Sparen war gestern

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odiug

Re: Sparen war gestern

Beitrag von odiug »

Gruwe hat geschrieben:(15 Nov 2019, 09:31)

Das sind aber alles illegale Machenschaften, die korrekterweise illegal sind und daher nichts mit der populistischen Aussage "Gewinne werden privatisiert, Verluste sozialisiert" nichts zu tun haben, da diese Vorgehen ja verhindert werden sollen und nicht akzeptiert sind. Auch ändert es nichts daran, dass auch die Arbeitnehmer jahrelang von der Unternehmung Schlecker profitiert haben.
Dann wurde halt in Anton Schlecker ein schlechtes Beispiel gewählt ... ein sehr schlechtes

Auch das deckt die Aussage, dass Gewinne privatisiert werden nicht, da ja weiterhin auch die Arbeitnehmer profitieren, auch wenn es da eine "vermeintliche" Schieflage (eine "korrekte" Aufteilung der Zuwächse gibt es ja nicht) geben mag.
Das ist im Prinzip auch richtig, wenn die Schieflage nicht obendrein durch die Politik gefördert würde, zB durch Gesetze, die zur Steuervermeidung von internationalen Unternehmen geradezu einladen.
Die Globalisierung läuft derzeit sehr ... nennen wir das mal kapital-freundlich ab.
Es ist doch zB erstaunlich, dass Gehälter in Konkurrenz zu Billiglohnländern in Osteuropa stehen, während Vorstandbezüge sich an den Hochlohnland USA orientieren.
Es ist erstaunlich, dass Freihandelsabkommen zwar immer auf den freien Warenaustausch abzielen, aber nie die Bedingungen der Produktion aushandeln.
Es kann doch nicht sein, dass wir Kinderarbeit hier verbieten, es aber Firmen erlauben, Waren zu importieren, die unter Umständen produziert werden, die jeden Standards in Europa Hohn sprechen.
Warum tun wir uns das eigentlich an :?:
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Gruwe
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Gruwe »

odiug hat geschrieben:(15 Nov 2019, 10:26)

Dann wurde halt in Anton Schlecker ein schlechtes Beispiel gewählt ... ein sehr schlechtes
Naja, ich habe das Beispiel ja erstmal nur aufgegriffen.
Und nein: Es ist kein schlechtes Beispiel. Denn unabhängig davon, dass Schlecker dann irgendwann gegen Ende solche illegalen Machenschaften gestartet hat (die ja wie gesagt nicht akzeptiert sind), war das Unternehmen jahrzehntelang ein Unternehmen, von dem sowohl die Besitzer als auch die Arbeitnehmer profitiert haben. Von "Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren" kann hier daher auch keine Rede sein. Zudem dies ja nur ein Beispiel war - welches gerade hier im Thread diskutiert wurde - für das dem zugrundliegenden System.

Das ist im Prinzip auch richtig, wenn die Schieflage nicht obendrein durch die Politik gefördert würde, zB durch Gesetze, die zur Steuervermeidung von internationalen Unternehmen geradezu einladen.
Die Globalisierung läuft derzeit sehr ... nennen wir das mal kapital-freundlich ab.
Auch dazu gibt es sicher verschiedene Sichtweisen! Diese Kapitalfreundlichkeit trifft hauptsächlich nur dann zu, wenn man aus Sicht des Arbeitnehmers blickt. Wechselt man die Perspektive etwa in die des Konsumenten, sieht das wieder ganz anders aus.

Es ist doch zB erstaunlich, dass Gehälter in Konkurrenz zu Billiglohnländern in Osteuropa stehen, während Vorstandbezüge sich an den Hochlohnland USA orientieren.
Hier wird mal wieder suggeriert, dass Unternehmen für ihre leitenden Angestellten einfach mal so (aus Altruismus oder warum auch immer) MEHR bezahlen als sie müssten.

Es ist erstaunlich, dass Freihandelsabkommen zwar immer auf den freien Warenaustausch abzielen, aber nie die Bedingungen der Produktion aushandeln.
Es kann doch nicht sein, dass wir Kinderarbeit hier verbieten, es aber Firmen erlauben, Waren zu importieren, die unter Umständen produziert werden, die jeden Standards in Europa Hohn sprechen.
Warum tun wir uns das eigentlich an :?:
Das ist nun wieder ein ganz anderes Thema, zu dem ich jetzt gerade nicht die Zeit habe mich hinreichend zu äußern. Das werde ich später nachholen.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Realist2014 »

odiug hat geschrieben:(15 Nov 2019, 09:19)


Das wäre in der Theorie richtig, wenn die Kapitalgewinne proportional zur Produktionssteigerung wachsen würden.
Tun sie aber nicht.
Sie steigen weit überproportional zur Produktionssteigerung.
Und das geht auf Kosten der Arbeitnehmer.
Wo steigt die Rendite des Eigenkapitals in den Unternehmen stärker als die Produktivität? ( Was ist "Produktionssteigerung? )

Oder die Dividendenrendite stärker als die Gehälter in den jeweiligen Unternehmen ( BMW, Daimler, usw.)

Liefere doch einfach mal ein paar Quellen....
Laut Aussage der linken Ideologen sind alle ökonomisch erfolgreichen dumm, und die wahre Intelligenz tritt sich in der untersten ökonomischen Etage auf die Füße.....daher muss diese Etage ausgebaut werden
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Realist2014 »

odiug hat geschrieben:(15 Nov 2019, 10:26)


Es ist doch zB erstaunlich, dass Gehälter in Konkurrenz zu Billiglohnländern in Osteuropa stehen, während Vorstandbezüge sich an den Hochlohnland USA orientieren.

Auf welche Unternehmen trifft das zu in D?

Die Gehälter in D stehen auch in Konkurrenz zu den Gehältern in den USA....
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von unity in diversity »

Realist2014 hat geschrieben:(14 Nov 2019, 14:02)

Da wird sich nichts ändern. Es gibt zu viel "Cash" in den(großen) Unternehmen ohne Innovationsdruck .
Die Unternehmen bekommen Geld über Anleihen für praktisch "umsonst"...
Sie sollen sogar noch mehr Geld bekommen.
Zu wenig Arbeitnehmer sorgen für das Alter vor, Riester-Sparen gilt als zu teuer.
Jetzt wird Zwangssparen, mit Widerspruchsrecht, in Erwägung gezogen:
https://www.faz.net/aktuell/finanzen/cd ... 99960.html
Die Gelder sollen vorwiegend in Aktien angelegt werden.
Neben Depotgebühren fallen bei aktiv gemanagten Fonds regelmäßig Umschichtungsgebühren an.
Je öfter, um so mehr.
Vielleicht fallen auch verfassungsrechtliche Bedenken an, die Bürger zur Teilnahme am Börsenkasino zu veranlassen.

Die Aussage, Sparen sei was von Gestern, stimmt übrigens nicht.
Die Leute sparen so viel wie nie:
https://www.spiegel.de/wirtschaft/servi ... 97986.html
Wobei vage Zinsversprechen keinen mehr interessieren, wenn man dafür mehr oder weniger lange gar nicht, oder nur begrenzt über sein Eigentum verfügen kann.
Und man keine Kontrolle hat, was die „Performer“ mit dem Geld anrichten.
Für jedes Problem gibt es 2 Lösungsansätze:
Den Falschen und den Unsrigen.
Aus den USA.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von firlefanz11 »

unity in diversity hat geschrieben:(25 Nov 2019, 02:15)

Zu wenig Arbeitnehmer sorgen für das Alter vor, Riester-Sparen gilt als zu teuer.
Jetzt wird Zwangssparen, mit Widerspruchsrecht, in Erwägung gezogen:
https://www.faz.net/aktuell/finanzen/cd ... 99960.html
Die Gelder sollen vorwiegend in Aktien angelegt werden.
Neben Depotgebühren fallen bei aktiv gemanagten Fonds regelmäßig Umschichtungsgebühren an.
Je öfter, um so mehr.
Nicht zu vergessen die Scholz'sche Abzocksteuer, die für den Kauf bzw. Verkuaf auch noch fällig wird, falls er sie durch kriegt...
https://www.politik-forum.eu/viewtopic. ... 6#p4595786

https://www.politik-forum.eu/viewtopic. ... 7#p4606757

Wenn dann also die Leute keine Aktien kaufen weil es sich nicht mehr lohnt, müssen sie halt dazu gezwungen werden dem Staat die passenden Abgaben ins Säckel zu spülen... :mad2:
Am Rande des Wahnsinns stehen keine Geländer!
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von unity in diversity »

firlefanz11 hat geschrieben:(26 Nov 2019, 11:33)

Nicht zu vergessen die Scholz'sche Abzocksteuer, die für den Kauf bzw. Verkuaf auch noch fällig wird, falls er sie durch kriegt...
https://www.politik-forum.eu/viewtopic. ... 6#p4595786

https://www.politik-forum.eu/viewtopic. ... 7#p4606757

Wenn dann also die Leute keine Aktien kaufen weil es sich nicht mehr lohnt, müssen sie halt dazu gezwungen werden dem Staat die passenden Abgaben ins Säckel zu spülen... :mad2:
Oder man erlaubt Privatanlegern, eigenverantwortlich global interessante Aktien in ihre Depots zu legen.
Alibaba hat in Hongkong einen märchenhaften Start vollbracht:
https://www.faz.net/aktuell/finanzen/fi ... 05100.html
Die wollen Amazon verdrängen.
Für jedes Problem gibt es 2 Lösungsansätze:
Den Falschen und den Unsrigen.
Aus den USA.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Adam Smith »

unity in diversity hat geschrieben:(28 Nov 2019, 02:43)

Oder man erlaubt Privatanlegern, eigenverantwortlich global interessante Aktien in ihre Depots zu legen.
Alibaba hat in Hongkong einen märchenhaften Start vollbracht:
https://www.faz.net/aktuell/finanzen/fi ... 05100.html
Die wollen Amazon verdrängen.
In Deutschland ist Alibaba unbedeutend. Konkurrenz ist aber vorteilhaft
Das ist Kapitalismus:

Die ständige Wahl der Bürger bestimmt das Angebot.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von jack000 »

odiug hat geschrieben:(15 Nov 2019, 09:19)
Der Mann und sein Sohn wanderten in den Knast, die Ehefrau zahlte eine Strafe ... das hatte einen Grund!
Der Grund heißt Betrug und Insolvenzverschleppung.
M.W. wurden die beiden Kinder zu Knast verurteilt und das Thema Insolvenzverschleppung war nicht der Grund für die Bewährungsstrafe für Anton Schlecker.
Sledge Hammer: Ich mag einem Verbrecher nicht seine Verbrechen vorlesen ... aber ich kann wenigstens lesen!
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

mal in einen passenden Thread gepackt.
roli hat geschrieben:(14 Jan 2021, 16:48)

Das ist prima. Dann will ich aber auch kein Gejammer hören, wenn jetzt viele Menschen arbeitslos werden. Ist ja alles halb so schlimm. Man hat ja genug zur Seite gelegt, um Jahre ohne Einkommen überdauern zu können.
Und die Familie ernähren, ein Haus abbezahlen, alles kein Problem.

Ich vestehe auch nicht, wieso gerade jetzt so viele Menschen nun Angst um ihre Existenz haben. Tja, alles übertrieben. Schließlich hat jeder etwas zur Seite gelgt. Auch wenns bei den Meisten eigentlich nicht möglich ist.

