Zukunft der Orientchristen?

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Ultra-tifosi
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Zukunft der Orientchristen?

Beitrag von Ultra-tifosi »

Ein Thema, das leider immer wieder stark in der Debatte um den Nahen Osten untergeht, ist die Lage der Orientalischen Christen.

Durch Konvertierung, Auswanderung, Massaker & teilweise einer niedrigeren Geburtenrate ging der Anteil der Christen in den letzten Jahrhunderten immer weiter zurück.

Die aktuellen Zahlen:

Libanon 42% (etwa 1,7 Millionen) Flüchtlinge nicht einberechnet
Syrien 10% (etwa 2,2 Millionen) Vor dem Bürgerkrieg
Ägypten: 9% (etwa 8,9 Millionen)
Jordanien 6% (etwa 0,4 Millionen)
Palästinensische Gebiete 6% (etwa 0,075 Millionen)
Irak 2% (etwa 0,4 Millionen) vor dem Einmarsch der Amerikaner 2003 noch bei 2 Millionen
Israel 2% (etwa 0,2 Millonen)
Iran 0,2% (etwa 0,3 Millionen)
Türkei 0,2% (etwa 0,1 Millionen) (Etwa 1,5 Millionen christliche Armenier, Chaldäer & Assyrer starben zwischen 1890 und 1918 an Massakern)


dazu kommen noch christliche "Gastarbeiter" in folgenden Ländern:

Saudi-Arabien (etwa 1.200.000)
U.A.E. (etwa 944.000)
Kuwait (etwa 450.000)
Qatar (etwa 178.000)
Oman (etwa 120.000)
Bahrain (etwa 88.000 )
Yemen (etwa 41.000)

Besonders in den Kriegsgebieten Irak & Syrien ist die Lage für die Orientchristen (sowie für andere Minderheiten) dramatisch. Aber auch in den anderen Staaten leiden die Orientchristen unter wechselhaft starker Verfolgung...


Es stellt sich die Frage, ob die Errichtung eines christlicher Staates (z.B. der Libanon & Teile davon) im Nahen Osten nicht geeignet wäre, die Christen vor der Verfolgung zu schützen & dort ein Überleben der Orientchristen zu sichern...
Audi
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Re: Zukunft der Orientchristen?

Beitrag von Audi »

Ja, dann fühlen sich die Moslems besetzt und zetteln einen heiligen Krieg an....
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Platon
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Re: Zukunft der Orientchristen?

Beitrag von Platon »

Der Libanon war ja eigentlich mal als Christlicher Staat gedacht, dann sind aber blöderweise die ganzen Christen nach Südamerika ausgewandert und jetzt sind die Muslime wieder in der Mehrheit. ^^
Dieser Beitrag ist sehr gut.
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Ultra-tifosi
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Re: Zukunft der Orientchristen?

Beitrag von Ultra-tifosi »

Platon hat geschrieben:(24 Jun 2016, 13:57)

Der Libanon war ja eigentlich mal als Christlicher Staat gedacht, dann sind aber blöderweise die ganzen Christen nach Südamerika ausgewandert und jetzt sind die Muslime wieder in der Mehrheit. ^^
nicht nur Südamerika, auch Nigeria, Liberia, Kanada, USA, Australien, Frankreich, u.a.

Alleine in Brasilien leben 7 Millionen Nachkommen der Libanesischen Christen.

Ein Wunder, dass es immer noch 42% sind ...
HugoBettauer

Re: Zukunft der Orientchristen?

Beitrag von HugoBettauer »

Ultra-tifosi hat geschrieben:(23 Jun 2016, 21:22)

Ein Thema, das leider immer wieder stark in der Debatte um den Nahen Osten untergeht, ist die Lage der Orientalischen Christen.

Durch Konvertierung, Auswanderung, Massaker & teilweise einer niedrigeren Geburtenrate ging der Anteil der Christen in den letzten Jahrhunderten immer weiter zurück.

