Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen?

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sünnerklaas
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen?

Beitrag von sünnerklaas »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(25 Sep 2018, 08:58)

Sowas habe ich auch erlebt. Jedoch nicht nur zwischen diesen Aggregaten sondern auch zwischen älteren und jüngeren, Männern und Frauen, Bayern und Zugereisten, Anhängern zweier fachlicher Herangehensweisen... Warum erinnern viele Leute gerade die Konflikte, die "Ost und West" spielen? Debatte ist gut, Ergebnis ist noch besser. Im Zweifel entscheidet im Verein der Vorstand oder die Mehrheit, in der Firma der nächstgrößere Chef.
Es gibt Themen, da bringen langwierige Debatten einfach nichts, weil sie einfach nutz- und fruchtlos sind.
Entscheidungen "nach Nase" sind vielen Menschen nicht recht, da sie das Einfallstor für alle möglichen Mißstände sind. Viele gerade ältere Menschen finden nachvollziehbare Regeln wichtig.
Das sind keine Entscheidungen nach "Nase", sondern begründete Einzelfallentscheidungen, Kompromisse. Hebel ist da der berühmte Dreizeiler, mit dem eine Entscheidung begründet wird. Idealerweise gibt es bei solchen Entscheidungen eine Win-Win-Situation.
Ich halte diese Erzählung für verklärend. In Wahrheit musste, wer etwas wollte, sich kümmern. Wissen, wo und wann es seltene Ware gab. Wissen, wer beschaffen konnte, was es nicht gab und was er dafür haben wollte. Wissen, welcher Sekretär gern Westkaffee und welcher lieber gutes Bier hat, wenn man mit ihm "nochmal nachdenken" wollte. Vieles, das man woanders einfach gekauft hätte, musste improvisiert oder gebastelt werden. Alles sehr aufwändig und unbequem.
Wo ist eigentlich der Erfindergeist der Leute aus den ehemaligen RGW-Staaten geblieben? Weg.
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schokoschendrezki
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Beitrag von schokoschendrezki »

sünnerklaas hat geschrieben:(25 Sep 2018, 11:16)
Dass es so gelaufen ist, war in erster Linie ein Versagen Mielkes. Mielke war nicht in der Lage aus all den Lagerberichten aus der Vollüberwachung der Bevölkerung die richtigen Schlüsse zu ziehen. Vielleicht war er auch gar nicht willens, weil zu alt, zu starrsinnig und zu machtgeil. Jedenfalls hat man die Chancen, die sich boten, gar nicht genutzt. Horch und Guck waren mit ihren Ohren überall und nirgends, war aber nicht in der Lage, wirklich zuzuhören. Im Grunde wurden da Berge von Papiermüll produziert.
Klar ist, und das ist inzwischen kaum umstritten: Honecker, Mielke, Mittag war das entscheidende Machttrio spätestens ab Ende der 70er. Von einem "Versagen" MIelkes kann deshalb nicht die Rede sein, weil ein "Nichtversagen" Mielkes ja nur bedeutet hätte, dass er - in seiner Funktion eben - den DDR-Geheimdienst noch perfekter und lückenloser geführt hätte. Beim Wirtschaftsboss Mittag kann man schon eher von einem "Versagen" reden. Ich glaube auch, dass der ab Mitte der 80er tatsächlich das eigentliche Sagen hatte. Seine vieldokumentierten cholerischen Ausbrüche lehrten interne Kritiker das Fürchten und irgendwann muckte niemand mehr auf.

Für mich stellt sich nach wie vor und immer noch eine entscheidende Frage: Wie war der spektakuläre von F.J.Strauß eingefädelte Milliardenkredit 1983 für die DDR motiviert. Der das Überleben der DDR für bestimmt 5 Jahre noch mal absicherte. Wie. (Und das Überleben der weitaus schlimmeren Autokratie RUmänien sollte - ebenfalls auf Initiative von Strauß - gleichfalls künstlich verlängert werden.)

Es gibt die - inzwischen etwas in Vergessenheit geratene - sogenannte "Sonthofen-Strategie" von Strauß und der CSU. Durch die Veröffentlichung einer an sich internen Rede wurde bekannt. dass Strauß - vereinfacht gesagt - die CSU dazu aufrief, die Bundesrepublik möglichst selbst an die Wand zu fahren, damit man nach dem "starken Mann" rufen solle, der er selbst dann sein werde. Das zeigt, wie skrupellos ein solcher Politiker seine Machtspiele austrägt. Und irgendetwas in dieser Richtung wird ihn wohll auch bei diesen Milliardenkrediten geleitet haben.

Was wirklich absolut pikant und gleichzeitig bezeichnend ist: Die Gründung der "Republikaner" - eigentlich ein Vorgängerphänomen der AfD - geht genau auf diesen Milliardenkredit-Coup von Strauß zurück.
So mancher Parteikollege sieht die Glaubwürdigkeit der CSU in Gefahr. Auf dem Parteitag am 14. Juli wird Strauß nur noch mit 77 Prozent als CSU-Chef bestätigt - eine Klatsche angesichts von sonst 95 Prozent. Franz Handlos und Eckehard Voigt verlassen aus Protest die CSU und gründen Ende 1983 in München mit Franz Schönhuber "Die Republikaner" - eine neue Partei, rechts von der CSU, die allerdings nach einiger Zeit wieder in der Bedeutungslosigkeit versinkt.
(https://www.br.de/nachricht/inhalt/stra ... dr100.html)

Was hat das nun mit den verbreiteten Stimmungslagen im Osten Deutschlands heute zu tun? Na, zumindest, dass ab Mitte der 80er eine eher linksliberale Opposition in den Westen gegangen war. Diese künstlich lebensverlängerte DDR war eine kaum aushaltbare Gesellschaft. Später kam dann noch Glasnost und Perestroika und die strikte Ablehnung dieser Vorstöße durch die DDR-Oberen hinzu. Bis hin zu Aufführungsverboten sowjetischer Filme. Die Luft wurde - kulturell natürlich, nicht sozial und materiell - so dünn, dass ein großer Teil der DDR-Bürger quasi bleibende Gehirnschäden davontrug. Gut, das ist jetzt vielleicht etwas drastisch formuliert. Verblieben waren lediglich innerparteilich moderat oppositionelle Leute in der SED wie etwa Gysi. Und eher rechtskonservative Oppositiionelle aus Kirchenkreisen wie Rainer Eppelmann.
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Selina
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Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(25 Sep 2018, 13:29)

Was hat das nun mit den verbreiteten Stimmungslagen im Osten Deutschlands heute zu tun? Na, zumindest, dass ab Mitte der 80er eine eher linksliberale Opposition in den Westen gegangen war. Diese künstlich lebensverlängerte DDR war eine kaum aushaltbare Gesellschaft. Später kam dann noch Glasnost und Perestroika und die strikte Ablehnung dieser Vorstöße durch die DDR-Oberen hinzu. Bis hin zu Aufführungsverboten sowjetischer Filme. Die Luft wurde - kulturell natürlich, nicht sozial und materiell - so dünn, dass ein großer Teil der DDR-Bürger quasi bleibende Gehirnschäden davontrug. Gut, das ist jetzt vielleicht etwas drastisch formuliert. Verblieben waren lediglich innerparteilich moderat oppositionelle Leute in der SED wie etwa Gysi. Und eher rechtskonservative Oppositiionelle aus Kirchenkreisen wie Rainer Eppelmann.
Also ich hab keine "bleibenden Gehirnschäden" als Folge der DDR-Verhältnisse davongetragen (zumindest nicht, dass ich wüsste :D ) und ich glaube auch nicht, dass die jetzigen rechtspopulistischen und rechtsextremistischen Entwicklungen viel mit der DDR zu tun haben, sondern wesentlich mehr mit den Verhältnissen im Osten in den Jahren nach der Wende. Und das dauert bis heute an. Dass es Rechtsradikale und Neonazis auch in der DDR gab, wie überall in Europa, und das schon lange vor dem Fall des Eisernen Vorhanges, ist unstrittig. Aber nun jetzt jeden Mittag-Honecker-Pups heute 30 Jahre (!) nach der Wende für die jetzige Entwicklung verantwortlich zu machen, halte ich für ziemlich schräg.

Man kann sich hier zwar viel "Sympathie" und ne Menge Pluspunkte holen, wenn man behauptet, die besonders große Hinwendung der Ostdeutschen zum Rechtspopulismus hätte mit ihrer tragischen und verfehlten DDR-Vergangenheit zu tun. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass die heute draußen herumgrölenden 35- bis 40-Jährigen, vor allem viele Männer, keine besonders engen innerlichen Bindungen mehr haben zur DDR-Vergangenheit, zumindest nicht vordergründig im Sinne von "ganz schlimme Diktatur". Im Gegenteil, ich hab sogar mal aus dem Mund eines heute sehr weit rechts stehenden jungen Sachsen höchstpersönlich gehört, dass er es gut findet, was seine Eltern (keine SED-Mitglieder) aus der DDR-Zeit erzählen, dass die soziale Sicherheit Gold wert gewesen sei und man das nach der Wende erst wieder schätzen gelernt habe, was es damals bedeutet habe, sich nie um den Job, die Wohnung, die Miete, den Kita-Platz, die Ausbildung und die Rente sorgen zu müssen. Auch wenn das Fehlen der Reisefreiheit und der Mangel an bestimmten Konsumgütern schon unheimlich genervt hätten, meinte er. Er habe jedoch als Kind erlebt, wie seine Eltern, die in der DDR ihr ganzes Leben lang beide Vollzeit gearbeitet hätten und das auch sehr gerne, nach der Wende dann jeden Tag immer wieder aufs Neue kämpfen mussten, um halbwegs abgesichert zu sein, wie sie sich von ABM zu ABM hangeln mussten und ab und zu mal einen schlecht bezahlten Job fanden. All das hat den jungen Mann mehr geprägt im negativen Sinne als das, was Honecker und co. veranstaltet haben. Vielleicht sollte man mal fragen, warum sich so einer nun magisch von den Rechten angezogen fühlt.

