Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

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unity in diversity
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von unity in diversity »

Alpha Centauri hat geschrieben:(10 Jun 2019, 16:05)

Mit welchem guten Sozialsystem.denn aber gut dass beweist wenigsten dein Humor.
Vergleich nur mal innereuropäisch und dann richte deinen Blick über den europäischen Tellerrand hinaus.
Ich meine jetzt nicht entwickelte Industrieländer, sondern die sogenannten shithole countries.
Der nicht vorhandene Sozialstaat gehört zu den Fluchtgründen.
Für jedes Problem gibt es 2 Lösungsansätze:
Den Falschen und den Unsrigen.
Aus den USA.
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ThorsHamar
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von ThorsHamar »

Alpha Centauri hat geschrieben:(28 May 2019, 11:08)

Also die Nationalstaaterei hat keine Zukunft mehr globale Problem lassen sich nur global lösen
In einer Welt, in der es eben noch menschliche Gesellschaften gibt, die auf dem Entwicklungsstand der Moderne von vor 10 000 Jahren sind, in einer Welt, in der es Religioten unter dem Halbmond gibt, deren Vorstellungen von Gesellschaft 600 Jahre hinterher sind, ist der Nationalsstaat oder meinetwegen ein Bündnis von Nationalstaaten die einzige Möglichkeit, die Errungenschaften der Aufklärung vor der Zerstörung durch Barbarei zu bewahren!
Die Länder, in denen es hunderte von Clans und Stämmen gibt, bekommen es als Staats-Gesellschaft nicht mal gebacken, ein System für Gas-Wasser-Scheisse zu installieren, weil sie keine Idee von Gemeinschaft und Nation haben.
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schokoschendrezki
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von schokoschendrezki »

ThorsHamar hat geschrieben:(11 Jun 2019, 00:55)

In einer Welt, in der es eben noch menschliche Gesellschaften gibt, die auf dem Entwicklungsstand der Moderne von vor 10 000 Jahren sind, in einer Welt, in der es Religioten unter dem Halbmond gibt, deren Vorstellungen von Gesellschaft 600 Jahre hinterher sind, ist der Nationalsstaat oder meinetwegen ein Bündnis von Nationalstaaten die einzige Möglichkeit, die Errungenschaften der Aufklärung vor der Zerstörung durch Barbarei zu bewahren!
"Aufklärung" und "Fortschritt" sind zwei Phänomen, die man häufig als "Große Erzählungen" bezeichnet. 1979 erschien von dem französischen Philosophen Jean-François Lyotard eine der meiner Ansicht nach wichtigsten politisch-philosophischen Schriften des 20. Jahrhunderts. Sein Hauptwerk "La condition postmoderne". Darin ist von einem "Ende der großen Erzählungen" die Rede. Und aktuell gibts von dem Zeithistoriker Frank Bösch ein Buch, das heißt "Zeitenwende 1979. Als die Welt von heute begann". Da geht es - natürlich - um Lyotard aber vor allem auch um die politischen Ereignisse, die das Jahr 1979 bestimmten. Als da wären:

- die Errichtung der islamischen Republik im Iran
- der Beginn des Pontifikats des ersten nichtitalienischen Papstes seit etlichen hundert Jahren, des Polen Karol Wojtyla bzw. Johannes Paul II#
- die Gründung der rechtsreligiösen Organisation "Moral Majority" in den USA
- die Machtübernahme Deng Xiaopings in China und der Beginn der wirtschaftlichen Öffnung Chinas


Ab 1979 war die Welt nicht mehr mit den Begriffen der modernen Erzählungen zu fassen. Also Fortschrittsglaube, Sozialismus, Libealismus, Konservatismus.

An den Beispielen Iran, POlen, USA kann man ersehen, dass die Renaissance der Religionen keineswegs auf die Welt des Islam beschränkt war. Nur als ein Beispiel: Der polnische Papst und die katholisch geprägte Gewerkschaft Solidarnosc. Von unabsehbarer Bedeutung für den weiteren Verlauf der Weltpolitik. Aber "Gewerkschaft" ...das war über etwa hundert Jahre hinweg: Kampf um Arbeiterrechte, Gehälter, Mitbestimmung und dergleichen. Sozialdemokratisch geprägt. Nun haben wir eine katholisch-nationalkonservative Gewerkschaft, die sich anschickt, das gesamte bestehende Ost-West-System aus den Angeln zu heben. Der Kommunismus, die kommunistische Partei Chinas ist raubtierfrühkapitalistisch wie nur irgendetwas. Die Zeit der großen Erzählungen ist vorbei. Kein traditionelles politisches Denk-Schema ist einfach so mehr handhabbar.

Es ist nur so: Die deutsche Einheit, der Mauerfall ... das scheint so als wäre es, wie es phrasenhaft heißt, "die Vollendung der Einheit", das letzte Kapitel in einer Erzählung über Deutschland. Ist aber ein Irrtum. Der Mauerfall ist eines der Mosaiksteine in den politischen Gesamtumbrüchen der Welt.

Die Wiederberufung auf den Nationalstaat ist aus meiner Sicht eine der Versuche, wieder Ordnung und Orientierung in diese nicht mehr im Gesamtmaßstab verstehbare Welt zu bringen. Der Brexit ist das beste Beispiel dafür. Es wird vergeblich sein!

