Sparen war gestern

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Realist2014
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Realist2014 »

roli hat geschrieben:(20 Jan 2021, 10:21)

da bin ich ja mal gespannt, wie die ALS in einem Jahr und später aussehen wird. Auch wenn sie immer gschönt ist.
Die Zahl der Arbeitslosen wird wohl höher sein.
Und nein, da wird nichts "geschönt.
Die Statistik entspricht den EU-Definition, was unter dem Begriff "dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehend" definiert wurde.
Laut Aussage der linken Ideologen sind alle ökonomisch erfolgreichen dumm, und die wahre Intelligenz tritt sich in der untersten ökonomischen Etage auf die Füße.....daher muss diese Etage ausgebaut werden
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Skull
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Skull »

roli hat geschrieben:(20 Jan 2021, 10:16)

alle schon in Rente?
Was für eine komische Frage. Rente bekommt man ab Renteneintrittsalter.

Es ging doch auch nicht (in erster Linie) um Rente. Das Thema war Sparen, Vorsorge und die Moglichkeiten,
(temporär) nicht arbeiten zu müssen. Das war DEIN eingebrachtes Thema.

Du schriebst, Du kennst da niemanden. Ich teilte dagegen mit, ich kenne einige.

mfg
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

roli hat geschrieben:(20 Jan 2021, 10:19)

Wenn du ein Haus baust bzw. finanzieren must und zusätzlich eine Familie ernähren willst, das trifft wohl für Viele zu, was soll da bei einem normalen EInkommen übrig bleiben?
Wieso haben Viele mehrere Jobs?
Wieso gehen heutzutage oft beide Elternpaare arbeiten?
Um mit 45 oder 50 in Rente zu gehen?
Wer redet davon mit 45 in die Rente zu gehen? Es ging darum das jemand mit über 50 und regelmäßigen normalen Verdienst durchaus vollkommen unproblematisch ein finanzielles Polster anlegen kann, das für ein paar Jahre reicht. Das ist nicht schwierig sondern lediglich eine Frage der Prioritäten.
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Gruwe
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Gruwe »

roli hat geschrieben:(20 Jan 2021, 10:19)
Wenn du ein Haus baust bzw. finanzieren must und zusätzlich eine Familie ernähren willst, das trifft wohl für Viele zu, was soll da bei einem normalen EInkommen übrig bleiben?
Dann muss entweder ein kleineres oder älteres Haus her oder eben keine so große Familie. Letztlich hat man ein Einkommen, mit dem man wirtschaften muss. Das liegt erstmal in erster Linie bei einem selbst.
Wieso haben Viele mehrere Jobs?
Entweder lebt man über seinen Verhältnissen (eben weil der 1. Job das nicht hergibt) oder man verdient dort zu wenig. Letzteres hat meistens den Grund, dass man in jungen Jahren irgendwas gemacht hat, nur eben nicht dafür gesorgt hat, eine Qualifikation zu erwerben, die am Markt entsprechend Geld wert ist. Und nein: Nur weil es einzelne Biografien gibt, die unter irgendwelchen unglücklichen Umständen in irgendwelche Situationen geraten sind, ist meine Aussage nicht falsch.
Wieso gehen heutzutage oft beide Elternpaare arbeiten?
Um mit 45 oder 50 in Rente zu gehen?
Um mehr Konsum zu ermöglichen, ob nun freiwillig oder notwendigerweise. Die Ursache ist, dass durch steigendes Haushaltseinkommen geringerwertige Güter aus dem Markt fliegen und durch höherwertigere ersetzt werden. Geringe Einkommen müssen daher mitziehen. Eine Ursache, dass Armut immer relativ bewertet wird.

Ganz einfaches Beispiel:
Angenommen jeder der arbeiten möchte bekommt Arbeit und alle würden das gleiche verdienen. Arbeitet jetzt in allen Haushalten nur einer (z.B. der Mann), so haben alle Haushalte das gleiche Einkommen. Fängt nun aber auch eine zweite Haushaltsperson zu arbeiten an, so hat dieser Haushalt das doppelte Haushaltseinkommen und kann doppelt so viel konsumieren. Wenn es nun mehrere Haushalte diesem Haushalt gleich tun, steigt das durchschnittliche Haushaltseinkommen mit jedem Haushalt weiter in Richtung der ursprünglichen durchschnittlichen Haushaltseinkommens. Der letzte Haushalt, in dem nur noch eine Person arbeitet, hat dann letztlich nur noch 50% des durchschnittlichen Haushaltseinkommens, gilt damit als arm und wird damit letztlich gezwungen auch arbeiten zu gehen, eben auch aus oben genannter Tatsache, dass durch steigende verfügbare Einkommen günstigere, qualitativ geringwertigere Konsumgüter aus dem Markt fliegen und durch höherwertigere (und damit auch teurere) Konsumgüter ersetzt werden.

Der Haushalt, der vorher z.B. mit dem geringwertigen zufrieden war muss nun auf einen höherwertigeres Gut umsteigen, da es die geringwertigere nicht mehr gibt. Diese Entwicklung hat stattgefunden, aus verschiedenen Gründen (etwa weil Frauen heute auch in gewissem Grade unabhängig vom Mann sein wollen, usw.). Die Mehrheit hat sich entschieden durch 2 Einkommen im Haushalt mehr und höherwertig konsumieren zu können, der Rest muss dann irgendwann notgedrungen mitziehen. Dadurch hat sich dann auch eine höhere Nachfrage etwa nach Kinderbetreuung ergeben, welche durch den Staat antizipiert wurde, was es dann auch nochmal einfacher gemacht hat, dass zwei Leute pro Haushalt arbeiten. Letztlich ist das eine gesellschaftliche Entwicklung und keine, die durch irgendwelche bösen, kapitalistischen Mächte induziert wurde.
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Gruwe
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Gruwe »

roli hat geschrieben:(20 Jan 2021, 10:21)

da bin ich ja mal gespannt, wie die ALS in einem Jahr und später aussehen wird. Auch wenn sie immer gschönt ist.
Da ist nichts geschönt, nur gefallen dir die unterschiedlichen, ökonomisch sinnvollen, Definitionen nicht.

Aber mal als Tipp:
Die Agentur für Arbeit veröffentlicht jeden Monat eine absolut ausdifferenzierte Statistik mit etlichen Posten. Die kannst du dir anschauen, dann die Zahlen so sortieren wie es dir in den Kram passt (z.B. die Unterbeschäftigten zu den Arbeitslosen zählen) und dies dann Monat für Monat machen um dir dann das nach deinem Gusto vergleichend anzuschauen. Generell sorgt eine höhere Differenzierung in einer Statistik für höhere Transparenz, nicht umgekehrt...auch wenn dir das nicht in deine Argumentation passen mag.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von schokoschendrezki »

Gruwe hat geschrieben:(20 Jan 2021, 13:42)
Um mehr Konsum zu ermöglichen, ob nun freiwillig oder notwendigerweise. Die Ursache ist, dass durch steigendes Haushaltseinkommen geringerwertige Güter aus dem Markt fliegen und durch höherwertigere ersetzt werden. Geringe Einkommen müssen daher mitziehen. Eine Ursache, dass Armut immer relativ bewertet wird.
Armut ist vor allem doppelt relativ. Einmal relativ zum herrschenden Durchschnitts- (oder Median-)Einkommen. Aber dann natürlich auch relativ zu den eigenen Ansprüchen. Fast immer konnte ich dort, wo ich irgendwie auf "Armut in Deutschland" gestoßen bin, über das Verhältnis zu den eigenen Ansprüchen nur verwundert mit dem Kopf schütteln. Bei diesem Ausmaß an Überkonsum in Deutschland, diesen Ansprüchen an übermotorisierte Fahrzeuge, völlig überdimensionierten Geräten, Verbrauch an Textilien, Overtourism usw. ist es wahrhaftig kein Wunder, dass es in Deutschland ein nicht geringes Ausmaß an Armut gibt. Ich habe eine ganze Menge Sozialkontakte, wohne ganz und gar nicht in einer "reichen Gegend" und habe noch nie, niemals irgendwo in Deutschland existenzbedrohende Armut gesichtet bei Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit. Umgekehrt, ja. Umgekehrt bin ich, der ich mir einbilde, ein materiell eigentlich völlig sorgenfreies Leben zu führen, schon einigemale, ja, vielleicht nicht als arm, aber als gewissermaßen bemitleidenswert anspruchslos angesehen worden.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Gruwe »

schokoschendrezki hat geschrieben:(20 Jan 2021, 14:09)
Bei diesem Ausmaß an Überkonsum in Deutschland, diesen Ansprüchen an übermotorisierte Fahrzeuge, völlig überdimensionierten Geräten, Verbrauch an Textilien, Overtourism usw. ist es wahrhaftig kein Wunder, dass es in Deutschland ein nicht geringes Ausmaß an Armut gibt.
Tja, das ist leider eine logische Folgerung aus dem Kapitalismus (wobei ich eigentlich kein Kritiker des Kapitalismus bin). Steigende Einkommen führen auch zu steigender volkswirtschaftlicher Ersparnis, sprich zu weiterer Kapitalakkumulation. Dieses Kapital muss natürlich rentabel eingesetzt werden, wozu immer mehr produziert und abgesetzt werden muss. Dies führt wieder zu steigenden Einkommen, höherer Ersparnis, usw.
Damit dieser Teufelskreis weiterläuft, wird eine wahnsinnige milliardenschwere psychologische Maschinerie unterhalten, die uns klar macht, was wir alles unbedingt zu brauchen haben. Dazu kommt Kompensations- und Distinktionskonsum, usw.
Macht die Masse erstmal mit, so machen auch immer mehr mit, denn: Was Alle machen, kann ja nicht verkehrt sein!

Ich habe eine ganze Menge Sozialkontakte, wohne ganz und gar nicht in einer "reichen Gegend" und habe noch nie, niemals irgendwo in Deutschland existenzbedrohende Armut gesichtet bei Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit. Umgekehrt, ja. Umgekehrt bin ich, der ich mir einbilde, ein materiell eigentlich völlig sorgenfreies Leben zu führen, schon einigemale, ja, vielleicht nicht als arm, aber als gewissermaßen bemitleidenswert anspruchslos angesehen worden.
Geht mir genauso! Wenn man dann gegenüber Leuten, die einen nicht kennen, wie oben argumentiert, wird einem in 90% er Fälle mit dem plumpem ad-hominem-Argument "Neid" entgegnet. Bei Menschen, die einen kennen und daher wissen, dass kaum Neid dahinter stecken kann, kommt in der Regel nix.
Es war die bisher beste Entscheidung meines Lebens, von diesem Konsumzwang Abstand zu nehmen. Seitdem lebe ich ein deutlich angenehmeres Leben, wobei es natürlich nicht ganz einfach ist in solch einen Zustand zu kommen, da einem die Marschrichtung ja in der Regel schon von kleinauf eingeimpft wird.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von roli »

Gruwe hat geschrieben:(20 Jan 2021, 13:45)

Da ist nichts geschönt, nur gefallen dir die unterschiedlichen, ökonomisch sinnvollen, Definitionen nicht.

Aber mal als Tipp:
Die Agentur für Arbeit veröffentlicht jeden Monat eine absolut ausdifferenzierte Statistik mit etlichen Posten. Die kannst du dir anschauen, dann die Zahlen so sortieren wie es dir in den Kram passt (z.B. die Unterbeschäftigten zu den Arbeitslosen zählen) und dies dann Monat für Monat machen um dir dann das nach deinem Gusto vergleichend anzuschauen. Generell sorgt eine höhere Differenzierung in einer Statistik für höhere Transparenz, nicht umgekehrt...auch wenn dir das nicht in deine Argumentation passen mag.
ABMs und Schulungen sind gute Maßnahmen, um die Statistik ein wenig zu ändern. :p
Solange Menschen denken, dass Tiere nicht fühlen, müssen Tiere fühlen, dass Menschen nicht denken!
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von franktoast »

Gruwe hat geschrieben:(20 Jan 2021, 15:52)

Tja, das ist leider eine logische Folgerung aus dem Kapitalismus (wobei ich eigentlich kein Kritiker des Kapitalismus bin). Steigende Einkommen führen auch zu steigender volkswirtschaftlicher Ersparnis, sprich zu weiterer Kapitalakkumulation. Dieses Kapital muss natürlich rentabel eingesetzt werden, wozu immer mehr produziert und abgesetzt werden muss. Dies führt wieder zu steigenden Einkommen, höherer Ersparnis, usw.
Damit dieser Teufelskreis weiterläuft, wird eine wahnsinnige milliardenschwere psychologische Maschinerie unterhalten, die uns klar macht, was wir alles unbedingt zu brauchen haben. Dazu kommt Kompensations- und Distinktionskonsum, usw.
Macht die Masse erstmal mit, so machen auch immer mehr mit, denn: Was Alle machen, kann ja nicht verkehrt sein!
Sorry, da hast du etwas missverstanden. Es gibt schlichtweg einen Wunsch nach mehr/besseren Gütern, genauso wie es einen wohl natürlichen Wunsch gibt, Dinge(also auch Produktionsabläufe) zu verbessern. Damit meine ich, dass ein Mensch ja auch etwas Sinnvolles mit seiner Zeit machen will und warum nicht etwas Produktives tun anstatt den ganzen Tag Sudoku-Rätsel zu lösen? Ich bin zB. Programmierer und hab Freude daran, ein Programm schneller zu machen, auch wenn das Programm andere nutzen, die damit Geld/Zeit sparen.
Und ja, es ist nix Perverses daran, mehr/besseren Konsum zu wollen. Das ist trotzdem mit Lebensformen wie Minimalismus vereinbar. Auch ein Minimalist kann mehr Reisen wollen und ein besseres Altersheim für seine Eltern (was nun mal mehr Ressourcen kostet). Es muss nicht immer der dritte Mixer oder das neueste I-Phone sein, was die meisten mit "mehr Konsum" verbinden. "Mehr Konsum" kann auch eine bessere Gesundheitsvorsorge oder sauberere Energie bedeuten.

Dein "Teufelskreis", dass steigende Einkommen zu mehr Ersparnis führten und dieses Kapital nun rentabel eingesetzt werde müsse, mehr Konsum und somit mehr Einkommen, ist nicht richtig. Es geht darum, die Produktivität der Wirtschaft zu erhöhen. Aber anstatt Jahr für Jahr diese höhere Produktivität in geringere Arbeitsstunden umzusetzen (das passiert nur zum Teil), hat sich die 35-40Std Woche eingependelt. Der Job ist ja auch mehr als nur eine lästige Tätigkeit. Das merkt man auch jetzt, wo die ganze Familie den ganzen Tag zu Hause zusammen sitzt.

Es gibt also einen natürlich Drang, Dinge besser zu machen und mehr/bessere Dinge haben zu wollen. Das passt zufällig zusammen. Und Kapitalismus ist das System, in dem diese Verbesserungen erlaubt und am besten umsetzbar sind.
Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
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Gruwe
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Gruwe »

franktoast hat geschrieben:(21 Jan 2021, 14:53)

Sorry, da hast du etwas missverstanden. Es gibt schlichtweg einen Wunsch nach mehr/besseren Gütern, genauso wie es einen wohl natürlichen Wunsch gibt, Dinge(also auch Produktionsabläufe) zu verbessern.
Ich habe da nichts missverstanden, ich habe schlicht eine ganz andere Meinung!

