Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

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Sören74

Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Sören74 »

Kohlhaas hat geschrieben:(16 Jul 2021, 16:03)
Welche innere Logik soll es denn haben, jahrzehntelang Terror zu finanzieren und jetzt die Atomgespräche in Wien abzuwürgen?
Um es mal ganz vereinfacht und verständlich auszudrücken, um den Preis hochzutreiben. So meine These.
Kohlhaas hat geschrieben:Ach, hör doch endlich mal auf mit diesem Blödsinn, dass irgendwer schon alles gesagt habe, was gesagt werden könne. Nochmal: Iran hat die Verhandlungen eingestellt. Das passt einfach nicht zusammen mit den immer wieder erfolgten Wasserstandsmeldungen über einen angeblich kurz bevorstehenden Verhandlungserfolg. Auch Hinweise auf Parlamentswahlen und Prädidentenwahlen verändern daran gar nichts. Es spielt nämlich keine Rolle, wer im Iran Präsident ist und wie das Parlament besetzt ist.
Und in einigen Monaten werden wir dann über die wieder aufgenommenen Gespräche diskutieren. So viel Erfahrung in Sache Deal-Making solltest Du doch auch haben. :)
Kohlhaas
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Kohlhaas »

Sören74 hat geschrieben:(16 Jul 2021, 16:34)

Um es mal ganz vereinfacht und verständlich auszudrücken, um den Preis hochzutreiben. So meine These.
Na, prima, dann setzt sich ja offenbar sogar bei Dir langsam eine Erkenntnis durch. Glückwunsch!

Jetzt nur noch eine kurze Frage: Zu einer Verhandlung gehören immer zwei Parteien. Warum sollte die Gegenpartei sich auf die "Preistreiberei" des Iran einlassen?
Und in einigen Monaten werden wir dann über die wieder aufgenommenen Gespräche diskutieren. So viel Erfahrung in Sache Deal-Making solltest Du doch auch haben. :)
Nur zur Erinnerung: Ich hatte die Meinung vertreten, dass die Verhandlungen zu nichts führen werden. Und ich hatte damit der Aussage widersprochen, dass die Verhandlungen kurz vor einem Abschluss stehen würden. Nach allem, was man heute weiß, hatte ich recht. Mein Wissen bezüglich "Deal-Making" kann also nicht so ganz schlecht sein. ;)

Du rechnest damit, dass die Gespräche "in einigen Monaten" wieder aufgenommen werden? Ich bin mal gespannt, was in diesen Monaten so alles passiert. Für die Bürger im Iran wird das jedenfalls definitiv keine Vergnügen.
Slava Ukraini
Sören74

Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Sören74 »

Kohlhaas hat geschrieben:(16 Jul 2021, 18:00)

Na, prima, dann setzt sich ja offenbar sogar bei Dir langsam eine Erkenntnis durch. Glückwunsch!

Jetzt nur noch eine kurze Frage: Zu einer Verhandlung gehören immer zwei Parteien. Warum sollte die Gegenpartei sich auf die "Preistreiberei" des Iran einlassen?
Wir haben nicht nur zwei Verhandlungspartner, sondern mehrere. Und diese Verhandlung wie auch die allermeisten anderen wird auf gegenseitiges Geben und Nehmen basieren, so das sich nie eine Maximalforderung am Ende durchsetzt.
Kohlhaas hat geschrieben: Nur zur Erinnerung: Ich hatte die Meinung vertreten, dass die Verhandlungen zu nichts führen werden. Und ich hatte damit der Aussage widersprochen, dass die Verhandlungen kurz vor einem Abschluss stehen würden. Nach allem, was man heute weiß, hatte ich recht. Mein Wissen bezüglich "Deal-Making" kann also nicht so ganz schlecht sein. ;)
Nun, letztlich ist die Frage nicht entscheiden, beide Positionen können noch eintreten.
Kohlhaas hat geschrieben: Du rechnest damit, dass die Gespräche "in einigen Monaten" wieder aufgenommen werden? Ich bin mal gespannt, was in diesen Monaten so alles passiert. Für die Bürger im Iran wird das jedenfalls definitiv keine Vergnügen.
Also das die Gespräche wieder aufgenommen werden, davon gehe ich schon aus.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Kohlhaas »

Sören74 hat geschrieben:(16 Jul 2021, 18:50)

Wir haben nicht nur zwei Verhandlungspartner, sondern mehrere.
Ich schrieb auch nichts von "zwei Verhandlungspartner". Ich schrieb "zwei Parteien". Auf der einen Seite die Europäer und Russland, auf der anderen Seite Iran.
Und diese Verhandlung wie auch die allermeisten anderen wird auf gegenseitiges Geben und Nehmen basieren, so das sich nie eine Maximalforderung am Ende durchsetzt.
Genau da scheint im Moment das Problem zu liegen. Die eine Partei (Iran) will offenbar nicht das geben, was die andere Seite für unerlässlich hält.
Nun, letztlich ist die Frage nicht entscheiden, beide Positionen können noch eintreten.
Nun, ich persönlich halte die Frage, ob es in den Verhandlungen zu einem Ergebnis kommen kann, für die einzig entscheidende. Auf jeden Fall hat sich die Prognose, dass ein Verhandlungserfolg unmittelbar bevorstehen würde, erstmal als Fehlurteil erwiesen.
Also das die Gespräche wieder aufgenommen werden, davon gehe ich schon aus.
Davon gehe ich auch aus. Ich habe nur Deinen Zusatz "in einigen Monaten" nicht so recht verstanden. Wenn es tatsächlich "einige Monate" dauern sollte, bis die Verhandlungen wieder aufgenommen werden, dann wäre das gar nicht gut. Im Verlauf "einiger Monate" können nämlich ganz schreckliche Dinge passieren. Zum Beispiel könnte Iran eine funktionierende Atombombe bauen. Oder es könnten Bomber über Iran hinwegfliegen und Atomanlagen in Schutt und Asche legen. "Einige Monate" ist gar keine gute Option!

Sicher werden irgendwann wieder Gespräche geführt werden. Es ist nur nach wie vor unklar, auf welcher Basis das eigentlich stattfindet.

Die Verhandlungen in Wien sind nicht deshalb zum Erliegen gekommen, weil in dem Vertrag selbst so unüberwindliche Hindernisse drinstecken würden. Es gab schließlich schon einmal so einen Vertrag. Was da drinsteht, ist im Grunde ganz simpel. Wenn es nur darum gehen würde, könnte man das Papier innerhalb von zwei Tagen unterschriftsreif machen. Es geht aber eben nicht nur darum. Es geht um viel mehr. Es geht darum, dass Iran weiterhin den Anspruch stellt, Israel vernichten zu dürfen. Und es geht darum, dass die Verhandlungspartner des Iran nicht das Geld für die Vernichtung Israels zur Verfügung stellen wollen oder zur Verfügung stellen werden.

Vielleicht täusche ich mich, aber meiner Einschätzung nach sind die Verhandlungen schon deshalb zum Scheitern verurteilt, weil die streitenden Parteien nie miteinander verhandelt haben. Es sind die USA, die Sanktionen gegen Iran verhängt und durchgesetzt haben. Iran lehnt es aber strikt ab, mit den USA überhaupt zu reden. Iran verhandelt nur mit Russland und den Europäern. Die USA sind aber nicht an Entscheidungen gebunden, die in Moskau, Berlin oder Paris gefällt werden. Und Israel ist daran schon gar nicht gebunden.

Es geht hier nicht um "Maximalforderungen". Es geht um "Mindestanforderungen". Und die will Iran nicht erfüllen, weil die religiösen Fanatiker in Teheran es einfach so toll finden, Atomwaffen in die Hände zu bekommen. Andere Machtinstrumente haben sie nicht. Die Atombombe ist ihr einziges mögliches Mittel. Deshalb will der Iran kein Abkommen, das ihn nachhaltig am Bau von Atomwaffen hindern würde. Und deswegen wird es meiner Einschätzung nach kein neues Abkommen geben. Nicht solange in Teheran ein religiöser Fanatiker regiert.
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Sören74

Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Sören74 »

Kohlhaas hat geschrieben:(17 Jul 2021, 12:14)

Ich schrieb auch nichts von "zwei Verhandlungspartner". Ich schrieb "zwei Parteien". Auf der einen Seite die Europäer und Russland, auf der anderen Seite Iran.
Nicht jemanden vergessen?
Kohlhaas hat geschrieben:Davon gehe ich auch aus. Ich habe nur Deinen Zusatz "in einigen Monaten" nicht so recht verstanden. Wenn es tatsächlich "einige Monate" dauern sollte, bis die Verhandlungen wieder aufgenommen werden, dann wäre das gar nicht gut. Im Verlauf "einiger Monate" können nämlich ganz schreckliche Dinge passieren. Zum Beispiel könnte Iran eine funktionierende Atombombe bauen.
Das halte ich zum einen für unwahrscheinlich. Zudem wenn Iran das wirklich wollen würde, würde sie sich nicht von Atomverhandlungen daran hindern lassen.
Kohlhaas hat geschrieben: Oder es könnten Bomber über Iran hinwegfliegen und Atomanlagen in Schutt und Asche legen. "Einige Monate" ist gar keine gute Option!
Wie sagte mal ein Kollege von mir, es dauert eben so lange, wie es dauert. Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass eine Verhandlungspause die Ursache für diese Ereignisse wären.
Kohlhaas hat geschrieben: Es geht darum, dass Iran weiterhin den Anspruch stellt, Israel vernichten zu dürfen.
Was heißt dürfen? Wer sollte ihnen denn das "erlauben"?
Kohlhaas hat geschrieben: Und es geht darum, dass die Verhandlungspartner des Iran nicht das Geld für die Vernichtung Israels zur Verfügung stellen wollen oder zur Verfügung stellen werden.
Nun, wenn die Verhandlungspartner kein Geld geben wollten (sie wollen ja), dann würde es auch kein Vertrag geben. So einfach ist das.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Kohlhaas »

Sören74 hat geschrieben:(17 Jul 2021, 12:38)

Nicht jemanden vergessen?
Wen denn? Die USA können es nicht sein, denn mit denen redet Iran ja aus Prinzip nicht. Meinst Du China? Ändert das etwas daran, dass Iran die Gespräche vorerst beendet hat und nur unter Bedingungen fortsetzen will?
Das halte ich zum einen für unwahrscheinlich. Zudem wenn Iran das wirklich wollen würde, würde sie sich nicht von Atomverhandlungen daran hindern lassen.
Gut erkannt! Sie lassen sich ja auch gar nicht hindern und verhandeln derzeit nicht mal mehr. Wohin mag das wohl führen? Ich sage voraus, dass Israel und die USA nicht zulassen werden, dass Iran eine Atomwaffe entwickelt.
Wie sagte mal ein Kollege von mir, es dauert eben so lange, wie es dauert. Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass eine Verhandlungspause die Ursache für diese Ereignisse wären.
Ich habe auch nie behauptet, dass eine Verhandlungspause die "Ursache" für solche Ereignisse wäre. Die "Ursache" dafür läge ganz woanders. Eine "Verhandlungspause" von mehreren Monaten, von der Du aus mir völlig unerfindlichen Gründen geschrieben hast, könnte die Gegner des Iran aber schon dazu "verführen", weitere Fortschritte im Atomwaffenbau unterbinden zu wollen.

Zweifelst Du an, dass Iran die Urananreicherung inzwischen auf ein Level gebracht hat, das mit ziviler Nutzung nicht mehr erklärbar ist? Zweifelst Du an, dass sich davon jemand bedroht fühlen könnte, dem Iran die Vernichtung angekündigt hat? Zweifelst Du an, dass die USA derartige Vernichtungsabsichten niemals tatenlose hinnehmen werden?

