Piedro » 19. August 2014 20:43 hat geschrieben:Dieser Wandlungsdruck wäre auch durch die nachhaltige Vernichtung der ökologischen Grundlagen gebeben, und das nicht erst seit gestern. Global sieht es aber nicht danach aus, als würde das auch nur im Ansatz berücksichtigt. Ergo ist es für mich eben nicht so, daß die von dir beschriebene Entwicklung eine zwangsläufige wäre. Es gibt reichlich unerfreuliche Alternativen.
Ich finde gerade nicht die Zeit hier so ausführlich zu antworten, wie ich es gern täte.
Ich will aber zumindest kurz erklären, worin sich der hier angesprochene Wandlungsdruck etwa von der ökologischen Bedrohung unterscheidet.
Nichts bewegt im Augenblick die Welt mehr als die Wirtschaft.
1)
Das hier angesprochene Problem des (langfristig) sinkenden Bedarfs an menschlicher Anteilnahme an der Wertschöpfung führt zu einer Nachfragekrise, die nicht nur die betrifft, die keinen Job mehr finden, sondern auch die, die ihre Waren und Dienstleistung verkaufen wollen. Durch Automatisierung wird es einerseits möglich Werte in immer größerem Umfang hervorzubringen - anderseits werden dafür immer weniger Menschen benötigt.
Weil aber nur diejenigen Werte nachfragen können, die ein Einkommen erzielen (also vor allem die, die Arbeit finden und an der Wertegenerierung beteiligt sind) und der Bedarf an Arbeitskraft kontinuierlich sinkt, sinkt die Nachfrage nach diesen Waren und Dienstleistung. Es könnte also problemlos mehr produziert werden, es wird aber weniger produziert. Dieses langfristige Sinken der Nachfrage ist nicht im Interesse der (Kapital)Mächtigen. Ihr möglicher Reichtum ist geringer, als er möglich wäre, wenn man zusätzliche Einkommensmöglichkeiten schaffen würde, um die Nachfrage zu erhöhen. Eine solch höhere Nachfrage treibt den Fortschritt an und damit wächst auch die Qualität des Wohlstands der Reichen.
(Mit beschleunigtem Fortschritt wächst auch der Grad der Freiheit der Besitzenden)
2)
Das Zweite ist die Sache mit der Bildung. Durch die Digitalisierung der Bildung wird es möglich mit überschaubaren Kosten Bildung allen Menschen kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Auf diese Weise kann man in armen Regionen der Welt sehr schnell das Bildungsniveau anheben. Dadurch wiederum werden aus diesen Regionen sehr viele sehr fähige Fachkräfte hervorkommen, die auch im globalen Maßstab Leistung vollbringen, die gut vergütet wird. Dadurch wird einerseits der wissenschaftlich-technische Fortschritt beschleunigt (=höhere Qualität des Wohlstands) und zugleich werden riesige Märkte sehr effizient erschlossen. Eine solche langfristige Investition in Bildung lohnt sich also für alle Menschen. Besonders werden davon aber die profitieren, die wirklich reich sind.
Diese Investition in Bildung ist deshalb im Sinne der Mächtigen - sie verlieren dadurch nicht, sondern gewinnen weit mehr als sie investieren.
3)
Ein Bildungseinkommens entwickelt ein großes Interesse der Bürger an der eigenen Entwicklung. In einer Gesellschaft, die solch ein durch den Bildungsstand bedingtes Grundeinkommen einführt, werden die Bürger durchschnittlich besser gebildet sein, als in einer Gesellschaft, in der es einen solchen direkten Anreiz nicht gibt. Weil nun in Zukunft Wirtschaft und Arbeit sich zunehmend auf den Bereich der kreativen Problemlösung und Innovation verlagern (anderes wird Zug um Zug automatisiert), ist der durchschnittliche Bildungsgrad einer Gesellschaft von noch weit größerem Interesse als heute. Ein solches Bildungseinkommen wird deshalb zu einem Standortvorteil. Langfristig werden die Gesellschaften, die Bildung direkt fördern effizienter wirtschaften. Im Laufe der Zeit wird eine solche Förderung deshalb zum notwendigen Standard.
Kurz:
Diese von mir dargestellte Entwicklung ist im Interesse der (Kapital)Mächtigen. Sie können auf diese Weise Qualität und Umfang ihres Wohlstands weiter ausbauen.
Durch eine viel größere globale Wertschöpfung finden nicht nur die Armen aus der Armut, sondern auch die Reichen werden reicher.