Du musst dann auch schon erklären, warum die Märkte in den 60er Jahren gesättigt waren und zu Käufermärkten wurden? Warum musste die Industrie Werbung einführen und unterhält eine milliardenschwere Psycho-Industrie, in der überlegt wird, wie man uns weiterhin mehr und mehr verkaufen kann? Warum steht in jedem Marketing-Buch im ersten Kapitel, dass der grundlegende Zweck des Marketing heutzutage ist, Bedürfnisse zu erzeugen und nicht mehr wie früher zu informieren? Wieso wird Werbung immer und immer mehr emotionaler, wenn doch der Mensch von sich aus immer das bessere haben möchte? Dann reicht doch auch wie früher informative Werbung.

Du bist ganz schön arroganzt wenn du mir, der sich als Volkswirt den halben Tag mit diesen Thematiken beschäftigt (und dabei auch keinen Seitenblick in die Disziplinen Soziologie, Psychologie, etc. scheut) vorwirfst, dass ich pauschal falsch liege und lediglich etwas missverstanden habe, nur weil ich deine Meinung nicht teile? Ich sage nicht, dass ich zu 100% richtig liege mit meiner Ansicht, komme aber durch meine wissenschaftlichen Beobachtungen schlicht und einfach zu dieser Folgerung. Und ich stehe da ja nicht alleine, ich bin da mit meiner Ansicht durchaus in guter Gesellschaft von Sozialwissenschaftlern, usw.
Aber den Diskussionsstil kennt man ja zu genüge von dir: Der andere hat stets alles missverstanden und du bist über jeden Zweifel erhaben.

Damit meine ich, dass ein Mensch ja auch etwas Sinnvolles mit seiner Zeit machen will und warum nicht etwas Produktives tun anstatt den ganzen Tag Sudoku-Rätsel zu lösen?
Dass steht nicht im Widerspruch zu meiner Aussage! Es ist im Wesen des Menschen, sich weiterzuentwickeln. Das bedeutet aber nicht, dass ich unbedingt stets das neueste Smartphone für 1.000€ erwerben muss, nur damit meine Kamera statt 80MP nun 100MP hat. Das hat doch keinen wirklichen funktionalen Mehrwert mehr. Da gehts doch nur noch dümmlich darum, wer das Bessere/das Neuere hat. Ich programmiere sogar auch ganz gerne in meiner Freizeit, weil es mir Spaß macht "Programmierprobleme" zu lösen, etc. pp. Darum geht es nicht! Das Problem ist eher, dass heutzutage der "Mehr" immer auf "Mehr Konsum" fixiert ist. Dabei findet Entwicklung auf so viel mehr Ebenen statt und gesellschaftlich machen wir etwa mittlerweile gravierende Rückschritte in unserem ganzen Ego-Wahn!

Ich bin im Übrigen kein Gegner des Kapitalismus und sehe durchaus (und teile die Meinung), dass Kapitalismus durchaus eine gute Wirtschaftsform für eine effiziente Produktion ist. Dennoch sehe ich den Kapitalismus nicht über jeden Zweifel erhaben und renne auch nicht blind durch die Welt, so dass ich nicht erkennen würde, dass es auch negative Seiten gibt. Und natürlich ist der von mir beschriebene Zwang im Kapitalismus intrinsisch.
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BlueMonday
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von BlueMonday »

"Als Teufelskreis, auch lateinisch circulus vitiosus („schädlicher Kreis“) oder Abwärtsspirale, wird ein System bezeichnet, in dem mehrere Faktoren sich gegenseitig verstärken (positive Rückkopplung) und so einen Zustand immer weiter verschlechtern."
Q: wikipedia

Da muss man wohl im steigenden allgemeinen Wohlstand etwas Schlechtes sehen, wenn man in diesem Zusammenhang von einem "Teufelskreis" spricht.

Warum bietet ein Anbieter überhaupt etwas an (und spart und investiert dazu im Vorlauf)? Diese Frage ist ja der eigentliche Ausgangspunkt. Kurz und knapp: Er will eine Gegenleistung. In der Regel in Form von Geld, also einem Tauschmittel. Real und letztenendes will er ebenso ein Gut oder eine Dienstleistung. Er ist also selbst nicht nur Anbieter, sondern Nachfrager, der sich etwas leisten will. Hätte er kein Bedürfnis mehr nachzufragen, müsste er auch nicht zusätzliche Angebote machen, für der er dann eine "milliardenschwere Psycho-Industrie" in Gang setzen muss, um "künstliche Bedürfnisse" zu erzeugen, die scheinbar niemand hat. Woher kommt denn sein *eigenes* Bedürfnis als Nachfrager? Hat das auch jemand "künstlich" erzeugt? Irgendwo muss es ja einen Beginn gegeben haben, das Urbedürfnis gewissermaßen. Und dieser "Gehirnwäsche" der falschen, überflüssigen Bedürfnisse ist er nun wehrlos ausgesetzt?

Wir haben ja hier schon zwei User als leuchtende Gegenbeispiele, die sich offenbar problemlos dem "Konsumwahn" entzogen haben. Völlig ohne Arroganz geht man dann davon aus, dass die anderen Konsumdummerchen es nicht so einfach haben werden und wie willenlose Tierchen vom Teufel in einen Konsumkreislauf getrieben werden, den sie -eigentlich- gar nicht wollen, aus dem sie aus eigener Kraft niemals mehr entrinnen können. Zum wachsenden Einkommen verdammt gewissermaßen. Furchtbare Schicksale.

Dabei müsste man nur aufhören, mehr zu wollen, wenn man nicht mehr haben will. Nichts "Intrinsisches" hindert einen daran. Eine gewisse Überinvestition kommt dann auch eher zustande durch die Art und Weise der Besteuerung, dass man der Steuerlast teilweise entgehen kann durch die Möglichkeit der Abschreibung, durch (Re)investition. Dadurch investiert man wahrscheinlich mehr als ohne diese Intervention.

Es gibt auch nicht nur eine Schule der "Volkswirtschaft". Es gibt diverse Schulen mit unterschiedlichen Erklärungsansätzen. Eine Schule der Überinvestion(Österreicher). Oder Schulen der Unterkonsumption(Keynes&Co), die das Sparen im Geldmittel als Problem ansehen usw. Da kann man eigentlich nur innerhalb einer Lehre nach inneren Widersprüchen fahnden.

Der "Käufermarkt" ist dann auch die marktwirtschaftliche Normalität, also ein Überangebot, der nie geräumte Markt. Die Wahl des Anbieters wird dadurch erst möglich. Der Gegensatz wären chronisch geräumte Regale und Märkte. Das ist eher die bittere Spezialität des Sozialismus, der sich per wissenschaftlich geplanter Zentralwirtschaft den wirklichen und echten Bedürfnissen der Bevölkerung annahm und jeden unnötigen Überfluss("Anarchie des Marktes") vermied.
ensure that citizens are informed that the vaccination is not mandatory and that no one is under political, social or other pressure to be vaccinated if they do not wish to do so;
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franktoast
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von franktoast »

Gruwe hat geschrieben:(24 Jan 2021, 16:41)

Ich habe da nichts missverstanden, ich habe schlicht eine ganz andere Meinung!

Du musst dann auch schon erklären, warum die Märkte in den 60er Jahren gesättigt waren und zu Käufermärkten wurden? Warum musste die Industrie Werbung einführen und unterhält eine milliardenschwere Psycho-Industrie, in der überlegt wird, wie man uns weiterhin mehr und mehr verkaufen kann? Warum steht in jedem Marketing-Buch im ersten Kapitel, dass der grundlegende Zweck des Marketing heutzutage ist, Bedürfnisse zu erzeugen und nicht mehr wie früher zu informieren? Wieso wird Werbung immer und immer mehr emotionaler, wenn doch der Mensch von sich aus immer das bessere haben möchte? Dann reicht doch auch wie früher informative Werbung.
Weil es Wettbewerb zwischen den Anbietern gibt. Alle Marktteilnehmer versuchen sich gut darzustellen. In einem Bewerbungsgespräch erwähnst du auch nur deine positiven Eigenschaften (und vlt. eine Pseudoschwäche, damit du auch eine genannt has"Ich bin zu pünktlich"). Das ändert nichts daran, dass in Deutschland alle jammern, die hätten zu wenig Geld für dies und das. Oder wurde das auch durch Marketing erzeugt, dass es zu wenig Pflegekräfte gäbe, zu wenig Lehrer, man könne sie die Mieten nicht mehr leisten etc.
Du bist ganz schön arroganzt wenn du mir, der sich als Volkswirt den halben Tag mit diesen Thematiken beschäftigt (und dabei auch keinen Seitenblick in die Disziplinen Soziologie, Psychologie, etc. scheut) vorwirfst, dass ich pauschal falsch liege und lediglich etwas missverstanden habe, nur weil ich deine Meinung nicht teile? Ich sage nicht, dass ich zu 100% richtig liege mit meiner Ansicht, komme aber durch meine wissenschaftlichen Beobachtungen schlicht und einfach zu dieser Folgerung. Und ich stehe da ja nicht alleine, ich bin da mit meiner Ansicht durchaus in guter Gesellschaft von Sozialwissenschaftlern, usw.
Aber den Diskussionsstil kennt man ja zu genüge von dir: Der andere hat stets alles missverstanden und du bist über jeden Zweifel erhaben.
Nicht über jeden Zweifel erhaben. Aber es ist nun mal meine Meinung, dass deine Ansicht falsch sei. Du fängst damit an, dass es steigende Einkommen gäbe. Und das führe zu steigender Kapitalakkumulation und diese Kapital müsse nun rentabel angelegt werden. Und das ginge nur, wenn man beim Konsumenten ein Verlangen nach Gütern weckt, das eigentlich gar nicht habe. Aber umgekehrt wird ein Schuh draus. Es gibt ja genau diese Ersparnis, weil man sich in der Zukunft etwas Besseres, Teureres leisten will. Sonst würde der Konsument weniger arbeiten(mehr Freizeit) oder den Rest spenden. Auf der anderen Seite nehmen Unternehmen das Kapital an, um so zu investieren, um in der Zukunft mehr Dinge (oder Bessere) herzustellen.
Nur weil im Wettbewerb mal ein bißchen geschummelt wird bzw. sein Produkt so dargestellt wird, als ob man es unbedingt haben muss, ist das nicht der Haupttreiber. Der Haupttreiber ist, dass wir bessere Güter wollen (+ Gesundheit, Freude, Freizeit, Freiheit etc.).

Es ist eben kein Teufelskreis.

Dass steht nicht im Widerspruch zu meiner Aussage! Es ist im Wesen des Menschen, sich weiterzuentwickeln. Das bedeutet aber nicht, dass ich unbedingt stets das neueste Smartphone für 1.000€ erwerben muss, nur damit meine Kamera statt 80MP nun 100MP hat. Das hat doch keinen wirklichen funktionalen Mehrwert mehr. Da gehts doch nur noch dümmlich darum, wer das Bessere/das Neuere hat. Ich programmiere sogar auch ganz gerne in meiner Freizeit, weil es mir Spaß macht "Programmierprobleme" zu lösen, etc. pp. Darum geht es nicht! Das Problem ist eher, dass heutzutage der "Mehr" immer auf "Mehr Konsum" fixiert ist. Dabei findet Entwicklung auf so viel mehr Ebenen statt und gesellschaftlich machen wir etwa mittlerweile gravierende Rückschritte in unserem ganzen Ego-Wahn!
Aber wenn du ein Volkswirt wärst, müsstest du doch auch wissen, dass Konsumentenwünsche subjektiv sind. Es ist gerade das Wesen einer Marktwirtschaft, dass nicht jemand wie du objektiv bestimmen kann, welcher Konsumentenwunsch nun sinnvoll ist oder nicht. Wenn jemand sich entscheidet, sein eh schon gutes Handy gegen ein noch Besseres zu tauschen statt die 1000€ für einen neuen Kühschrank auszugeben, was du an der Stelle der Person gemacht hättest, dann wird die Person ihren Grund haben. Wer weiß, vielleicht ist die Person 5Std jeden Tag am Smartphone (Fotos machen, Informationen, Fernseher, Kommunikation, etc.), was durch das neue Handy etwas besser wird und so für die Person sinnvoller ist als etwa anderes. Wie vermessen ist es von dir, das besser einschätzen zu können. In planwirtschaftlichen Wirtschaftssystem entscheiden kluge Menschen, was für den Pöbel produziert wird. Wäre das nicht das zu bevorzugende System? Oder wir machen wie heute, aber eine Sinnvollkonsumkommission legt fest, ob jemand schon ein neues Handy kaufen darf. Wäre das etwas?
Ja, das ist provokativ, weil ich weiß, dass du das sicher nicht willst. Meine Argumentation ist hier scharf.

Ich gehe von mündigen Wirtschaftssubjekten aus, die ihre materiellen Bedürfnisse besser kennen als andere. Wählen dürfen sie ja auch. Ob ich und du das als sinnvoll einschätzen, ist irrelevant.
Ich bin im Übrigen kein Gegner des Kapitalismus und sehe durchaus (und teile die Meinung), dass Kapitalismus durchaus eine gute Wirtschaftsform für eine effiziente Produktion ist. Dennoch sehe ich den Kapitalismus nicht über jeden Zweifel erhaben und renne auch nicht blind durch die Welt, so dass ich nicht erkennen würde, dass es auch negative Seiten gibt. Und natürlich ist der von mir beschriebene Zwang im Kapitalismus intrinsisch.
Es gibt keinen Zwang. Und auch wenn Samsung Werbung für ihr neues S21 machen, kann ich frei wählen, ob ich das kaufe.
Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Atue001 »

franktoast hat geschrieben:(25 Jan 2021, 10:24)
...Es gibt keinen Zwang. Und auch wenn Samsung Werbung für ihr neues S21 machen, kann ich frei wählen, ob ich das kaufe.
Verzeih mir, wenn ich das ein wenig aus dem Zusammenhang reisse...

"Es gibt keinen Zwang" ist in dieser Pauschalität nicht richtig - richtig ist vielmehr, dass es sehr wohl in jedem System, und natürlich auch in der sozialen Marktwirtschaft, zu jedem Zeitpunkt sehr viele Zwänge gibt. Es sind genau diese Zwänge die letzten Endes immer wieder auf den Fortschritt befeuern - weil aus bestehenden Zwängen ein anderer ein Geschäftsmodell macht, wie man genau diesen Zwang überwinden kann.

Und das S21 - kannst du kaufen oder nicht. Du kannst aber nicht ein S21 in Dreiecksform kaufen, das gibt es einfach (noch) nicht.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Teeernte »

Atue001 hat geschrieben:(27 Jan 2021, 23:35)

Verzeih mir, wenn ich das ein wenig aus dem Zusammenhang reisse...

"Es gibt keinen Zwang" ist in dieser Pauschalität nicht richtig - richtig ist vielmehr, dass es sehr wohl in jedem System, und natürlich auch in der sozialen Marktwirtschaft, zu jedem Zeitpunkt sehr viele Zwänge gibt. Es sind genau diese Zwänge die letzten Endes immer wieder auf den Fortschritt befeuern - weil aus bestehenden Zwängen ein anderer ein Geschäftsmodell macht, wie man genau diesen Zwang überwinden kann.

Und das S21 - kannst du kaufen oder nicht. Du kannst aber nicht ein S21 in Dreiecksform kaufen, das gibt es einfach (noch) nicht.

Das ist kein Zwang...das sind Angebote.

Aber - die gehen von einem selbst ebenso aus - man kann den best bezahlten Job nehmen...oder einen der Spass macht, einen mir Risiko - oder einen mit Sicherheit...

Weniger kaufen...oder jedes Jahr 3 Schiffsreisen machen...
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von franktoast »

Atue001 hat geschrieben:(27 Jan 2021, 23:35)

Verzeih mir, wenn ich das ein wenig aus dem Zusammenhang reisse...

