Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

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Sören74

Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Sören74 »

Gutmensch1 hat geschrieben:(30 Jul 2021, 11:11)

Sehe ich genauso, wenn die Mullah- Diktatur taumelt, dann muss man sie weiter stoßen bis sie umkippt, auf gar keinen Fall darf sie mit Öffnungsverspechen und Hilfen aus dem Westen konsolidiert werden. Das ist nicht nur das Beste für die USA, es ist das Beste für die ganze Welt, insbesondere für das iranische Volk. Noch besser wäre; weitere Verschärfung der Sanktionen. :thumbup:
Naja, es ist ein Unterschied, ob man sagt, dass die Diktatoren im Iran keinen Vertragsabschluss wollen oder ob man sagt, man sollte mit den iranischen Diktatoren keinen Vertragsabschluss machen.
Kohlhaas
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Kohlhaas »

Sören74 hat geschrieben:(30 Jul 2021, 11:30)

Naja, es ist ein Unterschied, ob man sagt, dass die Diktatoren im Iran keinen Vertragsabschluss wollen oder ob man sagt, man sollte mit den iranischen Diktatoren keinen Vertragsabschluss machen.
Wieso? Das zweite folgt logisch aus dem ersten. Wenn die irren Mullahs einen Vertrag wollen, dann sollen sie sich gefälligst bewegen. Bewegen sie sich nicht, sollte man mit ihnen keinen Vertrag schließen. Hängt doch definitiv zusammen.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Sören74 »

Kohlhaas hat geschrieben:(30 Jul 2021, 16:07)

Wieso? Das zweite folgt logisch aus dem ersten.
Nö, warum? Auch im kalten Krieg hat man in der Entspannungspolitik versucht, die Gegenseite zu einem Vertragsabschluss für Abrüstungsschritte zu bewegen.
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Cobra9
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Cobra9 »

Sören74 hat geschrieben:(30 Jul 2021, 16:31)

Nö, warum? Auch im kalten Krieg hat man in der Entspannungspolitik versucht, die Gegenseite zu einem Vertragsabschluss für Abrüstungsschritte zu bewegen.

Und das tut man nicht? Der Iran hat das Angebot für Gespräche. Was nicht bedeutet man denkt daran die Sanktionen zu reduzieren.

Der kalte Krieg ist nicht vergleichbar und auch da hat niemand erstmal abgerüstet bevor ein Ergebnis erzielt wurde.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Sören74 »

Cobra9 hat geschrieben:(30 Jul 2021, 17:17)

Und das tut man nicht? Der Iran hat das Angebot für Gespräche. Was nicht bedeutet man denkt daran die Sanktionen zu reduzieren.

Der kalte Krieg ist nicht vergleichbar und auch da hat niemand erstmal abgerüstet bevor ein Ergebnis erzielt wurde.
Ich habe nicht gesagt, dass man das nicht tut, im Gegenteil. Man wird mit Iran weiterverhandeln und das finde ich richtig, auch wenn Stimmen meinen, man solle Iran dauerhaft sanktionieren.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Kohlhaas »

Sören74 hat geschrieben:(30 Jul 2021, 17:32)

Ich habe nicht gesagt, dass man das nicht tut, im Gegenteil. Man wird mit Iran weiterverhandeln und das finde ich richtig, auch wenn Stimmen meinen, man solle Iran dauerhaft sanktionieren.
Wer soll denn geschrieben haben, dass man den Iran dauerhaft sanktionieren solle? Würden z.B. die USA das so sehen, hätte es überhaupt keine Verhandlungen gegeben.

Die von Dir angegriffene Aussage lautete: Wenn der Iran keinen Verhandlungserfolg will, bleibt es eben bei den Sanktionen. So einfach ist das.

Außerdem habe ich als Antwort auf eine ziemlich dubiose Aussage geschrieben, dass die USA gar kein Interesse an Verhandlungen haben könnten, wenn die Sanktionen das Mullah-Regime tatsächlich an den Rand des Zusammenbruchs gebracht hätten. In dem Zusammenhang sollte man sich die Frage stellen, warum die USA nach wie vor verhandelungsbereit sind, die Mullahs aber nicht.
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Cobra9
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Cobra9 »

Sören74 hat geschrieben:(30 Jul 2021, 17:32)

Ich habe nicht gesagt, dass man das nicht tut, im Gegenteil. Man wird mit Iran weiterverhandeln und das finde ich richtig, auch wenn Stimmen meinen, man solle Iran dauerhaft sanktionieren.
Von dauerhaft Sanktionen hab Ich bspw. nichts gesagt oder geschrieben. Keine Atomwaffen,
Einstellung der Unterstützung der Terroristen. Wenn man das hinbekommen kann oder einen akzeptablen Kompromiss völlig in Ordnung.

Sollte das nicht passieren ist das dann aber das Problem des Iran primär. Dann gibt's eben noch ein paar Jahre einige Sanktionen. Oder eine längere Zeit. Aber von dauerhaft sagt ja niemand was

Der Iran hat enorme Probleme. Regime Change wird nicht passieren. Zumindest nicht absehbar. Aber ein paar Punkte zeigen der Iran hat eine Reihe von Problemen. Die nicht so klein sind.

Aber es entscheidet der Oberste Führer.

Der Iran hat ein Angebot das definitiv nicht mehr verbessert wird die nächste Zeit. Entweder der Iran verhandelt auf der Basis oder nicht.
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Platon
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

So langsam passiert was auf iranischer Seite. Raisi hat Abbas Araghchi ersetzt durch Ali Bagheri Kani.
DUBAI, Sept 14 (Reuters) - Iran on Tuesday named Ali Bagheri Kani, a hardline senior diplomat, to replace Deputy Foreign Minister Abbas Araqchi, a seasoned pragmatist diplomat and chief negotiator in talks on Tehran's 2015 nuclear deal with world powers, state media said.

Bagheri, who was named deputy foreign minister for political affairs, had been a senior negotiator in nuclear talks between Iran and the West under former hardline President Mahmoud Ahmadinejad from 2007 to 2013. He is a relative of Supreme Leader Ayatollah Ali Khamenei.[...]
https://www.reuters.com/world/middle-ea ... 021-09-14/
https://en.wikipedia.org/wiki/Ali_Bagheri

Iran's Chief Nuclear Negotiator Araghchi Replaced With A Hardliner
https://iranintl.com/en/world/irans-chi ... -hardliner
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Die Diplomatie zur erneuten Aufnahme der Gespräche zum Atomprogramm ist in vollem Gange. Letzte Woche war der EU-Beauftragte für die Gespräche in Wien, Enrique Mora, in Teheran. Viel ist dabei nicht rausgekommen außer, dass die Gespräche über die Wiederaufnahme der Gespräche in Brüssel fortgesetzt werden sollen. Aus dem iranischen Außenministerium hieß es, dass der neue iranische Unterhändler Ali Bagheri am Donnerstag Gespräche in Brüssel führen wird. Die EU hat das dementiert.

Der Iran stellt im Moment alle möglichen Forderungen für die Aufnahme der Gespräche. Man will zuerst eine Geste des guten Willens der USA, d.h. eine Aufhebung von Sanktionen oder die Freigabe von eingefrorenen Geldern. Man würde am liebsten die Gespräche komplett neu beginnen, aber das hat selbst Russland abgelehnt. Dazu will man wie auch vorher schon Garantien, dass die USA nicht nochmal aus dem Abkommen aussteigen. Die USA können ihnen da keine Garantien geben, die Europäer wollen sich da nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Das ist aber natürlich das Damoklesschwert, dass über allem schwebt und in den nächsten Jahren schweben wird. Eine erneute Kandidatur von Trump in 2024 ist alles andere als auszuschließen und wenn er nicht antritt ist Pompeo offenbar jemand, der gute Chancen hat Kandidat der Republikaner zu werden. Es ist schon nachzuvollziehen, dass die Raisi-Administration befürchtet das Schicksal von Rohani zu teilen, dass man mit viel Tamtam eine Einigung erzielt und schmerzhafte Konzessionen durchdrückt ohne das man aber am Ende wirklich politisch davon profitieren kann. Die vollen wirtschaftlichen Vorteile des Abkommens werden erst eintreten, wenn klar ist, dass das Abkommen auch die nächsten US-Wahlen übersteht, weil erst dann die große Masse an Banken und Firmen ihre Angst vor US-Sanktionen ablegen und Geschäfte mit dem Iran machen werden. Dazu ist es auch so, dass der JCPOA im Jahr 2030 ausläuft und damit offensichtlich ist, dass jetzt entweder direkt ein längeres Abkommen geschlossen oder es bereits eine klare Vereinbarung gibt, wann und wie ein neues Abkommen verhandelt wird. Es wird auch angesichts der fortgesetzten Anreicherung des Iran immer klarer, dass es mit einer simplen Rückkehr zum Atomabkommen von 2015 nicht getan sein wird. Wenn es zu einer erneuten Einigung kommt wird der JCPOA in einigen Punkten vom ursprünglichen Abkommen abweichen.

Es ist wie zu erwarten war, dass die neue Raisi-Administration der Meinung ist, dass sie alles besser können und durch eine harte Verhandlungslinie ein besseres Verhandlungsergebnis erreichen können als die Rohani-Administration, die man immer verdächtigt hat zu sehr an guten Beziehungen mit dem Westen interessiert zu sein. Darum stellt man alle möglichen Forderungen, schaut wie weit man damit kommt und macht Statements die die neuen Leute vor allem von der Vorgängeradministration abgrenzen sollen.

Letztlich ist es auch so, dass die Raisi-Administration nicht den Eindruck macht, als wenn sie zu einer schnellen Einigung kommen wollen. Vielmehr wollen sie mal schauen, ob sie die wirtschaftliche Lage auch mit Sanktionen verbessern können um dann in einer stärkeren Verhandlungsposition mit den USA zu sein. Aber auch Hardliner werden recht bald merken, dass die Möglichkeiten begrenzt sind. Man hat ja das 25 Jahre Abkommen unterschrieben und ist der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit beigetreten. Aber wirklich profitieren wird man davon nur, wenn die Sanktionen aufgehoben sind und der chinesische Außenminister hat seinem iranischen Kollegen erst kürzlich per Telefon offenbar sehr deutlich gemacht, dass China selbstverständlich eine Wiederaufnahme der Gespräche in Wien und eine Einigung zum Atomabkommen erwartet.

Auf der anderen Seite gibt es offenbar in den USA und Israel schon Überlegungen was man denn macht, wenn die Gespräche scheitern. Im Moment weiß man wirklich nicht, ob das noch was wird und ob beide Seiten noch zueinander finden. Eine schnelle Einigung wird es aber nicht geben.
Zuletzt geändert von Platon am Di 19. Okt 2021, 14:10, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Cobra9 »

Im Westen nichts Neues. Die üblichen Fehler und Dummheit. Aber nicht zu ändern
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Die "Vorbereitungsgespräche" in Brüssel scheinen erfolgreich gewesen zu sein und die nächste Verhandlungsrunde in Wien soll im November starten. Der Druck auf Iran zu den Verhandlungen zurück zu kehren war zuletzt immer größer geworden und Iran konnte sich nicht damit durchsetzen bereits wirtschaftliche Erleichterungen für eine Rückkehr zu den Gesprächen zu erhalten. Der iranische Außenminister hatte die Freigabe von 10 Milliarden US-Dollar an eingefrorenen Geldern als Geste des guten Willens von den USA gefordert. Man hat damit versucht eine harte Verhandlungsposition einzunehmen, aber sieht nicht danach aus, als wenn es wirklich etwas gebracht hätte. Es ist aber schonmal ein Signal dafür, dass man auch in Wien versuchen wird eine deutlich "härtere" Haltung als die Vorgängerdelegation einzunehmen.
Der Iran hat sich zur Wiederaufnahme der Atomverhandlungen im November bereit erklärt. Vorgespräche in Brüssel seien "sehr konstruktiv" gewesen. Seit der Wahl des Ultrakonservativen Raisi zu Irans neuem Präsidenten liegen die Gespräche auf Eis.

Iran wird die Atomverhandlungen in Wien nächsten Monat wieder aufnehmen. Das gab Irans Vizeaußenminister Ali Bagheri auf Twitter bekannt. "Die Verhandlungen heute in Brüssel mit (dem Vize-Außenbeauftragten der EU) Enrique Mora waren sehr konstruktiv und wir haben uns auf die Wiederaufnahme der Atomverhandlungen im November geeinigt", teilte der Vizeminister und zukünftige Leiter der iranischen Atomdelegation in Wien mit.[...]
https://www.tagesschau.de/ausland/asien ... n-113.html

Iran Says Nuclear Talks Before December But Wants $10 Billion Released
https://www.iranintl.com/en/20211027540831
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Die Iraner haben immer noch eine Verhandlungsposition, die sich mehr wie ein Wutanfall von Khamenei liest, als ein realistischer Weg zu einer Lösung...