Es sei denn, man ist Unternehmer oder Manager oder Ähnliches. Dann ist es klar, daß man heutzutage in einem Jahr schon fast ausgesorgt hat.
Was soll dieses Polemik? Vor allem was hat das mit deiner ursprünglich getätigten Aussage zu tun? Da ging es immerhin um den über 50-jährigen, der eben mal nicht genügend Polster hat um mehrere Jahre zu überstehen.
Ich habe lediglich nüchtern festgestellt, dass es für einen über 50-jährigen kein Problem sein sollte sich so ein Polster anzuschaffen, sofern man halbwegs normal verdient und nicht gerade zum Niedriglohn arbeitet.
Man muss es halt nur machen. Und daran scheiterts eben bei den Meisten. Und man muss konsequent dranbleiben.
Das will aber auch nicht jeder und daher hat man dann halt mit 50 weniger. Das richtet sich ja jeder so ein, wie es ihm am besten passt. Aber nun so tun als wäre die eigene Lebensbiografie alternativlos gewesen, als hätte man nie eine Wahlmöglichkeit gehabt ist vollkommen absurd, genauso wie die weit verbreitete Vorstellung, die "Meisten" könnten gar nichts zur Seite legen. Das kann man natürlich. Man gibt einfach weniger aus als man einnimmt. Das funktioniert bei jedem.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Atue001 »

So einfach ist es halt nicht. Es ist ziemlich individuell. Es gibt sehr individuelle Gründe, warum ein 50jähriger auch mal nicht in der Lage ist, sich ein Polster aufzubauen.

Ein Beispiel dafür sind Ehescheidungen.
Ein anderes Beispiel sind gescheiterte Versuche der Selbstständigkeit, die in einer Insolvenz mündeten.
Wiederum andere sind durch unerwartete Krankheit im größeren Umfang in kritische Situationen geraten.....

Es ist eben nicht so, dass alle 50-jährigen einen glatten Lebenslauf hätten, auch wenn das für viele durchaus stimmen mag. Man mag auch sagen:"Dann hätten sie früher anders entscheiden sollen".....nur das hilft den Betroffenen genau gar nicht.

Das Problem ist nicht, dass eine Biografie mit 50 alternativlos wäre - das Problem ist, dass man mit 50 eine Biografie hat, die man nicht mehr so ganz leicht verändern kann - schon gar nicht rückwirkend.

Es geht dabei gar nicht darum, dass man einem gescheiterten 50jährigen den allerwertesten pudern soll.....wohl aber darum, dass man auch noch einem 50jährigen eine Möglichkeit einräumen sollte, wie er mit entsprechendem Verhalten eine deutliche Perspektive für sich erreichen kann.

Es gibt viele Gründe, warum man im Leben scheitern kann.....und es ist wenig ratsam, dass man jeden Gescheiterten gleich abschreibt. Besser wäre es, jedem immer eine Chance einzuräumen, noch was aus seinem Restleben zu machen.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Atue001 hat geschrieben:(14 Jan 2021, 23:37)

So einfach ist es halt nicht. Es ist ziemlich individuell. Es gibt sehr individuelle Gründe, warum ein 50jähriger auch mal nicht in der Lage ist, sich ein Polster aufzubauen.

Ein Beispiel dafür sind Ehescheidungen.
Ein anderes Beispiel sind gescheiterte Versuche der Selbstständigkeit, die in einer Insolvenz mündeten.
Wiederum andere sind durch unerwartete Krankheit im größeren Umfang in kritische Situationen geraten.....

Es ist eben nicht so, dass alle 50-jährigen einen glatten Lebenslauf hätten, auch wenn das für viele durchaus stimmen mag. Man mag auch sagen:"Dann hätten sie früher anders entscheiden sollen".....nur das hilft den Betroffenen genau gar nicht.

Das Problem ist nicht, dass eine Biografie mit 50 alternativlos wäre - das Problem ist, dass man mit 50 eine Biografie hat, die man nicht mehr so ganz leicht verändern kann - schon gar nicht rückwirkend.

Es geht dabei gar nicht darum, dass man einem gescheiterten 50jährigen den allerwertesten pudern soll.....wohl aber darum, dass man auch noch einem 50jährigen eine Möglichkeit einräumen sollte, wie er mit entsprechendem Verhalten eine deutliche Perspektive für sich erreichen kann.

Es gibt viele Gründe, warum man im Leben scheitern kann.....und es ist wenig ratsam, dass man jeden Gescheiterten gleich abschreibt. Besser wäre es, jedem immer eine Chance einzuräumen, noch was aus seinem Restleben zu machen.
Das ist ja alles ziemlich trivial. Natürlich ist das so. War aber nicht Gegenstand der (Neben-)Diskussion. Lesen hilft.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Realist2014 »

Atue001 hat geschrieben:(14 Jan 2021, 23:37)
So einfach ist es halt nicht. Es ist ziemlich individuell. Es gibt sehr individuelle Gründe, warum ein 50jähriger auch mal nicht in der Lage ist, sich ein Polster aufzubauen.
Für die große Mehrheit der über 50 Jährigen ist und war das aber kein Problem
Es gibt viele Gründe, warum man im Leben scheitern kann.....und es ist wenig ratsam, dass man jeden Gescheiterten gleich abschreibt. Besser wäre es, jedem immer eine Chance einzuräumen, noch was aus seinem Restleben zu machen.
Diese Chance hat ja jeder.

Auch der arbeitslos werdende über 50 jährige.

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Re: Sparen war gestern

Beitrag von roli »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(14 Jan 2021, 17:13)

mal in einen passenden Thread gepackt.



Was soll dieses Polemik? Vor allem was hat das mit deiner ursprünglich getätigten Aussage zu tun? Da ging es immerhin um den über 50-jährigen, der eben mal nicht genügend Polster hat um mehrere Jahre zu überstehen.
Ich habe lediglich nüchtern festgestellt, dass es für einen über 50-jährigen kein Problem sein sollte sich so ein Polster anzuschaffen, sofern man halbwegs normal verdient und nicht gerade zum Niedriglohn arbeitet.
Man muss es halt nur machen. Und daran scheiterts eben bei den Meisten. Und man muss konsequent dranbleiben.
Das will aber auch nicht jeder und daher hat man dann halt mit 50 weniger. Das richtet sich ja jeder so ein, wie es ihm am besten passt. Aber nun so tun als wäre die eigene Lebensbiografie alternativlos gewesen, als hätte man nie eine Wahlmöglichkeit gehabt ist vollkommen absurd, genauso wie die weit verbreitete Vorstellung, die "Meisten" könnten gar nichts zur Seite legen. Das kann man natürlich. Man gibt einfach weniger aus als man einnimmt. Das funktioniert bei jedem.
Komisch. Ich wohne nicht gerade in einer Getto- bzw. Armengegend und Dies trifft auch auf meinen Bekannten- und Verwandtenkreis zu. Aber ich kenne fast niemanden, der mehrere Jahre ohne Einkommen adäquat überleben könnte. Ja selbst im beruflichen Umfeld ist dies nicht der Fall. Natürlich gibts Menschen, Welche ein entsprechendes Polster haben. Oft durch Erbschaft oder Ähnliches.

Wenn Deine These stimmen würde, dann frage ich mich, wieso nicht viel mehr Menschen etwas früher in Rente gehen und von ihrem angesparten Geld in Saus un Braus leben können?
Nicht Alle brauchen die Arbeit um noch einen Sinn in ihrem Leben zu erkennen.
Solange Menschen denken, dass Tiere nicht fühlen, müssen Tiere fühlen, dass Menschen nicht denken!
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Realist2014 »

roli hat geschrieben:(19 Jan 2021, 18:43)

Komisch. Ich wohne nicht gerade in einer Getto- bzw. Armengegend und Dies trifft auch auf meinen Bekannten- und Verwandtenkreis zu. Aber ich kenne fast niemanden, der mehrere Jahre ohne Einkommen adäquat überleben könnte. J
Das Problemwort habe ich unterstrichen- und wieso "mehrere Jahre"?

Wer arbeitslos wird, bekommt bis zu 2 Jahre lang ALG I

Wer die richtigen Kompetenzen hat, der findet in diesem Zeitraum auch wieder einen job
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

roli hat geschrieben:(19 Jan 2021, 18:43)

Komisch. Ich wohne nicht gerade in einer Getto- bzw. Armengegend und Dies trifft auch auf meinen Bekannten- und Verwandtenkreis zu. Aber ich kenne fast niemanden, der mehrere Jahre ohne Einkommen adäquat überleben könnte. Ja selbst im beruflichen Umfeld ist dies nicht der Fall. Natürlich gibts Menschen, Welche ein entsprechendes Polster haben. Oft durch Erbschaft oder Ähnliches.

Wenn Deine These stimmen würde, dann frage ich mich, wieso nicht viel mehr Menschen etwas früher in Rente gehen und von ihrem angesparten Geld in Saus un Braus leben können?
Nicht Alle brauchen die Arbeit um noch einen Sinn in ihrem Leben zu erkennen.
Weil man andere Prioritäten hat, ganz einfach. Schon die Vorstellung wie du so schön schreibst, in Saus uns Braus zu leben zeigt ja, wo die Priorität liegt. Wer alles verkonsumiert, hat logischerweise auch nach 30 Jahren Arbeit kein finanzielles Polster. So einfach ist das. Das hat nichts damit zu tun, dass man es nicht könne, sondern lediglich damit, dass es einem wohl nicht wichtig genug ist.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Skull »

roli hat geschrieben:(19 Jan 2021, 18:43)

Komisch.

Ich wohne nicht gerade in einer Getto- bzw. Armengegend und Dies trifft auch auf meinen Bekannten- und Verwandtenkreis zu. Aber ich kenne fast niemanden, der mehrere Jahre ohne Einkommen adäquat überleben könnte. Ja selbst im beruflichen Umfeld ist dies nicht der Fall.

Natürlich gibts Menschen, Welche ein entsprechendes Polster haben. Oft durch Erbschaft oder Ähnliches.
Ich kenne da dagegen einige, die das können, die das sogar machen.
Die meisten gerade ohne Erbschaft oder ähnliches. Einfach...durch Arbeit. Und Sparen/Vorsorge.
Natürlich sind die alle eher zwischen 40 und 60. Und auch nicht geschieden. ;)

Aber etwas so besonderes ... ist das auch nicht. :)

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Re: Sparen war gestern

Beitrag von roli »

Skull hat geschrieben:(19 Jan 2021, 18:59)

Ich kenne da dagegen einige, die das können, die das sogar machen.
Die meisten gerade ohne Erbschaft oder ähnliches. Einfach...durch Arbeit. Und Sparen/Vorsorge.
Natürlich sind die alle eher zwischen 40 und 60. Und auch nicht geschieden. ;)

Aber etwas so besonderes ... ist das auch nicht. :)

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Re: Sparen war gestern

Beitrag von roli »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(19 Jan 2021, 18:52)

Weil man andere Prioritäten hat, ganz einfach. Schon die Vorstellung wie du so schön schreibst, in Saus uns Braus zu leben zeigt ja, wo die Priorität liegt. Wer alles verkonsumiert, hat logischerweise auch nach 30 Jahren Arbeit kein finanzielles Polster. So einfach ist das. Das hat nichts damit zu tun, dass man es nicht könne, sondern lediglich damit, dass es einem wohl nicht wichtig genug ist.
Wenn du ein Haus baust bzw. finanzieren must und zusätzlich eine Familie ernähren willst, das trifft wohl für Viele zu, was soll da bei einem normalen EInkommen übrig bleiben?
Wieso haben Viele mehrere Jobs?
Wieso gehen heutzutage oft beide Elternpaare arbeiten?
Um mit 45 oder 50 in Rente zu gehen?
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von roli »

Realist2014 hat geschrieben:(19 Jan 2021, 18:47)

Das Problemwort habe ich unterstrichen- und wieso "mehrere Jahre"?

Wer arbeitslos wird, bekommt bis zu 2 Jahre lang ALG I

Wer die richtigen Kompetenzen hat, der findet in diesem Zeitraum auch wieder einen job
da bin ich ja mal gespannt, wie die ALS in einem Jahr und später aussehen wird. Auch wenn sie immer gschönt ist.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Realist2014 »

roli hat geschrieben:(20 Jan 2021, 10:21)

da bin ich ja mal gespannt, wie die ALS in einem Jahr und später aussehen wird. Auch wenn sie immer gschönt ist.
Die Zahl der Arbeitslosen wird wohl höher sein.
Und nein, da wird nichts "geschönt.
Die Statistik entspricht den EU-Definition, was unter dem Begriff "dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehend" definiert wurde.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Skull »

roli hat geschrieben:(20 Jan 2021, 10:16)

alle schon in Rente?
Was für eine komische Frage. Rente bekommt man ab Renteneintrittsalter.