Mir scheint, dass Du die Realitäten verkennst. Iran versucht gerade, Zeit zu schinden. Wenn Deine Prognose stimmen sollte, dass die Gespräche erst in "einigen Monaten" fortgesetzt werden, dann rücken wir einem Krieg immer näher. Kannst Du Dir nicht vorstellen? Ist aber so. Iran wird nie eine funktionierende Atomwaffe bekommen. Iran wird auch nicht "mehrere Monate" Zeit bekommen, eine zu entwickeln.
Was heißt dürfen? Wer sollte ihnen denn das "erlauben"?
Mein Gott, was hast Du eigentlich für ein Problem?

Iran macht das einfach und schert sich einen Dreck darum, ob wir das erlauben oder nicht. Das war hier nie die Frage. Die Frage war, ob wir dafür die Finanzmittel bereit stellen, indem wir bedingungslos einen neuen Atomvertrag unterzeichnen. Wer soll irgendwo irgendetwas geschrieben haben, was auch nur ansatzweise nach "erlauben" gerochen hat? Versuch doch einfach mal, auf der sachlichen Ebene zu bleiben.
Nun, wenn die Verhandlungspartner kein Geld geben wollten (sie wollen ja), dann würde es auch kein Vertrag geben. So einfach ist das.
Wollen sie denn wirklich Geld geben? Allein das ist schonmal fraglich. Tatsächlich geht es erstmal nur um die Frage, ob Iran wieder Öl exportieren darf oder nicht.

Und Deine Erkenntnis ist sehr gut! Du hast offensichtlich verstanden, dass es gegenwärtig keinen Vertrag gibt. Siehst Du? So einfach ist das.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Es gibt derzeit einen öffentlichen Disput zwischen Iran und USA über einen Gefangenenaustausch über den parallel verhandelt wird. In den letzten Wochen gab es immer wieder Besuche des Chefs des Revolutionsgardengeheimdienst im Irak, zuletzt zeitgleich mit Besuchen von hochrangigen Vertretern der US-Seite im Land. Dabei hat man offenbar Fortschritte gemacht und Vertreter des iran. Außenministeriums werfen den USA nun vor, dass sie den Gefangenenaustausch mit dem Gesprächen in Wien verbinden würden. Die USA wiederum werfen dem Iran vor davon ablenken zu wollen, dass die iranische Seite die derzeitige Verzögerung in Wien verursacht. Es geht um den Austausch von insgesamt 10 Personen, US-Amerikaner (4 Leute nach Price) und Briten (Nazanin Zaghari-Ratcliffe und wer noch?) im Iran und Iraner im Westen. Ich habe so ein wenig die Vermutung, dass der Austausch auch das Freigeben von eingefrorenen iranischen Geldern beinhaltet. Das wurde im Mai berichtet und dementiert und würde erklären, warum die US-Seite einem Gefangenenaustausch nicht zustimmt, solange die Gespräche zum JCPOA auf Eis liegen.
WASHINGTON/CAIRO, July 17 (Reuters) - The United States on Saturday accused Tehran of an "outrageous" effort to deflect blame for the impasse in Iran nuclear talks and denied that any agreement had been reached on a prisoner swap.

Iran's chief nuclear negotiator, Abbas Araqchi, said earlier on Twitter that the next round of negotiations in Vienna must wait until the new Iranian administration takes office in August but insisted that a prisoner exchange could take place quickly if the United States and Britain would stop linking it with the nuclear issue.[...]
https://www.reuters.com/world/middle-ea ... 021-07-17/


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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Es könnte nach Aussage von iranischen Offiziellen mit der Amtsübernahme von Raisi von iranischer Seite gefordert werden, dass die Gespräche von Neuem beginnen, d.h. es müsste alles wieder neu verhandelt werden mit neuen Forderungen der Iraner. Unterdessen scheinen die USA darüber nachzudenken die chinesischen Firmen, welche im Moment Öl aus dem Iran exportieren, zu sanktionieren und so wieder etwas aggressiver die Sanktionen umzusetzen bzw. zu aktualisieren, als das bisher unter Biden passiert ist. Es sieht schon danach aus, dass die Gespräche in Wien zumindest eine weitere Runde weitergeführt werden, aber Im Moment herrscht eine große Unsicherheit, ob eine Einigung unter Raisi möglich sein wird. Ich hatte das ja schon vermutet, dass die Kritiker Rohanis nun glauben, man müsste nur besser und standhafter verhandeln, um ein für die eigene Seite besseres Ergebnis zu bekommen, aber das dürfte sich als Irrtum herausstellen.
DUBAI, July 23 (Reuters) - The United States is considering cracking down on Iranian oil sales to China as it braces for the possibility that Tehran may not return to nuclear talks or may adopt a harder line whenever it does, a U.S. official said.

Washington told Beijing earlier this year its main aim was to revive compliance with the 2015 Iran nuclear deal and, assuming a timely return, there was no need to punish Chinese firms violating U.S. sanctions by buying Iranian crude, the official said.

That stance is evolving given uncertainty about when Iran may resume indirect talks in Vienna and whether incoming Iranian President-elect Ebrahim Raisi is willing to pick up where the talks ended on June 20 or demands a fresh start.

[...]

One Iranian official said it was up to Iran's supreme leader when talks resume, suggesting this could happen when Raisi takes over on Aug. 5 or a few weeks later. He also said it was unclear if Iran's chief nuclear negotiator, Abbas Araqchi, would remain.

"We should wait for the new president to take office and decide whether he wants to change the nuclear team or not. It seems that Dr. Araqchi will not be changed, at least during the handover period," this official said on condition of anonymity.

A second Iranian official said Raisi and his nuclear team insist on starting from scratch and refuse to pick up the talks where they ended in June.

"They want their own terms and conditions and they have more demands like keeping the 60% enrichment or chain of advanced centrifuges and not dismantling them as demanded by Washington," the second Iranian official said.
[...]
U.S. mulls crackdown on Chinese imports of Iranian oil
https://www.reuters.com/business/energy ... 021-07-23/
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Kohlhaas »

Platon hat geschrieben:(24 Jul 2021, 00:07)

Es könnte nach Aussage von iranischen Offiziellen mit der Amtsübernahme von Raisi von iranischer Seite gefordert werden, dass die Gespräche von Neuem beginnen, d.h. es müsste alles wieder neu verhandelt werden mit neuen Forderungen der Iraner. Unterdessen scheinen die USA darüber nachzudenken die chinesischen Firmen, welche im Moment Öl aus dem Iran exportieren, zu sanktionieren und so wieder etwas aggressiver die Sanktionen umzusetzen bzw. zu aktualisieren, als das bisher unter Biden passiert ist. Es sieht schon danach aus, dass die Gespräche in Wien zumindest eine weitere Runde weitergeführt werden, aber Im Moment herrscht eine große Unsicherheit, ob eine Einigung unter Raisi möglich sein wird. Ich hatte das ja schon vermutet, dass die Kritiker Rohanis nun glauben, man müsste nur besser und standhafter verhandeln, um ein für die eigene Seite besseres Ergebnis zu bekommen, aber das dürfte sich als Irrtum herausstellen.

U.S. mulls crackdown on Chinese imports of Iranian oil
https://www.reuters.com/business/energy ... 021-07-23/
Für mich ist diese Situation ein weiterer Beleg dafür, dass Iran keine Einigung will. Dass die USA jetzt die verschärfte Anwendung bereits beschlossener Sanktionen erwägen, ist nur folgerichtig. Wie lange ist jetzt in Wien verhandelt worden? Wie lange war man "kurz vor dem Durchbruch"? Und jetzt sagt Iran plötzlich "Bitte alles nochmal von vorn..." Die Mullahs versuchen, Zeit zu schinden. Ich gehe davon aus, dass es demnächst wieder vermehrt zu unerklärlichen "Unfällen" im Iran kommen wird. Und irgendwann dann auch zu Bombenabwürfen.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Cobra9 »

Ich weiß nicht wie man große Zuversicht haben kann oder sollte was Ergebnisse mit dem Iran zwecks Atomwaffen Abkommen angeht.

Was ich lese ist nicht positiv
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Vongole »

Cobra9 hat geschrieben:(28 Jul 2021, 15:50)

Ich weiß nicht wie man große Zuversicht haben kann oder sollte was Ergebnisse mit dem Iran zwecks Atomwaffen Abkommen angeht.

Was ich lese ist nicht positiv
Angeblich würde das Abkommen ja gegen ein im Dezember vom "Parlament" beschlossenes Gesetz verstoßen.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Vongole hat geschrieben:(28 Jul 2021, 16:40)

Angeblich würde das Abkommen ja gegen ein im Dezember vom "Parlament" beschlossenes Gesetz verstoßen.
Nein. Das Atomgesetz vom Parlament sieht vor, dass man die eigenen Verpflichtungen im JCPOA schrittweise zurückfährt, solange die USA diesem nicht wieder beitreten. Die Regierung Rohani hat das dann zumindest teilweise umgesetzt. Rohani hat nun gesagt, dass man ohne das Gesetz im März bereits eine Einigung mit den USA über deren Rückkehr zum JCPOA hätte haben können, während die Kritiker von Rohani ihm vorwerfen das Gesetz nur teilweise umgesetzt zu haben und das Gesetz sowie die eigenen Verstöße am JCPOA dem Iran Verhandlungsmasse verschafft hätten.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Vongole »

Platon hat geschrieben:(28 Jul 2021, 17:35)

Nein. Das Atomgesetz vom Parlament sieht vor, dass man die eigenen Verpflichtungen im JCPOA schrittweise zurückfährt, solange die USA diesem nicht wieder beitreten. Die Regierung Rohani hat das dann zumindest teilweise umgesetzt. Rohani hat nun gesagt, dass man ohne das Gesetz im März bereits eine Einigung mit den USA über deren Rückkehr zum JCPOA hätte haben können, während die Kritiker von Rohani ihm vorwerfen das Gesetz nur teilweise umgesetzt zu haben und das Gesetz sowie die eigenen Verstöße am JCPOA dem Iran Verhandlungsmasse verschafft hätten.
Demnach stimmt diese Meldung nicht?
Iranian government spokesman Ali Rabiei said July 20 that a high-ranking committee has decided that an Iran-US agreement on the revival of the multilateral Iran nuclear deal, or Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA), has to be rejected.
Rabiei said the decision was made despite an "agreement in principle" that has already been reached between Iran and American negotiators, who have been indirectly discussing their return to the JCPOA during six rounds of talks in Vienna. The other JCPOA parties present in the negotiations have been China, Russia, the UK, France and Germany.
The spokesman said the committee within Iran's Supreme National Security Council dismissed the new deal on the grounds of "noncompliance" with a contentious parliamentary bill.
https://www.al-monitor.com/originals/20 ... ar-deal-us
Mir erscheint das durchaus als plausibler Grund, dass die iranische Führung keinerlei Interesse mehr an der Fortführung der Verhandlungen zeigt.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Cobra9 hat geschrieben:(28 Jul 2021, 15:50)Ich weiß nicht wie man große Zuversicht haben kann oder sollte was Ergebnisse mit dem Iran zwecks Atomwaffen Abkommen angeht.