Polen ist nicht "postkommunistisch" sondern katholisch-rechtsnational, die USA sind nicht mehr das Symbol für Freiheit und Liberalismus, das sie lange waren. China ist nicht mehr steinzeitkommunistisch sondern eine technologisch-wirtschaftliche Weltführungsmacht. Russland wird nicht vom Denken Lenins oder Stalins beherrscht sondern von den Ideen des Zarenreichs. Jedes Phänomen muss im Grunde einzeln und gesondert betrachtet werden.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Alpha Centauri »

schokoschendrezki hat geschrieben:(21 Jun 2019, 09:48)

"Aufklärung" und "Fortschritt" sind zwei Phänomen, die man häufig als "Große Erzählungen" bezeichnet. 1979 erschien von dem französischen Philosophen Jean-François Lyotard eine der meiner Ansicht nach wichtigsten politisch-philosophischen Schriften des 20. Jahrhunderts. Sein Hauptwerk "La condition postmoderne". Darin ist von einem "Ende der großen Erzählungen" die Rede. Und aktuell gibts von dem Zeithistoriker Frank Bösch ein Buch, das heißt "Zeitenwende 1979. Als die Welt von heute begann". Da geht es - natürlich - um Lyotard aber vor allem auch um die politischen Ereignisse, die das Jahr 1979 bestimmten. Als da wären:

- die Errichtung der islamischen Republik im Iran
- der Beginn des Pontifikats des ersten nichtitalienischen Papstes seit etlichen hundert Jahren, des Polen Karol Wojtyla bzw. Johannes Paul II#
- die Gründung der rechtsreligiösen Organisation "Moral Majority" in den USA
- die Machtübernahme Deng Xiaopings in China und der Beginn der wirtschaftlichen Öffnung Chinas


Ab 1979 war die Welt nicht mehr mit den Begriffen der modernen Erzählungen zu fassen. Also Fortschrittsglaube, Sozialismus, Libealismus, Konservatismus.

An den Beispielen Iran, POlen, USA kann man ersehen, dass die Renaissance der Religionen keineswegs auf die Welt des Islam beschränkt war. Nur als ein Beispiel: Der polnische Papst und die katholisch geprägte Gewerkschaft Solidarnosc. Von unabsehbarer Bedeutung für den weiteren Verlauf der Weltpolitik. Aber "Gewerkschaft" ...das war über etwa hundert Jahre hinweg: Kampf um Arbeiterrechte, Gehälter, Mitbestimmung und dergleichen. Sozialdemokratisch geprägt. Nun haben wir eine katholisch-nationalkonservative Gewerkschaft, die sich anschickt, das gesamte bestehende Ost-West-System aus den Angeln zu heben. Der Kommunismus, die kommunistische Partei Chinas ist raubtierfrühkapitalistisch wie nur irgendetwas. Die Zeit der großen Erzählungen ist vorbei. Kein traditionelles politisches Denk-Schema ist einfach so mehr handhabbar.

Es ist nur so: Die deutsche Einheit, der Mauerfall ... das scheint so als wäre es, wie es phrasenhaft heißt, "die Vollendung der Einheit", das letzte Kapitel in einer Erzählung über Deutschland. Ist aber ein Irrtum. Der Mauerfall ist eines der Mosaiksteine in den politischen Gesamtumbrüchen der Welt.

Die Wiederberufung auf den Nationalstaat ist aus meiner Sicht eine der Versuche, wieder Ordnung und Orientierung in diese nicht mehr im Gesamtmaßstab verstehbare Welt zu bringen. Der Brexit ist das beste Beispiel dafür. Es wird vergeblich sein!

Polen ist nicht "postkommunistisch" sondern katholisch-rechtsnational, die USA sind nicht mehr das Symbol für Freiheit und Liberalismus, das sie lange waren. China ist nicht mehr steinzeitkommunistisch sondern eine technologisch-wirtschaftliche Weltführungsmacht. Russland wird nicht vom Denken Lenins oder Stalins beherrscht sondern von den Ideen des Zarenreichs. Jedes Phänomen muss im Grunde einzeln und gesondert betrachtet werden.
Die Betonung des " Nationalen" ist Flucht in die Vergangenheit gepaart mit der Angst vor der Zukunft ( Globalisierung, Digitalisierung usw.) BREXIT, TRUMP, AFD und Co sind nur die .Symptome dieser Entwicklung nicht deren Ursache.

In einer global sich vernetzenden Welt wird der Einfluss und die Macht von Nationalstaaten schwinden bis diese künstlichen Gebilde völlig obsolet werden.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Tom Bombadil »

Dann wirst du von globalen Konzernen beherrscht. Dass dir das besser gefallen wird, wage ich zu bezweifeln.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Adam Smith »

Alpha Centauri hat geschrieben:(21 Oct 2019, 10:46)

Die Betonung des " Nationalen" ist Flucht in die Vergangenheit gepaart mit der Angst vor der Zukunft ( Globalisierung, Digitalisierung usw.) BREXIT, TRUMP, AFD und Co sind nur die .Symptome dieser Entwicklung nicht deren Ursache.

In einer global sich vernetzenden Welt wird der Einfluss und die Macht von Nationalstaaten schwinden bis diese künstlichen Gebilde völlig obsolet werden.
Es sind gerade linke Gegner der Nationalstaaten die von Freihandelsabkommen getriggert werden und so was bekämpfen. Auch haben die was gegen grosse Konzerne.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von PeterK »

Alpha Centauri hat geschrieben:(21 Oct 2019, 10:46)
Die Betonung des " Nationalen" ist Flucht in die Vergangenheit gepaart mit der Angst vor der Zukunft ( Globalisierung, Digitalisierung usw.) BREXIT, TRUMP, AFD und Co sind nur die .Symptome dieser Entwicklung nicht deren Ursache.
Ich frage mich in dem Zusammenhang immer mal wieder, was denn nun prinzipiell einen Staatenbund wie die EU von einem Bundesstaat wie D unterscheidet. Vielleicht kann mir das einer der Nationen-Fans hier mal erklären?
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Adam Smith »

PeterK hat geschrieben:(21 Oct 2019, 16:34)

