Ist der Neoliberalismus unsozial

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z4ubi
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Re: Ist der Neoliberalismus unsozial

Beitrag von z4ubi »

lili hat geschrieben:(23 Jul 2019, 17:56)

Auf die Erklärung bin ich jetzt auch gespannt.
Die Deregulierungen im Arbeitsmarkt (Zeitarbeit, Kündigungsschutz).
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Alter Stubentiger
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Re: Ist der Neoliberalismus unsozial

Beitrag von Alter Stubentiger »

z4ubi hat geschrieben:(23 Jul 2019, 17:35)

Den marktradikalen Neoliberalismus, welcher der sozialen Marktwirtschaft entgegen steht, kann man durchaus mit der Agenda 2010 in Verbindung bringen.
Nein. Schau dir mal an was Deutschland im Jahr für das Sozialsystem ausgibt. Das ist schon eine Menge. Wäre Deutschland marktradikal gäbe es ein Sozialsystem wie in den USA. Die Briten haben ihr Gesundheitsystem im Neoliberalen Sinne umgestaltet. Und jetzt ist es kaputt.
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...und die Mauer wird noch in 50 oder 100 Jahren stehen (Erich Honecker)
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BlueMonday
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Re: Ist der Neoliberalismus unsozial

Beitrag von BlueMonday »

z4ubi hat geschrieben:(23 Jul 2019, 17:35)

Den marktradikalen Neoliberalismus, welcher der sozialen Marktwirtschaft entgegen steht, kann man durchaus mit der Agenda 2010 in Verbindung bringen.
Was soll am Neoliberalismus "marktradikal" sein? Das wäre ja wie ein schwarzer Schimmel. Und was soll am Markt wiederum nicht sozial sein? Es ist die sozialste Institution, die die Menschheit je hervorgebracht hat. Das wusste ja schon Ludwig Erhard, als er sagte: „Ich meine, dass der Markt an sich sozial ist, nicht dass er sozial gemacht werden muss.“

Die Agenda 2010 bestand dann aus minimalen Reformen des mehr und mehr ausufernden Umverteilungsstaats, um ihn überhaupt erhalten zu können. Dass man hier nun schon von "Marktradikalismus" fabuliert, zeigt vor allem, wie sehr die Einordnung der Begrifflichkeiten bei manchen Zeitgenossen mittlerweile verrutscht ist.
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Re: Ist der Neoliberalismus unsozial

Beitrag von lili »

VaterMutterKind hat geschrieben:(23 Jul 2019, 17:58)

Ich denke doch. Von einer guten Wirtschaftslage profitieren alle. Auch die Sozialleistungsempfänger. So ein Sozialsystem muss man sich ja auch leisten können.

Die profitieren erst recht nicht, weil sie gezwungen werden für den Niedriglohnsektor zu arbeiten.
Zuletzt geändert von lili am Di 23. Jul 2019, 18:30, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Ist der Neoliberalismus unsozial

Beitrag von lili »

z4ubi hat geschrieben:(23 Jul 2019, 18:19)

Die Deregulierungen im Arbeitsmarkt (Zeitarbeit, Kündigungsschutz).
Ist dann nicht der Begriff neokonservativ besser?
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Re: Ist der Neoliberalismus unsozial

Beitrag von lili »

BlueMonday hat geschrieben:(23 Jul 2019, 18:21)

Was soll am Neoliberalismus "marktradikal" sein? Das wäre ja wie ein schwarzer Schimmel. Und was soll am Markt wiederum nicht sozial sein? Es ist die sozialste Institution, die die Menschheit je hervorgebracht hat. Das wusste ja schon Ludwig Erhard, als er sagte: „Ich meine, dass der Markt an sich sozial ist, nicht dass er sozial gemacht werden muss.“

Die Agenda 2010 bestand dann aus minimalen Reformen des mehr und mehr ausufernden Umverteilungsstaats, um ihn überhaupt erhalten zu können. Dass man hier nun schon von "Marktradikalismus" fabuliert, zeigt vor allem, wie sehr die Einordnung der Begrifflichkeiten bei manchen Zeitgenossen mittlerweile verrutscht ist.
Empfindest du die USA als marktradikal?
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Re: Ist der Neoliberalismus unsozial

Beitrag von z4ubi »

Alter Stubentiger hat geschrieben:(23 Jul 2019, 18:20)

Nein. Schau dir mal an was Deutschland im Jahr für das Sozialsystem ausgibt. Das ist schon eine Menge. Wäre Deutschland marktradikal gäbe es ein Sozialsystem wie in den USA. Die Briten haben ihr Gesundheitsystem im Neoliberalen Sinne umgestaltet. Und jetzt ist es kaputt.
Nur weil Rot-Grün keine amerikanischen Verhältnisse geschaffen hat, heißt das nicht, dass keine neoliberalen/marktradikalen Ansätze vorhanden waren.
Die Teilprivatisierung der Rente unter Rot-Grün ist auch ein entscheidender Einschnitt bzw. (zum Glück nicht weiterverfolgter) Kurswechsel.

lili hat geschrieben:(23 Jul 2019, 18:28)

Ist dann nicht der Begriff neokonservativ besser?
Und wenn es auf beides zutrifft?
BlueMonday hat geschrieben:(23 Jul 2019, 18:21)
Und was soll am Markt wiederum nicht sozial sein? Es ist die sozialste Institution, die die Menschheit je hervorgebracht hat. Das wusste ja schon Ludwig Erhard, als er sagte: „Ich meine, dass der Markt an sich sozial ist, nicht dass er sozial gemacht werden muss.“
Wenn mir Herr Erhard noch sagt, was er unter Markt versteht, könnte ich ihm vielleicht sogar zustimmen.
Solange keine marktradikalen Akteure die Regeln bestimmen, kann ein Markt durchaus sozial sein, ja. ;)
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Re: Ist der Neoliberalismus unsozial

Beitrag von Kohlhaas »

Skull hat geschrieben:(22 Jul 2019, 21:54)

Das sind alles keine staatlich geführten Unternehmen.
Was sind sie denn Deiner Meinung nach sonst (gewesen)?

Es gibt heute private Krankenhäuser, Schulen, Universitäten... Die betrachtest Du als „Unternehmen“, nicht aber die staatlichen Einrichtungen, die genau dieselbe Dienstleistung erbringen?

Die „Post“ macht heute nichts anderes als sie vor 40 Jahren gemacht hat. Heute ist sie ein Unternehmen, damals nicht??? Eine private Universität ist ein „Unternehmen“, die öffentliche Uni (die genau die gleiche Leistung anbietet!) aber nicht? Eine private Schule.... Ich könnte dieses Fragespiel endlos fortsetzen.

