BlueMonday hat geschrieben:(17 May 2021, 14:10)
Nur war das Mittelalter weitaus polyarchischer strukturiert. Staat ist immer die unheilvolle Entwicklungsrichtung in den Totalitarismus. "Gesellschaft" sollte stattdessen in viele Subkulturen und Subräume fragmentiert sein. Diese Alternativen verringern Zwänge und Machtkonzentrationen. Neben der totalitären Gesellschaft gibt es eben nichts mehr. Der Verstoßene fällt ins Nichts. Das Druckmittel zur Konformität ist maximal.
Man sollte die Folgen, die jahrhundertelange kirchliche und kaiserliche Predigereien auf Denkstrukturen und auf die Gesellschaft als ganzes nicht außer acht lassen. Was Jahrtausende lang gepredigt und eingeimpft wurde, bekommt man nicht so ohne weiteres aus den Hinterköpfen raus. Wer gegen den Gesamtkonsens der Gesellschaft verstößt, ist immer noch komplett draussen.
Zudem gibt es auch eine gewachsene liberale Tradition in Europa, die nicht unwesentlich das Leben auch in dem aktuellen deutschen Staat erträglicher macht. Und diesen liberalen Gedanken gilt es zu verteidigen. “Totalitarianism, if not fought against, could triumph anywhere.” - George Orwell
Das eine ist das bewusste - das andere das im Unterbewusstsein verankerte.
Nun darf sich jeder fragen, wer eine größere Gefahr für eine liberale Gesellschaft darstellt, Maaßen oder die Gegenseite. Der "Antisemitismus" ist dabei zum reinen Hebel verkommen. Es geht nur darum, wer diesen Vorwurf effektvoller beim anderen anbringen kann, wie sehr man den politschen Gegner unmöglich machen und aussschließen und abschießen kann.
Absolut korrekt - der Vorwurf des Antisemitismus wird in den letzten 20 Jahren immer mehr zu einem argumentum ad personam. Ich kann mich noch gut an die Dahrendorf-Debatte im Herbst 2008 erinnern. Dahrendorf hatte in einem Interview mit dem Spiegel sich über die aus seiner Sicht absolute Überlegenheit des britischen Hochschulwesens dem deutschen gegenüber geäussert. In der Debatte um den Artikel fiel dann auch schnell oft die Bemerkung, wer etwas anderes wolle, als das, was Dahrendorf da gesagt habe, also Kritik an ihm übe, sei ein latenter Antisemit. Im Angesicht der Debatte von Annalena Baerbocks Studienabschluss konfrontiere ich gerade einige der Protagonisten von damals, die heute lautstark schimpfen und das britische Hochschulwesen vehement anzweifeln, mit ihren früheren Aussagen. Gibt interessante Antworten - von "gerirrt" übder "so nicht gewollt" bis hin zur Überlegung, ob Dahrendorf damals nicht schon senil gewesen sei und man das aber nicht gewusst habe.