Es ging doch auch nicht (in erster Linie) um Rente. Das Thema war Sparen, Vorsorge und die Moglichkeiten,
(temporär) nicht arbeiten zu müssen. Das war DEIN eingebrachtes Thema.

Du schriebst, Du kennst da niemanden. Ich teilte dagegen mit, ich kenne einige.

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Re: Sparen war gestern

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

roli hat geschrieben:(20 Jan 2021, 10:19)

Wenn du ein Haus baust bzw. finanzieren must und zusätzlich eine Familie ernähren willst, das trifft wohl für Viele zu, was soll da bei einem normalen EInkommen übrig bleiben?
Wieso haben Viele mehrere Jobs?
Wieso gehen heutzutage oft beide Elternpaare arbeiten?
Um mit 45 oder 50 in Rente zu gehen?
Wer redet davon mit 45 in die Rente zu gehen? Es ging darum das jemand mit über 50 und regelmäßigen normalen Verdienst durchaus vollkommen unproblematisch ein finanzielles Polster anlegen kann, das für ein paar Jahre reicht. Das ist nicht schwierig sondern lediglich eine Frage der Prioritäten.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Gruwe »

roli hat geschrieben:(20 Jan 2021, 10:19)
Wenn du ein Haus baust bzw. finanzieren must und zusätzlich eine Familie ernähren willst, das trifft wohl für Viele zu, was soll da bei einem normalen EInkommen übrig bleiben?
Dann muss entweder ein kleineres oder älteres Haus her oder eben keine so große Familie. Letztlich hat man ein Einkommen, mit dem man wirtschaften muss. Das liegt erstmal in erster Linie bei einem selbst.
Wieso haben Viele mehrere Jobs?
Entweder lebt man über seinen Verhältnissen (eben weil der 1. Job das nicht hergibt) oder man verdient dort zu wenig. Letzteres hat meistens den Grund, dass man in jungen Jahren irgendwas gemacht hat, nur eben nicht dafür gesorgt hat, eine Qualifikation zu erwerben, die am Markt entsprechend Geld wert ist. Und nein: Nur weil es einzelne Biografien gibt, die unter irgendwelchen unglücklichen Umständen in irgendwelche Situationen geraten sind, ist meine Aussage nicht falsch.
Wieso gehen heutzutage oft beide Elternpaare arbeiten?
Um mit 45 oder 50 in Rente zu gehen?
Um mehr Konsum zu ermöglichen, ob nun freiwillig oder notwendigerweise. Die Ursache ist, dass durch steigendes Haushaltseinkommen geringerwertige Güter aus dem Markt fliegen und durch höherwertigere ersetzt werden. Geringe Einkommen müssen daher mitziehen. Eine Ursache, dass Armut immer relativ bewertet wird.

Ganz einfaches Beispiel:
Angenommen jeder der arbeiten möchte bekommt Arbeit und alle würden das gleiche verdienen. Arbeitet jetzt in allen Haushalten nur einer (z.B. der Mann), so haben alle Haushalte das gleiche Einkommen. Fängt nun aber auch eine zweite Haushaltsperson zu arbeiten an, so hat dieser Haushalt das doppelte Haushaltseinkommen und kann doppelt so viel konsumieren. Wenn es nun mehrere Haushalte diesem Haushalt gleich tun, steigt das durchschnittliche Haushaltseinkommen mit jedem Haushalt weiter in Richtung der ursprünglichen durchschnittlichen Haushaltseinkommens. Der letzte Haushalt, in dem nur noch eine Person arbeitet, hat dann letztlich nur noch 50% des durchschnittlichen Haushaltseinkommens, gilt damit als arm und wird damit letztlich gezwungen auch arbeiten zu gehen, eben auch aus oben genannter Tatsache, dass durch steigende verfügbare Einkommen günstigere, qualitativ geringwertigere Konsumgüter aus dem Markt fliegen und durch höherwertigere (und damit auch teurere) Konsumgüter ersetzt werden.

Der Haushalt, der vorher z.B. mit dem geringwertigen zufrieden war muss nun auf einen höherwertigeres Gut umsteigen, da es die geringwertigere nicht mehr gibt. Diese Entwicklung hat stattgefunden, aus verschiedenen Gründen (etwa weil Frauen heute auch in gewissem Grade unabhängig vom Mann sein wollen, usw.). Die Mehrheit hat sich entschieden durch 2 Einkommen im Haushalt mehr und höherwertig konsumieren zu können, der Rest muss dann irgendwann notgedrungen mitziehen. Dadurch hat sich dann auch eine höhere Nachfrage etwa nach Kinderbetreuung ergeben, welche durch den Staat antizipiert wurde, was es dann auch nochmal einfacher gemacht hat, dass zwei Leute pro Haushalt arbeiten. Letztlich ist das eine gesellschaftliche Entwicklung und keine, die durch irgendwelche bösen, kapitalistischen Mächte induziert wurde.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Gruwe »

roli hat geschrieben:(20 Jan 2021, 10:21)

da bin ich ja mal gespannt, wie die ALS in einem Jahr und später aussehen wird. Auch wenn sie immer gschönt ist.
Da ist nichts geschönt, nur gefallen dir die unterschiedlichen, ökonomisch sinnvollen, Definitionen nicht.

Aber mal als Tipp:
Die Agentur für Arbeit veröffentlicht jeden Monat eine absolut ausdifferenzierte Statistik mit etlichen Posten. Die kannst du dir anschauen, dann die Zahlen so sortieren wie es dir in den Kram passt (z.B. die Unterbeschäftigten zu den Arbeitslosen zählen) und dies dann Monat für Monat machen um dir dann das nach deinem Gusto vergleichend anzuschauen. Generell sorgt eine höhere Differenzierung in einer Statistik für höhere Transparenz, nicht umgekehrt...auch wenn dir das nicht in deine Argumentation passen mag.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von schokoschendrezki »

Gruwe hat geschrieben:(20 Jan 2021, 13:42)
Um mehr Konsum zu ermöglichen, ob nun freiwillig oder notwendigerweise. Die Ursache ist, dass durch steigendes Haushaltseinkommen geringerwertige Güter aus dem Markt fliegen und durch höherwertigere ersetzt werden. Geringe Einkommen müssen daher mitziehen. Eine Ursache, dass Armut immer relativ bewertet wird.
Armut ist vor allem doppelt relativ. Einmal relativ zum herrschenden Durchschnitts- (oder Median-)Einkommen. Aber dann natürlich auch relativ zu den eigenen Ansprüchen. Fast immer konnte ich dort, wo ich irgendwie auf "Armut in Deutschland" gestoßen bin, über das Verhältnis zu den eigenen Ansprüchen nur verwundert mit dem Kopf schütteln. Bei diesem Ausmaß an Überkonsum in Deutschland, diesen Ansprüchen an übermotorisierte Fahrzeuge, völlig überdimensionierten Geräten, Verbrauch an Textilien, Overtourism usw. ist es wahrhaftig kein Wunder, dass es in Deutschland ein nicht geringes Ausmaß an Armut gibt. Ich habe eine ganze Menge Sozialkontakte, wohne ganz und gar nicht in einer "reichen Gegend" und habe noch nie, niemals irgendwo in Deutschland existenzbedrohende Armut gesichtet bei Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit. Umgekehrt, ja. Umgekehrt bin ich, der ich mir einbilde, ein materiell eigentlich völlig sorgenfreies Leben zu führen, schon einigemale, ja, vielleicht nicht als arm, aber als gewissermaßen bemitleidenswert anspruchslos angesehen worden.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Gruwe »

schokoschendrezki hat geschrieben:(20 Jan 2021, 14:09)
Bei diesem Ausmaß an Überkonsum in Deutschland, diesen Ansprüchen an übermotorisierte Fahrzeuge, völlig überdimensionierten Geräten, Verbrauch an Textilien, Overtourism usw. ist es wahrhaftig kein Wunder, dass es in Deutschland ein nicht geringes Ausmaß an Armut gibt.
Tja, das ist leider eine logische Folgerung aus dem Kapitalismus (wobei ich eigentlich kein Kritiker des Kapitalismus bin). Steigende Einkommen führen auch zu steigender volkswirtschaftlicher Ersparnis, sprich zu weiterer Kapitalakkumulation. Dieses Kapital muss natürlich rentabel eingesetzt werden, wozu immer mehr produziert und abgesetzt werden muss. Dies führt wieder zu steigenden Einkommen, höherer Ersparnis, usw.
Damit dieser Teufelskreis weiterläuft, wird eine wahnsinnige milliardenschwere psychologische Maschinerie unterhalten, die uns klar macht, was wir alles unbedingt zu brauchen haben. Dazu kommt Kompensations- und Distinktionskonsum, usw.
Macht die Masse erstmal mit, so machen auch immer mehr mit, denn: Was Alle machen, kann ja nicht verkehrt sein!

Ich habe eine ganze Menge Sozialkontakte, wohne ganz und gar nicht in einer "reichen Gegend" und habe noch nie, niemals irgendwo in Deutschland existenzbedrohende Armut gesichtet bei Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit. Umgekehrt, ja. Umgekehrt bin ich, der ich mir einbilde, ein materiell eigentlich völlig sorgenfreies Leben zu führen, schon einigemale, ja, vielleicht nicht als arm, aber als gewissermaßen bemitleidenswert anspruchslos angesehen worden.
Geht mir genauso! Wenn man dann gegenüber Leuten, die einen nicht kennen, wie oben argumentiert, wird einem in 90% er Fälle mit dem plumpem ad-hominem-Argument "Neid" entgegnet. Bei Menschen, die einen kennen und daher wissen, dass kaum Neid dahinter stecken kann, kommt in der Regel nix.
Es war die bisher beste Entscheidung meines Lebens, von diesem Konsumzwang Abstand zu nehmen. Seitdem lebe ich ein deutlich angenehmeres Leben, wobei es natürlich nicht ganz einfach ist in solch einen Zustand zu kommen, da einem die Marschrichtung ja in der Regel schon von kleinauf eingeimpft wird.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von roli »

Gruwe hat geschrieben:(20 Jan 2021, 13:45)

Da ist nichts geschönt, nur gefallen dir die unterschiedlichen, ökonomisch sinnvollen, Definitionen nicht.