Googel mal nach dem Stichwort „Unternehmensbegriff“. Da wirst Du bei entsprechend sorgfältiger Suche auf Definitionen stoßen, die der Europäische Gerichtshof gesetzt hat. Ich zitiere mal:

Daher hat der EuGH in seiner Rechtsprechung eine Definition entwickelt, die von einem einheitlichen Unternehmensbegriff im gesamten EU-Wettbewerbsrecht ausgeht. Danach ist ein Unternehmen „jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung

Auch der Staat selbst kann funktional als Unternehmen qualifiziert werden, wenn er wirtschaftlich auf einem bestimmten Markt tätig wird. Dies ergibt sich zum einen aus der Definition des EuGH selbst, da diese keine Einschränkungen für staatliche Akteure vorsieht. Zum anderen spricht auch die Existenz des Art. 106 AEUV, der Regelungen für öffentliche Unternehmenent-ält, für eine solche weite Auslegung des europäischen Unternehmensbegriffs.

Stammt beides von hier: https://www.bundestag.de/resource/blob/ ... f-data.pdf

Auch "Dienstleistungen" wie z.B. die Gewährung von Sicherheit (durch Polizei oder Militär) können demnach als unternehmerische Tätigkeiten betrachtet werden. Das passiert ja auch schon! Zum Glück noch nicht hier in Deutschland.
(im Gegensatz zur Deutschen Bahn AG - das ist ja eines)
Das behauptest Du – und begründest es mit nichts anderem als mit den Besitzverhältnissen. Wie viele Unternehmen haben denn heute noch einen „Besitzer“? In wie vielen Unternehmen kann denn der „Besitzer“ noch direkt die „Geschäfte“ des Unternehmens führen?

Abschließend: Du behauptest im Grunde, dass die Bahn AG heute noch genauso geführt wird, wie seinerzeit die Deutsche Bahn. Glaubst Du das eigentlich selbst? Kannst Du uns dann erläutern, wozu die ganzen „Liberalisierungen“ bei der Bahn gedient haben?

Und jetzt weise ich letztmalig darauf hin, dass Du Dich hier die ganze Zeit wie ein tollwütiger Terrier an einer Formlierung festbeißt, die nur ein Randaspekt war. Im Kern ging es nämlich um „natürliche Monopole“. Und dazu hast Du bislang kein Wort gesagt. Hast nur Deinem Terrier-Beißreflex nachgegeben.
Was bastelst Du Dir da zusammen ? :?: :D
Wirf mir vor, was Du willst. Aber ich habe mich wenigstens zur Sache geäußert. Du nicht.
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Re: Ist der Neoliberalismus unsozial

Beitrag von Skull »

Kohlhaas hat geschrieben:(23 Jul 2019, 18:50)

Was sind sie denn Deiner Meinung nach sonst (gewesen)?
Das sind keine Unternehmen.

Auch nicht das Schulsystem. :D

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Re: Ist der Neoliberalismus unsozial

Beitrag von Skull »

z4ubi hat geschrieben:(23 Jul 2019, 18:19)

Die Deregulierungen im Arbeitsmarkt (Zeitarbeit, Kündigungsschutz).
Und das nennst Du marktradikalen Neoliberalismus ? :D

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Re: Ist der Neoliberalismus unsozial

Beitrag von lili »

z4ubi hat geschrieben:(23 Jul 2019, 18:46)

Nur weil Rot-Grün keine amerikanischen Verhältnisse geschaffen hat, heißt das nicht, dass keine neoliberalen/marktradikalen Ansätze vorhanden waren.
Die Teilprivatisierung der Rente unter Rot-Grün ist auch ein entscheidender Einschnitt bzw. (zum Glück nicht weiterverfolgter) Kurswechsel.




Und wenn es auf beides zutrifft?



Wenn mir Herr Erhard noch sagt, was er unter Markt versteht, könnte ich ihm vielleicht sogar zustimmen.
Solange keine marktradikalen Akteure die Regeln bestimmen, kann ein Markt durchaus sozial sein, ja. ;)

Ich frage deshalb, weil konservative häufig den Status Quo beibehalten wollen. Wie man es aktuell sieht kommen die Armen nicht über die Runden und die gleichen Leute bleiben auf ihre Sessel kleben. In den USA ist es schlimmer, da sind die Neocons. auch populärer.
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Re: Ist der Neoliberalismus unsozial

Beitrag von Skull »

Kohlhaas hat geschrieben:(23 Jul 2019, 18:50)

Abschließend: Du behauptest im Grunde, dass die Bahn AG heute noch genauso geführt wird,
wie seinerzeit die Deutsche Bahn.

Glaubst Du das eigentlich selbst? Kannst Du uns dann erläutern,
wozu die ganzen „Liberalisierungen“ bei der Bahn gedient haben?
Blödsinn.

Wann habe ich behauptet, das die Deutsche Bahn AG GENAUSO geführt wird,
wie die Deutsche Bundesbahn oder die Reichsbahn ?

Und die Veränderungen bei der Deutschen Bahn haben schon „vieler Dinge“ gedient.

-Geringere gesellschaftliche Kosten (Verschuldung/Steuermittel)
-höhere Effektivität
-sinnvollerer Einsatz von Ressourcen
-deutlich mehr Komfort
-bessere Kundendienstleistungen

Und jetzt kannst Du natürlich die heutigen Probleme der Deutschen Bahn thematisieren.
Ich schaue mir aber die Deutsche Bundesbahn des Jahres 1990 und die Reichsbahn des Jahres 1989 an.

Und da muss man kontatieren, das sich die Deutsche Bahn EXTREM verbessert hat.
Trotz aller (existierenden) Probleme.

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Re: Ist der Neoliberalismus unsozial

Beitrag von Kohlhaas »

Skull hat geschrieben:(23 Jul 2019, 18:57)

Das sind keine Unternehmen.

Auch nicht das Schulsystem. :D

mfg
Ja, das hast Du schonmal geschrieben. ich habe das zur Kenntnis genommen. Das ist aber keine Antwort auf meine Frage: Was sind sie denn sonst???

Wenn Du Dich noch zu einer Antwort herablassen solltest, könntest Du vielleicht die Definitionen des Europäischen Gerichtshofs im Hinterkopf behalten? Danke.
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Re: Ist der Neoliberalismus unsozial

Beitrag von Skull »

Kohlhaas hat geschrieben:(23 Jul 2019, 19:10)

Ja, das hast Du schonmal geschrieben. ich habe das zur Kenntnis genommen.

Das ist aber keine Antwort auf meine Frage: Was sind sie denn sonst???
Die Bundeswehr, genausowenig wie die Polizei ... sind KEINE Unternehmen. :D

Und auch nicht das SchulSYSTEM. :dead:

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Re: Ist der Neoliberalismus unsozial

Beitrag von Kohlhaas »

Skull hat geschrieben:(23 Jul 2019, 19:08)

Blödsinn.