Was ich lese ist nicht positiv
Im Moment gibt es viel Rhetorik und Streitigkeiten über das Vermächtnis der Rohani-Regierung. Die Kritiker von Rohani machen diesen ja für alles verantwortlich was schlecht läuft, whrend dieser zumindest rhetorisch ordentlich gegenhält und die Dinge naturgemäß etwas anders sieht. Letztlich muss man die erste Verhandlungsrunde unter Raisi abwarten, wenn es dann tatsächlich konkret wird. Es könnte sein, dass er versucht das Abkommen neu zu verhandeln und neue iranische Forderungen durchzusetzen, was dann den Kritikern von Rohani erleichtert das Abkommen gut zu heißen oder er könnte versuchen schnell zu einem Abkommen zu kommen um so möglichst bald die ökonomischen Vorteile zu ernten. Im ersteren Fall ist sogar ein komplettes Scheitern der Gespräche möglich falls man innerhalb des Regimes (bei Khamenei z.B.) zu große Hoffnungen weckt, was möglich sei, und dann bei den Gesprächen merkt, dass man sich damit nicht durchsetzen kann.

Man hat sich aber durch das Ablehnen der bisherigen Vorschläge und auch durch die Aussagen von Rohani, dass man schon vor Monaten sich hätte einigen und die Sanktionen aufheben lassen können in keine allzu günstige Verhandlungsposition gebracht. Weil ja schon ziemlich klar ist, dass die aktuelle Situation nicht die Schuld der USA ist, wie hier von Robert Malley klar ausgesprochen:
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Vongole hat geschrieben:(28 Jul 2021, 17:43)

Demnach stimmt diese Meldung nicht?

Mir erscheint das durchaus als plausibler Grund, dass die iranische Führung keinerlei Interesse mehr an der Fortführung der Verhandlungen zeigt.
Achso, ja. Damit ist meine Aussage natürlich nur teilweise korrekt bzw. ungenau, als das das Gesetz auch Vorgaben für ein Abkommen über die Rückkehr zum JCPOA macht. Das Abkommen zur Rückkehr zum JCPOA vertößt gegen das Gesetz, aber nicht der JCPOA selbst.
The legislation stipulated a jump in Iran's nuclear enrichment by 20% and later 60%, among other measures that also drew serious concern from the Western parties to the JCPOA. The same bill requires the government to maintain those breaches until the United States verifiably removes all sanctions against Tehran.
Das ist die iranische Maximalforderung mit der sie sich selbstverständlich nicht durchsetzen werden. Und zwar unabhängig davon ob der Präsident nun Rohani oder Raisi heißt.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Vongole »

Platon hat geschrieben:(28 Jul 2021, 17:52)

Achso, ja. Damit ist meine Aussage natürlich nur teilweise korrekt bzw. ungenau, als das das Gesetz auch Vorgaben für ein Abkommen über die Rückkehr zum JCPOA macht. Das Abkommen zur Rückkehr zum JCPOA vertößt gegen das Gesetz, aber nicht der JCPOA selbst.

Das ist die iranische Maximalforderung mit der sie sich selbstverständlich nicht durchsetzen werden. Und zwar unabhängig davon ob der Präsident nun Rohani oder Raisi heißt.
Eben, und das weiß man auch in Teheran.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Vongole hat geschrieben:(28 Jul 2021, 17:57)

Eben, und das weiß man auch in Teheran.
Es ist halt jetzt die große Frage, ob man wirklich glaubt ohne den JCPOA irgendwie auf Dauer weitermachen zu können. Manche fantasieren da ja immer herum mit Resistance Economy und das man unabhängig von Sanktionen werden könne, oder ob es nur darum ging Rohani reinzugrätschen. Es ist ein Kampf zwischen ökonomischem Sachverstand, wo den Leuten schon klar ist, dass der derzeitige Zustand auf Dauer kaum durchzuhalten ist und die Existenz der Islamischen Republik bedroht, und ideologischen Puristen, die innerhalb des Regimes die Illusion schaffen, dass man das schon irgendwie hinkriegen wird und im Zweifelsfall gibt es halt wieder ein Revolutionsgardenmassaker wie im November 2019...
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Kohlhaas »

Platon hat geschrieben:(28 Jul 2021, 18:06)

Es ist halt jetzt die große Frage, ob man wirklich glaubt ohne den JCPOA irgendwie auf Dauer weitermachen zu können. Manche fantasieren da ja immer herum mit Resistance Economy und das man unabhängig von Sanktionen werden könne, oder ob es nur darum ging Rohani reinzugrätschen. Es ist ein Kampf zwischen ökonomischem Sachverstand, wo den Leuten schon klar ist, dass der derzeitige Zustand auf Dauer kaum durchzuhalten ist und die Existenz der Islamischen Republik bedroht, und ideologischen Puristen, die innerhalb des Regimes die Illusion schaffen, dass man das schon irgendwie hinkriegen wird und im Zweifelsfall gibt es halt wieder ein Revolutionsgardenmassaker wie im November 2019...
Diese Sichtweise kann ich nicht nachvollziehen.

Zunächst mal musste im Iran nie jemand Rohani "reingrätschen". Weder der Präsident noch das Parlament bestimmen, was im Iran passiert und welche Außenpolitik Iran betreibt.

Wichtiger ist aber: Wenn die Verantwortlichen wirklich glauben würden, dass der jetzige Zustand den Bestand der Islamischen Republik bedroht, dann müssten sie Interesse an der Änderung des jetzigen Zustands haben. Haben sie aber offensichtlich nicht. Damit bleibt folglich nur die von Dir als Illusion eingestufte Überzeugung, die Probleme notfalls mit Gewalt gegen das eigene Volk lösen zu können. Diesbezüglich hat Iran ja inzwischen einige praktische Erfahrung.

Nebenaspekt: Sollte durch den jetzigen Zustand tatsächlich der Bestand der Islamischen Republik bedroht sein, wüsste ich nicht, warum die USA noch irgendwelche Zugeständnisse machen sollten. Die Amerikaner wären in dem Fall doch viel besser beraten, wenn sie sich einfach zurücklehnen und abwarten. Gar keine gute Ausgangsbasis für die Verhandlungen in Wien! Iran will nicht und die USA wären blöd, wenn sie wollen würden.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Cobra9 »

Platon hat geschrieben:(28 Jul 2021, 17:45)

Im Moment gibt es viel Rhetorik und Streitigkeiten über das Vermächtnis der Rohani-Regierung. Die Kritiker von Rohani machen diesen ja für alles verantwortlich was schlecht läuft, whrend dieser zumindest rhetorisch ordentlich gegenhält und die Dinge naturgemäß etwas anders sieht. Letztlich muss man die erste Verhandlungsrunde unter Raisi abwarten, wenn es dann tatsächlich konkret wird. Es könnte sein, dass er versucht das Abkommen neu zu verhandeln und neue iranische Forderungen durchzusetzen, was dann den Kritikern von Rohani erleichtert das Abkommen gut zu heißen oder er könnte versuchen schnell zu einem Abkommen zu kommen um so möglichst bald die ökonomischen Vorteile zu ernten. Im ersteren Fall ist sogar ein komplettes Scheitern der Gespräche möglich falls man innerhalb des Regimes (bei Khamenei z.B.) zu große Hoffnungen weckt, was möglich sei, und dann bei den Gesprächen merkt, dass man sich damit nicht durchsetzen kann.

Man hat sich aber durch das Ablehnen der bisherigen Vorschläge und auch durch die Aussagen von Rohani, dass man schon vor Monaten sich hätte einigen und die Sanktionen aufheben lassen können in keine allzu günstige Verhandlungsposition gebracht. Weil ja schon ziemlich klar ist, dass die aktuelle Situation nicht die Schuld der USA ist, wie hier von Robert Malley klar ausgesprochen:
Ich kann das nachvollziehen was Du schreibst. Seh es aber anders teilweise. Mein Eindruck ist die aggressiven Verhandlungsforderungen des Iran plus stetige Verstöße gegen die Vereinbarungen usw. stoßen Lücken auf.


Ist klar ob der Oberste Führer Ali Khamenei noch immer an einer Rückkehr zu einem Abkommen interessiert ist?

Ich hab da sehr widersprüchliche Aussagen gelesen.
Ohne das Er es will werden wir keine Lösung finden.

Auf die Forderungen aus der Ecke Khamenei gehen die USA bestimmt nicht ein. Der Iran möchte, dass alle Sanktionen aufgehoben werden, einschließlich derjenigen, die sich mit Terrorismus und anderen nicht-nuklearen Themen befassen.

Ich glaube kaum Biden macht das. Dito Forderungen wie das die USA über ihre Außenpolitik noch die UNO bestimmen lassen wird nicht passieren.

Ich glaube tatsächlich es wird kompliziert eine Lösung zu finden und Biden wird nicht sehr lange zuviel Geduld haben.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Gutmensch1 »

Kohlhaas hat geschrieben:(28 Jul 2021, 18:32)

Diese Sichtweise kann ich nicht nachvollziehen.

Zunächst mal musste im Iran nie jemand Rohani "reingrätschen". Weder der Präsident noch das Parlament bestimmen, was im Iran passiert und welche Außenpolitik Iran betreibt.

Wichtiger ist aber: Wenn die Verantwortlichen wirklich glauben würden, dass der jetzige Zustand den Bestand der Islamischen Republik bedroht, dann müssten sie Interesse an der Änderung des jetzigen Zustands haben. Haben sie aber offensichtlich nicht. Damit bleibt folglich nur die von Dir als Illusion eingestufte Überzeugung, die Probleme notfalls mit Gewalt gegen das eigene Volk lösen zu können. Diesbezüglich hat Iran ja inzwischen einige praktische Erfahrung.

Nebenaspekt: Sollte durch den jetzigen Zustand tatsächlich der Bestand der Islamischen Republik bedroht sein, wüsste ich nicht, warum die USA noch irgendwelche Zugeständnisse machen sollten. Die Amerikaner wären in dem Fall doch viel besser beraten, wenn sie sich einfach zurücklehnen und abwarten. Gar keine gute Ausgangsbasis für die Verhandlungen in Wien! Iran will nicht und die USA wären blöd, wenn sie wollen würden.
Sehe ich genauso, wenn die Mullah- Diktatur taumelt, dann muss man sie weiter stoßen bis sie umkippt, auf gar keinen Fall darf sie mit Öffnungsverspechen und Hilfen aus dem Westen konsolidiert werden. Das ist nicht nur das Beste für die USA, es ist das Beste für die ganze Welt, insbesondere für das iranische Volk. Noch besser wäre; weitere Verschärfung der Sanktionen. :thumbup:
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Sören74 »

Gutmensch1 hat geschrieben:(30 Jul 2021, 11:11)

Sehe ich genauso, wenn die Mullah- Diktatur taumelt, dann muss man sie weiter stoßen bis sie umkippt, auf gar keinen Fall darf sie mit Öffnungsverspechen und Hilfen aus dem Westen konsolidiert werden. Das ist nicht nur das Beste für die USA, es ist das Beste für die ganze Welt, insbesondere für das iranische Volk. Noch besser wäre; weitere Verschärfung der Sanktionen. :thumbup:
Naja, es ist ein Unterschied, ob man sagt, dass die Diktatoren im Iran keinen Vertragsabschluss wollen oder ob man sagt, man sollte mit den iranischen Diktatoren keinen Vertragsabschluss machen.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Kohlhaas »

Sören74 hat geschrieben:(30 Jul 2021, 11:30)

Naja, es ist ein Unterschied, ob man sagt, dass die Diktatoren im Iran keinen Vertragsabschluss wollen oder ob man sagt, man sollte mit den iranischen Diktatoren keinen Vertragsabschluss machen.
Wieso? Das zweite folgt logisch aus dem ersten. Wenn die irren Mullahs einen Vertrag wollen, dann sollen sie sich gefälligst bewegen. Bewegen sie sich nicht, sollte man mit ihnen keinen Vertrag schließen. Hängt doch definitiv zusammen.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Sören74 »

Kohlhaas hat geschrieben:(30 Jul 2021, 16:07)

Wieso? Das zweite folgt logisch aus dem ersten.
Nö, warum? Auch im kalten Krieg hat man in der Entspannungspolitik versucht, die Gegenseite zu einem Vertragsabschluss für Abrüstungsschritte zu bewegen.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Cobra9 »

Sören74 hat geschrieben:(30 Jul 2021, 16:31)

Nö, warum? Auch im kalten Krieg hat man in der Entspannungspolitik versucht, die Gegenseite zu einem Vertragsabschluss für Abrüstungsschritte zu bewegen.