"Es gibt keinen Zwang" ist in dieser Pauschalität nicht richtig - richtig ist vielmehr, dass es sehr wohl in jedem System, und natürlich auch in der sozialen Marktwirtschaft, zu jedem Zeitpunkt sehr viele Zwänge gibt. Es sind genau diese Zwänge die letzten Endes immer wieder auf den Fortschritt befeuern - weil aus bestehenden Zwängen ein anderer ein Geschäftsmodell macht, wie man genau diesen Zwang überwinden kann.

Und das S21 - kannst du kaufen oder nicht. Du kannst aber nicht ein S21 in Dreiecksform kaufen, das gibt es einfach (noch) nicht.
Ja, "Zwang" ist kein exakter Begriff. Natürlich kann es auch so etwas wie Gruppenzwang geben, jetzt das neueste Handy zu haben. Aber man könnte die Gruppe auch verlassen oder es einfach aushalten. Mir ging es darum, dass es in der Marktwirtschaft oder Kapitalismus kein Muss gibt, dass immer mehr konsumiert würde. Es wäre immer noch Kapitalismus, wenn Menschen sich für soviel mehr Freizeit (=weniger Arbeitsstunden) entscheiden, dass das die höhere Produktivität nicht ausgleicht. Also unterm Strich weniger Güter hergestellt würden, das BIP sinkt. Das würde ja nicht bedeuten, dass einzelne Unternehmen keinen Gewinn mehr machen würden oder einzelne Unternehmen ihren Gewinn nicht mehr steigern.

Es gibt diesen Mythos, im Kapitalismus müsse es Wachstum geben, ansonsten breche er zusammen. Wenn jetzt theoretisch ein Unternehmen jedes Jahr seinen Umsatz wie auch Gewinn um 1% verringern würde, so what?
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Mendoza »

franktoast hat geschrieben:(28 Jan 2021, 14:42)

Ja, "Zwang" ist kein exakter Begriff. Natürlich kann es auch so etwas wie Gruppenzwang geben, jetzt das neueste Handy zu haben. Aber man könnte die Gruppe auch verlassen oder es einfach aushalten. Mir ging es darum, dass es in der Marktwirtschaft oder Kapitalismus kein Muss gibt, dass immer mehr konsumiert würde. Es wäre immer noch Kapitalismus, wenn Menschen sich für soviel mehr Freizeit (=weniger Arbeitsstunden) entscheiden, dass das die höhere Produktivität nicht ausgleicht. Also unterm Strich weniger Güter hergestellt würden, das BIP sinkt. Das würde ja nicht bedeuten, dass einzelne Unternehmen keinen Gewinn mehr machen würden oder einzelne Unternehmen ihren Gewinn nicht mehr steigern.

Es gibt diesen Mythos, im Kapitalismus müsse es Wachstum geben, ansonsten breche er zusammen. Wenn jetzt theoretisch ein Unternehmen jedes Jahr seinen Umsatz wie auch Gewinn um 1% verringern würde, so what?
Wenn eine Firma jedes Jahr Umsatz verliert ist es mit deren Innovationskraft nicht weit her. Auf lange Sicht ist das tödlich, denn der Rest der Welt schläft nicht. Ähnlich verhält es sich mit Gesellschaften. Wer will denn schon mit einem Land Geschäfte machen, das praktisch zum Stillstand gekommen ist und nichts mehr zu bieten hat. Deutschland ist da schon auf dem "richtigen" Weg. Einerseits hantieren unsere Ämter noch mit Fax-Geräten, andererseits möchte unserer Arbeitsminister diesen geistigen Stillstand per Grundeinkommen zementieren. So sehen jedenfalls seine letzten Pläne aus. Und ein Prozent pro Jahr weniger Umsatz ist wirklich rein theoretisch, denn solch ein Siechtum wird sich irgendwann beschleunigen. Darum ist das mit dem Wachstum kein Mythos so lange man Wachstum nicht als bloßes Mengenwachstum versteht.
Churchill "Dem Kapitalismus wohnt ein Laster inne: Die ungleichmäßige Verteilung der Güter. Dem Sozialismus hingegen wohnt eine Tugend inne: Die gleichmäßige Verteilung des Elends."
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von jorikke »

Ihr haut euch da Sachen um die Ohren...ohgottogott.
Das Thema ist doch "Sparen war gestern."
Back to the roots.
Warum so ein einfaches Thema durch Pseudo wissenschaftliche Argumentation zu verkomplizieren?
Die direkte Antwort auf das Thema ist ja ganz einfach. Die deutsche Sparquote liegt im langjährigen Schnitt bei 12% und hat sich jetzt in der Corona Krise auf 16% erhöht.
Also Pfeifendeckel mit Sparen war gestern.
Die Fragestellung wurde ja auch weitgehend in Alterssicherung verbogen.
Keine Zinsen usw. , was soll aus uns noch werden?
Ich beglückwünsche alle, die es sich wegen fehlender Zinsen versagen ihre Kohle noch anzulegen und stattdessen dem Konsum frönen.
Ein Freund von mir ist anderer Meinung. Zugegeben, ein schlichtes Gemüt. Er hat eine ganz schlichte Einstellung. Erspart jeden Monat 300,-, dann hat er in 20 Jahren, auch ohne Zinsen, 72.000,-€. Die, die ihr Geld verjucken haben dann, richtig, viel Spaß gehabt. Er lacht bei dieser Rechnung immer und sagt: "Sind die doof."
Aber wie gesagt, er ist etwas schlicht gestrickt.
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Mendoza
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Mendoza »

Unter Konsum fröhnen verstehe ich fette Party machen, auf Kreuzfahrt gehen, tollen Grill kaufen... Irgendwie finde ich hat dein Kumpel - zumindest jetzt- nicht ganz unrecht :p
Churchill "Dem Kapitalismus wohnt ein Laster inne: Die ungleichmäßige Verteilung der Güter. Dem Sozialismus hingegen wohnt eine Tugend inne: Die gleichmäßige Verteilung des Elends."
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Billie Holiday »

jorikke hat geschrieben:(28 Jan 2021, 21:45)

Ihr haut euch da Sachen um die Ohren...ohgottogott.
Das Thema ist doch "Sparen war gestern."
Back to the roots.
Warum so ein einfaches Thema durch Pseudo wissenschaftliche Argumentation zu verkomplizieren?
Die direkte Antwort auf das Thema ist ja ganz einfach. Die deutsche Sparquote liegt im langjährigen Schnitt bei 12% und hat sich jetzt in der Corona Krise auf 16% erhöht.
Also Pfeifendeckel mit Sparen war gestern.
Die Fragestellung wurde ja auch weitgehend in Alterssicherung verbogen.
Keine Zinsen usw. , was soll aus uns noch werden?
Ich beglückwünsche alle, die es sich wegen fehlender Zinsen versagen ihre Kohle noch anzulegen und stattdessen dem Konsum frönen.
Ein Freund von mir ist anderer Meinung. Zugegeben, ein schlichtes Gemüt. Er hat eine ganz schlichte Einstellung. Erspart jeden Monat 300,-, dann hat er in 20 Jahren, auch ohne Zinsen, 72.000,-€. Die, die ihr Geld verjucken haben dann, richtig, viel Spaß gehabt. Er lacht bei dieser Rechnung immer und sagt: "Sind die doof."
Aber wie gesagt, er ist etwas schlicht gestrickt.
Für welchen Mist soll man denn sein Geld ausgeben?
Geld auf der hohen Kante ist doch nicht verkehrt. Ich bevorzuge beides....sparen und gezielt konsumieren.
Wie schlicht ist denn das Gemüt von jemandem, der sein sauer verdientes Geld für Dinge rauswirft, die im Grunde kein Mensch braucht?
Ein Schuhschrank, der aus allen Nähten platzt, macht auch nicht glücklich. :D Aber im Notfall auf Reserven zurückzugreifen, das beruhigt. :cool:
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„Just because you’re offended, doesn’t mean you’re right.“ (Ricky Gervais)
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von franktoast »

Mendoza hat geschrieben:(28 Jan 2021, 20:57)
Wenn eine Firma jedes Jahr Umsatz verliert ist es mit deren Innovationskraft nicht weit her. Auf lange Sicht ist das tödlich, denn der Rest der Welt schläft nicht.
Es ging darum, dass weltweit oder meinetwegen in einem Land das BIP sinkt, weil die Menschen Freizeit oder einen minimalistischen Lebensstil bevorzugen. Die Menschen arbeiten weniger, stellen weniger her und können somit auch weniger konsumieren. Und damit ist kein Problem. Auch nicht im Einzelnen. Du könntest heute auch sagen, du willst mehr Freizeit auf Kosten von Konsum und arbeitest eben weniger. Damit hat ja keiner ein Problem.

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Ähnlich verhält es sich mit Gesellschaften. Wer will denn schon mit einem Land Geschäfte machen, das praktisch zum Stillstand gekommen ist und nichts mehr zu bieten hat.
Hä? Wenn du etwas kaufst, welche Rolle spielt es für dich, ob im Herstellerland das BIP sinkt oder steigt? Wenn du dich für ein Samsunghandy entscheidest, weißt du denn ünberhaupt, ob in Südkorea das BIP sinkt oder steigt?
Deutschland ist da schon auf dem "richtigen" Weg. Einerseits hantieren unsere Ämter noch mit Fax-Geräten, andererseits möchte unserer Arbeitsminister diesen geistigen Stillstand per Grundeinkommen zementieren. So sehen jedenfalls seine letzten Pläne aus. Und ein Prozent pro Jahr weniger Umsatz ist wirklich rein theoretisch, denn solch ein Siechtum wird sich irgendwann beschleunigen. Darum ist das mit dem Wachstum kein Mythos so lange man Wachstum nicht als bloßes Mengenwachstum versteht.
Es geht ja um den Wachstum von Werten. Aber wie gesagt: Alle Teilnehmer am Kapitalismus können ja entscheiden(innerhalb der Gesetze), ob sie weniger oder mehr arbeiten und somit weniger oder mehr herstellen und weniger oder mehr konsumieren.

Kapitalismus ohne Wachstum ist also natürlich möglich. Ob sich die Marktteilnehmer in der Gesamtheit zu Gunsten von mehr Freiheit und weniger Güter entscheiden, weiß ich aber nicht.
Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Atue001 »

franktoast hat geschrieben:(28 Jan 2021, 14:42)

....
Es gibt diesen Mythos, im Kapitalismus müsse es Wachstum geben, ansonsten breche er zusammen....

Viel Zustimmung meinerseits zu deiner Antwort, allerdings mit einer etwas anderen Nuance bezüglich des zitierten Satzes.
Meiner Ansicht nach ist Wachstum das Wesen des Kapitalismus - und ich denke sogar, dass nahezu unendliches Wachstum möglich ist.

Die Crux liegt dabei, dass es die Politik ist, die bestimmt, was man im Detail unter einem Wachstum versteht, und das kann die Politik auch über die Zeit verändern.

Wachstum muss also nicht bedeuten ein Wachstum der Sparrate oder des absoluten Sparbetrages, oder ein Wachstum des Umsatzes oder Gewinns. Man kann auch ein Wachstum an Aufklärung, Bildung, Toleranz, Respekt, Nachhaltigkeit, Resilienz u.ä. zum politischen Ziel erklären, und steuert dann eine konsequent wachsende kapitalistische Gesellschaft in solche Richtungen.

Konkret gab und gibt es solche Veränderungen auch permanent - war beispielsweise nach WKII ein Wachstum an Kalorien je Kopf ein politisches Ziel, ist heute die Neuausrichtung mehr auf Gesundheit, Bio, Fitness etc. ausgerichtet.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Realist2014 »

Atue001 hat geschrieben:(29 Jan 2021, 23:08)

s. Man kann auch ein Wachstum an Aufklärung, Bildung, Toleranz, Respekt, Nachhaltigkeit, Resilienz u.ä. zum politischen Ziel erklären, und steuert dann eine konsequent wachsende kapitalistische Gesellschaft in solche Richtungen.
Konkret gab und gibt es solche Veränderungen auch permanent - war beispielsweise nach WKII ein Wachstum an Kalorien je Kopf ein politisches Ziel, ist heute die Neuausrichtung mehr auf Gesundheit, Bio, Fitness etc. ausgerichtet.
Das hat aber alles nichts mit "ökonomischem" Wachstum zu tun- was das BIP ja wiederspiegelt.

Obige Themen wären eher ein Indikator für "Wohlstand"
Laut Aussage der linken Ideologen sind alle ökonomisch erfolgreichen dumm, und die wahre Intelligenz tritt sich in der untersten ökonomischen Etage auf die Füße.....daher muss diese Etage ausgebaut werden
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von franktoast »

Atue001 hat geschrieben:(29 Jan 2021, 23:08)

Viel Zustimmung meinerseits zu deiner Antwort, allerdings mit einer etwas anderen Nuance bezüglich des zitierten Satzes.
Meiner Ansicht nach ist Wachstum das Wesen des Kapitalismus - und ich denke sogar, dass nahezu unendliches Wachstum möglich ist.

Die Crux liegt dabei, dass es die Politik ist, die bestimmt, was man im Detail unter einem Wachstum versteht, und das kann die Politik auch über die Zeit verändern.

Wachstum muss also nicht bedeuten ein Wachstum der Sparrate oder des absoluten Sparbetrages, oder ein Wachstum des Umsatzes oder Gewinns. Man kann auch ein Wachstum an Aufklärung, Bildung, Toleranz, Respekt, Nachhaltigkeit, Resilienz u.ä. zum politischen Ziel erklären, und steuert dann eine konsequent wachsende kapitalistische Gesellschaft in solche Richtungen.

Konkret gab und gibt es solche Veränderungen auch permanent - war beispielsweise nach WKII ein Wachstum an Kalorien je Kopf ein politisches Ziel, ist heute die Neuausrichtung mehr auf Gesundheit, Bio, Fitness etc. ausgerichtet.
Es mag ein Wesen des Kapitalismus sein, man könnte aber auch sagen, es wäre das Wesen des Menschens. Also er strebt ja nach Verbesserungen und nach Effizienz. Irgendwas muss der Mensch ja in seiner Zeit tun und er will was schaffen. Warum nicht Produkte oder Prozesse verbessern?
Dazu gehört auch immer, dass der gleiche materielle Wohlstand mit weniger Arbeitsstunden erreicht werden kann und es stellt sich die Frage, was man mit den freigewordenen Arbeitsstunden macht? Man kann mehr Bildung anbieten, die Energieerzeugung sauberer machen etc. Man könnte auch den Kapitalismus in dem Sinne einschränken, indem man ihn "gleicher" macht. zB. könnte man Geschelchterquoten bei Dachdeckern und Kindergärtnern einführen. Leider scheint es dieses Gleichmacherziel zu geben (equality of outcome(Sozialismus) vs equality of opportunity(Kapitalismus)), so dass die Verteilung unterschiedlicher Merkmale in einer Teilmenge so sein sollte wie in der Gesamtmenge (zB. gibt es 50% Frauen in der Gesamtmenge, also will man das auch in der Teilmenge der Dachdecker). Genauso akzeptiert man, dass 0,1% der Menschen 100% der Gehirn-OPs durchführen, aber wenn 10% der Menschen 90% der Produktion über Unternehmenseigentum steuern, scheint das ein Nogo zu sein (Stichwort ungleiche Vermögensverteilung).
Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Atue001 »

franktoast hat geschrieben:(02 Feb 2021, 12:56)

Es mag ein Wesen des Kapitalismus sein, man könnte aber auch sagen, es wäre das Wesen des Menschens. Also er strebt ja nach Verbesserungen und nach Effizienz. Irgendwas muss der Mensch ja in seiner Zeit tun und er will was schaffen. Warum nicht Produkte oder Prozesse verbessern?
Dazu gehört auch immer, dass der gleiche materielle Wohlstand mit weniger Arbeitsstunden erreicht werden kann und es stellt sich die Frage, was man mit den freigewordenen Arbeitsstunden macht? Man kann mehr Bildung anbieten, die Energieerzeugung sauberer machen etc. Man könnte auch den Kapitalismus in dem Sinne einschränken, indem man ihn "gleicher" macht. zB. könnte man Geschelchterquoten bei Dachdeckern und Kindergärtnern einführen. Leider scheint es dieses Gleichmacherziel zu geben (equality of outcome(Sozialismus) vs equality of opportunity(Kapitalismus)), so dass die Verteilung unterschiedlicher Merkmale in einer Teilmenge so sein sollte wie in der Gesamtmenge (zB. gibt es 50% Frauen in der Gesamtmenge, also will man das auch in der Teilmenge der Dachdecker). Genauso akzeptiert man, dass 0,1% der Menschen 100% der Gehirn-OPs durchführen, aber wenn 10% der Menschen 90% der Produktion über Unternehmenseigentum steuern, scheint das ein Nogo zu sein (Stichwort ungleiche Vermögensverteilung).
Die ungleiche Vermögensverteilung ist nicht das Problem - vielmehr ist sie ein Teil der Lösung.
Ein Problem aber wird es, wenn die Vermögensverteilung ungesund ungleich wird, und das über viele Jahre bleibt.

