Atue001 hat geschrieben:(03 Feb 2021, 23:53)
Woher soll das Einkommen kommen, wenn einer alles besitzt? Faktisch müsste der eine dann das Einkommen ja bezahlen - womit er zumindest temporär nicht mehr alles besitzt.....aber es ist eh eine Grenzfallbetrachtung. Inhaltlich ist dir offensichtlich klar geworden, worauf ich hinaus wollte - das reicht damit ja auch.
Wenn einer alle Unternehmen besitzt oder viele, ist erstmal egal. Wie viele Unternehmen besitzt du denn? Und hast du Essen, Wohnraum, Kleidung etc.? Von Sozialisten wird ja auch vorgeschlagen, dass einer (der Staat) alle Unternehmen hat und trotzdem würde es ja Einkommen geben, oder?
Ich würde bei einer allgemeinen Vermögensbetrachtung immer auch zwischen Privatvermögen und Unternehmensvermögen trennen - das geht auch bei den Quandts und BMW ziemlich gut und ist allenfalls beim kleinen Schreiner um die Ecke problematisch....denn: BMW gäbe es auch noch, wenn die Quandts ihre Anteile vollständig abgeben müssten, weil BMW als Großunternehmen eben nicht nur aus den Eigentümern besteht, sondern vielmehr auch deshalb existiert, weil es viele Mitarbeiter und automatisierte Produktionsprozesse gibt. Aber diese Denkrichtung ist für meine Argumentationslinie auch nicht wesentlich - deshalb sollten wir das nicht zu sehr vertiefen - sonst passt es auch schwerlich in diesen Thread. Ich habe dabei keine Angst vor einer entsprechenden Diskussion - nur würde ich die dann an anderer Stelle führen.
Naja, ich hab jetzt keine genauen Zahlen, aber lass alle Unternehmen mal 5 Billionen für Deutschland wert sein und wir nehmen an, es gäbe kein Ausland. Dieses Vermögen kannst du den Eigentümern nicht einfach wegnehmen und an die Bevölkerung ausschütten, die davon Autos oder Essen kaufen. Dieses Vermögen in Form von Fabriken, Lagern, Maschinen, Büros etc. ist ja dafür da, um Konsumgüter herzustellen. Du kannst nicht die BMW-Fabriken in Wohnraum umwandeln und davon ausgehen, dass dann immer noch so viele Autos hergestellt werden. Die Fabrik gäbe es ja gar nicht mehr.
Ich denke, das ist Vielen unklar, wenn sie davon fantasieren, man könnte ja den Superreichen das Vermögen wegnehmen und an Ärmere geben, die davon Handy, größere Wohnungen und sonst was kaufen. Sorry, das geht nicht. Physikalisch unmöglich.
Das Vermögen basiert nicht auf freiwilligen Handlungen. Unser Wirtschaftssystem, welches ich in seinen wesentlichen Grundzügen für völlig ok halte, hat inhärente Wirkmechanismen, die zu einer Vermögensakkumulation führen. Platt gesprochen: Wenn du reich genug bist, musst du dich schon anstrengen, um wieder arm werden zu können......
Also das hat eigentlich nichts mit der Höhe des Vermögens zu tun. Du kannst auch für 100€ einen Welt Aktien-ETF kaufen und es ist schwer, dass dieser in vielen Jahren weniger wert ist also heute. Zum Glück haben auch Nicht-Unternehmer über Aktien die Möglichkeit, daran zu partizipieren.
Ähnlich sieht es übrigens mit dem Lohn aus. Es ist relativ einfach, diesen Lohn zu halten und immer weiter zu steigern. Oder wenn du ein Haus kaufst und nach und nach abbezahlst, so wird dein Eigentum am Haus schwerlich sinken.
Mein Kernanliegen ist es nicht, auch nur einen einzigen Superreichen arm werden zu lassen - es ist vielmehr, durch eine faire Lastenverteilung der Staatsfinanzierung dafür zu sorgen, dass steigender Wohlstand von Superreichen auch hinreichend dazu führt, dass nicht nur sie selbst, sondern auch weitere davon profitieren. Sofern beispielsweise es sicher gestellt ist, dass die Mitarbeiter von BMW in wenigstens annähernd gleicher Art und Weise von einer Wertsteigerung des Unternehmens profitieren wie die Familie Quandt, ist ja auch vieles in Ordnung. Nur - während die Tarifsteigerungen dann doch oft genug bei 2-5% liegen, profitiert die Familie Quandt mit deutlich höheren Prozenten......ist das wirklich gerecht? Ist es der Eigentümer der die Wertschöpfung eines Unternehmens "verdient" oder sind es die, die operativ dafür sorgen, dass der Laden so erfolgreich läuft?