Und das tut man nicht? Der Iran hat das Angebot für Gespräche. Was nicht bedeutet man denkt daran die Sanktionen zu reduzieren.

Der kalte Krieg ist nicht vergleichbar und auch da hat niemand erstmal abgerüstet bevor ein Ergebnis erzielt wurde.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Sören74 »

Cobra9 hat geschrieben:(30 Jul 2021, 17:17)

Und das tut man nicht? Der Iran hat das Angebot für Gespräche. Was nicht bedeutet man denkt daran die Sanktionen zu reduzieren.

Der kalte Krieg ist nicht vergleichbar und auch da hat niemand erstmal abgerüstet bevor ein Ergebnis erzielt wurde.
Ich habe nicht gesagt, dass man das nicht tut, im Gegenteil. Man wird mit Iran weiterverhandeln und das finde ich richtig, auch wenn Stimmen meinen, man solle Iran dauerhaft sanktionieren.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Kohlhaas »

Sören74 hat geschrieben:(30 Jul 2021, 17:32)

Ich habe nicht gesagt, dass man das nicht tut, im Gegenteil. Man wird mit Iran weiterverhandeln und das finde ich richtig, auch wenn Stimmen meinen, man solle Iran dauerhaft sanktionieren.
Wer soll denn geschrieben haben, dass man den Iran dauerhaft sanktionieren solle? Würden z.B. die USA das so sehen, hätte es überhaupt keine Verhandlungen gegeben.

Die von Dir angegriffene Aussage lautete: Wenn der Iran keinen Verhandlungserfolg will, bleibt es eben bei den Sanktionen. So einfach ist das.

Außerdem habe ich als Antwort auf eine ziemlich dubiose Aussage geschrieben, dass die USA gar kein Interesse an Verhandlungen haben könnten, wenn die Sanktionen das Mullah-Regime tatsächlich an den Rand des Zusammenbruchs gebracht hätten. In dem Zusammenhang sollte man sich die Frage stellen, warum die USA nach wie vor verhandelungsbereit sind, die Mullahs aber nicht.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Cobra9 »

Sören74 hat geschrieben:(30 Jul 2021, 17:32)

Ich habe nicht gesagt, dass man das nicht tut, im Gegenteil. Man wird mit Iran weiterverhandeln und das finde ich richtig, auch wenn Stimmen meinen, man solle Iran dauerhaft sanktionieren.
Von dauerhaft Sanktionen hab Ich bspw. nichts gesagt oder geschrieben. Keine Atomwaffen,
Einstellung der Unterstützung der Terroristen. Wenn man das hinbekommen kann oder einen akzeptablen Kompromiss völlig in Ordnung.

Sollte das nicht passieren ist das dann aber das Problem des Iran primär. Dann gibt's eben noch ein paar Jahre einige Sanktionen. Oder eine längere Zeit. Aber von dauerhaft sagt ja niemand was

Der Iran hat enorme Probleme. Regime Change wird nicht passieren. Zumindest nicht absehbar. Aber ein paar Punkte zeigen der Iran hat eine Reihe von Problemen. Die nicht so klein sind.

Aber es entscheidet der Oberste Führer.

Der Iran hat ein Angebot das definitiv nicht mehr verbessert wird die nächste Zeit. Entweder der Iran verhandelt auf der Basis oder nicht.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

So langsam passiert was auf iranischer Seite. Raisi hat Abbas Araghchi ersetzt durch Ali Bagheri Kani.
DUBAI, Sept 14 (Reuters) - Iran on Tuesday named Ali Bagheri Kani, a hardline senior diplomat, to replace Deputy Foreign Minister Abbas Araqchi, a seasoned pragmatist diplomat and chief negotiator in talks on Tehran's 2015 nuclear deal with world powers, state media said.

Bagheri, who was named deputy foreign minister for political affairs, had been a senior negotiator in nuclear talks between Iran and the West under former hardline President Mahmoud Ahmadinejad from 2007 to 2013. He is a relative of Supreme Leader Ayatollah Ali Khamenei.[...]
https://www.reuters.com/world/middle-ea ... 021-09-14/
https://en.wikipedia.org/wiki/Ali_Bagheri

Iran's Chief Nuclear Negotiator Araghchi Replaced With A Hardliner
https://iranintl.com/en/world/irans-chi ... -hardliner
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Die Diplomatie zur erneuten Aufnahme der Gespräche zum Atomprogramm ist in vollem Gange. Letzte Woche war der EU-Beauftragte für die Gespräche in Wien, Enrique Mora, in Teheran. Viel ist dabei nicht rausgekommen außer, dass die Gespräche über die Wiederaufnahme der Gespräche in Brüssel fortgesetzt werden sollen. Aus dem iranischen Außenministerium hieß es, dass der neue iranische Unterhändler Ali Bagheri am Donnerstag Gespräche in Brüssel führen wird. Die EU hat das dementiert.

Der Iran stellt im Moment alle möglichen Forderungen für die Aufnahme der Gespräche. Man will zuerst eine Geste des guten Willens der USA, d.h. eine Aufhebung von Sanktionen oder die Freigabe von eingefrorenen Geldern. Man würde am liebsten die Gespräche komplett neu beginnen, aber das hat selbst Russland abgelehnt. Dazu will man wie auch vorher schon Garantien, dass die USA nicht nochmal aus dem Abkommen aussteigen. Die USA können ihnen da keine Garantien geben, die Europäer wollen sich da nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Das ist aber natürlich das Damoklesschwert, dass über allem schwebt und in den nächsten Jahren schweben wird. Eine erneute Kandidatur von Trump in 2024 ist alles andere als auszuschließen und wenn er nicht antritt ist Pompeo offenbar jemand, der gute Chancen hat Kandidat der Republikaner zu werden. Es ist schon nachzuvollziehen, dass die Raisi-Administration befürchtet das Schicksal von Rohani zu teilen, dass man mit viel Tamtam eine Einigung erzielt und schmerzhafte Konzessionen durchdrückt ohne das man aber am Ende wirklich politisch davon profitieren kann. Die vollen wirtschaftlichen Vorteile des Abkommens werden erst eintreten, wenn klar ist, dass das Abkommen auch die nächsten US-Wahlen übersteht, weil erst dann die große Masse an Banken und Firmen ihre Angst vor US-Sanktionen ablegen und Geschäfte mit dem Iran machen werden. Dazu ist es auch so, dass der JCPOA im Jahr 2030 ausläuft und damit offensichtlich ist, dass jetzt entweder direkt ein längeres Abkommen geschlossen oder es bereits eine klare Vereinbarung gibt, wann und wie ein neues Abkommen verhandelt wird. Es wird auch angesichts der fortgesetzten Anreicherung des Iran immer klarer, dass es mit einer simplen Rückkehr zum Atomabkommen von 2015 nicht getan sein wird. Wenn es zu einer erneuten Einigung kommt wird der JCPOA in einigen Punkten vom ursprünglichen Abkommen abweichen.

Es ist wie zu erwarten war, dass die neue Raisi-Administration der Meinung ist, dass sie alles besser können und durch eine harte Verhandlungslinie ein besseres Verhandlungsergebnis erreichen können als die Rohani-Administration, die man immer verdächtigt hat zu sehr an guten Beziehungen mit dem Westen interessiert zu sein. Darum stellt man alle möglichen Forderungen, schaut wie weit man damit kommt und macht Statements die die neuen Leute vor allem von der Vorgängeradministration abgrenzen sollen.

Letztlich ist es auch so, dass die Raisi-Administration nicht den Eindruck macht, als wenn sie zu einer schnellen Einigung kommen wollen. Vielmehr wollen sie mal schauen, ob sie die wirtschaftliche Lage auch mit Sanktionen verbessern können um dann in einer stärkeren Verhandlungsposition mit den USA zu sein. Aber auch Hardliner werden recht bald merken, dass die Möglichkeiten begrenzt sind. Man hat ja das 25 Jahre Abkommen unterschrieben und ist der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit beigetreten. Aber wirklich profitieren wird man davon nur, wenn die Sanktionen aufgehoben sind und der chinesische Außenminister hat seinem iranischen Kollegen erst kürzlich per Telefon offenbar sehr deutlich gemacht, dass China selbstverständlich eine Wiederaufnahme der Gespräche in Wien und eine Einigung zum Atomabkommen erwartet.

Auf der anderen Seite gibt es offenbar in den USA und Israel schon Überlegungen was man denn macht, wenn die Gespräche scheitern. Im Moment weiß man wirklich nicht, ob das noch was wird und ob beide Seiten noch zueinander finden. Eine schnelle Einigung wird es aber nicht geben.
Zuletzt geändert von Platon am Di 19. Okt 2021, 14:10, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Cobra9 »

Im Westen nichts Neues. Die üblichen Fehler und Dummheit. Aber nicht zu ändern
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Die "Vorbereitungsgespräche" in Brüssel scheinen erfolgreich gewesen zu sein und die nächste Verhandlungsrunde in Wien soll im November starten. Der Druck auf Iran zu den Verhandlungen zurück zu kehren war zuletzt immer größer geworden und Iran konnte sich nicht damit durchsetzen bereits wirtschaftliche Erleichterungen für eine Rückkehr zu den Gesprächen zu erhalten. Der iranische Außenminister hatte die Freigabe von 10 Milliarden US-Dollar an eingefrorenen Geldern als Geste des guten Willens von den USA gefordert. Man hat damit versucht eine harte Verhandlungsposition einzunehmen, aber sieht nicht danach aus, als wenn es wirklich etwas gebracht hätte. Es ist aber schonmal ein Signal dafür, dass man auch in Wien versuchen wird eine deutlich "härtere" Haltung als die Vorgängerdelegation einzunehmen.
Der Iran hat sich zur Wiederaufnahme der Atomverhandlungen im November bereit erklärt. Vorgespräche in Brüssel seien "sehr konstruktiv" gewesen. Seit der Wahl des Ultrakonservativen Raisi zu Irans neuem Präsidenten liegen die Gespräche auf Eis.

Iran wird die Atomverhandlungen in Wien nächsten Monat wieder aufnehmen. Das gab Irans Vizeaußenminister Ali Bagheri auf Twitter bekannt. "Die Verhandlungen heute in Brüssel mit (dem Vize-Außenbeauftragten der EU) Enrique Mora waren sehr konstruktiv und wir haben uns auf die Wiederaufnahme der Atomverhandlungen im November geeinigt", teilte der Vizeminister und zukünftige Leiter der iranischen Atomdelegation in Wien mit.[...]
https://www.tagesschau.de/ausland/asien ... n-113.html

Iran Says Nuclear Talks Before December But Wants $10 Billion Released
https://www.iranintl.com/en/20211027540831
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Die Iraner haben immer noch eine Verhandlungsposition, die sich mehr wie ein Wutanfall von Khamenei liest, als ein realistischer Weg zu einer Lösung...