Wann habe ich behauptet, das die Deutsche Bahn AG GENAUSO geführt wird,
wie die Deutsche Bundesbahn oder die Reichsbahn ?
Du hast jetzt oft genug behauptet, dass die Bahn AG ein staatlich geführtes Unternehmen sei. Das haben sicherlich jetzt genug Diskussionsteilnehmer mitbekommen, um Relativierungsversuche Deinerseits als solche erkennen zu können. Bleib mir also vom Hals mit der durchsichtigen Unterstreichung von "genauso".

Und jetzt lege ich Dir - obwohl ich es nicht mehr wollte! - nochmal nahe, Dich bitte endlich auf die von mir getätigten Aussagen (zur Erinnerung für Dich: natürliches Monopol!) zu beziehen. Ich bin es leid, mich permanent von jemandem anpampen zu lassen, der sich nur zu selbst konstruierten Zusammenhängen äußert und Hintergrundinfos zum "Unternehmesbegriff" offensichtlich nicht mal zur Kenntnis nehmen will oder kann.
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Re: Ist der Neoliberalismus unsozial

Beitrag von Skull »

Kohlhaas hat geschrieben:(23 Jul 2019, 19:20)

Du hast jetzt oft genug behauptet, dass die Bahn AG ein staatlich geführtes Unternehmen sei.
Ich behaupte das doch nicht.

Es IST so. :)

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Re: Ist der Neoliberalismus unsozial

Beitrag von Skull »

Kohlhaas hat geschrieben:(23 Jul 2019, 19:20)

Ich bin es leid, mich permanent von jemandem anpampen zu lassen,
der sich nur zu selbst konstruierten Zusammenhängen äußert und Hintergrundinfos
zum "Unternehmesbegriff" offensichtlich nicht mal zur Kenntnis nehmen will oder kann.
Ich pampe nicht rum. Auch konstruiere ich nichts.

Die Bundeswehr, die Polizei und das deutsche Schulsystem...sind KEINE Unternehmen.

Da kannst DU noch so auf den Boden stampfen. :s

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Re: Ist der Neoliberalismus unsozial

Beitrag von Alter Stubentiger »

z4ubi hat geschrieben:(23 Jul 2019, 18:46)

Nur weil Rot-Grün keine amerikanischen Verhältnisse geschaffen hat, heißt das nicht, dass keine neoliberalen/marktradikalen Ansätze vorhanden waren.
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Das war damals ein Fehler und wie du selber schreibst hat die Zeit die Befürworter zum Schweigen gebracht. Damals wurde dass auch nur gemacht weil die Wirtschaftswissenschaft dies unisono der Politik empfohlen hat. Damals dachten alle "Privat vor Staat"(FDP) wäre die Lösung. Wurde rund um den Globus propagiert und die Briten und die USA schienen damit auch erfolgreich zu sein. Die Rechnung kam dann später. Man hätte Typen wie Milton Friedman zum Mond schießen sollen.
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Re: Ist der Neoliberalismus unsozial

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Kohlhaas hat geschrieben:(23 Jul 2019, 19:20)

Du hast jetzt oft genug behauptet, dass die Bahn AG ein staatlich geführtes Unternehmen sei. Das haben sicherlich jetzt genug Diskussionsteilnehmer mitbekommen, um Relativierungsversuche Deinerseits als solche erkennen zu können. Bleib mir also vom Hals mit der durchsichtigen Unterstreichung von "genauso".

Und jetzt lege ich Dir - obwohl ich es nicht mehr wollte! - nochmal nahe, Dich bitte endlich auf die von mir getätigten Aussagen (zur Erinnerung für Dich: natürliches Monopol!) zu beziehen. Ich bin es leid, mich permanent von jemandem anpampen zu lassen, der sich nur zu selbst konstruierten Zusammenhängen äußert und Hintergrundinfos zum "Unternehmesbegriff" offensichtlich nicht mal zur Kenntnis nehmen will oder kann.
Korrekt liegst du insofern, dass die Bahn natürlich kein staatlich geführtes Unternehmen mehr ist.
Falsch ist natürlich deine Ansicht, dass Vertreter der Exekutive (Polizei, Bundeswehr, aber natürlich auch Finanzamt etc.) staatlich geführte Unternehmen wären. Das ist die Exekutive. Die erbringt auch keine Dienstleistung, die setzt ganz einfach Gesetze um. Das hat mit Unternehmen nichts zu tun.

Im Zwitterbereich kann man natürlich durchaus Bildungseinrichtungen sehen, sofern sie über die gesamte Anforderungen der Schulpflicht hinausgehen. Aber auch hier erkennt man letztendlich die Schwächen staatlicher Organisationen. Es kostet halt was es kostet. Unternehmerisches handeln beschränkt sich auf die Einhaltung staatlich zugewiesener Budgets. Eine Bepreisung der angebotenen Leistungen gibt es nicht. Mehr Privatisierung und mehr Wettbewerb könnten hier sicherlich zu deutlich besseren Leistungen führen.
„Es wurde schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem.“ (Karl Valentin)
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Re: Ist der Neoliberalismus unsozial

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

z4ubi hat geschrieben:(23 Jul 2019, 18:46)

.
Solange keine marktradikalen Akteure die Regeln bestimmen,
Was soll denn diese seltsame Terminus "marktradikal" bedeuten? Außer dass es sich um einen politischen Kampfbegriff handelt.
„Es wurde schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem.“ (Karl Valentin)
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Re: Ist der Neoliberalismus unsozial

Beitrag von Agesilaos Megas »

lili hat geschrieben:(21 Jul 2019, 14:35)

Hallo,

ich wollte mal eure Meinung dazu wissen. Ich lese immer diverse Artikel und auch die Kommentare dazu. Einige meinen das liegt am Neoliberalismus und die anderen meinen dass liegt nicht am Neoliberalismus...Die Begründungen sind vielfältig.....Sie geben dem Staat die Schuld oder das extreme Marktgeschehen hat mir der ursprünglichen Historie des Neoliberalismus nicht gemein. Dieser Begriff ist aktuell ein Schimpfwort.