Betrachtet man Extrema, ist einem das auch intuitiv klar! Wenn genau einer ALLES Vermögen besitzen würde - wäre jedem klar, dass das ein Problem ist.

Die Frage ist also nicht so sehr, ob man Ungleichheit abschaffen sollte - sondern wie viel Ungleichheit ist förderlich, und wann beginnt das zu kippen.
Oder auch: Wie kann man die Ungleichheit zulassen aber gleichzeitig so steuern, dass sie zu Gunsten Aller wirkt, und nicht zum Schaden.

Selbst bei dem fragwürdigen und eigentlich in die Irre führendem Beispiel der Gehirn-OPs ist klar, wenn man nur noch genau einen Arzt alle Gehirn-OPs durchführen lassen würde, hätte die Menschheit nicht weniger sondern mehr Probleme.

Unser derzeitiges politisches und wirtschaftliches System sind darauf ausgerichtet, für viele gesellschaftliche Fragestellungen eine Art Balance zu suchen. Bei der Fragestellung der Vermögensakkumulation aber gibt es keine hinreichenden Bemühungen, hier für eine wirkungsvolle Balance zu sorgen. Das ist nicht akut, aber langfristig sehr wohl ein Problem, weil das Wirtschafts- und Finanzsystem Vermögensakkumulation nicht nur ermöglicht, sondern sie regelrecht antreibt. Das allein wäre nicht schädlich, sondern ist sogar eine Stärke des Systems - schädlich wird es aber dann, wenn für sehr große Vermögen dauerhaft keine systemischen Komponenten regulierend eingreifen.

Bei Unternehmen gibt es in Teilen ein solches Regulativ schon - Monopole werden unter starke staatliche Aufsicht gestellt, oder sogar zerschlagen.
Bei Privatvermögen fehlt dieses Regulativ aber - hier sehe ich ein Defizit.

In keiner Weise bedeutet dies aber, dass ich auch nur eine Sekunde über Gleichmacherei als wünschenswertes Szenario nachdenken würde.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Realist2014 »

Atue001 hat geschrieben:(02 Feb 2021, 23:58)

Unser derzeitiges politisches und wirtschaftliches System sind darauf ausgerichtet, für viele gesellschaftliche Fragestellungen eine Art Balance zu suchen. Bei der Fragestellung der Vermögensakkumulation aber gibt es keine hinreichenden Bemühungen, hier für eine wirkungsvolle Balance zu sorgen. e.
Natürlich gibt es die.
Nennt sich Steuern auf den Vermögenszuwachs ( Steuern auf Einkommen und Gewinne)
Dann Steuern auf Erbschaften.

Weiterhin Förderungen zur Vermögensbildung bei den "Geringverdienern"
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von franktoast »

Atue001 hat geschrieben:(02 Feb 2021, 23:58)

Die ungleiche Vermögensverteilung ist nicht das Problem - vielmehr ist sie ein Teil der Lösung.
Ein Problem aber wird es, wenn die Vermögensverteilung ungesund ungleich wird, und das über viele Jahre bleibt.

Betrachtet man Extrema, ist einem das auch intuitiv klar! Wenn genau einer ALLES Vermögen besitzen würde - wäre jedem klar, dass das ein Problem ist.
Theoretisch nicht. Wenn alle anderen ein gutes Einkommen hätten und das jedes Monat zu 100% verbrauchen würden und das auch wollen, wäre deren Vermögen 0, aber es gäbe kein Problem. Theoretisch könnte der Konsum und gelebte Reichtum bei denen mit 0 Vermögen sogar höher sein als bei dem, der alles Vermögen sein Eigen nennt. Beispiel: Die Quandts besitzen 50% von BMW. BMW stellt jedes Jahr etwa 2,5Mio. Autos her. Aber nutzen die Quandts nun 1,25Mio. Autos pro Jahr und werfen die dann weg? Jede Minute 2 neue BMWs und dann ab auf den Müll? Nö. Die Autos nutzen andere Menschen. Deren Vermögen arbeitet also für andere, indem sie für andere Autos herstellt. Deren privater Konsum ist die Villa, die Yacht, der Privatjet.

Die Frage ist also nicht so sehr, ob man Ungleichheit abschaffen sollte - sondern wie viel Ungleichheit ist förderlich, und wann beginnt das zu kippen.
Oder auch: Wie kann man die Ungleichheit zulassen aber gleichzeitig so steuern, dass sie zu Gunsten Aller wirkt, und nicht zum Schaden.
Aber warum sollte man da eingreifen? Sollte sich der Wohlstand einer Gesellschaft nicht eher nach den Medianvermögen messen lassen anstatt an dem Wohlstand der Reichsten? Falls in Gesellschaft A das oberste Prozent 99% des Vermögens besitzt und das Medianeinkommen pro Haushalt bei 5000€ liegt, und in B das oberste Prozent nur 10% des Gesamtvermögens hat, aber das Medianeinkommen nur bei 3000€, wäre das besser?

Solange das Vermögen basierend auf freiwilligen Handlungen basiert, sollte es da keine Obergrenze geben. Wenn dir zu 100% ein Unternehmen gehört, dass tolle Produkte verkauft, die die Massen eben als so toll empfinden, dass sie es freiwillig mit ihrem Geld kaufen, warum sollte man dir das Unternehmen wegnehmen, wenn es eine bestimmte Größe erreicht?
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Realist2014 »

franktoast hat geschrieben:(03 Feb 2021, 14:05)
Solange das Vermögen basierend auf freiwilligen Handlungen basiert, sollte es da keine Obergrenze geben. Wenn dir zu 100% ein Unternehmen gehört, dass tolle Produkte verkauft, die die Massen eben als so toll empfinden, dass sie es freiwillig mit ihrem Geld kaufen, warum sollte man dir das Unternehmen wegnehmen, wenn es eine bestimmte Größe erreicht?

Derartige "Enteigungsphanatasien" gibt es ja nur in ideologisch verblendeten Gehirnwindungen :p
Laut Aussage der linken Ideologen sind alle ökonomisch erfolgreichen dumm, und die wahre Intelligenz tritt sich in der untersten ökonomischen Etage auf die Füße.....daher muss diese Etage ausgebaut werden
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Atue001 »

franktoast hat geschrieben:(03 Feb 2021, 14:05)

Theoretisch nicht. Wenn alle anderen ein gutes Einkommen hätten und das jedes Monat zu 100% verbrauchen würden und das auch wollen, wäre deren Vermögen 0, aber es gäbe kein Problem. Theoretisch könnte der Konsum und gelebte Reichtum bei denen mit 0 Vermögen sogar höher sein als bei dem, der alles Vermögen sein Eigen nennt. Beispiel: Die Quandts besitzen 50% von BMW. BMW stellt jedes Jahr etwa 2,5Mio. Autos her. Aber nutzen die Quandts nun 1,25Mio. Autos pro Jahr und werfen die dann weg? Jede Minute 2 neue BMWs und dann ab auf den Müll? Nö. Die Autos nutzen andere Menschen. Deren Vermögen arbeitet also für andere, indem sie für andere Autos herstellt. Deren privater Konsum ist die Villa, die Yacht, der Privatjet.
Woher soll das Einkommen kommen, wenn einer alles besitzt? Faktisch müsste der eine dann das Einkommen ja bezahlen - womit er zumindest temporär nicht mehr alles besitzt.....aber es ist eh eine Grenzfallbetrachtung. Inhaltlich ist dir offensichtlich klar geworden, worauf ich hinaus wollte - das reicht damit ja auch.

Ich würde bei einer allgemeinen Vermögensbetrachtung immer auch zwischen Privatvermögen und Unternehmensvermögen trennen - das geht auch bei den Quandts und BMW ziemlich gut und ist allenfalls beim kleinen Schreiner um die Ecke problematisch....denn: BMW gäbe es auch noch, wenn die Quandts ihre Anteile vollständig abgeben müssten, weil BMW als Großunternehmen eben nicht nur aus den Eigentümern besteht, sondern vielmehr auch deshalb existiert, weil es viele Mitarbeiter und automatisierte Produktionsprozesse gibt. Aber diese Denkrichtung ist für meine Argumentationslinie auch nicht wesentlich - deshalb sollten wir das nicht zu sehr vertiefen - sonst passt es auch schwerlich in diesen Thread. Ich habe dabei keine Angst vor einer entsprechenden Diskussion - nur würde ich die dann an anderer Stelle führen.

Aber warum sollte man da eingreifen? Sollte sich der Wohlstand einer Gesellschaft nicht eher nach den Medianvermögen messen lassen anstatt an dem Wohlstand der Reichsten? Falls in Gesellschaft A das oberste Prozent 99% des Vermögens besitzt und das Medianeinkommen pro Haushalt bei 5000€ liegt, und in B das oberste Prozent nur 10% des Gesamtvermögens hat, aber das Medianeinkommen nur bei 3000€, wäre das besser?

Solange das Vermögen basierend auf freiwilligen Handlungen basiert, sollte es da keine Obergrenze geben. Wenn dir zu 100% ein Unternehmen gehört, dass tolle Produkte verkauft, die die Massen eben als so toll empfinden, dass sie es freiwillig mit ihrem Geld kaufen, warum sollte man dir das Unternehmen wegnehmen, wenn es eine bestimmte Größe erreicht?

Das Vermögen basiert nicht auf freiwilligen Handlungen. Unser Wirtschaftssystem, welches ich in seinen wesentlichen Grundzügen für völlig ok halte, hat inhärente Wirkmechanismen, die zu einer Vermögensakkumulation führen. Platt gesprochen: Wenn du reich genug bist, musst du dich schon anstrengen, um wieder arm werden zu können......

Mein Kernanliegen ist es nicht, auch nur einen einzigen Superreichen arm werden zu lassen - es ist vielmehr, durch eine faire Lastenverteilung der Staatsfinanzierung dafür zu sorgen, dass steigender Wohlstand von Superreichen auch hinreichend dazu führt, dass nicht nur sie selbst, sondern auch weitere davon profitieren. Sofern beispielsweise es sicher gestellt ist, dass die Mitarbeiter von BMW in wenigstens annähernd gleicher Art und Weise von einer Wertsteigerung des Unternehmens profitieren wie die Familie Quandt, ist ja auch vieles in Ordnung. Nur - während die Tarifsteigerungen dann doch oft genug bei 2-5% liegen, profitiert die Familie Quandt mit deutlich höheren Prozenten......ist das wirklich gerecht? Ist es der Eigentümer der die Wertschöpfung eines Unternehmens "verdient" oder sind es die, die operativ dafür sorgen, dass der Laden so erfolgreich läuft?


Damit nicht immer die "armen Quandts" das Objekt der Betrachtung sind, können wir gerne auch mal auf die Sondersituation von beispielsweise Profifussballern eingehen. Es ist völlig ok, dass sie entsprechend dem Gesetz von Angebot und Nachfrage auch mal Millionengehälter bekommen....es wäre fatal, wenn der Staat da in den Markt eingreifen würde! Also keine Neiddebatte!

WENN sie aber so ein Vermögen aufgebaut haben, dann ist es genauso ok, wenn sie entsprechend ihres Vermögens auch zur Staatsfinanzierung beitragen.
Diese Selbstverständlichkeit gibt es dann aber wieder nicht.

Der Fussballprofi (du kannst auch den Spitzenmusiker nehmen) erzielt extrem hohe Einnahmen über einen relativ kurzen Zeitraum - das Einkommen wird versteuert - die weitere Vermögensentwicklung aber spielt später nur noch eine untergeordnete Rolle. Bei entsprechendem Anlageverhalten kann man in einer solchen Rolle gar nichts anderes, als eigentlich immer Vermögender werden - sogar ohne all zu viel zutun.

Langfristige Spekulationsgewinne könne vor allem Vermögende erzielen - doch genau diese werden nur sehr niedrig und auch pauschaliert besteuert.....

Letzten Endes geht es mir aber gar nicht um diese Details - denn es gibt eine ganze Reihe an Möglichkeiten, wie man passend korrigierend gegensteuern kann. Das muss nicht beim Einkommen passieren - das kann auch erst im Fall der Erbschaft passieren - man kann es aber auch über eine Vermögenssteuer auf Privatvermögen machen oder oder oder.....

Ich halte es für völlig ok, dass es Einkommensunterschiede auch in sehr hoher Spreizung gibt - ich habe auch nichts dagegen, dass man aus einem hohen Einkommen ein Vermögen aufbauen kann. Ich halte es aber für ein Problem, wenn es systembedingt zur Vermögensakkumulation im größeren Stil kommt, die letzten Endes ja auch verhindert, dass andere sich ein Vermögen aufbauen können.
Solange der gesellschaftliche Konsens die Ungleichheit noch akzeptiert ist das Problem überschaubar - allerdings ist es naiv, deshalb das Problem auf den Sankt Nimmerleinstag zu vertagen. Denn die historische Erfahrung zeigt, wenn die Ungleichheit zu groß wird, entstehen gesellschaftliche Spannungen, die zu Revolutionen führen. Und die sind auch aus der Sicht der Vermögendsten wenig attraktiv.

Deshalb sollte sich ein Staat auch darum bemühen, dass die Vermögensungleichheit in einem vernünftigen Maß bleibt - ohne deshalb gleich dem Extrem zu frönen, überall Gleichmacherei zu fordern.

Um das auch mal gleich ins richtige Licht zu rücken - im großen und ganzen gelingt genau dies über weite Teile der Gesellschaft in Deutschland recht gut - blind ist der Staat in gewisser Weise bei einer relativ kleinen Klientel der Superreichen - und würde man das korrigieren, auch die Superreichen könnten doch regelmäßig damit leben. Das Vermögen der Quandts wäre damit nicht wirklich strukturell gefährdet....
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Realist2014 »

Atue001 hat geschrieben:(03 Feb 2021, 23:53)
Ich würde bei einer allgemeinen Vermögensbetrachtung immer auch zwischen Privatvermögen und Unternehmensvermögen trennen - d ..
Dann erläutere doch mal, wo da die Grenze ziehen willst.

Wobei du ja nicht "Unternehmensvermögen" meinst - das wäre ja das Vermögen des Unternehmens - sondern das Eigentum an Unternehmen.

Somit wäre letzteres :
Aktien
GmbH-Anteile
Anteile an GmbH & Co KG
Aktienfonds
Immobilienfonds
usw...