Iran verhandelt nicht mit den USA, weder direkt noch indirekt.
Alle Sanktionen aufheben, die von Trump verhängt worden, wegen JCPOA oder nicht. (teilweise wurden Sanktionen von Trump umgewidmet von Atom-bezogen zu Revolutionsgarden/Terrorbezogen)
Alle Sanktionen sofort aufheben und nach 6 Monaten stellt der Iran dann fest, dass die Sanktionen aufgehoben wurden und kehrt dann zu seinen Verpflichtungen zurück.
Garantien, dass die USA nicht nochmal aussteigen bzw. mögliche Verpflichtungen der UN USA und Europa zu bestrafen falls sie das nochmal machen.
Keine Follow-Up-Vereinbarungen.
Keine Verpflichtung zu Verhandlungen zu anderen Themen.

https://www.iranintl.com/en/20211101768373
https://www.iranintl.com/en/20211101762058

Das ist im Wesentlichen das, was man auch unter Rohani schon erzählt hat, aber halt nicht mehr so nett verpackt. Es sind die Vorgaben welche Khamenei gemacht hat, weil er vermutlich der Meinung ist, er habe sich 2015 von den USA über den Tisch ziehen lassen. Damals hat er sich von Rohani/Zarif überzeugen lassen und wurde von Trump dann vor den Kopf gestoßen. Jetzt wird er irgendeinem Abkommen mit den USA nur zustimmen, wenn die USA ihm sehr entgegen gekommen sind bzw. er Garantien hat.

Trump und Pompeo haben ganze Arbeit geleistet eine Situation zu schaffen, welche eine erneute Einigung USA/Iran stark erschwert hat.
Und wie schonmal erwähnt ist gar nicht mal unwahrscheinlich, dass Pompeo Nachfolger von Biden wird. Kann gut sein, dass eine Einigung erst in ein paar Jahren passiert, wenn in den USA gewählt wurde und Khamenei vielleicht doch endlich mal das Zeitliche segnet.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Kohlhaas »

Platon hat geschrieben:(01 Nov 2021, 19:57)Es sind die Vorgaben welche Khamenei gemacht hat, weil er vermutlich der Meinung ist, er habe sich 2015 von den USA über den Tisch ziehen lassen. Damals hat er sich von Rohani/Zarif überzeugen lassen und wurde von Trump dann vor den Kopf gestoßen. Jetzt wird er irgendeinem Abkommen mit den USA nur zustimmen, wenn die USA ihm sehr entgegen gekommen sind bzw. er Garantien hat.
Wie könnte er denn irgendeinem Abkommen mit den USA zustimmen, wenn er weder direkt noch indirekt mit den USA verhandelen will?

Ich habe eher die Befürchtung, dass diese "Verhandlungsposition" darauf zurückzuführen ist, dass Iran sich dem Besitz von Atomwaffen schon recht nahe fühlt. Sieht eher so aus, als wolle Iran gar kein Abkommen mehr. Als wolle Iran nur noch Zeit schinden, bis die ersten Atomwaffen fertiggestellt und auf Trägerraketen montiert sind.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Es wird bei den Republikanern immer deutlicher, dass die aussichtsreichsten Kandidaten für 2024 Donald Trump, Mike Pompeo, Mike Pence und Nikki Haley alle aus einem Abkommen mit dem Iran sofort aussteigen werden, wenn sie die Wahl gewinnen. Jede Rückkehr der USA zum JCPOA wäre also de facto nur gültig bis 2024 und wenn die Republikaner die Wahl gewinnen wird man 2025 wieder aussteigen.

Dabei ist die Verbindung der Republikaner mit den Volksmujahedin schon recht kurios und zeugt davon, dass deren Lobbyismus Früchte trägt. Die Nähe gerade zu dieser extremen Gruppe zeugt aber auch davon, dass man auf keinen Fall darauf hoffen kann, dass beim zweiten Mal ein Abkommen respektiert werden würde. Es ist eine grundsätzliche ideologische Einstellung was das Thema Iran angeht.
[...]Pence speaking at an NCRI event is a signal in itself. The organization is the political wing of the People's Mujahedin of Iran, a controversial guerrilla group committed to overthrowing the Iranian theocracy and which was a proscribed terrorist organization in the U.S. until 2012.

The NCRI and MEK—both led by Maryam Rajavi since the disappearance of her husband Massoud Rajavi in 2003—say they are the only realistic alternative government for Iran.

But their critics dismiss them as a cult-cum-terrorist group with little actual backing inside the country. The MEK's network of activists has intelligence value, but this does not equate to a government-in-waiting.

Pence described the MEK as "a well-organized, fully prepared, perfectly qualified and popularly supported alternative" to the current government in Iran. Rajavi, he said, is "an inspiration to the world."[...]
Mike Pence's Iran Comments Set the Tone for Hawkish GOP 2024 Contest
https://www.newsweek.com/mike-pence-ira ... st-1643850

In meinen Augen ist diese Politsekte keinen Deut besser als die Islamische Republik und es würde lediglich eine Diktatur durch eine Andere ersetzt werden. Es würde vermutlich sogar schlimmer werden, weil die Unterstützung für die Islamische Republik in der iranischen Gesellschaft insgesamt größer ist als für die Volksmujahedin.

Sollte Pence wirklich Präsident werden wird man sich an diesen Satz erinnern.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Der aussichtsreichste Weg das Szenario eines Ausstiegs der USA unter einem republikanischen Präsidenten zu verhindern wäre über den Vertrag im US-Senat abstimmen zu lassen. Ein Erfolg für den JCPOA in seiner derzeitigen Form ist dabei aber sehr unwahrscheinlich. Eine Gruppe von 43 demokratischen und republikanischen Senatoren hatte im März gefordert, dass der JCPOA den sie unterstützen würden auch Vereinbarungen zum iranischen Raketenprogramm und zum Verhalten der iranischen Proxies in der Region umfasst. Das versucht die US-Delegation offenbar in der ein oder anderen Form zu erreichen, aber der Iran lehnt es strikt ab bzw. das beste was man erreichen könnte wäre eine Verpflichtung des Iran solche Gespräche führen zu wollen, wobei selbst das vom Iran abgelehnt wird.

Ted Cruz dazu:
https://twitter.com/tedcruz/status/1406755035460124672

Senators endorse new, broader deal on Iranian policy
https://www.al-monitor.com/originals/20 ... ian-policy

Iran wants 'guarantee' US will not leave nuclear deal again
https://www.al-monitor.com/originals/20 ... deal-again

Von daher ist abzusehen, dass der Iran skeptisch ist sich mit den USA zu einigen, solange keine Garantien bestehen dass diese in drei Jahren nicht sofort wieder aussteigen. Diese Garantie kann man aber nur geben, wenn der JCPOA um weitere Fragen erweitert wird, damit der US-Senat zustimmen kann. Das wiederum will der Iran aber nicht.

Im Grunde muss sich der Iran also mit den Republikanern im US-Senat einigen deren Position aber der Position des Maximum Pressure nahe steht und selbst wenn man sich da einigen würde, würde Trump/Pence/Pompeo selbst dann noch versuchen Druck auf ihre Parteifreunde auszuüben sich jeder Einigung zu widersetzen. Auch wenn sie da gegen einen breiten Konsens im US-Senat wohl wenig ausrichten könnten.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Am Montag findet dann tatsächlich die erste Verhandlungsrunde mit der Raisi-Delegation statt. Diese Woche war der Chef der IAEA im Iran und hat mit den Iranern über Probleme geredet. Dabei geht es um eine Anlage in Karaj, welche vor ein paar Monaten durch einen Anschlag/Geheimdienstaktion ganz oder teilweise zerstört wurde. Die Iraner sind der Ansicht, dass die IAEA dort keine Überwachung durchführen kann, was die IAEA naturgemäß etwas anders sieht. Dazu gibt es noch Fragen über gemessene Uranspuren, die seit Jahren offen sind.

Es ist abzusehen, dass die neue iranische Delegation eine harte Verhandlungsposition einnehmen möchte und dabei Positionen versuchen wird durchzusetzen, von denen absehbar ist, dass die USA dem nicht zustimmen werden. Daher ist ein kurz- oder mittelfristiger Erfolg der Gespräche praktisch ausgeschlossen. Dazu stellt sich die Frage, ob das Abkommen überhaupt eine realistische Chance hat die Präsidentschaft von Biden zu überleben. Was aber möglich scheint ist ein "Interimsabkommen", wo der Iran zustimmt ein paar der eigenen Verstöße gegen den JCPOA zurückzufährt im Austausch für Sanktionserleichterungen. Das würde beiden Seiten erlauben zumindest einen Teilerfolg zu vermelden. Biden kann nach dem Afghanistan-Fiasko, dem Ringen um die großen Infrastrukturprojekte in den USA und dem in Glasgow doch sehr schleppend verlaufendem Kampf gegen den Klimawandel einen außenpolitischen Erfolg gut brauchen. Gleichzeitig sind die Iraner durch die Wirtschaftskrise und Proteste wie jetzt zuletzt in Isfahan stark unter Druck Sanktionserleichterungen zu vermelden, weil die wirtschaftlichen Nachteile längst den möglichen Nutzen eines Atomprogramms in geradezu grotesker Weise übersteigen und das immer mehr Leute im Regime auch merken.

Von daher ist klar, dass da nächste Woche in Wien vermutlich viele lange Gesichter auf beiden Seiten sein werden, aber die Möglichkeit eines Teilabkommens in absehbarer Zeit scheint zumindest zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Die neue Verhandlungsrunde in Wien hat gestern begonnen. Erste Reaktionen waren positiv, was ich jetzt mal so interpretiere, dass die Iraner tatsächlich ernsthaft verhandeln und nicht ihre Hinhaltetaktik fortsetzen, irgendwelche ideologischen Reden halten oder ähnliche Skurrilitäten mehr, wie es sie in Verhandlungen während der Ahmadinejad-Jahre gegeben hat. Was sie wollen ist, dass die Sanktionen aufgehoben werden und die Aussagen vom iran. Außenministerium und Verhandlungsteam machen das sehr deutlich. Was sie die letzten Jahre gemacht haben ist ihr Atomprogramm voranzutreiben um so Verhandlungsmasse und Verhandlungsspielraum zu haben, um mit Zugeständnissen Sanktionserleichterungen durchsetzen zu können. Natürlich mit der langfristigen Perspektive, dass ein fehlender Deal jetzt möglicherweise zu einer neuen Situation in 5 Jahren führt, wo der Iran noch weiter fortgeschritten ist. Auf der anderen Seite lasten die Sanktionen schwer auf der iranischen Wirtschaft, die durch hohe Inflation (50%) und einer extrem hohen Armutsquote (über 50%) geprägt ist und dem Budget des iranischen Staates der nur durch Geld drucken und allerlei Tricks die Staatspleite verhindern kann. Die Folge sind regelmäßige Protestwellen wie die landesweite und zahlenmäßig größte Protestwelle im November 2019 und regionalen Protesten nach der Corona-Pause, im Juli 2021 in Khuzestan und jetzt im November 2021 in Esfahan mit zehntausenden Teilnehmern. Dazu ist mittlerweile auch den Anhängern der islamischen Republik aufgefallen, dass der Preis den man durch die Sanktionen im Moment zahlt extrem hoch ist und selbst pro-Regime-Ayatollahs haben sich dafür ausgesprochen das Problem mit den USA zu lösen um die wirtschaftliche Lage zu verbessern.

Es stellt sich aber natürlich die Frage, ob eine Einigung jetzt wirklich etwas wert ist, wenn in 3 Jahren in den USA neu gewählt wird und bereits klar ist, dass ein republikanischer Präsident sofort aus dem JCPOA wieder aussteigen würde. Das heißt beide Seiten verhandeln aus einer Position der Schwäche, weil fraglich ist, was die USA den Iranern überhaupt anbieten können außer einer temporären Sanktionserleichterung und die Iraner müssen sich eigentlich auf fast alles einlassen, um wirtschaftliche Erleichterungen zu bekommen, um innenpolitisch ein Signal zu setzen, was aber Khamenei aus ideologischen und persönlichen Gründen nicht machen wird.