Meine Frage wäre ist der Neoliberalismus unsozial? und ist die Agenda 2010 auch ein Bestandteil des Neoliberalismus?
Hey, lili,

Schröder ließ sich bei den Reformen vom angelsächsischen Modell inspirieren, wo die Neoliberalisten ja vor nicht allzu langer Zeit den Zugang zu Regierungskreisen erlangt hatten. Seine Überzeugung war es, sich an den neuen neoliberalen Zeitgeist, der sich auch international angebahnt hatte, anzupassen, um den Sozialstaat zu erhalten. So verkaufte er es uns zumindest. In der Tat sieht die Agenda in einigen Bereichen sogar eine vermehrte öffentliche Finanzierung vor. Das allerdings mag trügen. Wie man auch z.B. in den USA jetzt wieder sehr stark sieht, wurden im Zuge der Agenda die Lasten von oben nach unten umverteilt. Deregulierung des Kündigungsschutzes, der Leiharbeit (daraus folgte auch vermehrter Konkurrenzdruck und eine zunehmende Verfeindung der Arbeitnehmerschaft untereinander), Senkung der Sozialabgaben von Arbeitgebern zulasten der Arbeitnehmer, ganz zu schweigen von der restriktiven Leistungspolitik, usw.

Dieser Vergleich mit "reformierten" Ländern in der Agenda-Rede Schröders macht diesen Bezug zum Neoliberalismus nochmals deutlich. Historisch betrachtet wurde mit dem Untergang der UdSSR der Nimbus dieser Ordnung begründet, auch wenn derselbe erst spät in der westlichen Welt wirkte und nicht für alle Erfolge verantwortlich zu machen ist. Länder der dritten Welt, besonders die autoritären, nahmen den Neoliberalismus gern auf: Er ermöglichte schnelles Wachstum, zwar zu Lasten der Sklaven... äh... Menschen, aber wenn kümmerte das schon. Am Ende gerieten auch die jungen Demokratien im Osten, das China Europas, durch den Neoliberalismus in arge Bedrängnis. In Polen regiert die PiS, wo ein sehr radikaler Schnitt gemacht wurde, Ungarn hat sein Sklavengesetz (die Deutschen freuen sich, da sie jetzt dort Autos billig bauen dürfen), und in den neuen Bundesländern rekrutiert sich aus der asozialen Bundespolitik plus Austerität eine antidemokratische Front. Kein Witz.

Wenn Du die Lasten von oben nach unten umverteilst, die öffentlichen Pflichten/Leistungen für die Menschen reduzierst, die Privilegien in die Hände eines abstrakten Marktes legst - Arbeitgeber handeln nicht als Menschen, sondern als Unternehmen und haben daher naturgemäß Profit, nicht ihre Pflichten gegenüber den Mitmenschen im Sinn -, stärkst Du eine Gruppe, schwächst andere. Das wiederum zerreißt die Gesellschaft. Nichts wäre antisozialer. Und die unten sind, kämpfen dann, ohne Sicherheit, um die paar Krümel, die über sind. survival of the fittest. Bloß nicht krank werden. Neoliberalismus hat den Sozialdarwinismus nach 1945 wiederbelebt.
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Re: Ist der Neoliberalismus unsozial

Beitrag von lili »

Agesilaos Megas hat geschrieben:(24 Jul 2019, 11:37)

Hey, lili,

Schröder ließ sich bei den Reformen vom angelsächsischen Modell inspirieren, wo die Neoliberalisten ja vor nicht allzu langer Zeit den Zugang zu Regierungskreisen erlangt hatten. Seine Überzeugung war es, sich an den neuen neoliberalen Zeitgeist, der sich auch international angebahnt hatte, anzupassen, um den Sozialstaat zu erhalten. So verkaufte er es uns zumindest. In der Tat sieht die Agenda in einigen Bereichen sogar eine vermehrte öffentliche Finanzierung vor. Das allerdings mag trügen. Wie man auch z.B. in den USA jetzt wieder sehr stark sieht, wurden im Zuge der Agenda die Lasten von oben nach unten umverteilt. Deregulierung des Kündigungsschutzes, der Leiharbeit (daraus folgte auch vermehrter Konkurrenzdruck und eine zunehmende Verfeindung der Arbeitnehmerschaft untereinander), Senkung der Sozialabgaben von Arbeitgebern zulasten der Arbeitnehmer, ganz zu schweigen von der restriktiven Leistungspolitik, usw.

Dieser Vergleich mit "reformierten" Ländern in der Agenda-Rede Schröders macht diesen Bezug zum Neoliberalismus nochmals deutlich. Historisch betrachtet wurde mit dem Untergang der UdSSR der Nimbus dieser Ordnung begründet, auch wenn derselbe erst spät in der westlichen Welt wirkte und nicht für alle Erfolge verantwortlich zu machen ist. Länder der dritten Welt, besonders die autoritären, nahmen den Neoliberalismus gern auf: Er ermöglichte schnelles Wachstum, zwar zu Lasten der Sklaven... äh... Menschen, aber wenn kümmerte das schon. Am Ende gerieten auch die jungen Demokratien im Osten, das China Europas, durch den Neoliberalismus in arge Bedrängnis. In Polen regiert die PiS, wo ein sehr radikaler Schnitt gemacht wurde, Ungarn hat sein Sklavengesetz (die Deutschen freuen sich, da sie jetzt dort Autos billig bauen dürfen), und in den neuen Bundesländern rekrutiert sich aus der asozialen Bundespolitik plus Austerität eine antidemokratische Front. Kein Witz.

Wenn Du die Lasten von oben nach unten umverteilst, die öffentlichen Pflichten/Leistungen für die Menschen reduzierst, die Privilegien in die Hände eines abstrakten Marktes legst - Arbeitgeber handeln nicht als Menschen, sondern als Unternehmen und haben daher naturgemäß Profit, nicht ihre Pflichten gegenüber den Mitmenschen im Sinn -, stärkst Du eine Gruppe, schwächst andere. Das wiederum zerreißt die Gesellschaft. Nichts wäre antisozialer. Und die unten sind, kämpfen dann, ohne Sicherheit, um die paar Krümel, die über sind. survival of the fittest. Bloß nicht krank werden. Neoliberalismus hat den Sozialdarwinismus nach 1945 wiederbelebt.

Dass das System sozialdarwinistisch ist sehe ich auch so. Nur es gibt viele die bestreiten es und sehen das nicht als neoliberal. Deswegen meine Frage.
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Re: Ist der Neoliberalismus unsozial

Beitrag von Agesilaos Megas »

lili hat geschrieben:(24 Jul 2019, 11:45)

Dass das System sozialdarwinistisch ist sehe ich auch so. Nur es gibt viele die bestreiten es und sehen das nicht als neoliberal. Deswegen meine Frage.
Naja, es gibt ja auch nicht viele Möglichkeiten, sich politisch zu bilden. Die großen Medien sind zentristisch und färben lieber die Agenda ihrer Gruppe (Bertelsmann etc.) schön, als dass sie dem Pöbel sagen, dass er aufstehen und sich seine Würde von ihnen zurückholen soll.
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Re: Ist der Neoliberalismus unsozial

Beitrag von lili »

Agesilaos Megas hat geschrieben:(24 Jul 2019, 12:03)