Die aktuellen Zahlen:

Libanon 42% (etwa 1,7 Millionen) Flüchtlinge nicht einberechnet
Syrien 10% (etwa 2,2 Millionen) Vor dem Bürgerkrieg
Ägypten: 9% (etwa 8,9 Millionen)
Jordanien 6% (etwa 0,4 Millionen)
Palästinensische Gebiete 6% (etwa 0,075 Millionen)
Irak 2% (etwa 0,4 Millionen) vor dem Einmarsch der Amerikaner 2003 noch bei 2 Millionen
Israel 2% (etwa 0,2 Millonen)
Iran 0,2% (etwa 0,3 Millionen)
Türkei 0,2% (etwa 0,1 Millionen) (Etwa 1,5 Millionen christliche Armenier, Chaldäer & Assyrer starben zwischen 1890 und 1918 an Massakern)


dazu kommen noch christliche "Gastarbeiter" in folgenden Ländern:

Saudi-Arabien (etwa 1.200.000)
U.A.E. (etwa 944.000)
Kuwait (etwa 450.000)
Qatar (etwa 178.000)
Oman (etwa 120.000)
Bahrain (etwa 88.000 )
Yemen (etwa 41.000)

Besonders in den Kriegsgebieten Irak & Syrien ist die Lage für die Orientchristen (sowie für andere Minderheiten) dramatisch. Aber auch in den anderen Staaten leiden die Orientchristen unter wechselhaft starker Verfolgung...


Es stellt sich die Frage, ob die Errichtung eines christlicher Staates (z.B. der Libanon & Teile davon) im Nahen Osten nicht geeignet wäre, die Christen vor der Verfolgung zu schützen & dort ein Überleben der Orientchristen zu sichern...
Ein Christenstaat ist keine gute Idee. Das gibt nur Leid und Konflikt. Die Christen werden sich mit ihrer Minderheit gegenüber anderen Religionen und Nichtreligionen arrangieren müssen.
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Kardux
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Re: Zukunft der Orientchristen?

Beitrag von Kardux »

Die orientalischen Christen müssen in einer eventuellen Neuordnung der Region unbedingt berücksichtigt werden. Ohne einen eigenen Staat werden die Christen kontinuierlich auswandern und in anderen Ländern (bevorzugt Australien und Kanada) untergehen.

Die Christen könnten in der Umgebung zwischen Mosul und der Hasakah- Provinz einen eigenen Staat errichten. Die Kurden müssen hier territoriale Zugeständnisse machen, jedoch auch die sunnitischen Araber. Genauso könnte auch ein Christenstaat im Libanon entstehen, ob die Maroniten im Libanon aber 42 % ausmachen bezweifel ich mal sehr stark. Das Problem im Libanon ist die Uneinigkeit der Christen, eine Hälfte sympathisiert mit der Hizbollah die andere mit den verbleibenden moderaten Sunniten.

Der Nahe Osten muss in sehr viele Kleinstaaten aufgeteilt werden, nur so kann man kleine Völker und Kulturen retten.
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HugoBettauer

Re: Zukunft der Orientchristen?

Beitrag von HugoBettauer »

Kardux hat geschrieben:(25 Jun 2016, 23:02)
Ohne einen eigenen Staat werden die Christen kontinuierlich auswandern und in anderen Ländern (bevorzugt Australien und Kanada) untergehen.
Ich sehe keinen Schaden darin, wenn Menschen auswandern und sich dann anpassen.
Der Nahe Osten muss in sehr viele Kleinstaaten aufgeteilt werden, nur so kann man kleine Völker und Kulturen retten.
Ist eine Kultur wirklich über Menschenleben zu stellen?
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Kardux
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Re: Zukunft der Orientchristen?

Beitrag von Kardux »

HugoBettauer hat geschrieben: Ich sehe keinen Schaden darin, wenn Menschen auswandern und sich dann anpassen.