Was aber möglich scheint ist ein Interims- oder Teilabkommen, wo der Iran ein paar Sanktionserleichterungen bekommt, gleichzeitig auf einen Teil der Verstöße verzichtet. Also kein großer Wurf sondern ein erster Kuhhandel, den beide Seiten erstmal als Erfolg für sich verbuchen können ohne prinzipielle Zugeständnisse machen zu müssen.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Die iranische Delegation hat den anderen verbliebenen Mitgliedern des JCPOA zwei Dokumente übergeben, welche den Verhandlungsvorschlag des Irans beinhalten sollen. Über ihren Inhalt ist natürlich noch nichts bekannt, aber das es sie gibt zeigt, dass die iranische Seite bereit ist ernsthaft zu verhandeln und konkrete Forderungen stellt, von denen sie erwartet, dass die andere Seite sie zumindest für diskussionswürdig hält. Man geht offenbar davon aus, dass die andere Seite das Angebot des Irans nicht einfach annimmt, sondern weitere Verhandlungen notwendig sind. Es ist aber für den Moment ein gutes Zeichen, dass der Iran sich ernsthaft bemüht die Gespräche weiterzubringen. Man muss aber natürlich erstmal die Reaktionen abwarten bezüglich dessen, was die Iraner da an Vorstellungen geäußert haben.
[...]Separately on Thursday, Iran provided the European powers involved in the deal with two drafts on sanctions removal and nuclear commitments, Iran’s top nuclear negotiator said.

“We have delivered two proposed drafts to them … Of course they need to check the texts that we have provided to them. If they are ready to continue the talks, we are in Vienna to continue the talks,” Ali Bagheri Kani told reporters.

A European diplomat confirmed draft documents had been handed over.

Al Jazeera’s Ali Hashem, reporting from Vienna, said the proposals seemed to indicate “solid” progress at the talks.

“We understand from an Iranian diplomatic source that one of these proposals will be about lifting the sanctions, and the other will be on Iran rolling back the measures it took after the United States withdrew from the nuclear deal,” he said.

“The elements of these proposals are going to be built upon what was agreed on in the past six rounds of talks between Iran and the world powers.

“However, new points were added, ones that were disregarded in the past talks and Iran believes they are crucial in order to reach an agreement.”[...]
Iran says nuclear deal ‘within reach’ if West shows goodwill
https://www.aljazeera.com/news/2021/12/ ... s-goodwill
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Tom Bombadil »

In unserer Tageszeitung stand heute, dass der Iran nicht mit den USA direkt verhandeln wollte. Das ist pures Kasperletheater.

Die Vertreter Washingtons sind zwar in Wien, sitzen aber nicht mit am großen Verhandlungstisch. Erstens, weil die USA 2018 unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump aus dem Pakt austraten. Zweitens, weil Teheran das so will. Es werde definitiv keine direkten Verhandlungen geben, sagte Teherans Außenamtssprecher Said Khatibzadeh.
https://www.t-online.de/nachrichten/aus ... -iran.html

USA und Iran zeigen sich pessimistisch zu Atomgesprächen
https://www.sn.at/politik/weltpolitik/u ... -113402995

Und weiter:
Iran fährt trotz Atomverhandlungen Urananreicherung weiter hoch
https://www.boersennews.de/nachrichten/ ... h/3350656/
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Cobra9 »

Tom Bombadil hat geschrieben:(02 Dec 2021, 20:53)

In unserer Tageszeitung stand heute, dass der Iran nicht mit den USA direkt verhandeln wollte. Das ist pures Kasperletheater.

Die Vertreter Washingtons sind zwar in Wien, sitzen aber nicht mit am großen Verhandlungstisch. Erstens, weil die USA 2018 unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump aus dem Pakt austraten. Zweitens, weil Teheran das so will. Es werde definitiv keine direkten Verhandlungen geben, sagte Teherans Außenamtssprecher Said Khatibzadeh.
https://www.t-online.de/nachrichten/aus ... -iran.html

USA und Iran zeigen sich pessimistisch zu Atomgesprächen
https://www.sn.at/politik/weltpolitik/u ... -113402995

Und weiter:
Iran fährt trotz Atomverhandlungen Urananreicherung weiter hoch
https://www.boersennews.de/nachrichten/ ... h/3350656/

Eigentlich ist es erkennbar der Iran spielt Spielchen und die Welt macht mit. Mal eine andere Tonart spielen könnte hilfreich sein
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Tom Bombadil »

Cobra9 hat geschrieben:(02 Dec 2021, 21:10)

Mal eine andere Tonart spielen könnte hilfreich sein
Das kann die EU nicht.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Cobra9 »

Tom Bombadil hat geschrieben:(02 Dec 2021, 21:14)

Das kann die EU nicht.

Können schon. Wollen nicht
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Es sieht danach aus, als wenn der iranische Vorschlag auf eine sehr negative Reaktion der Gegenseite trifft. Offenbar hat man bereits geschlossene Kompromisse wieder aufgekündigt und eine sehr harte Haltung eingenommen, die bisherigen Fortschritten widerspricht. Die Gespräche sind jetzt erstmal bis nächste Woche unterbrochen. Es ist denkbar, dass sie dann auch nächste Woche bereits zu Ende sind und das iranische Atomprogramm dann wieder Thema im UN-Sicherheitsrat wird. Mit der Haltung bereits geschlossene Kompromisse wieder aufzukündigen könnte man sich verspekuliert haben, denn damit stößt man auch China und Russland vor den Kopf, die sich dafür ausgesprochen haben, bereits gemachte Fortschritte beizubehalten. Bei einer entsprechend mild formulierten UN-Sicherheitsratsresolution könnten diese sich womöglich enthalten. Es ist gut möglich, dass der Iran bei einem Abbruch der Gespräche auch offiziell aus dem JCPOA aussteigt und dann hätte sich das Thema fürs Erste erledigt. In dem Fall ist dann wieder mit Sabotageaktionen und womöglich einer Militäraktion durch Israel zu rechnen.
VIENNA, Dec 3 (Reuters) - Indirect U.S.-Iranian talks on salvaging the 2015 Iran nuclear deal teetered on the brink of crisis on Friday as they broke off until next week with European officials expressing dismay at the demands of Iran's new hardline administration.

The seventh round of talks in Vienna is the first with delegates sent by Iran's anti-Western President Ebrahim Raisi. His election in June caused a hiatus in the talks of five months, heightening suspicions among U.S. and European officials that Iran is playing for time while its makes nuclear advances.

The Iranian delegation under nuclear negotiator Ali Bagheri Kani has proposed sweeping changes to the text of an agreement negotiated in previous rounds, diplomats said. European officials have balked at the proposed changes to a painstakingly drafted text that they say is 70-80% finished.

"Over five months ago, Iran interrupted negotiations. Since then, Iran has fast-forwarded its nuclear program. This week, it has back-tracked on diplomatic progress made," senior officials from France, Britain and Germany said in a statement, adding that Iran was demanding "major changes" to the text.

It is "unclear how these new gaps can be closed in a realistic time frame", they added.

The three European powers expressed "disappointment and concern" at Iran's demands, some of which they said were incompatible with the deal's terms or went beyond them.[...]
Iran nuclear talks on brink of crisis as they adjourn until next week
https://www.reuters.com/world/middle-ea ... 021-12-03/
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Cobra9 »

Platon hat geschrieben:(03 Dec 2021, 20:22)

Es sieht danach aus, als wenn der iranische Vorschlag auf eine sehr negative Reaktion der Gegenseite trifft. Offenbar hat man bereits geschlossene Kompromisse wieder aufgekündigt und eine sehr harte Haltung eingenommen, die bisherigen Fortschritten widerspricht. Die Gespräche sind jetzt erstmal bis nächste Woche unterbrochen. Es ist denkbar, dass sie dann auch nächste Woche bereits zu Ende sind und das iranische Atomprogramm dann wieder Thema im UN-Sicherheitsrat wird. Mit der Haltung bereits geschlossene Kompromisse wieder aufzukündigen könnte man sich verspekuliert haben, denn damit stößt man auch China und Russland vor den Kopf, die sich dafür ausgesprochen haben, bereits gemachte Fortschritte beizubehalten. Bei einer entsprechend mild formulierten UN-Sicherheitsratsresolution könnten diese sich womöglich enthalten. Es ist gut möglich, dass der Iran bei einem Abbruch der Gespräche auch offiziell aus dem JCPOA aussteigt und dann hätte sich das Thema fürs Erste erledigt. In dem Fall ist dann wieder mit Sabotageaktionen und womöglich einer Militäraktion durch Israel zu rechnen.

Iran nuclear talks on brink of crisis as they adjourn until next week
https://www.reuters.com/world/middle-ea ... 021-12-03/

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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Ich gehe eigentlich im Moment davon aus, dass eine Neuauflage des JCPOA mit dem jüngsten iranischen "Angebot" vom Tisch ist. Jetzt kommt es für die USA und Europäer darauf an sich zu positionieren, dass man nicht für das Scheitern der Gespräche verantwortlich gemacht werden kann und die größtmögliche Unterstützung/Toleranz von China/Russland im UN-Sicherheitsrat hat. Es ist auch noch möglich, dass es noch zu einem "kleinen" Interimsabkommen kommt. Das würde am Ende darauf hinauslaufen, dass der Iran auf Teile seines Atomprogramm ein Preisschild klebt. 60% Anreicherung stoppen. Also das werden dann mindestens mal die in Südkorea eingefroenen Milliarden sein müssen. Es ist dann ein ähnlicher Kuhhandel wie die Geiseldiplomatie, wo man auch jahrelang Geiseln hält bis der betroffene westliche Staat bereit ist die gestellten Forderungen zu erfüllen. Gut möglich, dass die Iraner es von Anfang an genau darauf abgesehen hatten, weil sie so Geld und Sanktionserleichterungen bekommen, ohne politische Zugeständnisse oder Zusagen zu weiteren Verhandlungen machen zu müssen. Das wäre auch eine Erklärung für das ständige Beharren auf Maximalforderungen.
Die Frage ist ob nicht doch irgendwann der Strategiewechsel kommt und der Westens komplett auf Maximum Pressure einschwenkt.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Wenn man sich die jüngsten Reaktionen anschaut, dann scheint es mir so zu sein, dass die Iraner ihre Karten überreizt haben. Das was sie offenbar machen wollten hat ihr Verhandlungsführer so dargestellt:
[...]In an exclusive interview with Al Jazeera in the Austrian capital, Ali Bagheri Kani said on Friday Iran would deliver a third proposal once the first two it submitted the previous day were accepted.

“Iran’s proposals to the world powers cannot be rejected. They are based on the provisions of the 2015 agreement,” he said, adding that all nuclear-related US sanctions should be removed immediately.

On Thursday, the lead negotiator had said the two proposals were related to “the lifting of sanctions” and “Iran’s nuclear actions”, both main issues facing the JCPOA.

“Now the other side must examine these documents and prepare itself to hold negotiations with Iran based on these documents,” he told state media.

Reporting from Vienna, Al Jazeera’s Ali Hashem said “the third proposal is going to be mainly on the verification process and the guarantees Iran is requesting from the world powers in order to revive the nuclear deal”.[...]
https://www.aljazeera.com/news/2021/12/ ... e-rejected

Das war der Plan. Der Iran übergibt neue Dokumente, über die man in den Arbeitsgruppen verhandelt. Der Startpunkt beginnt bei iranischen Maximalforderungen und man lässt sich dann runterhandeln und wenn die USA einen Deal wollen, dann werden sie eine Menge Zugeständnisse machen müssen. All diese Verstöße in den letzten 2-3 Jahren sollten letztlich genau dahin führen. Man wollte möglichst viel Verhandlungsmasse haben, damit man selbst, auch wenn man Zugeständnisse macht, am Ende noch besser darsteht als vorher (=2015, JCPOA). Und die USA waren bereit sich darauf einzulassen, weil man nämlich selbst auch sehr viel Verhandlungsmasse mit den Sanktionen hat und es am Ende darum geht dem Iran den Weg zur Atomwaffe zu versperren und man ist letztlich bereit sich auf einiges an Zugeständnissen einzulassen, solange dieser letzte Schritt dem Iran nachvollziehbar versperrt bleibt. Dazu kommt, dass die Iraner nicht ganz Unrecht mit ihrer Rhetorik haben, dass die Welt durch den Aufstieg Chinas eine andere geworden ist und die USA sich auf den Konflikt mit China konzentrieren und sich aus der Region rund um Iran zurückziehen wollen. Der Afghanistan-Abzug und der Versuch einer diplomatischen Lösung mit Iran sind zwei Schritte um diesen langfristigen Strategiewechsel zu erzielen. Das heißt man geht davon aus, dass die USA und insbesondere Biden - der sich ja schon in Afghanistan blamiert hat - letztendlich zu Kompromissen bereit sind, sofern man die wirklich zentralen Punkte erreicht. Also das der Schritt zur Atomwaffe nachvollziehbar versperrt bleibt.