Naja, es gibt ja auch nicht viele Möglichkeiten, sich politisch zu bilden. Die großen Medien sind zentristisch und färben lieber die Agenda ihrer Gruppe (Bertelsmann etc.) schön, als dass sie dem Pöbel sagen, dass er aufstehen und sich seine Würde von ihnen zurückholen soll.
Das stimmt...Nur wenn ich sage zu jedem unsozialen....Ey du neoliberaler und er sagt dann zu mir dass ist überhaupt nicht neoliberal. Dann blamiere ich mich doch. Solche Leute sagen dieses zentristische System sei neosozial oder neokonservativ.
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Re: Ist der Neoliberalismus unsozial

Beitrag von Agesilaos Megas »

lili hat geschrieben:(24 Jul 2019, 12:06)

Das stimmt...Nur wenn ich sage zu jedem unsozialen....Ey du neoliberaler und er sagt dann zu mir dass ist überhaupt nicht neoliberal. Dann blamiere ich mich doch. Solche Leute sagen dieses zentristische System sei neosozial oder neokonservativ.
"neosozial" geht auf Prof. Lessenich zurück, der alles andere als ein Neoliberaler ist. Ich weiß nicht mehr genau, aber ich glaube, dass er damit explizit die Agenda 2010 meinte: Mit der Beschränkung der Leistungen bedurfte es einer größeren öfftl. Struktur, um die Schikanen aufrechtzuerhalten ("Fallprüfung"). Damit zielt er aber auf den Effekt für die Unterklasse ab, die Ziel dieser autoritären Politik ist. Gänzlich unbeachtet lässt er die Motivation Schröders sowie die Regulierungen und ohnehin den größeren Kontext, in welchem die Agenda nur ein Baustein für eine Transformation der Gesellschaft ist. Und "neokon" ist doch schon ziemlich alt, wird seltener gebraucht, oder? Dass Konservative die meisten Großspenden erhalten und folglich auch eine gewisse Loyalität gegenüber einer sozioökonomischen Seite haben, lässt beide recht nahe zusammenliegen. In den USA siehst Du das klarer als hier: Die Konservativen senken Steuern und deregulieren alles; im Gegenzug dürfen sie ein paar Ausländer in Konzentrationslager stecken. do, ut des.
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Re: Ist der Neoliberalismus unsozial

Beitrag von lili »

Agesilaos Megas hat geschrieben:(24 Jul 2019, 12:26)

"neosozial" geht auf Prof. Lessenich zurück, der alles andere als ein Neoliberaler ist. Ich weiß nicht mehr genau, aber ich glaube, dass er damit explizit die Agenda 2010 meinte: Mit der Beschränkung der Leistungen bedurfte es einer größeren öfftl. Struktur, um die Schikanen aufrechtzuerhalten ("Fallprüfung"). Damit zielt er aber auf den Effekt für die Unterklasse ab, die Ziel dieser autoritären Politik ist. Gänzlich unbeachtet lässt er die Motivation Schröders sowie die Regulierungen und ohnehin den größeren Kontext, in welchem die Agenda nur ein Baustein für eine Transformation der Gesellschaft ist. Und "neokon" ist doch schon ziemlich alt, wird seltener gebraucht, oder? Dass Konservative die meisten Großspenden erhalten und folglich auch eine gewisse Loyalität gegenüber einer sozioökonomischen Seite haben, lässt beide recht nahe zusammenliegen. In den USA siehst Du das klarer als hier: Die Konservativen senken Steuern und deregulieren alles; im Gegenzug dürfen sie ein paar Ausländer in Konzentrationslager stecken. do, ut des.
Ich hatte den Namen nicht mehr im Kopf und es bezieht sich auf die Agenda 2010. Welche politische Einstellung hat er denn? Ich weiß nicht ob dieser Begriff dazu passt, aber ich finde es auch ziemlich autoritär wie man mit den ärmeren Leuten umgeht. Der Begriff neokon ist ziemlich alt, aber ich finde schon dass bei einigen Parteien eine leichte Tendenz in diese Richtung haben. Im amerikanischen Spektrum ist es weiter verbreitet, abgesehen von den Ausländern.
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Re: Ist der Neoliberalismus unsozial

Beitrag von Agesilaos Megas »

lili hat geschrieben:(24 Jul 2019, 12:32)

Ich hatte den Namen nicht mehr im Kopf und es bezieht sich auf die Agenda 2010. Welche politische Einstellung hat er denn? Ich weiß nicht ob dieser Begriff dazu passt, aber ich finde es auch ziemlich autoritär wie man mit den ärmeren Leuten umgeht. Der Begriff neokon ist ziemlich alt, aber ich finde schon dass bei einigen Parteien eine leichte Tendenz in diese Richtung haben. Im amerikanischen Spektrum ist es weiter verbreitet, abgesehen von den Ausländern.
Deutschland ist traditionell als eines der Zentren der Arbeiterbewegung, aber auch des Preußentumes ein Land mit Sozialstaat und starken Regulierungen. Das darf man nicht vergessen. Und gegen die autoritären Traditionen in Deutschland anzugehen ist ein ewiger Kampf. Ebenso ist das Vorhandensein eines Sozialstaates selbstverständlich. Daher funktioniert die Implementierung neoliberaler Politik anders als z.B. in den USA, wo die Arbeiterbewegung nie Fuß fassen konnte, und soziale Errungenschaften erst recht spät kamen, aber dann auch wieder früh abgeschafft werden konnten. Ich denke aber, dass man sich nicht scheuen sollte, den Terminus des Neoliberalismus zu gebrauchen, da er den Fokus auf das Wesentliche lenkt: Die Verteilung von Wohlstand und die sozioökonomische Situation von Menschen. "neokon" fokussiert zu sehr auf die Ideologie, zumal auch Grüne, FDP und SPD beim Kahlschlagen mitgeholfen haben.
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Re: Ist der Neoliberalismus unsozial

Beitrag von lili »

Agesilaos Megas hat geschrieben:(24 Jul 2019, 12:41)

Deutschland ist traditionell als eines der Zentren der Arbeiterbewegung, aber auch des Preußentumes ein Land mit Sozialstaat und starken Regulierungen. Das darf man nicht vergessen. Und gegen die autoritären Traditionen in Deutschland anzugehen ist ein ewiger Kampf. Ebenso ist das Vorhandensein eines Sozialstaates selbstverständlich. Daher funktioniert die Implementierung neoliberaler Politik anders als z.B. in den USA, wo die Arbeiterbewegung nie Fuß fassen konnte, und soziale Errungenschaften erst recht spät kamen, aber dann auch wieder früh abgeschafft werden konnten. Ich denke aber, dass man sich nicht scheuen sollte, den Terminus des Neoliberalismus zu gebrauchen, da er den Fokus auf das Wesentliche lenkt: Die Verteilung von Wohlstand und die sozioökonomische Situation von Menschen. "neokon" fokussiert zu sehr auf die Ideologie, zumal auch Grüne, FDP und SPD beim Kahlschlagen mitgeholfen haben.
Es kann auch sein dass man evtl. den Neoliberalismus selber differenzieren zwischen kontinental und ängelsächsisch. Du hast es ja eigentlich auch gemacht.
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Re: Ist der Neoliberalismus unsozial