Ist eine Kultur wirklich über Menschenleben zu stellen?
Ne, diesmal fütter ich Sie nicht.
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ThorsHamar
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Re: Zukunft der Orientchristen?

Beitrag von ThorsHamar »

Kardux hat geschrieben:(25 Jun 2016, 23:02)


Der Nahe Osten muss in sehr viele Kleinstaaten aufgeteilt werden, nur so kann man kleine Völker und Kulturen retten.
Ja, so mit Gehegen und Freiflächen. Da kann man sie dann bestaunen ....
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Ultra-tifosi
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Re: Zukunft der Orientchristen?

Beitrag von Ultra-tifosi »

Kardux hat geschrieben:(25 Jun 2016, 23:02)

Die orientalischen Christen müssen in einer eventuellen Neuordnung der Region unbedingt berücksichtigt werden. Ohne einen eigenen Staat werden die Christen kontinuierlich auswandern und in anderen Ländern (bevorzugt Australien und Kanada) untergehen.

Die Christen könnten in der Umgebung zwischen Mosul und der Hasakah- Provinz einen eigenen Staat errichten. Die Kurden müssen hier territoriale Zugeständnisse machen, jedoch auch die sunnitischen Araber. Genauso könnte auch ein Christenstaat im Libanon entstehen, ob die Maroniten im Libanon aber 42 % ausmachen bezweifel ich mal sehr stark. Das Problem im Libanon ist die Uneinigkeit der Christen, eine Hälfte sympathisiert mit der Hizbollah die andere mit den verbleibenden moderaten Sunniten.
So ein Kleinstaat zwischen Mossul & der KRG wäre aber nicht überlebensfähig bzw. nur wegen der Kurdischen Nachbarn. Außerdem sind die ganzen arabisch-sunnitischen Fanatiker in Mossul eine hohe Gefahr für alle Nachbarn in den nächsten Jahrzehnten. Die Christen werden dort zerrieben.

Die christlichen Maroniten im Libanon machen 21% der Bevölkerung aus. Sind ja noch viele andere christliche Glaubensgemeinschaften vorhanden (Griechisch-Orthodox, Griechisch-Katholisch, Armenisch-Apostolisch, Armenisch-Katholisch, Protestanten, Kopten.)

Ja stimmt. Die libanesische Politik ist eh kurios. Erinnert stark an das Asterix Heft "Odysee". Jeder gegen Jeden & zusammen mit meinen Feind von gestern gegen meinen Freund von gestern....
Der Nahe Osten muss in sehr viele Kleinstaaten aufgeteilt werden, nur so kann man kleine Völker und Kulturen retten.
Meine Rede. Nur werden da die lokalen Großmächte (Iran, Türkei, Saudi-Arabien, Israel, Pakistan) nicht mitspielen, da es sie ebenfalls treffen würde.
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Re: Zukunft der Orientchristen?

Beitrag von Ultra-tifosi »

ThorsHamar hat geschrieben:(29 Jun 2016, 00:19)

Ja, so mit Gehegen und Freiflächen. Da kann man sie dann bestaunen ....
Die Alternative ist die Auslöschung bzw. Marginalisierung.

Toleranz ist dem Nahen Osten die letzten Jahre leider stark abhanden gekommen...
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Cat with a whip
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Re: Zukunft der Orientchristen?

Beitrag von Cat with a whip »

Kardux hat geschrieben:(25 Jun 2016, 23:02)

Die orientalischen Christen müssen in einer eventuellen Neuordnung der Region unbedingt berücksichtigt werden. Ohne einen eigenen Staat werden die Christen kontinuierlich auswandern
Im Gegenteil, gerade durch einen Christenstaat würden die Christen aus ihren Ländern auswandern. Eben nämlich in diesen Christenstaat.
"Die Erde ist ein Irrenhaus. Dabei könnte das bis heute erreichte Wissen der Menschheit aus ihr ein Paradies machen." Joseph Weizenbaum
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Re: Zukunft der Orientchristen?