In Wien hatte man von März bis Juni 6 Verhandlungsrunden und offenbar wurden dabei verschiedene schwierige Kompromisse zwischen beiden Seiten erarbeitet. Dabei wurde natürlich noch nichts beschlossen, aber man kam zu verschiedenen Themen zu Lösungen, die für beide Verhandlungsteams in Ordnung waren. Was die Iraner jetzt gemacht haben, war dass sie diese Kompromisse genommen und ihren eigenen Anteil zurückgenommen, den Anteil der anderen Seite aber als selbstverständlich genommen haben. Dazu wollen sie Sanktionen aufheben, die beim besten Willen nichts mit dem Atomprogramm zu tun haben. So hat es jedenfalls ein Sprecher des US-Außenministeriums ausgedrückt:
[...]And, of course, most importantly or most visibly while we were in Vienna, what getting ready meant was to come with proposals that walked back anything – any of the compromises that Iran had floated during the sixth round of talks, pocket all of the compromises that others and the U.S. in particular had made, and then ask for more; in other words, not come back with a serious proposal about how we could resume mutual compliance with the JCPOA, but raising issues that go beyond the JCPOA, and on their side not being prepared to take the steps that, again, I think not just the U.S., not just the U.S. and E3, but all of the P5+1 thought was a reasonable basis to resume talks. And so I think you’ve heard from other of our colleagues – as I said, not just the Europeans, but the Russians and Chinese – some impatience that after all this time what Iran came back with was to walk back anything that they had floated and to assume that they could pocket all of the compromises that others had made.[...]
https://www.state.gov/briefing-with-sen ... poa-talks/

Und das sind halt keine Maximalforderungen, sondern das ist einfach nur bescheuert und die europäischen Diplomaten sind ja dann auch einfach abgereist ohne diese Vorschläge mit einer Antwort zu würdigen. Verarschen können sie sich auch alleine und der Tenor von europäischen Diplomaten und aus den USA ist ja, dass die Iraner das ja wohl nicht ernst meinen können und offenbar nicht seriös sind.

Wenn ich mir aber die Statements von Bagheri Kani so anschaue und bedenke, dass die iranische Delegation 40 Leute stark war und ein Haufen Offizieller umfasste aus dem iranischen Finanzsektor wie z.B. ein ehemaliger Chef der iranischen Zentralbank. Dann denke ich schon, dass , die angereist sind um sehr ernsthaft vor allem über die Details zu sprechen, wie die Sanktionen aufgehoben werden könnten. Denn darüber wollten sie offenbar in Wien sprechen: Wann und wie die Sanktionen aufgehoben werden und die Maximalforderungen sollten am Ende zu einem guten Ergebnis führen, dass viele Sanktionen aufgehoben werden.
[...]The presence of "prominent experts and officials involved with the phenomenon of unjust sanctions in recent years" and the new team's "considerable differences" with the negoting team in the previous administration demonstrates Iran's resolve for a "clear-cut and complete political and economic agreement," the official news agency (IRNA) wrote Sunday.

The new team consists of Reza Najafi, deputy foreign minister for legal and international affairs and Iran's former envoy to the IAEA. The rest are banking and financial experts: Ebrahim Shaybani, former Central Bank governor, Gholamreza Panahi, Central Bank deputy governor for international affairs, Ali Fekri, deputy economy minister and head of the Investment Organization, Ahmad Asadzadeh, caretaker of oil ministry's international and trade department, and Mehdi Safari, the economic diplomacy deputy of the ministry of foreign affairs.

Nearly all the team's members have also served as envoys or representatives to international organizations in the past.[...]
https://www.iranintl.com/en/20211128550215

Diese Leute sind auch bezüglich dessen von Bedeutung, wenn es um Details über die Verifikation der Sanktionserleichterungen geht. Weil den Iranern ist ja nicht entgangen, dass die Sanktionen zwar 2015 "aufgehoben" wurden aber trotzdem de facto viele Sanktionen beibehalten wurden. Denn die Firmen haben erstmal abgewartet wie die Lage sich entwickelt und man konnte z.B. als Privatmensch nie im Iran auf Konten im Ausland zugreifen. Das wäre natürlich bei einem Deal jetzt nochmal stärker der Fall, weil man erstmal die Wahlen in den USA abwarten muss und die Iraner hatten da offenbar ein paar Ideen, wie man trotz dieser Unsicherheiten Sanktionen effektiv aufheben könnte. Es war eine Neuheit bei dieser Verhandlungsrunde, dass der Iran ein eigenes Dokument vorbereitet hatte, wie man sich das mit der lange geforderten und nie wirklich konkretisierten Verifikation der Aufhebung von Sanktionen denn vorstellt. Dieses Dokument sollte eigentlich als Drittes übergeben werden, dazu kam es jetzt aber nicht, weil die Europäer nach den ersten beiden Dokumenten bereits abgereist sind.

Dazu sind die Leute aus dem iranischen Finanzsektor natürlich auch die Leute, mit denen man reden muss, wenn es darum geht ein Interimsabkommen zu schließen. Also ein Teilabkommen, wo die Iraner auf einen Teil ihrer Verstöße verzichten und dafür dann Sanktionserleichterungen bekommen. In einem Interview (bei 1:16) wurde der iranische Verhandlungsführer Bagheri-Kani gefragt, ob er sich das vorstellen könnte und die Reaktion darauf war vielsagend. Denn er war ziemlich überrascht, dass ihm die Frage gestellt wurde und seine Antwort war die Frage, ob die USA einen solchen Vorschlag unterbreitet haben. Die Antwort des Interviewers war, dass man es hat durchblicken lassen und er sagt dann, dass er über einen solchen Vorschlag nicht informiert ist. Das ist alles andere als ein Nein und mir scheint, dass die Iraner genau das wollten bzw. wollen. Weil sie nämlich auf der einen Seite unbedingt Sanktionserleichterungen brauchen um den eigenen Staatshaushalt finanzieren zu können, auf der anderen Seite aber offenbar wenig motiviert sind eine komplette Rückkehr der USA zum JCPOA herbeizuführen. Weil das würde dann innenpolitisch einen großen politischen Preis kosten, man müsste Khamenei überzeugen, vermutliche praktisch alle nuklearen Fortschritte der letzten Jahre wieder abbauen und es stellt sich die Frage, ob das Sanktionstechnisch überhaupt so richtig viel bringt wegen der innenpolitsichen Situation in den USA. Dazu müsste man dann womöglich auch noch weitere Verpflichtungen zu Gesprächen über die regionale Rolle des Iran etc. eingehen. Auf all diese Dinge hat die Raisi-Regierung wohl wenig Lust und es ist daher für den Iran schon sehr attraktiv ein Teilabkommen zu schließen, wo man schnelle und effektive Sanktionserleichterungen bekommt für überschaubare Zugeständnisse im Atomprogramm. Das wären ja hauptsächlich dann die Verstöße der letzten Jahre, womit der Iran dann weiterhin in einer besseren Situation ist. Realistische Sanktionen die schnell wirken und ein Atomprogramm das stärker ausgebaut ist als im vollständig gültigen JCPOA. Es spricht nach meinem Dafürhalten einiges dafür, dass bei der iranischen Delegation genau das die Strategie war. Eine Einigung zum JCPOA erschweren und eine gute Ausgangsposition für ein Teilabkommen bekommen, was dann als schneller Erfolg verkauft werden kann.

Aber anstatt aus einer starken Position die Details der Sanktionserleichterungen zu besprechen und sich langsam von Maximalforderungen runterhandeln zu lassen haben sie mit ihren Vorschlägen die anderen Teilnehmer der Verhandlungen so vor den Kopf gestoßen, dass die Europäer einfach nur mit den Köpfen geschüttelt haben und nach Hause gefahren sind. Da hat die neue iranische Delegation jetzt einfach den Bogen überspannt, zu hoch gepokert, die Karten überreizt und hat einen diplomatischen Patzer begangen.

Es ist jetzt die Frage, ob da nächste Woche wirklich nochmal was kommt. Die Iraner verlangen von den Europäern eine offizielle Antwort auf ihre Vorschläge, aber Macron hat die Tage bei einem Besuch in den Emiraten schonmal durchblicken lassen, dass womöglich eine längere Pause folgen wird:
The Vienna talks were not successful, French President Emmanuel Macron said Friday, one day after the conclusion of the first round.

Macron, speaking at the UAE, asserted that the next round of talks could possibly "not reopen swiftly," warning that there could be a longer break in the talks that resumed on November 29.

"I think it's probable that this round of negotiations, given the positions, does not succeed," Macron said from Dubai. "It is most likely that these negotiations do not continue in the short term."
https://english.almayadeen.net/news/pol ... ul:-macron

Aber es ist klar, dass die Iraner sich bewegen müssen, wenn es eine Fortsetzung der Gespräche geben soll. Natürlich müssen sie zumindest einen großen Teil wenn nicht alle der kritisierten Änderungen zurücknehmen und einen enormen Gesichtsverlust hinnehmen. Womöglich braucht es auch weitere Zugeständnisse, zum Beispiel gibt es die Forderung der IAEA die Anlage in Karaj wieder zu überwachen, welche mutmaßlich von Israel per Drohne in die Luft gesprengt wurde. Die Iraner weigern sich da wieder Kameras installieren zu lassen, was die IAEA mit Nachdruck fordert. Ein Zugeständnis da würde die iranische Verhandlungsposition zum JCPOA nicht beeinträchtigen und wäre eine positive Geste an die Gegenseite. Es sind jetzt vor allem Russland und China gefragt die Iraner zu überzeugen das zu machen. Wenn sie auf ihren ursprünglichen Positionen beharren braucht es nächste Woche keine weitere Sitzung, weil die dann nämlich im offiziellen Scheitern der Gespräche enden würde und dann müsste die Sache vor den UN-Sicherheitsrat.

Wie auch der Weg zum Krieg jetzt sehr kurz scheint, weil der Iran reichert bereits sehr hoch an (60%) und wenn sie das weiter machen und insbesondere den Anreicherungsgrad nochmal auf waffenfähiges Niveau aus lauter Trotz erhöhen, dann muss Biden und Israel die Atomanlagen bombardieren, weil man nämlich genau das seit Jahrzehnten ankündigt für den Fall, dass es so weit kommt.

Man muss jetzt abwarten was passiert, aber die Iraner haben sich offenbar verspekuliert. Wie es dazu kommen konnte ist eigentlich recht klar. Weil die Leute die da jetzt federführend sind, scharren schon seit Monaten mit den Hufen und wollen ihren Vorgängern der Rohani-Regierung mal zeigen, wie man so richtig erfolgreich und standhaft mit den USA und dem Westen verhandelt. Sie sind der Meinung, dass die USA geopolitisch auf dem absteigenden Ast sind und sich am Ende auf fast alles einlassen, während man selbst den Schulterschluss mit einer neuen asiendominierten geopolitischen Ordnung sucht, d.h. Russland und China. Die Vorgänger waren ja alle vom Westen verführte Schwächlinge, die sich zu viele Kompromisse abringen lassen. Man selbst kann ja größtenteils nicht mal Englisch und ist vor allem in seiner Position, weil man ideologisch besonders strikt ist und zu allem Ja und Amen sagt was Khamenei sich wünscht. Ihre Vorgänger im Außenministerium waren natürlich auch keine Dissidenten, aber sie hatten aufgrund ihrer Ausbildung etc. die in nicht wenigen Fällen im Westen erfolgte, zumindest einen Sinn für Realismus, was bei hochkarätigen internationalen Verhandlungen geht und was einfach nur ideologisch-motivierte Deppertheit und Ja-Sagerei zu allem was Khamenei sich wünscht ist. Letzeres hat jetzt faktisch zu einem Zusammenbruch der diplomatischen Verhandlungen geführt, was natürlich Gespräche über das von ihnen selbst vermutlich gewollte Interimsabkommen mit einschließt. Man wird sich aber mittelfristig sicher nochmal treffen und sich dann womöglich auf irgendwas einigen können. Für den Moment hat man aber mal ordentlich ins Klo gegriffen und musst jetzt erstmal Lehrgeld zahlen.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Kohlhaas »

Platon hat geschrieben:(05 Dec 2021, 18:14)

Wenn man sich die jüngsten Reaktionen anschaut, dann scheint es mir so zu sein, dass die Iraner ihre Karten überreizt haben. Das was sie offenbar machen wollten hat ihr Verhandlungsführer so dargestellt:

https://www.aljazeera.com/news/2021/12/ ... e-rejected

Das war der Plan. Der Iran übergibt neue Dokumente, über die man in den Arbeitsgruppen verhandelt. Der Startpunkt beginnt bei iranischen Maximalforderungen und man lässt sich dann runterhandeln und wenn die USA einen Deal wollen, dann werden sie eine Menge Zugeständnisse machen müssen. All diese Verstöße in den letzten 2-3 Jahren sollten letztlich genau dahin führen. Man wollte möglichst viel Verhandlungsmasse haben, damit man selbst, auch wenn man Zugeständnisse macht, am Ende noch besser darsteht als vorher (=2015, JCPOA). Und die USA waren bereit sich darauf einzulassen, weil man nämlich selbst auch sehr viel Verhandlungsmasse mit den Sanktionen hat und es am Ende darum geht dem Iran den Weg zur Atomwaffe zu versperren und man ist letztlich bereit sich auf einiges an Zugeständnissen einzulassen, solange dieser letzte Schritt dem Iran nachvollziehbar versperrt bleibt.
Ich kann keine Indizien dafür entdecken, dass in den USA jemals die Bereitschaft bestand, sich auf dieses Spiel einzulassen. Unter Trump haben die USA den Vertrag aufgekündigt. Das hat im Senat und im Kongress auch keine Proteststürme ausgelöst. Die Haltung, dass der Vertrag zu "lasch" war, ist in den USA mehrheitsfähig.