Beitrag von Kohlhaas »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(24 Jul 2019, 10:00)

Korrekt liegst du insofern, dass die Bahn natürlich kein staatlich geführtes Unternehmen mehr ist.
Falsch ist natürlich deine Ansicht, dass Vertreter der Exekutive (Polizei, Bundeswehr, aber natürlich auch Finanzamt etc.) staatlich geführte Unternehmen wären. Das ist die Exekutive. Die erbringt auch keine Dienstleistung, die setzt ganz einfach Gesetze um. Das hat mit Unternehmen nichts zu tun.
In Deutschland sind die von Dir genannten Bereiche tatsächlich in weiten Teilen noch "Exekutive". Das ist aber keineswegs "naturgegeben", sondern liegt an politischen Entscheidungen, die bei Gründung der Bundesrepublik Deutschland getroffen wurden.

Auch in Deutschland sind hier aber schon Aufweichungstendenzen zu erkennen. Beispiel Bundeswehr:

"Bereits unter der Regierung Kohl wurden zu Beginn der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts erste Schritte unternommen, öffentliche Aufgaben des Bundes durch Private erledigen zu lassen. (...) Hierzu wurden auf der Grundlage eines zwischen dem Bundesministerium der Verteidigung und der Wirtschaft am 15. Dezember 1999 geschlossenen Rahmenvertrages über „Innovation, Investition und Wirtschaftlichkeit in der Bundeswehr“, der u. a. zum Inhalt hatte, „gesellschaftsrechtliche Lösungen für Servicefunktionen der Bundeswehr mit Beteiligung der Wirtschaft zu initiieren und umzusetzen“ (3), eine Reihe privatwirtschaftlich organisierter Unternehmen gegründet. Hierzu zählen unter anderem die:

Gesellschaft für Entwicklung, Beschaffung und Betrieb mbH (g.e.b.b. mbH),
IT-Gesellschaft (HERKULES),
Heeresinstandsetzungslogistik GmbH (HIL),
Gesellschaft des Bundes zur Entsorgung von chemischen Kampfstoffen und Rüstungsaltlasten mbH (GEKA),
BundeswehrFuhrparkService GmbH (BwFPS),
LHBw Bekleidungsgesellschaft mbH (LHBw) sowie
Fernleitungsbetriebsgesellschaft mbH (FBG)
"

Aus: https://www.friedenskooperative.de/frie ... isierungen

Dass es z.B. in den USA bereits private Militärdienstleister gibt, hatte ich schon erwähnt.

Beispiel Polizei:
Nicht nur die Deutsche Polizeigewerkschaft klagt schon länger über Personalabbau und Tendenzen zur Privatisierung von Polizeiaufgaben. Hier ein Beitrag des Deutschlandfunks dazu: https://www.deutschlandfunk.de/privatis ... _id=360178

Auch hier gibt es in der Welt bereits Beispiele für private Polizei-Unternehmen. In Großbritannien gibt es offenbar schon eine private Polizeieinheit: https://en.wikipedia.org/wiki/TM_Eye_Ltd sowie https://www.express.co.uk/news/uk/95585 ... mands-soar

Auch vor diesem Hintergrund hatte ich darauf hingewiesen, dass der Europäische Gerichtshof einen Unternehmensbegriff formuliert hat, der nicht mehr zwischen privater oder öffentlicher Leistungserbringung unterscheidet.

Gleichgültig ob wir das jetzt alles als "Unternehmen" betrachten oder nicht: Die von mir soeben beschriebenen Tendenzen gibt es seit vielen Jahren in praktisch allen Lebensbereichen. Sie resultieren aus dem Paradigma der wirtschaftsliberalen Theorie, dass "Private wirtschaftlich handelnde Akteure" alles besser und preiswerter erledigen können als der Staat. Als "neoliberal" werden heute im politischen Diskurs die Menschen und Organisationen kritisiert, die dieses alte Paradigma nun erneut formulieren. Es widerspricht nämlich eigentlich dem Geist unseres Grundgesetzes, das einen Staat vorsieht, der im Interesse der Allgemeinheit Wirtschaftsprozesse reguliert.

Jeder mag seine eigene Meinung zu diesem Themenfeld haben. Ich persönlich bin der Ansicht, dass Kernaufgaben des Staates (Grundversorgung, Daseinsvorsorge, hoheitliches Handeln) nicht in private Hände gehört und nicht dem (an sich legitimen) Gewinnstreben privater Akteure unterworfen sein darf. Wie an den Bereichen Polizei und Militär dargestellt, geschieht das aber bereits. Auch in Deutschland.
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Re: Ist der Neoliberalismus unsozial

Beitrag von lili »

Was ich nicht verstehe: Hartz 4 ist neoliberal und das BGE ist angeblich auch neoliberal. Selbst wenn das BGE unsozial wäre. Die beiden Sachen unterscheiden sich wie Tag und Nacht. Wie kann beides neoliberal sein?
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Re: HartzIV

Beitrag von Gruwe »

SillyWalks hat geschrieben:(02 May 2021, 20:33)

Die Alternative zum Zwang ist immer kein Zwang
Es gibt keinen Zwang für dich, unser Sozialsystem mit deinen Steuern zu unterstützen!
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Re: HartzIV

Beitrag von Billie Holiday »

Gruwe hat geschrieben:(02 May 2021, 21:46)

Es gibt keinen Zwang für dich, unser Sozialsystem mit deinen Steuern zu unterstützen!
Du meinst, er kann wegziehen? Oder schwarzarbeiten? :?:
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Re: HartzIV

Beitrag von Gruwe »

Billie Holiday hat geschrieben:(02 May 2021, 21:53)

Du meinst, er kann wegziehen?
Ja!
Es gibt ja keinen Zwang hier zu leben. Wenn ich allerdings in dieser Gesellschaft leben möchte, dann muss ich mich an ihre Regeln halten.
Ich sehe da kein Zwang drin! Natürlich ist ggf. ein Wegziehen von hier mit Nachteilen verbunden, aber so ziemlich alle Entscheidungen bringen nicht nur Vorteile, sondern eben auch Nachteile.
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Re: HartzIV

Beitrag von Billie Holiday »

Gruwe hat geschrieben:(02 May 2021, 21:56)

Ja!
Es gibt ja keinen Zwang hier zu leben. Wenn ich allerdings in dieser Gesellschaft leben möchte, dann muss ich mich an ihre Regeln halten.
Ich sehe da kein Zwang drin! Natürlich ist ggf. ein Wegziehen von hier mit Nachteilen verbunden, aber so ziemlich alle Entscheidungen bringen nicht nur Vorteile, sondern eben auch Nachteile.
Jupp, das ist völlig korrekt. Wenn es hier so ätzend ist, kann jeder seine Koffer packen und woanders glücklicher werden.