Iran verhandelt nicht mit den USA, weder direkt noch indirekt.
Alle Sanktionen aufheben, die von Trump verhängt worden, wegen JCPOA oder nicht. (teilweise wurden Sanktionen von Trump umgewidmet von Atom-bezogen zu Revolutionsgarden/Terrorbezogen)
Alle Sanktionen sofort aufheben und nach 6 Monaten stellt der Iran dann fest, dass die Sanktionen aufgehoben wurden und kehrt dann zu seinen Verpflichtungen zurück.
Garantien, dass die USA nicht nochmal aussteigen bzw. mögliche Verpflichtungen der UN USA und Europa zu bestrafen falls sie das nochmal machen.
Keine Follow-Up-Vereinbarungen.
Keine Verpflichtung zu Verhandlungen zu anderen Themen.

https://www.iranintl.com/en/20211101768373
https://www.iranintl.com/en/20211101762058

Das ist im Wesentlichen das, was man auch unter Rohani schon erzählt hat, aber halt nicht mehr so nett verpackt. Es sind die Vorgaben welche Khamenei gemacht hat, weil er vermutlich der Meinung ist, er habe sich 2015 von den USA über den Tisch ziehen lassen. Damals hat er sich von Rohani/Zarif überzeugen lassen und wurde von Trump dann vor den Kopf gestoßen. Jetzt wird er irgendeinem Abkommen mit den USA nur zustimmen, wenn die USA ihm sehr entgegen gekommen sind bzw. er Garantien hat.

Trump und Pompeo haben ganze Arbeit geleistet eine Situation zu schaffen, welche eine erneute Einigung USA/Iran stark erschwert hat.
Und wie schonmal erwähnt ist gar nicht mal unwahrscheinlich, dass Pompeo Nachfolger von Biden wird. Kann gut sein, dass eine Einigung erst in ein paar Jahren passiert, wenn in den USA gewählt wurde und Khamenei vielleicht doch endlich mal das Zeitliche segnet.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Kohlhaas »

Platon hat geschrieben:(01 Nov 2021, 19:57)Es sind die Vorgaben welche Khamenei gemacht hat, weil er vermutlich der Meinung ist, er habe sich 2015 von den USA über den Tisch ziehen lassen. Damals hat er sich von Rohani/Zarif überzeugen lassen und wurde von Trump dann vor den Kopf gestoßen. Jetzt wird er irgendeinem Abkommen mit den USA nur zustimmen, wenn die USA ihm sehr entgegen gekommen sind bzw. er Garantien hat.
Wie könnte er denn irgendeinem Abkommen mit den USA zustimmen, wenn er weder direkt noch indirekt mit den USA verhandelen will?

Ich habe eher die Befürchtung, dass diese "Verhandlungsposition" darauf zurückzuführen ist, dass Iran sich dem Besitz von Atomwaffen schon recht nahe fühlt. Sieht eher so aus, als wolle Iran gar kein Abkommen mehr. Als wolle Iran nur noch Zeit schinden, bis die ersten Atomwaffen fertiggestellt und auf Trägerraketen montiert sind.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Es wird bei den Republikanern immer deutlicher, dass die aussichtsreichsten Kandidaten für 2024 Donald Trump, Mike Pompeo, Mike Pence und Nikki Haley alle aus einem Abkommen mit dem Iran sofort aussteigen werden, wenn sie die Wahl gewinnen. Jede Rückkehr der USA zum JCPOA wäre also de facto nur gültig bis 2024 und wenn die Republikaner die Wahl gewinnen wird man 2025 wieder aussteigen.

Dabei ist die Verbindung der Republikaner mit den Volksmujahedin schon recht kurios und zeugt davon, dass deren Lobbyismus Früchte trägt. Die Nähe gerade zu dieser extremen Gruppe zeugt aber auch davon, dass man auf keinen Fall darauf hoffen kann, dass beim zweiten Mal ein Abkommen respektiert werden würde. Es ist eine grundsätzliche ideologische Einstellung was das Thema Iran angeht.
[...]Pence speaking at an NCRI event is a signal in itself. The organization is the political wing of the People's Mujahedin of Iran, a controversial guerrilla group committed to overthrowing the Iranian theocracy and which was a proscribed terrorist organization in the U.S. until 2012.

The NCRI and MEK—both led by Maryam Rajavi since the disappearance of her husband Massoud Rajavi in 2003—say they are the only realistic alternative government for Iran.

But their critics dismiss them as a cult-cum-terrorist group with little actual backing inside the country. The MEK's network of activists has intelligence value, but this does not equate to a government-in-waiting.

Pence described the MEK as "a well-organized, fully prepared, perfectly qualified and popularly supported alternative" to the current government in Iran. Rajavi, he said, is "an inspiration to the world."[...]
Mike Pence's Iran Comments Set the Tone for Hawkish GOP 2024 Contest
https://www.newsweek.com/mike-pence-ira ... st-1643850

In meinen Augen ist diese Politsekte keinen Deut besser als die Islamische Republik und es würde lediglich eine Diktatur durch eine Andere ersetzt werden. Es würde vermutlich sogar schlimmer werden, weil die Unterstützung für die Islamische Republik in der iranischen Gesellschaft insgesamt größer ist als für die Volksmujahedin.

Sollte Pence wirklich Präsident werden wird man sich an diesen Satz erinnern.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Der aussichtsreichste Weg das Szenario eines Ausstiegs der USA unter einem republikanischen Präsidenten zu verhindern wäre über den Vertrag im US-Senat abstimmen zu lassen. Ein Erfolg für den JCPOA in seiner derzeitigen Form ist dabei aber sehr unwahrscheinlich. Eine Gruppe von 43 demokratischen und republikanischen Senatoren hatte im März gefordert, dass der JCPOA den sie unterstützen würden auch Vereinbarungen zum iranischen Raketenprogramm und zum Verhalten der iranischen Proxies in der Region umfasst. Das versucht die US-Delegation offenbar in der ein oder anderen Form zu erreichen, aber der Iran lehnt es strikt ab bzw. das beste was man erreichen könnte wäre eine Verpflichtung des Iran solche Gespräche führen zu wollen, wobei selbst das vom Iran abgelehnt wird.

Ted Cruz dazu:
https://twitter.com/tedcruz/status/1406755035460124672

Senators endorse new, broader deal on Iranian policy
https://www.al-monitor.com/originals/20 ... ian-policy

Iran wants 'guarantee' US will not leave nuclear deal again
https://www.al-monitor.com/originals/20 ... deal-again

Von daher ist abzusehen, dass der Iran skeptisch ist sich mit den USA zu einigen, solange keine Garantien bestehen dass diese in drei Jahren nicht sofort wieder aussteigen. Diese Garantie kann man aber nur geben, wenn der JCPOA um weitere Fragen erweitert wird, damit der US-Senat zustimmen kann. Das wiederum will der Iran aber nicht.

Im Grunde muss sich der Iran also mit den Republikanern im US-Senat einigen deren Position aber der Position des Maximum Pressure nahe steht und selbst wenn man sich da einigen würde, würde Trump/Pence/Pompeo selbst dann noch versuchen Druck auf ihre Parteifreunde auszuüben sich jeder Einigung zu widersetzen. Auch wenn sie da gegen einen breiten Konsens im US-Senat wohl wenig ausrichten könnten.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Am Montag findet dann tatsächlich die erste Verhandlungsrunde mit der Raisi-Delegation statt. Diese Woche war der Chef der IAEA im Iran und hat mit den Iranern über Probleme geredet. Dabei geht es um eine Anlage in Karaj, welche vor ein paar Monaten durch einen Anschlag/Geheimdienstaktion ganz oder teilweise zerstört wurde. Die Iraner sind der Ansicht, dass die IAEA dort keine Überwachung durchführen kann, was die IAEA naturgemäß etwas anders sieht. Dazu gibt es noch Fragen über gemessene Uranspuren, die seit Jahren offen sind.

Es ist abzusehen, dass die neue iranische Delegation eine harte Verhandlungsposition einnehmen möchte und dabei Positionen versuchen wird durchzusetzen, von denen absehbar ist, dass die USA dem nicht zustimmen werden. Daher ist ein kurz- oder mittelfristiger Erfolg der Gespräche praktisch ausgeschlossen. Dazu stellt sich die Frage, ob das Abkommen überhaupt eine realistische Chance hat die Präsidentschaft von Biden zu überleben. Was aber möglich scheint ist ein "Interimsabkommen", wo der Iran zustimmt ein paar der eigenen Verstöße gegen den JCPOA zurückzufährt im Austausch für Sanktionserleichterungen. Das würde beiden Seiten erlauben zumindest einen Teilerfolg zu vermelden. Biden kann nach dem Afghanistan-Fiasko, dem Ringen um die großen Infrastrukturprojekte in den USA und dem in Glasgow doch sehr schleppend verlaufendem Kampf gegen den Klimawandel einen außenpolitischen Erfolg gut brauchen. Gleichzeitig sind die Iraner durch die Wirtschaftskrise und Proteste wie jetzt zuletzt in Isfahan stark unter Druck Sanktionserleichterungen zu vermelden, weil die wirtschaftlichen Nachteile längst den möglichen Nutzen eines Atomprogramms in geradezu grotesker Weise übersteigen und das immer mehr Leute im Regime auch merken.

Von daher ist klar, dass da nächste Woche in Wien vermutlich viele lange Gesichter auf beiden Seiten sein werden, aber die Möglichkeit eines Teilabkommens in absehbarer Zeit scheint zumindest zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Die neue Verhandlungsrunde in Wien hat gestern begonnen. Erste Reaktionen waren positiv, was ich jetzt mal so interpretiere, dass die Iraner tatsächlich ernsthaft verhandeln und nicht ihre Hinhaltetaktik fortsetzen, irgendwelche ideologischen Reden halten oder ähnliche Skurrilitäten mehr, wie es sie in Verhandlungen während der Ahmadinejad-Jahre gegeben hat. Was sie wollen ist, dass die Sanktionen aufgehoben werden und die Aussagen vom iran. Außenministerium und Verhandlungsteam machen das sehr deutlich. Was sie die letzten Jahre gemacht haben ist ihr Atomprogramm voranzutreiben um so Verhandlungsmasse und Verhandlungsspielraum zu haben, um mit Zugeständnissen Sanktionserleichterungen durchsetzen zu können. Natürlich mit der langfristigen Perspektive, dass ein fehlender Deal jetzt möglicherweise zu einer neuen Situation in 5 Jahren führt, wo der Iran noch weiter fortgeschritten ist. Auf der anderen Seite lasten die Sanktionen schwer auf der iranischen Wirtschaft, die durch hohe Inflation (50%) und einer extrem hohen Armutsquote (über 50%) geprägt ist und dem Budget des iranischen Staates der nur durch Geld drucken und allerlei Tricks die Staatspleite verhindern kann. Die Folge sind regelmäßige Protestwellen wie die landesweite und zahlenmäßig größte Protestwelle im November 2019 und regionalen Protesten nach der Corona-Pause, im Juli 2021 in Khuzestan und jetzt im November 2021 in Esfahan mit zehntausenden Teilnehmern. Dazu ist mittlerweile auch den Anhängern der islamischen Republik aufgefallen, dass der Preis den man durch die Sanktionen im Moment zahlt extrem hoch ist und selbst pro-Regime-Ayatollahs haben sich dafür ausgesprochen das Problem mit den USA zu lösen um die wirtschaftliche Lage zu verbessern.