Die iranische Delegation tut so, als würde sie einem milderen Vertrag zustimmen können. Das ist aber nur ein Trick. Iran will gar keinen neuen Vertrag. Iran spielt nur auf Zeit. Wie schon mehrfach geschrieben: Es wird keinen neuen Atomdeal geben.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Also mit USA meine ich natürlich allein die Biden-Regierung und man verhandelte ja drei Monate mit dem Iran darüber, dass sie ihre Sachen wieder zurücknehmen.
Und bezüglich des Interimdeals gab es offenbar schon die Überlegung, dass man einen europäischen Vorschlag in die Richtung sehr ernst nimmt.

Scoop: U.S. floats interim Iran nuclear deal
https://www.axios.com/us-floats-interim ... 0829b.html

Wie gesagt halte ich einen solchen für die iranische Seite für eine ziemlich attraktive Sache. Ich bin nicht der Ansicht, dass man am Ende eine Atombombe bauen will, sondern es geht dem Iran primär darum mit möglichst wenig Zugeständnissen möglichst viele Sanktionen aufheben zu lassen. Man sieht sich ja vor allem in einem geopolitisch-ideologischen Ringen mit den USA in der Region und in dieser Perspektive handelt man auch im Atomstreit.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Kohlhaas »

Platon hat geschrieben:(05 Dec 2021, 18:37)

Also mit USA meine ich natürlich allein die Biden-Regierung und man verhandelte ja drei Monate mit dem Iran darüber, dass sie ihre Sachen wieder zurücknehmen.
Und bezüglich des Interimdeals gab es offenbar schon die Überlegung, dass man einen europäischen Vorschlag in die Richtung sehr ernst nimmt.

Scoop: U.S. floats interim Iran nuclear deal
https://www.axios.com/us-floats-interim ... 0829b.html
Nochmal: Weder bei den Demokraten noch bei den Republikanern in den USA hat es meiner Kenntnis nach auch nur andeutungsweise die Bereitschaft gegeben, hinter den Bedingungen des aufgekündigten Atomdeals zurückzubleiben. Welche "Interimslösungen" denkbar erschienen, wenn die Aussicht auf weitergehende Vereinbarungen besteht, ist eine andere Frage.
Wie gesagt halte ich einen solchen für die iranische Seite für eine ziemlich attraktive Sache.
Wie sich gerade zeigt, sieht die iranische Seite diese Sache als gar nicht so attraktiv an.
Ich bin nicht der Ansicht, dass man am Ende eine Atombombe bauen will, sondern es geht dem Iran primär darum mit möglichst wenig Zugeständnissen möglichst viele Sanktionen aufheben zu lassen. Man sieht sich ja vor allem in einem geopolitisch-ideologischen Ringen mit den USA in der Region und in dieser Perspektive handelt man auch im Atomstreit.
Wenn das so wäre, müsste man doch sofort auf die Grundfrage kommen: Wenn Iran keine Atombombe will, warum widersetzt er sich dann so hartnäckig einem für das Land äußerst vorteilhaften Vertrag? "Geoplitische" Fragen spielen natürlich eine Rolle. Aber selbst den irren Fanatikern in Teheran sollte doch langsam klar geworden sein, dass die USA Israel nicht sich selbst und der Willkür iranischer Mullahs überlassen werden.

Und bei all dem ist immer noch zu beachten, dass Iran gar nicht mit den USA verhandelt. Direkte Gespräche mit den USA schließen die Mullahs kategorisch aus.

Es gibt für diese "Verhandlungsposition" nur eine Erklärung: Iran will die Atombombe und versucht nun so viel Zeit zu schinden, dass der Bau dieser Waffe möglich wird.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Heute fand dann doch wieder eine Sitzung in Wien statt. Die Sitzung war sehr kurz und keine Stunde lang. Der iranische Verhandlungsführer hat seine unveränderte Position vorgetragen und man will dann jetzt in den Arbeitsgruppen über den Vorschlag der Iraner reden. Die iranische Seite hat ja immer betont, dass sie den eigenen Vorschlag als Verhandlungsgrundlage verstehen, was natürlich impliziert, dass sie nicht auf diesen Positionen bis zum Schluss bestehen werden. Es wird jetzt darauf ankommen wie flexibel die Iraner sich in den Arbeitsgruppen präsentieren und ob eine Einigung in absehbarer Zeit möglich scheint. Denn die Rhetorik der europäischen Diplomaten und der USA spielt genau darauf an, dass man nicht mehr allzu lange verhandeln möchte. Sie wollen damit den Druck auf die iranischen Unterhändler erhöhen sich jetzt zügig auf die europäische Position zuzubewegen, damit man nicht die Gespräche abbricht mit dem Verweis, dass der Iran sie nur als Mittel nutzt um das eigene Atomprogramm auszubauen und so immer mehr Verhandlungsmasse anzuhäufen. Dieses Problem ließe sich recht schnell lösen durch ein Interimsabkommen, in dem der Iran sein Atomprogramm einfriert und dafür Gelder freigegeben werden.

Gleichzeitig kommt aus den USA mittlerweile Töne, dass man zwar den diplomatischen Weg bevorzugen würde, aber auch bereits konkrete Schritte einleitet für den Fall, dass die Gespräche in Wien nicht in absehbarer Zeit zum gewünschten Ergebnis führen. Der erste Schritt, den die US-Regierungssprecherin auch bereits konkret angekündigt hat ist die stärkere Umsetzung der Sanktionen. Eine hochrangige Delegation der USA wird in die Emirate reisen, weil Firmen in dem Land zentral sind für das Unterlaufen der Sanktionen.

Es gibt aber auch hochrangige Kontakte der Verteidigungsminister von Israel und den USA über gemeinsame Militärmanöver, die ganz offen einen Angriff gegen das iranische Atomprogramm simulieren sollen, ebenso wird es nach Berichten eine große Übung im Mittelmeer mit dutzenden israelischen Flugzeugen im Frühling geben. Es ist also zu erwarten, dass es in den nächsten Monaten zu konkreten Vorbereitungen eines Militärschlags kommen wird. Die USA können dann die Kräfte, die in Afghanistan frei wurden dafür verwenden.

Weil es ist ja schon klar, dass wenn die Europäer und die Biden-Administration beschließen, dass man diplomatisch nicht weiterkommt, man versuchen wird den Iran endgültig in die Staatspleite zu treiben und wenn man es tatsächlich wagt auf 90% anzureichern, dann wird es einen militärischen Angriff geben. Eine entsprechende Eskalation wäre im Laufe des nächsten Jahres denkbar.

Aber im Moment ist man in einer Situation, wo die Einsätze auf beiden Seiten erhöht werden und eine diplomatische Lösung oder ein Einfrieren des Konflikts defintiv (noch) möglich ist.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Sieht so aus, als wenn die Iraner sich doch der Realität haben stellen müssen, der russische Gesandte in Wien schreibt auf Twitter:
The #ViennaTalks will proceed from drafts elaborated by June 20 ( the end of the sixth round). But the new Iranian ideas must be properly discussed and thoroughly considered. This is an edict in multilateral diplomacy.
https://twitter.com/Amb_Ulyanov/status/ ... 3637864449
[...]
The Russian ambassador to the talks, Mikhail Ulyanov, said: “We managed to eliminate a number of misunderstandings that created some tension. Everyone confirmed their commitment to productive work [to restore the nuclear agreement].”
[...]
European diplomats admitted on the eve of the talks that some factions in Iran wanted to pull out of the nuclear deal. But Russia claimed Iran turned up on Thursday with a revised approach and a willingness to negotiate on texts agreed during the first round of talks that ended in June, rather than a wholly new set of proposals on sanctions and compliance with the 2015 deal tabled by Iran last week.

The Iranian chief negotiator, Ali Bagheri, also sounded more upbeat, saying: “What I felt today was different from what I had felt last Friday. I felt other parties have a more serious will to enter effective and result-oriented talks … What Iran proposed last week reflected its views on 20 June draft. We’ll continue talking.”

The EU diplomats had been privately placing faith in Russia, and to a lesser extent China, privately persuading Iran that its new demands on a wider US lifting of economic sanctions relief were unrealistic.
vhttps://www.theguardian.com/world/2021/dec/09/i ... -in-vienna

Das sieht mir nach einer mehr oder weniger gesichtswahrenden Lösung aus, bei der der Iran de facto gezwungen wurde einen Rückzieher zu machen, das aber selbst natürlich nicht offen so sagt. Nach der Aussage von Ulyanov wird der Iran aber jetzt grundsätzlich erstmal die gefundenen Kompromisse akzeptieren. Und davon ausgehend wird dann verhandelt, ohne jetzt nochmal über jedes Detail feilschen zu müssen. Man wird jetzt im Verlaufe der nächsten Woche sehen, ob das zu irgendwas führt. Man scheint aber für den Moment erstmal davon abgerückt zu sein, dass ein sofortiges Scheitern der Gespräche im Raum steht.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Kohlhaas »

Platon hat geschrieben:(10 Dec 2021, 09:32)
Das sieht mir nach einer mehr oder weniger gesichtswahrenden Lösung aus, bei der der Iran de facto gezwungen wurde einen Rückzieher zu machen, das aber selbst natürlich nicht offen so sagt.
Dann sagen wir es doch mal ganz offen: Bei der "gesichtswahrenden" Lösung geht es bislang nur um die Frage, ob und wie überhaupt verhandelt wird. Inhalte sind noch gar kein Thema. Diese "Verhandelungen" sind eine Farce.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Cobra9 »

Kohlhaas hat geschrieben:(10 Dec 2021, 13:36)

Dann sagen wir es doch mal ganz offen: Bei der "gesichtswahrenden" Lösung geht es bislang nur um die Frage, ob und wie überhaupt verhandelt wird. Inhalte sind noch gar kein Thema. Diese "Verhandelungen" sind eine Farce.

Richtig. Und letztlich ist so. Entweder der Iran macht einen Deal neu oder die Alternative ist Eskalation bis hin zu einer militärischen Aktion anderer Länder.

https://m.tagesspiegel.de/politik/atomg ... gle.com%2F
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Am Montag den 27.12 wird die nächste Verhandlungsrunde in Wien beginnen. Bei der siebten Runde konnte ein Scheitern der Gespräche verhindert und die neue iranische Delegation an den Verhandlungsstand vor der Wahl von Raisi herangeführt werden, wenngleich einige der neuen iranischen Forderungen Teil der Gespräche wurden. Es gibt offenbar einen Text der diesen neuen Verhandlungsstand beinhaltet und den alle Verhandlungsteilnehmer mündlich zugestimmt haben und der Grundlage der weiteren Gespräche ist.

Dabei zeigt sich, dass aus den USA und Europa die Rhetorik kommt, dass die Zeit für die Gespräche abläuft und man möglichst schnell in den nächsten Wochen zu einer Lösung kommen will, angesichts der beständigen Weiterentwicklung des Atomprogramms.
[...]"At some point in the not-so-distant future, we will have to conclude that the JCPOA is no more, and we'd have to negotiate a wholly new different deal, and of course we'd go through a period of escalating crisis," Malley, who is indirectly negotiating with Iran a return to the Joint Comprehensive Plan of Action, the formal name for the agreement.

On Friday, the seventh round of nuclear talks between Iran and the remaining parties to the JCPOA ended in Vienna with little visible movement toward a new agreement. It is unclear when talks might resume, but, Malley said, "we hope relatively soon."

Malley also said Iran is nearing the capability to develop a nuclear weapon in the near future.