Beitrag von Cat with a whip »

Platon hat geschrieben:(24 Jun 2016, 13:57)

Der Libanon war ja eigentlich mal als Christlicher Staat gedacht, dann sind aber blöderweise die ganzen Christen nach Südamerika ausgewandert und jetzt sind die Muslime wieder in der Mehrheit. ^^
Mit Christ-Faschisten ist nunmal kein Staat zu machen. Die wahnsinnigen Christen haben sich dort lieber gegenseitig abgeschlachtet, anstatt mit Israel zu kooperieren. Siehe Gemayel.
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Re: Zukunft der Orientchristen?

Beitrag von Ultra-tifosi »

Cat with a whip hat geschrieben:(29 Jun 2016, 00:44)

Mit Christ-Faschisten ist nunmal kein Staat zu machen. Die wahnsinnigen Christen haben sich dort lieber gegenseitig abgeschlachtet, anstatt mit Israel zu kooperieren. Siehe Gemayel.
Im Libanonkrieg hat jeder jeden bekämpft. Da waren die Sunniten, Schiiten, Drusen,u.a. auch nicht anders als die Christen...

bzgl; Israel. was für ein Käse. Informieren sie sich mal über die Südlibanesische Armee (SLA).

https://de.wikipedia.org/wiki/S%C3%BCdl ... sche_Armee
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Re: Zukunft der Orientchristen?

Beitrag von HugoBettauer »

Ultra-tifosi hat geschrieben:(29 Jun 2016, 00:23)

Die Alternative ist die Auslöschung bzw. Marginalisierung.

Toleranz ist dem Nahen Osten die letzten Jahre leider stark abhanden gekommen...
In diesem Spiel haben die dortigen Christen auch ihren Anteil. Sie müssen ein friedliches Miteinander suchen. Wenn jemand stattdessen umziehen will, etwa nach Europa, dann ist das auch in Ordnung - wie jeder müssen sie hier aber das Grundgesetz über ihr heiliges Buch stellen. Berufsterroristen sollte man aber ganz ablehnen.
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ThorsHamar
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Re: Zukunft der Orientchristen?

Beitrag von ThorsHamar »

Ultra-tifosi hat geschrieben:(29 Jun 2016, 00:23)

Die Alternative ist die Auslöschung bzw. Marginalisierung.
Ja, und? Sprechen wir über einen Zoo für seltene, vom Aussterben bedrohte Tierarten oder über dynamische Prozesse menschlicher Gesellschaften?
Toleranz ist dem Nahen Osten die letzten Jahre leider stark abhanden gekommen...
Ja, spätestens seit den Kreuzzügen ...
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Cat with a whip
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Re: Zukunft der Orientchristen?

Beitrag von Cat with a whip »

Ultra-tifosi hat geschrieben:(29 Jun 2016, 00:53)

Im Libanonkrieg hat jeder jeden bekämpft. Da waren die Sunniten, Schiiten, Drusen,u.a. auch nicht anders als die Christen...

bzgl; Israel. was für ein Käse. Informieren sie sich mal über die Südlibanesische Armee (SLA).

https://de.wikipedia.org/wiki/S%C3%BCdl ... sche_Armee
Danke für den Käse, mir ist das bekannt, nur bekämpften sich im Libanesischen Bürgerkrieg nunmal auch Christen und nicht alle Christen wollten Frieden und Verständigung mit Israel. Wir können uns doch nicht die Geschichte so einfach spinnen wie wir sie gerne hätten. Wie auch immer, die maronitische Dominanz im Libanon ist seit dem "Dokument der Nationalen Verständigung"/Taif-Abkommen von 1989 vorbei.

