Verkleinerung des Bundestages?

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Wundschläfer
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Verkleinerung des Bundestages?

Beitrag von Wundschläfer »

Liebe Forengemeinde,

ich bin neu und habe mich vor Allem registriert, um mit euch die folgenden Fragen diskutieren:

"Ist der Bundestag 'zu teuer'?"
"Muss der Bundestag verkleinert werden?"
"Wem nützt eine Verkleinerung des Bundestages?"
"Wem schadet sie?"
"Wer betreibt sie?"
"Was würde eine VERGRÖßERUNG des Bundestages bewirken?"

Nicht auf alle diese Fragen kann oder möchte ich in meinem OP eine Antwort geben. Nur soviel sei gesagt:

Der Bundeshaushalt beträgt regelmäßig etwa 350 Milliarden Euro.
Der gesamte Bundestag mit allen Gehältern, Diäten, Verwaltungskosten, Mitarbeitern, Tonerkartuschen, Müllabfuhr UND Altersbezügen (!) kostet jährlich unter 1 Milliarde Euro.
Das Bundeskanzleramt kostet jährlich 3 Milliarden Euro. Das Sozialministerium genehmigt sich etwa 140 Milliarden Euro.
In Deutschland, als waschechte "Geschenkkorb"-Demokratie (Meinung des Verfassers), haben die MdBs große Macht - nicht nur im Bundestag sondern auch in ihren Wahrkreisen. Sie fädeln Geschäfte für lokale Unternehmen ein, stehen mit ihrem "guten Namen" international für ihren Wahlkreis und dessen Unternehmungen. Bei einer fachgerechten und wirkungsvollen Verkleinerung des Bundestages müssten auch die Wahlkreise vergrößert werden. Das würde auch den Einfluss, nennen wir es: die Macht, des einzelnen Abgeordneten vergrößern.
Die "Verkleinerung oder Verschlankung des Bundestages" wird - nicht ganz überraschend in einer Parlamantarischen Demokratie - von den Parlamentariern betrieben. Von den Betreibern wird immer wieder betont, dass irgendetwas nicht stimme mit unserem Bundestag, dass er viel zu teuer sei und in dieser Form sogar der Demokratie schaden könne.
Bei einem Budget des Bundestages von unter 1 Milliarde und einem Gesamthaushalt von 350 Milliarden müsste man mir, als politikfremdem Bürger, bitte das genaue Einsparpotenzial und insbesondere dessen Signifikanz beziffern. Dankeschön!
Nehmen wir eine Verdoppelung(!) des Bundestages an (nur mal so als Gehirnjogging) und nehmen wir ferner an, dass die Wahlkreise von einem Senior- und einem Junior-Abgeordneten (stärkste und zweitstärkste Partei) in einem Konkordanz- oder Kollegialprinzip vertreten würden, so könnten sich die beiden Abgeordneten die Arbeit teilen, könnten sich auf verschiedene Felder der Abgeordnetentätigkeit spezialisieren. Die Macht des einzelnen Abgeordneten würde verkleinert (rechnerisch um 50%). Auch die Macht der "Listen-Mandate". Die Kosten des Bundestages würden dadurch von einem 350tel auf ein 175tel des Bundeshaushaltes steigen. Die notgedrungene Zusammenarbeit von Abgeordneten eines Wahlkreises aber aus verschiedenen Lagern könnte als Vorbild für eine mehr und mehr politisch gespaltene Gesellschaft dienen.
Was wären die Vorteile einer Verschlankung des Bundestages. Was wären die Nachteile?

Herzliche Grüße
Euer Wundschläfer.
franzmannzini

Re: Verkleinerung des Bundestages?

Beitrag von franzmannzini »

Wundschläfer hat geschrieben:(13 May 2021, 19:02)

...
Was wären die Vorteile einer Verschlankung des Bundestages. Was wären die Nachteile?

Herzliche Grüße
Euer Wundschläfer.
Auch im Bundestag sitzen gewählte Volksvertreter. Wenn bei gleichbleibender Bevölkerungsanzahl der Bundestag verkleinert wird,
verkleinert sich auch der Einfluß der Bürger. Stichwort Meinungsvielfalt, Minderheiten wird es wohl am meisten treffen.
Machen kann man das, jedoch sollten hier dann auch Kompensationsmaßnahmen getroffen werden.
Festes etablieren von Bürgerräten zu allen Themen wäre eine Möglichkeit.
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H2O
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Re: Verkleinerung des Bundestages?