Es wird bei dieser DDR-Analyse meistens viel zu wenig beachtet, dass die von Stasi, Staat und SED Verfolgten nur ein Teil der Bevölkerung waren, dass die meisten aber ganz normale durchschnittliche nicht verfolgte Leute waren, die einfach mal besser leben und konsumieren und deshalb die D-Mark haben wollten. Der große oft postulierte Anspruch, den "schrecklichen, diktatorischen und gefängnisartigen Staat DDR" endlich loszuwerden und gegen die "freiheitliche und demokratische BRD" einzutauschen, war nur die Intention eines Teils der Menschen. Dass sie dann in der Mehrheit den Anschluss wählten, hat eher Wohlstandsgründe. Man wollte das haben, was "die da drüben" auch hatten. Das wird nachträglich immer so heroisiert und als "Freiheitskampf" hochstilisiert.
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Beitrag von Skull »

Selina hat geschrieben:(25 Sep 2018, 16:52)

Es wird bei dieser DDR-Analyse meistens viel zu wenig beachtet, dass die von Stasi, Staat und SED Verfolgten nur ein Teil der Bevölkerung waren, dass die meisten aber ganz normale durchschnittliche nicht verfolgte Leute waren, die einfach mal besser leben und konsumieren und deshalb die D-Mark haben wollten. Der große oft postulierte Anspruch, den "schrecklichen, diktatorischen und gefängnisartigen Staat DDR" endlich loszuwerden und gegen die "freiheitliche und demokratische BRD" einzutauschen, war nur die Intention eines Teils der Menschen. Dass sie dann in der Mehrheit den Anschluss wählten, hat eher Wohlstandsgründe. Man wollte das haben, was "die da drüben" auch hatten. Das wird nachträglich immer so heroisiert und als "Freiheitskampf" hochstilisiert.
Solchen Relativierungen kann ich NICHTS abgewinnen.

Auch wenn vielleicht...die Mehrheit nicht gerade besonders politisiert ist , besser aber ...war...

Die Stasi, der Staatsapparat, die DDR als Staat, war für jeden DDR-Bürger präsent.
Und diesen eingeschlossenem Raum, war definitiv die MEHRHEIT mehr als "erfreut", ihn hinter sich zu lassen.

Freiheit.

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Beitrag von Selina »

Skull hat geschrieben:(25 Sep 2018, 17:04)

Solchen Relativierungen kann ich NICHTS abgewinnen.

Auch wenn vielleicht...die Mehrheit nicht gerade besonders politisiert ist , besser aber ...war...

Die Stasi, der Staatsapparat, die DDR als Staat, war für jeden DDR-Bürger präsent.
Und diesen eingeschlossenem Raum, war definitiv die MEHRHEIT mehr als "erfreut", ihn hinter sich zu lassen.

Freiheit.

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Hast du in der DDR gelebt?
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen? Antwort erstellen

Beitrag von Skull »

Selina hat geschrieben:(25 Sep 2018, 17:10)

Hast du in der DDR gelebt?
Ironische Replik:

Hast Du im Dritten Reich gelebt ?


Ernsthaft:

Was soll diese Frage ? Meine persönliche Geschichte und die meiner Familie tut NICHTS zur Sache.
Wir haben aber eine Kopie "unserer" Stasiakte zu Hause.

mfg
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen? Antwort erstellen

Beitrag von Selina »

Skull hat geschrieben:(25 Sep 2018, 17:11)

Ironische Replik:

Hast Du im Dritten Reich gelebt ?


Ernsthaft:

Was soll diese Frage ? Meine persönliche Geschichte und die meiner Familie tut NICHTS zur Sache.
Wir haben aber eine Kopie "unserer" Stasiakte zu Hause.

mfg
Wie ich schon mehrfach erwähnte, gehörte meine Familie auch zu denjenigen, die gravierenden Ärger mit den DDR-Oberen hatten. Dazu habe ich ebenfalls diverse Akten hier liegen. Auch eine zur Rehabilitierung nach der Wende. Allerdings fiele mir nie im Traum ein, deshalb die gesamte damalige Gesellschaft als eine Gesellschaft von Verfolgten zu beschreiben. Weil es auch nicht so war. Ja, ein Teil litt unter Verfolgung und Repressalien, ein anderer Teil (die Mehrheit) jedoch nicht. Es war schon so, auch wenns schwerfällt, das einzugestehen: Viele Leute schätzten die soziale Sicherheit sehr, was ihnen nach der Wende erst richtig bewusst wurde, und fragen heute, wieso man nicht beides haben konnte, soziale Sicherheit und Demokratie/Freiheit. Und dauerhaft unter sozialen Ängsten leben zu müssen, kann einen Menschen auch verändern, ja, sogar krankmachen. Selbst die Fast-Vollbeschäftigung heute in Sachsen ist nicht das Wahre, weil man ja immer fragen muss, was das für Jobs sind. Das sind eben oft schlecht bezahlte Jobs, zu viel prekäre Arbeit. Unterm Strich verbessert man zwar mit jedem neuen Job die Arbeitslosenstatistik, aber keiner fragt, was das für Jobs sind, wie viele davon nur befristet, Leiharbeit, erzwungene Teilzeit (es geht nicht um die freiwillige Teilzeit, die ja ok ist) und Minijobs etcpp.
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen? Antwort erstellen

Beitrag von Skull »

Selina hat geschrieben:(25 Sep 2018, 17:42)

Allerdings fiele mir nie im Traum ein,
deshalb die gesamte damalige Gesellschaft als eine Gesellschaft von Verfolgten zu beschreiben.
Die übliche Ausweich- und Nebendiskussion.

Da hat nie irgendjemand so etwa geschrieben. Da wird einfach geschrieben...andere...würden...
Und dann will man eine Diskussion über das von niemand geschriebene führen.

Vergiss es. Zumindest mit mir. ;)


P.S.: Ich führe auch keine Diskussion, das es im Dritten Reich noch auf deutschen Strassen sicherer war. :mad2:

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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen? Antwort erstellen

Beitrag von Selina »

Skull hat geschrieben:(25 Sep 2018, 18:03)

Die übliche Ausweich- und Nebendiskussion.

Da hat nie irgendjemand so etwa geschrieben. Da wird einfach geschrieben...andere...würden...
Und dann will man eine Diskussion über das von niemand geschriebene führen.

Vergiss es. Zumindest mit mir. ;)


P.S.: Ich führe auch keine Diskussion, das es im Dritten Reich noch auf deutschen Strassen sicherer war. :mad2:

mfg
Die DDR und Hitlerdeutschland gleichzusetzen, ist ein Fehler. Da gibts schon ne Menge größerer Unterschiede. Aber gut. Das wars auch meinerseits dazu. Hat keinen Sinn, wie man sieht.
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Ammianus
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen?

Beitrag von Ammianus »

sünnerklaas hat geschrieben:(25 Sep 2018, 11:16)

...

Dass es so gelaufen ist, war in erster Linie ein Versagen Mielkes. Mielke war nicht in der Lage aus all den Lagerberichten aus der Vollüberwachung der Bevölkerung die richtigen Schlüsse zu ziehen. Vielleicht war er auch gar nicht willens, weil zu alt, zu starrsinnig und zu machtgeil. Jedenfalls hat man die Chancen, die sich boten, gar nicht genutzt. Horch und Guck waren mit ihren Ohren überall und nirgends, war aber nicht in der Lage, wirklich zuzuhören. Im Grunde wurden da Berge von Papiermüll produziert.
Das Entscheidende und die ganz simple Realität war, dass die DDR zu keinem Zeitpunkt von einer deutlichen Mehrheit ihrer Bewohner getragen wurde. Um die Mittagszeit des 17. Juni z.B. hatte sie de facto aufgehört zu existieren. Und dann kamen die Panzer der Russen. Genau so war es auch in den anderen Ostblockstaaten. Jedes Mal, wenn die Regime sich zu lockern begannen kündigte sich deutlich ihr Ende an. Das sieht man 56 in Ungarn, 68 in der CSSR und 81 in Polen. Aber bei Letzterem liess man die Schmutzarbeit die polnische Armee erledigen da Teile von dieser signalisiert hatten gegen fremde Truppen Widerstand zu leisten. Nirgendwo in der Welt waren die Kommunisten durch freie Wahlen oder eine Mehrheit an die Macht gelangt. Das ganze System war an sich eine nicht wirklich funktionierende Farce.

Und so brach es dann auch zusammen, als die Herrschenden jeglichen Widerstand aufgaben. Voraussetzung war aber, dass die Führungsmacht UdSSR deutlich macht, nicht mehr zu Gunsten der Regime in den anderen Staaten zu interveniren. Das Politbüro konnte nicht mehr hoffen, dass sie noch einmal durch russische Panzer gerettet werden. Sie hatten die Wahl entweder zu kapitulieren oder sich noch eine Weile mit Gewalt an der Macht zu halten. So war der 9. Oktober, der Tag der friedlichen und großen Montagsdemonstration in Leipzig eigentlich der entscheidenste Tag der gesamten Ereignisse von 1989. Die Tausende von Menschen, die da auf die Straße gingen, wussten nicht, ob sich Polizei und Staasi auf sie stürzen würde, ob nicht sogar Schüsse fallen würden. Vorbereitungen dafür waren getroffen genau wie für landesweite Internierungen von als Negativ-feindliche Elemente eingestufte Menschen. Die Kommunisten hätten sich dann vielleicht noch ein paar völlig trostlose Jahre gehalten. Doch je nach Lage und Zahl der Opfer hätten sie dann ihr verspätetes Ende wohl nicht mehr überlebt.
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen? Antwort erstellen

Beitrag von Skull »

Selina hat geschrieben:(25 Sep 2018, 18:14)

Die DDR und Hitlerdeutschland gleichzusetzen, ist ein Fehler.

Da gibts schon ne Menge größerer Unterschiede.
Ersteres mache ich auch nicht.

Zweiteres ist sicherlich richtig.

Richtig ist aber auch -> das BEIDE (totalitäre) Unrechts-Staaten waren.

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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen? Antwort erstellen

Beitrag von schokoschendrezki »

Selina hat geschrieben:(25 Sep 2018, 16:52)

Also ich hab keine "bleibenden Gehirnschäden" als Folge der DDR-Verhältnisse davongetragen (zumindest nicht, dass ich wüsste :D ) ...
Das ist mir doch klar. Ich auch nicht. Was ich damit sagen wollte und was historisch ja auch auf der Hand liegt: Die historische Wende 89/90 war speziell in der DDR und anders als in den anderen Staaten des sogenannten Ostblocks völlig von der Frage der "Deutschen Einheit" und der "Mauer" überformt.

