Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

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H2O
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von H2O »

naddy hat geschrieben:(03 Dec 2019, 12:24)

Wenn man sich etwas intensiver mit Politik befasst hat, könnte man allerdings auch auf die Idee kommen, dass so etwas Zeit braucht. Insbesondere in der EU-Politik. Aber warum sollte man das tun, wenn man auch so munter drauflos schwadronieren kann?
Das überrascht mich jetzt aber. Gut, daß Sie diese Einsicht gewonnen haben.
Sollten derart infame ad hominems nicht eigentlich unter der Würde eines "Moderators" sein? Man lernt scheinbar nie aus...
Auch da ist etwas dran!
Sollten auch Sie ihrerseits Interesse an einer psychologischen Ferndiagnose meinerseits haben: Ich stehe zur Verfügung. Nach Eintritt in den Ruhestand sogar kostenlos. Ersatzweise könnte auch helfen, wenn Sie sich die Chronologie unseres kleinen Techtelmechtels ab diesem meinem Beitrag noch einmal durchlesen. Möglicherweise fällt Ihnen dann auf, wer die Debatte emotionalisiert hat.
Brauchen Sie das?
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naddy
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von naddy »

H2O hat geschrieben:(03 Dec 2019, 20:50)

Das überrascht mich jetzt aber. Gut, daß Sie diese Einsicht gewonnen haben.
Welche Einsicht soll ich denn gewonnen haben? Wenn ich nicht irre, habe ich die Juncker-Studie hier eingestellt. Wie sah Ihre Reaktion darauf nochmal aus?
naddy hat geschrieben:Sollten auch Sie ihrerseits Interesse an einer psychologischen Ferndiagnose meinerseits haben: Ich stehe zur Verfügung. Nach Eintritt in den Ruhestand sogar kostenlos. Ersatzweise könnte auch helfen, wenn Sie sich die Chronologie unseres kleinen Techtelmechtels ab diesem meinem Beitrag noch einmal durchlesen. Möglicherweise fällt Ihnen dann auf, wer die Debatte emotionalisiert hat.
Brauchen Sie das?
Ich eher nicht, aber Sie vielleicht? Gewöhnlich nennt man sowas "Retourkutsche", in diesem konkreten Fall sogar noch ergänzt durch einen freundlichen Rat. im günstigsten Fall kann das "Einsicht" auslösen, meistens aber leider nicht.

Belassen wir es dabei.
"Das gefährliche an der Dummheit ist, daß sie die dumm macht, die ihr begegnen." (Sokrates).
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H2O
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von H2O »

Belassen wir es dabei.
Nein, die EU ohne lästige Grenzen, die will ich weiterhin. Aber das dauert, wie Sie bemerkt haben.
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Kloß mit Soß
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Kloß mit Soß »

Ob der Nationalstaat überdauert wird? Gute Frage. Eine Kulturgemeinschaft wird immer einen Weg suchen, ihre Kultur und Lebensweise zu erhalten und zu schützen, was somit immer zu internationaler Polarisierung führen wird. Eine globale Regierung in Harmonie ist soweit weg von der menschlichen Natur, dass ihre Realumsetzung nur in einer Dystopie enden kann.

Aber spezifisch Nationalstaat? Das muss in 100 Jahren nicht zwangsläufig überall der Fall sein, ein "Europa der Regionen", wie es immer mal wieder gefordert wird, hätte für Regionen an Kulturgrenzen sicher Vorteile, Schleswig zum Beispiel, oder Südtirol. Auf der anderen Seite werden die Sprachen immer einen Hauptnenner definieren und ein "wir" und "die" festlegen, allerdings klappt das in Kanada ja auch ganz gut. Das die USA jemals aufhören werden ein Nationalstaat zu sein glaube ich wiederum weniger, da er die Kultur des Landes ist.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von H2O »

Im Zeitalter der Globalisierung verschwinden die ganz großen kulturellen Unterschiede. Am besten zu besichtigen im eigenen Land: Volkslieder in Liederbüchern, kaum noch gesungen. Musik zur Unterhaltung, die überall zu vermarkten ist. Baukunst? Schuhkarton allerorten. Trachten vielfältig, wenn sie nur Jeans sind. Essen und Trinken... fast wie überall, aber am liebsten Pizza. Andenken im Angebot, Made in China. Spielzeug für Kinder und Erwachsene global.

In Polen: Warenangebot europäisch, Fuhrpark deckungsgleich und eine Regierung national-konservativ, die etwas zu retten versucht, was auf Dauer nicht zu retten ist.

In Italien: Musikkultur italienisch auf dem Rückmarsch (sehr schade!), Warenangebot europäisch, ok, ein paar mehr Weinsorten im Regal, Fuhrpark fast deckungsgleich, etwas mehr FIAT vertreten.

