discipula hat geschrieben:(17 Oct 2021, 08:10)
Die Arbeit im Sinne von "Dinge, die man tun sollte" geht bestimmt nicht aus.
Anders sieht es aus mit Erwerbsarbeit, also "Dinge, für die man als Angestellter einen Lohn kriegt" - die werden wohl weniger werden. Die Welt ist viel zu stark monetarisiert, es wäre gut, wieder etwas davon wegzukommen, dass jede Transaktion immer "irgendwas gegen Geld" sein muss.
Der aktuelle Trend ist eher noch immer der, dass mehr und mehr Leistungen monetarisiert werden, die lange Zeit kein Bestandteil des Geldsystems waren.
Für die nächsten 30 Jahre verweise ich mal darauf, dass wir weltweit vorhaben, die Volkswirtschaften von Kohle- und Ölbasiertem Wirtschaften auf regeneratives Wirtschaften idealerweise unter Einbeziehung von nachhaltigem Wirtschaften umzustellen. Die Aufwände die dafür geleistet werden müssen, sind enorm. Dass Automatisierung hier ausreichend schnell vorankommt, um kein Bremsklotz zu sein - ist eher Wunschdenken. Zumal die Automatisierung massiv selbst wiederum erst mal konkrete menschliche Tätigkeiten braucht, damit diese stattfinden kann. Alles mögliche braucht Sensoren, alles muss mit allem vernetzt werden, und die Programme, die dann dafür notwendig sind, dass die gesamte Informationsflut auch sinnvoll bewältigt werden kann, schreiben sich auch nicht von alleine.
Die anstehenden Veränderungen, die mit dem Klimawandel einhergehen, werden ebenso neue Herausforderungen mit sich bringen. Millionen von Häusern müssen gedämmt werden, weitere Millionen werden neu gebaut werden müssen. Starkwetterkatastrophen werden Milliardenschäden hinterlassen, die auch mit viel menschlichem Arbeitseinsatz aufgeräumt werden müssen. Das Ahrtal lässt grüßen.
Dazu kommt, dass wir in vielen Dienstleistungsbereichen mehr Leistung haben wollen, die mit mehr menschlicher Zeit und Arbeit einhergeht. Ganztagskinderbetreuung von der Wiege bis zum 18. zählt dazu, die Pflege im Alter aber ebenso.
Gerade in Deutschland, aber auch in der EU insgesamt kommt dann noch dazu, dass wir eine Alterspyramide haben, die starke Jahrgänge in Rente gehen lässt, während am anderen Ende deutlich schwächere Jahrgänge in den Arbeitsmarkt kommen.
Ich würde mir insofern für die nächsten 30 Jahre und den Standort Europa eher weniger Gedanken darüber machen, dass uns die Arbeit durch Automatisierung ausgeht - vielmehr ist für mich absehbar, dass schon in wenigen Jahren händeringend in der gesamten EU nach Migranten gesucht wird, weil die eigenen Arbeitskräfte nicht ausreichen.
Atue001 hat geschrieben:(18 Oct 2021, 00:01)
[Mod: ausnahmsweise einen Teilbeitrag aus einem anderen Strang eingefügt]
Eine echte Alternative zum Mindestlohnansatz wäre deshalb, dass man ein BGE einführt, welches die Existenzsicherung übernimmt. Mit einem BGE wäre klar, dass JEDER Zuverdienst zu mehr Wohlstand führt, und JEDE Einzahlung in eine Rentenversicherung dazu führt, dass man auch in der Rente mehr hat als der, der nie eingezahlt hat. Mit einem BGE braucht es keinen Mindestlohn - insofern ist ein Mindestlohn für mich nur eine minder gute Lösung für ein soziales Grundproblem: Wie stellt man sicher, dass in einer stark arbeitsteiligen Gesellschaft JEDER seinen Rechtsanspruch auf das Existenzminimum erfüllt bekommt?
Ohne BGE ist der Mindestlohn von jetzt geplanten 12€ noch deutlich zu niedrig - mit BGE bräuchte es keinen Mindestlohn! Denn dann könnte der Arbeitsmarkt die Lohnhöhe alleine austarieren.
Ich sehe noch immer mehr Nachteile in einem Mindestlohn als Vorteile - deshalb wäre es mir lieber, wir würden schneller ein BGE einführen, und dann auf einen Mindestlohn verzichten.