Der Libanon als "christliches Refugium" ging seit Ende des 1. WK auf wackeligen Beinen. Grund war die Gebietserweiterungen nach denen man neben mehr Territorialfläche auch mehr Muslime am Hacken hatte und die Christen nur noch eine knappe Mehrheit darstellten.
https://de.wikipedia.org/wiki/Henri_Gouraud_(General)
https://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Flibanon

Ob der der Herr Kreuzritter Gouraud am Grab von Saladin soweit gedacht hatte?
Dem Autonomiegebiet von 1861 wurden die heutige Hauptstadt Beirut sowie zusätzliche Gebiete im Norden, Süden und Osten angegliedert und damit das ursprüngliche Territorium nahezu verdoppelt.

Darin war jedoch ein entscheidender Geburtsfehler begründet: Der als christliches Refugium gedachte Staat hatte so nur noch eine knappe christliche Mehrheit. Die große Mehrheit der libanesischen Muslime, aber auch viele Angehörige der anderen christlichen Konfessionen lehnten die Abspaltung von den umliegenden Territorien Syriens und Palästinas ab. Kulturelle, familiäre und ökonomische Bindungen sowie arabisch-nationalistische Bestrebungen spielten dabei eine Rolle. Für die muslimischen Eliten kam hinzu, dass sie sich von ihrer Position als Teil der vorherrschenden Kraft im Osmanischen Reich auf den Status eines Juniorpartners der politisch dominierenden Christen reduziert sahen
http://www.bpb.de/gesellschaft/migratio ... nd-politik
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Keoma
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Re: Zukunft der Orientchristen?

Beitrag von Keoma »

Irgendwie dürfte bei Manchen die Meinung herrschen, nur weil sie Christen sind, gehören sie automatisch zu den Guten.
Der Gescheitere gibt nach!
Eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummheit.

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Re: Zukunft der Orientchristen?

Beitrag von Cat with a whip »

Ultra-tifosi hat geschrieben:(23 Jun 2016, 21:22)
Durch Konvertierung, Auswanderung, Massaker & teilweise einer niedrigeren Geburtenrate ging der Anteil der Christen in den letzten Jahrhunderten immer weiter zurück.

Die aktuellen Zahlen:

Libanon 42% (etwa 1,7 Millionen) Flüchtlinge nicht einberechnet
Kleine Ergängung: Am Ende des libanesischen Bürgerkriegs war der Anteil auf nur 25% gesunken. Der Anteil wuchs seitdem durch Rückkehrer aus der Diaspora auf 42%.
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Kardux
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Re: Zukunft der Orientchristen?

Beitrag von Kardux »

Ultra-tifosi hat geschrieben:(29 Jun 2016, 00:22)

So ein Kleinstaat zwischen Mossul & der KRG wäre aber nicht überlebensfähig bzw. nur wegen der Kurdischen Nachbarn. Außerdem sind die ganzen arabisch-sunnitischen Fanatiker in Mossul eine hohe Gefahr für alle Nachbarn in den nächsten Jahrzehnten. Die Christen werden dort zerrieben.

Die christlichen Maroniten im Libanon machen 21% der Bevölkerung aus. Sind ja noch viele andere christliche Glaubensgemeinschaften vorhanden (Griechisch-Orthodox, Griechisch-Katholisch, Armenisch-Apostolisch, Armenisch-Katholisch, Protestanten, Kopten.)

Ja stimmt. Die libanesische Politik ist eh kurios. Erinnert stark an das Asterix Heft "Odysee". Jeder gegen Jeden & zusammen mit meinen Feind von gestern gegen meinen Freund von gestern....



