Occham hat geschrieben:(09 Aug 2020, 10:11)
Glaubst du eigentlich, ich rede aus meiner Glaskugel? Ich rede aus Erfahrung! Und die sagt mir, das es Menschen gibt, die so lange faulenzen, bis jeglicher Antrieb dahin ist. Ich kenne aber natürlich auch Menschen, die sich gerne in Arbeit selbst verwirklichen. Auf Grund dieser (meiner) Erfahrungen, würd ich nicht ohne Absicherung aus den Fenster springen! Heisst: wenn nicht genug Arbeiten... auch wenn dir deine Glaskugel etwas anderes sagt... BGE zurückziehen.
Selbstverständlich kann deine Argumentation nur eine Spekulation sein - wir haben schließlich nirgendwo und bisher keine BGE-Gesellschaft. Und selbstverständlich kann man auch in einer BGE-Gesellschaft durchaus Fehlentwicklungen - sofern sie entstehen - korrigieren. Das passiert heute auch - warum sollte das in einer BGE-Gesellschaft nicht mehr möglich sein?
Mendoza hat geschrieben:
Ich finde den Beitrag fürchterlich. Meinetwegen nicht ganz so schlimm wie die von Lily - trotzdem. Klar, die Probleme gibt es. Die zu benennen ist keine Kunst. Durch ein BGE mögen vielleicht einige davon gelöst werden. Dabei werden aber neue und m.M.n. viel schlimmere geschaffen! Das wird in dem Beitrag komplett ausgeblendet. Alles will ich jetzt nicht durchkauen, denn das wurde hier schon x-mal besprochen. Sonst tippe ich hier noch heute Abend. Es wird aber so sein, dass sich 5-10% der jetzt arbeitenden Menschen einfach zur Ruhe setzen und damit bricht das BGE-Kartenhaus zusammen, weil die Steuereinnahmen fehlen. Und- wie Occham schon sagte - es gibt einfach stinkend faule Leute, die sofort ihren Job hinschmeißen würden. Vor allem dann wenn sie eine eigene Wohnung und genug Bargeld in der Hinterhand haben!
Danke euch - sowohl für den zustimmenden, als auch den kritischen Beitrag! Allerdings möchte ich bei der Kritik schon auch gerne mal Alternativen genannt bekommen. 5 - 10% der jetzt arbeitenden Menschen setzen sich zur Ruhe?
Dazu auch mal der folgende Artikel:
https://www.faz.net/aktuell/karriere-ho ... 53720.html
Was kostet es die Volkswirtschaft, wenn Menschen unzufrieden und wenig motiviert irgendwie ihren Job machen? Das ist verdammt teuer! Denn die meisten von denen verdienen - anders als Hartz IV Empfänger - noch richtig gut Kohle für einen schlechten Job.
Mit einem BGE könnten die angeblichen 5-10%, die sich zur Ruhe setzen würden, keine Sprünge machen. Aber der ein oder andere, der innerlich gekündigt hat, könnte mit der sozialen Absicherung durch das BGE den Mut fassen, einen besch....Job aufzugeben, und statt dessen etwas zu machen, wo er oder sie glücklicher ist.
Ich schließe überhaupt nicht aus, dass auch eine BGE-Gesellschaft Probleme haben wird - nur: Wo ist das Gegenmodell, was erfolgreicher ist? Die von mir beschriebenen Probleme (und deren Liste könnte man auch Buchumfang ausdehnen) des heutigen Systems haben mindestens eine gemeinsame Ursache. Und diese wesentliche Ursache ist das Bedürftigkeitsprinzip der Existenzgrundsicherung.
Dabei ist dieses Prinzip heute schon löchrig wie ein Sieb! Es gibt klare Urteile des BVerfG dass in letzter Konsequenz einer, der der Gesellschaft alles und insbesondere seine Arbeitsbereitschaft verweigert, nicht verhungern gelassen werden darf! Man kann ihn bestrafen, auf das Existenzminimum setzen, ihm Essen Trinken und Wohnung mit gewissen angemessenen Auflagen versehen - aber in letzter Konsequenz greift die Würde des Menschen auch für diese Verweigerer! Und weil das so ist, ist die tatsächliche Handhabe gering - und sie ist gesellschaftlich auch verdammt teuer, wenn man den gesellschaftlichen Zwang noch menschlich organisiert. Bezahlen tun wir all das auch heute schon.
Dass die Finanzierung nicht geht, ist noch immer ein Irrtum - denn wir haben das heute bereits organisiert. Nur nicht sonderlich gerecht - denn heute musst du für deine Existenzgrundsicherung selbst aufkommen. Das gilt für den, der 1000€ verdient genauso wie für den, der 1.000.000€ verdient. Nur fällt es dem ersten schwerer. Und weil es gerade beim Übergang von Hartz IV zur eigen finanzierten Existenzgrundsicherung so schwer ist, bestrafen wir Menschen, die genau an dieser Schwelle stehen, mit faktischen Steuersätzen von 80% und 90% auf ihr Einkommen - etwas was wir beim Millionär ablehnen.
Allein schon, wenn man nur diesen Übergang deutlich glatter regelt, wird so mancher, der heute keinen Sinn darin sieht, für 10% mehr als Hartz IV einen Knochenjob anzunehmen, sich anders besinnen. Allerdings - würde man diesen Knick im heutigen System korrigieren, es würde zu einem wesentlichen Teil die Finanzierungslücke entstehen, die man den BGE-Befürwortern gerne vorrechnet. Nur ist diese Gerechtigkeitslücke heute schon da!
Wir brauchen keine BGE-Gesellschaft, um das ein oder andere Problem in unserem System zu schliessen - aber ein BGE ist eine ziemlich elegante und konsistente, effiziente wie effektive Lösung für sehr viele Problemstellungen eines Systems, welches heute nur so strotzt vor Ungerechtigkeiten im Kleinen und Grossen, vor Inkonsequenzen, vor Finanzierungslücken, vor Bürokratiekosten und vor allem auch voll ist von mehr oder weniger versteckten Verschleierungstaktiken, damit die Ungerechtigkeiten des laufenden Systems nicht zu deutlich werden.
Ein BGE-Ansatz ist kein Schlaraffenland - aber ein solcher Ansatz hat das Potential zu einem grossen Wurf, der unser Sozialsystem endlich auch im Jahre 2020 ankommen lässt.