Also wenn BMW als Unternehmen so hohe Gewinn erwirtschaftet, dann steht es doch jedem frei, BMW-Aktien zu kaufen. So ein BMW-Mitarbeiter verdient ja nicht schlecht. Der kann ja mal 10-20 Jahre seinen Konsum etwas einschränken und jedes Monat 500-1000€ in BMW-Aktien stecken. Wenn es Pech hat, geht BMW aber pleite ...
Der Fussballprofi (du kannst auch den Spitzenmusiker nehmen) erzielt extrem hohe Einnahmen über einen relativ kurzen Zeitraum - das Einkommen wird versteuert - die weitere Vermögensentwicklung aber spielt später nur noch eine untergeordnete Rolle. Bei entsprechendem Anlageverhalten kann man in einer solchen Rolle gar nichts anderes, als eigentlich immer Vermögender werden - sogar ohne all zu viel zutun.
Solange das Vermögen im Unternehmen gebunden ist, fallen auf den Gewinn ganz normal etwa 30% Steuern an, Körperschaftssteuer und Gewerbesteuer. Entnehmen die Quandts etwas davon zum privaten Gebrauch, fallen nochmal 25% Abgeltungssteuer an. Insgesamt also etwa 50%. Findest du das zu wenig?
Ich persönlich finde die Abgeltungssteuer ok. Kaufe ich heute Aktien und die steigen im Wert von 1000€, bleiben mir 750€. Sinken sie um 1000€, hab ich 1000€ Verlust. Da gibt es schon eine Asymmetrie. Da der Gewinn aber wahrscheinlicher ist, ist das wohl ok.
Ich nenn mal ein anderes Beispiel. Andrew Carnegie war ein US-Stahl-Tycoon aus dem 19ten Jhd. Er gilt als einer der reichsten Menschen, die je gelebt haben und war dafür bekannt, von seinen Arbeitern viel abzuverlangen bei gleichzeitig relativ geringem Lohn. Am Ende seines Lebens hat er sein gesamtes Vermögen gespendet, va. Bibliotheken und Unis wurden gebaut inklusive Stiftungsvermögen, die bis heute davon zerren. Ein anderes Beispiel ist Bill Gates. Er war ein ziemlich harten Geschäftsmann und am Ende seines Lebens spendet er 99,9%.
Was ist falsch gelaufen?
Ich persönlich finde es nur blöd, wenn jemand viel Reichtum hat und den verprasst.
Also ich will nochmal ausholen. Amazon hat etwa 1,2Mio. Mitarbeiter und ist 1,7Billionen Dollar wert. Jeff Bezos gehören davon 15%, also etwa 250Mrd. Dollar. Die Mitarbeiter leisten etwa 3Mrd. Arbeitsstunden pro Jahr. Was kommt bei diesen Arbeitsstunden heraus? Naja, Amazon hat einen Umsatz von etwa 300Mrd. und 150Mio. Kunden, die etwas kaufen, was sie wollen. Die 150Mio. Kunden wollen etwas suchen, finden das bei Amazon und bekommen es schnell nach Hause geliefert. Eventuell wollen sie es zurück schicken, oder sie wollen was über Amazon verkaufen.
-> Das passiert mit den 3Mrd. Arbeitsstunden. Es wird etwas gemacht, was 150Mio. Kunden wollen.
Jetzt stell dir mal vor, Jeff Bezos verkauft seinen Anteil an seine Mitarbeiter. Jeder Mitarbeiter bezahlt Bezos 200 000 Dollar. Nun gehört der Anteil den Mitarbeitern. Die Mitarbeiter kaufen dann 20 Jahre kein Auto, gehen nicht ins Kino, verzichten auf Reisen, und sonstigen Konsum. Und Bezos hat nun 250Mrd. auf seinem Konto rumliegen und kauft davon eine Superduper-Yacht, die diese Welt noch nicht gesehen hat. Zum Bau und Unterhalt der Yacht müssen 3Mrd. Arbeitsstunden aufgewendet werden. 3 000 000 000 Arbeitsstunden. Von der Stahlherstellung, Motorbau, Installation, Testfahrt, Ölforderung bis zum Programmieren der IT an Board.
-> Und nun? Hat sich die Situation nun verbessert?
Wie wärs, wenn Bezos seinen Anteil an einen Investmentfonds verkauft, der dafür 250Mrd. hinblättert und darauf 99% Steuern bezahlt? Nun, woher hat der Investmentfonds das Geld? Womöglich von 1,2Mio. Kleinanlegern, die jeweils 200 000 Dollar gegeben haben? Oder von 120Mio. Kleinanlegern, die jeweils 2000 Dollar gegeben haben, die jeweils auf Kinobesuch, Reise etc. verzichten? Nun kann der Staat das Geld ausgeben. Ja. Aber irgendjemand muss auf den Konsum von 250Mrd. verzichten. Ob nun Herr Bezos, ein anderer Reicher, viele Kleinanleger oder sonst wer.
-> Bezos Anteil muss in das Eigentum von jemand anderen gehen, der auf Konsum verzichtet. Es muss so sein!
Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.