In Frankreich: Musikkultur französisch auf dem Rückmarsch (sehr schade!), Warenangebot europäisch, ok, ein paar mehr Weinsorten im Regal, Fuhrpark fast deckungsgleich, etwas mehr Renault und Peugeot im Verkehr

Bleiben die unterschiedlichen Sprachen... na, wenn's denn gar nicht klappt, dann Englisch.

Manchmal bedauere ich den Verlust an Eigenart. Aber mit Blick auf Europa wird er sich fortsetzen. Die Einförmigkeit bietet eben vergleichbare Chancen in Europa... und das war doch das Ziel der europäischen Einigung.

Der Auslöser für diese Änderung liegt vermutlich im 2. Weltkrieg; danach war die angloamerikanische kulturelle Dominanz so groß, daß sie inzwischen Teil jeder der europäischen Nationalkulturen geworden ist. Das führt zur Angleichung.
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Kloß mit Soß
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Kloß mit Soß »

Derartige Angleichungen gab es in der Vergangenheit auch schon, beispielsweise im napoleonischen Europa. Es wurde in Deutschland französisch gesprochen, gedacht und geschrieben. Im folgenden Jahrzehnt wurde ein großer Anteil dessen aufgefahren, was wir heute als deutsches Kulturgut betrachten: Das wiederentdeckte Nibelungenlied (wurde zwar schon im 18. Jahrhundert entdeckt, hat nur keinen Mensch interessiert), die Vertonung der Volkslieder, die Märchensammlung der Gebrüder Grimm. Das war großteilig keine Neuerschaffung, sondern die Konservierung und Reaktivierung bereits bestehender Mythen und Lieder. Wenn man bedenkt, dass sie damit eine von politischen Herrschaftsformen unabhängige kulturelle Basis für mindestens die folgenden 150 Jahre etabliert haben sehe ich in der aktuellen Situation da bisher nichts verloren.

Mit dem Austritt Großbritanniens aus der EU sind wir in die komfortable Situation gekommen, mit Englisch eine übergeordnete Sprache zu haben, die nicht mehr mit (größeren) Nationalismen in der Union belegt ist. Ich sehe durchaus die Möglichkeit und auch die Bereitschaft innerhalb Europas, bei wichtigen Fragen oder äußeren Bedrohungen im europäischen Gedanken näher zusammenzurücken, da ändern auch die nationalen Alleingänge während der Pandemie nichts, alles andere wäre in meinen Augen unvernünftig gewesen. In dem Kulturstreit um Zuwanderung, der in Europa ja durchaus erkennbar ist, sehe ich die Problematik vor allem bei Ländern, die der Idee des Multikulturalismus aus der Bewältigung historischer Verfehlungen in Bezug auf Faschismus oder Kolonialismus heraus nachgehen. Dass die Streitigkeiten sich nicht nur mit dem einfachen Hinweis auf die Ost/West-Diskrepanz und ein vermeintliches Fortschritts-Denken erklären lassen zeigt außerhalb des Kontextes der EU da beispielsweise die Schweiz.

Die Einförmigkeit in einigen Feldern wird in Europa sicher vorangehen, rechtliche Grundlagen, vielleicht irgendwann sogar Finanzhaushalt und Verteidigung, das wäre auf lange Sicht aus meiner Sicht auch sinnvoll. Die unterschiedlichen Kulturen und deren lange Geschichte sind allerdings die größte Stärke Europas, sie sind die Grundlage für das Verständnis unseres Wertesystems und der freiheitlichen Demokratie. Politische Bestrebungen, sie durch eine künstliche transeuropäische Kultur zu ersetzen halte ich im Zuge dessen nicht nur für unrealistisch, sondern auch für gefährlich, da sie zwangsläufig nationalistische Tendenzen und innere Instabilität als Reaktion darauf vorantreiben.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von H2O »

Der Vergleich unserer heutigen Entwicklung mit der Zeit der Napoleonischen Eroberungen scheint mir nicht so schlüssig zu sein. Richtig ist die Feststellung, daß der Citoyen französisch parlierte, wenn er es besonders gut mit sich meinte. Ich meine aber, daß diese Dominanz schon auf das Königreich Frankreich zurück geht, das zu seiner Zeit in Europa wohl alle anderen Kulturzentren überstrahlte. Jeder kleine Provinzfürst im HRR versuchte doch, den französischen Stil in Kleidung, Sprache und Bauten nach zu ahmen. Der Alte Fritz ganz vorneweg.

Der französische Kaiser hat den deutschen Nationalismus ungewollt gefördert durch zu hohe Besatzungslasten und abwertende Urteile, die Bürger und Adel erzürnten. Das schlechte Beispiel eines Ernst Moritz Arndt und das deutschtümelnde Gehabe eines Turnvaters Jahn stehen für diese nationalistische Zeit, die bis zum Ende des 2. Weltkriegs zu immer neuen Besoffenheiten führte. Aber trösten wir uns... der Nationalismus hatte alle Völker Europas erfaßt und in Wahnvorstellungen gestürzt, die sich im 1. Weltkrieg entluden.