"If they continue at their current pace, we have some weeks left but not much more than that, at which point, I think, the conclusion will be that there's no deal to be revived," he said.[...]
US Special Envoy for Iran warns of 'escalating crisis' if talks fail to revive Iran nuclear deal

Unterdessen ist der Sicherheitsberater von Biden nach Israel geflogen und hat dort mit Bennett/Lapid/Gantz gesprochen.
[...]Sullivan sketched out three possible near-term scenarios on Iran’s nuclear program in the meetings, two officials say:

An agreement within the next several weeks to return to full compliance with the 2015 deal, which he was skeptical would be achieved.
A “freeze for freeze” interim agreement to stop Iran from further accelerating its program.
No deal and new sanctions and pressure on Iran.[...]
Inside Jake Sullivan's meetings in Israel on Iran

Es scheint mir darauf hinauszulaufen, dass die Rhetorik von USA/EU den Iran dazu drängen soll, zumindest einem solchen Interimsabkommen zuzustimmen ohne das die EU/USA die Gespräche spätestens im Frühjahr abbrechen würden. Allerdings stellt sich natürlich die Frage, wie viel der Iran für das Einfrieren des Atomprogramms und einem Ende weiterer Eskalationen bekommen soll. Ich vermute mal genug um den Haushalt der nächsten 1-2 Jahre zu finanzieren, also eine Freigabe von Geldern z.B. in Südkorea im Milliardenbereich. Das wäre aber natürlich ein Szenario, wo der Iran viel Geld dafür bekommt, dass er etwas macht, was andernfalls zu einem Ende der Gespräche, mehr Sanktionen und eine mögliche militärische Eskalation führen würde. Ein solches Szenario zu verhindern, wäre auch im Interesse des Iran, ohne dass er viel Geld dafür bekommt. Es ist daher leicht für Israel zu argumentieren, dass man mit einem solchen Interimsabkommen dem Iran Sanktionserleichterungen gewährt ohne wirklich etwas dafür zu bekommen, also ein Zurückfahren der bisherigen Verstöße. Die Iraner wiederum würden natürlich lieber alle Sanktionen aufheben lassen, anstatt nur wenige davon und werden versuchen den Preis für das Einfrieren hochzutreiben. Weil es ist ja klar, dass damit ein Status Quo eintritt, bei dem dann für alle klar ist, dass ein kurzfristiger Abschluss der Verhandlungen sehr unwahrscheinlich ist. Da ist dann die Frage, was der Iran überhaupt davon hätte z.B. in einem Jahr ein Abkommen zu schließen aus dem die USA in drei Jahren dann wieder aussteigen. Die Iraner sind angetreten um möglichst viele, möglichst alle Sanktionen aufheben zu lassen und was sie für ein Einfrieren des eigenen Atomprogramms bekommen wäre angesichts dieses Auftrags kein großer Erfolg. Allerdings ist angesichts der Einstellung bzw. Vorstellungen der neuen iranischen Verhandlungsdelegation eine Rückkehr der USA zum JCPOA in den nächsten Wochen sehr unwahrscheinlich.

Das zu einem Zeitpunkt, wo der innenpolitische Druck im Iran in Wien zu einer Lösung zu kommen enorm groß ist, weil die Islamische Republik sich selbst eigentlich nicht mehr finanzieren kann und überall im Land Proteste stattfinden z.B. ganz tagesaktuell vor allem der Lehrer oder wegen ökologischer Probleme, d.h. dem Mangel an Wasser und Elektrizität. Das Regime kann sich derzeit nur noch durch Revolutionsgarden und Geheimdienst, d.h. repressive Mittel, an der Macht halten, das war vor 10 Jahren in dieser Form noch nicht der Fall. Wobei auch klar ist, dass eine Einigung in Wien keineswegs alle Probleme des Iran lösen würde, weil die Sanktionen a) gesamtwirtschaftlich nur sehr langsam ihren vollen Effekt entfalten würden und b) die Probleme teils grundsätzliche Ursachen haben, wie z.B. der Klimawandel, Armut, Korruption. Es ist aber schwer vorstellbar, dass der Iran diese Probleme ohne Sanktionserleichterungen angehen kann.
To appreciate the significance of a nuclear deal revival for Iran, one need only cast a cursory glance at the grave economic, foreign-policy, security, and environmental crises plaguing the country today. Without a functioning deal that keeps U.S. sanctions lifted, if only for a few years, no Iranian government can hope to adequately respond to most—if not all—of these challenges.

Consider first Iranian President Ebrahim Raisi’s ambitious economic promises. They include constructing 1 million housing units per year; taming runaway inflation, which he has described as his government’s “redline”; resolving “once and for all” the financial woes of Iran’s teachers; neutralizing the impact of currency volatility on the lives of ordinary Iranians; creating 1 million new jobs; and tackling power outages. Even a partial fulfilment of these ambitious goals will prove highly unlikely so long as the full force of U.S. sanctions continues to choke the economy, despite the Raisi administration’s questionable rhetoric that a “Look to the East” policy alone can act as a countermeasure against U.S. sanctions and hegemony, and that economic prosperity can be decoupled from the nuclear talks.

To be sure, sanctions relief alone is not the panacea for all of Iran’s economic woes. There are also other barriers to its economic growth and the normalization of trade relations with the rest of the world. Nor can sanctions singlehandedly bring about the total collapse of the economy. The country has in recent years shown itself able, ultimately, to withstand sanctions. But sanctions do serve as a key bottleneck in Iran’s economic development, ensuring that the country is continuously kept in survival mode, thereby denying it access to capital, trade, and investment. [...]
Iran Can’t Afford to Delay a Deal

Es ist daher durchaus möglich, dass die achte oder neunte Runde in Wien mit einem solchen Interimsabkommen endet und damit zumindest eine ökonomische und möglicherweise sogar militärische Eskalation im Laufe des Jahres 2022 abgewendet wird. Sollte es aber nicht dazu kommen ist eine Eskalation zu erwarten. Entsprechende Vorbereitungen sind ja in Arbeit. Die USA und Israel werden Druck auf die Vereinigten Arabischen Emirate ausüben dem Iran nicht länger ein Unterlaufen der Sanktionen zu ermöglichen und Israel wird einen Angriff auf die Atomanlagen üben. Gleichzeitig wird der Iran Druck auf die Golfstaaten ausüben, dass eine stärkere politische und ökonomische Isolation des Iran z.B. zu neuen Raketenangriffen der Huthis auf kritische Infrastruktur am Golf führen würde. Die USA haben ja bereits beim Angriff auf die saudischen Ölanlagen 2019 bewiesen/gezeigt, dass sie es nicht eilig haben auf diese Angriffe militärisch zu reagieren. Die rote Linie der USA ist keineswegs ein Angriff auf die eigenen arabischen Verbündeten, sondern der direkte und gezielte Angriff auf US-Bürger insbesondere auf US-Soldaten, wie gesehen in der Reaktion auf die Verwundung und Ermordung von US-Leuten, d.h. die Ermordung von Qassem Suleimani etc.. Das heißt hier ist dann erneut mit einer militärischen Eskalation am Golf zu rechnen, womöglich mit einer noch stärkeren Involvierung von Israel, die mit ihrem Raketenabwehrprogramm natürlich die erste Adresse sind, wenn man Technologie erwerben will, um sich vor solchen Angriffen auf kritische Infrastruktur zu schützen. Das wiederum wäre dann begleitet mit einem weiteren Aufwerten der diplomatischen Beziehungen der Golfstaaten mit Israel.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Tom Bombadil »

Qassem Suleimani ist nicht ermordet worden, der war Soldat und wurde im Krieg getötet.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Aktuell befinden sich die Gespräche in einer Neujahrspause. Während Russland und Iran seit einiger Zeit von einer positiven Entwicklung sprechen, sehen die USA mittlerweile auch Fortschritte, wenn auch moderate. Nach der Rhetorik der EU und USA, dass nur noch Wochen bleiben für die Gespräche, zeichnet sich ab, dass in dieser 8ten Runde es entweder zu einer teilweisen oder kompletten Einigung oder zu einem faktischen Ende der Gespräche kommen wird. Ich hab jetzt mehrfach gelesen, dass mit einer Entscheidung in dieser Sache im Februar gerechnet werden kann. Wie aus den diversen Statements und den Tweets von Ulyanov hervorgeht wird offenbar sehr ernsthaft miteinander verhandelt und man wird sehen ob es gelingt bis Februar zu einer Einigung zu kommen. Die kritischen Fragen sind natürlich, wie viele Sanktionen tatsächlich aufgehoben werden, inwieweit der Iran und sein Atomprogramm zurückgefahren (werden kann), was man dem Iran in Sachen Garantie der USA nicht wieder auszusteigen und Verifikation dass Sanktionen auch wirklich aufgehoben werden, anbieten kann und was man eigentlich macht, wenn in ein paar Jahren der ursprüngliche JCPOA beginnt auszulaufen...
[...]Now, again, there has been some progress in recent weeks in identifying the hard issues left to be negotiated in terms of how Iran returns to full compliance with its nuclear commitments under the JCPOA. But the fundamental situation has, as of today, not changed. Iran has, at best, been dragging its feet in the talks while accelerating its nuclear escalations. We’ve been very clear that that won’t work. Iran needs to exercise restraint in its nuclear program and add real urgency in Vienna.

So of course, Special Envoy Malley and his team are there now. They’ll be in a better position in the coming days to determine whether Iran has come to this eighth round of talks with a fundamentally different position. We certainly hope that’s the case, and we certainly hope we are able to swiftly conclude a mutual return to compliance with the JCPOA.

All the while, however, we have made the point that we are not sitting on our hands. We are actively engaging with our allies and partners, both in the P5+1 context, but also beyond that to include our regional partners on alternatives. And we are very ready and willing to pursue those alternatives if Iran demonstrates that it is not sincere and steadfast in negotiating a potential return to compliance with the JCPOA.[...]
https://www.state.gov/briefings/departm ... 3408-iran2
“The issue of sanctions removal was the main focus of the talks. Iran and the other side continued their negotiations on multiple issues, including a number of sessions on the verification of sanctions removal. The meetings were attended by both the coordinator of the joint commission of the JCPOA and the European side," he said.

“Also, on the issue of verification, Iran held separate sessions with the coordinator of the joint commission and the three European signatories" to the JCPOA, he added.

"There was also some correspondence between the two sides on the issue of sanctions removal. Good progress was made during the first days of the eighth round,” he added.
Iran's top negotiator: Good progress made in Vienna talks on sanctions removal, verification (PressTV)
[...]Ulyanov described the latest round of talks this week in positive terms and said an agreement on restoring the JCPOA was realistic by the first half of February although several important political and technical issues remained. "We talk about a multipage draft, you can't just identify just one or two problematic areas," he noted.

Asked about "verification of the lifting of sanctions,” Ulyanov said it was up to Iran to specify exactly what it wanted, and that other parties to the deal were looking for ways to provide Iran with some guarantee the US would not again renege on commitments: "I believe nobody here wants a repetition of the previous exercise in a couple of years."

Before his return to Tehran, as talks broke for three days Thursday, Iran’s lead negotiator Ali Bagheri-Kani said the latest round had focused on lifting sanctions, with “relatively good progress” made, and on verification. A western diplomat involved in the talks told Iran International Wednesday that indirect exchanges between the Iranian and US delegation had picked up pace.
https://www.iranintl.com/en/202112306422
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Kohlhaas »

Platon hat geschrieben:(31 Dec 2021, 14:50)

Aktuell befinden sich die Gespräche in einer Neujahrspause. Während Russland und Iran seit einiger Zeit von einer positiven Entwicklung sprechen, sehen die USA mittlerweile auch Fortschritte, wenn auch moderate. Nach der Rhetorik der EU und USA, dass nur noch Wochen bleiben für die Gespräche, zeichnet sich ab, dass in dieser 8ten Runde es entweder zu einer teilweisen oder kompletten Einigung oder zu einem faktischen Ende der Gespräche kommen wird.
Um mit Goethe zu sprechen: Die Botschaft höre ich wohl, allein mir fehlt der Glaube. Nicht die USA und nicht die EU müssen sich bewegen. Iran muss sich bewegen. Und da erkenne ich nichtmal den Ansatz von Bewegung. Ich bin ganz pessimistisch, was diese Gespräche betrifft. Iran will die Atombombe. Das kann nur im Krieg enden.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

IRNA berichtet, dass Delegationen aus Südkorea und Saudi Arabien in Wien eingetroffen sind und dort Gespräche führen. Das spricht dafür, dass da offenbar etwas passiert auch wenn man natürlich konkrete Ergebnisse erstmal abwarten muss.
[...]A delegation from South Korea headed by Vice Minister of Foreign Affairs Choi Jong Kun arrived in Vienna "to explore ways to resolve the issue of frozen Iranian assets in Korea", the Korean government said in a statement.

[...]

It was heard that a delegation of Saudi Arabian diplomats entered Vienna Marriott Hotel, where the American team usually hold their meetings with the P4+1.

