Vielleicht nochmal zur Klärung, worüber und warum wir gerade diskutieren.
- Du sagst, Toleranz und Akzeptanz unterscheiden sich nicht in den resultierenden Handlungspfaden.
- Ich sage: Doch, Toleranz und Akzeptanz unterscheiden sich – nicht im Sinne des Vermeidens / Bekämpfens / Verändern von etwas (das findet in beiden Fällen nicht statt), sondern im Sinne des Aufsuchens / Verteidigens / Erhaltens (das findet bei Akzeptanz eher statt als bei Toleranz).
- Daraufhin sagst du, das ist dasselbe, denn wenn ich etwas aufsuche / verteidige / erhalte, dann vermeide / bekämpfe / verändere ich damit etwas anderes.
Soweit richtig wiedergegeben?
Dann sage ich aber, nein, das ist nicht dasselbe, und bringe drei Gegenbeispiele (meiner Meinung nach).
Zum ersten Beispiel:
Provokateur hat geschrieben:(25 Apr 2016, 08:22)
Und diese Gesetze zwingen uns dazu, Entscheidungen zu treffen. Jede Entscheidung für etwas ist eine Entscheidung gegen alles andere. Wir nehmen uns aus der Kontingenz (=der Summe aller möglichen Entscheidungen) einen Pfad und verfolgen ihn. Das bedeutet nicht, dass du andere Menschen nicht akzeptierst, aber du akzeptierst für diesen Moment nur die Gesellschaft der Person(en), die du dir für diesen Augenblick ausgewählt hast.
Mein Beispiel mit der Liebe war vielleicht etwas unglücklich, weil das so was Exklusives hat.
Nehmen wir den Fall, A trifft sich mit B, weil er ihn (als Freund) akzeptiert. B schlägt vor, C mitzubringen, der der Bruder von B ist.
Zwar hat A selbst keine Initiative ergriffen, C zu treffen, aber er hat kein Problem damit, dass C dabei ist, da er nicht C „nichtakzeptiert“, sondern toleriert. Die Entscheidung von A für B (ihn zu treffen) ist keine Entscheidung für oder gegen C.
Um auf dein Bild mit den Handlungspfaden zurückzukommen: Es gibt grundsätzlich drei (und nicht zwei) Möglichkeiten. Ich kann etwas akzeptieren und somit aufsuchen/verteidigen/erhalten, ich kann etwas nichtakzeptieren und somit vermeiden/bekämpfen/verändern, und ich kann etwas neutral gegenüberstehen. Das bedeutet, in der Auswahl meiner Handlungspfade berücksichtige ich das weder positiv noch negativ, sondern überlasse es dem Zufall. Das ist ein wesentlicher Unterschied, da wir ja nur einen Teil von dem, was uns passiert, aktiv beeinflussen können, so dass wir unsere Energie und Ressourcen konzentrieren müssen.
Ich akzeptiere C: Ich treffe mich mit ihm.
Ich nichtakzeptiere C: ich treffe mich nicht mit ihm.
Ich toleriere C: Nichts von beidem, aber wenn B vorschlägt, dass C dazukommt, habe ich nichts dagegen. Wenn B es nicht vorschlägt, ist es genauso ok.
Wie sagte John Lennon so schön: "Life is what happens to you while you are busy making other plans"
Zum zweiten Beispiel:
Wenn du an dem einen arbeitest, lässt du bei dem anderen unkontrollierte Änderung oder Stasis zu. Das bedeutet Akzeptanz nämlich auch - Kontrolle. Ganz wertneutral, was du akzeptierst, beobachtest du und steuerst du dadurch auch unbewusst. Dinge und Wertauffassungen, die du nicht akzeptierst, vermeidest du (keine Beobachtung - keine Kontrolle), versuchst du zu verändern (akzeptabel/steuerbar zu machen) oder versuchst du zu vernichten (keine Kontrolle mehr möglich und nötig).
„Stasis“?

Jedenfalls, wenn ich meine Wohnung aufräume, sorge ich damit nicht für Unordnung in einer anderen Wohnung – weil ich sie toleriere. Ich „nichtakzeptiere“ sie nicht (die andere Wohnung), also verändere ich sie auch nicht. Dass ich sie nicht kontrolliere, ist doch nicht dasselbe, wie, sie aktiv zu verändern.
Zum dritten Beispiel:
Der Einbrecher ist ja nur Träger der inakzeptablen Handlung des Einbruchs, und zwar auch nur für die Dauer der Handlung (und der Folgen). Niemand würde verlangen, einen Einbrecher bereits im Kindesalter einzusperren, wenn dieser noch keinen Einbruch begangen hat. Das ist auch schlecht möglich.
Er wird erst zum Träger der inakzeptablen Handlung, wenn er beschließt, in deine Wohnung oder dein Haus einzubrechen. Bis zu dem Entschluss, dies zu tun, handelt er (i.d.R.) im akzeptablen Rahmen.
Das "Vernichten" kann, muss aber nicht global gesehen werden. Ein NPD-Verbot käme zum Beispiel einer Vernichtung gleich, obwohl die entsprechenden Personen, Ideen, Gebäude und Schriften noch vorhanden sind.
Dem kann ich so folgen. Du schriebst aber „wer etwas verteidigt, vernichtet das Angreifende“. Ich bleibe dabei, wenn ich etwas verteidige, weil ich es akzeptiere (mein Haus, in diesem Fall), bekämpfe ich dadurch noch nicht aktiv jemand anders. Ich versuche, ein denkbares Ereignis zu verhindern (den Einbruch). Ansonsten toleriere ich den Einbrecher als Menschen, der möglicherweise ein prima Typ ist.