Zumal Natalie Amiri weiß, wovon sie spricht und schreibt. Ihre Bericht deckt sich mit allem, was ich von iranischen Freunden und Ex-Kollegen höre:
Nun wird man den Blutrichter Raisi "wählen", und schickt damit eine deutliche Botschaft an das iranische Volk: Wagt euch nicht, zu protestieren, wenn doch, werden die Folgen fürchterlich für euch werden!Der Hashtag, der seit Wochen in den sozialen Medien zu lesen ist, lautet #NeinzurIslamischenRepublik. Auf Farsi, auf Englisch, in anderen Sprachen. Und: #RaibiRai, was soviel bedeutet wie: Meine Stimme bekommt ihr nicht. IranerInnen im Inland (dort ist es unter Androhung von Haftstrafe verboten, diesen Hashtag zu verwenden) und Ausland versehen ihre Tweets damit.
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Die Bevölkerung hat inzwischen erkannt, dass die Politiker, die im Iran auf der politischen Bühne erscheinen, alle aus einem Topf stammen. Egal ob vermeintliche Reformer oder Konservative – Reformen wird es nicht geben. Eine Verbesserung ihres Lebensstandards auch nicht. Freiheit, darüber spricht schon lange keiner mehr. Nicht innerhalb diesen Systems.
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Ich habe mit vielen gesprochen, doch einen Tag vor der Wahl erklärte mir eine Bekannte aus Teheran ausdrücklich : Sie kenne keinen, der zur Wahl geht, nicht einmal ihre Nachbarin, und die sei religiös. Sie sagte das mit einer Stimme, die verriet, dass sie sich schon lange dazu entschlossen hatte, Es war offenbar kein Thema, das sie aktuell bewegte.
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Laut Umfragen iranischer Institute werden um die 40 Prozent der 59 Millionen Wahlberechtigten im Land zur Wahl gehen. Davon sind zahlreiche gezwungen, denn sie sind Staatsbedienstete und müssen ihren Wahlstempel vorweisen. Der Revolutionsführer hat im Staatsfernsehen aufgerufen, am Freitag zahlreich zur Wahl zu erscheinen, die Wahlen im Iran seien frei und kompetitiv. Ein Iraner schrieb dazu auf Twitter: „Entweder ist er wirklich weltfremd oder richtig dreist.“
https://www.tagesspiegel.de/politik/wah ... 97096.html