Marmorkater » So 13. Sep 2015, 17:50 hat geschrieben:
Lüge hier nicht frech herum, natürlich müssen nur einige wenige (bzw. einer) klagen, die restlichen Anwohner von Harvestehude standen aber mehrheitlich hinter dieser Klage.
Das lief sogar im Fernsehen, mit den passenden Interviews betuchter älterer Damen, die Angst davor hatten, dass die "Flüchtlinge" mit zu viel Wohlstand konfrontiert werden könnten.
Nein, dahinter stand keine Mehrheit, nicht einmal im Ansatz. Die meisten Bürger waren beschämt, daß ein paar Leute das Ansehen des Viertels beschmutzen. Neben den drei Klägern stehen Hunderte Menschen, die sich ehrenamtlich und finanziell aktiv engagieren, so wie es sich hier gehört. Brennende Heime nicht. Da machst Du Dir falsche Hoffnung, wenn Du dort eine Nazi-Hochburg erwartest. Harvestehude ist ein sehr bürgerliches Viertel, wo viele Kaufleute leben.
Im Hamburger Villenviertel Harvestehude erwirkten Anwohner einen Baustopp gegen ein Flüchtlingsheim. Nun ändert die Stadt den Bebauungsplan, um das Heim doch zu eröffnen - und bekommt viel Applaus. [...]
Es geht um ihren Ruf. Der Eilantrag der Anwohner und die Entscheidung des Gerichts hatten in der ganzen Stadt für große Empörung gesorgt. Der Tenor: Die Reichen von Hamburg drücken sich vor der Verantwortung, wollen Flüchtlinge in arme Stadtteile abschieben. Und sie bezahlen teure Anwälte, um ihren Willen zu bekommen. Diesem Eindruck wollen die meisten Harvestehuder entgegentreten, weswegen es in der Plandiskussion sehr wenig um den vorgestellten Plan geht, und sehr viel um Politik und Moral.
Einer nach dem anderen stehen elegante Damen und Herren, Studenten und ehrenamtliche Flüchtlingshelfer auf, tragen wohlformulierte Plädoyers vor. "Das kalte Herz der Menschen sollte endlich weich werden", findet etwa eine Frau mit langen, kastanienbraunen Haaren und heller Bluse. "Was ist das für eine kleine humanistische Handreichung im Vergleich zu dem, was diese Menschen erleiden mussten?" Ein ebenso gut gekleideter, grauhaariger Herr berichtet, dass er erst Bedenken gehabt hatte, als er von den Plänen erfuhr, sich dann aber in der Nachbarschaft anderer Heime umgehört habe: "Da gab es keine nennenswerten Probleme." Und Hendrikje Blandow-Schlegel, SPD-Abgeordnete in der Hamburger Bürgerschaft und Vorsitzende der Flüchtlingshilfe Harvestehude, sagt: "Wir als wohlsituierter Stadtteil haben eine besondere Verantwortung."
Nur wenige argumentieren gegen das Heim, ausfällig wird allein die Frau in der ersten Reihe. Die wohnt allerdings überhaupt nicht in Harvestehude, sondern ist extra aus St. Pauli angereist, um Krawall zu machen. Bedenken gibt es aber auch unter den Nachbarn. "Was mir auffällt ist, dass hier immer nur das Menschliche im Vordergrund steht und die Kosten nicht beachtet werden", sagt etwa ein älterer Herr. [...]
Der Senat weiß natürlich, dass davon nicht alle Hamburger begeistert sind - und dass er gleichzeitig auf die Unterstützung der Bürger angewiesen ist. Scheele wird nicht müde, die vielen Ehrenamtlichen zu loben, die sich bereits für Flüchtlinge einsetzen, wie auch in Harvestehude [...]
Bezirksamtsleiter Torsten Sevecke betont jedoch mehrmals: "Es geht um eine faire Verteilung der Standorte." Der Stadtteil Harvestehude habe, anders als viele andere, bisher keine Flüchtlingsunterkunft. Er wehrt sich auch gegen den Vorwurf, mit dem neuen Bebauungsplan die Entscheidung der Gerichte zu missachten. "Wir haben als Stadt die kommunale Planungshoheit", sagt er. Und damit eben das Recht, Bebauungspläne zu ändern. "Sofern es die politischen Mehrheiten dafür gibt, natürlich. Und die scheint es ja zu geben", sagt er ein wenig spitz. Lauter Applaus schallt da durch die Aula, ganz so, als wollten die Harvestehuder zeigen: Es gibt sie tatsächlich, diese Mehrheiten, sogar hier im Villenviertel.
http://www.sueddeutsche.de/politik/asyl ... -1.2555432
Und wie ich Dir schon verlinkte: Das Heim wird kommen, da die Kläger ihre Meinung geändert haben. Ein konstruktiver Dialog ist immer die sinnvollste Alternative.