Aber mal als Tipp:
Die Agentur für Arbeit veröffentlicht jeden Monat eine absolut ausdifferenzierte Statistik mit etlichen Posten. Die kannst du dir anschauen, dann die Zahlen so sortieren wie es dir in den Kram passt (z.B. die Unterbeschäftigten zu den Arbeitslosen zählen) und dies dann Monat für Monat machen um dir dann das nach deinem Gusto vergleichend anzuschauen. Generell sorgt eine höhere Differenzierung in einer Statistik für höhere Transparenz, nicht umgekehrt...auch wenn dir das nicht in deine Argumentation passen mag.
ABMs und Schulungen sind gute Maßnahmen, um die Statistik ein wenig zu ändern. :p
Solange Menschen denken, dass Tiere nicht fühlen, müssen Tiere fühlen, dass Menschen nicht denken!
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von franktoast »

Gruwe hat geschrieben:(20 Jan 2021, 15:52)

Tja, das ist leider eine logische Folgerung aus dem Kapitalismus (wobei ich eigentlich kein Kritiker des Kapitalismus bin). Steigende Einkommen führen auch zu steigender volkswirtschaftlicher Ersparnis, sprich zu weiterer Kapitalakkumulation. Dieses Kapital muss natürlich rentabel eingesetzt werden, wozu immer mehr produziert und abgesetzt werden muss. Dies führt wieder zu steigenden Einkommen, höherer Ersparnis, usw.
Damit dieser Teufelskreis weiterläuft, wird eine wahnsinnige milliardenschwere psychologische Maschinerie unterhalten, die uns klar macht, was wir alles unbedingt zu brauchen haben. Dazu kommt Kompensations- und Distinktionskonsum, usw.
Macht die Masse erstmal mit, so machen auch immer mehr mit, denn: Was Alle machen, kann ja nicht verkehrt sein!
Sorry, da hast du etwas missverstanden. Es gibt schlichtweg einen Wunsch nach mehr/besseren Gütern, genauso wie es einen wohl natürlichen Wunsch gibt, Dinge(also auch Produktionsabläufe) zu verbessern. Damit meine ich, dass ein Mensch ja auch etwas Sinnvolles mit seiner Zeit machen will und warum nicht etwas Produktives tun anstatt den ganzen Tag Sudoku-Rätsel zu lösen? Ich bin zB. Programmierer und hab Freude daran, ein Programm schneller zu machen, auch wenn das Programm andere nutzen, die damit Geld/Zeit sparen.
Und ja, es ist nix Perverses daran, mehr/besseren Konsum zu wollen. Das ist trotzdem mit Lebensformen wie Minimalismus vereinbar. Auch ein Minimalist kann mehr Reisen wollen und ein besseres Altersheim für seine Eltern (was nun mal mehr Ressourcen kostet). Es muss nicht immer der dritte Mixer oder das neueste I-Phone sein, was die meisten mit "mehr Konsum" verbinden. "Mehr Konsum" kann auch eine bessere Gesundheitsvorsorge oder sauberere Energie bedeuten.

Dein "Teufelskreis", dass steigende Einkommen zu mehr Ersparnis führten und dieses Kapital nun rentabel eingesetzt werde müsse, mehr Konsum und somit mehr Einkommen, ist nicht richtig. Es geht darum, die Produktivität der Wirtschaft zu erhöhen. Aber anstatt Jahr für Jahr diese höhere Produktivität in geringere Arbeitsstunden umzusetzen (das passiert nur zum Teil), hat sich die 35-40Std Woche eingependelt. Der Job ist ja auch mehr als nur eine lästige Tätigkeit. Das merkt man auch jetzt, wo die ganze Familie den ganzen Tag zu Hause zusammen sitzt.

Es gibt also einen natürlich Drang, Dinge besser zu machen und mehr/bessere Dinge haben zu wollen. Das passt zufällig zusammen. Und Kapitalismus ist das System, in dem diese Verbesserungen erlaubt und am besten umsetzbar sind.
Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Gruwe »

franktoast hat geschrieben:(21 Jan 2021, 14:53)

Sorry, da hast du etwas missverstanden. Es gibt schlichtweg einen Wunsch nach mehr/besseren Gütern, genauso wie es einen wohl natürlichen Wunsch gibt, Dinge(also auch Produktionsabläufe) zu verbessern.
Ich habe da nichts missverstanden, ich habe schlicht eine ganz andere Meinung!

Du musst dann auch schon erklären, warum die Märkte in den 60er Jahren gesättigt waren und zu Käufermärkten wurden? Warum musste die Industrie Werbung einführen und unterhält eine milliardenschwere Psycho-Industrie, in der überlegt wird, wie man uns weiterhin mehr und mehr verkaufen kann? Warum steht in jedem Marketing-Buch im ersten Kapitel, dass der grundlegende Zweck des Marketing heutzutage ist, Bedürfnisse zu erzeugen und nicht mehr wie früher zu informieren? Wieso wird Werbung immer und immer mehr emotionaler, wenn doch der Mensch von sich aus immer das bessere haben möchte? Dann reicht doch auch wie früher informative Werbung.

Du bist ganz schön arroganzt wenn du mir, der sich als Volkswirt den halben Tag mit diesen Thematiken beschäftigt (und dabei auch keinen Seitenblick in die Disziplinen Soziologie, Psychologie, etc. scheut) vorwirfst, dass ich pauschal falsch liege und lediglich etwas missverstanden habe, nur weil ich deine Meinung nicht teile? Ich sage nicht, dass ich zu 100% richtig liege mit meiner Ansicht, komme aber durch meine wissenschaftlichen Beobachtungen schlicht und einfach zu dieser Folgerung. Und ich stehe da ja nicht alleine, ich bin da mit meiner Ansicht durchaus in guter Gesellschaft von Sozialwissenschaftlern, usw.
Aber den Diskussionsstil kennt man ja zu genüge von dir: Der andere hat stets alles missverstanden und du bist über jeden Zweifel erhaben.

Damit meine ich, dass ein Mensch ja auch etwas Sinnvolles mit seiner Zeit machen will und warum nicht etwas Produktives tun anstatt den ganzen Tag Sudoku-Rätsel zu lösen?
Dass steht nicht im Widerspruch zu meiner Aussage! Es ist im Wesen des Menschen, sich weiterzuentwickeln. Das bedeutet aber nicht, dass ich unbedingt stets das neueste Smartphone für 1.000€ erwerben muss, nur damit meine Kamera statt 80MP nun 100MP hat. Das hat doch keinen wirklichen funktionalen Mehrwert mehr. Da gehts doch nur noch dümmlich darum, wer das Bessere/das Neuere hat. Ich programmiere sogar auch ganz gerne in meiner Freizeit, weil es mir Spaß macht "Programmierprobleme" zu lösen, etc. pp. Darum geht es nicht! Das Problem ist eher, dass heutzutage der "Mehr" immer auf "Mehr Konsum" fixiert ist. Dabei findet Entwicklung auf so viel mehr Ebenen statt und gesellschaftlich machen wir etwa mittlerweile gravierende Rückschritte in unserem ganzen Ego-Wahn!

Ich bin im Übrigen kein Gegner des Kapitalismus und sehe durchaus (und teile die Meinung), dass Kapitalismus durchaus eine gute Wirtschaftsform für eine effiziente Produktion ist. Dennoch sehe ich den Kapitalismus nicht über jeden Zweifel erhaben und renne auch nicht blind durch die Welt, so dass ich nicht erkennen würde, dass es auch negative Seiten gibt. Und natürlich ist der von mir beschriebene Zwang im Kapitalismus intrinsisch.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von BlueMonday »

"Als Teufelskreis, auch lateinisch circulus vitiosus („schädlicher Kreis“) oder Abwärtsspirale, wird ein System bezeichnet, in dem mehrere Faktoren sich gegenseitig verstärken (positive Rückkopplung) und so einen Zustand immer weiter verschlechtern."
Q: wikipedia

Da muss man wohl im steigenden allgemeinen Wohlstand etwas Schlechtes sehen, wenn man in diesem Zusammenhang von einem "Teufelskreis" spricht.

Warum bietet ein Anbieter überhaupt etwas an (und spart und investiert dazu im Vorlauf)? Diese Frage ist ja der eigentliche Ausgangspunkt. Kurz und knapp: Er will eine Gegenleistung. In der Regel in Form von Geld, also einem Tauschmittel. Real und letztenendes will er ebenso ein Gut oder eine Dienstleistung. Er ist also selbst nicht nur Anbieter, sondern Nachfrager, der sich etwas leisten will. Hätte er kein Bedürfnis mehr nachzufragen, müsste er auch nicht zusätzliche Angebote machen, für der er dann eine "milliardenschwere Psycho-Industrie" in Gang setzen muss, um "künstliche Bedürfnisse" zu erzeugen, die scheinbar niemand hat. Woher kommt denn sein *eigenes* Bedürfnis als Nachfrager? Hat das auch jemand "künstlich" erzeugt? Irgendwo muss es ja einen Beginn gegeben haben, das Urbedürfnis gewissermaßen. Und dieser "Gehirnwäsche" der falschen, überflüssigen Bedürfnisse ist er nun wehrlos ausgesetzt?

Wir haben ja hier schon zwei User als leuchtende Gegenbeispiele, die sich offenbar problemlos dem "Konsumwahn" entzogen haben. Völlig ohne Arroganz geht man dann davon aus, dass die anderen Konsumdummerchen es nicht so einfach haben werden und wie willenlose Tierchen vom Teufel in einen Konsumkreislauf getrieben werden, den sie -eigentlich- gar nicht wollen, aus dem sie aus eigener Kraft niemals mehr entrinnen können. Zum wachsenden Einkommen verdammt gewissermaßen. Furchtbare Schicksale.

Dabei müsste man nur aufhören, mehr zu wollen, wenn man nicht mehr haben will. Nichts "Intrinsisches" hindert einen daran. Eine gewisse Überinvestition kommt dann auch eher zustande durch die Art und Weise der Besteuerung, dass man der Steuerlast teilweise entgehen kann durch die Möglichkeit der Abschreibung, durch (Re)investition. Dadurch investiert man wahrscheinlich mehr als ohne diese Intervention.

Es gibt auch nicht nur eine Schule der "Volkswirtschaft". Es gibt diverse Schulen mit unterschiedlichen Erklärungsansätzen. Eine Schule der Überinvestion(Österreicher). Oder Schulen der Unterkonsumption(Keynes&Co), die das Sparen im Geldmittel als Problem ansehen usw. Da kann man eigentlich nur innerhalb einer Lehre nach inneren Widersprüchen fahnden.

Der "Käufermarkt" ist dann auch die marktwirtschaftliche Normalität, also ein Überangebot, der nie geräumte Markt. Die Wahl des Anbieters wird dadurch erst möglich. Der Gegensatz wären chronisch geräumte Regale und Märkte. Das ist eher die bittere Spezialität des Sozialismus, der sich per wissenschaftlich geplanter Zentralwirtschaft den wirklichen und echten Bedürfnissen der Bevölkerung annahm und jeden unnötigen Überfluss("Anarchie des Marktes") vermied.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von franktoast »

Gruwe hat geschrieben:(24 Jan 2021, 16:41)

Ich habe da nichts missverstanden, ich habe schlicht eine ganz andere Meinung!

Du musst dann auch schon erklären, warum die Märkte in den 60er Jahren gesättigt waren und zu Käufermärkten wurden? Warum musste die Industrie Werbung einführen und unterhält eine milliardenschwere Psycho-Industrie, in der überlegt wird, wie man uns weiterhin mehr und mehr verkaufen kann? Warum steht in jedem Marketing-Buch im ersten Kapitel, dass der grundlegende Zweck des Marketing heutzutage ist, Bedürfnisse zu erzeugen und nicht mehr wie früher zu informieren? Wieso wird Werbung immer und immer mehr emotionaler, wenn doch der Mensch von sich aus immer das bessere haben möchte? Dann reicht doch auch wie früher informative Werbung.
Weil es Wettbewerb zwischen den Anbietern gibt. Alle Marktteilnehmer versuchen sich gut darzustellen. In einem Bewerbungsgespräch erwähnst du auch nur deine positiven Eigenschaften (und vlt. eine Pseudoschwäche, damit du auch eine genannt has"Ich bin zu pünktlich"). Das ändert nichts daran, dass in Deutschland alle jammern, die hätten zu wenig Geld für dies und das. Oder wurde das auch durch Marketing erzeugt, dass es zu wenig Pflegekräfte gäbe, zu wenig Lehrer, man könne sie die Mieten nicht mehr leisten etc.
Du bist ganz schön arroganzt wenn du mir, der sich als Volkswirt den halben Tag mit diesen Thematiken beschäftigt (und dabei auch keinen Seitenblick in die Disziplinen Soziologie, Psychologie, etc. scheut) vorwirfst, dass ich pauschal falsch liege und lediglich etwas missverstanden habe, nur weil ich deine Meinung nicht teile? Ich sage nicht, dass ich zu 100% richtig liege mit meiner Ansicht, komme aber durch meine wissenschaftlichen Beobachtungen schlicht und einfach zu dieser Folgerung. Und ich stehe da ja nicht alleine, ich bin da mit meiner Ansicht durchaus in guter Gesellschaft von Sozialwissenschaftlern, usw.
Aber den Diskussionsstil kennt man ja zu genüge von dir: Der andere hat stets alles missverstanden und du bist über jeden Zweifel erhaben.
Nicht über jeden Zweifel erhaben. Aber es ist nun mal meine Meinung, dass deine Ansicht falsch sei. Du fängst damit an, dass es steigende Einkommen gäbe. Und das führe zu steigender Kapitalakkumulation und diese Kapital müsse nun rentabel angelegt werden. Und das ginge nur, wenn man beim Konsumenten ein Verlangen nach Gütern weckt, das eigentlich gar nicht habe. Aber umgekehrt wird ein Schuh draus. Es gibt ja genau diese Ersparnis, weil man sich in der Zukunft etwas Besseres, Teureres leisten will. Sonst würde der Konsument weniger arbeiten(mehr Freizeit) oder den Rest spenden. Auf der anderen Seite nehmen Unternehmen das Kapital an, um so zu investieren, um in der Zukunft mehr Dinge (oder Bessere) herzustellen.
Nur weil im Wettbewerb mal ein bißchen geschummelt wird bzw. sein Produkt so dargestellt wird, als ob man es unbedingt haben muss, ist das nicht der Haupttreiber. Der Haupttreiber ist, dass wir bessere Güter wollen (+ Gesundheit, Freude, Freizeit, Freiheit etc.).