Opposition in der damaligen Sowjetunion - in dem Falle legale, mehr oder minder geduldete Opposition - hieß unter anderem künstlerisch überragende Filme wie "Abschied von Matjora". Übergreifende Menschheitsthemen. Wie will die Menschheit künftig leben. Ich habe absolut nix, wirklich nix mit Katholizismus am Hut. Aber die Solidarnosc-Bewegung in Polen hatte selbstverständloch etwas damit zu tun, dass mit Johannes Paul II erstmals ein Pole in Rom Papst wurde. Der "Hauptstadt der Welt". Die DDR zu der Zeit war von piefigen-miefigen Meckerern bevölkert. Denen es nicht um Weltläufigkeit sondern um die "Deutsche Einheit" ging. Die in ihren Camping-Anhängern in Erkner sich über fehlende Reisefreiheit und fehlende Bananen mockierten. Dass die jetzt den Zuzug von Asylanten ablehnen oder einfach nicht verstehen ... das wundert doch eigentlich nicht. Oppositionelle gegen Ende der 80er, Künstler, Literaten, produzierten zwar auch Samisdat-Publikationen ... liefen aber häufig mit 'ner Flasche Rotwein durch Berlin oder Dresden, weil sie dieses miese kleinbürgerliche DDR-Klima sonst einfach nicht ausgehalten hätten. Ich weiß, wovon ich spreche.
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen? Antwort erstellen

Beitrag von becksham »

Skull hat geschrieben:(25 Sep 2018, 18:03)

Die übliche Ausweich- und Nebendiskussion.

Da hat nie irgendjemand so etwa geschrieben. Da wird einfach geschrieben...andere...würden...
Und dann will man eine Diskussion über das von niemand geschriebene führen.

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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen?

Beitrag von zollagent »

Ammianus hat geschrieben:(24 Sep 2018, 17:17)

Wie ist diese Aussage jetzt im Kontext des von mir Geschriebenen zu verstehen?
So, wie du sie auch verstanden hast. Es wird von einigen in den neuen Bundesländern immer noch ein Opferkult gepflegt, man "war Opfer in der DDR und man ist wieder Opfer im vereinigten Deutschland". Das aber als das zu erkennen, was es ist, nämlich Selbstmitleid und Hader, daß die Dinge, die man erwartet hat, so nicht eingetroffen sind, und statt dessen andere Zumutungen oder auch Anforderungen an einen gestellt werden, wird empört von sich gewiesen. Das würde die Eigensicht als Opfer gefährden.
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen? Antwort erstellen

Beitrag von Skull »

becksham hat geschrieben:(26 Sep 2018, 08:49)

Das ist kein Ausweichmanöver. Das war tatsächlich für viele Realität.
Viele hatten sich bequem eingerichtet und dachten nicht viel über Politik nach,
sondern lebten ihr Leben. Das war wirklich so.
Klar. So wie in jedem totalitären System.

Natürlich wird sich jeder einrichten (müssen) und MUSS sein Leben leben. Man hat ja auch nur dieses eine.

Ich betone ja selbst immer wieder den Unterschied.

Der Staat und das System DDR war scheisse. Und das hat gerade die überwiegende Mehrheit der Bürger so empfunden.
Das bedeutet natürlich nicht, dass die Menschen alle permanent unzufrieden waren.
Schliesslich hatte dort auch jeder sein einmaliges "glückliches" Leben, in dem er lebte.

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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen?

Beitrag von zollagent »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(25 Sep 2018, 08:13)

Wir kennen unselbständige Menschen in ganz Deutschland und darüber hinaus. Daraus eine DDR-Diskussion zu machen, erscheint mir fragwürdige Ideologiebildung.
Feststellen, wo solche Phänomene gehäuft auftreten und warum sie auftraten, kann durchaus vermitteln, wo man ansetzen muß. Und, auch wenn ich dir zustimme, daß eine reine "DDR-Diskussion" fehl am Platze wäre, so darf nicht übersehen werden, daß die DDR-Bevölkerung durch die Staatserziehung gespalten wurde, in diejenigen, die eben der staatlich gewollten Unselbständigkeit nachgaben und diejenigen, die letztlich das Regime gestürzt haben, eben weil sie sich diese Unselbständigkeit nicht aufdrängen lassen wollten.
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen? Antwort erstellen

Beitrag von schokoschendrezki »

Skull hat geschrieben:(25 Sep 2018, 17:04)

Solchen Relativierungen kann ich NICHTS abgewinnen.

Auch wenn vielleicht...die Mehrheit nicht gerade besonders politisiert ist , besser aber ...war...

Die Stasi, der Staatsapparat, die DDR als Staat, war für jeden DDR-Bürger präsent.
Und diesen eingeschlossenem Raum, war definitiv die MEHRHEIT mehr als "erfreut", ihn hinter sich zu lassen.

Freiheit.

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Was Du vergisst: Die Präsenz der Stasi und des Staatsapparats war für eine relative MINDERHEIT repressiv. Eine relative MEHRHEIT sah sich nach karrierefördernden Beziehungen zum Staatsapparat um. Das ist eine ziemlich bittere Wahrheit.
Zuletzt geändert von schokoschendrezki am Mi 26. Sep 2018, 09:23, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen? Antwort erstellen

Beitrag von zollagent »

Selina hat geschrieben:(25 Sep 2018, 16:52)
..Dass sie dann in der Mehrheit den Anschluss wählten, hat eher Wohlstandsgründe. Man wollte das haben, was "die da drüben" auch hatten. Das wird nachträglich immer so heroisiert und als "Freiheitskampf" hochstilisiert.
Nun ja, "Gehirnschäden" würde ich auch nicht sagen, aber prägende Erlebnisse, das durchaus. Erwartungen, Selbstversprechen und auch viele Versprechungen wurden nicht erfüllt. Und "zu bekommen, was die hatten" entpuppte sich schon als schwierig. Das ist so, als wenn man bei einem Marathonlauf startet, eine Stunde nach dem Startschuß, wenn die Anderen längst auf und davon sind. Und das programmiert jemanden, der gewohnt war, daß der Staat allumfänglich umsorgt. Danach sehnt man sich wieder, der Druck der Eigenvorsorge wird als unbequem empfunden. Und man wäre ihn gerne los. Da bietet sich doch an, jemandem zu folgen, der a. "Schuldige an der Misere" anbieten kann und b. verspricht, eben diesen Druck wegzunehmen. Daß solcherlei Versprechungen sehr diffus sind, tut dem keinen Abbruch.
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Beitrag von schokoschendrezki »

zollagent hat geschrieben:(26 Sep 2018, 09:23)

Nun ja, "Gehirnschäden" würde ich auch nicht sagen, aber prägende Erlebnisse, das durchaus. Erwartungen, Selbstversprechen und auch viele Versprechungen wurden nicht erfüllt. Und "zu bekommen, was die hatten" entpuppte sich schon als schwierig. Das ist so, als wenn man bei einem Marathonlauf startet, eine Stunde nach dem Startschuß, wenn die Anderen längst auf und davon sind. Und das programmiert jemanden, der gewohnt war, daß der Staat allumfänglich umsorgt. Danach sehnt man sich wieder, der Druck der Eigenvorsorge wird als unbequem empfunden. Und man wäre ihn gerne los. Da bietet sich doch an, jemandem zu folgen, der a. "Schuldige an der Misere" anbieten kann und b. verspricht, eben diesen Druck wegzunehmen. Daß solcherlei Versprechungen sehr diffus sind, tut dem keinen Abbruch.
Das ist schon eine ziemlich zutreffende Sicht ... ich würde nur anstelle oder zumindest neben des "Drucks der Eigenvorsorge" die "Konfrontation mit der Welt" setzen wollen.
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen? Antwort erstellen

Beitrag von Skull »

schokoschendrezki hat geschrieben:(26 Sep 2018, 09:20)

Was Du vergisst: Die Präsenz der Stasi und des Staatsapparats war für eine relative MINDERHEIT repressiv. Eine relative MEHRHEIT sah sich nach karrierefördernden Beziehungen zum Staatsapparat um. Das ist eine ziemlich bittere Wahrheit.
Die meisten Menschen, die in der DDR aufgewachsen sind -> die ich kenne,
trauern der DDR NULL nach. Hatten auch kaum bis keine karrierefördernden Beziehungen zum Staatsapparat.
Sie differenzieren die eigene staatliche Vergangenheit,
hatten wie die meisten Menschen, Umstellungsprobleme nach dem Fall der DDR, haben ihre Chancen genutzt.

Und kritisieren HEUTE ebenso Dinge, wie andere Menschen auch. Das auch in der BRD nicht alles, das gelbe vom Ei ist.
Relativieren und romantisieren aber (trotzdem) nicht die DDR.

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Beitrag von schokoschendrezki »

Skull hat geschrieben:(26 Sep 2018, 09:45)

Die meisten Menschen, die in der DDR aufgewachsen sind -> die ich kenne,
trauern der DDR NULL nach. Hatten auch kaum bis keine karrierefördernden Beziehungen zum Staatsapparat.
Das eine steht mit dem anderen in keinem Widerspruch. Es ist allgemein menschlich verständlich, sich unter gegebenen Bedingungen einzurichten. Eine "Beziehung zum Staatsapparat" gehst du schon ein, wenn Du dein Kind zur Schule anmeldest. Ist also sowieso völlig unvermeidlich.

Das spezielle Strang-Problem DDR-Gesellschaft bzw. "eine andere Republik" besteht aus meiner Sicht auch gar nicht so sehr in der "Einlassung mit dem Staatsapparat" sondern in der Nichteinlassung mit der Welt.
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Selina
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen? Antwort erstellen

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(26 Sep 2018, 09:20)

Was Du vergisst: Die Präsenz der Stasi und des Staatsapparats war für eine relative MINDERHEIT repressiv. Eine relative MEHRHEIT sah sich nach karrierefördernden Beziehungen zum Staatsapparat um. Das ist eine ziemlich bittere Wahrheit.
Zwischen diesen beiden Polen befanden sich aber noch sehr viele (etliche Millionen, meiner Meinung nach), die weder unter Repressionen leiden mussten noch Staat/SED/Stasi zur Karriereförderung brauchten oder nutzten. Diese Extreme in der Darstellung ärgern mich immer besonders. Mein eigenes Leben in der DDR und wie ich es empfand, finde ich in sämtlichen Nachwende-Beschreibungen von Dritten einfach nicht wieder. Ich war weder "staatsnah" noch irgendein "Kader". Auch kein Wendenrevolutionär, dafür aber immer sehr kritisch, wenn wieder mal sinnlos propagandistisch rumgelabert wurde. Aber sowas äußerte ich auch, kriegte eins aufm Deckel und manchmal auch nicht und machte weiter. Ich hatte ein gutes - überhaupt nicht angepasstes - Leben, einen interessanten Job, Familie, Freunde, richtig spannende Freizeitbeschäftigungen etcpp. Und Nachbarn, Kollegen, Freunde haben es ähnlich oder genauso empfunden oder eben auch ganz anders. Mir fehlt heute einfach die differenzierte und differenzierende Sicht. Stattdessen werden Klischees bedient. Ich hatte immer die Hoffnung, je weiter die DDR-Zeit entfernt ist, desto mehr rückt nüchterne und wirklich analytische Betrachtung dieser Zeit in den Vordergrund, wo man, wie du immer sagst, geschilderte Widersprüche einfach aushält und akzeptiert. Aber das Gegenteil scheint der Fall zu sein.