Es stellt sich aber natürlich die Frage, ob eine Einigung jetzt wirklich etwas wert ist, wenn in 3 Jahren in den USA neu gewählt wird und bereits klar ist, dass ein republikanischer Präsident sofort aus dem JCPOA wieder aussteigen würde. Das heißt beide Seiten verhandeln aus einer Position der Schwäche, weil fraglich ist, was die USA den Iranern überhaupt anbieten können außer einer temporären Sanktionserleichterung und die Iraner müssen sich eigentlich auf fast alles einlassen, um wirtschaftliche Erleichterungen zu bekommen, um innenpolitisch ein Signal zu setzen, was aber Khamenei aus ideologischen und persönlichen Gründen nicht machen wird.

Was aber möglich scheint ist ein Interims- oder Teilabkommen, wo der Iran ein paar Sanktionserleichterungen bekommt, gleichzeitig auf einen Teil der Verstöße verzichtet. Also kein großer Wurf sondern ein erster Kuhhandel, den beide Seiten erstmal als Erfolg für sich verbuchen können ohne prinzipielle Zugeständnisse machen zu müssen.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Die iranische Delegation hat den anderen verbliebenen Mitgliedern des JCPOA zwei Dokumente übergeben, welche den Verhandlungsvorschlag des Irans beinhalten sollen. Über ihren Inhalt ist natürlich noch nichts bekannt, aber das es sie gibt zeigt, dass die iranische Seite bereit ist ernsthaft zu verhandeln und konkrete Forderungen stellt, von denen sie erwartet, dass die andere Seite sie zumindest für diskussionswürdig hält. Man geht offenbar davon aus, dass die andere Seite das Angebot des Irans nicht einfach annimmt, sondern weitere Verhandlungen notwendig sind. Es ist aber für den Moment ein gutes Zeichen, dass der Iran sich ernsthaft bemüht die Gespräche weiterzubringen. Man muss aber natürlich erstmal die Reaktionen abwarten bezüglich dessen, was die Iraner da an Vorstellungen geäußert haben.
[...]Separately on Thursday, Iran provided the European powers involved in the deal with two drafts on sanctions removal and nuclear commitments, Iran’s top nuclear negotiator said.

“We have delivered two proposed drafts to them … Of course they need to check the texts that we have provided to them. If they are ready to continue the talks, we are in Vienna to continue the talks,” Ali Bagheri Kani told reporters.

A European diplomat confirmed draft documents had been handed over.

Al Jazeera’s Ali Hashem, reporting from Vienna, said the proposals seemed to indicate “solid” progress at the talks.

“We understand from an Iranian diplomatic source that one of these proposals will be about lifting the sanctions, and the other will be on Iran rolling back the measures it took after the United States withdrew from the nuclear deal,” he said.

“The elements of these proposals are going to be built upon what was agreed on in the past six rounds of talks between Iran and the world powers.

“However, new points were added, ones that were disregarded in the past talks and Iran believes they are crucial in order to reach an agreement.”[...]
Iran says nuclear deal ‘within reach’ if West shows goodwill
https://www.aljazeera.com/news/2021/12/ ... s-goodwill
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Tom Bombadil »

In unserer Tageszeitung stand heute, dass der Iran nicht mit den USA direkt verhandeln wollte. Das ist pures Kasperletheater.

Die Vertreter Washingtons sind zwar in Wien, sitzen aber nicht mit am großen Verhandlungstisch. Erstens, weil die USA 2018 unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump aus dem Pakt austraten. Zweitens, weil Teheran das so will. Es werde definitiv keine direkten Verhandlungen geben, sagte Teherans Außenamtssprecher Said Khatibzadeh.
https://www.t-online.de/nachrichten/aus ... -iran.html

USA und Iran zeigen sich pessimistisch zu Atomgesprächen
https://www.sn.at/politik/weltpolitik/u ... -113402995

Und weiter:
Iran fährt trotz Atomverhandlungen Urananreicherung weiter hoch
https://www.boersennews.de/nachrichten/ ... h/3350656/
The tree of liberty must be refreshed from time to time with the blood of patriots and tyrants. It is its natural manure.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Cobra9 »

Tom Bombadil hat geschrieben:(02 Dec 2021, 20:53)

In unserer Tageszeitung stand heute, dass der Iran nicht mit den USA direkt verhandeln wollte. Das ist pures Kasperletheater.

Die Vertreter Washingtons sind zwar in Wien, sitzen aber nicht mit am großen Verhandlungstisch. Erstens, weil die USA 2018 unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump aus dem Pakt austraten. Zweitens, weil Teheran das so will. Es werde definitiv keine direkten Verhandlungen geben, sagte Teherans Außenamtssprecher Said Khatibzadeh.
https://www.t-online.de/nachrichten/aus ... -iran.html

USA und Iran zeigen sich pessimistisch zu Atomgesprächen
https://www.sn.at/politik/weltpolitik/u ... -113402995

Und weiter:
Iran fährt trotz Atomverhandlungen Urananreicherung weiter hoch
https://www.boersennews.de/nachrichten/ ... h/3350656/

Eigentlich ist es erkennbar der Iran spielt Spielchen und die Welt macht mit. Mal eine andere Tonart spielen könnte hilfreich sein
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Tom Bombadil »

Cobra9 hat geschrieben:(02 Dec 2021, 21:10)

Mal eine andere Tonart spielen könnte hilfreich sein
Das kann die EU nicht.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Cobra9 »

Tom Bombadil hat geschrieben:(02 Dec 2021, 21:14)

Das kann die EU nicht.

Können schon. Wollen nicht
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Platon
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Es sieht danach aus, als wenn der iranische Vorschlag auf eine sehr negative Reaktion der Gegenseite trifft. Offenbar hat man bereits geschlossene Kompromisse wieder aufgekündigt und eine sehr harte Haltung eingenommen, die bisherigen Fortschritten widerspricht. Die Gespräche sind jetzt erstmal bis nächste Woche unterbrochen. Es ist denkbar, dass sie dann auch nächste Woche bereits zu Ende sind und das iranische Atomprogramm dann wieder Thema im UN-Sicherheitsrat wird. Mit der Haltung bereits geschlossene Kompromisse wieder aufzukündigen könnte man sich verspekuliert haben, denn damit stößt man auch China und Russland vor den Kopf, die sich dafür ausgesprochen haben, bereits gemachte Fortschritte beizubehalten. Bei einer entsprechend mild formulierten UN-Sicherheitsratsresolution könnten diese sich womöglich enthalten. Es ist gut möglich, dass der Iran bei einem Abbruch der Gespräche auch offiziell aus dem JCPOA aussteigt und dann hätte sich das Thema fürs Erste erledigt. In dem Fall ist dann wieder mit Sabotageaktionen und womöglich einer Militäraktion durch Israel zu rechnen.
VIENNA, Dec 3 (Reuters) - Indirect U.S.-Iranian talks on salvaging the 2015 Iran nuclear deal teetered on the brink of crisis on Friday as they broke off until next week with European officials expressing dismay at the demands of Iran's new hardline administration.

The seventh round of talks in Vienna is the first with delegates sent by Iran's anti-Western President Ebrahim Raisi. His election in June caused a hiatus in the talks of five months, heightening suspicions among U.S. and European officials that Iran is playing for time while its makes nuclear advances.

The Iranian delegation under nuclear negotiator Ali Bagheri Kani has proposed sweeping changes to the text of an agreement negotiated in previous rounds, diplomats said. European officials have balked at the proposed changes to a painstakingly drafted text that they say is 70-80% finished.

"Over five months ago, Iran interrupted negotiations. Since then, Iran has fast-forwarded its nuclear program. This week, it has back-tracked on diplomatic progress made," senior officials from France, Britain and Germany said in a statement, adding that Iran was demanding "major changes" to the text.

It is "unclear how these new gaps can be closed in a realistic time frame", they added.

The three European powers expressed "disappointment and concern" at Iran's demands, some of which they said were incompatible with the deal's terms or went beyond them.[...]
Iran nuclear talks on brink of crisis as they adjourn until next week
https://www.reuters.com/world/middle-ea ... 021-12-03/
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Cobra9
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Cobra9 »

Platon hat geschrieben:(03 Dec 2021, 20:22)

Es sieht danach aus, als wenn der iranische Vorschlag auf eine sehr negative Reaktion der Gegenseite trifft. Offenbar hat man bereits geschlossene Kompromisse wieder aufgekündigt und eine sehr harte Haltung eingenommen, die bisherigen Fortschritten widerspricht. Die Gespräche sind jetzt erstmal bis nächste Woche unterbrochen. Es ist denkbar, dass sie dann auch nächste Woche bereits zu Ende sind und das iranische Atomprogramm dann wieder Thema im UN-Sicherheitsrat wird. Mit der Haltung bereits geschlossene Kompromisse wieder aufzukündigen könnte man sich verspekuliert haben, denn damit stößt man auch China und Russland vor den Kopf, die sich dafür ausgesprochen haben, bereits gemachte Fortschritte beizubehalten. Bei einer entsprechend mild formulierten UN-Sicherheitsratsresolution könnten diese sich womöglich enthalten. Es ist gut möglich, dass der Iran bei einem Abbruch der Gespräche auch offiziell aus dem JCPOA aussteigt und dann hätte sich das Thema fürs Erste erledigt. In dem Fall ist dann wieder mit Sabotageaktionen und womöglich einer Militäraktion durch Israel zu rechnen.

Iran nuclear talks on brink of crisis as they adjourn until next week
https://www.reuters.com/world/middle-ea ... 021-12-03/

Nicht nur von Israel könnte es Aktivitäten geben
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Platon
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Ich gehe eigentlich im Moment davon aus, dass eine Neuauflage des JCPOA mit dem jüngsten iranischen "Angebot" vom Tisch ist. Jetzt kommt es für die USA und Europäer darauf an sich zu positionieren, dass man nicht für das Scheitern der Gespräche verantwortlich gemacht werden kann und die größtmögliche Unterstützung/Toleranz von China/Russland im UN-Sicherheitsrat hat. Es ist auch noch möglich, dass es noch zu einem "kleinen" Interimsabkommen kommt. Das würde am Ende darauf hinauslaufen, dass der Iran auf Teile seines Atomprogramm ein Preisschild klebt. 60% Anreicherung stoppen. Also das werden dann mindestens mal die in Südkorea eingefroenen Milliarden sein müssen. Es ist dann ein ähnlicher Kuhhandel wie die Geiseldiplomatie, wo man auch jahrelang Geiseln hält bis der betroffene westliche Staat bereit ist die gestellten Forderungen zu erfüllen. Gut möglich, dass die Iraner es von Anfang an genau darauf abgesehen hatten, weil sie so Geld und Sanktionserleichterungen bekommen, ohne politische Zugeständnisse oder Zusagen zu weiteren Verhandlungen machen zu müssen. Das wäre auch eine Erklärung für das ständige Beharren auf Maximalforderungen.
Die Frage ist ob nicht doch irgendwann der Strategiewechsel kommt und der Westens komplett auf Maximum Pressure einschwenkt.
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Platon
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Wenn man sich die jüngsten Reaktionen anschaut, dann scheint es mir so zu sein, dass die Iraner ihre Karten überreizt haben. Das was sie offenbar machen wollten hat ihr Verhandlungsführer so dargestellt:
[...]In an exclusive interview with Al Jazeera in the Austrian capital, Ali Bagheri Kani said on Friday Iran would deliver a third proposal once the first two it submitted the previous day were accepted.

