schokoschendrezki hat geschrieben:(18 Jul 2019, 09:03)
Bedürfnis. Bedarf. Begehren. Nachfrage. Was darf es sein?
Du must damit rechen, dass, wenn du ein Thema wie "Leistungsgedanke" aufwirst, es immer Leute gibt, die wissen, dass
kritische Begriffshinterfragung eine der nicht nur legitimen sondern auch besonders nützlichen Methoden ist, sich einem Thema zu nähern. Häufig gehen dabei anfänglich als selbstverständlich scheinende Annahmen erstmal zu Bruch. Was dann von nicht wenigen als "Threadschredderung" wahrgenommen wird.
Wer die Märkte in modernen Industriegesellschaften
wirklich versteht, weiß, dass wahrnehmbare "Leistung" stets nur noch über dem Niveau materiell eigentlich abgesicherter Konsumkreisläufe von Grundbedürfnissen stattfindet. Leistung ist dann Begehrenserzeugung durch Bedeutungsbereitstellung. Erfolgreich ist der, der die Psychologie dieser Begehrenserzeugung durchschaut. Und damit ist er dann aber auch eigentlich zurückgeworfen auf die Sinnhinterfragung seiner eigenen Leistungsideologie. Wenn ich am Ende genau weiß wie ich künstliches Begehren erzeuge, müsste an diesem Punkt meine eigene Selbsthinterfragung beginnen. Tut sie in den allermeisten Fällen natürlich nicht. Der "Leistungsgedanke" besteht darin, weiterzumachen und diese Selbsthinterfragung einfach zu unterlassen. In den meisten Fällen allerdings bleibt es bei den einfachen und normalen Reproduktionszyklen. Die meisten halten einfach ihr Leben aufrecht. Verdienen Geld. Ziehen Kinder groß. Manche machen nebenbei Musik oder schreiben Gedichte.
Also kurz gesagt: Der Leistungsgedanke wäre falsch oder irreführend, weil vermeintliche Bedürfnisse nur "künstlich" von den Anbietern erzeugt würden.
Da kann und sollte man nun auch zu den Anfängen gehen als die Menschen sich aus den kargen Niederungen der Subsistenzwirtschaft erhoben und an einem arbeitsteiligen, risikoteiligen Austauschprozess (=Markt) zunehmend teilnahmen.
Die Marktfrau stand auf dem Mittelaltermarkte und bot ihre Produkte lautstark feil und sie putzte bestimmt schon damals zuvor ihre feilgebotenen Äpfel und die größten und saftigsten legte sie ganz nach vorn. Es würde ja nun an Albernheit grenzen, der Frau die Leistung abzusprechen, weil sie da vermeintlich "künstlich" Appetit nach leckeren Äpfeln erzeugt. Da wird ein Angebot letztlich kommuniziert, was in sich schon wiederum eine Leistung darstellt.
Nun ist die Geschichte aber hier auch noch nicht zuende, sondern sie hat sogar eine Vorgeschichte.
Wieso bietet jemand denn etwas überhaupt auf einem Markt an? Ein gewisser Jean-Baptiste Say wusste schon vor hunderten Jahren, dass ein Angebot eine Nachfrage schafft, nicht in dem linken Sinne "künstlicher" Erzeugung, sondern die eigentliche Motivation des Anbieters ist es ja selbst wiederum nachzufragen (=>"Saysches Theorem"). D.h. es muss schlicht immer wieder einen originären Nachfrageimpuls geben, der selbst in dem jeweiligen Akteur qua Anbieter entsteht, der also nicht extra künstlich erzeugt werden muss und auch nicht kann. Wo sollte dieser Impuls sonst herkommen? Die Einsicht, dass man sich besser austauscht, sich spezialisiert und gegenseitig Bedürfnisse befriedigt (Reziprozität) als in Autarkie zu verharren, ist der immer wiederkehrende Startpunkt bis in die heutige Zeit. Kurz, das Motiv des Nachfragens geht der Idee des Angebots logisch voraus.
Man muss also keine Nachfrage im gesamtwirtschaftlichen, interventionistischen Sinne extra "ankurbeln" oder gar schaffen.
Letztlich werden
Mittel angeboten, bestehende Bedürfnisse besser und besser zu befriedigen. Natürlich werden diese Bedürfnisse dann auch mit der Zeit wachsen und sich ändern. Damit löst sich ja nun nicht der Leistungsgedanke auf, im Gegenteil. Wer den drängendsten Durst mit Wasser gelöscht hat, will irgendwann etwas "Interessanteres" trinken. Die Idee des Mets, des Weines, des Bieres usw entsteht, man experimentiert, kostet, investiert, leistet und bietet an. Man kann natürlich auch weiter Schnee schmelzen und damit seinen Durst löschen. Da mangelt es doch gerade an Reflektion auf dieser "antikonsumistischen" Seite: Niemand
muss ein marktförmiges Angebot annehmen (im Gegensatz zur politischen, gewaltgestützten Abgabe/Steuer). Die frohe Botschaft: Wer mit wenig auskommt, muss auch wenig gegenleisten. Es einfach tun oder lassen und die anderen Menschen zufrieden lassen, die mehr wollen.
Und die meisten Menschen wollen in irgendeinem Sinne mehr. Das ist das Natürlichste überhaupt. Sonst gäbe es die DDR noch mit ihren tristen Kaufhallen, wo dann eine Reihe voll mit Schlagersüßtafeln vom VEB Rotstern Schokoladenwerk steht, die niemand will. Selbst der Realsozialismus musste sich das eingestehen, musste sich reformieren, musste den "sozialistischen Wettbewerb" ausrufen, musste auf Leistungen bestehen, musste zusehen, dass Anreize mangels Marktwirtschaft irgendwie doch künstlich erzeugt werden, man lief förmlich den unerfüllten Bedürfnissen hinterher, die in einer marktförmerigen Umgebung freilich besser befriedigt werden.
ensure that citizens are informed that the vaccination is not mandatory and that no one is under political, social or other pressure to be vaccinated if they do not wish to do so;