frems hat geschrieben:(14 Sep 2018, 08:59)
Eher wenig statt kurzem Sinn. Du sagtest doch, dass die Überflieger, die "zu schlau" sind (-> Genies), lieber gar nicht erst an die Hochschulen strömen sollen, sondern dann mit 19 irgendwelche Abteilungen leiten. Nun soll hingegen ein Studium nur noch für eine kleine Intelligenzelite sein, weil es "ursprünglich" bzw. früher mal so war -- und das ist ja auch Quatsch. ....
Du hast diese Aussage jetzt aus dem Zusammenhang gerissen. Ich weiß, zitieren ist wichtig, aber du musst auch berücksichtigen, dass ich im weiteren Text Abstand von diesem Konzept nahm und eher eine "inklusive" Bildung, wo es diese Trennungen gar nicht mehr so gibt, befürwortete. Ich versuchte eher das Problem zu "ergründen". Du hast vollkommen recht, es ist irgendwie absurd wenn man sagt, dass die "Intelligenzelite" am längsten auf die Schule gehen soll (Gymnasium), am längsten studieren soll (Master und am besten noch Doktorarbeit und was weiß ich), und gleichzeitig sieht, dass die wirklichen Genies oft freiwillig am kürzesten zur Schule gehen und gleich loslegen. Da finde ich jetzt nichts gut oder schlecht, ich find es halt ein merkwürdiges Dilemma, was darauf hindeutet, dass irgendwas in der Gesamtkonstruktion des Systems nicht stimmt.
frems hat geschrieben:(14 Sep 2018, 08:59)
... Vor 60 Jahren machten viele erst gar kein Abi, weil sie sich kein Schulgeld und Studium leisten konnten und nicht, weil sie nichts in der Birne hatten. Das Ergebnis war dann die sog. Generation Bildungskatastrophe, sprich, die Babyboomer. Und die, die aus einem Haushalt kamen, die ihnen Abi und Studium ermöglichten, waren auch nicht automatisch die hellsten Kerzen auf der Torte. Welchen Nutzen hat die Gesellschaft dadurch, dass man willkürlich den Zugang erschwert bzw. weniger Studienplätze anbietet?
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Die Babyboomer ist die "Generation Bildungskatastrophe"? Echt? Aber diese Generation hat doch alle wichtigen Positionen in dieser Gesellschaft seid Jahren besetzt. Willst du damit sagen, dass die "Generation Bildungskatastrophe" uns regiert? Na das würde ja einiges erklären und das macht es umso schlimmer, dass "meine" Generation, die schon an den Hochschulen unter den seltsamen aber zahlenmäßig überlegenen Baby-Boomer Dozenten leiden musste (ooohh.. mimimi... ich weiß), in fast allen Bereichen dieser Gesellschaft übersprungen wird.
frems hat geschrieben:(14 Sep 2018, 08:59)
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Zudem ist ja die Welt nicht schwarz-weiß und bekanntlich hat jedes Individuum Stärken und Schwächen. Wer fleißig auswendiglernen kann, aber mit komplexen Zusammenhängen und stringenter Argumentation wenig anzufangen weiß, der wird wohl kaum an eine Uni gehen und diese mit einem Dr. (mal Medizin ausgenommen) verlassen.....
Ähm doch? Und da bin ich nicht alleine mit dieser Meinung. Gerade in dem Bereich Medizin sieht man das doch. Da gibt es doch diesen Witz, dass Medizinstudenten Telefonbücher auswendig lernen können. Oder eben der Typ dem gesagt wurde "Du bist zu schlau für Medizin, du muss da nur auswendiglernen, das ist nichts für dich". Da können wir jetzt aber ewig drüber diskutieren, aber meiner Erfahrung nach ist es genauso. Was ich erstmal nicht bewerten will, vielleicht ist es ja auch ganz gut wenn es viele Ärzte gibt die einfach nur das tun was Stand der Technik ist anstatt lustig rumzuexperimentieren. Aber meiner Erfahrung ist ganz klar die: Wenn jemand nur auswendiglernen kann aber nicht logisch denken, dann kann er in diesem Land, in diesem System Arzt werden. Punkt.
frems hat geschrieben:(14 Sep 2018, 08:59)
...Aber möglicherweise geht die Person dann in einem FH-Bachelorstudium auf. Und wenn das auch nichts ist, macht man eine duale Ausbildung oder ein duales Studium. ....