Meine Rede. Nur werden da die lokalen Großmächte (Iran, Türkei, Saudi-Arabien, Israel, Pakistan) nicht mitspielen, da es sie ebenfalls treffen würde.
Und gerade weil sunnitisch-arabische Fanatiker eine hohe Gefahr für alle Nachbarn sind, brauchen die Christen dringend einen eigenen Staat oder zumindest eine Autonomieregion. Die Überlebensfähigkeit eines solchen Staates wäre natürlich auch an Nachbarstaaten (Kurdistan) gebunden, aber dasselbe könnte man auch von einem Kurdenstaat behaupten. Die Kurden wären, sofern man die Türkei und den Iran außen vor lassen wollte, abhängig von Alawiten und Christen (wegen dem Meereszugang), so könnte das Gleichgewicht auch hergestellt werden. Nun, ich bin kein Träumer oder eine Gertrude Bell 2.0, aber die Konsequenzen sind absehbar, wenn es so weiter geht wie bisher. Die Kleinen werden aufgerieben und dazu zählen nunmal die Orientchristen. Die Antipathie und Gleichgültigkeit der christlichen Europäer den Orientchristen gegenüber hat auch seinen Grund. Die meisten Orientchristen sind orthodoxe Christen und somit auch russophil. Schon seit Beginn des 19. Jahrhunderts versuchten europäische Missionare unter Billigung der Osmanen die dort lebenden Christen zu "bekehren". Einige wurde zwar zu Protestanten oder Katholiken aber die Zahl war überschaubar. Der Frust sitzt wohl noch tief. Nichtsdestotrotz, sind die Orientchristen ein fester Bestandteil der dortigen Kultur. Sie hatten einen kulturellen Einfluß auf alle Völker im Nahen Osten. Ein großer Verlust steht bevor. Das Werk der Jungtürken wird wohl vollendet werden.
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Re: Zukunft der Orientchristen?

Beitrag von Kardux »

Keoma hat geschrieben:(29 Jun 2016, 07:26)

Irgendwie dürfte bei Manchen die Meinung herrschen, nur weil sie Christen sind, gehören sie automatisch zu den Guten.
Darum geht es nicht. Jede Volksgruppe hat eine Existenzberechtigung, ob sie gut, fähig, ambitioniert, böse, oder was auch immer sind ist irrelevant. Natürlich, wer sich mit Geschichte befasst wird heraus finden dass das Assyrische Großreich ein Sklavenimperium war und schon damals Menschen umsiedelte. Während der Kreuzzüge steckten sie unweigerlich in einer Zwickmühle, das sie sich an Gräueltaten der Kreuzritter beteiligten ist nicht abzuweisen aber welche Wahl hatten sie im zeitgeschichtlichen Kontext? Hätten sie etwa gegen die Kreuzritter kämpfen sollen? Während der Osmanenherrschaft sah es auch nicht rosig aus, da blenden wir einmal aus ob das Christen sind oder nicht. Nennen wir sie einfach einen Sammelbund an ethnisch und konfessionell leicht unterschiedlichen Volksgruppen deren Existenz seit den Russenkriegen der Osmanen gefährdet ist. Und obwohl sich Orientchristen dann nach der Neuordnung der Region in den jeweiligen Staaten Irak, Syrien, Libanon gut integriert haben ist das für die Muslime völlig belanglos. Sie sind Nicht-Muslime und somit Kuffar. Dasselbe gilt auch für andere konfessionelle Minderheiten.
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Re: Zukunft der Orientchristen?

Beitrag von Keoma »

Kardux hat geschrieben:(29 Jun 2016, 07:53)