Was bleibt dann noch an "Privatvermögen"?

Autos, Immobilien, Yachten, Grundstücke, Gemälde......
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von franktoast »

Atue001 hat geschrieben:(03 Feb 2021, 23:53)

Woher soll das Einkommen kommen, wenn einer alles besitzt? Faktisch müsste der eine dann das Einkommen ja bezahlen - womit er zumindest temporär nicht mehr alles besitzt.....aber es ist eh eine Grenzfallbetrachtung. Inhaltlich ist dir offensichtlich klar geworden, worauf ich hinaus wollte - das reicht damit ja auch.
Wenn einer alle Unternehmen besitzt oder viele, ist erstmal egal. Wie viele Unternehmen besitzt du denn? Und hast du Essen, Wohnraum, Kleidung etc.? Von Sozialisten wird ja auch vorgeschlagen, dass einer (der Staat) alle Unternehmen hat und trotzdem würde es ja Einkommen geben, oder?
Ich würde bei einer allgemeinen Vermögensbetrachtung immer auch zwischen Privatvermögen und Unternehmensvermögen trennen - das geht auch bei den Quandts und BMW ziemlich gut und ist allenfalls beim kleinen Schreiner um die Ecke problematisch....denn: BMW gäbe es auch noch, wenn die Quandts ihre Anteile vollständig abgeben müssten, weil BMW als Großunternehmen eben nicht nur aus den Eigentümern besteht, sondern vielmehr auch deshalb existiert, weil es viele Mitarbeiter und automatisierte Produktionsprozesse gibt. Aber diese Denkrichtung ist für meine Argumentationslinie auch nicht wesentlich - deshalb sollten wir das nicht zu sehr vertiefen - sonst passt es auch schwerlich in diesen Thread. Ich habe dabei keine Angst vor einer entsprechenden Diskussion - nur würde ich die dann an anderer Stelle führen.
Naja, ich hab jetzt keine genauen Zahlen, aber lass alle Unternehmen mal 5 Billionen für Deutschland wert sein und wir nehmen an, es gäbe kein Ausland. Dieses Vermögen kannst du den Eigentümern nicht einfach wegnehmen und an die Bevölkerung ausschütten, die davon Autos oder Essen kaufen. Dieses Vermögen in Form von Fabriken, Lagern, Maschinen, Büros etc. ist ja dafür da, um Konsumgüter herzustellen. Du kannst nicht die BMW-Fabriken in Wohnraum umwandeln und davon ausgehen, dass dann immer noch so viele Autos hergestellt werden. Die Fabrik gäbe es ja gar nicht mehr.
Ich denke, das ist Vielen unklar, wenn sie davon fantasieren, man könnte ja den Superreichen das Vermögen wegnehmen und an Ärmere geben, die davon Handy, größere Wohnungen und sonst was kaufen. Sorry, das geht nicht. Physikalisch unmöglich.
Das Vermögen basiert nicht auf freiwilligen Handlungen. Unser Wirtschaftssystem, welches ich in seinen wesentlichen Grundzügen für völlig ok halte, hat inhärente Wirkmechanismen, die zu einer Vermögensakkumulation führen. Platt gesprochen: Wenn du reich genug bist, musst du dich schon anstrengen, um wieder arm werden zu können......
Also das hat eigentlich nichts mit der Höhe des Vermögens zu tun. Du kannst auch für 100€ einen Welt Aktien-ETF kaufen und es ist schwer, dass dieser in vielen Jahren weniger wert ist also heute. Zum Glück haben auch Nicht-Unternehmer über Aktien die Möglichkeit, daran zu partizipieren.
Ähnlich sieht es übrigens mit dem Lohn aus. Es ist relativ einfach, diesen Lohn zu halten und immer weiter zu steigern. Oder wenn du ein Haus kaufst und nach und nach abbezahlst, so wird dein Eigentum am Haus schwerlich sinken.
Mein Kernanliegen ist es nicht, auch nur einen einzigen Superreichen arm werden zu lassen - es ist vielmehr, durch eine faire Lastenverteilung der Staatsfinanzierung dafür zu sorgen, dass steigender Wohlstand von Superreichen auch hinreichend dazu führt, dass nicht nur sie selbst, sondern auch weitere davon profitieren. Sofern beispielsweise es sicher gestellt ist, dass die Mitarbeiter von BMW in wenigstens annähernd gleicher Art und Weise von einer Wertsteigerung des Unternehmens profitieren wie die Familie Quandt, ist ja auch vieles in Ordnung. Nur - während die Tarifsteigerungen dann doch oft genug bei 2-5% liegen, profitiert die Familie Quandt mit deutlich höheren Prozenten......ist das wirklich gerecht? Ist es der Eigentümer der die Wertschöpfung eines Unternehmens "verdient" oder sind es die, die operativ dafür sorgen, dass der Laden so erfolgreich läuft?
Also wenn BMW als Unternehmen so hohe Gewinn erwirtschaftet, dann steht es doch jedem frei, BMW-Aktien zu kaufen. So ein BMW-Mitarbeiter verdient ja nicht schlecht. Der kann ja mal 10-20 Jahre seinen Konsum etwas einschränken und jedes Monat 500-1000€ in BMW-Aktien stecken. Wenn es Pech hat, geht BMW aber pleite ...
Der Fussballprofi (du kannst auch den Spitzenmusiker nehmen) erzielt extrem hohe Einnahmen über einen relativ kurzen Zeitraum - das Einkommen wird versteuert - die weitere Vermögensentwicklung aber spielt später nur noch eine untergeordnete Rolle. Bei entsprechendem Anlageverhalten kann man in einer solchen Rolle gar nichts anderes, als eigentlich immer Vermögender werden - sogar ohne all zu viel zutun.
Solange das Vermögen im Unternehmen gebunden ist, fallen auf den Gewinn ganz normal etwa 30% Steuern an, Körperschaftssteuer und Gewerbesteuer. Entnehmen die Quandts etwas davon zum privaten Gebrauch, fallen nochmal 25% Abgeltungssteuer an. Insgesamt also etwa 50%. Findest du das zu wenig?

Ich persönlich finde die Abgeltungssteuer ok. Kaufe ich heute Aktien und die steigen im Wert von 1000€, bleiben mir 750€. Sinken sie um 1000€, hab ich 1000€ Verlust. Da gibt es schon eine Asymmetrie. Da der Gewinn aber wahrscheinlicher ist, ist das wohl ok.

Ich nenn mal ein anderes Beispiel. Andrew Carnegie war ein US-Stahl-Tycoon aus dem 19ten Jhd. Er gilt als einer der reichsten Menschen, die je gelebt haben und war dafür bekannt, von seinen Arbeitern viel abzuverlangen bei gleichzeitig relativ geringem Lohn. Am Ende seines Lebens hat er sein gesamtes Vermögen gespendet, va. Bibliotheken und Unis wurden gebaut inklusive Stiftungsvermögen, die bis heute davon zerren. Ein anderes Beispiel ist Bill Gates. Er war ein ziemlich harten Geschäftsmann und am Ende seines Lebens spendet er 99,9%.
Was ist falsch gelaufen?

Ich persönlich finde es nur blöd, wenn jemand viel Reichtum hat und den verprasst.
Also ich will nochmal ausholen. Amazon hat etwa 1,2Mio. Mitarbeiter und ist 1,7Billionen Dollar wert. Jeff Bezos gehören davon 15%, also etwa 250Mrd. Dollar. Die Mitarbeiter leisten etwa 3Mrd. Arbeitsstunden pro Jahr. Was kommt bei diesen Arbeitsstunden heraus? Naja, Amazon hat einen Umsatz von etwa 300Mrd. und 150Mio. Kunden, die etwas kaufen, was sie wollen. Die 150Mio. Kunden wollen etwas suchen, finden das bei Amazon und bekommen es schnell nach Hause geliefert. Eventuell wollen sie es zurück schicken, oder sie wollen was über Amazon verkaufen.
-> Das passiert mit den 3Mrd. Arbeitsstunden. Es wird etwas gemacht, was 150Mio. Kunden wollen.

Jetzt stell dir mal vor, Jeff Bezos verkauft seinen Anteil an seine Mitarbeiter. Jeder Mitarbeiter bezahlt Bezos 200 000 Dollar. Nun gehört der Anteil den Mitarbeitern. Die Mitarbeiter kaufen dann 20 Jahre kein Auto, gehen nicht ins Kino, verzichten auf Reisen, und sonstigen Konsum. Und Bezos hat nun 250Mrd. auf seinem Konto rumliegen und kauft davon eine Superduper-Yacht, die diese Welt noch nicht gesehen hat. Zum Bau und Unterhalt der Yacht müssen 3Mrd. Arbeitsstunden aufgewendet werden. 3 000 000 000 Arbeitsstunden. Von der Stahlherstellung, Motorbau, Installation, Testfahrt, Ölforderung bis zum Programmieren der IT an Board.
-> Und nun? Hat sich die Situation nun verbessert?

Wie wärs, wenn Bezos seinen Anteil an einen Investmentfonds verkauft, der dafür 250Mrd. hinblättert und darauf 99% Steuern bezahlt? Nun, woher hat der Investmentfonds das Geld? Womöglich von 1,2Mio. Kleinanlegern, die jeweils 200 000 Dollar gegeben haben? Oder von 120Mio. Kleinanlegern, die jeweils 2000 Dollar gegeben haben, die jeweils auf Kinobesuch, Reise etc. verzichten? Nun kann der Staat das Geld ausgeben. Ja. Aber irgendjemand muss auf den Konsum von 250Mrd. verzichten. Ob nun Herr Bezos, ein anderer Reicher, viele Kleinanleger oder sonst wer.
-> Bezos Anteil muss in das Eigentum von jemand anderen gehen, der auf Konsum verzichtet. Es muss so sein!
Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Atue001 »

franktoast hat geschrieben:(04 Feb 2021, 14:03)

Wenn einer alle Unternehmen besitzt oder viele, ist erstmal egal. Wie viele Unternehmen besitzt du denn? Und hast du Essen, Wohnraum, Kleidung etc.? Von Sozialisten wird ja auch vorgeschlagen, dass einer (der Staat) alle Unternehmen hat und trotzdem würde es ja Einkommen geben, oder?
Ich halte so oder so nichts von Extrema.
Naja, ich hab jetzt keine genauen Zahlen, aber lass alle Unternehmen mal 5 Billionen für Deutschland wert sein und wir nehmen an, es gäbe kein Ausland. Dieses Vermögen kannst du den Eigentümern nicht einfach wegnehmen und an die Bevölkerung ausschütten, die davon Autos oder Essen kaufen. Dieses Vermögen in Form von Fabriken, Lagern, Maschinen, Büros etc. ist ja dafür da, um Konsumgüter herzustellen. Du kannst nicht die BMW-Fabriken in Wohnraum umwandeln und davon ausgehen, dass dann immer noch so viele Autos hergestellt werden. Die Fabrik gäbe es ja gar nicht mehr.
Ich denke, das ist Vielen unklar, wenn sie davon fantasieren, man könnte ja den Superreichen das Vermögen wegnehmen und an Ärmere geben, die davon Handy, größere Wohnungen und sonst was kaufen. Sorry, das geht nicht. Physikalisch unmöglich.
Wie schon geschrieben halte ich das in Unternehmen gebundene Vermögen nicht für sonderlich relevant. Das Privatvermögen welches nicht in Unternehmen gebunden ist hingegen schon.

Unabhängig davon:
Bezogen auf Unternehmen halte ich es für Blödsinn, wenn man annimmt, dass es Unternehmen wie BMW nur gibt, solange es die Familie Quandt als Eigentümer gibt. Gäbe es andere Rahmengesetzgebungen zu dieser Thematik, gäbe es noch immer Unternehmen wie BMW, aber die Familie Quandt hätte etwas modifizierte Rechte und Pflichten. Am Unternehmen selbst würde das faktisch nichts ändern. Wer ernsthaft glaubt, dass Unternehmen in solchen Größenordnungen nur deshalb eine Existenzberechtigung haben, weil die Eigentümerstruktur so ist, wie sie ist.....der schaut einfach an der Realität vorbei. Es ist völlig normal, dass Unternehmen in solchen Größenordnungen ihre Eigentümerstruktur im Laufe der Zeit ihrer Existenz verändern - und Unternehmen gehen nicht pleite, nur weil eine einstmalig wichtige Unternehmerpersönlichkeit das Unternehmen verlässt. Wäre es so, dass BMW nur deshalb am Weltmarkt erfolgreich ist, weil die Eigentümerstruktur ist wie sie ist.....BMW wäre so oder so zum Scheitern verurteilt. Tatsächlich ist BMW wie andere Firmen in vergleichbarer Situation aber deshalb erfolgreich, weil sie ein erfolgreiches Wirtschaftsmodell anbieten. Und das bieten sie nicht aufgrund der Eigentümerstruktur an, sondern weil viele Mitarbeiter bei BMW sich gemeinsam darum bemühen, am Markt erfolgreich zu sein.
Solange das Vermögen im Unternehmen gebunden ist, fallen auf den Gewinn ganz normal etwa 30% Steuern an, Körperschaftssteuer und Gewerbesteuer. Entnehmen die Quandts etwas davon zum privaten Gebrauch, fallen nochmal 25% Abgeltungssteuer an. Insgesamt also etwa 50%. Findest du das zu wenig?
Das kann ich dir gar nicht genau sagen - das müsste man erst mal genau analysieren. Eventuell ist es zu viel, eventuell auch zu wenig.
Entscheidend: Ich mache ausdrücklich darauf aufmerksam, dass Unternehmen und ihre Beteiligungsformen gar nicht bezüglich meiner Aussagen relevant sind, sondern dass es mir um das nicht in Unternehmen gebundene Privatvermögen geht.

Ich persönlich finde die Abgeltungssteuer ok. Kaufe ich heute Aktien und die steigen im Wert von 1000€, bleiben mir 750€. Sinken sie um 1000€, hab ich 1000€ Verlust. Da gibt es schon eine Asymmetrie. Da der Gewinn aber wahrscheinlicher ist, ist das wohl ok.
Ist sie ok? Nach welchem Kriterium? Oder findest du sie ok, weil du dich nicht genauer mit der Materie beschäftigst? Es sollte doch objektive und messbare Kriterien geben, wie stark sich jeder Einzelne an der Staatsfinanzierung beteiligen soll.... und nicht nach dem Bauchgefühl entschieden werden, ob man etwas ok findet, oder auch nicht.....spricht aus deiner Sicht was gegen die Entwicklung von objektiven Kriterien?

Ich nenn mal ein anderes Beispiel. Andrew Carnegie war ein US-Stahl-Tycoon aus dem 19ten Jhd. Er gilt als einer der reichsten Menschen, die je gelebt haben und war dafür bekannt, von seinen Arbeitern viel abzuverlangen bei gleichzeitig relativ geringem Lohn. Am Ende seines Lebens hat er sein gesamtes Vermögen gespendet, va. Bibliotheken und Unis wurden gebaut inklusive Stiftungsvermögen, die bis heute davon zerren. Ein anderes Beispiel ist Bill Gates. Er war ein ziemlich harten Geschäftsmann und am Ende seines Lebens spendet er 99,9%.
Was ist falsch gelaufen?
Das kann und darf jeder individuell beurteilen. Subjektiv halte ich es für falsch, dass einzelne Persönlichkeiten in so umfangreichem Maße frei darüber entscheiden können, welche Wohltaten sie willkürlich für gut befinden.
Das spricht nicht gegen Carnegie, und nicht gegen Bill Gates! Es spricht gegen eine Gesetzgebung, die so etwas ermöglicht. Welche demokratischen Institutionen überwachen und regeln im Zweifelsfall auch, dass das, was Bill Gates an Geldern für wen auch immer frei gibt, auch im Interesse der Allgemeinheit ist?

