d'Artagnan hat geschrieben:(10 Jul 2021, 16:53)
Ah so, danke für die Klarstellung. Mit "aus dieser Ecke" meintest Du die Neoliberalen, insbesondere in der noch immer sehr rührigen INSM. Du hast allerdings noch die Bertelsmannstiftung vergessen. Mit der kuscheln mittlerweile alle, egal ob Union oder SPD. Die Bertelsmannstiftung war eine der aktivsten Trommlerinnen für die Privatisierung der Bildung.
Ganz genau. Das Darendorf-Interview ist in dem Zusammenhang von besonderer Wichtigkeit. Das waren seinerzeit Denkweisen, die die UNION, die FDP und die Seeheimer in der SPD tief geprägt haben.
Noch bemerkenswerter ist der zeitliche Kontext: Darendorf gab das Spiegelinterview just zu einer Zeit, in der Annalena Baerbock an der LSE studiert hat. Und aus damaliger Sicht war auch in Sachen Baerbock alles paletti: Junge Frau aus gut betuchtem Haus studiert an der teuren London School of Economics. Das machte ordentlich was her. Ich habe Leute kennen gelernt, die irgendwelche teuren Kurse bei Havard absolviert haben. Denen ging es nicht ums Fachliche, da ging es darum, eine Havard-Urkunde zu haben. Die hing sehr gut sichtbar für alle Gäste im Büro an der Wand.
Und damit wären wir bei einem Grundproblem: private Hochschulen werden meist von Stiftungen betrieben. Und leztztendlich ist man gezwungen, Geld zu verdienen. Und das Geld bringen die "Kunden" - sprich: die Studenten, die dort gegen Geld studieren. Keine private Hochschule kann es sich erlauben, gut betuchte, zahlungswillige Studenten durch zu hohe Anforderungen zu vergaulen. Das wäre ihr Ende. Und das führt dann letztendlich zu dem Problem, dass zwischen der Qualität der Forschung und der der Lehre z.T. große Diskrepanzen herrschen.
Zu meiner Studienzeit wurde uns übrigens davon abgeraten, die Auslandssemester in Großbritannien oder den USA zu machen. Das war in den 1990er Jahren. Man sollte dorthin gehen, wo ähnliche Standards herrschten und wo man am besten noch eine Sprache lerne, die die meisten anderen überhaupt nicht können: also nach Japan, Südkorea, nach Russland oder Skandinavien.
(Übrigens auch des Gesundheitswesens und eigentlich allem sonstigen...) Für Menschen aus ärmeren Schichten ist Bildung sicher nicht einfacher geworden. Für Leute wie ALB (oder auch Ziemiack oder Hanns) geben sich so aber Möglichkeiten, die sie früher nie gehabt hätten.
Wer das nötige Kleingeld hat, kann sich den Abschluss eben kaufen. Genau da liegt das Problem und das ist die Kehrseite von Studiengebühren. Der öffentlich-rechtliche Weg, den wir hier in Deutschland haben, ist zumindest in Sachen Qualität der Lehre der definitiv bessere. Auch wenn er viel kostet. Und trotz Bologna. Ich bin der Meinung, darüber sollte einmal dringend geredet werden . Wir hätten jetzt die Gelegenheit - dummerweise wird aber genau das verweigert. Und zwar auch und vor allem von den Baerbock-Kritikern. Wenn die Frage kommt, welche konkreten Folgerungen da zu ziehen wären, rennen alle plötzlich weg.