Es ist eben kein Teufelskreis.

Dass steht nicht im Widerspruch zu meiner Aussage! Es ist im Wesen des Menschen, sich weiterzuentwickeln. Das bedeutet aber nicht, dass ich unbedingt stets das neueste Smartphone für 1.000€ erwerben muss, nur damit meine Kamera statt 80MP nun 100MP hat. Das hat doch keinen wirklichen funktionalen Mehrwert mehr. Da gehts doch nur noch dümmlich darum, wer das Bessere/das Neuere hat. Ich programmiere sogar auch ganz gerne in meiner Freizeit, weil es mir Spaß macht "Programmierprobleme" zu lösen, etc. pp. Darum geht es nicht! Das Problem ist eher, dass heutzutage der "Mehr" immer auf "Mehr Konsum" fixiert ist. Dabei findet Entwicklung auf so viel mehr Ebenen statt und gesellschaftlich machen wir etwa mittlerweile gravierende Rückschritte in unserem ganzen Ego-Wahn!
Aber wenn du ein Volkswirt wärst, müsstest du doch auch wissen, dass Konsumentenwünsche subjektiv sind. Es ist gerade das Wesen einer Marktwirtschaft, dass nicht jemand wie du objektiv bestimmen kann, welcher Konsumentenwunsch nun sinnvoll ist oder nicht. Wenn jemand sich entscheidet, sein eh schon gutes Handy gegen ein noch Besseres zu tauschen statt die 1000€ für einen neuen Kühschrank auszugeben, was du an der Stelle der Person gemacht hättest, dann wird die Person ihren Grund haben. Wer weiß, vielleicht ist die Person 5Std jeden Tag am Smartphone (Fotos machen, Informationen, Fernseher, Kommunikation, etc.), was durch das neue Handy etwas besser wird und so für die Person sinnvoller ist als etwa anderes. Wie vermessen ist es von dir, das besser einschätzen zu können. In planwirtschaftlichen Wirtschaftssystem entscheiden kluge Menschen, was für den Pöbel produziert wird. Wäre das nicht das zu bevorzugende System? Oder wir machen wie heute, aber eine Sinnvollkonsumkommission legt fest, ob jemand schon ein neues Handy kaufen darf. Wäre das etwas?
Ja, das ist provokativ, weil ich weiß, dass du das sicher nicht willst. Meine Argumentation ist hier scharf.

Ich gehe von mündigen Wirtschaftssubjekten aus, die ihre materiellen Bedürfnisse besser kennen als andere. Wählen dürfen sie ja auch. Ob ich und du das als sinnvoll einschätzen, ist irrelevant.
Ich bin im Übrigen kein Gegner des Kapitalismus und sehe durchaus (und teile die Meinung), dass Kapitalismus durchaus eine gute Wirtschaftsform für eine effiziente Produktion ist. Dennoch sehe ich den Kapitalismus nicht über jeden Zweifel erhaben und renne auch nicht blind durch die Welt, so dass ich nicht erkennen würde, dass es auch negative Seiten gibt. Und natürlich ist der von mir beschriebene Zwang im Kapitalismus intrinsisch.
Es gibt keinen Zwang. Und auch wenn Samsung Werbung für ihr neues S21 machen, kann ich frei wählen, ob ich das kaufe.
Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Atue001 »

franktoast hat geschrieben:(25 Jan 2021, 10:24)
...Es gibt keinen Zwang. Und auch wenn Samsung Werbung für ihr neues S21 machen, kann ich frei wählen, ob ich das kaufe.
Verzeih mir, wenn ich das ein wenig aus dem Zusammenhang reisse...

"Es gibt keinen Zwang" ist in dieser Pauschalität nicht richtig - richtig ist vielmehr, dass es sehr wohl in jedem System, und natürlich auch in der sozialen Marktwirtschaft, zu jedem Zeitpunkt sehr viele Zwänge gibt. Es sind genau diese Zwänge die letzten Endes immer wieder auf den Fortschritt befeuern - weil aus bestehenden Zwängen ein anderer ein Geschäftsmodell macht, wie man genau diesen Zwang überwinden kann.

Und das S21 - kannst du kaufen oder nicht. Du kannst aber nicht ein S21 in Dreiecksform kaufen, das gibt es einfach (noch) nicht.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Teeernte »

Atue001 hat geschrieben:(27 Jan 2021, 23:35)

Verzeih mir, wenn ich das ein wenig aus dem Zusammenhang reisse...

"Es gibt keinen Zwang" ist in dieser Pauschalität nicht richtig - richtig ist vielmehr, dass es sehr wohl in jedem System, und natürlich auch in der sozialen Marktwirtschaft, zu jedem Zeitpunkt sehr viele Zwänge gibt. Es sind genau diese Zwänge die letzten Endes immer wieder auf den Fortschritt befeuern - weil aus bestehenden Zwängen ein anderer ein Geschäftsmodell macht, wie man genau diesen Zwang überwinden kann.

Und das S21 - kannst du kaufen oder nicht. Du kannst aber nicht ein S21 in Dreiecksform kaufen, das gibt es einfach (noch) nicht.

Das ist kein Zwang...das sind Angebote.

Aber - die gehen von einem selbst ebenso aus - man kann den best bezahlten Job nehmen...oder einen der Spass macht, einen mir Risiko - oder einen mit Sicherheit...

Weniger kaufen...oder jedes Jahr 3 Schiffsreisen machen...
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von franktoast »

Atue001 hat geschrieben:(27 Jan 2021, 23:35)

Verzeih mir, wenn ich das ein wenig aus dem Zusammenhang reisse...

"Es gibt keinen Zwang" ist in dieser Pauschalität nicht richtig - richtig ist vielmehr, dass es sehr wohl in jedem System, und natürlich auch in der sozialen Marktwirtschaft, zu jedem Zeitpunkt sehr viele Zwänge gibt. Es sind genau diese Zwänge die letzten Endes immer wieder auf den Fortschritt befeuern - weil aus bestehenden Zwängen ein anderer ein Geschäftsmodell macht, wie man genau diesen Zwang überwinden kann.

Und das S21 - kannst du kaufen oder nicht. Du kannst aber nicht ein S21 in Dreiecksform kaufen, das gibt es einfach (noch) nicht.
Ja, "Zwang" ist kein exakter Begriff. Natürlich kann es auch so etwas wie Gruppenzwang geben, jetzt das neueste Handy zu haben. Aber man könnte die Gruppe auch verlassen oder es einfach aushalten. Mir ging es darum, dass es in der Marktwirtschaft oder Kapitalismus kein Muss gibt, dass immer mehr konsumiert würde. Es wäre immer noch Kapitalismus, wenn Menschen sich für soviel mehr Freizeit (=weniger Arbeitsstunden) entscheiden, dass das die höhere Produktivität nicht ausgleicht. Also unterm Strich weniger Güter hergestellt würden, das BIP sinkt. Das würde ja nicht bedeuten, dass einzelne Unternehmen keinen Gewinn mehr machen würden oder einzelne Unternehmen ihren Gewinn nicht mehr steigern.

Es gibt diesen Mythos, im Kapitalismus müsse es Wachstum geben, ansonsten breche er zusammen. Wenn jetzt theoretisch ein Unternehmen jedes Jahr seinen Umsatz wie auch Gewinn um 1% verringern würde, so what?
Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Mendoza »

franktoast hat geschrieben:(28 Jan 2021, 14:42)

Ja, "Zwang" ist kein exakter Begriff. Natürlich kann es auch so etwas wie Gruppenzwang geben, jetzt das neueste Handy zu haben. Aber man könnte die Gruppe auch verlassen oder es einfach aushalten. Mir ging es darum, dass es in der Marktwirtschaft oder Kapitalismus kein Muss gibt, dass immer mehr konsumiert würde. Es wäre immer noch Kapitalismus, wenn Menschen sich für soviel mehr Freizeit (=weniger Arbeitsstunden) entscheiden, dass das die höhere Produktivität nicht ausgleicht. Also unterm Strich weniger Güter hergestellt würden, das BIP sinkt. Das würde ja nicht bedeuten, dass einzelne Unternehmen keinen Gewinn mehr machen würden oder einzelne Unternehmen ihren Gewinn nicht mehr steigern.

Es gibt diesen Mythos, im Kapitalismus müsse es Wachstum geben, ansonsten breche er zusammen. Wenn jetzt theoretisch ein Unternehmen jedes Jahr seinen Umsatz wie auch Gewinn um 1% verringern würde, so what?
Wenn eine Firma jedes Jahr Umsatz verliert ist es mit deren Innovationskraft nicht weit her. Auf lange Sicht ist das tödlich, denn der Rest der Welt schläft nicht. Ähnlich verhält es sich mit Gesellschaften. Wer will denn schon mit einem Land Geschäfte machen, das praktisch zum Stillstand gekommen ist und nichts mehr zu bieten hat. Deutschland ist da schon auf dem "richtigen" Weg. Einerseits hantieren unsere Ämter noch mit Fax-Geräten, andererseits möchte unserer Arbeitsminister diesen geistigen Stillstand per Grundeinkommen zementieren. So sehen jedenfalls seine letzten Pläne aus. Und ein Prozent pro Jahr weniger Umsatz ist wirklich rein theoretisch, denn solch ein Siechtum wird sich irgendwann beschleunigen. Darum ist das mit dem Wachstum kein Mythos so lange man Wachstum nicht als bloßes Mengenwachstum versteht.
Churchill "Dem Kapitalismus wohnt ein Laster inne: Die ungleichmäßige Verteilung der Güter. Dem Sozialismus hingegen wohnt eine Tugend inne: Die gleichmäßige Verteilung des Elends."
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von jorikke »

Ihr haut euch da Sachen um die Ohren...ohgottogott.
Das Thema ist doch "Sparen war gestern."
Back to the roots.
Warum so ein einfaches Thema durch Pseudo wissenschaftliche Argumentation zu verkomplizieren?
Die direkte Antwort auf das Thema ist ja ganz einfach. Die deutsche Sparquote liegt im langjährigen Schnitt bei 12% und hat sich jetzt in der Corona Krise auf 16% erhöht.
Also Pfeifendeckel mit Sparen war gestern.
Die Fragestellung wurde ja auch weitgehend in Alterssicherung verbogen.
Keine Zinsen usw. , was soll aus uns noch werden?
Ich beglückwünsche alle, die es sich wegen fehlender Zinsen versagen ihre Kohle noch anzulegen und stattdessen dem Konsum frönen.
Ein Freund von mir ist anderer Meinung. Zugegeben, ein schlichtes Gemüt. Er hat eine ganz schlichte Einstellung. Erspart jeden Monat 300,-, dann hat er in 20 Jahren, auch ohne Zinsen, 72.000,-€. Die, die ihr Geld verjucken haben dann, richtig, viel Spaß gehabt. Er lacht bei dieser Rechnung immer und sagt: "Sind die doof."
Aber wie gesagt, er ist etwas schlicht gestrickt.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Mendoza »