Ich finde Bill Gates gut - und sein Engagement für die Allgemeinheit Vorbildlich - ich finde aber gleichzeitig katastrophal, dass es überhaupt zu solchen Vermögensverteilungen kommt. Es ist nicht Aufgabe von Einzelnen dafür zu sorgen, dass es der Allgemeinheit gut geht......das ist eine Aufgabe, die der Staat zu leisten hat - und zwar demokratisch legitimiert. Bill Gates und viele andere sehr positive Superreiche können noch so viel gutes tun.....die Frage ist doch, ist es gut und richtig, dass sie ohne jegliche demokratische Kontrolle allein entscheiden dürfen, was genau getan wird.....
Wäre dieser Gedankengang richtig, wäre es nur konsequent, Bill Gates als Diktator einzufordern......denn er macht ja alles richtig......
Dem folge ich nicht! Richtig wäre es, Bill Gates ausreichend zu besteuern, die Gelder dann als Staat zu verwalten, und mit demokratischer Legitimation und unter demokratischer Kontrolle die entsprechenden Gelder auch einem vernünftigen Zweck zukommen zu lassen.

Nicht Bill Gates & Co. haben etwas falsch gemacht! Falsch sind die systemischen Gesamtrahmenbedingungen die es ermöglichen, dass Bill Gates so auftreten kann.
Ich persönlich finde es nur blöd, wenn jemand viel Reichtum hat und den verprasst.
Also ich will nochmal ausholen. Amazon hat etwa 1,2Mio. Mitarbeiter und ist 1,7Billionen Dollar wert. Jeff Bezos gehören davon 15%, also etwa 250Mrd. Dollar. Die Mitarbeiter leisten etwa 3Mrd. Arbeitsstunden pro Jahr. Was kommt bei diesen Arbeitsstunden heraus? Naja, Amazon hat einen Umsatz von etwa 300Mrd. und 150Mio. Kunden, die etwas kaufen, was sie wollen. Die 150Mio. Kunden wollen etwas suchen, finden das bei Amazon und bekommen es schnell nach Hause geliefert. Eventuell wollen sie es zurück schicken, oder sie wollen was über Amazon verkaufen.
-> Das passiert mit den 3Mrd. Arbeitsstunden. Es wird etwas gemacht, was 150Mio. Kunden wollen.

Jetzt stell dir mal vor, Jeff Bezos verkauft seinen Anteil an seine Mitarbeiter. Jeder Mitarbeiter bezahlt Bezos 200 000 Dollar. Nun gehört der Anteil den Mitarbeitern. Die Mitarbeiter kaufen dann 20 Jahre kein Auto, gehen nicht ins Kino, verzichten auf Reisen, und sonstigen Konsum. Und Bezos hat nun 250Mrd. auf seinem Konto rumliegen und kauft davon eine Superduper-Yacht, die diese Welt noch nicht gesehen hat. Zum Bau und Unterhalt der Yacht müssen 3Mrd. Arbeitsstunden aufgewendet werden. 3 000 000 000 Arbeitsstunden. Von der Stahlherstellung, Motorbau, Installation, Testfahrt, Ölforderung bis zum Programmieren der IT an Board.
-> Und nun? Hat sich die Situation nun verbessert?

Wie wärs, wenn Bezos seinen Anteil an einen Investmentfonds verkauft, der dafür 250Mrd. hinblättert und darauf 99% Steuern bezahlt? Nun, woher hat der Investmentfonds das Geld? Womöglich von 1,2Mio. Kleinanlegern, die jeweils 200 000 Dollar gegeben haben? Oder von 120Mio. Kleinanlegern, die jeweils 2000 Dollar gegeben haben, die jeweils auf Kinobesuch, Reise etc. verzichten? Nun kann der Staat das Geld ausgeben. Ja. Aber irgendjemand muss auf den Konsum von 250Mrd. verzichten. Ob nun Herr Bezos, ein anderer Reicher, viele Kleinanleger oder sonst wer.
-> Bezos Anteil muss in das Eigentum von jemand anderen gehen, der auf Konsum verzichtet. Es muss so sein!
Deine Argumentation geht an der Fragestellung vorbei.
Eine relevante Kernfragestellung wäre doch: Wenn Bezos 15% aus seinem Unternehmen abziehen kann, während die Mitarbeiter nur 2% Steigerung erfahren - ist das fair?

Es ist eine Mär, dass Bezos Amazon ist......Amazon wurde von ihm aufgebaut, und von ihm gegründet.....aber Amazon von heute ist das Ergebnis der wirtschaftlichen Tätigkeit seiner Mitarbeiter. Und zu denen gehören auch die, die nur nach dem Logistiktarif in Deutschland bezahlt werden, während Wettbewerber von Amazon den Einzelhandelstarif bezahlen, der höher liegt.....das ist einfach nur ganz normale Realität.

Amazon könnte seinen Mitarbeitern in Deutschland quasi aus der Portotasche soviel mehr bezahlen, wie es der Einzelhandelstarif verlangt....für das Unternehmen Amazon wäre das wenig relevant - für die konkret betroffenen Mitarbeiter hingegen wäre es sehr relevant.


Ich neide Jeff Bezos weder sein Vermögen noch sein Einkommen. Ich finde es eher traurig, dass dieses Vermögen und Einkommen unnötigerweise auf dem Rücken von unterbezahlten Mitarbeitern ausgetragen wird. Wäre Bezos so ein Wohltäter, wie er es eigentlich sein sollte, dann würde er sich diese Blöße nicht geben - und finanziell ist es nur peinlich, dass er sich diese Blöße dennoch gibt.

Genau dies zeigt auf, dass es hier zur Korrektur staatlicher Regelungen bedarf.

Staatlicher Regelungen, die es jedem Bezos dieser Welt auch weiterhin ermöglichen, gut zu verdienen - die aber dennoch auch darauf achten, dass die eigentlich ursächlich für den Verdienst verantworltichen Mitarbeiter nicht ausgebeutet werden, sondern angemessene Beteiligung erfahren.

Es geht nicht um Gleichmacherei! Es geht um ein Right-Sizing - also darum, dass Fehlentwicklungen durch den Gesetzgeber abgestellt werden. So einfach ist es.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Realist2014 »

Atue001 hat geschrieben:(05 Feb 2021, 01:06)


Wie schon geschrieben halte ich das in Unternehmen gebundene Vermögen nicht für sonderlich relevant. Das Privatvermögen welches nicht in Unternehmen gebunden ist hingegen schon.
Es wäre hilfreich, wenn du obiges mal spezifizieren würdest...
Wozu gehört denn das Vermögen in Form des Wertes einer GmbH eines kleineren Unternehmens?
Das ist ja Privatvermögen, besteht aber aus dem Wert der GmbH.
Entscheidend: Ich mache ausdrücklich darauf aufmerksam, dass Unternehmen und ihre Beteiligungsformen gar nicht bezüglich meiner Aussagen relevant sind, sondern dass es mir um das nicht in Unternehmen gebundene Privatvermögen geht.
Es gibt kein in Unternehmen gebundenes Privatvermögen...
Es ist eine Mär, dass Bezos Amazon ist......Amazon wurde von ihm aufgebaut, und von ihm gegründet.....aber Amazon von heute ist das Ergebnis der wirtschaftlichen Tätigkeit seiner Mitarbeiter. Und zu denen gehören auch die, die nur nach dem Logistiktarif in Deutschland bezahlt werden, während Wettbewerber von Amazon den Einzelhandelstarif bezahlen, der höher liegt.....das ist einfach nur ganz normale Realität.
Das stimmt so nicht.
Amazon könnte seinen Mitarbeitern in Deutschland quasi aus der Portotasche soviel mehr bezahlen, wie es der Einzelhandelstarif verlangt...
Das ist ja der Fall
Ich finde es eher traurig, dass dieses Vermögen und Einkommen unnötigerweise auf dem Rücken von unterbezahlten Mitarbeitern ausgetragen wird.
Auch das entspricht nicht den Fakten
genau dies zeigt auf, dass es hier zur Korrektur staatlicher Regelungen bedarf.
Was genau sollte der deutsche Staat denn bei deinem angeführten Beispiel ( Amazon/Jeff Bezos) machen?
Führe doch mal Optionen auf.... ( US Konzern, US-Bürger....)
Laut Aussage der linken Ideologen sind alle ökonomisch erfolgreichen dumm, und die wahre Intelligenz tritt sich in der untersten ökonomischen Etage auf die Füße.....daher muss diese Etage ausgebaut werden
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von franktoast »

Atue001 hat geschrieben:(05 Feb 2021, 01:06)
Wie schon geschrieben halte ich das in Unternehmen gebundene Vermögen nicht für sonderlich relevant. Das Privatvermögen welches nicht in Unternehmen gebunden ist hingegen schon.
Aha und wie hoch ist das denn? Sind dann 5Mio. in Aktien in Unternehmen gebundenes Vermögen und 5Mio. auf dem Bankkonto sind Privatvermögen?
Unabhängig davon:
Bezogen auf Unternehmen halte ich es für Blödsinn, wenn man annimmt, dass es Unternehmen wie BMW nur gibt, solange es die Familie Quandt als Eigentümer gibt. Gäbe es andere Rahmengesetzgebungen zu dieser Thematik, gäbe es noch immer Unternehmen wie BMW, aber die Familie Quandt hätte etwas modifizierte Rechte und Pflichten. Am Unternehmen selbst würde das faktisch nichts ändern. Wer ernsthaft glaubt, dass Unternehmen in solchen Größenordnungen nur deshalb eine Existenzberechtigung haben, weil die Eigentümerstruktur so ist, wie sie ist.....der schaut einfach an der Realität vorbei. Es ist völlig normal, dass Unternehmen in solchen Größenordnungen ihre Eigentümerstruktur im Laufe der Zeit ihrer Existenz verändern - und Unternehmen gehen nicht pleite, nur weil eine einstmalig wichtige Unternehmerpersönlichkeit das Unternehmen verlässt. Wäre es so, dass BMW nur deshalb am Weltmarkt erfolgreich ist, weil die Eigentümerstruktur ist wie sie ist.....BMW wäre so oder so zum Scheitern verurteilt. Tatsächlich ist BMW wie andere Firmen in vergleichbarer Situation aber deshalb erfolgreich, weil sie ein erfolgreiches Wirtschaftsmodell anbieten. Und das bieten sie nicht aufgrund der Eigentümerstruktur an, sondern weil viele Mitarbeiter bei BMW sich gemeinsam darum bemühen, am Markt erfolgreich zu sein.
Das hab ich auch nicht gesagt. Die Quants könnten ihren Unternehmensanteil ja einfach an jemand anderen verkaufen. Nur irgendjemand muss den Anteil kaufen und dieser jemand hat dann etwa 20Mrd. weniger für andere Sachen. Dieser jemand kann natürlich auch mehrere Personen sein.

Irgendjemand muss Eigentümer von BMW sein und dieser jemand kann von dem Eigentum keine Konsumgüter kaufen.
Das kann ich dir gar nicht genau sagen - das müsste man erst mal genau analysieren. Eventuell ist es zu viel, eventuell auch zu wenig.
Entscheidend: Ich mache ausdrücklich darauf aufmerksam, dass Unternehmen und ihre Beteiligungsformen gar nicht bezüglich meiner Aussagen relevant sind, sondern dass es mir um das nicht in Unternehmen gebundene Privatvermögen geht.
Das ist ja wild austauschbar. Stell dir vor, man würde Aktienvermögen nicht besteuern und Privatvermögen auf dem Bankkonto schon. Wer hätte dann noch Geld auf dem Privatkonto rumliegen?
Ist sie ok? Nach welchem Kriterium? Oder findest du sie ok, weil du dich nicht genauer mit der Materie beschäftigst? Es sollte doch objektive und messbare Kriterien geben, wie stark sich jeder Einzelne an der Staatsfinanzierung beteiligen soll.... und nicht nach dem Bauchgefühl entschieden werden, ob man etwas ok findet, oder auch nicht.....spricht aus deiner Sicht was gegen die Entwicklung von objektiven Kriterien?
Ok, ein objektives Kriterium wäre, dass jemand in etwa für die Kosten aufkommt, die er verursacht. Man könnte also sagen, dass jemand mit 10 000€ Jahreseinkommen und jemand mit 1Mio. beide zB. jeweils 5000€ abdrücken. Also eine Kopfsteuer. Sollten beide zB. 10% bezahlen, würde der mit Millioneneinkommen ja 100x mehr bezahlen, obwohl er keineswegs 100x mehr Kosten verursacht.
Das kann und darf jeder individuell beurteilen. Subjektiv halte ich es für falsch, dass einzelne Persönlichkeiten in so umfangreichem Maße frei darüber entscheiden können, welche Wohltaten sie willkürlich für gut befinden.
Das spricht nicht gegen Carnegie, und nicht gegen Bill Gates! Es spricht gegen eine Gesetzgebung, die so etwas ermöglicht. Welche demokratischen Institutionen überwachen und regeln im Zweifelsfall auch, dass das, was Bill Gates an Geldern für wen auch immer frei gibt, auch im Interesse der Allgemeinheit ist?

Ich finde Bill Gates gut - und sein Engagement für die Allgemeinheit Vorbildlich - ich finde aber gleichzeitig katastrophal, dass es überhaupt zu solchen Vermögensverteilungen kommt. Es ist nicht Aufgabe von Einzelnen dafür zu sorgen, dass es der Allgemeinheit gut geht......das ist eine Aufgabe, die der Staat zu leisten hat - und zwar demokratisch legitimiert. Bill Gates und viele andere sehr positive Superreiche können noch so viel gutes tun.....die Frage ist doch, ist es gut und richtig, dass sie ohne jegliche demokratische Kontrolle allein entscheiden dürfen, was genau getan wird....
Naja, die Frage ist ja, wie ein Bill Gates entscheidet, für was er sein Geld spendet. Nach welchen Kriterien geht er wohl vor? Versucht es da zu spenden, was die Allgemeinheit also wenig dringlich ansieht, um sich unbeliebt zu machen? Weil es das Ziel von Gates ist, sich unbeliebt zu machen? So eine Annahme ist ja blödsinnig.

Eine demokratische Legitimierung ist warum besser? Auf die Politiker wirken Interessensgruppen(Lobbys) und durchaus manipulierbare Wähler ein. Dazu kommt noch ein relativ hoher bürokratischer Aufwand dazu, denn eine demokratische Legitimierung gibt es nicht ohne Aufwand. Dass das eine Person, die ein Weltunternehmen aufgebaut hat, womöglich besser könnte, kommt dir nicht in den Sinn?

Also ich persönlich hab in einen Gates als Wohlstifter mehr Vertrauen als in Politiker bzw. helfen Private Akteure ja genau da, wo es der Staat nicht gebacken bekommt.
Wäre dieser Gedankengang richtig, wäre es nur konsequent, Bill Gates als Diktator einzufordern......denn er macht ja alles richtig......
Dem folge ich nicht! Richtig wäre es, Bill Gates ausreichend zu besteuern, die Gelder dann als Staat zu verwalten, und mit demokratischer Legitimation und unter demokratischer Kontrolle die entsprechenden Gelder auch einem vernünftigen Zweck zukommen zu lassen.

Nicht Bill Gates & Co. haben etwas falsch gemacht! Falsch sind die systemischen Gesamtrahmenbedingungen die es ermöglichen, dass Bill Gates so auftreten kann.
Ich bin an einer Stelle in meinem Leben angekommen, an der ich das erste Mal Spielraum für Spenden von mir selber hab. Ich empfinde mich hier nicht als Diktator oder zu gering besteuert. Privates Engagement ist wichtiger als das den Staates. Eigentlich habe ich es oben falschrum geschrieben. Nicht Private sollten da einspringen, wo es der Staat verkackt, sondern der Staat sollte da einspringen, wo es privates Engagement nicht hinbekommt.