Ich frage mich in dem Zusammenhang immer mal wieder, was denn nun prinzipiell einen Staatenbund wie die EU von einem Bundesstaat wie D unterscheidet. Vielleicht kann mir das einer der Nationen-Fans hier mal erklären?
Steuern (bis auf Umsatzsteuer) und die Sozialversicherung sind z.B. unterschiedlich geregelt. Es gibt kein FBI.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von PeterK »

Adam Smith hat geschrieben:(21 Oct 2019, 16:53)
Steuern (bis auf Umsatzsteuer) und die Sozialversicherung sind z.B. unterschiedlich geregelt. Es gibt kein FBI.
Steuern sind in D ebenfalls in den Ländern oder sogar Kommunen unterschiedlich geregelt (Gewerbe-, Grund- etc.). Sozialtaxen dito. Das FBI-"Argument" habe ich nicht ganz verstanden. Bitte um Erklärung.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Adam Smith »

PeterK hat geschrieben:(21 Oct 2019, 17:02)

Steuern sind in D ebenfalls in den Ländern oder sogar Kommunen unterschiedlich geregelt (Gewerbe-, Grund- etc.). Sozialtaxen dito. Das FBI-"Argument" habe ich nicht ganz verstanden. Bitte um Erklärung.
In Bezug auf die Steuern sind z.B die Hebesätze anders. Es gibt kaum Unterschiede. In Deutschland gibt es z.B. das BKA.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Bundesk ... utschland)
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von PeterK »

Adam Smith hat geschrieben:(21 Oct 2019, 17:09)
In Bezug auf die Steuern sind z.B die Hebesätze anders. Es gibt kaum Unterschiede.
Läuft faktisch auf deutliche Unterschiede hinaus. Die Bayern wollen jetzt bei der Grundsteuer einen ganz eigenen Weg gehen.
In Deutschland gibt es z.B. das BKA.
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Bundesk ... utschland)
Ich habe nichts gegen die Gründung oder Verstärkung europäischer Strafverfolgungsbehörden.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Adam Smith »

PeterK hat geschrieben:(21 Oct 2019, 17:15)

Läuft faktisch auf deutliche Unterschiede hinaus. Die Bayern wollen jetzt bei der Grundsteuer einen ganz eigenen Weg gehen.
Ein Hebesatz ist nur eine Zahl.
Ich habe nichts gegen die Gründung oder Verstärkung europäischer Strafverfolgungsbehörden.
Europol gibt es z.B.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Europol

Das Budget betrug im Jahr 2018 122 Millionen Euro. Beim BKA 729 Millionen Euro.

Das FBI verfügt z.B. über 8 Milliarden US-Dollar.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von PeterK »

Adam Smith hat geschrieben:(21 Oct 2019, 17:24)
Ein Hebesatz ist nur eine Zahl.
Eine für den Steuerzahler relevante.

Bei der Grundsteuer wird auch das System völlig unterschiedlich sein.
Eben. Wo also ist der prinzipielle Unterschied zwischen einem Bundesstaat wie D und einem Staatenbund wie der EU?
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Adam Smith »

PeterK hat geschrieben:(21 Oct 2019, 17:39)

Eben. Wo also ist der prinzipielle Unterschied zwischen einem Bundesstaat wie D und einem Staatenbund wie der EU?
Europol ermittelt in Deutschland so gut wie gar nicht. Das BKA ermittelt z.B. in Bayern fleissig.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Adam Smith »

Das LKA NRW beschäftigt z.B. in etwa so viele Mitarbeiter wie Europol.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Landesk ... -Westfalen

Nur ist das LKA NRW für weniger Menschen zuständig.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von PeterK »

Adam Smith hat geschrieben:(21 Oct 2019, 17:49)
Europol ermittelt in Deutschland so gut wie gar nicht. Das BKA ermittelt z.B. in Bayern fleissig.
Das ist kein prinzipieller Unterschied. Befürwortest Du die Ermittlungen des BKA in Bayern?
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Adam Smith »

PeterK hat geschrieben:(21 Oct 2019, 18:02)

Das ist kein prinzipieller Unterschied. Befürwortest Du die Ermittlungen des BKA in Bayern?
Prinzipiell gibt es auch keinen Unterschied zwischen Liechtenstein und den USA.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von PeterK »

Adam Smith hat geschrieben:(21 Oct 2019, 18:12)
Prinzipiell gibt es auch keinen Unterschied zwischen Liechtenstein und den USA.
Das ist ein überaus sachlicher Beitrag zum Thema. Vielen Dank. Leider beantwortet er meine Frage nicht.

Ich stelle also die Frage, was denn nun prinzipiell einen Staatenbund wie die EU von einem Bundesstaat wie D unterscheidet, nochmals an diejenigen, die das Konstrukt der Nationalstaaten befürworten. Vielleicht hat ja jemand eine überzeugende Antwort parat.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Adam Smith »

PeterK hat geschrieben:(21 Oct 2019, 18:19)

Das ist ein überaus sachlicher Beitrag zum Thema. Vielen Dank. Leider beantwortet er meine Frage nicht.

Ich stelle also die Frage, was denn nun prinzipiell einen Staatenbund wie die EU von einem Bundesstaat wie D unterscheidet, nochmals an diejenigen, die das Konstrukt der Nationalstaaten befürworten. Vielleicht hat ja jemand eine überzeugende Antwort parat.
Zitat Wikipedia:

In der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Vertrag von Lissabon vom Juni 2009 (Lissabon-Urteil) wurde der Begriff des Staatenverbundes dann auch von höchstrichterlicher Seite definiert. Danach erfasst der Begriff eine enge, auf Dauer angelegte Verbindung souverän bleibender Staaten, die auf vertraglicher Grundlage öffentliche Gewalt ausübt, deren Grundordnung jedoch allein der Verfügung der Mitgliedstaaten unterliegt und in der die Völker – das heißt die staatsangehörigen Bürger – der Mitgliedstaaten die Subjekte demokratischer Legitimation bleiben.