Siehst du genau das ist ein weiteres Problem das ich ansprach in meinem langen Text! Ja, vielleicht ist dies, oder das oder jenes das richtige. Aber weiß der das vorher? Wie kann er es vorher wissen? Und deshalb meine These: Die meisten die "Irgendwas mit Medizin" machen wollen werden dann halt "Medizin studieren" wollen. Genauso wie in meinem Studiengang: Die meisten die mit mir studiert haben wollten als offenbar "irgendwas mit Architektur" oder "Gestaltung" machen. Die wenigsten sind wirklich "richtige Architekten" geworden, aber die meisten die ich jetzt frage machen immer noch irgendwas das halbwegs mit dem Thema zu tun hat, auch die jetzt Tischler, Spielzeughersteller, oder einfach "Künstler" sind, die waren ja nicht wirklich grundsätzlich falsch im Architekturstudium, die gestalten jetzt halt Holzklötze statt Bauklötze... Aber natürlich gab es bei all denen Schwierigkeiten im Studium wo dann gesagt wurde "Du hättest lieber Kunst studieren sollen" oder "Du hättest lieber ne Bauzechnerlehre machen sollen" oder "Ich sehe dich eher in der Verwaltung" oder "Hm, das ist aber eher Industriedesign was du da machst, keine Architektur".... Was für ein Eiertanz und was für eine Zeitverschwendung... Deshalb mein naiver Gedanke: Dann werf doch einfach alle in einen riesigen Bildungsweg mit Schwerpunkt "Gestaltung", der recht früh beginnt, alle lernen gemeinsam, mit unterschiedlichen Fächern, und dann kristallisiert sich im Idealfall dabei heraus ob jemand "richtiger Architekt" oder Tischler wird oder am Empfang sitzt. Wenn es aber ganz viele unterschiedliche Angebote gibt, besteht die Schwierigkeit, dass man früh sich für einen Weg entscheiden muss. Das ist schwierig! Und das führt dazu, dass die meisten die was mit Medizin machen wollen sagen "Ich studiere Medizin". Und nochmal: Das führst dazu, dass viele die in der Pflege oder in der Krankenhausverwaltung besser aufgehoben wären plötzlich als Arzt irgendwelche Wunden zutackern müssen... und man dann mitunter die skurile Situation hat, dass einem irgendnen Mensch, wo "Arzt" dran steht da mit Nadel und Faden malträtiert und die Pflegekraft steht daneben und sagt wie das geht und man denkt nur, wieso macht der Pfleger das jetzt nicht? Der scheint jetzt irgendwie besser als Arzt zu sein als der "Arzt", hat aber sich offenbar für die Ausbildung zur Pflege entschieden... Und stattdessen muss da jetzt jemand fädeln der wahrscheinlich "gut auswendiglernen" kann...
frems hat geschrieben:(14 Sep 2018, 08:59)
...Die Anforderungen in der Arbeitswelt werden ja nicht geringer. Man denke nur an irgendeinen Golf I oder Trabi zurück. Und nun überlegt man, was alles an Technik in einem heutigen Neuwagen steckt, ob mit Diesel, Wasserstoff oder Gas betrieben. Der Mechatroniker von heute wirft ja als erstes sein Tablet an und loggt sich in den Wagen ein statt die Motorhaube zu öffnen und mal looki-looki zu machen. Letztendlich werden aber mehr Bildungsmöglichkeiten eben mehr Menschen gerecht als die Welt in zwei, drei Gruppen (dumm, normal, genial) einzuteilen und zu meinen, für alle Personen einer dieser Gruppen sei Bildungsweg X das einzig Wahre.
Wie gesagt, ich glaube du hast meinen langen Text von gestern nicht zu Ende gelesen. Mein Fazit war nicht unbedingt, das Hauptschule, Realschule, Gymnasium (dumm, normal, genial) der Weisheit letzter Schluss ist. Aber, ich wiederhole mich, wenn es nahezu unendlich viele Bildngswege gibt, dann wird es nahezu unmöglich mit 16 Jahren zu entscheiden wohin die Reise exakt gehen soll. Was macht nun also jemand der sich irgendwie für Computer, programmieren interessiert und auch mal gerne eine Lampe zusammenbaut? Geht der mit Realschulabschluss runter und macht Lehre als Mechatroniker? Oder Gymnasium zu Ende und Informatik? Beides birgt die Gefahrt, dass jemandem auffällt "Du bist überhaupt nicht praktisch veranlagt, du hättest mal lieber Informatiker werden sollen", oder das jemand sagt "Also ich glaube eine Berufsausbildung mit mehr praktischem Anteil wäre besser für dich gewesen".