Beitrag von H2O »

Was wären die Vorteile einer Verschlankung des Bundestages. Was wären die Nachteile?
Der Vorteil einer Halbierung wäre mit Sicherheit, daß ein Thema rascher bearbeitet werden könnte, weil (nur zum Beispiel gesagt) die Hälfte der Abgeordneten sich zu Wort melden könnte, und dann alles gesagt worden wäre. Und so melden sich dann eben doppelt so viele zu Wort, damit jeder etwas Aufmerksamkeit auf sich und seine Partei lenken kann. Dann ist irgendwann alles schon gesagt, aber jeder hat noch nicht alles gesagt.

Der zweite Vorteil wäre die Qualitätsauslese. Der Bewerbungsdruck wird größer, und die besten Ellenbogen und Köpfe kommen nach oben.

Der dritte Vorteil wäre das öffentliche Auge auf die Abgeordneten. Die Namen der Abgeordneten, die sich an der "Vermittlung" von Schutzmasken tatsächlich um Millionen bereichert hatten, war mir völlig unbekannt. Ich stelle mir vor, daß solche Vorgänge schon auffallen, weil ja immer dieselben Leute gesehen werden.

Und letztlich kann jeder Euro nur einmal ausgegeben werden; ich meine, daß überflüssiges Personal besser an Stellen eingesetzt werden sollte, wo es fehlt, als dort, wo es im Überfluß herum hängt. Ich wirtschafte mit meinem Einkommen auf jeden Fall nach solchen Gesichtspunkten; erwarte das auch von unserer Verwaltung und den Ministerien. Ein Abgeordneter kostet mit allem Drum und Dran etwa 250.000 Euro. Das kann man ergoogeln. Da sehe ich bei 400 Abgeordneten ein Potential von 100 Mio Euro, das besser angelegt werden könnte. Mit "Peanuts" sollten Sie mir besser nicht kommen.

Daß an der Exekutive ein Volk von 83 Mio hängt, das schlägt sich natürlich auch in den Haushalten nieder, die als Betriebsmittel für den Staat auch dann benötigt würden, wenn wir gar kein Parlament hätten. Die Legislative kann aber nur die Beschlüsse fassen, nach denen dieser Apparat arbeiten soll. Die Einwohnerzahl spielt dabei eine geringere Rolle. Deshalb vermute ich, daß die Zahl der Abgeordneten in Österreich (ist schließlich auch eine Bundesrepublik) oder in den Niederlanden nicht viel kleiner sein kann als hier erforderlich.

Wir sollten nicht vergessen, daß unsere Bundesrepublik auch Landesparlamente und Kommunalvertretungen betreibt. Nichts dagegen; Stichwort "Bürgernähe", Nähe zur zu lösenden Aufgabe für die einzelnen Bürger.

Ein Bundestag mit 709 Abgeordneten ist ein ziemlicher Skandal! Die Grenze sehe ich eher bei 400 Abgeordneten.
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H2O
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Re: Verkleinerung des Bundestages?

Beitrag von H2O »

franzmannzini hat geschrieben:(13 May 2021, 19:45)
...
Festes etablieren von Bürgerräten zu allen Themen wäre eine Möglichkeit.
Nichts dagegen auf kommunaler Ebene. Die gibt es dort auch schon, zumindest in Bremen. Die könnte man auch mit mehr politischer Macht ausstatten, wenn sie vom Bürger in freier und geheimer Wahl ausgewählt werden. Ansonsten sollte der Weg nach "ganz oben" einer gegebenen Ordnung folgen über Kommunalvertretungen und Landesparlamente. In der Entscheidungsebene sind Minderheiten bürgernäher vertreten.
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sünnerklaas
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Re: Verkleinerung des Bundestages?

Beitrag von sünnerklaas »

H2O hat geschrieben:(13 May 2021, 20:00)

Nichts dagegen auf kommunaler Ebene. Die gibt es dort auch schon, zumindest in Bremen. Die könnte man auch mit mehr politischer Macht ausstatten, wenn sie vom Bürger in freier und geheimer Wahl ausgewählt werden. Ansonsten sollte der Weg nach "ganz oben" einer gegebenen Ordnung folgen über Kommunalvertretungen und Landesparlamente. In der Entscheidungsebene sind Minderheiten bürgernäher vertreten.
Eine offizielle, verfassungsrechtlich abgesicherte Vertretung der Kommunen bei Bund und Ländern halte ich schon für sehr lange für notwendig. Sozusagen als dritte Parlamentskammer. Dass die Kommunen, also die untereste Ebene praktisch an der Gesetzgebung nicht beteiligt sind, halte ich schon lange für ein ganz großes Manko, zumales Bereiche gibt, die in die Hoheit der Kommunen fallen. Zum Beispiel im Bereich des Baurechts.
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H2O
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Re: Verkleinerung des Bundestages?