Ein Staatenverbund ist somit eine supranationale Institution, die in bestimmten Bereichen Hoheitsakte durchführen kann (also z. B. Gesetze erlassen oder Recht sprechen), jedoch nicht die Kompetenz-Kompetenz besitzt, diese Bereiche selbst festzulegen. In der Europäischen Union (EU) ist dies durch das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung verwirklicht, nach dem die Organe der EU nur dann Rechtsnormen erlassen dürfen, wenn sie durch die EU-Verträge, das sogenannte primäre Europarecht, dazu explizit ermächtigt sind. Die EU-Verträge wiederum können nur durch die souveränen EU-Mitgliedstaaten geschlossen und verändert werden, wobei jeweils eine Ratifizierung nach den Modalitäten notwendig ist, die im nationalen Verfassungsrecht vorgesehen sind.
https://de.wikipedia.org/wiki/Staatenverbund
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Tom Bombadil »

PeterK hat geschrieben:(21 Oct 2019, 18:19)

Ich stelle also die Frage, was denn nun prinzipiell einen Staatenbund wie die EU von einem Bundesstaat wie D unterscheidet, nochmals an diejenigen, die das Konstrukt der Nationalstaaten befürworten.
Wie kann es einen Staatenbund ohne Staaten geben? Was die EU prinzipiell von einem Nationalstaat (egal ob föderal oder zentralistisch): die EU hat kein Staatsvolk, kein Staatsgebiet und keine eigene Staatsgewalt, nur von Gnaden der Mitgliedsstaaten.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von H2O »

Tom Bombadil hat geschrieben:(21 Oct 2019, 22:12)

Wie kann es einen Staatenbund ohne Staaten geben? Was die EU prinzipiell von einem Nationalstaat (egal ob föderal oder zentralistisch): die EU hat kein Staatsvolk, kein Staatsgebiet und keine eigene Staatsgewalt, nur von Gnaden der Mitgliedsstaaten.
Gibt es denn ein deutsches Staatsvolk, anders als durch Staatsangehörigkeit definiert, also einfach nur so? Haben wir nicht durch Verträge eine Unionsbürgerschaft durch unsere Staatsangehörigkeit? Können wir nicht im Ausland außerhalb der EU auch Botschaften von EU-Mitgliedern vertraglich zugesichert um Hilfe bitten? Das EU-Gebiet ist doch durch seine Außengrenzen definiert, die wir doch sogar von einem gemeinsamen Grenzschutz (Frontex) überwachen lassen wollen. Daß es da hakelt, das ist sicher ärgerlich. Mit der Staatsgewalt ist das doch so, daß jedes EU-Mitglied auf seinem Hoheitsgebiet diese Staatsgewalt ausübt... durch Verträge auch auf dem Gebiet des Nachbarstaats (Polizeigewalt). Was wir in der EU noch nicht haben, das ist eine Entsendung von Polizeikräften in Nachbarstaaten, wie wir das in der Bundesrepublik tun. wenn irgendwo in Deutschland größere Veranstaltungen mit der Möglichkeit von Aufruhr stattfinden. Daran hindert wohl auch auf lange Sicht das Sprachproblem.

Natürlich will ich nicht behaupten, daß die EU ein Staat ist. Aber der Staatenbund EU hat es doch schon ganz schön weit in Richtung eines übergeordneten Gemeinwesens gebracht, zu einer staatenähnlichen Gemeinschaft.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Tom Bombadil »

H2O hat geschrieben:(22 Oct 2019, 09:08)

Aber der Staatenbund EU hat es doch schon ganz schön weit in Richtung eines übergeordneten Gemeinwesens gebracht, zu einer staatenähnlichen Gemeinschaft.
Trotz allem ist die EU kein Nationalstaat, sondern ein Staatenbund auf völkerrechtlicher Basis, die einzelnen Mitglieder des Staatenbundes bleiben souverän. Bolivien und Paraguay könnten zB. auch Verträge abschließen, die der jeweiligen Polizei erlaubt, die Grenzen zu überqueren oder die Außengrenzen durch einen gemeinsamen Grenzschutz zu überwachen.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von streicher »

H2O hat geschrieben:(22 Oct 2019, 09:08)

Natürlich will ich nicht behaupten, daß die EU ein Staat ist. Aber der Staatenbund EU hat es doch schon ganz schön weit in Richtung eines übergeordneten Gemeinwesens gebracht, zu einer staatenähnlichen Gemeinschaft.
Die EU hat es wirklich weit gebracht. Allerdings erlebt sie gerade eine Zäsur. Das erste Mal tritt ein Mitglied aus.

Und nationale Interessen scheinen innerhalb der EU derzeit wieder mehr an Gewicht zu erlangen.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von H2O »

Tom Bombadil hat geschrieben:(22 Oct 2019, 10:42)

Trotz allem ist die EU kein Nationalstaat, sondern ein Staatenbund auf völkerrechtlicher Basis, die einzelnen Mitglieder des Staatenbundes bleiben souverän. Bolivien und Paraguay könnten zB. auch Verträge abschließen, die der jeweiligen Polizei erlaubt, die Grenzen zu überqueren oder die Außengrenzen durch einen gemeinsamen Grenzschutz zu überwachen.
Im Fall EU gibt es aber eine Vielzahl von verbindlichen Verträgen, die die Mitglieder miteinander geschlossen haben, auch hinsichtlich der Zusammenarbeit der Sicherheitskräfte. Wirtschaftlich, gesellschaftspolitisch, Grundfreiheiten der EU, Parlament, Ministerrat, Kommission. Das gibt es weltweit nicht so oft. Wenn Bolivien und Paraguay solche Verträge miteinander schließen, dann nähern sie sich schon einer sehr engen Gemeinschaft an.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von H2O »

streicher hat geschrieben:(22 Oct 2019, 10:50)

Die EU hat es wirklich weit gebracht. Allerdings erlebt sie gerade eine Zäsur. Das erste Mal tritt ein Mitglied aus.