Ich sehe keine Alternative zum Zwang, Steuern zu zahlen.
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Re: HartzIV

Beitrag von Realist2014 »

SillyWalks hat geschrieben:(02 May 2021, 21:04)

In meinen Ohren klang "verlässliche Freiwilligkeit" wie der Erlkönig: Und bist du nicht willig, so brauch' ich Gewalt. t.
Stimmt

Wenn du in D Einkommen erzielst, dann musst du das auch versteuern.
Wenn du dem nicht nachkommst, dann kommt die Staatsgewalt... :x

Ist nun aber in jedem Land so...
Laut Aussage der linken Ideologen sind alle ökonomisch erfolgreichen dumm, und die wahre Intelligenz tritt sich in der untersten ökonomischen Etage auf die Füße.....daher muss diese Etage ausgebaut werden
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Re: HartzIV

Beitrag von Realist2014 »

SillyWalks hat geschrieben:(02 May 2021, 20:35)

Ja, blabla... ;) @Mod: Mit dem zitierten Spambeitrag bin ich einverstanden und finde okay, wenn der stehenbleibt. :cool:
Nix blabla.

Wenn dir die Gesetze in D nicht gefallen- dann musst du auswandern

Da aber deine Vorstellungen nirgends auf diesem Planeten existieren- bleibt nur der Mond.
Laut Aussage der linken Ideologen sind alle ökonomisch erfolgreichen dumm, und die wahre Intelligenz tritt sich in der untersten ökonomischen Etage auf die Füße.....daher muss diese Etage ausgebaut werden
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Re: HartzIV

Beitrag von SillyWalks »

Gruwe hat geschrieben:(02 May 2021, 21:56)
Wenn ich allerdings in dieser Gesellschaft leben möchte
"Diese" Gesellschaft fragt aber nicht danach, ob ich mitmachen, also "in" ihr leben möchte, sondern sie besetzt den Raum, in dem ich lebe. Anders gesagt: Sie macht mich entweder zum Knecht oder zum Flüchtling. Und das meine ich ganz plastisch: Das, was du "Gesellschaft" nennst, marschiert in mein Leben ein.
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Re: HartzIV

Beitrag von SillyWalks »

Billie Holiday hat geschrieben:(02 May 2021, 22:03)
Ich sehe keine Alternative zum Zwang, Steuern zu zahlen.
Treue Untertanen tun das nicht, völlig klar. Freie Menschen dagegen zahlen keine Steuern.
SillyWalks

Re: HartzIV

Beitrag von SillyWalks »

Realist2014 hat geschrieben:(02 May 2021, 22:05)
Ist nun aber in jedem Land so...
Du bist nicht der erste, der gegen Humes Gesetz verstößt. Alles gut, passiert selbst den Besten. :p
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Re: HartzIV

Beitrag von Gruwe »

SillyWalks hat geschrieben:(02 May 2021, 23:42)

"Diese" Gesellschaft fragt aber nicht danach, ob ich mitmachen, also "in" ihr leben möchte, sondern sie besetzt den Raum, in dem ich lebe. Anders gesagt: Sie macht mich entweder zum Knecht oder zum Flüchtling. Und das meine ich ganz plastisch: Das, was du "Gesellschaft" nennst, marschiert in mein Leben ein.
Tja, du bist doch gegen den Staat! In Konsequenz müsste das auch bedeuten, dass du nicht den Schutz des Staates in Anspruch nehmen dürftest. Also kommt morgen irgendwer mit seiner "Gang" und zieht dich ab...das Recht des Stärkeren. Dürfte doch ganz nach deinen Vorstellungen sein!

Spaß beiseite: Realist hat es bereits gesagt: Spar dir was an Geld und lass dich von SpaceX und Konsorten auf den Mond schießen. Da wird keiner vorbeikommen und dir deine Steuerschulden, o.ä. vorhalten.
SillyWalks

Re: HartzIV

Beitrag von SillyWalks »

Billie Holiday hat geschrieben:(02 May 2021, 21:53)
schwarzarbeiten
Ich finde solche Stilblüten so toll. :D
SillyWalks

Re: HartzIV

Beitrag von SillyWalks »

Gruwe hat geschrieben:(02 May 2021, 23:46)
Also kommt morgen irgendwer mit seiner "Gang"
Ja, so einen Blödsinn höre ich oft. In anderen Situationen wird das übrigens diagnostiziert, heißt Stockholm-Syndrom.
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Re: HartzIV

Beitrag von Gruwe »

SillyWalks hat geschrieben:(02 May 2021, 23:48)

Ja, so einen Blödsinn höre ich oft. In anderen Situationen wird das übrigens diagnostiziert, heißt Stockholm-Syndrom.
Jaja, is schon recht! :D

Das was du uns hier als ultraliberale Einstellung zu verkaufen versuchst ist nix anderes, als dass du ein starkes Problem damit zu haben scheinst, dass es hier nicht ganz nach deiner Nase läuft! :x Insofern verbleibt dann doch nur noch der Mond :p
Alternativ aber auch der Mars, Merkur oder was auch immer. Vielleicht reicht auch der Nord- oder Südpol oder ganz tief im Urwald, wo dich keiner findet. :D
SillyWalks

Re: HartzIV

Beitrag von SillyWalks »

Realist2014 hat geschrieben:(02 May 2021, 22:03)
Und auch nicht aus der Verfassung
Ein Dokument, das von Leuten, die ich nie getroffen habe und die wahrscheinlich nicht mehr leben, in meinem Namen unterzeichnet wurde... wenn das Privatpersonen tun würden, gingen sie - selbst in diesem "System" - in den Knast.
SillyWalks

Re: HartzIV

Beitrag von SillyWalks »

Gruwe hat geschrieben:(02 May 2021, 23:54)
zu verkaufen versuchst
Ich versuche nichts zu verkaufen, ich will nur in Ruhe gelassen werden. Und das wünsche ich denjenigen, die von fremden Leuten sanktioniert werden, weil sie ein paar Minuten zu spät zu einem Termin bei der ARGE erschienen sind, auch. Dass sie einfach in Ruhe gelassen werden.
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Re: HartzIV

Beitrag von Gruwe »

SillyWalks hat geschrieben:(02 May 2021, 23:59)