Unconfirmed news suggests that the Saudi delegation has met US' Special Envoy for Iran Robert Malley and the representative of E3 have been in the meeting.
https://en.irna.ir/news/84603059/New-pl ... ns-removal
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Kohlhaas »

Platon hat geschrieben:(05 Jan 2022, 16:26)

IRNA berichtet, dass Delegationen aus Südkorea und Saudi Arabien in Wien eingetroffen sind und dort Gespräche führen. Das spricht dafür, dass da offenbar etwas passiert auch wenn man natürlich konkrete Ergebnisse erstmal abwarten muss.

https://en.irna.ir/news/84603059/New-pl ... ns-removal
Uuuhhh, das klingt bedenklich. Ich wüsste gern, welche Bewegungen Du dort vermutest und welche konkreten Ergebnisse man abwarten solle.

Mein eingerostetes Schulenglisch reicht nicht aus, um dieses Diplomatensprech zu entschlüssen. Was ist gemeint mit "resolve the issue..." in Bezug zu Korea? Was haben überhaupt Südkorea und Saudi-Arabien bei den Wiener Gesprächen über das iranische Atomprogramm zu suchen? Saudi-Arabien als Zaungast wäre ja noch verständlich. Aber Südkorea?

Vielleicht liegt die Antwort auf die Fragen darin, dass USA, Russland und China gestern ziemlich unmotiviert und in verblüffender Einmütigkeit verkündet haben, dass die weitere Verbreitung von Atomwaffen auf der gesamten Welt verhindert werden müsse. Vielleicht liegt sie in dem dringlichen Hinweis, dass niemals Krieg mit Atomwaffen geführt werden dürfe.

https://www.stern.de/politik/ausland/ru ... 71572.html

Ich habe den hässlichen Verdacht, dass man die Anwesenheit von Vertretern Saudi-Arabiens und Südkoreas in Wien folgendermaßen verstehen muss:
Wenn es in Wien nicht gelingt, den Iran vom Bau von Atomwaffen abzuhalten, dann werden auch Südkorea und Saudi-Arabien sich Atomwaffen zulegen. Beide sind dazu locker in der Lage. Als nächstes folgt dann zwangsläufig Japan. Keine andere Nation der Welt verfügt über so viel Knowhow und so viel waffentaugliches Material wie Japan. Wenn es dazu kommt, dann gibt es auf der Welt zwei weitere Spannungsgebiete, in denen die verfeindeten Parteien Atomwaffen besitzen.

Ich finde das, was IRNA da verbreitet, ganz und gar nicht ermutigend. Fast wünsche ich mir die Zeit zurück, in der es den "Eisernen Vorhang" noch gab. Damals war alles ganz klar geregelt. Damit ist es vorbei. Heute kann ein religiöser Fanatiker in Teheran das Gefüge der Weltpolitik ins Wanken bringen.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Kohlhaas hat geschrieben:(05 Jan 2022, 17:47)[...]Was ist gemeint mit "resolve the issue..." in Bezug zu Korea?
In Banken in Südkorea gibt es etwa 9 Milliarden US-Dollar an Geldern die dem Iran gehören und welche nach der Wiedereinführung der Sanktionen durch Trump eingefroren wurden. Es handelt sich um Geld, welches aus Ölverkäufen stammt und der Iran versucht seit jeher wieder an das Geld zu kommen. Man hat sogar vor einem Jahr mal einen Tanker der Südkoreaner für ein paar Monate festgehalten, weil er angeblich gegen Umweltauflagen verstoßen haben soll ^^. Als man ihn dann wieder freigelassen hat wurden zwar keine Gelder freigegeben, aber es wurden danach humanitäre Güter wie z.B. AstraZeneca aus südkoreanischer Produktion an den Iran geliefert. Weil das verstößt nicht gegen die Sanktionen und der Iran kann dann mit dem eingefrorenen Geld bezahlen. Südkorea hatte dann auch Schulden des Irans bei der UN bezahlt. (klick mich) Es ist eigentlich seit einiger Zeit ein immer wiederkehrendes Thema, dass auch zu Populismus einlädt. Man hat auch mal Serien aus Südkorea im iranischen Fernsehen verboten, weil man so beleidigt darüber war, dass Südkorea die eigenen Beziehungen zu den USA dann doch als wichtiger erachtet hat. Die Delegation aus Südkorea soll offensichtlich darüber sprechen, wann und wie diese Gelder im Falle einer wie auch immer gearteten Einigung in Wien freigegeben werden. Dass der südkoreanische Vizeaußenminister mit einer Delegation anreist spricht dafür, dass die Gespräche dazu weit fortgeschritten sind und hier konkrete Abmachungen getroffen werden.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Vongole »

Nun ja:
US Won’t Unfreeze Iran’s Funds In Korea Unless Nuclear Talks Succeed
Washington will waive possible sanctions on South Korea over frozen Iranian assets only with “everything” agreed in Vienna nuclear talks, a spokesman has said.
https://www.iranintl.com/en/202201050857
Klingt alles nicht nach weit fortgeschrittenen Gesprächen.
Am Yisrael Chai

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Cobra9
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Cobra9 »

Vongole hat geschrieben:(05 Jan 2022, 18:16)

Nun ja:
Klingt alles nicht nach weit fortgeschrittenen Gesprächen.
Das gleiche Prozedere wie immer. Der Iran gewinnt wieder Monate und Dialog um des Dialog willen. In 2 Jahren hat der Iran dann Atomwaffen. Zeit nur als Beispiel

Dann kann man wieder überrascht tun. Ja dass haben wir nicht kommen sehen... Bla Bla...
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Kohlhaas »

Platon hat geschrieben:(05 Jan 2022, 18:07)

In Banken in Südkorea gibt es etwa 9 Milliarden US-Dollar an Geldern die dem Iran gehören und welche nach der Wiedereinführung der Sanktionen durch Trump eingefroren wurden. Es handelt sich um Geld, welches aus Ölverkäufen stammt und der Iran versucht seit jeher wieder an das Geld zu kommen. Man hat sogar vor einem Jahr mal einen Tanker der Südkoreaner für ein paar Monate festgehalten, weil er angeblich gegen Umweltauflagen verstoßen haben soll ^^. Als man ihn dann wieder freigelassen hat wurden zwar keine Gelder freigegeben, aber es wurden danach humanitäre Güter wie z.B. AstraZeneca aus südkoreanischer Produktion an den Iran geliefert. Weil das verstößt nicht gegen die Sanktionen und der Iran kann dann mit dem eingefrorenen Geld bezahlen. Südkorea hatte dann auch Schulden des Irans bei der UN bezahlt. (klick mich) Es ist eigentlich seit einiger Zeit ein immer wiederkehrendes Thema, dass auch zu Populismus einlädt. Man hat auch mal Serien aus Südkorea im iranischen Fernsehen verboten, weil man so beleidigt darüber war, dass Südkorea die eigenen Beziehungen zu den USA dann doch als wichtiger erachtet hat. Die Delegation aus Südkorea soll offensichtlich darüber sprechen, wann und wie diese Gelder im Falle einer wie auch immer gearteten Einigung in Wien freigegeben werden. Dass der südkoreanische Vizeaußenminister mit einer Delegation anreist spricht dafür, dass die Gespräche dazu weit fortgeschritten sind und hier konkrete Abmachungen getroffen werden.
Entschuldige, wenn ich das jetzt so hart sage, aber: Das liest sich für mich reichlich naiv.

- Die iranischen Gelder in Südkorea sind nur deshalb eingefroren, weil die USA das so wollten und mit ihren Sanktionen durchgesetzt haben. Kein Südkoreaner muss nach Wien reisen, um sich selbst davon zu überzeugen, dass gegebenenfalls eine Einigung zustande kommt. Überhaupt: NEUN Milliarden! Das ist ungefähr die Portokasse der iranischen Auslandsvermögen. Für diesen Betrag schickt Südkorea nicht den Vizeaußenminister nach Wien

- Welche Fernsehsendungen im Iran ausgestrahlt werden dürfen, wird in Seoul keinen Volltrunkenen interessieren.

- Es hat NIEMALS gegen die Sanktionen verstoßen, z.B. medizinische Hilfsgüter in den Iran zu liefern. Es war immer klar, dass Iran sogar Öl auf dem Weltmarkt verkaufen darf, um humanitär notwendige Güter (Medikamente, Lebensmittel...) zu erweben. Es grenzt an Populismus, das Gegenteil anzudeuten. Dass Südkorea jemals Schulden des Iran "bei der UN" beglichen haben soll, ist mir völlig neu. Welche Schulden soll Iran denn bei der UNO haben?

- Die südkoreanische Delegation muss in den laufenden Verhandlungen in Wien gar nichts besprechen. Wenn die Verhandlungen "erfolgreich" sind, bekommt Seoul von Whashington einfach die Mitteilung, dass Sanktionen aufgehoben sind und eingefrorene Gelder wieder freigegeben werden dürfen. Darüber entscheiden die USA, nicht Südkorea. Es waren nämlich die USA, die diese Sanktionen verhängt haben. NICHT Südkorea! Südkorea sitzt in Wien zudem gar nicht am Verhandlungstisch und kann deshalb überhaupt nichts darüber aushandeln, wann und wie Gelder freizugeben sind.

- Dass der südkoreanische Vizeaußenminister nach Wien reist, deutet darauf hin, dass Südkorea den Gesprächen hohe Bedeutung beimisst. Das ist eine ganz neue Entwicklung! Bislang hat Südkorea sich um diese Gespräche überhaupt nicht gekümmert. Südkorea hat sich auch überhaupt nicht weiter damit befasst, als die Sanktionen eingeführt wurden. Südkorea hat keinerlei Interessen im arabischen Raum. Jetzt plötzlich ändert sich das. Erstaunlich. Warum auf einmal? Ohne dass es überhaupt irgendeine direkte Wirkung haben kann? Wie gesagt: Die Südkoreaner sitzen doch gar nicht am Verhandlungstisch!

Du wertest die Anwesenheit der Südkoreaner und der Saudis als Signal für den kurz bevorstehenden Erfolg der Verhandlungen. Ich werte die Anwesenheit der Delegationen als Signal dafür, dass die Verhandlungen gescheitert sind und dass Südkorea und Saudi-Arabien nun ihrerseits die Entwicklung von Atomwaffen erwägen.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Kohlhaas hat geschrieben:(05 Jan 2022, 18:45)[...]
- Es hat NIEMALS gegen die Sanktionen verstoßen, z.B. medizinische Hilfsgüter in den Iran zu liefern.
Das ist korrekt.
Es war immer klar, dass Iran sogar Öl auf dem Weltmarkt verkaufen darf, um humanitär notwendige Güter (Medikamente, Lebensmittel...) zu erweben.
Das wäre mir neu.
Dass Südkorea jemals Schulden des Iran "bei der UN" beglichen haben soll, ist mir völlig neu. Welche Schulden soll Iran denn bei der UNO haben?
Es ging um eine Art Mitgliedsbeitrag, der an die UN zu begleichen ist damit man dort abstimmen kann:
UNITED NATIONS — Iran has paid off some $16.2 million in arrears it owed to the United Nations, allowing it to regain voting rights and participate in the General Assembly’s selection of five new members for the Security Council for 2022-2023 on Friday, diplomats said Friday.
[...]
A UN official said the funds came mainly from an Iranian account based in Seoul, whose transactions had been blocked by US sanctions. Discussions had been underway for several months between the UN, Iran, South Korea and the US to obtain the release of this particular Iranian account in Seoul so that Tehran could settle its debt.

The restoration of its voting rights allowed Iran to vote in the General Assembly on Friday in the election of five new non-permanent members to the Security Council. The United Arab Emirates, Brazil, Albania, Gabon and Ghana were candidates for the five vacancies and won them.
https://www.timesofisrael.com/after-6-m ... ng-rights/
- Die südkoreanische Delegation muss in den laufenden Verhandlungen in Wien gar nichts besprechen. Wenn die Verhandlungen "erfolgreich" sind, bekommt Seoul von Whashington einfach die Mitteilung, dass Sanktionen aufgehoben sind und eingefrorene Gelder wieder freigegeben werden dürfen. Darüber entscheiden die USA, nicht Südkorea. Es waren nämlich die USA, die diese Sanktionen verhängt haben. NICHT Südkorea! Südkorea sitzt in Wien zudem gar nicht am Verhandlungstisch und kann deshalb überhaupt nichts darüber aushandeln, wann und wie Gelder freizugeben sind.
Es dürfte auch so sein, dass die Iraner auf eine allgemeine Zusage der USA, eine Freigabe der Gelder nicht zu verhindern recht wenig geben werden. Man wird da ein multilaterales Statement haben wollen, wo die Südkoreaner und die USA gemeinsam und im Detail Dinge zusagen, damit das in iranischen Augen etwas wert ist. Das ist ja ein zentrales Anliegen der Iraner, dass bei der Sanktionsaufhebung alles auch wirklich glasklar geregelt ist und es zu keinen Überraschungen, Verzögerungen oder unterschiedlichen Interpretationen kommt, wenn man dann mal eine Einigung erzielt hat. Die politische Entscheidung die Gelder als Teil einer Rückkehr der USA zum JCPOA freizugeben wird natürlich in den USA getroffen, aber beim tatsächlichen Abkommen braucht es für die Iraner dann schon ein klares Statement auch der südkoreanischen Regierung und der beteiligten Banken. Und daher meine Vermutung, dass die Anwesenheit der Delegation ein Zeichen ist, dass die USA die politische Entscheidung die Gelder freizugeben getroffen haben und es jetzt darum geht eine tatsächliche Vereinbarung in diesem Punkt zu treffen, die dann Teil der Gesamtvereinbarung ist. Und daher dann die Anwesenheit der Delegation auch als ein Anzeichen, dass es mit den Gesprächen voran geht und konkrete Ergebnisse erzielt werden.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Cobra9 »

Platon hat geschrieben:(05 Jan 2022, 20:10)



Das wäre mir neu
Dem Iran ist gestattet via Schweiz, Uno Kanal oder in Teilen auch EU gegen Öl diverse Medikamente, med. Technik und Grundgerät /Güter zu ordern.