Und nationale Interessen scheinen innerhalb der EU derzeit wieder mehr an Gewicht zu erlangen.
Ja, das ist eine wirklich sehr schmerzhafte Entwicklung!
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Tom Bombadil »

Eine "enge Gemeinschaft" ist aber auch kein Nationalstaat.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von H2O »

Tom Bombadil hat geschrieben:(22 Oct 2019, 11:03)

Eine "enge Gemeinschaft" ist aber auch kein Nationalstaat.
Das sagt doch auch niemand; eine sehr enge Gemeinschaft von Nationalstaaten setzt immerhin ein teilweise vergemeinschaftetes staatliches Hoheitsrecht voraus, kommt also in Teilbereichen einem gemeinsamen Staat sehr nahe.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von streicher »

Tom Bombadil hat geschrieben:(22 Oct 2019, 11:03)

Eine "enge Gemeinschaft" ist aber auch kein Nationalstaat.
Stimmt. im Einigungsprozess hat es die EU zwar weit gebracht und ein Nationalstaat als mögliche Entwicklung wurde in der Forschung diskutiert. Aber eher bewegt sich die EU im Augenblick davon weg.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Tom Bombadil »

H2O hat geschrieben:(22 Oct 2019, 11:27)

Das sagt doch auch niemand;
Die Frage von PeterK deutete so etwas an und es gibt in der Staatenlehre auch keinen "teilweisen Nationalstaat". Die EU ist ein supranationales Konstrukt basierend auf völkerrechtlichen Verträgen, ein Nationalstaat ist der Ausdruck des natürlichen Rechts eines Volkes, sich selbstbestimmt zu einem Staat zusammenzuschließen. Falls sich die EU-Bewohner irgendwann einmal als ein Volk (im Sinne des Staatsrechts) ansehen und die EU zu einem Nationalstaat machen wollen, erst dann wird die EU zu einem Nationalstaat.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von H2O »

Tom Bombadil hat geschrieben:(22 Oct 2019, 11:53)

Die Frage von PeterK deutete so etwas an und es gibt in der Staatenlehre auch keinen "teilweisen Nationalstaat". Die EU ist ein supranationales Konstrukt basierend auf völkerrechtlichen Verträgen, ein Nationalstaat ist der Ausdruck des natürlichen Rechts eines Volkes, sich selbstbestimmt zu einem Staat zusammenzuschließen. Falls sich die EU-Bewohner irgendwann einmal als ein Volk (im Sinne des Staatsrechts) ansehen und die EU zu einem Nationalstaat machen wollen, erst dann wird die EU zu einem Nationalstaat.
Natürlich liegt dieses Ziel der Gemeinschaftsverträge noch weit vor uns; so sehr ich mir auch wünschte, wir wären schon am Ziel. Ein gutes Stück des Wegs kann man durch Übertragung oder Vergemeinschaftung von Hoheitsrechten zurück legen. Das hat die EU ganz gut hinbekommen. Aber die letzten Meter zum Ziel werden sehr schwer, weil dann tatsächlich eine politische Führungsfunktion nur auf der Höhe der Gemeinschaft möglich ist... für 28 Staaten also nur 1/28 der Funktionen auf höchster Ebene verfügbar sind. Ein typisches Sättigungverfahren: Die letzten 5% zum Ziel kosten 95% des Aufwands.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Tom Bombadil »

Die letzten Meter? Ich sehe die EU noch meilenweit von einer politischen Einigung in Richtung Nationalstaat entfernt.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Dark Angel »

H2O hat geschrieben:(22 Oct 2019, 10:58)

Im Fall EU gibt es aber eine Vielzahl von verbindlichen Verträgen, die die Mitglieder miteinander geschlossen haben, auch hinsichtlich der Zusammenarbeit der Sicherheitskräfte. Wirtschaftlich, gesellschaftspolitisch, Grundfreiheiten der EU, Parlament, Ministerrat, Kommission. Das gibt es weltweit nicht so oft. Wenn Bolivien und Paraguay solche Verträge miteinander schließen, dann nähern sie sich schon einer sehr engen Gemeinschaft an.
Natürlich gibt es in der EU eine Vielzahl von Verträgen und alle diese Verträge basieren auf Völkerrecht = internationalem Recht.
Was die EU von einem demokratischen Nationalstaat unterscheidet sind a) die Souveränitätsrechte der einzelnen Staaten, die Interessen ihrer Bevölkerung/ihres Staatsvolkes zu vertreten haben b) das Vorhandensein einer Gewaltenteilung ==> Legislative, Exekutive, Judikative, die es in der EU nicht gibt, c) ist die EU ein supranationales Gebilde, welches NICHT demokratisch regiert wird bzw regiert werden kann, weil je größer der Rahmen, um so geringer die Möglichkeiten einer demokratischen Mitgestaltung/Mitbestimmung etc
Vergl. hierzu: Prof. Wolfgang Merkel "Kosmopolitismus versus Kommunitarismus: Ein neuer Konfl ikt in der Demokratie"

Aber immer wieder interessant, wie leichtfertig die Befürworter supranationaler Gebilde bzw Orgnisationen/Regime die Demokratie zur Disposition stellen.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von H2O »

Dark Angel hat geschrieben:(22 Oct 2019, 13:17)