Die Globalisierung, offene Grenzen in EU-Europa, Telekommunikation und weiträumiges Verkehrswesen haben eine bisher nie dagewesene Vertrautheit mit unseren Nachbarn geschaffen. Was im 19. Jahrhundert nur den Eliten vorbehalten war, das ist im 21. Jahrhundert Allgemeingut geworden. Wettsaufen auf Mallorca, ausgelassene Urlaube in bunter Mischung, transnationale Ehepaare, "Gast"-arbeiter, Zuwanderer, Rückwanderer, Auswanderer... alles das ist selbstverständlich geworden.

Ich bin noch in einem Dorf aufgewachsen, wo nur die Männer infolge von "Feldzügen" über Kirchturmsichtweite hinaus die Welt kannten, also die Schützengräben und Panzerschlachten der Weltkriege. Heute muß man suchen, um junge Leute zu finden, die noch nie außer Landes waren, im Urlaub, als Austausschüler, zum Jobben. Inzwischen wird es üblich, einige Semester in Italien oder Frankreich oder in England zu studieren... nicht nur für reiche Leute und selbsternannte Eliten.

Das alles wird Folgen haben, die aus meiner Sicht auf einen Rückgang des Nationalen hinaus laufen zugunsten einer transnationalen Lebensweise, in der jeder Beteiligte dort sein Bestes gibt, wo ihm die persönlichen Zukunftschancen am höchsten erscheinen. Das läuft zusammen mit dem Wettbewerb um die besten Köpfe. Nationalstaaten werden zu Verwaltungsgebieten mit Amtssprachen, aller Voraussicht nach nicht nur einer Verwaltungssprache.

Hier in Polen erlebe ich, wie neben polnischen Regierungstexten diese Texte auch in englischer Sprache vorliegen, wie an Baudenkmälern Tafeln in polnischer, englischer und deutscher Sprache über das Bauwerk und seine Geschichte aufklären. In Amtsgebäuden (Stettin, Schloß der Herzöge von Pommern) findet man Hinweise, welche europäischen Mittel den Ausbau oder die Sanierung des Bauwerks ermöglicht haben.

Und das erlebe ich, der mit den Redensarten von polnischem Chauvinismus und übler Nachrede über Polen aufgewachsen bin. Wer darin keine Veränderungen hin zur offenen Gesellschaft erkennt, der muß mit Blindheit geschlagen sein.

Ganz vergleichbare Erlebnisse von Mensch zu Mensch, von Kollegen zu Kollegen, hatte ich auch in Italien und in Frankreich... als die EU noch am Eisernen Vorhang des Kalten Krieges endete.

Der nächste Schritt geht tatsächlich in Richtung der Harmonisierung unserer Sozialordnungen, unserer Wirtschaftsregularien, unserer Prioritäten für Staatsinvestitionen. Eine gewisse Zappelei ist dabei nicht zu übersehen... aber am Ende gibt es gemeinsame Regeln, in denen wir uns alle einrichten können.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von imp »

Kloß mit Soß hat geschrieben:(21 Jun 2020, 10:17)
Das wiederentdeckte Nibelungenlied (wurde zwar schon im 18. Jahrhundert entdeckt, hat nur keinen Mensch interessiert), die Vertonung der Volkslieder, die Märchensammlung der Gebrüder Grimm. Das war großteilig keine Neuerschaffung, sondern die Konservierung und Reaktivierung bereits bestehender Mythen und Lieder. Wenn man bedenkt, dass sie damit eine von politischen Herrschaftsformen unabhängige kulturelle Basis für mindestens die folgenden 150 Jahre etabliert haben sehe ich in der aktuellen Situation da bisher nichts verloren.
Die unterschiedlichen Kulturen und deren lange Geschichte sind allerdings die größte Stärke Europas, sie sind die Grundlage für das Verständnis unseres Wertesystems und der freiheitlichen Demokratie. Politische Bestrebungen, sie durch eine künstliche transeuropäische Kultur zu ersetzen halte ich im Zuge dessen nicht nur für unrealistisch, sondern auch für gefährlich, da sie zwangsläufig nationalistische Tendenzen und innere Instabilität als Reaktion darauf vorantreiben.
(meine Hervorhebung)
Ich frage mich, ob es solche politischen Bestrebungen überhaupt gibt. Nehmen wir mal Deutschland und Österreich: Welche spezifische Kultur gibt es in Österreich, die nicht auch Kultur im deutschen Zusammenhang ist? Immerhin sind dies seit Jahrzehnten zwei Staaten, die sich als voneinander getrennt betrachten und wenn man etwas großzügig drauf schaut, dann ist Österreich seit der kleindeutschen Lösung "nicht Deutschland" - und irgendwie dann in manchen Aspekten doch. Inwieweit ist da eine Bestrebung, solche kulturellen Unterschiede, wenn es sie denn gibt, künstlich einzuebnen?
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Kloß mit Soß »

imp hat geschrieben:(13 Jul 2020, 15:24)