]

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"Biden unterstützt die Beschleunigung des Finanzaustauschs über den Schweizer Kanal für den Import von Medikamenten und Lebensmitteln nach Iran", sagte Ignazio Cassis am Dienstag nach einem halbstündigen Treffen mit Biden in Genf auf einer Pressekonferenz
https://parstoday.com/de/news/iran-i592 ... n_mit_iran

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Doch praktisch hat es über Instex nur eine Transaktion gegeben: eine Medikamentenlieferung im März 2020. Einen weiteren Versand von Medizin hatte Iran nicht genehmigt. Man wolle dort lieber Öl verkaufen, sagte Bundesaußenminister Heiko Maas im Mai 2020.
https://taz.de/US-Strafmassnahmen-gegen-Iran/!5790044/

https://taz.de/Medizinisches-Geraet-aus ... /!5675866/

Auch die USA unterstützen das. Wenn der Iran das nicht richtig nutzt oder glaubt es anders hinzubekommen nicht unser Problem. Offensichtlich ist der Führung im Iran ihre Bevölkerung nicht so wichtig.


Die USA werden keine Sanktionen aufheben bis der Iran das tut was Biden will. Ansonsten kann der Iran gern weiter Zeit verschwenden und schinden.

Eben mit Sanktionen inklusive der Uhr wo tickt. Ich geh eh von Eskalation aus langfristig.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Cobra9 hat geschrieben:(05 Jan 2022, 21:32)

Dem Iran ist gestattet via Schweiz, Uno Kanal oder in Teilen auch EU gegen Öl diverse Medikamente, med. Technik und Grundgerät /Güter zu ordern. [...]
Ist das so? Der Iran bezahlt dort mit Öl? Das Instex-System sieht vor, dass Iraner nach Europa exportieren und etwas gut geschrieben bekommen und Europäer nach Iran exportieren und dann etwas gut geschrieben bekommen bei Instex und es am Ende dann irgendwie verrechnet wird. Sollte irgendeine europäische Firma Öl aus dem Iran importieren und es sich dann bei Instex gutschreiben lassen wollen, bräuchte es dazu eine Ausnahmegenehmigung der US-Regierung will man keine Riesenprobleme bekommen. Es wäre mir aber neu, dass solche erteilt wurden. Zumal bisher auch nur von einer ersten Transaktion berichtet wurde und mir nicht bekannt ist, ob das überhaupt danach nochmal genutzt wurde.

Man kann sich durchaus Sachen aus dem Iran importieren, sofern diese nicht auf der Sanktionsliste der USA stehen - wie zum Beispiel Bücher :) - aber um so etwas zu bezahlen gibt es altbewährte Mittel. Das heißt die iranischen Firmen haben Konten/Ableger/Partner im Ausland und da braucht es dann kein Instex.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Cobra9 »

Platon hat geschrieben:(05 Jan 2022, 22:53)

Ist das so? Der Iran bezahlt dort mit Öl? Das Instex-.
Ist das so :rolleyes:

. Auch Instex funktioniert eigentlich nur so das entweder Öl oder andere erlaubte Produkte vom Iran exportiert werden dürfen.

Es fließt kein Geld an den Iran. Er kann lediglich erlaubte Waren kaufen im Gegenwert. Tauschhandel modern.

Nachlesen :


https://www.dw.com/en/what-is-the-eu-ir ... a-47306401


https://en.m.wikipedia.org/wiki/Instrum ... _Exchanges


Die USA müssen auch bei Instex oder anderen Kanälen keine Erlaubnis geben. Steht nirgends und ist so nicht gedacht. Ob der Iran die Kanäle wo zur Verfügung stehen nutzt ist doch dessen Entscheidung.

Wenn die dortige Regierung meint braucht man nicht auch gut. Das ist deren Entscheidung zu der man auch eine Meinung sich bilden kann.


Ja man kann privat bzw über Umwege auch Güter bekommen in kleinen Mengen. Wenn die nicht auf den Listen für Sanktionen stehen. Auch Importe aus dem Iran. Aber das ist jetzt ein minimal Ex oder Import der kaum viel bewirken kann

Nur fehlt vielen im Iran wohl das Geld dafür und Import wird streng überwacht. Extern und intern.


Wenn der Iran will kann Er via Tausch sowie Möglichkeiten durchaus mehr Medikamente ect. importieren. Tut Er das nicht seine Entscheidung.

Mir ist nur bekannt es gibt wohl Mängel in Bereichen. Alter Bericht

https://m.dw.com/de/medikamentennotstan ... a-46206286

Aber da wirst Du ja bessere Infos haben.


Ich bleibe dabei. Keine Atomwaffen für den Iran und wenn nötig mit Gewalt agieren als letztes Mittel. Wenn die Länder was anderes beschließen muss man es akzeptieren. Gut finde ich es wahrscheinlich nicht
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Kohlhaas »

Platon hat geschrieben:(05 Jan 2022, 20:10)
Es dürfte auch so sein, dass die Iraner auf eine allgemeine Zusage der USA, eine Freigabe der Gelder nicht zu verhindern recht wenig geben werden. Man wird da ein multilaterales Statement haben wollen, wo die Südkoreaner und die USA gemeinsam und im Detail Dinge zusagen, damit das in iranischen Augen etwas wert ist. Das ist ja ein zentrales Anliegen der Iraner, dass bei der Sanktionsaufhebung alles auch wirklich glasklar geregelt ist und es zu keinen Überraschungen, Verzögerungen oder unterschiedlichen Interpretationen kommt, wenn man dann mal eine Einigung erzielt hat. Die politische Entscheidung die Gelder als Teil einer Rückkehr der USA zum JCPOA freizugeben wird natürlich in den USA getroffen, aber beim tatsächlichen Abkommen braucht es für die Iraner dann schon ein klares Statement auch der südkoreanischen Regierung und der beteiligten Banken. Und daher meine Vermutung, dass die Anwesenheit der Delegation ein Zeichen ist, dass die USA die politische Entscheidung die Gelder freizugeben getroffen haben und es jetzt darum geht eine tatsächliche Vereinbarung in diesem Punkt zu treffen, die dann Teil der Gesamtvereinbarung ist. Und daher dann die Anwesenheit der Delegation auch als ein Anzeichen, dass es mit den Gesprächen voran geht und konkrete Ergebnisse erzielt werden.
Nochmal: In Wien sitzt die koreanische Delegation gar nicht am Verhandlungstisch. Die US-Delegation übrigens auch nicht, weil Iran sich explizit geweigert hat, überhaupt mit Vertretern der USA zu sprechen. Also können weder die USA noch Südkorea in Wien irgendwelche "klaren Statements" abgeben.

Und wenn Dein Eindruck richtig wäre, müsste sich doch die Frage stellen: Warum schickt nur Südkorea so eine Delegation? Auch in anderen Nationen der Welt sind iranische Vermögen eingefroren worden. Warum schicken diese Nationen keine Delegationen nach Wien?

Auffällig bleibt einfach, dass ausgerechnet die beiden Nationen, die einen atomar bewaffneten (oder sich atomar bewaffnenden) feindseligen Nachbarn haben, jetzt mit hochrangigen Delegationen in Wien auftauchen. Und auffällig bleibt weiterhin, dass in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang die großen Atommächte hektisch verkünden, dass eine weitere Verbreitung von Atomwaffen vermieden werden müsse.

Deine Deutung, dass die Anwesenheit der Südkoreaner auf Fortschritte bei den Verhandlungen hindeutet, kann ich in keiner Weise nachvollziehen. Ich sehe darin ein Anzeichen für das unmittelbar bevorstehende Scheitern der Gespräche. Südkorea hat mit diesen Verhandlungen überhaupt nichts zu tun. Aber wir müssen diesbezüglich ja nicht einer Meinung sein.
Slava Ukraini
Sören74

Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Sören74 »

Cobra9 hat geschrieben:(05 Jan 2022, 18:23)

Das gleiche Prozedere wie immer. Der Iran gewinnt wieder Monate und Dialog um des Dialog willen. In 2 Jahren hat der Iran dann Atomwaffen. Zeit nur als Beispiel

Dann kann man wieder überrascht tun. Ja dass haben wir nicht kommen sehen... Bla Bla...
Wenn es Iran wirklich darauf angelegt hätte, hätte sie die Atombombe schon längst. Nordkorea hat es gezeigt, wie es selbst mit wirtschaftlicher Isolation funktioniert. Ich finde, man sollte sich wirklich mal von der Illusion lösen, dass man im 21.Jahrhundert rein technisch verhindern könnte, dass ein Land mit einem gewissen industriellen und wissenschaftlichen Niveau die Atombombe entwickelt. Das werden immer mehr Länder im Laufe der Zeit können. Wir sollten eher darauf schauen, dass die Länder keinen politischen Anreiz erhalten, eine solche Bombe zu entwickeln (beispielsweise weil sie sich zunehmend außenpolitisch isoliert haben). Die internationale Initiative der 5 offiziellen Atommächte in diesem Jahr könnte ein erster Schritt sein, die Strategie zu wechseln. Aber das wird sicher kein leichter Weg sein.
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Cobra9
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Cobra9 »

Sören74 hat geschrieben:(06 Jan 2022, 12:37)

Wenn es Iran wirklich darauf angelegt hätte, hätte sie die Atombombe schon längst. Nordkorea hat es gezeigt, wie es selbst mit wirtschaftlicher Isolation funktioniert

Wenn man Iran und Nordkorea vergleichen will sollte man mal in Betracht ziehen das es komplett andere Ausgangspunkte gibt.

Nordkorea hast Du eine isolierte, abgeschnittene Diktatur die eigentlich niemand außer Südkorea bedroht und mit China, Russland enorm viel Schutz hat immer schon.

Nordkorea hat auch nicht halb so viel Feinde Zersplitterung, interne Machtkämpfe ect.

Im Iran herrscht ein Hauen und Stechen zwischen verschiedensten Gruppen. Dazu Dissidenten, Ex Iraner und viele Unzufriedene.

Der Iran hat immer wieder massive Rückschläge, Unfälle und Ermordungen hinnehmen müssen. In Nordkorea ging das alles glatt.

Ein Mann befiehlt. Fertig. Gibt kein Israel oder andere die eingreifen. Der Iran hat Dutzende an Köpfen verloren. Ausrüstung, Material.

Der Iran hat mehr Löcher teilweise als Käse.
Ich finde, man sollte sich wirklich mal von der Illusion lösen, dass man im 21.Jahrhundert rein technisch verhindern könnte, dass ein Land mit einem gewissen industriellen und wissenschaftlichen Niveau die Atombombe entwickelt. Das werden immer mehr Länder im Laufe der Zeit können. Wir sollten eher darauf schauen, dass die Länder keinen politischen Anreiz erhalten, eine solche Bombe zu entwickeln
Wenn Du Dich davon verabschieden möchtest ok. Ich tue es nicht und befürworte Maßnahmen dagegen.

Wenn man den Iran zwingt auf Atomwaffen zu verzichten akzeptiert. Notfalls mit Gewalt.

Zumindest im Kontext sehen es die Big Five ähnlich


https://www.spiegel.de/ausland/uno-sich ... e3629568ab
(beispielsweise weil sie sich zunehmend außenpolitisch isoliert haben). Die internationale Initiative der 5 offiziellen Atommächte in diesem Jahr könnte ein erster Schritt sein, die Strategie zu wechseln. Aber das wird sicher kein leichter Weg sein
.

Auch die Big Five wollen Atomwaffen nicht verbreitet sehen. Wie das passiert abwarten. Aber dem Iran darf man keine Atomwaffen erlauben oder man muss dafür sorgen dass es nicht dazu kommt.
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