Natürlich gibt es in der EU eine Vielzahl von Verträgen und alle diese Verträge basieren auf Völkerrecht = internationalem Recht.
Was die EU von einem demokratischen Nationalstaat unterscheidet sind a) die Souveränitätsrechte der einzelnen Staaten, die Interessen ihrer Bevölkerung/ihres Staatsvolkes zu vertreten haben b) das Vorhandensein einer Gewaltenteilung ==> Legislative, Exekutive, Judikative, die es in der EU nicht gibt, c) ist die EU ein supranationales Gebilde, welches NICHT demokratisch regiert wird bzw regiert werden kann, weil je größer der Rahmen, um so geringer die Möglichkeiten einer demokratischen Mitgestaltung/Mitbestimmung etc
Vergl. hierzu: Prof. Wolfgang Merkel "Kosmopolitismus versus Kommunitarismus: Ein neuer Konfl ikt in der Demokratie"

Aber immer wieder interessant, wie leichtfertig die Befürworter supranationaler Gebilde bzw Orgnisationen/Regime die Demokratie zur Disposition stellen.
Ich weiß ja aus vorangehenden Beiträgen, daß Sie nichts von einer stetig sich vertiefenden Union in Europa halten. Darauf können Europäer aber keine Rücksicht nehmen. Wir entwickeln unsere europäische Union Schritt für Schritt mit allen guten Zutaten einer Demokratie dieser Größe. Es ist ja nicht so, daß alle Menschen einfältig und international unerfahren sind, die diesen Weg als den richtigen erkannt haben und ihn verfolgen. Verdächtigungen der vorgefundenen Art sind völlig haltlos; die weise ich zurück.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Keoma »

H2O hat geschrieben:(22 Oct 2019, 13:35)

Ich weiß ja aus vorangehenden Beiträgen, daß Sie nichts von einer stetig sich vertiefenden Union in Europa halten. Darauf können Europäer aber keine Rücksicht nehmen. Wir entwickeln unsere europäische Union Schritt für Schritt mit allen guten Zutaten einer Demokratie dieser Größe. Es ist ja nicht so, daß alle Menschen einfältig und international unerfahren sind, die diesen Weg als den richtigen erkannt haben und ihn verfolgen. Verdächtigungen der vorgefundenen Art sind völlig haltlos; die weise ich zurück.
Dass Juncker selbst zugegeben hat, dass die EU von einer Krise in die nächste taumelt, hast du aber schon mitbekommen?
Der Gescheitere gibt nach!
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Alpha Centauri »

Keoma hat geschrieben:(22 Oct 2019, 13:43)

Dass Juncker selbst zugegeben hat, dass die EU von einer Krise in die nächste taumelt, hast du aber schon mitbekommen?

Und warum ist dass wohl so?
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Keoma »

Alpha Centauri hat geschrieben:(22 Oct 2019, 13:46)

Und warum ist dass wohl so?
Da gibt es keine einfachen Erklärungen, aber ich wollte die Euphorie des Vorposters ein wenig dämpfen.
Von einem geeinten Europa sind wir noch ein schönes Stück entfernt, auch wenn vieles geschafft wurde, bleibt noch genug zu tun.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von streicher »

Tom Bombadil hat geschrieben:(22 Oct 2019, 12:12)

Die letzten Meter? Ich sehe die EU noch meilenweit von einer politischen Einigung in Richtung Nationalstaat entfernt.
Will sie das denn überhaupt selbst? Ich habe nicht das Gefühl, dass sie genau dahin strebt.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Dark Angel »

H2O hat geschrieben:(22 Oct 2019, 13:35)

Ich weiß ja aus vorangehenden Beiträgen, daß Sie nichts von einer stetig sich vertiefenden Union in Europa halten. Darauf können Europäer aber keine Rücksicht nehmen. Wir entwickeln unsere europäische Union Schritt für Schritt mit allen guten Zutaten einer Demokratie dieser Größe. Es ist ja nicht so, daß alle Menschen einfältig und international unerfahren sind, die diesen Weg als den richtigen erkannt haben und ihn verfolgen. Verdächtigungen der vorgefundenen Art sind völlig haltlos; die weise ich zurück.
Überlegst du überhaupt bei dem, was du so von dir gibst?
Ich habe den Text eines Politwissenschaftlers, der zudem noch Professor für Vergleichende Politikwissenschaft und Demokratieforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin ist, verlinkt und dir fällt nichts Besseres als irgendwelche realitätsfernen Utopien ein.
Den verlinkten Text hast du offensichtlich NICHT gelesen, andernfalls hättest du nachdenken müssen, statt so schnell zu antworten, aber ich gebe gerne Nachhilfe zum Thema - ich zitiere aus meinem Link:

"Kosmopoliten reklamieren nicht zu Unrecht eine moralische Überlegenheit ihrer Sensibilität in Menschenrechts- und Flüchtlingsfragen. Haben sie aber auch das bessere Demokratiekonzept? Daran ist zu zweifeln. Kosmopoliten optieren,
wenn sie nicht realitätsentrückt für eine demokratische Weltregierung, Weltparlamente und eine Weltzivilgesellschaft votieren, für eine bereitwillige Abgabe nationalstaatlicher Souveränitätsrechte an internationale Organisationen und
supranationale Regime. Dies gilt von den Vereinten Nationen bis zur Europäischen Union, ...

Der Nationalstaat müsse sich abfinden, in ein Mehrebenensystem effizienten Regierens eingebunden zu werden. Effizienz und
Effektivität überstaatlichen Handelns werden zum legitimatorischen Fluchtpunkt der Souveränitätsteilung. ...

Kelsen benutzt dieses Argument explizit dazu, um nationalstaatliche Demokratien von Diktaturen abzugrenzen. Im
Extremfall würde das Betroffenheitsargument in der vernetzten Welt des 21. Jahrhunderts dazu führen, dass der ganze Rest der Welt stets auch bei den Entscheidungen der USA mit zu reden hat, da diese meist auch den Rest der Welt betreffen. Die Forderung mag normativ begründbar sein, politisch ist sie ebenso sinnlos wie naiv.

