgezogen gehört. Ihr Verhalten war aus meiner Sicht nicht nur grob fahrlässig, sie war unehrenhaft und zutiefst unkollegial.
Ich glaube, wenn das alles konsequent 1 zu 1 umgesetzt und in einen guten gesetzlichen Guss gefasst wird, sparen wir uns zukünftig seltsame ad-personam-Wahlkämpfe. Man kann sicher sein: die Kandidaten beherrschen ihr Metier, sie haben es nachweisen können.