Und was du oft mit "miesem kleinbürgerlichen DDR-Klima" beschreibst, sorry, aber das sehe ich heute ebenfalls massenhaft. Es kommt doch immer darauf an, in welchen Kreisen man sich bewegt. Ich könnte dir aus der jetzigen Bundesrepublik, aus Ost und West, jede Menge aktuelle Beispiele "für mieses kleinbürgerliches Klima" aufzählen. Dafür würde der Platz gar nicht reichen. Und andersrum hab ich durchaus auch damals in der DDR jede Menge Gelegenheiten gehabt und auch genutzt, wo es sehr lebendig, sehr frei, sehr kreativ und sehr streitbar und vor allem auch sehr humorvoll zuging.

Das hat auch nichts mit "der DDR hinterhertrauern" zu tun, wie es hier jemand formulierte. Nein, es geht einfach um ausgewogene, antithetische und halbwegs objektive Beschreibungen, wo man auch mal "einerseits und andererseits" zulassen kann.
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen? Antwort erstellen

Beitrag von Ammianus »

becksham hat geschrieben:(26 Sep 2018, 08:49)

Das ist kein Ausweichmanöver. Das war tatsächlich für viele Realität. Viele hatten sich bequem eingerichtet und dachten nicht viel über Politik nach, sondern lebten ihr Leben. Das war wirklich so.
Das ist aber eigentlich auch das ganz normale Verhalten der meisten Menschen zu allen Zeiten und überall.
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen? Antwort erstellen

Beitrag von zollagent »

schokoschendrezki hat geschrieben:(26 Sep 2018, 09:36)

Das ist schon eine ziemlich zutreffende Sicht ... ich würde nur anstelle oder zumindest neben des "Drucks der Eigenvorsorge" die "Konfrontation mit der Welt" setzen wollen.
Einverstanden. Ich habe nach der Wende ca. 5 Jahre "drüben" gewohnt und gearbeitet. Und habe mich bewußt in einem kleinen Dörfchen eingemietet, obwohl mir Magdeburg oder Dresden mehr "westliches Lebensgefühl" hätten geben können. Es hat ein paar Jugenderinnerungen wachgerufen, als ich als Kind immer ein paar Wochen im Jahr bei meinem Großonkel war. Und die Menschen waren nach einer kurzen Eingewöhnungszeit zugänglicher und offener "zum Nachbarn von nebenan", als zu dem "Sanierer aus der Großstadt". Damals sind Freundschaften entstanden, die bis heute bestehen.
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen?

Beitrag von BlueMonday »

Das geistige Klima in der DDR war hoffnungslos vergiftet. Es gab keinen offenen Diskurs. Substanzielle Kritik war unmöglich. Das Atmen fiel schwer, wenn man auch nur ansatzweise ein liberaler, selbstbewusster Mensch war.
Mit der Einmauerung der Bevölkerung 61 war das System schon moralisch bankrott. 53 eigentlich schon. Es war ein System, das sich nur mit Gewalt und viel Aufwand am Leben hielt. Ein nicht unwesentlicher Teil seiner Ressourcen wurde mit Militärisierung, Grenzsicherung und Bespitzelung verbrannt. Den anderen Teil wirtschaftete der falsche Ansatz des Sozialismus herunter. 89 war einfach Feierabend mit diesem Dreck. Ein Wunder im Grunde, dass die DDR 40 lange Jahre durchhielt.
Was waren die Gründe dafür? Schalck-Golodkowski vielleicht. Ein paar Lockerungen, die "Besuchsregelung" für Rentner und das System hinter dem offiziellen System: der Schwarzmarkt, die private Initiative. Ohne die Hardliner wie Mittag oder Mielke hätte die DDR vielleicht länger existiert. Eine innere Reform wäre vielleicht möglich gewesen, eine Transformation in ein liberales, marktförmiges, würdevolleres, selbstkritisches System und eine Wiedervereinigung unter anderen Bedingungen, auf gleicher Augenhöhe. Die DDR hätte die BRD vielleicht sogar überholen können. Die BRD hat ja auch ihre Trägheiten und Verkrustungen im staatlichen Bereich, viel Wasserkopf, viel Masse, die sich schwer bewegen lässt.
ensure that citizens are informed that the vaccination is not mandatory and that no one is under political, social or other pressure to be vaccinated if they do not wish to do so;
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen? Antwort erstellen

Beitrag von schokoschendrezki »

Selina hat geschrieben:(26 Sep 2018, 10:55)
Und was du oft mit "miesem kleinbürgerlichen DDR-Klima" beschreibst, sorry, aber das sehe ich heute ebenfalls massenhaft. Es kommt doch immer darauf an, in welchen Kreisen man sich bewegt. Ich könnte dir aus der jetzigen Bundesrepublik, aus Ost und West, jede Menge aktuelle Beispiele "für mieses kleinbürgerliches Klima" aufzählen.
Woraufs mir ankommt, ist, eine Erklärung für die spezielle Situation in der EX-DDR bzw. heute im Gebiet dieser Ex-DDR im Vergleich mit dem übrigen Ostblock und der SU/Russland zu finden. Und natürlich: Die deutsch-deutsche Frage überlagerte in der DDR sonstige Demokratisierungs-Fragen. Das ist doch völlig klar. Die "Enge" der DDR-Gesellschaft hatte auch etwas mit dieser starren Hinwendung zu dieser deutsch-deutschen Frage von seiten auch eher oppositioneller Leute etwas zu tun.

Ich bin mir der Paradoxien und WIdersprüche dieser Entwicklungen dabei völlig bewusst. Die Hinwendung der Blicke der Polen nicht nur auf ein anderes Polen sondern auf einen Papst in Rom ... war im Vergleich zur Situation in der DDR auch damals schon auf der einen Seite zutiefst reaktionär, auf der anderen Seite aber eben auch irgendwie über den Horizont von Erkner-Fangschleuse hinausreichend. Und heute haben wir eine reaktionär-katholisch-nationalistisch-konservative Regierung in Polen.

Heute zieht in Polen ein erzkatholischer Hardliner die Fäden und in Sachsen ein Büroinformationselektroniker und umgelernter Wirtschaftsingenieur. Es ist im Grunde alles beim Alten geblieben. Unabhängig von der politischen Bewertung: Allein schon das Wort "Büroinformationselektroniker" sagt irgendwie eine Menge aus. Sachsen ist irgendwie das Land der Büroinformationselektroniker ... Richtig Stunk wollen da eigentlich nur wenige ... aber "Ordnung muss sein".
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen? Antwort erstellen

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(26 Sep 2018, 12:27)

Woraufs mir ankommt, ist, eine Erklärung für die spezielle Situation in der EX-DDR bzw. heute im Gebiet dieser Ex-DDR im Vergleich mit dem übrigen Ostblock und der SU/Russland zu finden. Und natürlich: Die deutsch-deutsche Frage überlagerte in der DDR sonstige Demokratisierungs-Fragen. Das ist doch völlig klar. Die "Enge" der DDR-Gesellschaft hatte auch etwas mit dieser starren Hinwendung zu dieser deutsch-deutschen Frage von seiten auch eher oppositioneller Leute etwas zu tun.

Ich bin mir der Paradoxien und WIdersprüche dieser Entwicklungen dabei völlig bewusst. Die Hinwendung der Blicke der Polen nicht nur auf ein anderes Polen sondern auf einen Papst in Rom ... war im Vergleich zur Situation in der DDR auch damals schon auf der einen Seite zutiefst reaktionär, auf der anderen Seite aber eben auch irgendwie über den Horizont von Erkner-Fangschleuse hinausreichend. Und heute haben wir eine reaktionär-katholisch-nationalistisch-konservative Regierung in Polen.

Heute zieht in Polen ein erzkatholischer Hardliner die Fäden und in Sachsen ein Büroinformationselektroniker und umgelernter Wirtschaftsingenieur. Es ist im Grunde alles beim Alten geblieben. Unabhängig von der politischen Bewertung: Allein schon das Wort "Büroinformationselektroniker" sagt irgendwie eine Menge aus. Sachsen ist irgendwie das Land der Büroinformationselektroniker ... Richtig Stunk wollen da eigentlich nur wenige ... aber "Ordnung muss sein".
:D :thumbup:

Witzige Beschreibung. Du, ich kenne aber auch westliche "Büroinformationselektroniker". Das ist schon ziemlich deutsch. "Ordnung muss sein", und wenn ihm auch quiekt :D Hinzu kommt "Klein, aber mein".

Polen, das ich recht gut kenne, ist auch ein Schock für mich.
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen?

Beitrag von schokoschendrezki »

BlueMonday hat geschrieben:(26 Sep 2018, 12:13)

Das geistige Klima in der DDR war hoffnungslos vergiftet. Es gab keinen offenen Diskurs. Substanzielle Kritik war unmöglich. Das Atmen fiel schwer, wenn man auch nur ansatzweise ein liberaler, selbstbewusster Mensch war.
Mit der Einmauerung der Bevölkerung 61 war das System schon moralisch bankrott. 53 eigentlich schon. Es war ein System, das sich nur mit Gewalt und viel Aufwand am Leben hielt. Ein nicht unwesentlicher Teil seiner Ressourcen wurde mit Militärisierung, Grenzsicherung und Bespitzelung verbrannt. Den anderen Teil wirtschaftete der falsche Ansatz des Sozialismus herunter. 89 war einfach Feierabend mit diesem Dreck. Ein Wunder im Grunde, dass die DDR 40 lange Jahre durchhielt.
Was waren die Gründe dafür? Schalck-Golodkowski vielleicht. Ein paar Lockerungen, die "Besuchsregelung" für Rentner und das System hinter dem offiziellen System: der Schwarzmarkt, die private Initiative. Ohne die Hardliner wie Mittag oder Mielke hätte die DDR vielleicht länger existiert. Eine innere Reform wäre vielleicht möglich gewesen, eine Transformation in ein liberales, marktförmiges, würdevolleres, selbstkritisches System und eine Wiedervereinigung unter anderen Bedingungen, auf gleicher Augenhöhe. Die DDR hätte die BRD vielleicht sogar überholen können. Die BRD hat ja auch ihre Trägheiten und Verkrustungen im staatlichen Bereich, viel Wasserkopf, viel Masse, die sich schwer bewegen lässt.
Ja. Franz-Joseph Strauß und seine Milliardenkrediteinfädelungen hatte ich ja schon genannt. Das war zwar auch nur ein Baustein bei der Lebensverlängerung der DDR aber kein ganz unwichtiger. Ein anderer, vielleicht noch wesentlicherer Punkt: Die völlig und absolut rücksichtslose Ausbeutung der Umwelt zugunsten von Deviseneinnahmen.