(meine Hervorhebung)
Ich frage mich, ob es solche politischen Bestrebungen überhaupt gibt. Nehmen wir mal Deutschland und Österreich: Welche spezifische Kultur gibt es in Österreich, die nicht auch Kultur im deutschen Zusammenhang ist? Immerhin sind dies seit Jahrzehnten zwei Staaten, die sich als voneinander getrennt betrachten und wenn man etwas großzügig drauf schaut, dann ist Österreich seit der kleindeutschen Lösung "nicht Deutschland" - und irgendwie dann in manchen Aspekten doch. Inwieweit ist da eine Bestrebung, solche kulturellen Unterschiede, wenn es sie denn gibt, künstlich einzuebnen?
Österreich ist nicht Deutschland, allerdings ist es deutsch. Sich aus 27 EU-Staaten gerade das Beispiel rauszupicken ist ziemlicher Unsinn, ich denke das siehst du auch selbst.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von imp »

Kloß mit Soß hat geschrieben:(13 Jul 2020, 17:59)

Österreich ist nicht Deutschland, allerdings ist es deutsch. Sich aus 27 EU-Staaten gerade das Beispiel rauszupicken ist ziemlicher Unsinn, ich denke das siehst du auch selbst.
Es ist ein naheliegendes Beispiel, wenn man die Grenzen der Theorie anschaut. Umgekehrt: Ist Frankreich so kohärent von DOM-TOM bis Ile de France wie Deutschland und Österreich?
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Kloß mit Soß »

imp hat geschrieben:(13 Jul 2020, 18:02)

Es ist ein naheliegendes Beispiel, wenn man die Grenzen der Theorie anschaut. Umgekehrt: Ist Frankreich so kohärent von DOM-TOM bis Ile de France wie Deutschland und Österreich?
Kolonialgebiete in Übersee im Rahmen europäischer Kukturfragen?

Es geht nicht um kulturelle Homogenität im Land, sondern darum, dass europäischen Nationen keine Reißbretterfindung sind, sondern historisch gewachsene Kulturräume. Die kann man nicht einfach eindampfen und wenn mans tut, zerstört man damit die Basis, aus der die EU erwachsen ist, nämlich seine selbstbestimmten Völker und ihre Vereinigung aus freiem Willen.

Ich geb dir ein Beispiel, das im Kontext des ersten Posts funktioniert: Frankreich und Deutschland schaffen Raum für multikulturelle Gesellschaftsutopien, die von u.a. Visegrad nicht akzeptiert werden. In Ungarn ist man derzeit durchaus der Meinung, dass man von der eigenen Identität weg EU-isiert werden soll.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von imp »

Kloß mit Soß hat geschrieben:(13 Jul 2020, 20:11)

Kolonialgebiete in Übersee im Rahmen europäischer Kukturfragen?
Wir reden von einem politischen Europa, nicht von einer Abgrenzung von Erdfalten. Was du bezeichnest, waren vielleicht einmal Kolonien, aber heute geht es da um wahlberechtigte Franzosen auf französischem Boden. Wenn es eine Bestrebung gäbe, die kulturellen Eigenheiten Frankreichs zugunsten einer künstlich geschaffenen (wer schafft die) EU-Einheitskultur zurückzudrängen, müsste man dies benennen können. Ich kenne solche Bestrebungen nicht. Wenn man also gegen sie argumentiert, gegen was geht es da?

Welche "Gesellschaftsutopie" gibt es in Deutschland und Frankreich gemeinsam, aber nicht in Isengard?
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von H2O »

Tatsächlich könnte es sein, daß die 6 Gründungsstaaten der EU eine gesellschaftliche Entwicklung hin zu einer Gesamtgesellschaft vor Augen hatten, in der sie als Staat eben doch einen gemeinsamen Überbau für möglich hielten. Das Ziel gleicher Lebenschancen in Europa paßte auch besser auf diese Vorhut der 6 Gründungsmitglieder. Da wäre womöglich ein Kerneuropa der 6 sinnvoller, um dieses Ziel erreichen zu können. Dem könnten sich künftig Partner anschließen, die es zu einigem Wohlstand gebracht haben. Es war vielleicht wirklich keine gute Idee, in der EU so unterschiedlich leistungsfähige Partner zusammen zu führen. Ein Ring assoziierter Staaten um die EU herum hätte es doch auch getan... mit dem krönenden Höhepunkt der Beitrittsreife. Offenbar wird im Augenblick die EU-Mitgliedschaft eher als Mittel der Erpressung mit Geldzuflüssen betrachtet als als gemeinsamer Gesellschaftsraum der Zukunft. Dann sollte man allerdings dieses Spiel abpfeifen. Klein, aber mein!
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Kloß mit Soß »