Beitrag von H2O »

sünnerklaas hat geschrieben:(13 May 2021, 20:12)

Eine offizielle, verfassungsrechtlich abgesicherte Vertretung der Kommunen bei Bund und Ländern halte ich schon für sehr lange für notwendig.... Zum Beispiel im Bereich des Baurechts.
Mit dem geltenden Baurecht habe ich mich noch nie befaßt. Wo drückt Sie da denn der Schuh? Bisher haben wir uns meist über Nimbys aufgeregt, die gesamtstaatliche Entwicklungen verhindern. Diese Art Verhinderung gibt es doch auf kommunaler und Landesebene auch noch einmal: Stichworte "Energietrassen"; Abstandsgebot... Ich kritisiere diese Möglichkeiten nicht, könnte mir aber auch einmal etwas zu viel vom Guten vorstellen.
franzmannzini

Re: Verkleinerung des Bundestages?

Beitrag von franzmannzini »

Zum Thema Bürgerräte:
https://www.bundestag.de/dokumente/text ... rat-816534
Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble sieht in Bürgerräten eine Möglichkeit, die Bevölkerung stärker in die Politik einzubinden. „Diese besondere Form der Beteiligung kann das Vertrauen in die Politik stärken und der repräsentativen Demokratie neue Impulse geben“, sagte Schäuble am Mittwoch, 13. Januar 2021, in der Bundespressekonferenz zum Auftakt des zweiten bundesweiten Bürgerrates „Deutschlands Rolle in der Welt“.
Ernst76

Re: Verkleinerung des Bundestages?

Beitrag von Ernst76 »

Wenn man einmal von einigen Direktkandidaten absieht, dann stimmen die meisten eh fast immer nach Parteiräson
bzw. Vorgabe der Parteiführung ab. Für die Facharbeit kann man auch Fachleute einstellen.
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Der Neandertaler
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Re: Verkleinerung des Bundestages?

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo Wundschläfer.
Verkleinerung des Bundestages?
  • ... eine VERGRÖßERUNG des Bundestages?
Zum Ersten sollte festgehalten werden, daß wir weder ein reines Verhältniswahlrecht haben - wie etwa in der Schweiz oder anderen Ländern, wo die Parteien nur im Verhältnis zu anderen Parteien gewählt werden, noch ein reines Mehrheitswahlsystem, wie etwa in Großbrittanien, wo nur der gewählt ist, der die meisten Wählerstimmen bekommt. Wir besitzen eine "Personalisierte Verhältniswahl".
Zusammengefaßt:
  • Um jedem Wähler eine Stimme im jeweiligen Parlament zu geben (zumindest einem Bewerber, der für alle Wähler gemeinsam in einem Wahlkreis spricht), erhält jeder Bewerber, der in seinem Wahlkreis die meisten Wählerstimmen bekommt, und somit diesen Wahlkreis gewinnt, einen Sitz im entsprechenden Parlament. Das bestimme ich mit meiner Erststimme!
    Mit meiner Zweistimme bestimme ich das Verhältnis zu anderen Parteien!
    Nun kann es geschehen, daß mehr Direktkandidaten eines Wahlkreises Sitze erhalten würden, als einer Partei Sitze (per Verhältniswahl) im entsprechenden Parlament zustehen würden. Somit entstehen sogenannte "Überhangmandate". Weil diese wiederum ausglichen werden, damit das Verhältnis zu anderen Parteien wieder stimmt, enstehen "Ausgleichsmandate".
Das alles bewirkt letztlich, daß Palamente immer größer werden, je mehr Parteien es gibt.
  • (das ist alles lediglich ein grobe und vereinfachte Zusammenfassung!)
Nun zu Deiner Frage - Verkleinerung oder Vergrößerung: einerseits, bei einer Verkleinerung wäre von Vorteil, daß, wie zuvor schon geäußert, Themen (eventuell) schneller und daher effektiver behandelt und entschieden werden können. Allerdings würde dies nicht unbedingt dem Volkeswillen entsprechen, der Meinungsvielfalt.