Unter Konsum fröhnen verstehe ich fette Party machen, auf Kreuzfahrt gehen, tollen Grill kaufen... Irgendwie finde ich hat dein Kumpel - zumindest jetzt- nicht ganz unrecht :p
Churchill "Dem Kapitalismus wohnt ein Laster inne: Die ungleichmäßige Verteilung der Güter. Dem Sozialismus hingegen wohnt eine Tugend inne: Die gleichmäßige Verteilung des Elends."
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Billie Holiday »

jorikke hat geschrieben:(28 Jan 2021, 21:45)

Ihr haut euch da Sachen um die Ohren...ohgottogott.
Das Thema ist doch "Sparen war gestern."
Back to the roots.
Warum so ein einfaches Thema durch Pseudo wissenschaftliche Argumentation zu verkomplizieren?
Die direkte Antwort auf das Thema ist ja ganz einfach. Die deutsche Sparquote liegt im langjährigen Schnitt bei 12% und hat sich jetzt in der Corona Krise auf 16% erhöht.
Also Pfeifendeckel mit Sparen war gestern.
Die Fragestellung wurde ja auch weitgehend in Alterssicherung verbogen.
Keine Zinsen usw. , was soll aus uns noch werden?
Ich beglückwünsche alle, die es sich wegen fehlender Zinsen versagen ihre Kohle noch anzulegen und stattdessen dem Konsum frönen.
Ein Freund von mir ist anderer Meinung. Zugegeben, ein schlichtes Gemüt. Er hat eine ganz schlichte Einstellung. Erspart jeden Monat 300,-, dann hat er in 20 Jahren, auch ohne Zinsen, 72.000,-€. Die, die ihr Geld verjucken haben dann, richtig, viel Spaß gehabt. Er lacht bei dieser Rechnung immer und sagt: "Sind die doof."
Aber wie gesagt, er ist etwas schlicht gestrickt.
Für welchen Mist soll man denn sein Geld ausgeben?
Geld auf der hohen Kante ist doch nicht verkehrt. Ich bevorzuge beides....sparen und gezielt konsumieren.
Wie schlicht ist denn das Gemüt von jemandem, der sein sauer verdientes Geld für Dinge rauswirft, die im Grunde kein Mensch braucht?
Ein Schuhschrank, der aus allen Nähten platzt, macht auch nicht glücklich. :D Aber im Notfall auf Reserven zurückzugreifen, das beruhigt. :cool:
„Wer mich beleidigt, bestimme ich.“ (Klaus Kinski)

„Just because you’re offended, doesn’t mean you’re right.“ (Ricky Gervais)
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von franktoast »

Mendoza hat geschrieben:(28 Jan 2021, 20:57)
Wenn eine Firma jedes Jahr Umsatz verliert ist es mit deren Innovationskraft nicht weit her. Auf lange Sicht ist das tödlich, denn der Rest der Welt schläft nicht.
Es ging darum, dass weltweit oder meinetwegen in einem Land das BIP sinkt, weil die Menschen Freizeit oder einen minimalistischen Lebensstil bevorzugen. Die Menschen arbeiten weniger, stellen weniger her und können somit auch weniger konsumieren. Und damit ist kein Problem. Auch nicht im Einzelnen. Du könntest heute auch sagen, du willst mehr Freizeit auf Kosten von Konsum und arbeitest eben weniger. Damit hat ja keiner ein Problem.

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Ähnlich verhält es sich mit Gesellschaften. Wer will denn schon mit einem Land Geschäfte machen, das praktisch zum Stillstand gekommen ist und nichts mehr zu bieten hat.
Hä? Wenn du etwas kaufst, welche Rolle spielt es für dich, ob im Herstellerland das BIP sinkt oder steigt? Wenn du dich für ein Samsunghandy entscheidest, weißt du denn ünberhaupt, ob in Südkorea das BIP sinkt oder steigt?
Deutschland ist da schon auf dem "richtigen" Weg. Einerseits hantieren unsere Ämter noch mit Fax-Geräten, andererseits möchte unserer Arbeitsminister diesen geistigen Stillstand per Grundeinkommen zementieren. So sehen jedenfalls seine letzten Pläne aus. Und ein Prozent pro Jahr weniger Umsatz ist wirklich rein theoretisch, denn solch ein Siechtum wird sich irgendwann beschleunigen. Darum ist das mit dem Wachstum kein Mythos so lange man Wachstum nicht als bloßes Mengenwachstum versteht.
Es geht ja um den Wachstum von Werten. Aber wie gesagt: Alle Teilnehmer am Kapitalismus können ja entscheiden(innerhalb der Gesetze), ob sie weniger oder mehr arbeiten und somit weniger oder mehr herstellen und weniger oder mehr konsumieren.

Kapitalismus ohne Wachstum ist also natürlich möglich. Ob sich die Marktteilnehmer in der Gesamtheit zu Gunsten von mehr Freiheit und weniger Güter entscheiden, weiß ich aber nicht.
Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Atue001 »

franktoast hat geschrieben:(28 Jan 2021, 14:42)

....
Es gibt diesen Mythos, im Kapitalismus müsse es Wachstum geben, ansonsten breche er zusammen....

Viel Zustimmung meinerseits zu deiner Antwort, allerdings mit einer etwas anderen Nuance bezüglich des zitierten Satzes.
Meiner Ansicht nach ist Wachstum das Wesen des Kapitalismus - und ich denke sogar, dass nahezu unendliches Wachstum möglich ist.

Die Crux liegt dabei, dass es die Politik ist, die bestimmt, was man im Detail unter einem Wachstum versteht, und das kann die Politik auch über die Zeit verändern.

Wachstum muss also nicht bedeuten ein Wachstum der Sparrate oder des absoluten Sparbetrages, oder ein Wachstum des Umsatzes oder Gewinns. Man kann auch ein Wachstum an Aufklärung, Bildung, Toleranz, Respekt, Nachhaltigkeit, Resilienz u.ä. zum politischen Ziel erklären, und steuert dann eine konsequent wachsende kapitalistische Gesellschaft in solche Richtungen.

Konkret gab und gibt es solche Veränderungen auch permanent - war beispielsweise nach WKII ein Wachstum an Kalorien je Kopf ein politisches Ziel, ist heute die Neuausrichtung mehr auf Gesundheit, Bio, Fitness etc. ausgerichtet.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Realist2014 »

Atue001 hat geschrieben:(29 Jan 2021, 23:08)

s. Man kann auch ein Wachstum an Aufklärung, Bildung, Toleranz, Respekt, Nachhaltigkeit, Resilienz u.ä. zum politischen Ziel erklären, und steuert dann eine konsequent wachsende kapitalistische Gesellschaft in solche Richtungen.
Konkret gab und gibt es solche Veränderungen auch permanent - war beispielsweise nach WKII ein Wachstum an Kalorien je Kopf ein politisches Ziel, ist heute die Neuausrichtung mehr auf Gesundheit, Bio, Fitness etc. ausgerichtet.
Das hat aber alles nichts mit "ökonomischem" Wachstum zu tun- was das BIP ja wiederspiegelt.

Obige Themen wären eher ein Indikator für "Wohlstand"
Laut Aussage der linken Ideologen sind alle ökonomisch erfolgreichen dumm, und die wahre Intelligenz tritt sich in der untersten ökonomischen Etage auf die Füße.....daher muss diese Etage ausgebaut werden
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von franktoast »

Atue001 hat geschrieben:(29 Jan 2021, 23:08)

Viel Zustimmung meinerseits zu deiner Antwort, allerdings mit einer etwas anderen Nuance bezüglich des zitierten Satzes.
Meiner Ansicht nach ist Wachstum das Wesen des Kapitalismus - und ich denke sogar, dass nahezu unendliches Wachstum möglich ist.

Die Crux liegt dabei, dass es die Politik ist, die bestimmt, was man im Detail unter einem Wachstum versteht, und das kann die Politik auch über die Zeit verändern.

Wachstum muss also nicht bedeuten ein Wachstum der Sparrate oder des absoluten Sparbetrages, oder ein Wachstum des Umsatzes oder Gewinns. Man kann auch ein Wachstum an Aufklärung, Bildung, Toleranz, Respekt, Nachhaltigkeit, Resilienz u.ä. zum politischen Ziel erklären, und steuert dann eine konsequent wachsende kapitalistische Gesellschaft in solche Richtungen.

Konkret gab und gibt es solche Veränderungen auch permanent - war beispielsweise nach WKII ein Wachstum an Kalorien je Kopf ein politisches Ziel, ist heute die Neuausrichtung mehr auf Gesundheit, Bio, Fitness etc. ausgerichtet.
Es mag ein Wesen des Kapitalismus sein, man könnte aber auch sagen, es wäre das Wesen des Menschens. Also er strebt ja nach Verbesserungen und nach Effizienz. Irgendwas muss der Mensch ja in seiner Zeit tun und er will was schaffen. Warum nicht Produkte oder Prozesse verbessern?
Dazu gehört auch immer, dass der gleiche materielle Wohlstand mit weniger Arbeitsstunden erreicht werden kann und es stellt sich die Frage, was man mit den freigewordenen Arbeitsstunden macht? Man kann mehr Bildung anbieten, die Energieerzeugung sauberer machen etc. Man könnte auch den Kapitalismus in dem Sinne einschränken, indem man ihn "gleicher" macht. zB. könnte man Geschelchterquoten bei Dachdeckern und Kindergärtnern einführen. Leider scheint es dieses Gleichmacherziel zu geben (equality of outcome(Sozialismus) vs equality of opportunity(Kapitalismus)), so dass die Verteilung unterschiedlicher Merkmale in einer Teilmenge so sein sollte wie in der Gesamtmenge (zB. gibt es 50% Frauen in der Gesamtmenge, also will man das auch in der Teilmenge der Dachdecker). Genauso akzeptiert man, dass 0,1% der Menschen 100% der Gehirn-OPs durchführen, aber wenn 10% der Menschen 90% der Produktion über Unternehmenseigentum steuern, scheint das ein Nogo zu sein (Stichwort ungleiche Vermögensverteilung).
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Atue001 »

franktoast hat geschrieben:(02 Feb 2021, 12:56)

Es mag ein Wesen des Kapitalismus sein, man könnte aber auch sagen, es wäre das Wesen des Menschens. Also er strebt ja nach Verbesserungen und nach Effizienz. Irgendwas muss der Mensch ja in seiner Zeit tun und er will was schaffen. Warum nicht Produkte oder Prozesse verbessern?
Dazu gehört auch immer, dass der gleiche materielle Wohlstand mit weniger Arbeitsstunden erreicht werden kann und es stellt sich die Frage, was man mit den freigewordenen Arbeitsstunden macht? Man kann mehr Bildung anbieten, die Energieerzeugung sauberer machen etc. Man könnte auch den Kapitalismus in dem Sinne einschränken, indem man ihn "gleicher" macht. zB. könnte man Geschelchterquoten bei Dachdeckern und Kindergärtnern einführen. Leider scheint es dieses Gleichmacherziel zu geben (equality of outcome(Sozialismus) vs equality of opportunity(Kapitalismus)), so dass die Verteilung unterschiedlicher Merkmale in einer Teilmenge so sein sollte wie in der Gesamtmenge (zB. gibt es 50% Frauen in der Gesamtmenge, also will man das auch in der Teilmenge der Dachdecker). Genauso akzeptiert man, dass 0,1% der Menschen 100% der Gehirn-OPs durchführen, aber wenn 10% der Menschen 90% der Produktion über Unternehmenseigentum steuern, scheint das ein Nogo zu sein (Stichwort ungleiche Vermögensverteilung).
Die ungleiche Vermögensverteilung ist nicht das Problem - vielmehr ist sie ein Teil der Lösung.
Ein Problem aber wird es, wenn die Vermögensverteilung ungesund ungleich wird, und das über viele Jahre bleibt.