H2O hat geschrieben:(13 Jul 2020, 20:50)

Tatsächlich könnte es sein, daß die 6 Gründungsstaaten der EU eine gesellschaftliche Entwicklung hin zu einer Gesamtgesellschaft vor Augen hatten, in der sie als Staat eben doch einen gemeinsamen Überbau für möglich hielten. Das Ziel gleicher Lebenschancen in Europa paßte auch besser auf diese Vorhut der 6 Gründungsmitglieder. Da wäre womöglich ein Kerneuropa der 6 sinnvoller, um dieses Ziel erreichen zu können. Dem könnten sich künftig Partner anschließen, die es zu einigem Wohlstand gebracht haben. Es war vielleicht wirklich keine gute Idee, in der EU so unterschiedlich leistungsfähige Partner zusammen zu führen. Ein Ring assoziierter Staaten um die EU herum hätte es doch auch getan... mit dem krönenden Höhepunkt der Beitrittsreife. Offenbar wird im Augenblick die EU-Mitgliedschaft eher als Mittel der Erpressung mit Geldzuflüssen betrachtet als als gemeinsamer Gesellschaftsraum der Zukunft. Dann sollte man allerdings dieses Spiel abpfeifen. Klein, aber mein!
Es dürfte sich als schwierig gestalten, die Skandinavier, die Visegrad-Staaten, die iberische Halbinsel und unsere Kollegen in Österreich aus dem Team zu werfen ohne danach ein halbes Jahrhundert vergiftete Stimmung auf dem Kontinent zu haben. Europa muss zusammenhalten und aus sich heraus agieren können, ohne auf die USA, Russland oder China zu warten. Allerdings stimme ich zu, dass die Handlungsspielräume der Empfängerländer reduziert werden sollten. Es kann nicht sein, dass einzelne Länder bei Maßnahmen gegen chinesische Einflussnahme in Europa blockieren oder auf dem Rücken der anderen Mitglieder ihrer Unfähigkeit einen gesunden Staatshaushaltaufzustellen frönen. Im Gegensatz dazu muss auch von den großen Nationen klargestellt werden, dass die von vielen europäischen Staaten mehr als alles andere gefürchtete Massenansiedlung von Nicht-Europäern im Schengenraum mit allen Mitteln verhindert wird.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Kloß mit Soß »

imp hat geschrieben:(13 Jul 2020, 20:18)
Welche "Gesellschaftsutopie" gibt es in Deutschland und Frankreich gemeinsam, aber nicht in Visengrad?
Die eines Europas als kulturellen Schmelztiegels unter Einbezug von Nicht-Europäern.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von H2O »

Sie sollten aber schon klarstellen, daß die massenhafte Ansiedlung von Nicht-Europäern keineswegs ein Staatsziel der Europäer ist, sondern eine Folge der Verträge mit den Vereinten Nationen, was Asylrecht und Seenotrettung betrifft. Die Abkehr von diesen Grundsätzen kann niemand versprechen... es sei denn, er kündigt den Vereinten Nationen die Gefolgschaft auf. In dem Zusammenhang ist es eben eine Treulosigkeit vieler Partner, einige wenige damit allein zu lassen.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von imp »

Kloß mit Soß hat geschrieben:(13 Jul 2020, 21:53)

Die eines Europas als kulturellen Schmelztiegels unter Einbezug von Nicht-Europäern.
Das ist für mich nicht sehr anschaulich. Im Kleinen war etwa Deutschland immer so ein Begegnungsraum aller möglichen Wanderung und kultureller Beeinflussung. Frankreich mit seiner kolonialen Geschichte sowieso. Von einer Utopie kann man da nicht sprechen - das ist Realität und bisweilen auch anstrengend. Etwa 15% der Bewohner Deutschelands sind im Ausland geboren. Das ist ungefähr der Wert von USA. Liechtenstein bringt es deutlich über die Hälfte, aber das können wir vielleicht vernachlässigen. Luxemburg liegt knapp unter der Hälfte. Bei Österreich sind es vielleicht 17 Prozent, in Schweden auch. Frankreich bringt es "nur" auf etwa 12%, Ungarn auf 6. Nur nach Polen, da will wirklich kaum wer hin. Nicht mal Theo will heute nach Lodz, obwohl es da sicher auch nicht schlecht ist. Die Einwandereranteile der Länder sind nur bedingt geeignet, eine politische Stimmung für oder gegen die Integration zu begründen.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von H2O »