“Iran’s proposals to the world powers cannot be rejected. They are based on the provisions of the 2015 agreement,” he said, adding that all nuclear-related US sanctions should be removed immediately.

On Thursday, the lead negotiator had said the two proposals were related to “the lifting of sanctions” and “Iran’s nuclear actions”, both main issues facing the JCPOA.

“Now the other side must examine these documents and prepare itself to hold negotiations with Iran based on these documents,” he told state media.

Reporting from Vienna, Al Jazeera’s Ali Hashem said “the third proposal is going to be mainly on the verification process and the guarantees Iran is requesting from the world powers in order to revive the nuclear deal”.[...]
https://www.aljazeera.com/news/2021/12/ ... e-rejected

Das war der Plan. Der Iran übergibt neue Dokumente, über die man in den Arbeitsgruppen verhandelt. Der Startpunkt beginnt bei iranischen Maximalforderungen und man lässt sich dann runterhandeln und wenn die USA einen Deal wollen, dann werden sie eine Menge Zugeständnisse machen müssen. All diese Verstöße in den letzten 2-3 Jahren sollten letztlich genau dahin führen. Man wollte möglichst viel Verhandlungsmasse haben, damit man selbst, auch wenn man Zugeständnisse macht, am Ende noch besser darsteht als vorher (=2015, JCPOA). Und die USA waren bereit sich darauf einzulassen, weil man nämlich selbst auch sehr viel Verhandlungsmasse mit den Sanktionen hat und es am Ende darum geht dem Iran den Weg zur Atomwaffe zu versperren und man ist letztlich bereit sich auf einiges an Zugeständnissen einzulassen, solange dieser letzte Schritt dem Iran nachvollziehbar versperrt bleibt. Dazu kommt, dass die Iraner nicht ganz Unrecht mit ihrer Rhetorik haben, dass die Welt durch den Aufstieg Chinas eine andere geworden ist und die USA sich auf den Konflikt mit China konzentrieren und sich aus der Region rund um Iran zurückziehen wollen. Der Afghanistan-Abzug und der Versuch einer diplomatischen Lösung mit Iran sind zwei Schritte um diesen langfristigen Strategiewechsel zu erzielen. Das heißt man geht davon aus, dass die USA und insbesondere Biden - der sich ja schon in Afghanistan blamiert hat - letztendlich zu Kompromissen bereit sind, sofern man die wirklich zentralen Punkte erreicht. Also das der Schritt zur Atomwaffe nachvollziehbar versperrt bleibt.

In Wien hatte man von März bis Juni 6 Verhandlungsrunden und offenbar wurden dabei verschiedene schwierige Kompromisse zwischen beiden Seiten erarbeitet. Dabei wurde natürlich noch nichts beschlossen, aber man kam zu verschiedenen Themen zu Lösungen, die für beide Verhandlungsteams in Ordnung waren. Was die Iraner jetzt gemacht haben, war dass sie diese Kompromisse genommen und ihren eigenen Anteil zurückgenommen, den Anteil der anderen Seite aber als selbstverständlich genommen haben. Dazu wollen sie Sanktionen aufheben, die beim besten Willen nichts mit dem Atomprogramm zu tun haben. So hat es jedenfalls ein Sprecher des US-Außenministeriums ausgedrückt:
[...]And, of course, most importantly or most visibly while we were in Vienna, what getting ready meant was to come with proposals that walked back anything – any of the compromises that Iran had floated during the sixth round of talks, pocket all of the compromises that others and the U.S. in particular had made, and then ask for more; in other words, not come back with a serious proposal about how we could resume mutual compliance with the JCPOA, but raising issues that go beyond the JCPOA, and on their side not being prepared to take the steps that, again, I think not just the U.S., not just the U.S. and E3, but all of the P5+1 thought was a reasonable basis to resume talks. And so I think you’ve heard from other of our colleagues – as I said, not just the Europeans, but the Russians and Chinese – some impatience that after all this time what Iran came back with was to walk back anything that they had floated and to assume that they could pocket all of the compromises that others had made.[...]
https://www.state.gov/briefing-with-sen ... poa-talks/

Und das sind halt keine Maximalforderungen, sondern das ist einfach nur bescheuert und die europäischen Diplomaten sind ja dann auch einfach abgereist ohne diese Vorschläge mit einer Antwort zu würdigen. Verarschen können sie sich auch alleine und der Tenor von europäischen Diplomaten und aus den USA ist ja, dass die Iraner das ja wohl nicht ernst meinen können und offenbar nicht seriös sind.

Wenn ich mir aber die Statements von Bagheri Kani so anschaue und bedenke, dass die iranische Delegation 40 Leute stark war und ein Haufen Offizieller umfasste aus dem iranischen Finanzsektor wie z.B. ein ehemaliger Chef der iranischen Zentralbank. Dann denke ich schon, dass , die angereist sind um sehr ernsthaft vor allem über die Details zu sprechen, wie die Sanktionen aufgehoben werden könnten. Denn darüber wollten sie offenbar in Wien sprechen: Wann und wie die Sanktionen aufgehoben werden und die Maximalforderungen sollten am Ende zu einem guten Ergebnis führen, dass viele Sanktionen aufgehoben werden.
[...]The presence of "prominent experts and officials involved with the phenomenon of unjust sanctions in recent years" and the new team's "considerable differences" with the negoting team in the previous administration demonstrates Iran's resolve for a "clear-cut and complete political and economic agreement," the official news agency (IRNA) wrote Sunday.

The new team consists of Reza Najafi, deputy foreign minister for legal and international affairs and Iran's former envoy to the IAEA. The rest are banking and financial experts: Ebrahim Shaybani, former Central Bank governor, Gholamreza Panahi, Central Bank deputy governor for international affairs, Ali Fekri, deputy economy minister and head of the Investment Organization, Ahmad Asadzadeh, caretaker of oil ministry's international and trade department, and Mehdi Safari, the economic diplomacy deputy of the ministry of foreign affairs.

Nearly all the team's members have also served as envoys or representatives to international organizations in the past.[...]
https://www.iranintl.com/en/20211128550215

Diese Leute sind auch bezüglich dessen von Bedeutung, wenn es um Details über die Verifikation der Sanktionserleichterungen geht. Weil den Iranern ist ja nicht entgangen, dass die Sanktionen zwar 2015 "aufgehoben" wurden aber trotzdem de facto viele Sanktionen beibehalten wurden. Denn die Firmen haben erstmal abgewartet wie die Lage sich entwickelt und man konnte z.B. als Privatmensch nie im Iran auf Konten im Ausland zugreifen. Das wäre natürlich bei einem Deal jetzt nochmal stärker der Fall, weil man erstmal die Wahlen in den USA abwarten muss und die Iraner hatten da offenbar ein paar Ideen, wie man trotz dieser Unsicherheiten Sanktionen effektiv aufheben könnte. Es war eine Neuheit bei dieser Verhandlungsrunde, dass der Iran ein eigenes Dokument vorbereitet hatte, wie man sich das mit der lange geforderten und nie wirklich konkretisierten Verifikation der Aufhebung von Sanktionen denn vorstellt. Dieses Dokument sollte eigentlich als Drittes übergeben werden, dazu kam es jetzt aber nicht, weil die Europäer nach den ersten beiden Dokumenten bereits abgereist sind.

Dazu sind die Leute aus dem iranischen Finanzsektor natürlich auch die Leute, mit denen man reden muss, wenn es darum geht ein Interimsabkommen zu schließen. Also ein Teilabkommen, wo die Iraner auf einen Teil ihrer Verstöße verzichten und dafür dann Sanktionserleichterungen bekommen. In einem Interview (bei 1:16) wurde der iranische Verhandlungsführer Bagheri-Kani gefragt, ob er sich das vorstellen könnte und die Reaktion darauf war vielsagend. Denn er war ziemlich überrascht, dass ihm die Frage gestellt wurde und seine Antwort war die Frage, ob die USA einen solchen Vorschlag unterbreitet haben. Die Antwort des Interviewers war, dass man es hat durchblicken lassen und er sagt dann, dass er über einen solchen Vorschlag nicht informiert ist. Das ist alles andere als ein Nein und mir scheint, dass die Iraner genau das wollten bzw. wollen. Weil sie nämlich auf der einen Seite unbedingt Sanktionserleichterungen brauchen um den eigenen Staatshaushalt finanzieren zu können, auf der anderen Seite aber offenbar wenig motiviert sind eine komplette Rückkehr der USA zum JCPOA herbeizuführen. Weil das würde dann innenpolitisch einen großen politischen Preis kosten, man müsste Khamenei überzeugen, vermutliche praktisch alle nuklearen Fortschritte der letzten Jahre wieder abbauen und es stellt sich die Frage, ob das Sanktionstechnisch überhaupt so richtig viel bringt wegen der innenpolitsichen Situation in den USA. Dazu müsste man dann womöglich auch noch weitere Verpflichtungen zu Gesprächen über die regionale Rolle des Iran etc. eingehen. Auf all diese Dinge hat die Raisi-Regierung wohl wenig Lust und es ist daher für den Iran schon sehr attraktiv ein Teilabkommen zu schließen, wo man schnelle und effektive Sanktionserleichterungen bekommt für überschaubare Zugeständnisse im Atomprogramm. Das wären ja hauptsächlich dann die Verstöße der letzten Jahre, womit der Iran dann weiterhin in einer besseren Situation ist. Realistische Sanktionen die schnell wirken und ein Atomprogramm das stärker ausgebaut ist als im vollständig gültigen JCPOA. Es spricht nach meinem Dafürhalten einiges dafür, dass bei der iranischen Delegation genau das die Strategie war. Eine Einigung zum JCPOA erschweren und eine gute Ausgangsposition für ein Teilabkommen bekommen, was dann als schneller Erfolg verkauft werden kann.

Aber anstatt aus einer starken Position die Details der Sanktionserleichterungen zu besprechen und sich langsam von Maximalforderungen runterhandeln zu lassen haben sie mit ihren Vorschlägen die anderen Teilnehmer der Verhandlungen so vor den Kopf gestoßen, dass die Europäer einfach nur mit den Köpfen geschüttelt haben und nach Hause gefahren sind. Da hat die neue iranische Delegation jetzt einfach den Bogen überspannt, zu hoch gepokert, die Karten überreizt und hat einen diplomatischen Patzer begangen.

Es ist jetzt die Frage, ob da nächste Woche wirklich nochmal was kommt. Die Iraner verlangen von den Europäern eine offizielle Antwort auf ihre Vorschläge, aber Macron hat die Tage bei einem Besuch in den Emiraten schonmal durchblicken lassen, dass womöglich eine längere Pause folgen wird:
The Vienna talks were not successful, French President Emmanuel Macron said Friday, one day after the conclusion of the first round.

Macron, speaking at the UAE, asserted that the next round of talks could possibly "not reopen swiftly," warning that there could be a longer break in the talks that resumed on November 29.