Ich glaube, wenn man wirklich unabhängig von Beschuldigungen und uralten Ideologisierungen, unabhängig von antikommunistischer Hysterie und sozialistischer Klassenkampfrhetorik Überlegungen anstellen will, dann in diese Richtung: Was eigentlich hat ein Land wie China anders gemacht und den totalen wirtschaftlichen Aufstieg auch unter dem Banner des Sozialismus hinbekommen. Dass der chinesische "Sozialismus" in vielerlei Hinsicht kapitalistischer ist als die kapitalistischste Marktwirtschaft ... wissen wir doch. Das war in der DDR auch nicht anders. Gibt es etwas kapitalistischeres als den Freikauf politischer Häfltinge, um sich mit den Devisenerlösen eine neue Regierungsautoflotte zu finanzieren?
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen? Antwort erstellen

Beitrag von Skull »

Selina hat geschrieben:(26 Sep 2018, 10:55)

Das hat auch nichts mit "der DDR hinterhertrauern" zu tun, wie es hier jemand formulierte.

Nein, es geht einfach um ausgewogene, antithetische und halbwegs objektive Beschreibungen,
wo man auch mal "einerseits und andererseits" zulassen kann.
Ich gehe davon aus, das Du mich da meinst.

Was Du nicht verstehst, das ich einen Unterschied mache, zwischen dem System und Staat der DDR...
und den Menschen und das Leben in der DDR.

Bei zweiterem liege ich nahe bei Dir. Bei ersterem bin ich kompromislos.

Was Du mir überigens immer noch nicht beantwortet hast, war die Frage, ob ICH in der DDR lebte, was das sollte.
Oder Du weisst genau, was mein Kommentar aussrückte und Du eine offenen Antwort scheust.

Ich differenziere bei diesem Thema. Und gerade aus und wegen meinem (eigenen) familiären Hintergrund. ;)

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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen? Antwort erstellen

Beitrag von schokoschendrezki »

Skull hat geschrieben:(26 Sep 2018, 12:48)

Ich gehe davon aus, das Du mich da meinst.

Was Du nicht verstehst, das ich einen Unterschied mache, zwischen dem System und Staat der DDR...
und den Menschen und das Leben in der DDR.
Der Unterschied besteht zunächst mal darin, dass es natürlich keine "Ostdeutschen", keine "DDR-Menschen" als irgendwie anthropologische Kategorie gibt. Eine Wechselbeziehung zwischen dem gesellschaftlichen System und dem Leben der Menschen auf dem Gebiet der DDR gibt es aber sehr wohl. Die DDR war ein autokratisches System und keine Diktatur. System und Staat rekrutierten sich sehr wohl nicht aus irgendwelchen Aliens von einem fremden Stern sondern aus einem Teil der Bürger selbst. In einer durcschnittlichen Gymnasisumsklasse oder einer durchschnittlichen Seminargruppe oder Studiengang in den 70ern würde ich geschätzt ein Viertel bis ein Drittel als Teil dieses Rekrutierungspotenzials ansehen. Und geschätzt ein Zwanzigstel als wirklich bewusst widerständig. Den großen Rest als neutral.
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen? Antwort erstellen

Beitrag von Selina »

becksham hat geschrieben:(26 Sep 2018, 08:49)

Das ist kein Ausweichmanöver. Das war tatsächlich für viele Realität. Viele hatten sich bequem eingerichtet und dachten nicht viel über Politik nach, sondern lebten ihr Leben. Das war wirklich so.
Genau. Ich glaube auch, dass es sich viele nicht eingestehen wollen, dass etliche Millionen in der damaligen DDR so lebten, so "stinknormal" und ganz alltäglich, das hängt mit dem offiziellen Bild (Sonntagsreden, Medien) zusammen, das gleich nach der Wende und eigentlich bis heute von der DDR und der Wiedervereinigung vermittelt wird. Da hat es einfach Gesetz zu sein: DDR alles igitt, bäh, ungerecht, verkrustet, miefig-piefig, unfrei, stasibelastet - alte BRD und Gesamtdeutschland alles wunderbar, frei, offen, herrlich, die Erfüllung und das Glück schlechthin, trallala und hopsasa :D Das ist aber eben viel zu schwarz-weiß gemalt. Und hat auch mit Siegermentalität zu tun. Ich frag mich nur, warum das so lange nach dem Ableben der DDR immer noch funktioniert. Warum ist das nötig? Wovor hat man eigentlich Angst? Das irgendein klitzekleiner Funke von Sozialismus noch mal neu aufflammen könnte? Oder wie oder was? Außerdem: Ein wenig Selbstkritik würde dem jetzigen gemeinsamen Deutschland auch nicht schaden ;)
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen? Antwort erstellen

Beitrag von Skull »

schokoschendrezki hat geschrieben:(26 Sep 2018, 13:02)

System und Staat rekrutierten sich sehr wohl nicht aus irgendwelchen Aliens von einem fremden Stern
Hättest Du nicht schreiben brauchen. DAS ist jedem klar.

Überall auf der Erde, in jedem Land, in jedem System.



Es sei denn ... man glaubt an Aliens. :D

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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen? Antwort erstellen

Beitrag von Skull »

Selina hat geschrieben:(26 Sep 2018, 13:04)

DDR alles igitt, bäh, ungerecht, verkrustet, miefig-piefig, unfrei, stasibelastet -
alte BRD und Gesamtdeutschland alles wunderbar, frei, offen, herrlich,
die Erfüllung und das Glück schlechthin, trallala und hopsasa :D

Das ist aber eben viel zu schwarz-weiß gemalt. Und hat auch mit Siegermentalität zu tun.
Diese negative Spiegelung vertritts Du.

Wenn Du zuhören (lesen und verstehen) würdest, ist davon keinerlei Rede.

Gerade in der BRD gab es DAMALS, früher und noch mehr...HEUTE jede Menge Kritik.
Selbstkritik, "Fremdkritik" und vieles mehr.

Gerade das öffentliche Ringen um Wege und Veränderungen, ob in den 60er und 70er Jahren,
genauso auch wie Diskussionen und Auseinandersetzungen zur Jahrtausenwende ... wie eben auch gerade HEUTE...

lassen da wohl anderes vermuten. ;)

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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen?

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(26 Sep 2018, 12:43)

Ja. Franz-Joseph Strauß und seine Milliardenkrediteinfädelungen hatte ich ja schon genannt. Das war zwar auch nur ein Baustein bei der Lebensverlängerung der DDR aber kein ganz unwichtiger. Ein anderer, vielleicht noch wesentlicherer Punkt: Die völlig und absolut rücksichtslose Ausbeutung der Umwelt zugunsten von Deviseneinnahmen.

Ich glaube, wenn man wirklich unabhängig von Beschuldigungen und uralten Ideologisierungen, unabhängig von antikommunistischer Hysterie und sozialistischer Klassenkampfrhetorik Überlegungen anstellen will, dann in diese Richtung: Was eigentlich hat ein Land wie China anders gemacht und den totalen wirtschaftlichen Aufstieg auch unter dem Banner des Sozialismus hinbekommen. Dass der chinesische "Sozialismus" in vielerlei Hinsicht kapitalistischer ist als die kapitalistischste Marktwirtschaft ... wissen wir doch. Das war in der DDR auch nicht anders. Gibt es etwas kapitalistischeres als den Freikauf politischer Häfltinge, um sich mit den Devisenerlösen eine neue Regierungsautoflotte zu finanzieren?
Ich hätte mir viel versprochen, wenn die Bürgerrechtler von damals zusammen mit anderen, die das ähnlich sahen (siehe große Kundgebung aufm Alex), den berühmten und heute oft kleingeredeten "dritten Weg" gegangen wären. Das heißt: Weg mit dem Ein-Parteien-System und den SED-hörigen Blockparteien CDU, LDPD, NDPD, Bauernpartei und wie sie alle hießen. Einführung eines echten demokratischen Wahlsystems mit Mehrparteien-Strukturen. Ablösung der alten stalinistischen Führungssäcke und Zusammenarbeit mit den progressiven Eliten, statt sie komplett zu entlassen (wie es ja dann der Fall war). Wiedereinführung (denn das gabs ja auch in der DDR schon einmal vor der ersten und zweiten Verstaatlichungswelle) von privatem Eigentum an Produktionsmitteln. Das Nebeneinander von mehreren Eigentumsformen akzeptieren und fördern: Von staatlichem, kommunalen, genossenschaftlichem, privatem. Gewinnorientierung der Wirtschaft wieder einführen und fördern und wirkliches Handeln nach dem Prinzip "Eigentum verpflichtet". Demokratie in der Wirtschaft einführen. Mehr Anteilseignertum ermöglichen, nicht nur bei Genossenschaften. Sozialistische Elemente der Sozialpolitik beibehalten und ausbauen. Kreativität und Individualität der Leute fördern statt behindern. Und so weiter und so fort. Da gab es damals zu Wenden- und Vorwende-Zeiten ne Menge guter Ansätze und Vorstellungen. Sehr interessant und spannend und im besten Sinne des Wortes eine neue demokratische Gesellschaft. Nicht zu vergleichen mit der Ex-DDR, aber auch nicht zu vergleichen mit der Ex-BRD. Etwas wirklich Neues. Die Eile vieler DDR-Bürger, möglichst schnell an Westgeld zu kommen und die Machtgeilheit von Kohl und seiner CDU (und diverse andere Faktoren) haben verhindert, dass man die DDR, statt sie abzuschaffen, grundlegend reformieren hätte können. Das war nämlich der Wunsch und die Idee von gar nicht mal so wenigen Menschen damals. Auch wenn dieser Weg sicher anstrengender gewesen wäre als Anschluss.