Kloß mit Soß hat geschrieben:(13 Jul 2020, 21:53)

Die eines Europas als kulturellen Schmelztiegels unter Einbezug von Nicht-Europäern.
Der "Schmelztiegel" ist nirgendwo Staatsziel. Vielmehr geht es darum, bei uns in Europa durch Flucht und Vertreibung gestrandete Menschen in unsere Gesellschaften ein zu binden. Ich sehe dieses Bemühen als einen mitmenschlichen Umgang mit notleidenden Menschen an, den ich in dieser Form für unentbehrlich halte. Dann lieber eine kleinere Gemeinschaft mit übereinstimmenden mitmenschlichen Werten!
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Vongole »

Kloß mit Soß hat geschrieben:(13 Jul 2020, 21:53)

Die eines Europas als kulturellen Schmelztiegels unter Einbezug von Nicht-Europäern.
Wo hast du die letzten Jahrzehnte gelebt?
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von imp »

H2O hat geschrieben:(13 Jul 2020, 22:06)

Der "Schmelztiegel" ist nirgendwo Staatsziel. Vielmehr geht es darum, bei uns in Europa durch Flucht und Vertreibung gestrandete Menschen in unsere Gesellschaften ein zu binden. Ich sehe dieses Bemühen als einen mitmenschlichen Umgang mit notleidenden Menschen an, den ich in dieser Form für unentbehrlich halte. Dann lieber eine kleinere Gemeinschaft mit übereinstimmenden mitmenschlichen Werten!
Neben dem wichtigen Aspekt Flucht & Vertreibung ist aber die Aufnahme von Fachkräften aus aller Welt, zb aus Afrika oder Südosteuropa, ganz normal akzeptiert. Dass dann über die Zeit ganz verschiedene Menschen mit verschiedener Herkunft Unionsbürger werden und dass auch Franzosen nach Deutschland, Deutsche nach Polen, Österreicher nach Italien usw umziehen und Teil des Landes werden, das ist vielleicht nicht Staatsziel, aber als Möglichkeit durchaus vorgesehen.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von H2O »

imp hat geschrieben:(13 Jul 2020, 22:22)

Neben dem wichtigen Aspekt Flucht & Vertreibung ist aber die Aufnahme von Fachkräften aus aller Welt, zb aus Afrika oder Südosteuropa, ganz normal akzeptiert. Dass dann über die Zeit ganz verschiedene Menschen mit verschiedener Herkunft Unionsbürger werden und dass auch Franzosen nach Deutschland, Deutsche nach Polen, Österreicher nach Italien usw umziehen und Teil des Landes werden, das ist vielleicht nicht Staatsziel, aber als Möglichkeit durchaus vorgesehen.
Ja klar, ein wichtiges Ziel einer fortschrittlichen Gesellschaft bleibt der erfolgreiche Kampf um die besten Köpfe weltweit. Auf dem Gebiet ist Deutschland gegenüber Ländern mit Weltsprachen (Englisch, Französisch, Spanisch) leider im Nachteil. Dafür leben wir mittendrin in Europa mit vergleichsweise guten Lebensbedingungen für gut ausgebildete Fachkräfte. Einen weiteren Vorteil haben wir durch unsere sehr geringen Studienkosten, die auch sehr viele Menschen aus aller Welt dazu bringen, ihre Ausbildung in Deutschland ab zu schließen. Da kann man sicher die besten Köpfe leichter für unser Land gewinnen... und Sprachprobleme sollte es auch kaum dabei geben! Insgesamt also doch keine schlechten Aussichten für unser Land, in diesem Wettbewerb sehr erfolgreich zu bestehen!

Für mich sind diese Menschen ein Unterpfand unseres künftigen Wohlstands und der Stellung Deutschlands in der Welt! Vergessen wir nicht, daß seit etwa 1975 in Deutschland 20% mehr Mitbürger sterben als nachgeboren werden... gerade ist mir die jährliche Sterbezahl 900.000 zur Zahl der Lebendgeburten 700.000 aus dem DLF in Erinnerung. Bisher hält unser Land seine Wohnbevölkerung bei 83 Mio... die vorhergesagte Schrumpfung auf 65 Mio in 2050 ist nicht in Sicht. Und unser Wohlstand ist dennoch immer weiter gewachsen, trotz oder gerade wegen der Zuwanderung.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Meruem »

imp hat geschrieben:(13 Jul 2020, 22:22)