Aber mal nochmal ernsthaft gefragt: Wenn ein Bill Gates 1Mrd. nach Afrika spendet, ist das schlechter als wenn Gates 1Mrd. zusätzlich an Steuern bezahlt und der Staat das Geld nach Afrika spendet? Hast du bei Letzterem irgendwie das Gefühl, das stamme nun von dir, da du ein Wähler der Regierung oder Mehrheit im Bundestag bist? Also das ist meine Vermutung, warum Viele hier lieber Steuern und Staatsengagement bevorzugen...

Deine Argumentation geht an der Fragestellung vorbei.
Eine relevante Kernfragestellung wäre doch: Wenn Bezos 15% aus seinem Unternehmen abziehen kann, während die Mitarbeiter nur 2% Steigerung erfahren - ist das fair?

Es ist eine Mär, dass Bezos Amazon ist......Amazon wurde von ihm aufgebaut, und von ihm gegründet.....aber Amazon von heute ist das Ergebnis der wirtschaftlichen Tätigkeit seiner Mitarbeiter. Und zu denen gehören auch die, die nur nach dem Logistiktarif in Deutschland bezahlt werden, während Wettbewerber von Amazon den Einzelhandelstarif bezahlen, der höher liegt.....das ist einfach nur ganz normale Realität.

Amazon könnte seinen Mitarbeitern in Deutschland quasi aus der Portotasche soviel mehr bezahlen, wie es der Einzelhandelstarif verlangt....für das Unternehmen Amazon wäre das wenig relevant - für die konkret betroffenen Mitarbeiter hingegen wäre es sehr relevant.


Ich neide Jeff Bezos weder sein Vermögen noch sein Einkommen. Ich finde es eher traurig, dass dieses Vermögen und Einkommen unnötigerweise auf dem Rücken von unterbezahlten Mitarbeitern ausgetragen wird. Wäre Bezos so ein Wohltäter, wie er es eigentlich sein sollte, dann würde er sich diese Blöße nicht geben - und finanziell ist es nur peinlich, dass er sich diese Blöße dennoch gibt.

Genau dies zeigt auf, dass es hier zur Korrektur staatlicher Regelungen bedarf.

Staatlicher Regelungen, die es jedem Bezos dieser Welt auch weiterhin ermöglichen, gut zu verdienen - die aber dennoch auch darauf achten, dass die eigentlich ursächlich für den Verdienst verantworltichen Mitarbeiter nicht ausgebeutet werden, sondern angemessene Beteiligung erfahren.

Es geht nicht um Gleichmacherei! Es geht um ein Right-Sizing - also darum, dass Fehlentwicklungen durch den Gesetzgeber abgestellt werden. So einfach ist es.
Nein, es geht nicht an der Fragestellung vorbei. Amazon ist heute 1,6 Billionen Dollar wert. Du kannst diese 1,6 Billionen nicht an den "kleinen Mann" ausschütten, der davon Konsumgüter kauft. Dieses Vermögen existiert nicht für den Konsum! Man kann diese 1,6 Billionen nicht in Konsumgüter umwandeln. Auch nicht Bezos Anteil. Es ist physikalisch unmöglich, aber genau das forderst du und deine Gleichgesinnten. Man könnte ja die 1,6Billionen nehmen und endlich einen fairen Lohn bezahlen, als wenn die 1,6 Billionen da auf einem Bankkonto rumlägen.

Lass Bezos Anteil von 15% (Wert 250Mrd.) an seine Mitarbeiter übergehen. Dann hält jeder Mitarbeiter Amazonaktien im Wert von 200 000Dollar. Nehmen wir an, es gäbe so ein Gesetz, wodurch der Eigentum überginge und gegen jede Marktgesetze, wäre der Anteil immer noch so viel wert. Was würdest du als durchschnittlicher Amazonlagerarbeiter nun machen? 200 000 Dollar an Vermögen an einem einzigen Unternehmen halten? Naja, man würde den Anteil verkaufen. Aber wer kauft den Anteil? Wer kauft die ganzen Anteile? Der liebe Gott?

Achso, der Amazonmitarbeiter könnte die Aktien gar nicht verkaufen, da sonst das Vermögen wieder schnell ungleich verteilt würde. Und dann? Dann hat jeder Mitarbeiter einen Anteil, den er nicht verkaufen darf. Das ist so, wie wenn man Bitcoin im Wert von 200Mio. hat, aber den privaten Schlüssel dazu nicht.
Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Atue001 »

franktoast hat geschrieben:(05 Feb 2021, 13:39)

Aha und wie hoch ist das denn? Sind dann 5Mio. in Aktien in Unternehmen gebundenes Vermögen und 5Mio. auf dem Bankkonto sind Privatvermögen?
Allein 2 Billionen sind Sichteinlagen.

Das hab ich auch nicht gesagt. Die Quants könnten ihren Unternehmensanteil ja einfach an jemand anderen verkaufen. Nur irgendjemand muss den Anteil kaufen und dieser jemand hat dann etwa 20Mrd. weniger für andere Sachen. Dieser jemand kann natürlich auch mehrere Personen sein.
Jetzt kommen wir zum Kern! Nein, andere die ihre Anteile kaufen können, stehen nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung, weil die Vermögen ungleich verteilt sind.
Ok, ein objektives Kriterium wäre, dass jemand in etwa für die Kosten aufkommt, die er verursacht. Man könnte also sagen, dass jemand mit 10 000€ Jahreseinkommen und jemand mit 1Mio. beide zB. jeweils 5000€ abdrücken. Also eine Kopfsteuer. Sollten beide zB. 10% bezahlen, würde der mit Millioneneinkommen ja 100x mehr bezahlen, obwohl er keineswegs 100x mehr Kosten verursacht.
Stimmt, das wäre ein objektives Kriterium, aber ein ziemlich unsoziales. Das ist nicht geeignet für eine soziale Marktwirtschaft. Zumal Einkommen schwer zu regulieren sind, und nach meiner Überzeugung auch nicht all zu sehr reguliert werden sollten. Ein soziales Kriterium wäre, dass jeder so viel anteilig zur Finanzierung des Staatshaushaltes beiträgt, wie er/sie an Vermögen anteilig besitzt.
Naja, die Frage ist ja, wie ein Bill Gates entscheidet, für was er sein Geld spendet. Nach welchen Kriterien geht er wohl vor? Versucht es da zu spenden, was die Allgemeinheit also wenig dringlich ansieht, um sich unbeliebt zu machen? Weil es das Ziel von Gates ist, sich unbeliebt zu machen? So eine Annahme ist ja blödsinnig.
Das ist auch nicht meine Annahme. Wenn aber Bill Gates Geld spendet, was ihm nur zur Verfügung steht, weil er niedriger besteuert wurde, als es gerecht wäre - dann haben andere, die mehr Steuern zahlen als es gerecht ist, nicht die Möglichkeit Geld zu spenden. Das kann auch nicht in deinem Sinne sein.
Eine demokratische Legitimierung ist warum besser? Auf die Politiker wirken Interessensgruppen(Lobbys) und durchaus manipulierbare Wähler ein. Dazu kommt noch ein relativ hoher bürokratischer Aufwand dazu, denn eine demokratische Legitimierung gibt es nicht ohne Aufwand. Dass das eine Person, die ein Weltunternehmen aufgebaut hat, womöglich besser könnte, kommt dir nicht in den Sinn?
Ehrlich gesagt ist mir egal ob eine Privatperson besser oder schlechter sein könnte - wenn du solchen Phantastereien anhängst, bist du ein Vertreter des "Guten König"-Modells. Ich halte wenig von der überzogenen Hoffnung, dass es den guten Diktator gibt.
Schließt man den guten Diktator/guten König aber aus, und geht man davon aus, dass eine Demokratie besser in der Lage ist für gerechte Verhältnisse zu sorgen (und davon gibt es historisch genügend Beweise), dann ist nicht die Frage ob man Bill Gates dankbar sein sollte, wenn er viel spendet, sondern die Frage ist dann nur, ob er ausreichend besteuert wurde. Wenn man diese Frage mit JA beantwortet, dann darf er spenden, wofür er will. Wenn man aber Zweifel an der Steuergerechtigkeit hat, und davon ausgeht, dass er zu wenig Steuern zahlt, während andere zuviel Steuern zahlen - dann zahlt er heute einen Teil der Spenden aus Geldern, die er eigentlich nicht hätte, wenn gerecht besteuert würde. Und das ist nicht richtig.
Ich halte sowohl von Bill Gates als auch von vielen anderen Superreichen recht viel - auch von deren Meinung. Und aus gutem Grund sind da auch immer wieder Stimmen aus deren Kreisen zu hören, die fordern, dass sie mehr Steuern zahlen müssten. Insofern sehe ich mich in guter Gesellschaft.



Eigentlich ist das doch genau der Punkt! Du wärest schon früher in deinem Leben an diesem Punkt angekommen, wenn du nicht hättest die Menge an Steuern zahlen müssen, die du bezahlt hast. Du hast soviel bezahlt, während Superreiche zu niedrig besteuert wurden. Und nochmal - es geht weder darum die Superreichen arm zu machen, noch darum alles gleich zu machen, es geht um eine faire Lastenverteilung.

Wenn du der Meinung bist, dass Superreiche besonders wenig Steuern zahlen sollten, dann ist das ok und halt deine Meinung. Ich erkenne da schon immer wieder ein paar Merkwürdigkeiten.



Das geht an meinem Anliegen schlicht und einfach vorbei. Ich werfe Bill Gates und anderen Superreichen nichts vor. Im Gegenteil, viele der Superreichen agieren durchaus verantwortungsvoll und wenn sie Stiftungen einrichten und sich munter für oftmals recht soziale Zwecke einsetzen - gerade in der amerikanischen Klientel der Superreichen zählt genau so ein Verhalten als wichtig. Das ist völlig ok. Nicht ok ist es, wenn ihr Vermögen größer ist, als es wäre, wenn man ein gerechtes Steuersystem hätte.
Man sollte sich da aber auch keiner Illusion hingeben - dramatische Verschiebungen wären das nicht! Dennoch wären es deutliche Korrekturen - womit dann vielleicht nicht ganz so viel von Bill Gates an Spendengeldern möglich wäre - dafür würden aber ein paar Mittelständler mehr existieren, die dann auch großzügig und entsprechend ihrem Willen ihr Privatvermögen teilweise für Spenden gebrauchen könnten.

Seufz - du willst mich in eine Ecke stellen, in der ich schlicht und einfach nicht beheimatet bin. Ich bin weder besonders links, noch besonders Reichenfeindlich, noch neide ich den Superreichen ihr Vermögen.

Wenn ich dennoch der Überzeugung bin, dass die Superreichen zu niedrig besteuert werden, dann deshalb, weil sie nicht entsprechend ihrem Vermögen zur Staatsfinanzierung beitragen. Da sie das nicht tun, machen das andere für sie - was ich für ungerecht halte. Die Leidtragenden sind vor allem der Mittelstand und normale reiche Leute. Wenn ich da für die Anwendung von objektiven Kriterien bin, wie beispielsweise dem, dass jeder entsprechend seines Vermögens zur Besteuerung herangezogen werden sollte, dann ist eine solche Forderung nicht nur deshalb links oder Vermögensvernichtend, weil dann der ein oder andere Superreiche ein paar Euros mehr zahlen muss, während der ein oder andere Mittelständler und Reiche etwas entlastet würde.....das ist einfach nur absurd!

Aufgrund deiner Schilderung, dass du gerade mal eben jetzt in der Lage bist ein wenig zu Spenden.....lässt sich locker schließen, dass du eigentlich zu den Opfern unserer Steuer-(und Sozial-)politik gehörst. Du hast sicher über viele Jahre mehr zur Staatsfinanzierung beigetragen, als dein Anteil am Vermögen ist. Es mag ja sein, dass du Könige und Superreiche toll findest - das sei dir dann unbenommen. Es wäre aber besser, wenn du sie dann doch direkt über Spenden deinerseits finanzieren würdest - und nicht ich als normaler Steuerzahler diese Könige und Superreichen mitfinanzieren muss.....über Steuern und Abgaben! DAS ist der Punkt!

Es spricht überhaupt nichts dagegen, dass Superreiche viel Spenden können und viel Spenden - es spricht aber vieles dagegen, dass diese die Möglichkeit dazu nur deshalb haben, weil ich zu viel Steuern und Abgaben bezahle. Dann würde ich doch lieber selbst für Afrika oder welchen Zweck auch immer spenden, als ausgerechnet die Superreichen mitzufinanzieren, damit diese dann mehr spenden können. Glaubst du ernsthaft, dass die DEIN GELD in deinem Sinne einsetzen? Ich würde dann doch lieber selbst entscheiden!
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Skull »

Atue001 hat geschrieben:(08 Feb 2021, 01:24)

Nein, andere die ihre Anteile kaufen können,
stehen nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung, weil die Vermögen ungleich verteilt sind.
Ich wundere mich.

Wenn es nicht ausreichend Menschen gibt, die Anteile kaufen können oder Vermögen bilden können (Sparen),
warum stiegen dann in den letzten Jahren Vermögen. Warum stiegen Börsenkurse ?

Sieht doch eher so aus das es (mehr als) ausreichend Käufer von Anteilen gibt, oder ? :?:

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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Realist2014 »

Atue001 hat geschrieben:(08 Feb 2021, 01:24)

Allein 2 Billionen sind Sichteinlagen.
Verteilt auf ca. 50 Millionen Bürger.....
Wenn ich dennoch der Überzeugung bin, dass die Superreichen zu niedrig besteuert werden, dann deshalb, weil sie nicht entsprechend ihrem Vermögen zur Staatsfinanzierung beitragen. n!
Nach wie vor bist du schuldig, wie viel die heutigen "Superreichen" in D tatsächlich an Steuern bezahlen und auch wie viel Prozent von ihrem Vermögen eine "gerechte Steuerlast " wäre.
Laut Aussage der linken Ideologen sind alle ökonomisch erfolgreichen dumm, und die wahre Intelligenz tritt sich in der untersten ökonomischen Etage auf die Füße.....daher muss diese Etage ausgebaut werden
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Tom Bombadil
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Tom Bombadil »

Mal ein paar Fakten (2019):
Arme Exportweltmeister
Der allseits viel bestaunte und angeblich so erfolgreiche Standort Deutschland schneidet trotz des sehr viel höheren Medianeinkommens als Schweden von 54.476 Dollar sogar noch schlechter ab: Das Medianvermögen beträgt 35.169 Dollar und sogar 40,6 Prozent der Deutschen können nur auf weniger als 10.000 Dollar zurückgreifen. Das Durchschnittsvermögen liegt bei 214.893 Dollar etwa in der Mitte aller Länder. Die Einkommen in Deutschland liegen tendenziell also höher als in Schweden, aber die Deutschen bilden weniger Vermögen. Der Gini-Koeffizient liegt mit 81,6 hoch auf Rang 6 aller Staaten; die ärmeren 50 Prozent der Deutschen besitzen sogar nur 3,1 Prozent des Gesamtvermögens.

https://www.wiwo.de/politik/deutschland ... 70074.html
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Senexx »

Das liegt unter anderen an der niedrigen Wohneigentumsquote.

Und das im Lande des Bauspargedankens.