Eine andere Variante betont Gysi des Öfteren: Er sagt, wenn man einige gut funktionierende Dinge aus der DDR, wie Polikliniken, Schulwesen, Ganztagsschulcharakter, polytechnischer Charakter des Unterrichts, ausreichende Kita-Betreuung, hundertprozentige Gleichberechtigung von Frau und Mann, wo es keine Lohnunterschiede bei gleicher Arbeit gab, zur Einheit übernommen hätte für ganz Deutschland, wäre die Sache besser verlaufen. Dann hätten die Ossis nicht das Gefühl haben müssen, ihr Leben sei nur wertloser Mist gewesen. Und die Wessis hätten ein paar neue Dinge dazu gekriegt, die es so noch nicht gegeben hatte bei ihnen und die das Leben insgesamt verbessert hätten.

Und auch, wenn das nun alles lange Vergangenheit ist und nicht ungeschehen gemacht werden kann, sollte man es in der Analyse der damaligen Verhältnisse schon ein wenig beachten und mit bedenken.
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen?

Beitrag von schokoschendrezki »

Selina hat geschrieben:(26 Sep 2018, 13:37)

Ich hätte mir viel versprochen, wenn die Bürgerrechtler von damals zusammen mit anderen, die das ähnlich sahen (siehe große Kundgebung aufm Alex), den berühmten und heute oft kleingeredeten "dritten Weg" gegangen wären. Das heißt: Weg mit dem Ein-Parteien-System und den SED-hörigen Blockparteien CDU, LDPD, NDPD, Bauernpartei und wie sie alle hießen. Einführung eines echten demokratischen Wahlsystems mit Mehrparteien-Strukturen. Ablösung der alten stalinistischen Führungssäcke und Zusammenarbeit mit den progressiven Eliten, statt sie komplett zu entlassen (wie es ja dann der Fall war). Wiedereinführung (denn das gabs ja auch in der DDR schon einmal vor der ersten und zweiten Verstaatlichungswelle) von privatem Eigentum an Produktionsmitteln. Das Nebeneinander von mehreren Eigentumsformen akzeptieren und fördern: Von staatlichem, kommunalen, genossenschaftlichem, privatem. Gewinnorientierung der Wirtschaft wieder einführen und fördern und wirkliches Handeln nach dem Prinzip "Eigentum verpflichtet". Demokratie in der Wirtschaft einführen. Mehr Anteilseignertum ermöglichen, nicht nur bei Genossenschaften. Sozialistische Elemente der Sozialpolitik beibehalten und ausbauen. Kreativität und Individualität der Leute fördern statt behindern. Und so weiter und so fort. Da gab es damals zu Wenden- und Vorwende-Zeiten ne Menge guter Ansätze und Vorstellungen. Sehr interessant und spannend und im besten Sinne des Wortes eine neue demokratische Gesellschaft. Nicht zu vergleichen mit der Ex-DDR, aber auch nicht zu vergleichen mit der Ex-BRD. Etwas wirklich Neues. Die Eile vieler DDR-Bürger, möglichst schnell an Westgeld zu kommen und die Machtgeilheit von Kohl und seiner CDU (und diverse andere Faktoren) haben verhindert, dass man die DDR, statt sie abzuschaffen, grundlegend reformieren hätte können. Das war nämlich der Wunsch und die Idee von gar nicht mal so wenigen Menschen damals. Auch wenn dieser Weg sicher anstrengender gewesen wäre als Anschluss.
Soweit gehe ich hundertprozent konform. Nur: So wie es in Polen absolut, völlig unmöglich war, demokratische Reformen unabhängig von der nationalen Geschichte, der katholischen Kirche, unabhängig von den Beziehungen Solidarnosc-Vatikan, unabhängig von der Aufarbeitung der sowjetisch/russisch-polnischen Vergangenheit durchzuführen ... als ebenso völlig unmöglich hat es sich erwiesen, demokratische Reformen auf dem Gebiet der Ex-DDR unabhängig von der Frage der "Wiedervereinigung" hinzubekommen. Und da sind wir möglicherweise auch bei einer der wesentlichen Ursachen für "wollen die Ostdeutschen eine andere Republik". Die nächste Assoziation vieler Menschen auf dem Gebiet der Ex-DDR ist ja (vielleicht) nicht zunächst Demokratie, Öffnung, Marktwirtschaft sondern zuerst "Wiedervereinigung" und "Maueröffnung". "Deutschland einig Vaterland" (Zitat Hans Modrow 1990). Eine Art Geburtsfehler oder Psychotrauma. Die Nation, nicht die Demokratie ist primär psychologisch positiv besetzt. Und Fremde, Aslyanten bedrohen diese grundsätzlich positive Besetzung des Nationenbegriffs.
Eine andere Variante betont Gysi des Öfteren: Er sagt, wenn man einige gut funktionierende Dinge aus der DDR, wie Polikliniken, Schulwesen, Ganztagsschulcharakter, polytechnischer Charakter des Unterrichts, ausreichende Kita-Betreuung, hundertprozentige Gleichberechtigung von Frau und Mann, wo es keine Lohnunterschiede bei gleicher Arbeit gab, zur Einheit übernommen hätte für Ganzdeutschland, wäre die Sache besser verlaufen. Dann hätten die Ossis nicht das Gefühl haben müssen, ihr Leben sei nur wertloser Mist gewesen. Und die Wessis hätten ein paar neue Dinge dazu gekriegt, die es so noch nicht gegeben hatte bei ihnen und die das Leben insgesamt verbessert hätten.

Und auch, wenn das nun alles lange Vergangenheit ist und nicht ungeschehen gemacht werden kann, sollte man es in der Analyse der damaligen Verhältnisse schon ein wenig beachten und mit bedenken.
Dass Polikliniken oder Kita-Betreuung "gut funktionierende Dinge" waren ... diese Erfahrung kehrt ja ohnehin in der Praxis zurück. Zwangsläufig. Oder auch nicht (wenn es unter heutigen Bedingungen eben kein "gut funktionierendes Ding" ist). Das muss oder darf man eigentlich nicht als "DDR-Errungenschaft" verkaufen. In jeder Zeitepoche gibt es im sozialen Zusammenleben Optimierungsstrategien. Heute haben wir nicht diesen scheißspießigen 8. März als "Frauentag" ... mit seinen Nelkensträußen und Gegenanzüglichkeiten keinen Deut fortschrittlicher als Herrentagsparties ... sondern eine immer weiter um sich greifende MeToo-Debatte. Und auch die wird einmal irgendwann nur ein Eintrag in irgendwelchen Geschichtsbüchern sein.
Zuletzt geändert von schokoschendrezki am Mi 26. Sep 2018, 14:08, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen? Antwort erstellen

Beitrag von zollagent »

Selina hat geschrieben:(26 Sep 2018, 13:04)

Genau. Ich glaube auch, dass es sich viele nicht eingestehen wollen, dass etliche Millionen in der damaligen DDR so lebten, so "stinknormal" und ganz alltäglich, das hängt mit dem offiziellen Bild (Sonntagsreden, Medien) zusammen, das gleich nach der Wende und eigentlich bis heute von der DDR und der Wiedervereinigung vermittelt wird. Da hat es einfach Gesetz zu sein: DDR alles igitt, bäh, ungerecht, verkrustet, miefig-piefig, unfrei, stasibelastet - alte BRD und Gesamtdeutschland alles wunderbar, frei, offen, herrlich, die Erfüllung und das Glück schlechthin, trallala und hopsasa :D Das ist aber eben viel zu schwarz-weiß gemalt. Und hat auch mit Siegermentalität zu tun. Ich frag mich nur, warum das so lange nach dem Ableben der DDR immer noch funktioniert. Warum ist das nötig? Wovor hat man eigentlich Angst? Das irgendein klitzekleiner Funke von Sozialismus noch mal neu aufflammen könnte? Oder wie oder was? Außerdem: Ein wenig Selbstkritik würde dem jetzigen gemeinsamen Deutschland auch nicht schaden ;)
Bei solch pauschalen Beschreibungen ist dein Reflex "im Westen war auch nicht alles gut" durchaus verständlich. Nur trifft er selten den Kern der Sache. Niemand, auch du nicht, muß sich rechtfertigen, auch wenn viele genau in diesen Reflex verfallen.
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen?

Beitrag von zollagent »

Selina hat geschrieben:(26 Sep 2018, 13:37)

Ich hätte mir viel versprochen, wenn die Bürgerrechtler von damals zusammen mit anderen, die das ähnlich sahen (siehe große Kundgebung aufm Alex), den berühmten und heute oft kleingeredeten "dritten Weg" gegangen wären. Das heißt: Weg mit dem Ein-Parteien-System und den SED-hörigen Blockparteien CDU, LDPD, NDPD, Bauernpartei und wie sie alle hießen. Einführung eines echten demokratischen Wahlsystems mit Mehrparteien-Strukturen. Ablösung der alten stalinistischen Führungssäcke und Zusammenarbeit mit den progressiven Eliten, statt sie komplett zu entlassen (wie es ja dann der Fall war). Wiedereinführung (denn das gabs ja auch in der DDR schon einmal vor der ersten und zweiten Verstaatlichungswelle) von privatem Eigentum an Produktionsmitteln. Das Nebeneinander von mehreren Eigentumsformen akzeptieren und fördern: Von staatlichem, kommunalen, genossenschaftlichem, privatem. Gewinnorientierung der Wirtschaft wieder einführen und fördern und wirkliches Handeln nach dem Prinzip "Eigentum verpflichtet". Demokratie in der Wirtschaft einführen. Mehr Anteilseignertum ermöglichen, nicht nur bei Genossenschaften. Sozialistische Elemente der Sozialpolitik beibehalten und ausbauen. Kreativität und Individualität der Leute fördern statt behindern. Und so weiter und so fort. Da gab es damals zu Wenden- und Vorwende-Zeiten ne Menge guter Ansätze und Vorstellungen. Sehr interessant und spannend und im besten Sinne des Wortes eine neue demokratische Gesellschaft. Nicht zu vergleichen mit der Ex-DDR, aber auch nicht zu vergleichen mit der Ex-BRD. Etwas wirklich Neues. Die Eile vieler DDR-Bürger, möglichst schnell an Westgeld zu kommen und die Machtgeilheit von Kohl und seiner CDU (und diverse andere Faktoren) haben verhindert, dass man die DDR, statt sie abzuschaffen, grundlegend reformieren hätte können. Das war nämlich der Wunsch und die Idee von gar nicht mal so wenigen Menschen damals. Auch wenn dieser Weg sicher anstrengender gewesen wäre als Anschluss.

