Mendoza hat geschrieben:(13 Apr 2021, 00:30)
Wie ist denn deine Definition, wenn dir etwas gegen deinen Willen weggenommen für das du hart gearbeitet hast ohne das du etwas zurück bekommst? Da bin ich ja mal gespannt.
Und ehrlich gesagt, in einer kleineren Gemeinschaft würde ein gesunder Mensch, der sich weigert mitzuhelfen, aber sich mit an den Tisch zum Essen setzt kein BGE bekommen, sondern höchstens einen Arschtritt - ganz oldschool! Da würde man vorher nicht über 862 Seiten drüber diskutieren.
In einer Weltgemeinschaft mit 8 Mrd. Einwohnern ist die Situation aber nicht mehr so einfach! Und mit den Menschenrechten halt auch nicht!
Man kann nicht einfach sagen, der letzte soll doch bitte die Toiletten säubern, damit er auch noch was zu essen bekommt.
Wer einen vernünftigen Sozialstaat auf Basis der Menschenrechte organisieren will, muss Mindeststandards einhalten - also beispielsweise die Menschenwürde oder auch dass Zwangsarbeit gerade gegen die Menschenwürde verstößt.
Es ist also die Frage, wie man einen vernünftigen Sozialstaat einrichten kann, der dennoch den Zielen der Allgemeinheit mehr nützt als schadet!
Der derzeitig vorhandene Sozialstaat ist hier grenzwertig unterwegs - es gibt sehr viele Probleme mit ihm! Was also anders organisieren?
Wenn man die veraltete Existenzgrundsicherung nach den Maßstäben von 1790 modernisiert, kommt man auf eine allgemeine Existenzgrundsicherung, die staatlich organisiert und garantiert wird. Das kann man auch BGE nennen, wobei "Bedingungslos" jeweils nur so zu verstehen ist, dass es im Vergleich zu heute weitgehend auf überbordende Bürokratie durch die Bedürftigkeitsprüfungen verzichtet.
Eine solche Anpassung des Sozialstaates hat aber weitreichende Folgen für alle weiteren sozialen Sicherungsmaßnahmen - und je nach Finanzierung auch weitere Auswirkungen auf die Gesamtorganisation des Wirtschaftssystems. Die sind beileibe nicht so, dass man die Wirtschaft in Gänze nicht mehr wieder erkennen würde (die soziale Marktwirtschaft bliebe in ihren Grundelementen erhalten), aber gleichzeitig dennoch so, dass vieles neu gedacht werden muss, was heute selbstverständlich erscheint. Es wäre also schon eine deutliche Veränderung!
Was ist denn deine Definition, wenn du etwas bekommst, für das du eigentlich nicht wirklich vergleichbar gearbeitet hast, nur deshalb, weil im Arbeitsmarkt das Gesetz von Angebot und Nachfrage gilt, die den Preis bestimmen?
Wenn ein Musiker einen Hit schreibt, der weltweit ankommt...und ihm 100 Millionen einbringt......was hat er tatsächlich geleistet und in welchem Sinne?
Es ist ein alter Denkfehler, dass man ein Recht auf der Basis von Leistung hat, für das was man als Einnahmen erzielt. Das hat man tatsächlich nicht - das Recht leitet sich aus dem Marktgesetz von Angebot und Nachfrage ab - nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Wenn man verstanden hat, dass das persönliche Einkommen zwar auch von der eigenen Leistung abhängt, aber eben nicht nur und auch nicht wesentlich, dann wird auch klar, dass Einschätzungen der Art "für das du hart gearbeitet hast....." schlicht und einfach von falschen Annahmen ausgehen. Mit Steuern wird niemand etwas weggenommen - tatsächlich wird mit Steuern lediglich was finanziert, was im allgemeinen Interesse ist.
Nun mag mein persönliches Interesse nicht mit dem allgemeinen Interesse übereinstimmen - wenn man aber die Demokratie als solche nicht per se ablehnt, wird man es akzeptieren müssen, wenn eine Mehrheit dahinter steht, dass man so besteuert wird, wie es dann der Fall ist. Das ist dann auch kein Diebstahl!
Ist es legal, wenn Menschen in einer Gemeinschaft nicht mitarbeiten?
Jein!
Niemand muss solche Menschen mit niederem Charakter über alle Maßen belohnen - aber ihnen das Existenzminimum abzusprechen ist sicherlich dennoch verwerflich und nicht mit Art 1 GG vereinbar.
In diesem Sinne ist dann ein BGE auf Existenzminimum-Basis ein vernünftiger Kompromiss! Niemand wird damit große Sprünge machen können - aber wer springen will, der kann sich zumindest mal darauf verlassen, dass eine vernünftige Grundlage dafür immer da ist!
Das schwächt nicht unser Wirtschafts- und Sozialsystem, sondern im Gegenteil stärkt es.