Neben dem wichtigen Aspekt Flucht & Vertreibung ist aber die Aufnahme von Fachkräften aus aller Welt, zb aus Afrika oder Südosteuropa, ganz normal akzeptiert. Dass dann über die Zeit ganz verschiedene Menschen mit verschiedener Herkunft Unionsbürger werden und dass auch Franzosen nach Deutschland, Deutsche nach Polen, Österreicher nach Italien usw umziehen und Teil des Landes werden, das ist vielleicht nicht Staatsziel, aber als Möglichkeit durchaus vorgesehen.
Naja die "Aufnahme" von qualifizierten wird überall gerne gesehen, die Aufnahme von Geflüchteten durch Kriege oder Armut usw damit tut sich die Stasten aber schwer und warum? man bewertet Menschenleben einzig aus dem ökonomischen Kosten- Nutzen Kalkül heraus ( Stichwort Punktesystem was dieses Mentalität gut widerspiegelt wie ich finde) ethisch gesehen, ist so eine Denkweise die Menschen als ökonomisch Verfügungsmasse betrachtet , höchst problematisch.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von H2O »

Meruem hat geschrieben:(13 Jul 2020, 22:57)

Naja die "Aufnahme" von qualifizierten wird überall gerne gesehen, die Aufnahme von Geflüchteten durch Kriege oder Armut usw damit tut sich die Stasten aber schwer und warum? man bewertet Mrnschenleben aus dem ökonomischen Kosten- Nutzen Kalkül heraus ( Stichwort Punktesystem was dieses Mentalität gut widerspiegelt) ethisch gesehen natürlich so eine Denkweise die Menschen als ökonomisch Verfügumgsmasse betrachtet , höchst problematisch.
Erst einmal geht es um die Selbstbehauptung im internationalen Wettbewerb. Da wird niemand gut abschneiden, der sich mit Menschen belastet, die in diesem Wettbewerb keinen wertvollen Beitrag liefern. Es genügt im Wettbewerb um die irdischen Güter eben nicht, ein Mensch zu sein und diese Güter zu verbrauchen. Sie müssen zuvor erarbeitet werden mit Produkten, für die eine Nachfrage besteht.

Selbstbehauptung als höchst problematisch zu erkennen... ob der Wettbewerber von solchen Gewissensbissen gequält wird? Wohl kaum.

Wenn es also möglich ist, dann wähle ich die Menschen aus, die meinen (unseren gemeinsamen) internationalen Erfolg wahrscheinlicher machen. Gewissensbisse: Nein!
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Kloß mit Soß »

Vongole hat geschrieben:(13 Jul 2020, 22:13)
Wo hast du die letzten Jahrzehnte gelebt?
In drei verschiedenen Bundesländern zwischen Land, Kleinstadt und Metropole.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Kloß mit Soß »

Meruem hat geschrieben:(13 Jul 2020, 22:57)

Naja die "Aufnahme" von qualifizierten wird überall gerne gesehen, die Aufnahme von Geflüchteten durch Kriege oder Armut usw damit tut sich die Stasten aber schwer und warum? man bewertet Menschenleben einzig aus dem ökonomischen Kosten- Nutzen Kalkül heraus ( Stichwort Punktesystem was dieses Mentalität gut widerspiegelt wie ich finde) ethisch gesehen, ist so eine Denkweise die Menschen als ökonomisch Verfügungsmasse betrachtet , höchst problematisch.
Das eigentliche Problem war die Vermischung von den beiden Feldern. Wirtschafsmigrant und Asylbewerber waren zeitweilig fast Synonym, spätestens nachdem klar war, wie schwierig Abschiebungen in die Herkunftsländer werden.

Da sind dann so Figuren wie der Zetsche vorgeprescht und haben verlautbaren lassen, dass Flüchtlinge jung und motiviert sind und sie genau diese Leute suchen bei Daimler. Ein Jahr später gabs genau 0 Flüchtlinge bei Daimler. Weil das von der Presse zerrissen wurde, haben sie mittlerweile 50 Ausbildungsplätze für Flüchtlinge, von denen weit über die Hälfte mangels qualifizierten Bewerbern nicht bestückt werden können.

Was so Leute wie der Zetsche, die offentsichtlich die Motivation haben sich und ihren Konzern weltoffen zu präsentieren, nicht verstehen, ist dass solche Aussagen international wahrgenommen werden und zusätzliche Pull-Faktoren erschaffen.
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unity in diversity
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von unity in diversity »

Mit vereinten Nationen, die sich zu Blöcken und vereinzelten Nationen machen, kann man keine grenzenlose Welt gewinnen.
Für jedes Problem gibt es 2 Lösungsansätze:
Den Falschen und den Unsrigen.
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H2O
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von H2O »

unity in diversity hat geschrieben:(16 Jul 2020, 04:31)

Mit vereinten Nationen, die sich zu Blöcken und vereinzelten Nationen machen, kann man keine grenzenlose Welt gewinnen.
Nehmen Sie die bestehende EU mit ihren vielen Unvollkommenheiten. Aber sie ist grenzenlos, trotz Visegrad-Gruppe und Euro-Gruppe. Das Entscheidende dabei ist ein freiheitlich demokratisches Rechtsstaatssystem. Ansonsten funktioniert auch bei nahezu unüberwindlichen Grenzen erwiesenermaßen die wirtschaftliche Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil. Man muß ja nicht gleich Kriege gegeneinander führen!
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schokoschendrezki
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von schokoschendrezki »