Nochmal: Die Mehrheit der Leute mit denen ich studiert hab arbeiten nicht als das was sie studiert haben. Keiner (!) von denen ist wirklich "dumm". Jeder kann was. Das Problem war nur, es war für die meisten unmöglich exakt herauszufinden was der richtige Weg für sie ist. Wenn du aber ganz viele unterschiediche Wege anbietest, für die man sich entscheiden muss, wirst du zangsläufig das Problem haben, dass viele sich für einen falschen Weg entscheiden und dies ist dann zeitverlust, Ressourcenverschwendung und ein Problem auch für die Gesellschaft. Siehe die hohe Anzahl der Studienabbrecher. Die gehen als Arbeitskräfte für die Gesellschaft erstmal verloren, da sie (falls sie nicht Bill Gates sind) ohne Plan und ohne Abschluss und nicht mehr superjung, runtergehen.
Idee: Was wäre wenn man inklusiv und standardmäßig einen "universalen" Bildungsweg anbietet, wo quasi "alles" angeboten wird, von Tischlerwerkstatt bis Astrophysik... Und jeder der sich nicht endgültig auf einen Spezialweg festgelegt hat bleibt auf diesem "universellen" Weg?
Wenn ich zum Beispiel die Stadt hier ansehe wo ich wohne, da gibt es ALLES was das Bildungsherz gegehrt, von jedem ein bischen... Berufsschulen, Kunsthochschule, Uni-Klinik, Tischlerlehre, Fabriken... Warum musste ich mich in diesem risiegen Angebot ständig zwischen irgendwas entscheiden? Das ganze Dilemma find bei den meisten so ab 12 Jahre an. Ist man nun auf dem Gymnasium richtig oder doch eher Realschule, ist der da nun ein Legastheniker oder will der uns nur ärgern? Blabla... Ich weiß, Gesamtschulen werden auch kritisch gesehen. Aber was spräche dagegen wenn man so etwas wie "universelle Megaschulen" einrichtet, wo quasi die ganze Stadt die Schule ist...? Und jeder der nicht 100% einen Weg in einem Spezialweg findet, der landet automatisch an der "Megaschule" wo es sowohl ANgebote für "Dummies", "Normalos", aber auch "Genies" gibt?
Ich glaube der Zwang zu entscheiden ist das Problem und führt dazu, dass im Zweifel jeder "Depp" studieren will und es deshalb viele Abbrüche gibt. Was wäre aber wenn die Schüler, und zwar alle, standardmäßig, schon ab 12 Jahre auf "Megaschulen" gehen, wo sie quasi "alles" angeboten bekommen, und sich nicht fest entscheiden müssen sondern immer im "universellen" Weg bleiben? Und derjenige der dann in das Fach "Praktische Medizin" reinschnuppert, da merkt man dann vielleicht, oh, der kann wirklich gut Blut abnehmen, der sollte irgendwas in dem Bereich machen... Und dann hat er vielleicht noch ein paar Jahre wo er schwerpunktmäßig "Medizin" Fächer macht und dann vielleicht merkt ob Pflger oder Arzt oder Verwaltungskram besser passt, und dann ist der vielleicht 16 und kann dann viel besser entscheiden welcher Weg passt...
Aber wie es heute ist: Siehe Medizin, siehe Architektur. Der Normalfall ist, dass jemand vom Gymnasium kommt wo alles mögliche, aber nichts was auch nur annäherend mit Architektur oder Medizin zu tun hat, nun vor der Entscheidung steht was und ob er studieren tut oder nicht. Die Entscheidungen sind zu abrupt. Zu hart, zu wenig fließend. Auch das jetzige Bidungssystem kennt nur schwarz oder weiß. Studienabbruch oder nicht. Wäre nicht ein "universeller" Bildungsweg mit unendlich vielen Verästelungen besser, wo der Schüler almählich die Richtung findet in welche Bereiche es gehen sollte, ohne sich zu früh für einen Aste, der vielleicht eine Sackgasse ist, entscheiden zu müssen?
Oder um auf das Thema Geld zurückzukommen. Vielelicht ist auch das Problem, dass weder der Schüler, noch die Eltern, noch der Staat, wissen ob die Investition sich lohnt. Und der Staat gibt es sogar zu! Er weiß es nicht ob die Investition sich lohnt, deshalb wartet er bis er immatrikuliert ist, bis er also zum Studium angenommen wurde.