Darum geht es nicht. Jede Volksgruppe hat eine Existenzberechtigung, ob sie gut, fähig, ambitioniert, böse, oder was auch immer sind ist irrelevant. Natürlich, wer sich mit Geschichte befasst wird heraus finden dass das Assyrische Großreich ein Sklavenimperium war und schon damals Menschen umsiedelte. Während der Kreuzzüge steckten sie unweigerlich in einer Zwickmühle, das sie sich an Gräueltaten der Kreuzritter beteiligten ist nicht abzuweisen aber welche Wahl hatten sie im zeitgeschichtlichen Kontext? Hätten sie etwa gegen die Kreuzritter kämpfen sollen? Während der Osmanenherrschaft sah es auch nicht rosig aus, da blenden wir einmal aus ob das Christen sind oder nicht. Nennen wir sie einfach einen Sammelbund an ethnisch und konfessionell leicht unterschiedlichen Volksgruppen deren Existenz seit den Russenkriegen der Osmanen gefährdet ist. Und obwohl sich Orientchristen dann nach der Neuordnung der Region in den jeweiligen Staaten Irak, Syrien, Libanon gut integriert haben ist das für die Muslime völlig belanglos. Sie sind Nicht-Muslime und somit Kuffar. Dasselbe gilt auch für andere konfessionelle Minderheiten.
Alles korrekt, worauf ich hinauswollte, ist eher so was wie "wenn schon Flüchtlinge, dann nur Christen".
Dabei werden sich orientalische Christen auch nicht gerade auszeichnen bei der Integration.
Die fahren auch ein ziemliches Hardcore-Programm.
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Cat with a whip
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Re: Zukunft der Orientchristen?

Beitrag von Cat with a whip »

Na dann suchen wir doch mal ne schöne menschenfreie Scholle für den neuen christlichen Vielvölkerstaat, wo man erst keine anderen Menschen dafür vertreiben muß um russophile Christen der Ostkirchen zu separieren.
Heisser Tipp: Das kaspische Meer verlandet...
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Re: Zukunft der Orientchristen?

Beitrag von Ultra-tifosi »

Cat with a whip hat geschrieben:(29 Jun 2016, 08:27)

Na dann suchen wir doch mal ne schöne menschenfreie Scholle für den neuen christlichen Vielvölkerstaat, wo man erst keine anderen Menschen dafür vertreiben muß um russophile Christen der Ostkirchen zu separieren.

Heisser Tipp: Das kaspische Meer verlandet...
das war einmal (zwischen 1930 & 1980)...

aktuell steigt der Wasserpegel stetig (zwischen 14-40 cm zusätzliche Wasserhöhe jedes Jahr)..

mittlerweile kommt es zu regelmäßigen Überflutungen...
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King Kong 2006
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Re: Zukunft der Orientchristen?

Beitrag von King Kong 2006 »

Papst Franziskus besucht erstmals den Irak. Noch rund 400 000 Christen sollen dort leben. Viele sind ausgewandert. Gerade der IS und der Krieg luden nicht zum verweilen ein. Dort trifft er den höchsten Würdenträger der schiitischen Welt, Großajatollah al-Sistani. Sozusagen die beiden höchsten Würdenträger der katholischen und schiitischen Glaubenswelt.
HISTORISCHES TREFFEN:

Der Papst und der Großajatollah hinter verschlossenen Türen

Der zweite Tag der Reise von Papst Franziskus im Irak war an Symbolkraft kaum zu überbieten. Über dem Süden des Landes wölbte sich ein stahlblauer Himmel. Die Luft war klar und kühl, der Wind mitunter frisch, aber doch nicht so stark, dass er den Sand der Wüste, die sich von hier nach Westen hin bis weit nach Saudi-Arabien hinein erstreckt, ins Tal von Euphrat und Tigris getragen hätte.

Am frühen Morgen kam es in der heiligen Stadt Nadschaf zur vielleicht wichtigsten Begegnung dieser 33. Auslandsreise von Papst Franziskus. Um sieben Uhr Ortszeit stattete Franziskus dem schiitischen Großajatollah Ali al Sistani einen Besuch ab, der offiziell als private Höflichkeitsvisite bezeichnet wurde.
Nach Angaben des vatikanischen Presseamtes dauerte die Begegnung hinter verschlossenen Türen rund 45 Minuten. Neben Franziskus nahm auch der Patriarch der chaldäisch-katholischen Kirche, Kardinal Louis Raphael I. Sako, an dem Treffen mit Sistani teil: Sako ist der „Architekt“ des historischen ersten Besuches eines Papstes im Irak , insbesondere der Begegnung von Franziskus mit Sistani.