Die supranationale Ausdehnung der Demokratie hat Kosten. Je größer und komplexer politische Räume sind, umso weniger lassen sie sich demokratisch regieren, wie der Doyen der Demokratieforschung, Robert Dahl, überzeugend darlegte. Zentrale normative Güter der Demokratie wie die gleichberechtigte Partizipation der Bürger, die Transparenz und Zurechenbarkeit politischer Ent-
scheidungen, der Parlamentsvorbehalt oder die vertikale und horizontale Herrschaftskontrolle lassen sich in der Tat weit weniger überzeugend jenseits des Nationalstaats als in seinen Grenzen realisieren. Auch Kosmopoliten würden dies wohl nicht abstreiten.
...


Wir entwickeln gar nichts, vor allem KEINE "guten Zutaten einer Demokratie dieser Größe."!
Was sich da ergibt sind "Zutaten zu einer Diktatur", genau wie Merkel das in Bezug auf Dahl erklärt.
NICHT zu erkennen/nicht erkennen zu wollen, dass Demokratie in einem Gebilde wie der EU - in dem zu viele unterschiedliche Interessen aufeinander prallen - nicht funktionieren kann, muss man schon ziemlich blind und/, ideologisch verkleistert oder ein welt- und realitätsferner Traumtänzer sein.

Ich bin durchaus für eine demokratische EU, in der Reisefreiheit garantiert wird, in der wirtschaftliche Zusammenarbeit ohne Zollschranken funktioniert, in der die Souveränitätsrechte der Mitgleidsstaaten geachtet werden und unangetastet bleiben - genau in der Art, wie von den "Vätern der EU" ursprünglich angedacht und geplant.
Von diesem "Traum" eines, auf völkerrechtlich verbindlichen Regeln funktionierenden Staatenbundes, der in seinen Mitgliedsländern demokratische Prinzipien durchsetzt und gewährleistet, entfernt sich die heutige EU immer mehr.
Souverränitätsrechte der Mitgliedsstaaten werden zugunsten von Ver- und Geboten, Regularien und Bevormundungen immer weiter ausgehebelt. Mit Demokratie hat das nichts zu tun, dafür umso mehr mit Diktatur.

Und NEIN, eine Diktatur werden die Europäer (hoffentlich) nicht zulassen und auf solche realitätsfernen Träumereien, wie Du sie hier von Dir gibst, keine Rücksicht nehmen.

Ich bin sehr wohl für eine EU - für eine EU wie sie nachfolgend (zitiert) skizziert wird:

"Dani Rodrik, Ökonom an der Harvard University, hat jüngst zumindest die Richtung angedeutet. „Dünne supranationale Regeln“, schreibt der Ökonom, müssen mit den „dicken Regeln des demokratischen Nationalstaats“ verbunden werden. Es sollen durchaus supranationale Rahmenregulierungen etabliert werden, die dann aber nationalstaatlich von jedem Land spezifiziert werden können."
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Tom Bombadil »

streicher hat geschrieben:(22 Oct 2019, 14:36)

Ich habe nicht das Gefühl, dass sie genau dahin strebt.
Ich auch nicht und je mehr Mitglieder man aufnimmt, umso weiter weg rückt die politische Einigung. Ich persönlich hätte nicht dagegen, wenn man ein politisches Kerneuropa als neuen Staat bilden würde: Dänemark, Benelux, Frankreich und Deutschland, evtl. noch Österreich, vereint zu einem Staat, das wäre mal ein Ausrufezeichen. Aber wohl auch vollkommen realitätsfern.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von H2O »

Keoma hat geschrieben:(22 Oct 2019, 13:43)

Dass Juncker selbst zugegeben hat, dass die EU von einer Krise in die nächste taumelt, hast du aber schon mitbekommen?
Ich vermute aber, daß die EU und ihre Vorläufer ab 1956 nie einfache Vereine waren. Frei nach Adenauer: "Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Lage war noch nie so ernst!" Und dann, daran erinnert, einige Jahre später: "Ach, was kümmert mich mein dummes Geschwätz von gestern!"

Das Problem der heutigen EU scheint mir zu sein, daß sie jedem Mitglied so viele Vorteile bietet, daß jedes Mitglied vor dem Gedanken zurück prallt, sich aus der EU zu verabschieden. Aber meckern kost' ja nix.

Das Ziel ist klar; den Kurs dahin wollen wir Europäer geduldig verfolgen. Wir haben es doch schon sehr weit auf diesem Wege gebracht. Da kann es auch einmal einen Rückschlag geben, so wie jetzt der Brexit... Energie- und Zeitverschwendung. Schade!
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von H2O »

Tom Bombadil hat geschrieben:(22 Oct 2019, 14:46)

Ich auch nicht und je mehr Mitglieder man aufnimmt, umso weiter weg rückt die politische Einigung. Ich persönlich hätte nicht dagegen, wenn man ein politisches Kerneuropa als neuen Staat bilden würde: Dänemark, Benelux, Frankreich und Deutschland, evtl. noch Österreich, vereint zu einem Staat, das wäre mal ein Ausrufezeichen. Aber wohl auch vollkommen realitätsfern.


Liegt doch in der Natur der Sache: Je weiter wir uns vom Kern entfernen, desto größer wird auch der Auffassungsunterschied von dem, was uns wichtig ist. Insofern ist der Gedanke an einen Schrittmacher Kerneuropa nur vernünftig. Wer will, der kann ja immer nachfolgen, oder er läßt es. Präsident Juncker und die Kanzlerin hatten immer das große Europa vor Augen, nachdem Präsident Juncker "sein Weißbuch" mit den 5 verschiedenen Möglichkeiten zur Fortentwicklung der EU heraus gegeben hatte. Das ganze Gehampel, das wir in den letzten Jahren erlebt haben, wurde von diesem großen Ziel bestimmt. Die mentalen Voraussetzungen dafür waren aber bei etlichen Mitgliedern nicht vorhanden.

