3x schwarzer Kater hat geschrieben:(15 Dec 2020, 15:17)
Naja. Es geht weniger um die Frage wieviel Staat, sondern darum wieviel Bürokratie. Und da bekleckert sich der öffentliche Dienst nicht wirklich mit Ruhm. Bis einschließlich 2018 z.B. musste ich die Beihilfeanträge für meinen Vater in Papierform einreichen. Also mit Post und Kopien. Das ging nicht mal per E-Mail, geschweige den digital. Den ganzen Packen bekam ich dann mit der Post auch wieder zurück. Umständlicher geht es nimmer. Ab diesem Jahr ändert sich das. Mal sehen wie es funktioniert. Die Qualität der "Dienstleistung" ist wohl abhängig von Behörde zu Behörde. Hier überhaupt jemanden im Finanzamt ans Telefon zu bekommen, der sich auskennt, ist nahezu ein Ding der Unmöglichkeit. Am Besten alles schriftlich, natürlich mit der Schneckenpost. Da war ich allerdings an meinem vorherigen Wohnsitz anderes gewohnt. Da funktionierte die telefonische Abstimmung immer wunderbar.
Dahinter stehen aber letztendlich
politische Entscheidungen. Und die werden in den zuständigen Parlamenten getroffen. Und gerade auf kommunaler Ebene tut man sich damit sehr schwer, zusätzliches Geld auszugeben. Übrigens sehr zum Missfallen vieler Mitarbeiter in den öffentlichen Verwaltungen.
Oder nehmen wir das Bürokratiemonster "Baugenehmigung". Welche Dienstleistung bitteschön sollte dahinter stecken? Aber hier ist es wenigstens in einigen Bundesländern (z.B. Bayern oder BaWü) schon möglich selbst Einfamilienhäuser ohne Baugenehmigung zu bauen. Durchaus aber noch nicht überall. Das ist lediglich Bürokratie ohne Mehrwert.
Bei einer Baugenehmigung werden Bauvorhaben mit den in den Ortssatzungen, Bebauungsplänen und Flächennutzungsplänen festgeschriebenen Vorgaben abgeglichen. Hinzu kommt noch die Frage, ob und inwiefern die Interessen Dritter - also der Nachbarn - möglicherweise beeinträchtigt werden. Es gibt da zum Beispiel Abstandsgebote zu den Grundstücksgrenzen, festgelegte Baufluchten, festgelegte Geschosszahlen. Bauen ohne Genehmigungsverfahren führt sehr oft zu schwerwiegenden Konflikten, die dann im Zweifelsfall vor Gericht landen. Nachbarschaftsstreitigkeiten sind in der Regel ein ganz teurer Spaß. Es hat schon seinen Grund, warum Baugenehmigungen eingeholt werden müssen. Es spart Zeit, Geld und Ärger.
Private Unternehmen sind deutlich schneller dran, was Automatisierung angeht. Die Servicehotlines haben zu einem großen Teil ihre Anfangsschwächen auch überwunden und sind heute schon um Klassen besser als das noch vor 15 oder 20 Jahren war. Da hat sich viel getan. Der technische Fortschritt hat hier nicht halt gemacht. Da ist das schon nicht mehr ungewöhnlich, dass man nach kurzem Warten in der Warteschleife schon jemanden hat, der auch deine Kundeakte bereits vorliegen hat, weil das System die anhand der Rufnummernerkennung die schon automatisch aufgerufen hat. Oder setz mal bei Amazon auf der Website eine Rückrufbitte ab. Das dauert nur ein paar Minuten und du wirst von jemanden angerufen, der auch weiß wen er anruft. Alle notwendigen Unterlagen zur Klärung eines eventuellen Problems hat er bereits zur Hand.
Der Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur kostet sehr viel Geld. Und ob die Gelder dafür freigegeben werden, entscheiden nicht die Behörden, das entscheiden die Parlamente.
Fakt ist, dass wir trotz deutlichen Fortschritten bei der Digitalisierung und Automatisierung im Verwaltungsbereich heute im Öffentlichen Dienst genausoviel Leute beschäftigt haben wie noch vor 20 Jahren. Die Anzahl der Beschäftigten ging zwar in den 00er Jahren erstmal zurück, steigt aber seit 2010 wieder kontinuierlich an. In den letzten 3 oder 4 Jahren sogar wieder mit stärkeren Wachstumsraten.
Die Folgen des Personalabbaus im ÖD inklusive Einstellungs- und Beförderungsstopps in den Nullerjahren wirken bis heute nach. Zu erkennen an maroden Straßen, maroden Brücken, maroden öffentlichen Gebäuden.