Also ist die Frage nicht ganz so enfach mit JA! oder NEIN! zu beantworten. Wir sollten uns klar werden, was ist uns wichtiger: Geld oder Meinungsvielfalt?
Ich, für mich, würde allerdings die Frage mit "Geld" beantworten und somit ein reines Mehrheitswahlsystem vorziehen - könnte zumindest auch eine Meinungsvielfalt beinhalten ... es würde diese zumindest nicht unterdrücken. Es würde das Bundes-Parlament auf die ursprünglichen 598 Abgeordneten begrenzen.
"Ich teile Ihre Meinung nicht, ich werde aber bis zu meinem letzten Atemzug kämpfen, daß Sie Ihre Meinung frei äußern können." (Voltaire)
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Der Neandertaler
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Re: Verkleinerung des Bundestages?

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo Ernst76.
Ernst76 hat geschrieben:Wenn man einmal von einigen Direktkandidaten absieht, dann stimmen die meisten eh fast immer nach Parteiräson
bzw. Vorgabe der Parteiführung ab. Für die Facharbeit kann man auch Fachleute einstellen.
Im ersten Fall gebe ich Dir Recht. Gebe aber im zweiten Punkt zu bedenken, daß dies wohl einer Lobbytätigkeit Vorschub leisten könnte. Daß also Gesetze entstehen könnten, die eventuell nach Vorteilen der ein oder anderen Seite ausgerichtet sind oder sein könnten. Ich habe einen Abgeordneten gewählt, damit er sich mit allgemeinen "Problemen" auseinandersetzt. Und nicht dafür, daß er Lobbyisten einstellt.
"Ich teile Ihre Meinung nicht, ich werde aber bis zu meinem letzten Atemzug kämpfen, daß Sie Ihre Meinung frei äußern können." (Voltaire)
Aldemarin
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Maximale Bundestagsgröße

Beitrag von Aldemarin »

Daß unser Bundestag zu groß ist, ist bekannt. Wie groß könnte er eigentlich im ungünstigsten Fall maximal werden? Bei welchen Wahlergebnissen wäre dies der Fall? Wieviel Sitze für Abgeordnete könnte man maximal im Plenarsaal des Reichstags einrichten?
Skeptiker

Re: Maximale Bundestagsgröße

Beitrag von Skeptiker »

Hm, ich bin nicht sicher, ob es da überhaupt eine theoretische Grenze nach oben gibt.

Wenn überall der Kandidat der Partei A das Direktmandat holt, aber alle Zweitstimmen an Partei B gehen, dann liefe das ja auf unendlich viele Überhangmandate hinaus.

Aber bestimmt gibt es dafür irgendwelche Sonderregeln.
Adam Smith
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Re: Maximale Bundestagsgröße

Beitrag von Adam Smith »

Aldemarin hat geschrieben:(01 Nov 2021, 16:59)

Daß unser Bundestag zu groß ist, ist bekannt. Wie groß könnte er eigentlich im ungünstigsten Fall maximal werden? Bei welchen Wahlergebnissen wäre dies der Fall? Wieviel Sitze für Abgeordnete könnte man maximal im Plenarsaal des Reichstags einrichten?
Dieser Link könnte ein bisschen weiterhelfen.

https://www.bertelsmann-stiftung.de/en/ ... -bundestag
Das ist Kapitalismus:

Die ständige Wahl der Bürger bestimmt das Angebot.
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JosefG
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Re: Verkleinerung des Bundestages?

Beitrag von JosefG »

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HOtte
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Re: Verkleinerung des Bundestages?

Beitrag von HOtte »

Moin!
Wer glaubt dass das Parlament sich selber einschränkt oder reglementiert der glaubt auch noch an den Weihnachtsmann.
Ebenso verhält es sich mit den Öffentlich-Rechtlichen, da wird die Politik einen Teufel tun und seine Propagandamaschine beschneiden, außerdem müssen hochdotierte Posten für Parlamentarier geschaffen werden.
Eine riesengroße Sauerei, die Verkleinerung des Bundestags erneut 5 Jahre zu verschieben. Und die Reduktion der Wahlkreise von 299 auf 280 ist ja wohl völlig unzureichend.
Da kannst di dreihen as du wist,
dien Mors blifft jümmers achtern!
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