Schiiten und Christen haben besonders im Irak, aber auch in Teilen in Syrien den Kampf gegen den IS getragen. Natürlich neben den Kurden. Al-Sistani sprach sich gegen den Kampf gegen US-Truppen und deren Zivilbeamten im Irak aus. Was ihm Sympathien im Westen einbrachte. Er ist in manchen Belangen durchaus anderer Meinung als seine Kollegen z.B. im iranischen Ghom.

Christen, Kurden/Yesiden und Schiiten haben sich maßgeblich im Kampf gegen den IS zusammengerauft. Das mag ein Zweckbündnis gewesen sein, aber Fakt ist, daß die Massaker ähnlich eines Genozids von dem IS ausging. Nicht von den Schiiten, Kurden oder Christen.
Der Papst dankte Sistani dafür, dass dieser „angesichts der Gewalt und der großen Schwierigkeiten der vergangenen Jahre seine Stimme zur Verteidigung der Schwächsten und der Verfolgten erhoben und die Heiligkeit des menschlichen Lebens und die Wichtigkeit der Einheit des irakischen Volkes betont“ habe.
Der Ajatollah habe mit dem Papst über Unterdrückung, Armut und Verfolgung vieler Völker im Nahen Osten gesprochen und dabei auch die Lage der Palästinenser erwähnt. Der auch politisch eminent einflussreiche geistliche Führer der irakischen Schiiten habe versichert, er werde sich auch künftig persönlich dafür einsetzen, „dass die christlichen Bürger wie alle Iraker in Frieden und Sicherheit leben können, mit all ihren verfassungsmäßigen Rechten“. Eine gemeinsame Erklärung unterzeichneten die beiden erwartungsgemäß nicht.

https://www.faz.net/aktuell/politik/aus ... 31126.html
Dieser Tag, wurde dann auch gleich zum irakischen Feiertag erklärt.
Wenn man zuviel weiß, wird es immer schwieriger, einfache Entscheidungen zu treffen.
Wissen stellt eine Barriere dar, die einen daran hindert, etwas in Erfahrung zu bringen.
- Frank Herbert, Die Kinder des Wüstenplaneten
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Re: Zukunft der Orientchristen?

Beitrag von Panarin »

Der amerikanische Einmarsch im Irak 2003 hat die christliche Gemeinde im Irak unglaublich dezimiert. Man kann es drehen und wenden wie man will, dieser Krieg hat die Bildung der Al Qaida im Irak und später des IS erst begründet. Eine Katastrophe.
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Platon
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Re: Zukunft der Orientchristen?

Beitrag von Platon »

Der Besuch des Papsts im Irak ist sicherlich eine sehr gelungene Sache und weist darauf hin, dass es schon noch ein paar Christen im Irak gibt und es ist auch eine Siegesrunde nach dem Untergang des IS-Kalifats, was vor allem sein Besuch in Mossul deutlich macht. Der Besuch bei Sistani ist natürlich symbolträchtig, aber Sistani ist jetzt nicht derjenige der irgendwelche Reden hält und sich zu weitreichenden Statements hinreißen lässt.
Dieser Beitrag ist sehr gut.
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Re: Zukunft der Orientchristen?

Beitrag von Kardux »

Platon hat geschrieben:(06 Mar 2021, 23:48)

Der Besuch des Papsts im Irak ist sicherlich eine sehr gelungene Sache und weist darauf hin, dass es schon noch ein paar Christen im Irak gibt und es ist auch eine Siegesrunde nach dem Untergang des IS-Kalifats, was vor allem sein Besuch in Mossul deutlich macht. Der Besuch bei Sistani ist natürlich symbolträchtig, aber Sistani ist jetzt nicht derjenige der irgendwelche Reden hält und sich zu weitreichenden Statements hinreißen lässt.
Der Besuch war lediglich symbolischer Natur - das Schicksal der Orientchristen im Irak ist besiegelt.
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