Kloß mit Soß hat geschrieben:(14 Jul 2020, 12:47)

Das eigentliche Problem war die Vermischung von den beiden Feldern. Wirtschafsmigrant und Asylbewerber waren zeitweilig fast Synonym, spätestens nachdem klar war, wie schwierig Abschiebungen in die Herkunftsländer werden.
Neben den Wirtschaftsmigranten und Asylbewerbern gibts - was speziell den Nahen Osten anbetrifft - auch noch den arabischen Geldonkel. Mit dem hat überhaupt niemand ein Problem. Die großen arabischen Staatsfonds sind bei Siemens, VW & Co. gern gesehene Investoren und Mitbeteiliger. Egal, was die entsprechenden Regierungen und der dortige Geldadel dort politisch so treibt. Der Hass der Migrationskritiker richtet sich in der Regel gegen mittellose Familien, die vor Krieg und/oder Elend flüchten.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von Kloß mit Soß »

schokoschendrezki hat geschrieben:(16 Jul 2020, 11:09)

Neben den Wirtschaftsmigranten und Asylbewerbern gibts - was speziell den Nahen Osten anbetrifft - auch noch den arabischen Geldonkel. Mit dem hat überhaupt niemand ein Problem. Die großen arabischen Staatsfonds sind bei Siemens, VW & Co. gern gesehene Investoren und Mitbeteiliger. Egal, was die entsprechenden Regierungen und der dortige Geldadel dort politisch so treibt. Der Hass der Migrationskritiker richtet sich in der Regel gegen mittellose Familien, die vor Krieg und/oder Elend flüchten.
Migrationskritik als Hass pauschalisieren ist doch sehr 2013. Der Standpunkt, dass es Probleme gibt, wenn viele Familien mittellos hierher kommen und alimentiert werden müssen ist berechtigt, diese Haltung auf niedere Beweggründe zurückzuführen ist falsch, unüberlegt und gefährlich.
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von schokoschendrezki »

Kloß mit Soß hat geschrieben:(17 Jul 2020, 16:57)

Migrationskritik als Hass pauschalisieren ist doch sehr 2013. Der Standpunkt, dass es Probleme gibt, wenn viele Familien mittellos hierher kommen und alimentiert werden müssen ist berechtigt, diese Haltung auf niedere Beweggründe zurückzuführen ist falsch, unüberlegt und gefährlich.
Das mag schon sein. Wenns MK wirklich einfach pauschal als "Hass" abqualifiziert wird. Auch wenn ich nicht gerade selten einen solchen voellig unreflektierten Hass auf MigrantInnen erleben musste. Mir gings vor allem um diesen Zwiespalt. Es ibt wirklich gute Gruende, finanzstarke Beteiliger gerade auch aus dem Nahen Osten kritisch zu sehen. Probleme sieht man aber nun ausgerechnet bei "mittellosen Familien". Was tun die mir denn? Glaubst Du wirklich, dass die es sind, die den sogenannten Sozialstaat an die Wand fahren? Hast du eine Vorstellung davon, was allein nur die Abu Dhabi Investment Authority mit knapp 900 Milliiarden Dollar Eigenkapital mit einem einzigen kurzen Handstreich hier in Deutschland auch in sozialer Hinsicht anrichten kann?
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H2O
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Re: Eine Welt ohne Grenzen, der Nationalstaat am Ende?

Beitrag von H2O »

Glaubst Du wirklich, dass die es sind, die den sogenannten Sozialstaat an die Wand fahren? Hast du eine Vorstellung davon, was allein nur die Abu Dhabi Investment Authority mit knapp 900 Milliiarden Dollar Eigenkapital mit einem einzigen kurzen Handstreich hier in Deutschland auch in sozialer Hinsicht anrichten kann?
Inzwischen sind über 25% der seit 2015 hier ansässigen Flüchtlinge steuerzahlende Bürger geworden. (Bei den Herren der Schöpfung sind es sogar 50%) So nannte der DLF in seinen Kommentaren den Ausspruch der Kanzlerin "Wir schaffen das!" beim Namen. Meine Vermutung: In weiteren 5 Jahren reden wir darüber gar nicht mehr.

Aber auch vor der Geldmacht von Abu Dhabi sollten wir uns nicht fürchten. Dieses Land braucht zuverlässige Geldanlagen; da muß Abu Dhabi lange suchen, wenn das Land mit Geld Geld verdienen möchte. Kein Grund für uns, hier übermütig zu werden... aber Bangemachen gilt nicht!
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