Eine andere Variante betont Gysi des Öfteren: Er sagt, wenn man einige gut funktionierende Dinge aus der DDR, wie Polikliniken, Schulwesen, Ganztagsschulcharakter, polytechnischer Charakter des Unterrichts, ausreichende Kita-Betreuung, hundertprozentige Gleichberechtigung von Frau und Mann, wo es keine Lohnunterschiede bei gleicher Arbeit gab, zur Einheit übernommen hätte für ganz Deutschland, wäre die Sache besser verlaufen. Dann hätten die Ossis nicht das Gefühl haben müssen, ihr Leben sei nur wertloser Mist gewesen. Und die Wessis hätten ein paar neue Dinge dazu gekriegt, die es so noch nicht gegeben hatte bei ihnen und die das Leben insgesamt verbessert hätten.

Und auch, wenn das nun alles lange Vergangenheit ist und nicht ungeschehen gemacht werden kann, sollte man es in der Analyse der damaligen Verhältnisse schon ein wenig beachten und mit bedenken.
Das alles ist nicht mehr als eine illusionäre Seifenblase von denen, die eigentlich NIE eine Wiedervereinigung wollten. Solch ein Staat hätte wirtschaftlich nicht überlebt. Und das aus guten Gründen: Die geschützten Märkte des COMECON waren weggebrochen, die Devisensituation schlichtweg katastrophal, der Aderlaß durch eine Bevölkerungswanderbewegung hätte das vollendet, was die DDR mit ihrem Mauerbau verhindern wollte und lange auch aufhalten konnte und auf dem Weltmarkt behaupten bei DER Ausgestaltung der Wirtschaft? Bitte wie denn? Die Wirtschaft war weder effizient, noch hatte sie ausreichend Produkte, die auf dem Weltmarkt Abnehmer gefunden hätten. Der Staatsbankrott wäre auf dem Fuße gefolgt.
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen?

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(26 Sep 2018, 14:03)

Soweit gehe ich hundertprozent konform. Nur: So wie es in Polen absolut, völlig unmöglich war, demokratische Reformen unabhängig von der nationalen Geschichte, der katholischen Kirche, unabhängig von den Beziehungen Solidarnosc-Vatikan, unabhängig von der Aufarbeitung der sowjetisch/russisch-polnischen Vergangenheit durchzuführen ... als ebenso völlig unmöglich hat es sich erwiesen, demokratische Reformen auf dem Gebiet der Ex-DDR unabhängig von der Frage der "Wiedervereinigung" hinzubekommen. Und da sind wir möglicherweise auch bei einer der wesentlichen Ursachen für "wollen die Ostdeutschen eine andere Republik". Die nächste Assoziation vieler Menschen auf dem Gebiet der Ex-DDR ist ja (vielleicht) nicht zunächst Demokratie, Öffnung, Marktwirtschaft sondern zuerst "Wiedervereinigung" und "Maueröffnung". Eine Art Geburtsfehler oder Psychotrauma. Die Nation, nicht die Demokratie ist primär psychologisch positiv besetzt. Und Fremde, Aslyanten bedrohen diese grundsätzlich positive Besetzung des Nationenbegriffs.

Dass Polikliniken oder Kita-Betreuung "gut funktionierende Dinge" waren ... diese Erfahrung kehrt ja ohnehin in der Praxis zurück. Zwangsläufig. Oder auch nicht (wenn es unter heutigen Bedingungen eben kein "gut funktionierendes Ding" ist). Das muss oder darf man eigentlich nicht als "DDR-Errungenschaft" verkaufen. In jeder Zeitepoche gibt es im sozialen Zusammenleben Optimierungsstrategien. Heute haben wir nicht diesen scheißspießigen 8. März als "Frauentag" ... mit seinen Nelkensträußen und Gegenanzüglichkeiten keinen Deut fortschrittlicher als Herrentagsparties ... sondern eine immer weiter um sich greifende MeToo-Debatte. Und auch die wird einmal irgendwann nur ein Eintrag in irgendwelchen Geschichtsbüchern sein.
Ja, alles ok. Nur komisch, dass es in meinem Umfeld eben keinen "scheißspießigen 8. März als 'Frauentag'" gab, sondern eine sehr witzige und angenehme Geschichte, wo sich unser Chef mal was Besonderes einfallen ließ, um "seine" Frauen mal etwas zu verwöhnen und zu würdigen. Ne Spießer-Frauentags-Veranstaltung hätten wir nicht geduldet. Wobei der Mann natürlich auch sonst darauf achtete. Du siehst also anhand solcher kleinen belanglosen Nebensächlichkeiten, dass man schon da völlig unterschiedliche Wirklichkeiten erleben konnte. Wie gesagt: Dieses Spießertum gabs natürlich, ganz sicher, aber das gibts in Gesamtdeutschland nicht minder. Entfällt also für mich als Kriterium, warum man das eine gegen das andere tauschen musste :D
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen?

Beitrag von Selina »

zollagent hat geschrieben:(26 Sep 2018, 14:08)

Das alles ist nicht mehr als eine illusionäre Seifenblase von denen, die eigentlich NIE eine Wiedervereinigung wollten. Solch ein Staat hätte wirtschaftlich nicht überlebt. Und das aus guten Gründen: Die geschützten Märkte des COMECON waren weggebrochen, die Devisensituation schlichtweg katastrophal, der Aderlaß durch eine Bevölkerungswanderbewegung hätte das vollendet, was die DDR mit ihrem Mauerbau verhindern wollte und lange auch aufhalten konnte und auf dem Weltmarkt behaupten bei DER Ausgestaltung der Wirtschaft? Bitte wie denn? Die Wirtschaft war weder effizient, noch hatte sie ausreichend Produkte, die auf dem Weltmarkt Abnehmer gefunden hätten. Der Staatsbankrott wäre auf dem Fuße gefolgt.
Nee, das wäre ein anderes Wirtschafts- und Gesellschaftssystem gewesen. Ein völlig anderes. Ein demokratischer Sozialismus. Ob mit oder ohne Mauer, keine Ahnung. Besser natürlich ohne. Oder nur eine Weile noch mit. Und als man damals bereits über solche Dinge nachdachte, und das auch ziemlich intensiv, gab es sämtliche Märkte ja noch. Aber gut, das ist alles Schnee von gestern. Mir gehts nur darum, das Ganze mit im Geschichts-Blickfeld zu haben als eine der damaligen Ideen und Optionen. Wiedervereinigung mit Anschluss war nur eine Option damals. Ich finde das, was heute läuft, ja nun auch nicht nur schlecht. Sage ich ja gar nicht. Einiges wäre eben nur gründlich zu reformieren.
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen?

Beitrag von zollagent »

Selina hat geschrieben:(26 Sep 2018, 14:26)

Nee, das wäre ein anderes Wirtschafts- und Gesellschaftssystem gewesen. Ein völlig anderes. Ein demokratischer Sozialismus. Ob mit oder ohne Mauer, keine Ahnung. Besser natürlich ohne. Oder nur eine Weile noch mit. Und als man damals bereits über solche Dinge nachdachte, und das auch ziemlich intensiv, gab es sämtliche Märkte ja noch. Aber gut, das ist alles Schnee von gestern. Mir gehts nur darum, das Ganze mit im Geschichts-Blickfeld zu haben als eine der damaligen Ideen und Optionen. Wiedervereinigung mit Anschluss war nur eine Option damals. Ich finde das, was heute läuft, ja nun auch nicht nur schlecht. Sage ich ja gar nicht. Einiges wäre eben nur gründlich zu reformieren.
Deine Träume will ich dir nicht nehmen. Ich finde es nur gut, daß wir sie nicht ausprobieren mußten.
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen?

Beitrag von Skull »

Selina hat geschrieben:(26 Sep 2018, 14:26)

Nee, das wäre ein anderes Wirtschafts- und Gesellschaftssystem gewesen.
Du verkennst.

Eine OFFENE DDR-Light wäre nicht überlebensfähig gewesen.

Noch das die meisten DDR-Bürger dieses überhaupt wollten.

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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen?

Beitrag von Selina »

Skull hat geschrieben:(26 Sep 2018, 14:45)

Du verkennst.

Eine OFFENE DDR-Light wäre nicht überlebensfähig gewesen.

Noch das die meisten DDR-Bürger dieses überhaupt wollten.

mfg
Ich hatte nix von "die meisten DDR-Bürger" geschrieben. Meine diesbezüglichen Anmerkungen sind überhaupt nur dafür gedacht, ein wenig mehr die DDR-Heterogenität im Rückblick zu betrachten. Nicht mehr und nicht weniger. Das war eben kein einheitlicher Brei a la Bildzeitung. Außerdem sind das ja sowieso nur Sachen fürs Geschichtsbuch. Da aber gehören sie eben auch mit rein als Randnotiz.
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen?

Beitrag von Skull »

Selina hat geschrieben:(26 Sep 2018, 14:59)

Meine diesbezüglichen Anmerkungen sind überhaupt nur dafür gedacht,
ein wenig mehr die DDR-Heterogenität im Rückblick zu betrachten.
Mache ich ja.

Machen aber Deine Anmerkungen zu einer theoretischen DDR-Light ab 1989 ... nicht sinnvoller. ;)

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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen?

Beitrag von schokoschendrezki »

Selina hat geschrieben:(26 Sep 2018, 14:13)

Ja, alles ok. Nur komisch, dass es in meinem Umfeld eben keinen "scheißspießigen 8. März als 'Frauentag'" gab, sondern eine sehr witzige und angenehme Geschichte, wo sich unser Chef mal was Besonderes einfallen ließ, um "seine" Frauen mal etwas zu verwöhnen und zu würdigen. Ne Spießer-Frauentags-Veranstaltung hätten wir nicht geduldet. Wobei der Mann natürlich auch sonst darauf achtete. Du siehst also anhand solcher kleinen belanglosen Nebensächlichkeiten, dass man schon da völlig unterschiedliche Wirklichkeiten erleben konnte. Wie gesagt: Dieses Spießertum gabs natürlich, ganz sicher, aber das gibts in Gesamtdeutschland nicht minder. Entfällt also für mich als Kriterium, warum man das eine gegen das andere tauschen musste :D
Wenn man politisch diskutiert, muss man das persönliche versuchen, richtig einzuordnen. Es geht ja eigentlich nicht um "Spießigkeit". Ich und viele andere haben dieses Zeremoniell halt so wahrgenommen:
Blumen zu besorgen, war schwierig. Musste aber sein. Dass sich Männer und Kinder anstrengten, sie zu bekommen, gehörte zum Frauentag, und der Morgen des 8. März war durchaus ein besonderer in Hunderttausenden DDR-Familien. Dann war der offizielle Teil zu überstehen: Grußansprache vom Brigadeleiter, am Nachmittag Kaffeetafel im Betrieb mit Überreichung der Aktivistenmedaille (samt Geldprämien) an verdiente Mitarbeiterinnen. Wenn statt Kaffee dann Wein, Likörchen oder Nordhäuser auf den Tisch kamen, konnte der heitere Teil beginnen.