Möglicherweise wird mit Frau von-der-Leyen und einer Nachfolge im Kanzleramt der Europakurs neu abgesteckt.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Dark Angel »

H2O hat geschrieben:(22 Oct 2019, 15:12)
Möglicherweise wird mit Frau von-der-Leyen und einer Nachfolge im Kanzleramt der Europakurs neu abgesteckt.
Ach - bestimmt das jetzt auf einmal ein Land bzw eine Frau, welchen Kurs die EU einzuschlagen hat und alle anderen (immer noch souveränen) Staaten haben nach deren Pfeife zu tanzen?
Sind DAS deine Vorstellungen von Demokratie - einem demokratischen Europa?
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Adam Smith »

Dark Angel hat geschrieben:(22 Oct 2019, 16:19)

Ach - bestimmt das jetzt auf einmal ein Land bzw eine Frau, welchen Kurs die EU einzuschlagen hat und alle anderen (immer noch souveränen) Staaten haben nach deren Pfeife zu tanzen?
Sind DAS deine Vorstellungen von Demokratie - einem demokratischen Europa?
Demokratie bedeutet Mehrheit. Und Deutschland hat früher gemeinsam mit Frankreich sich Mehrheiten beschafft.
Das ist Kapitalismus:

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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Dark Angel »

Adam Smith hat geschrieben:(22 Oct 2019, 16:35)

Demokratie bedeutet Mehrheit. Und Deutschland hat früher gemeinsam mit Frankreich sich Mehrheiten beschafft.
Ja "früher" - früher hatten wir auch nen Kaiser.
Demokratie bedeutet NICHT Mehrheit, sondern Herrschaft des Volkes. Ein himmelweiter Unterschied!

Was unserem User "Wasser" da vorschwebt, hat allerdings gar nix mit Demokratie zu tun, sondern geht in Richtung Diktatur, wenn nicht gar Tyrannis.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von H2O »

Dark Angel hat geschrieben:(22 Oct 2019, 16:19)

Ach - bestimmt das jetzt auf einmal ein Land bzw eine Frau, welchen Kurs die EU einzuschlagen hat und alle anderen (immer noch souveränen) Staaten haben nach deren Pfeife zu tanzen?
Sind DAS deine Vorstellungen von Demokratie - einem demokratischen Europa?
Au ja, gute Idee! Ist Ihnen jetzt wieder besser?
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von PeterK »

Tom Bombadil hat geschrieben:(21 Oct 2019, 22:12)
Was die EU prinzipiell von einem Nationalstaat (egal ob föderal oder zentralistisch): die EU hat kein Staatsvolk, kein Staatsgebiet und keine eigene Staatsgewalt, nur von Gnaden der Mitgliedsstaaten.
Vielen Dank, das ist mal eine Antwort auf meine Frage. Ein Nationalstaat (wie z.B. D) "herrscht" also über seine Regionen/Länder, die EU über ihre Mitgliedsstaaten jedoch nicht. Korrekt?
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Tom Bombadil »

PeterK hat geschrieben:(22 Oct 2019, 17:52)

Korrekt?
Kommt drauf an, was du unter "herrschen" verstehst. Die Bundesregierung ist Teil der Staatsgewalt und übt ihre verfassungsmäßigen Aufgaben und Rechte auf dem Staatsgebiet aus. Die EU hat auch Rechte, aber eben nur solche, die ihr die Mitgliedsstaaten zugestanden haben und oft werden EU-Verordnungen und -Verträge auch ignoriert oder schlicht und einfach gebrochen, nicht zuletzt von Deutschland.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Adam Smith »

Tom Bombadil hat geschrieben:(22 Oct 2019, 18:12)

Kommt drauf an, was du unter "herrschen" verstehst. Die Bundesregierung ist Teil der Staatsgewalt und übt ihre verfassungsmäßigen Aufgaben und Rechte auf dem Staatsgebiet aus. Die EU hat auch Rechte, aber eben nur solche, die ihr die Mitgliedsstaaten zugestanden haben und oft werden EU-Verordnungen und -Verträge auch ignoriert oder schlicht und einfach gebrochen, nicht zuletzt von Deutschland.
Die Bundesregierung kann in Bezug auf die Länder auch nur so soweit regieren wie es jetzt in der Verfassung steht.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Tom Bombadil »

Adam Smith hat geschrieben:(22 Oct 2019, 18:16)

Die Bundesregierung kann in Bezug auf die Länder auch nur so soweit regieren wie es jetzt in der Verfassung steht.
Wie ich ja bereits schrieb: "ihre verfassungsmäßigen Aufgaben und Rechte". Das ist der Unterschied zwischen einem föderalen Bundesstaat und einem zentralistischen Einheitsstaat.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von H2O »

Adam Smith hat geschrieben:(22 Oct 2019, 18:16)

Die Bundesregierung kann in Bezug auf die Länder auch nur so soweit regieren wie es jetzt in der Verfassung steht.
Wir können uns hier gegenseitig beliebig matt setzen. Ein Staat und ein politisches Gebilde wie die EU haben eben viele Gemeinsamkeiten und viele Unterschiede. Die kann man heraus picken und beweisen, wie sehr die EU schon "Staat" ist oder wie wenig sie erst "Staat" ist. Nein, die EU ist kein Staat, aber ihr wurden viele staatenähnliche Aufgaben von ihren Mitgliedern übertragen. Beispiele: Gestaltung der Handelsverträge mit Drittstaaten, Wahrung der Rechtsstaatlichkeit in Mitgliedsstaaten.
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