Ich versuche nichts zu verkaufen, ich will nur in Ruhe gelassen werden. Und das wünsche ich denjenigen, die von fremden Leuten sanktioniert werden, weil sie ein paar Minuten zu spät zu einem Termin bei der ARGE erschienen sind, auch. Dass sie einfach in Ruhe gelassen werden.
Wie gesagt: Ich hab dir die Orte genannt, an denen du mit äußerster Sicherheit "in Ruhe gelassen wirst". Ansonsten sehe ich nicht, warum man dir in diesem Land offenbar so schwer zusetzt, dass es dein offenbar größter Wunsch ist in Ruhe gelassen zu werden.
SillyWalks

Re: HartzIV

Beitrag von SillyWalks »

Gruwe hat geschrieben:(03 May 2021, 00:03)
Ansonsten sehe ich nicht, warum man dir in diesem Land offenbar so schwer zusetzt, dass es dein offenbar größter Wunsch ist in Ruhe gelassen zu werden.
Warum "man" das macht, ist doch völlig offensichtlich: Jeder zweite lebt davon. Zudem gilt, je komplexer das Steuer- und Abgabensystem, desto besser lassen sich die tatsächlichen finanziellen Lasten verschleiern. Das gilt auch für die Sozialbürokratie. "Wir" leben in einem Land, das fast jeden dritten Euro in den Sozialsystemen verbucht. Das fällt niemandem mehr auf den ersten Blick auf, nur deshalb können einige Parteien überhaupt noch fordern, mehr Geld in diesen Apparat zu schieben. Und das, obwohl die Leute im Hartz-IV-System vermessen und überwacht werden, wie das selbst der kühnste "Neoliberale" kaum zu träumen wagte.
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Re:

Beitrag von Meruem »

SillyWalks hat geschrieben:(03 May 2021, 00:16)

Warum "man" das macht, ist doch völlig offensichtlich: Jeder zweite lebt davon. Zudem gilt, je komplexer das Steuer- und Abgabensystem, desto besser lassen sich die tatsächlichen finanziellen Lasten verschleiern. Das gilt auch für die Sozialbürokratie. "Wir" leben in einem Land, das fast jeden dritten Euro in den Sozialsystemen verbucht. Das fällt niemandem mehr auf den ersten Blick auf, nur deshalb können einige Parteien überhaupt noch fordern, mehr Geld in diesen Apparat zu schieben. Und das, obwohl die Leute im Hartz-IV-System vermessen und überwacht werden, wie das selbst der kühnste "Neoliberale" kaum zu träumen wagte.
Du lederst hier aber ganz schön, ich bin zwar auch ein Kritiker der Agenda Politik von Schröder und lehne das Hartz4 System ab ( zu Bürokratisch, zu sehr Schikane und Überwachung, zu ungerecht) aber du hältst Steuern generell für asozial wenn ich dich richtig verstehe?
SillyWalks

Re:

Beitrag von SillyWalks »

Meruem hat geschrieben:(03 May 2021, 00:26)
Du lederst hier aber ganz schön, ich bin zwar auch ein Kritiker der Agenda Politik von Schröder und lehne das Hartz4 System ab ( zu Bürokratisch, zu sehr Schikane und Überwachung, zu ungerecht)
Ich halte Schröder inzwischen für einen ziemlich guten Kanzler, mag aber auch an dem liegen, was dann passiert ist. Wo ich dir zustimme, ist, dass ich die Schikane, das Ausgeliefertsein, das "Menschen zum Kunden machen und sie doch behandeln wie Bittsteller" ablehne, das erscheint mir wirklich abscheulich. Wenn ich lese, wie manche Leute über "den Kapitalismus" schreiben, denke ich dabei oft zuerst an einen Besuch auf dem Amt. Mir jedenfalls fiele es sehr schwer, Leute zu verhören, die am Existenzminimum leben, sie zu fragen, ob sie mit jemandem zusammenleben, zu prüfen, ob ich nicht einen Euro weniger auszahlen könne, und über Sanktionen zu entscheiden, wenn mir Leute gegenübersitzen, denen ich meinen eigenen Job zu verdanken habe. Staatsbedienstete sollten vor ihren Bürgern kuschen, nicht umgekehrt.
Meruem hat geschrieben:(03 May 2021, 00:26)
aber du hältst Steuern generell für asozial wenn ich dich richtig verstehe?
Ja.
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Re: Ist der Neoliberalismus unsozial

Beitrag von BlueMonday »

Das ist der Spätetatismus... eine Religion, wie sie ein Moses, Jesus, Mohammed nicht hätten stiften können, so tief nistet sie mittlerweile in den Köpfen und Herzen. Der Staat ist die heilige Kuh schlechthin. Was er okkupiert und verdrängt hat, lässt er nicht mehr los. Keine Straße kann mehr ohne ihn gebaut werden, keine Schule, niemand wird gebildet, keine Hilfe für Bedürftigen geleistet, keine Absicherung aufgebaut, keine Vorsorge betrieben - ohne ihn. Da muss man schon zum Mond fliegen für solch tollkühnes Ansinnen ohne ihn zum Gründer eines zivilisierten Vereins werden zu wollen... Hinter seinen Grenzen lauert das nackte Elend der Hilfs- und Vorstellungslosigkeit. Was sollen wir nur anstellen ohne ihn? Nichts ist übrig geblieben. Nichts geht mehr ohne ihn. Er ist die Vorbedingung praktisch für alles Lebensnotwendige.

Dabei ist er nur der Keim des Streits. Er ist die Ausdehnung des kleinen übersichtlichen Streits der Kleinhorde auf eine anonyme Millionengesellschaft, er ist der große Streit um die Verteilung der Beute, die große Fiktion, dass alle irgendwie auf Kosten aller leben könnten, er ist eine große "Umrührgesellschaft"(A. de Jasay), "linke Tasche, rechte Tasche" - im besten Falle - mit größer werdenden Verteilungsverlusten, vieles bleibt hängen, vieles fließt nicht zurück, versickert in die Taschen der geschicktesten "Rentseekers". Er ist letztlich der untaugliche wie verlogene Großversuch, die Moralität der Kleingruppe auf eine eine anonyme Großgesellschaft zu übertragen. Der kleine Bruder des Sozialismus, der an derselben Krankheit leidet. Das Ächzen und Knirschen im Staatsgebälk sollte ja nun auch der Gläubigste mittlerweile vernehmen können... Die sog. "Hartz"-Reformen waren damals ein zaghafter Rettungsversuch das Ganze überhaupt weiter am Laufen zu halten. Ein bisschen Anreizkitt, eine kleine Korrektur, die man dem Schröder bis heute noch übel nimmt.
ensure that citizens are informed that the vaccination is not mandatory and that no one is under political, social or other pressure to be vaccinated if they do not wish to do so;
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