"I think it's probable that this round of negotiations, given the positions, does not succeed," Macron said from Dubai. "It is most likely that these negotiations do not continue in the short term."
https://english.almayadeen.net/news/pol ... ul:-macron

Aber es ist klar, dass die Iraner sich bewegen müssen, wenn es eine Fortsetzung der Gespräche geben soll. Natürlich müssen sie zumindest einen großen Teil wenn nicht alle der kritisierten Änderungen zurücknehmen und einen enormen Gesichtsverlust hinnehmen. Womöglich braucht es auch weitere Zugeständnisse, zum Beispiel gibt es die Forderung der IAEA die Anlage in Karaj wieder zu überwachen, welche mutmaßlich von Israel per Drohne in die Luft gesprengt wurde. Die Iraner weigern sich da wieder Kameras installieren zu lassen, was die IAEA mit Nachdruck fordert. Ein Zugeständnis da würde die iranische Verhandlungsposition zum JCPOA nicht beeinträchtigen und wäre eine positive Geste an die Gegenseite. Es sind jetzt vor allem Russland und China gefragt die Iraner zu überzeugen das zu machen. Wenn sie auf ihren ursprünglichen Positionen beharren braucht es nächste Woche keine weitere Sitzung, weil die dann nämlich im offiziellen Scheitern der Gespräche enden würde und dann müsste die Sache vor den UN-Sicherheitsrat.

Wie auch der Weg zum Krieg jetzt sehr kurz scheint, weil der Iran reichert bereits sehr hoch an (60%) und wenn sie das weiter machen und insbesondere den Anreicherungsgrad nochmal auf waffenfähiges Niveau aus lauter Trotz erhöhen, dann muss Biden und Israel die Atomanlagen bombardieren, weil man nämlich genau das seit Jahrzehnten ankündigt für den Fall, dass es so weit kommt.

Man muss jetzt abwarten was passiert, aber die Iraner haben sich offenbar verspekuliert. Wie es dazu kommen konnte ist eigentlich recht klar. Weil die Leute die da jetzt federführend sind, scharren schon seit Monaten mit den Hufen und wollen ihren Vorgängern der Rohani-Regierung mal zeigen, wie man so richtig erfolgreich und standhaft mit den USA und dem Westen verhandelt. Sie sind der Meinung, dass die USA geopolitisch auf dem absteigenden Ast sind und sich am Ende auf fast alles einlassen, während man selbst den Schulterschluss mit einer neuen asiendominierten geopolitischen Ordnung sucht, d.h. Russland und China. Die Vorgänger waren ja alle vom Westen verführte Schwächlinge, die sich zu viele Kompromisse abringen lassen. Man selbst kann ja größtenteils nicht mal Englisch und ist vor allem in seiner Position, weil man ideologisch besonders strikt ist und zu allem Ja und Amen sagt was Khamenei sich wünscht. Ihre Vorgänger im Außenministerium waren natürlich auch keine Dissidenten, aber sie hatten aufgrund ihrer Ausbildung etc. die in nicht wenigen Fällen im Westen erfolgte, zumindest einen Sinn für Realismus, was bei hochkarätigen internationalen Verhandlungen geht und was einfach nur ideologisch-motivierte Deppertheit und Ja-Sagerei zu allem was Khamenei sich wünscht ist. Letzeres hat jetzt faktisch zu einem Zusammenbruch der diplomatischen Verhandlungen geführt, was natürlich Gespräche über das von ihnen selbst vermutlich gewollte Interimsabkommen mit einschließt. Man wird sich aber mittelfristig sicher nochmal treffen und sich dann womöglich auf irgendwas einigen können. Für den Moment hat man aber mal ordentlich ins Klo gegriffen und musst jetzt erstmal Lehrgeld zahlen.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Kohlhaas »

Platon hat geschrieben:(05 Dec 2021, 18:14)

Wenn man sich die jüngsten Reaktionen anschaut, dann scheint es mir so zu sein, dass die Iraner ihre Karten überreizt haben. Das was sie offenbar machen wollten hat ihr Verhandlungsführer so dargestellt:

https://www.aljazeera.com/news/2021/12/ ... e-rejected

Das war der Plan. Der Iran übergibt neue Dokumente, über die man in den Arbeitsgruppen verhandelt. Der Startpunkt beginnt bei iranischen Maximalforderungen und man lässt sich dann runterhandeln und wenn die USA einen Deal wollen, dann werden sie eine Menge Zugeständnisse machen müssen. All diese Verstöße in den letzten 2-3 Jahren sollten letztlich genau dahin führen. Man wollte möglichst viel Verhandlungsmasse haben, damit man selbst, auch wenn man Zugeständnisse macht, am Ende noch besser darsteht als vorher (=2015, JCPOA). Und die USA waren bereit sich darauf einzulassen, weil man nämlich selbst auch sehr viel Verhandlungsmasse mit den Sanktionen hat und es am Ende darum geht dem Iran den Weg zur Atomwaffe zu versperren und man ist letztlich bereit sich auf einiges an Zugeständnissen einzulassen, solange dieser letzte Schritt dem Iran nachvollziehbar versperrt bleibt.
Ich kann keine Indizien dafür entdecken, dass in den USA jemals die Bereitschaft bestand, sich auf dieses Spiel einzulassen. Unter Trump haben die USA den Vertrag aufgekündigt. Das hat im Senat und im Kongress auch keine Proteststürme ausgelöst. Die Haltung, dass der Vertrag zu "lasch" war, ist in den USA mehrheitsfähig.

Die iranische Delegation tut so, als würde sie einem milderen Vertrag zustimmen können. Das ist aber nur ein Trick. Iran will gar keinen neuen Vertrag. Iran spielt nur auf Zeit. Wie schon mehrfach geschrieben: Es wird keinen neuen Atomdeal geben.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Also mit USA meine ich natürlich allein die Biden-Regierung und man verhandelte ja drei Monate mit dem Iran darüber, dass sie ihre Sachen wieder zurücknehmen.
Und bezüglich des Interimdeals gab es offenbar schon die Überlegung, dass man einen europäischen Vorschlag in die Richtung sehr ernst nimmt.

Scoop: U.S. floats interim Iran nuclear deal
https://www.axios.com/us-floats-interim ... 0829b.html

Wie gesagt halte ich einen solchen für die iranische Seite für eine ziemlich attraktive Sache. Ich bin nicht der Ansicht, dass man am Ende eine Atombombe bauen will, sondern es geht dem Iran primär darum mit möglichst wenig Zugeständnissen möglichst viele Sanktionen aufheben zu lassen. Man sieht sich ja vor allem in einem geopolitisch-ideologischen Ringen mit den USA in der Region und in dieser Perspektive handelt man auch im Atomstreit.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Kohlhaas »

Platon hat geschrieben:(05 Dec 2021, 18:37)

Also mit USA meine ich natürlich allein die Biden-Regierung und man verhandelte ja drei Monate mit dem Iran darüber, dass sie ihre Sachen wieder zurücknehmen.
Und bezüglich des Interimdeals gab es offenbar schon die Überlegung, dass man einen europäischen Vorschlag in die Richtung sehr ernst nimmt.

Scoop: U.S. floats interim Iran nuclear deal
https://www.axios.com/us-floats-interim ... 0829b.html
Nochmal: Weder bei den Demokraten noch bei den Republikanern in den USA hat es meiner Kenntnis nach auch nur andeutungsweise die Bereitschaft gegeben, hinter den Bedingungen des aufgekündigten Atomdeals zurückzubleiben. Welche "Interimslösungen" denkbar erschienen, wenn die Aussicht auf weitergehende Vereinbarungen besteht, ist eine andere Frage.
Wie gesagt halte ich einen solchen für die iranische Seite für eine ziemlich attraktive Sache.
Wie sich gerade zeigt, sieht die iranische Seite diese Sache als gar nicht so attraktiv an.
Ich bin nicht der Ansicht, dass man am Ende eine Atombombe bauen will, sondern es geht dem Iran primär darum mit möglichst wenig Zugeständnissen möglichst viele Sanktionen aufheben zu lassen. Man sieht sich ja vor allem in einem geopolitisch-ideologischen Ringen mit den USA in der Region und in dieser Perspektive handelt man auch im Atomstreit.
Wenn das so wäre, müsste man doch sofort auf die Grundfrage kommen: Wenn Iran keine Atombombe will, warum widersetzt er sich dann so hartnäckig einem für das Land äußerst vorteilhaften Vertrag? "Geoplitische" Fragen spielen natürlich eine Rolle. Aber selbst den irren Fanatikern in Teheran sollte doch langsam klar geworden sein, dass die USA Israel nicht sich selbst und der Willkür iranischer Mullahs überlassen werden.

Und bei all dem ist immer noch zu beachten, dass Iran gar nicht mit den USA verhandelt. Direkte Gespräche mit den USA schließen die Mullahs kategorisch aus.

Es gibt für diese "Verhandlungsposition" nur eine Erklärung: Iran will die Atombombe und versucht nun so viel Zeit zu schinden, dass der Bau dieser Waffe möglich wird.
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Re: Das Atomabkommen mit dem Iran und Auswirkungen

Beitrag von Platon »

Heute fand dann doch wieder eine Sitzung in Wien statt. Die Sitzung war sehr kurz und keine Stunde lang. Der iranische Verhandlungsführer hat seine unveränderte Position vorgetragen und man will dann jetzt in den Arbeitsgruppen über den Vorschlag der Iraner reden. Die iranische Seite hat ja immer betont, dass sie den eigenen Vorschlag als Verhandlungsgrundlage verstehen, was natürlich impliziert, dass sie nicht auf diesen Positionen bis zum Schluss bestehen werden. Es wird jetzt darauf ankommen wie flexibel die Iraner sich in den Arbeitsgruppen präsentieren und ob eine Einigung in absehbarer Zeit möglich scheint. Denn die Rhetorik der europäischen Diplomaten und der USA spielt genau darauf an, dass man nicht mehr allzu lange verhandeln möchte. Sie wollen damit den Druck auf die iranischen Unterhändler erhöhen sich jetzt zügig auf die europäische Position zuzubewegen, damit man nicht die Gespräche abbricht mit dem Verweis, dass der Iran sie nur als Mittel nutzt um das eigene Atomprogramm auszubauen und so immer mehr Verhandlungsmasse anzuhäufen. Dieses Problem ließe sich recht schnell lösen durch ein Interimsabkommen, in dem der Iran sein Atomprogramm einfriert und dafür Gelder freigegeben werden.

Gleichzeitig kommt aus den USA mittlerweile Töne, dass man zwar den diplomatischen Weg bevorzugen würde, aber auch bereits konkrete Schritte einleitet für den Fall, dass die Gespräche in Wien nicht in absehbarer Zeit zum gewünschten Ergebnis führen. Der erste Schritt, den die US-Regierungssprecherin auch bereits konkret angekündigt hat ist die stärkere Umsetzung der Sanktionen. Eine hochrangige Delegation der USA wird in die Emirate reisen, weil Firmen in dem Land zentral sind für das Unterlaufen der Sanktionen.

Es gibt aber auch hochrangige Kontakte der Verteidigungsminister von Israel und den USA über gemeinsame Militärmanöver, die ganz offen einen Angriff gegen das iranische Atomprogramm simulieren sollen, ebenso wird es nach Berichten eine große Übung im Mittelmeer mit dutzenden israelischen Flugzeugen im Frühling geben. Es ist also zu erwarten, dass es in den nächsten Monaten zu konkreten Vorbereitungen eines Militärschlags kommen wird. Die USA können dann die Kräfte, die in Afghanistan frei wurden dafür verwenden.

Weil es ist ja schon klar, dass wenn die Europäer und die Biden-Administration beschließen, dass man diplomatisch nicht weiterkommt, man versuchen wird den Iran endgültig in die Staatspleite zu treiben und wenn man es tatsächlich wagt auf 90% anzureichern, dann wird es einen militärischen Angriff geben. Eine entsprechende Eskalation wäre im Laufe des nächsten Jahres denkbar.

Aber im Moment ist man in einer Situation, wo die Einsätze auf beiden Seiten erhöht werden und eine diplomatische Lösung oder ein Einfrieren des Konflikts defintiv (noch) möglich ist.
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