Betrachtet man Extrema, ist einem das auch intuitiv klar! Wenn genau einer ALLES Vermögen besitzen würde - wäre jedem klar, dass das ein Problem ist.

Die Frage ist also nicht so sehr, ob man Ungleichheit abschaffen sollte - sondern wie viel Ungleichheit ist förderlich, und wann beginnt das zu kippen.
Oder auch: Wie kann man die Ungleichheit zulassen aber gleichzeitig so steuern, dass sie zu Gunsten Aller wirkt, und nicht zum Schaden.

Selbst bei dem fragwürdigen und eigentlich in die Irre führendem Beispiel der Gehirn-OPs ist klar, wenn man nur noch genau einen Arzt alle Gehirn-OPs durchführen lassen würde, hätte die Menschheit nicht weniger sondern mehr Probleme.

Unser derzeitiges politisches und wirtschaftliches System sind darauf ausgerichtet, für viele gesellschaftliche Fragestellungen eine Art Balance zu suchen. Bei der Fragestellung der Vermögensakkumulation aber gibt es keine hinreichenden Bemühungen, hier für eine wirkungsvolle Balance zu sorgen. Das ist nicht akut, aber langfristig sehr wohl ein Problem, weil das Wirtschafts- und Finanzsystem Vermögensakkumulation nicht nur ermöglicht, sondern sie regelrecht antreibt. Das allein wäre nicht schädlich, sondern ist sogar eine Stärke des Systems - schädlich wird es aber dann, wenn für sehr große Vermögen dauerhaft keine systemischen Komponenten regulierend eingreifen.

Bei Unternehmen gibt es in Teilen ein solches Regulativ schon - Monopole werden unter starke staatliche Aufsicht gestellt, oder sogar zerschlagen.
Bei Privatvermögen fehlt dieses Regulativ aber - hier sehe ich ein Defizit.

In keiner Weise bedeutet dies aber, dass ich auch nur eine Sekunde über Gleichmacherei als wünschenswertes Szenario nachdenken würde.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Realist2014 »

Atue001 hat geschrieben:(02 Feb 2021, 23:58)

Unser derzeitiges politisches und wirtschaftliches System sind darauf ausgerichtet, für viele gesellschaftliche Fragestellungen eine Art Balance zu suchen. Bei der Fragestellung der Vermögensakkumulation aber gibt es keine hinreichenden Bemühungen, hier für eine wirkungsvolle Balance zu sorgen. e.
Natürlich gibt es die.
Nennt sich Steuern auf den Vermögenszuwachs ( Steuern auf Einkommen und Gewinne)
Dann Steuern auf Erbschaften.

Weiterhin Förderungen zur Vermögensbildung bei den "Geringverdienern"
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von franktoast »

Atue001 hat geschrieben:(02 Feb 2021, 23:58)

Die ungleiche Vermögensverteilung ist nicht das Problem - vielmehr ist sie ein Teil der Lösung.
Ein Problem aber wird es, wenn die Vermögensverteilung ungesund ungleich wird, und das über viele Jahre bleibt.

Betrachtet man Extrema, ist einem das auch intuitiv klar! Wenn genau einer ALLES Vermögen besitzen würde - wäre jedem klar, dass das ein Problem ist.
Theoretisch nicht. Wenn alle anderen ein gutes Einkommen hätten und das jedes Monat zu 100% verbrauchen würden und das auch wollen, wäre deren Vermögen 0, aber es gäbe kein Problem. Theoretisch könnte der Konsum und gelebte Reichtum bei denen mit 0 Vermögen sogar höher sein als bei dem, der alles Vermögen sein Eigen nennt. Beispiel: Die Quandts besitzen 50% von BMW. BMW stellt jedes Jahr etwa 2,5Mio. Autos her. Aber nutzen die Quandts nun 1,25Mio. Autos pro Jahr und werfen die dann weg? Jede Minute 2 neue BMWs und dann ab auf den Müll? Nö. Die Autos nutzen andere Menschen. Deren Vermögen arbeitet also für andere, indem sie für andere Autos herstellt. Deren privater Konsum ist die Villa, die Yacht, der Privatjet.

Die Frage ist also nicht so sehr, ob man Ungleichheit abschaffen sollte - sondern wie viel Ungleichheit ist förderlich, und wann beginnt das zu kippen.
Oder auch: Wie kann man die Ungleichheit zulassen aber gleichzeitig so steuern, dass sie zu Gunsten Aller wirkt, und nicht zum Schaden.
Aber warum sollte man da eingreifen? Sollte sich der Wohlstand einer Gesellschaft nicht eher nach den Medianvermögen messen lassen anstatt an dem Wohlstand der Reichsten? Falls in Gesellschaft A das oberste Prozent 99% des Vermögens besitzt und das Medianeinkommen pro Haushalt bei 5000€ liegt, und in B das oberste Prozent nur 10% des Gesamtvermögens hat, aber das Medianeinkommen nur bei 3000€, wäre das besser?

Solange das Vermögen basierend auf freiwilligen Handlungen basiert, sollte es da keine Obergrenze geben. Wenn dir zu 100% ein Unternehmen gehört, dass tolle Produkte verkauft, die die Massen eben als so toll empfinden, dass sie es freiwillig mit ihrem Geld kaufen, warum sollte man dir das Unternehmen wegnehmen, wenn es eine bestimmte Größe erreicht?
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Realist2014 »

franktoast hat geschrieben:(03 Feb 2021, 14:05)
Solange das Vermögen basierend auf freiwilligen Handlungen basiert, sollte es da keine Obergrenze geben. Wenn dir zu 100% ein Unternehmen gehört, dass tolle Produkte verkauft, die die Massen eben als so toll empfinden, dass sie es freiwillig mit ihrem Geld kaufen, warum sollte man dir das Unternehmen wegnehmen, wenn es eine bestimmte Größe erreicht?

Derartige "Enteigungsphanatasien" gibt es ja nur in ideologisch verblendeten Gehirnwindungen :p
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Atue001 »

franktoast hat geschrieben:(03 Feb 2021, 14:05)

Theoretisch nicht. Wenn alle anderen ein gutes Einkommen hätten und das jedes Monat zu 100% verbrauchen würden und das auch wollen, wäre deren Vermögen 0, aber es gäbe kein Problem. Theoretisch könnte der Konsum und gelebte Reichtum bei denen mit 0 Vermögen sogar höher sein als bei dem, der alles Vermögen sein Eigen nennt. Beispiel: Die Quandts besitzen 50% von BMW. BMW stellt jedes Jahr etwa 2,5Mio. Autos her. Aber nutzen die Quandts nun 1,25Mio. Autos pro Jahr und werfen die dann weg? Jede Minute 2 neue BMWs und dann ab auf den Müll? Nö. Die Autos nutzen andere Menschen. Deren Vermögen arbeitet also für andere, indem sie für andere Autos herstellt. Deren privater Konsum ist die Villa, die Yacht, der Privatjet.
Woher soll das Einkommen kommen, wenn einer alles besitzt? Faktisch müsste der eine dann das Einkommen ja bezahlen - womit er zumindest temporär nicht mehr alles besitzt.....aber es ist eh eine Grenzfallbetrachtung. Inhaltlich ist dir offensichtlich klar geworden, worauf ich hinaus wollte - das reicht damit ja auch.

Ich würde bei einer allgemeinen Vermögensbetrachtung immer auch zwischen Privatvermögen und Unternehmensvermögen trennen - das geht auch bei den Quandts und BMW ziemlich gut und ist allenfalls beim kleinen Schreiner um die Ecke problematisch....denn: BMW gäbe es auch noch, wenn die Quandts ihre Anteile vollständig abgeben müssten, weil BMW als Großunternehmen eben nicht nur aus den Eigentümern besteht, sondern vielmehr auch deshalb existiert, weil es viele Mitarbeiter und automatisierte Produktionsprozesse gibt. Aber diese Denkrichtung ist für meine Argumentationslinie auch nicht wesentlich - deshalb sollten wir das nicht zu sehr vertiefen - sonst passt es auch schwerlich in diesen Thread. Ich habe dabei keine Angst vor einer entsprechenden Diskussion - nur würde ich die dann an anderer Stelle führen.

Aber warum sollte man da eingreifen? Sollte sich der Wohlstand einer Gesellschaft nicht eher nach den Medianvermögen messen lassen anstatt an dem Wohlstand der Reichsten? Falls in Gesellschaft A das oberste Prozent 99% des Vermögens besitzt und das Medianeinkommen pro Haushalt bei 5000€ liegt, und in B das oberste Prozent nur 10% des Gesamtvermögens hat, aber das Medianeinkommen nur bei 3000€, wäre das besser?

Solange das Vermögen basierend auf freiwilligen Handlungen basiert, sollte es da keine Obergrenze geben. Wenn dir zu 100% ein Unternehmen gehört, dass tolle Produkte verkauft, die die Massen eben als so toll empfinden, dass sie es freiwillig mit ihrem Geld kaufen, warum sollte man dir das Unternehmen wegnehmen, wenn es eine bestimmte Größe erreicht?

Das Vermögen basiert nicht auf freiwilligen Handlungen. Unser Wirtschaftssystem, welches ich in seinen wesentlichen Grundzügen für völlig ok halte, hat inhärente Wirkmechanismen, die zu einer Vermögensakkumulation führen. Platt gesprochen: Wenn du reich genug bist, musst du dich schon anstrengen, um wieder arm werden zu können......

Mein Kernanliegen ist es nicht, auch nur einen einzigen Superreichen arm werden zu lassen - es ist vielmehr, durch eine faire Lastenverteilung der Staatsfinanzierung dafür zu sorgen, dass steigender Wohlstand von Superreichen auch hinreichend dazu führt, dass nicht nur sie selbst, sondern auch weitere davon profitieren. Sofern beispielsweise es sicher gestellt ist, dass die Mitarbeiter von BMW in wenigstens annähernd gleicher Art und Weise von einer Wertsteigerung des Unternehmens profitieren wie die Familie Quandt, ist ja auch vieles in Ordnung. Nur - während die Tarifsteigerungen dann doch oft genug bei 2-5% liegen, profitiert die Familie Quandt mit deutlich höheren Prozenten......ist das wirklich gerecht? Ist es der Eigentümer der die Wertschöpfung eines Unternehmens "verdient" oder sind es die, die operativ dafür sorgen, dass der Laden so erfolgreich läuft?


Damit nicht immer die "armen Quandts" das Objekt der Betrachtung sind, können wir gerne auch mal auf die Sondersituation von beispielsweise Profifussballern eingehen. Es ist völlig ok, dass sie entsprechend dem Gesetz von Angebot und Nachfrage auch mal Millionengehälter bekommen....es wäre fatal, wenn der Staat da in den Markt eingreifen würde! Also keine Neiddebatte!

WENN sie aber so ein Vermögen aufgebaut haben, dann ist es genauso ok, wenn sie entsprechend ihres Vermögens auch zur Staatsfinanzierung beitragen.
Diese Selbstverständlichkeit gibt es dann aber wieder nicht.

Der Fussballprofi (du kannst auch den Spitzenmusiker nehmen) erzielt extrem hohe Einnahmen über einen relativ kurzen Zeitraum - das Einkommen wird versteuert - die weitere Vermögensentwicklung aber spielt später nur noch eine untergeordnete Rolle. Bei entsprechendem Anlageverhalten kann man in einer solchen Rolle gar nichts anderes, als eigentlich immer Vermögender werden - sogar ohne all zu viel zutun.

Langfristige Spekulationsgewinne könne vor allem Vermögende erzielen - doch genau diese werden nur sehr niedrig und auch pauschaliert besteuert.....

Letzten Endes geht es mir aber gar nicht um diese Details - denn es gibt eine ganze Reihe an Möglichkeiten, wie man passend korrigierend gegensteuern kann. Das muss nicht beim Einkommen passieren - das kann auch erst im Fall der Erbschaft passieren - man kann es aber auch über eine Vermögenssteuer auf Privatvermögen machen oder oder oder.....