Das Staatsritual glich sich Jahr um Jahr: Die Staats- und Parteiführung überreichte die Clara-Zetkin-Medaille. Am Abend empfing Erich Honecker die Verdientesten der Verdienten, frisch gelockwellt und mit hübschen Blusen, zum festlichen Essen und Trinken im Palast der Republik (siehe Foto oben). Gepflegte musikalische Begleitung und Toasts auf die großartigen Leistungen der Frauen, ohne die nun wirklich gar nichts ginge im Sozialismus, gehörten dazu.
Die "Weltfestspiele der Jugend und Studenten" 73 in Berlin, was ich da alles so als pubertierender Jugendlicher erlebt habe ... gehört nicht hierher, ist aber alles andere als "spießig". Politisch gesehen waren sowohl diese Weltfestspiele als auch die Frauentage hunderprozentig durch Partei- und Staatsführung instrumentalisiert. Die Weltfestspiele 73 waren nicht nur mein erotisches Erweckungserlebnis sondern die größte Polizeiaktion der DDR seit 1956 und es wurden mehr politische Staatsfeinde in psychiatrische Kliniken eingewiesen als ich während dieser Zeit hübsche Mädels überhaupt gesehen habe. So knallhart und illusionslos muss man das betrachten.
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen?

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(26 Sep 2018, 15:26)

Wenn man politisch diskutiert, muss man das persönliche versuchen, richtig einzuordnen. Es geht ja eigentlich nicht um "Spießigkeit". Ich und viele andere haben dieses Zeremoniell halt so wahrgenommen:

Die "Weltfestspiele der Jugend und Studenten" 73 in Berlin, was ich da alles so als pubertierender Jugendlicher erlebt habe ... gehört nicht hierher, ist aber alles andere als "spießig". Politisch gesehen waren sowohl diese Weltfestspiele als auch die Frauentage hunderprozentig durch Partei- und Staatsführung instrumentalisiert. Die Weltfestspiele 73 waren nicht nur mein erotisches Erweckungserlebnis sondern die größte Polizeiaktion der DDR seit 1956 und es wurden mehr politische Staatsfeinde in psychiatrische Kliniken eingewiesen als ich während dieser Zeit hübsche Mädels überhaupt gesehen habe. So knallhart und illusionslos muss man das betrachten.
Müssen muss man gar nichts. Im Gegenteil: Man sollte sich bemühen, so differenziert wie möglich an solche Dinge heranzugehen. Das bedeutet, dass sich erst aus den vielen vielen Einzelmeinungen und Einzelerfahrungen der Leute, die es erlebt haben und die natürlich ebenfalls reflektieren wie man selbst, ein halbwegs akzeptables und gültiges Bild von der DDR ergibt. Und nicht aus irgendwelchen Schlaumeier-Kommentaren aus Oberammergau. Und es kann doch nicht sein, dass sich Tausende, wenn nicht gar Millionen überhaupt nicht wiederfinden in den ständigen Einheits-Feiertags-Reden, die in Kürze wieder auf uns niederplätschern. Ich kann da nur sagen: Nein, nein, nein, so war es nicht. Jedenfalls nicht so einfach. Dieses "einerseits und andererseits", was ich oben ansprach, sollte man schon versuchen zu sehen.

Und die Weltfestspiele 73, wo der klassische Urberliner an sich sowieso nicht dabei war; er flüchtete so weit weg wie möglich, hab ich auch ganz anders erlebt. Ich war da in keiner "Zehnergruppe" oder dergleichen, sondern nur mal einen Nachmittag, einen Abend und eine Nacht ganz privat mit Freunden vor diversen Bühnen und in diversen Theatern, die sich ja alle mit sehr unterschiedlichen interessanten Programmen beteiligten. So, wie ich auch sonst dahin gegangen wäre. Und das war einfach faszinierend, was man da erleben konnte. Dass die Wiesenflächen auf dem Alex hinterher wie verbrannt aussahen, lag am akzeptierten Dauer-Vö... :D Habs selbst beim Vorbeigehen gesehen, wie sich da ungehindert, ungeniert und frei querbeet geliebt worden ist. Daher der Spottname des Festivals "Interpimper 73". Ja klar, war das Ganze irgendwo auch Inszenierung einer Freiheit und Weltoffenheit, die es sonst nicht gab in der DDR. Aber die vielen interessanten Gespräche mit Leuten, darunter zig Künstler, aus aller Herren Länder möchte ich nicht mehr missen im Nachhinein. Unvergesslich das Ganze.

Ja, und der Frauentag - sagte ich oben schon - wurde einerseits ziemlich spießig abgehandelt und immer wieder gleich. Aber andererseits - in anderen Kreisen - eben auch originell und zugewandt und so, dass man das Ereignis in allerbester Erinnerung hat. Dieses Vereinheitlichen im Nachhinein wundert mich schon ein wenig bei dir, wo du sonst doch immer für Individualität und Differenzierung plädierst. Wie gesagt: Es gab sone und sone Feiern. Wer nicht wollte, nahm nicht teil oder suchte sich genau die Feiern, die eben nicht spießig waren. Das, was Honecker da bei dieser Vorzeige-Frauentags-Schaffe veranstaltete, das war das Letzte. Da hast du recht. Das hat bei uns aber auch keiner ernst genommen. Es weckte eher ein müdes Lächeln.

Dennoch ist mir natürlich klar, dass es schwierig ist, bei dieser Thematik auf alle Widersprüche, auf Positives und Negatives gleichermaßen zu schauen und es politisch aus heutiger Sicht einzuordnen, wenn man selbst zu den Verfolgten und Reglementierten gehörte. Da hat man zumeist seine abschließende Meinung schon lange gefunden und dabei bleibt man dann auch. Das leuchtet mir ein. Einer aus meinem näheren Umfeld wertet zum Beispiel alles haargenauso wie du. Wir haben darüber immer mal wieder Gespräche und kommen nicht unter einen Hut. Er fragt mich da auch immer, wieso gerade ich bei dem familiären Background trotzdem immer noch was Positives an der DDR sehe. Das ist schwierig zu beantworten. Ich kann es da immer nur so machen, wie ich es hier mache. Es gab halt Dutzende Geschichten, die waren einfach mal menschlicher und besser, als das heute der Fall ist. Und ich glaube auch nicht an die Legende, dass das höhere Maß an Menschlichkeit und Solidarität der Leute untereinander (was man bis heute spürt bei vielen Ossis) ausschließlich aus der Mangelwirtschaft und der Unfreiheit geboren war. Nee, da war noch was anderes... Naja, jut. Und punkt. Bringt nichts, sich da weiter zu zerfleischen. Aus und vorbei ;)
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen?

Beitrag von Gilmoregirl »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(23 Sep 2018, 20:34)

Es ist das gute Recht eines Mitarbeiters, klare Arbeitsaufträge zu erfragen.
Eine Erzieherin hat einen Bildungs-und Erziehungsauftrag, den sie nach über 30 Berufsjahren schon kennen sollte und auch das Wissen, wie sie diesen umsetzt, ebenfalls.Da stehen ihr auch Möglichkeiten zur freien Enfaltung offen. Sie arbeitet nach einer Konzeption. Und wenn von noch 3 anwesenden Erzieherinnen der Spätdienst plötzlich los muss, weil deren eigenes Kind einen Unfall hatte, warte ich nicht drauf, dass Chefin mir als Mitteldienst sagt; Du bleibst jetzt länger, sondern ich sehe es als selbstberständlich an, länger zu bleiben, wenn ich weiß die andere noch übrig gebliebene Kollegin ist bereits seit 6 Uhr im Dienst.
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen?

Beitrag von schokoschendrezki »

Selina hat geschrieben:(26 Sep 2018, 16:57)
Müssen muss man gar nichts. Im Gegenteil: ...
Ich nehms mal als Schlusswort. ;)
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen?

Beitrag von H2O »

Gilmoregirl hat geschrieben:(26 Sep 2018, 22:17)

Eine Erzieherin hat einen Bildungs-und Erziehungsauftrag, den sie nach über 30 Berufsjahren schon kennen sollte und auch das Wissen, wie sie diesen umsetzt, ebenfalls.Da stehen ihr auch Möglichkeiten zur freien Enfaltung offen. Sie arbeitet nach einer Konzeption. Und wenn von noch 3 anwesenden Erzieherinnen der Spätdienst plötzlich los muss, weil deren eigenes Kind einen Unfall hatte, warte ich nicht drauf, dass Chefin mir als Mitteldienst sagt; Du bleibst jetzt länger, sondern ich sehe es als selbstberständlich an, länger zu bleiben, wenn ich weiß die andere noch übrig gebliebene Kollegin ist bereits seit 6 Uhr im Dienst.
So soll es unter verantwortungsbewußten und kollegial arbeitenden Menschen sicher zugehen, nur so funktioniert eine freiheitliche Gesellschaft. Aber: Kann man dieses Verhalten einklagen, wenn in Ihrem Beispiel eine Mitarbeiterin stur ihre Interessen verfolgt? Und dann geht das Gemobbe und der "Zickenkrieg" los... könnte ich mir vorstellen.
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen?

Beitrag von zollagent »

H2O hat geschrieben:(27 Sep 2018, 08:24)

So soll es unter verantwortungsbewußten und kollegial arbeitenden Menschen sicher zugehen, nur so funktioniert eine freiheitliche Gesellschaft. Aber: Kann man dieses Verhalten einklagen, wenn in Ihrem Beispiel eine Mitarbeiterin stur ihre Interessen verfolgt? Und dann geht das Gemobbe und der "Zickenkrieg" los... könnte ich mir vorstellen.
Das ist menschliches Verhalten, das man in jeder Staatsform feststellen kann. Mit anderen Republikvorstellungen innerhalb Deutschlands hat das nichts zu tun.
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Re: Wollen die Ostdeutschen eine andere Republik als die Westdeutschen?

Beitrag von H2O »

zollagent hat geschrieben:(27 Sep 2018, 08:49)

Das ist menschliches Verhalten, das man in jeder Staatsform feststellen kann. Mit anderen Republikvorstellungen innerhalb Deutschlands hat das nichts zu tun.
Ja, da haben Sie Recht! Aber der Ausgangspunkt war doch der Rechtsanspruch auf geregelte Arbeit... und der Gedanke verbindet sich mit Klage und Gerichtsurteil und... das ist dann doch nicht in jedem Gesellschaftssystem möglich.
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