Ich halte es für völlig ok, dass es Einkommensunterschiede auch in sehr hoher Spreizung gibt - ich habe auch nichts dagegen, dass man aus einem hohen Einkommen ein Vermögen aufbauen kann. Ich halte es aber für ein Problem, wenn es systembedingt zur Vermögensakkumulation im größeren Stil kommt, die letzten Endes ja auch verhindert, dass andere sich ein Vermögen aufbauen können.
Solange der gesellschaftliche Konsens die Ungleichheit noch akzeptiert ist das Problem überschaubar - allerdings ist es naiv, deshalb das Problem auf den Sankt Nimmerleinstag zu vertagen. Denn die historische Erfahrung zeigt, wenn die Ungleichheit zu groß wird, entstehen gesellschaftliche Spannungen, die zu Revolutionen führen. Und die sind auch aus der Sicht der Vermögendsten wenig attraktiv.

Deshalb sollte sich ein Staat auch darum bemühen, dass die Vermögensungleichheit in einem vernünftigen Maß bleibt - ohne deshalb gleich dem Extrem zu frönen, überall Gleichmacherei zu fordern.

Um das auch mal gleich ins richtige Licht zu rücken - im großen und ganzen gelingt genau dies über weite Teile der Gesellschaft in Deutschland recht gut - blind ist der Staat in gewisser Weise bei einer relativ kleinen Klientel der Superreichen - und würde man das korrigieren, auch die Superreichen könnten doch regelmäßig damit leben. Das Vermögen der Quandts wäre damit nicht wirklich strukturell gefährdet....
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Realist2014 »

Atue001 hat geschrieben:(03 Feb 2021, 23:53)
Ich würde bei einer allgemeinen Vermögensbetrachtung immer auch zwischen Privatvermögen und Unternehmensvermögen trennen - d ..
Dann erläutere doch mal, wo da die Grenze ziehen willst.

Wobei du ja nicht "Unternehmensvermögen" meinst - das wäre ja das Vermögen des Unternehmens - sondern das Eigentum an Unternehmen.

Somit wäre letzteres :
Aktien
GmbH-Anteile
Anteile an GmbH & Co KG
Aktienfonds
Immobilienfonds
usw...

Was bleibt dann noch an "Privatvermögen"?

Autos, Immobilien, Yachten, Grundstücke, Gemälde......
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von franktoast »

Atue001 hat geschrieben:(03 Feb 2021, 23:53)

Woher soll das Einkommen kommen, wenn einer alles besitzt? Faktisch müsste der eine dann das Einkommen ja bezahlen - womit er zumindest temporär nicht mehr alles besitzt.....aber es ist eh eine Grenzfallbetrachtung. Inhaltlich ist dir offensichtlich klar geworden, worauf ich hinaus wollte - das reicht damit ja auch.
Wenn einer alle Unternehmen besitzt oder viele, ist erstmal egal. Wie viele Unternehmen besitzt du denn? Und hast du Essen, Wohnraum, Kleidung etc.? Von Sozialisten wird ja auch vorgeschlagen, dass einer (der Staat) alle Unternehmen hat und trotzdem würde es ja Einkommen geben, oder?
Ich würde bei einer allgemeinen Vermögensbetrachtung immer auch zwischen Privatvermögen und Unternehmensvermögen trennen - das geht auch bei den Quandts und BMW ziemlich gut und ist allenfalls beim kleinen Schreiner um die Ecke problematisch....denn: BMW gäbe es auch noch, wenn die Quandts ihre Anteile vollständig abgeben müssten, weil BMW als Großunternehmen eben nicht nur aus den Eigentümern besteht, sondern vielmehr auch deshalb existiert, weil es viele Mitarbeiter und automatisierte Produktionsprozesse gibt. Aber diese Denkrichtung ist für meine Argumentationslinie auch nicht wesentlich - deshalb sollten wir das nicht zu sehr vertiefen - sonst passt es auch schwerlich in diesen Thread. Ich habe dabei keine Angst vor einer entsprechenden Diskussion - nur würde ich die dann an anderer Stelle führen.
Naja, ich hab jetzt keine genauen Zahlen, aber lass alle Unternehmen mal 5 Billionen für Deutschland wert sein und wir nehmen an, es gäbe kein Ausland. Dieses Vermögen kannst du den Eigentümern nicht einfach wegnehmen und an die Bevölkerung ausschütten, die davon Autos oder Essen kaufen. Dieses Vermögen in Form von Fabriken, Lagern, Maschinen, Büros etc. ist ja dafür da, um Konsumgüter herzustellen. Du kannst nicht die BMW-Fabriken in Wohnraum umwandeln und davon ausgehen, dass dann immer noch so viele Autos hergestellt werden. Die Fabrik gäbe es ja gar nicht mehr.
Ich denke, das ist Vielen unklar, wenn sie davon fantasieren, man könnte ja den Superreichen das Vermögen wegnehmen und an Ärmere geben, die davon Handy, größere Wohnungen und sonst was kaufen. Sorry, das geht nicht. Physikalisch unmöglich.
Das Vermögen basiert nicht auf freiwilligen Handlungen. Unser Wirtschaftssystem, welches ich in seinen wesentlichen Grundzügen für völlig ok halte, hat inhärente Wirkmechanismen, die zu einer Vermögensakkumulation führen. Platt gesprochen: Wenn du reich genug bist, musst du dich schon anstrengen, um wieder arm werden zu können......
Also das hat eigentlich nichts mit der Höhe des Vermögens zu tun. Du kannst auch für 100€ einen Welt Aktien-ETF kaufen und es ist schwer, dass dieser in vielen Jahren weniger wert ist also heute. Zum Glück haben auch Nicht-Unternehmer über Aktien die Möglichkeit, daran zu partizipieren.
Ähnlich sieht es übrigens mit dem Lohn aus. Es ist relativ einfach, diesen Lohn zu halten und immer weiter zu steigern. Oder wenn du ein Haus kaufst und nach und nach abbezahlst, so wird dein Eigentum am Haus schwerlich sinken.
Mein Kernanliegen ist es nicht, auch nur einen einzigen Superreichen arm werden zu lassen - es ist vielmehr, durch eine faire Lastenverteilung der Staatsfinanzierung dafür zu sorgen, dass steigender Wohlstand von Superreichen auch hinreichend dazu führt, dass nicht nur sie selbst, sondern auch weitere davon profitieren. Sofern beispielsweise es sicher gestellt ist, dass die Mitarbeiter von BMW in wenigstens annähernd gleicher Art und Weise von einer Wertsteigerung des Unternehmens profitieren wie die Familie Quandt, ist ja auch vieles in Ordnung. Nur - während die Tarifsteigerungen dann doch oft genug bei 2-5% liegen, profitiert die Familie Quandt mit deutlich höheren Prozenten......ist das wirklich gerecht? Ist es der Eigentümer der die Wertschöpfung eines Unternehmens "verdient" oder sind es die, die operativ dafür sorgen, dass der Laden so erfolgreich läuft?
Also wenn BMW als Unternehmen so hohe Gewinn erwirtschaftet, dann steht es doch jedem frei, BMW-Aktien zu kaufen. So ein BMW-Mitarbeiter verdient ja nicht schlecht. Der kann ja mal 10-20 Jahre seinen Konsum etwas einschränken und jedes Monat 500-1000€ in BMW-Aktien stecken. Wenn es Pech hat, geht BMW aber pleite ...
Der Fussballprofi (du kannst auch den Spitzenmusiker nehmen) erzielt extrem hohe Einnahmen über einen relativ kurzen Zeitraum - das Einkommen wird versteuert - die weitere Vermögensentwicklung aber spielt später nur noch eine untergeordnete Rolle. Bei entsprechendem Anlageverhalten kann man in einer solchen Rolle gar nichts anderes, als eigentlich immer Vermögender werden - sogar ohne all zu viel zutun.
Solange das Vermögen im Unternehmen gebunden ist, fallen auf den Gewinn ganz normal etwa 30% Steuern an, Körperschaftssteuer und Gewerbesteuer. Entnehmen die Quandts etwas davon zum privaten Gebrauch, fallen nochmal 25% Abgeltungssteuer an. Insgesamt also etwa 50%. Findest du das zu wenig?

Ich persönlich finde die Abgeltungssteuer ok. Kaufe ich heute Aktien und die steigen im Wert von 1000€, bleiben mir 750€. Sinken sie um 1000€, hab ich 1000€ Verlust. Da gibt es schon eine Asymmetrie. Da der Gewinn aber wahrscheinlicher ist, ist das wohl ok.

Ich nenn mal ein anderes Beispiel. Andrew Carnegie war ein US-Stahl-Tycoon aus dem 19ten Jhd. Er gilt als einer der reichsten Menschen, die je gelebt haben und war dafür bekannt, von seinen Arbeitern viel abzuverlangen bei gleichzeitig relativ geringem Lohn. Am Ende seines Lebens hat er sein gesamtes Vermögen gespendet, va. Bibliotheken und Unis wurden gebaut inklusive Stiftungsvermögen, die bis heute davon zerren. Ein anderes Beispiel ist Bill Gates. Er war ein ziemlich harten Geschäftsmann und am Ende seines Lebens spendet er 99,9%.
Was ist falsch gelaufen?

Ich persönlich finde es nur blöd, wenn jemand viel Reichtum hat und den verprasst.
Also ich will nochmal ausholen. Amazon hat etwa 1,2Mio. Mitarbeiter und ist 1,7Billionen Dollar wert. Jeff Bezos gehören davon 15%, also etwa 250Mrd. Dollar. Die Mitarbeiter leisten etwa 3Mrd. Arbeitsstunden pro Jahr. Was kommt bei diesen Arbeitsstunden heraus? Naja, Amazon hat einen Umsatz von etwa 300Mrd. und 150Mio. Kunden, die etwas kaufen, was sie wollen. Die 150Mio. Kunden wollen etwas suchen, finden das bei Amazon und bekommen es schnell nach Hause geliefert. Eventuell wollen sie es zurück schicken, oder sie wollen was über Amazon verkaufen.
-> Das passiert mit den 3Mrd. Arbeitsstunden. Es wird etwas gemacht, was 150Mio. Kunden wollen.

Jetzt stell dir mal vor, Jeff Bezos verkauft seinen Anteil an seine Mitarbeiter. Jeder Mitarbeiter bezahlt Bezos 200 000 Dollar. Nun gehört der Anteil den Mitarbeitern. Die Mitarbeiter kaufen dann 20 Jahre kein Auto, gehen nicht ins Kino, verzichten auf Reisen, und sonstigen Konsum. Und Bezos hat nun 250Mrd. auf seinem Konto rumliegen und kauft davon eine Superduper-Yacht, die diese Welt noch nicht gesehen hat. Zum Bau und Unterhalt der Yacht müssen 3Mrd. Arbeitsstunden aufgewendet werden. 3 000 000 000 Arbeitsstunden. Von der Stahlherstellung, Motorbau, Installation, Testfahrt, Ölforderung bis zum Programmieren der IT an Board.
-> Und nun? Hat sich die Situation nun verbessert?

Wie wärs, wenn Bezos seinen Anteil an einen Investmentfonds verkauft, der dafür 250Mrd. hinblättert und darauf 99% Steuern bezahlt? Nun, woher hat der Investmentfonds das Geld? Womöglich von 1,2Mio. Kleinanlegern, die jeweils 200 000 Dollar gegeben haben? Oder von 120Mio. Kleinanlegern, die jeweils 2000 Dollar gegeben haben, die jeweils auf Kinobesuch, Reise etc. verzichten? Nun kann der Staat das Geld ausgeben. Ja. Aber irgendjemand muss auf den Konsum von 250Mrd. verzichten. Ob nun Herr Bezos, ein anderer Reicher, viele Kleinanleger oder sonst wer.
-> Bezos Anteil muss in das Eigentum von jemand anderen gehen, der auf Konsum verzichtet. Es muss so sein!
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