Es ist erstaunlich, wie wenig diese soziale Frage in der politischen Diskussion eine Rolle spielt und wie wenig dich die Deutschen darum kümmern.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Realist2014 »

Tom Bombadil hat geschrieben:(08 Feb 2021, 10:07)

Mal ein paar Fakten (2019):
Arme Exportweltmeister
Der allseits viel bestaunte und angeblich so erfolgreiche Standort Deutschland schneidet trotz des sehr viel höheren Medianeinkommens als Schweden von 54.476 Dollar sogar noch schlechter ab: Das Medianvermögen beträgt 35.169 Dollar und sogar 40,6 Prozent der Deutschen können nur auf weniger als 10.000 Dollar zurückgreifen. Das Durchschnittsvermögen liegt bei 214.893 Dollar etwa in der Mitte aller Länder. Die Einkommen in Deutschland liegen tendenziell also höher als in Schweden, aber die Deutschen bilden weniger Vermögen. Der Gini-Koeffizient liegt mit 81,6 hoch auf Rang 6 aller Staaten; die ärmeren 50 Prozent der Deutschen besitzen sogar nur 3,1 Prozent des Gesamtvermögens.

https://www.wiwo.de/politik/deutschland ... 70074.html
Die anderen 59,4% haben also mehr als 10.000 US Barvermögen.

Das sind - wenn man nur die Erwachsenen nimmt- ca 40 Millionen Bürger. ......
Laut Aussage der linken Ideologen sind alle ökonomisch erfolgreichen dumm, und die wahre Intelligenz tritt sich in der untersten ökonomischen Etage auf die Füße.....daher muss diese Etage ausgebaut werden
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Teeernte »

Tom Bombadil hat geschrieben:(08 Feb 2021, 10:07)
die ärmeren 50 Prozent der Deutschen besitzen sogar nur 3,1 Prozent des Gesamtvermögens.[/i]
https://www.wiwo.de/politik/deutschland ... 70074.html
PRIVAT.

Die anderen 40 % sind STAAT/LAND/GEMEINDE/ "mildtätige" Vereine ..- Eigentum.

Ja in Italien ists anders - da ist der Staat ARM und die BÜRGER haben ein hohen Anteil an Wohneigentum.

In D ist die Politik der GLEICHMACHEREI , ...das SPONSORIEREN von "Nichtaufnahme von BESCHÄFTIGUNG" trotz Eignung ein Hobby der Politik - das KOSTET.

UMVERTEILUNG ? Die ALIMENTIERTEN wollen ABER bei der Verteilung der ARBEIT nicht mit bedacht werden !
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Skull »

Tom Bombadil hat geschrieben:(08 Feb 2021, 10:07)

Der Gini-Koeffizient liegt mit 81,6 hoch auf Rang 6 aller Staaten;
die ärmeren 50 Prozent der Deutschen besitzen sogar nur 3,1 Prozent des Gesamtvermögens.


https://www.wiwo.de/politik/deutschland ... 70074.html
Schön, wie man Statistiken darstellen kann, wie es gefällt.

Auf diese eine Zahl bezogen, befindet sich Deutschland ja recht unten - direkt neben Schweden und Dänemark
und nahe zu Norwegen und Finnland.

Warum haben die alle bloss so kleine Zahlen ? :D :p

mfg
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franktoast
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von franktoast »

Atue001 hat geschrieben:(08 Feb 2021, 01:24)
Allein 2 Billionen sind Sichteinlagen.
Von wem? Von denen, die sich nicht in Aktien oder Unternehmensanteile trauen? Wie gesagt: Wenn du nur Sichteinlagen über X€ besteuern willst, dann gibt es genau 0€ Sichteinlagen über X€.
Jetzt kommen wir zum Kern! Nein, andere die ihre Anteile kaufen können, stehen nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung, weil die Vermögen ungleich verteilt sind.
Du hast es noch nicht verstanden.
Stimmt, das wäre ein objektives Kriterium, aber ein ziemlich unsoziales. Das ist nicht geeignet für eine soziale Marktwirtschaft. Zumal Einkommen schwer zu regulieren sind, und nach meiner Überzeugung auch nicht all zu sehr reguliert werden sollten. Ein soziales Kriterium wäre, dass jeder so viel anteilig zur Finanzierung des Staatshaushaltes beiträgt, wie er/sie an Vermögen anteilig besitzt.
Wenn Reiche anteilig gleich viel bezahlen würden, müsste man die Steuern der Reichen aber senken.
Das ist auch nicht meine Annahme. Wenn aber Bill Gates Geld spendet, was ihm nur zur Verfügung steht, weil er niedriger besteuert wurde, als es gerecht wäre - dann haben andere, die mehr Steuern zahlen als es gerecht ist, nicht die Möglichkeit Geld zu spenden. Das kann auch nicht in deinem Sinne sein.
Ich denke, der gute Bill hat anteilig mehr Steuern bezahlt als Menschen mit kleinerem Einkommen/Vermögen.
Ehrlich gesagt ist mir egal ob eine Privatperson besser oder schlechter sein könnte - wenn du solchen Phantastereien anhängst, bist du ein Vertreter des "Guten König"-Modells. Ich halte wenig von der überzogenen Hoffnung, dass es den guten Diktator gibt.
Schließt man den guten Diktator/guten König aber aus, und geht man davon aus, dass eine Demokratie besser in der Lage ist für gerechte Verhältnisse zu sorgen (und davon gibt es historisch genügend Beweise), dann ist nicht die Frage ob man Bill Gates dankbar sein sollte, wenn er viel spendet, sondern die Frage ist dann nur, ob er ausreichend besteuert wurde. Wenn man diese Frage mit JA beantwortet, dann darf er spenden, wofür er will. Wenn man aber Zweifel an der Steuergerechtigkeit hat, und davon ausgeht, dass er zu wenig Steuern zahlt, während andere zuviel Steuern zahlen - dann zahlt er heute einen Teil der Spenden aus Geldern, die er eigentlich nicht hätte, wenn gerecht besteuert würde. Und das ist nicht richtig.
Naja, Gates ist ja nicht Krieg oder Gene zu einem König gewählt worden. Er hat ein Produkt angeboten, für das Menschen Geld bezahlt haben. Zudem haben Menschen ihre Arbeitszeit an ihn verkauft, völlig freiwillig. Dazu haben ihm Menschen Geld geliehen, auch freiwillig. Du kannst ja argumentieren, dass ja die 100 000 Mitarbeiter das Produkt geschaffen hätten. Haben sie auch, aber die haben ein gutes Einkommen dafür bekommen. Arbeitnehmer lagern das Risiko an den Arbeitgeber aus und setzen kein Vermögen ein. Entsprechend sicher ist deren Einkommen.

Findest du das Konzept des Lohnes falsch? Sollten alle Arbeitnehmer ihr Vermögen einsetzen und an Gewinnen/Verlusten voll teilhaben?

Oder geht es darum, dass Arbeitnehmer nur die Früchte bekommen. Volle Gewinnbeteiligung, 0 Vermögenseinsatz, 0 Verlustbeteiligung?
Wenn ich dennoch der Überzeugung bin, dass die Superreichen zu niedrig besteuert werden, dann deshalb, weil sie nicht entsprechend ihrem Vermögen zur Staatsfinanzierung beitragen.
Ich kann mir deine Motivation vorstellen. Du möchtest eben, dass die Reichen etwas abgeben, damit die da unten mehr bekommen. Hätten die Reichen halb so viel, wärst du wohl genau der gleichen Meinung. Es ist einfach nur so, weil die viel haben, könnten die mal was abdrücken. Zudem möchtest du das Gefühl haben, dass du den Kongolesen hilft (über Demokratie) und nicht dieser Gates.
Aufgrund deiner Schilderung, dass du gerade mal eben jetzt in der Lage bist ein wenig zu Spenden.....lässt sich locker schließen, dass du eigentlich zu den Opfern unserer Steuer-(und Sozial-)politik gehörst.
Is ja immer relativ ;) Ich hätte auch die USA-Reise lassen können und lieber spenden. Mein Sohn hat in der Schule eine Einzelbetreung (Integration). Ich finde, wir haben ein gutes Einkommen, aber unterm Strich bekommen wir vom Staat weit mehr als wir an Steuern abführen. Mein Einkommenssteuersatz liegt unter 10%, wir sparen fast 1000€ pro Monat.
Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Atue001 »

franktoast hat geschrieben:(09 Feb 2021, 16:44)
....

Ich kann mir deine Motivation vorstellen. Du möchtest eben, dass die Reichen etwas abgeben, damit die da unten mehr bekommen. Hätten die Reichen halb so viel, wärst du wohl genau der gleichen Meinung. Es ist einfach nur so, weil die viel haben, könnten die mal was abdrücken. Zudem möchtest du das Gefühl haben, dass du den Kongolesen hilft (über Demokratie) und nicht dieser Gates.
Quark.

Erst mal geht es mir um Gerechtigkeit - und zwar keineswegs in einem Sinne, dass man gleich die Demokratie durch Sozialismus ersetzt, oder die soziale Marktwirtschaft durch irgendein staatsgeführtes System. Von all dem halte ich genau gar nichts.


Rechnen wir mal ein paar Sichten deinerseits nach:
2018 war das Privatvermögen der Deutschen bei 14,85 Billionen Euro. https://crp-infotec.de/deutschland-priv ... oegnsberg/

2018 betrug der Gesamthaushalt der BRD 1,4285 Billionen Euro. https://www.spiegel.de/wirtschaft/sozia ... 61470.html


Deine persönliche Steuer- und Abgabenlast, die nach meinem Kriterium in 2018 anzuwenden gewesen wäre, kannst du dir also leicht ausrechnen und es ergibt sich entsprechend deinem Vermögen in 2018 in Höhe von ca. 9,6%.

Jetzt vergleiche das mit deiner Steuer- und Abgabenlast, die du tatsächlich in 2018 hattest - vergiss dabei nicht Steuern und Abgaben wie die Mehrwertsteuer, Energiesteuern, EEG-Umlage, Grundsteuer, KFZ-Steuer, Tabaksteuer, .....
Wenn du jetzt wie weit über 80% der Bevölkerung zu denen gehörst, die so mehr zur Staatsfinanzierung beigetragen haben, als sie bei meinem Vermögensansatz hätten beitragen müssen - dann gehörst du zu denen, die über viele Jahre hinweg im Verhältnis zu viel zahlen, während andere zu wenig zahlen. Dieses "zu wenig zahlen" kann sich schon aus sachlogischen Gründen nicht auf die beziehen, die über weniger Vermögen und Einkommen verfügen als du - also müssen es Menschen sein, die mehr Vermögen haben.

Wenn du diese Schrift mal anschaust, findest du dazu auch eine Abbildung, die das nochmals verdeutlicht:
https://www.diw.de/documents/publikatio ... 6-51-1.pdf Und dort: "Steuern und Sozialbeiträge in Prozent des Haushaltsbruttoeinkommens 2015"

Die Quelle hierbei sind die Daten von SOEP, die Quelle selbst ist das DIW und die Datenbasis stammt aus 2015, wobei sich nichts grundlegendes seitdem im Steuer- und Abgabenrecht so verändert hätte, dass diese seit vielen Jahrzehnten bestehende "Unterbesteuerung von Sehr Reichen und Superreichen" grundlegend so verändert hätte, dass mit aktuelleren Zahlen etwas wesentlich anderes herauskommt.

Schwierig bei diesen Daten ist regelmäßig, dass diese vor allem auf die Einkommenssituation gehen, nicht so sehr auf die Vermögenssituation. Allerdings gibt es zwischen hohen Einkommen und hohen Vermögen eine gewisse Beziehung......wobei gerade auch in der Gruppe der Superreichen immer wieder mal das "Einkommen" eine untergeordnete Rolle spielt, weil das Vermögen exorbitant hoch ist.
Tatsächlich findet man aber sogar Statistiken, dass die Ungleichheit bezüglich der Staatsfinanzierung bezüglich der Einkommensverteilung noch günstiger aussieht, als wenn man auf die konkrete Vermögenssituation geht. Das ist auch wenig überraschend und eigentlich logisch, weil sehr hohe Einkommen, die im Verhältnis zu wenig zur Staatsfinanzierung beitragen, regelmäßig dazu führen, dass ich ein hohes Vermögen überproportional steigern kann (zwingend ist das nicht, ich könnte es auch verprassen.....aber die meisten sehr Reichen agieren eher so....), was bei der Betrachtung der Vermögensanteile zur Staatsfinanzierung die Sachlage noch ungünstiger werden lässt, als bei der reinen Betrachtung der Einkommen.


Weitere Quellen, die sich mal mit der Einkommensverteilung und mal mit der Vermögensverteilung beschäftigen gibt es im Netz sehr viele - viele von denen gehen originär dabei selbst auf die SOEP-Daten.
Ein paar nette Quellen hier mal beispielhaft:
https://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen- ... verteilung
http://www.sozialpolitik-aktuell.de/fil ... bIII91.pdf
https://crp-infotec.de/deutschland-verm ... erteilung/

Das größte Problem liegt bezüglich der Einkommen beim 9. Dezil, reicht aber auch ins 8. Dezil und in Teile des 10. Dezils hinein - in diesem Bereich findet tatsächlich die Staatsfinanzierung statt. Gerade im 10. Dezil in der oberen Hälfte hingegen wird anteilig zu wenig beigetragen.

Was würde passieren, wenn man das verändern würde?
Gar nicht so arg viel - der Vermögensaufbau wäre für Berufseinsteiger leichter - das könnte dann auch dazu führen, dass sich junge Familien sogar wieder mal ein Einfamilienhaus leisten können.....das war 1960 durchaus gut möglich, ist es heute aber nicht mehr. Da hat sich was verändert....
Dann würde sich verändern, dass der Mittelstand und insbesondere der gehobene Mittelstand, also regelmäßig die Leistungsträger in der Gesellschaft, die man auf nahezu allen Managementpositionen, Facharbeiterpositionen, etc. etc. findet, würde etwas entlastet, und könnten damit sich ein größeres Vermögen leisten (oder auch mehr Spenden.....)

Eventuell würden diese ja auch ein paar Aktien mehr von BMW kaufen, die würden ja frei, weil Familie Quandt ein paar abgeben würde.....aber dramatisch wäre diese "Umverteilung" nicht.

Würde sich bei den unteren Dezilen was verändern? Eher nicht - die zahlen heute wenig Steuern, und würden auch dann wenig Steuern zahlen, weil sie auch wenig Einkommen und meist auch kein relevantes Vermögen haben.

Also - wenn du mir unterstellst, dass ich "die da unten" besonders fördern möchte - dann kannst du das zumindest aus meinem Ansatz erst mal so gar nicht wirklich rausinterpretieren - damit bleibt es eine Unterstellung, die ich auch zurückweise.
Wenn du meinst, dass ich lieber den Kongolesen helfe, als dass Bill Gates das tut - dann interpretierst du auch was rein, was schlicht und einfach Bullshit ist, weil es von falschen Annahmen ausgeht.

Richtig ist vielmehr, dass ich es durchaus gut und richtig finde, was Bill Gates tut - er kann es aber deshalb in dieser Höhe machen, weil er in seinem Leben über weite Strecken weniger zur Finanzierung des Staatshaushaltes beigetragen hat, als er hätte müssen, wenn man das Vermögenskriterium ansetzt. Er hätte dann immer noch ein ziemlich großes Vermögen und wäre auch sicher weiter in der TOP100-Liste.....es wäre halt nur ein wenig niedriger. Dafür wären ein paar andere Leute etwas mehr in der Lage, selbst und eigenverantwortlich über Spenden zu entscheiden, die das heute nicht in der Höhe können, weil sie mehr Steuern und Abgaben zahlen, als das nach dem Vermögenskriterium der Fall wäre.

Eigentlich sind die Zusammenhänge trivial, und die Zahlen recht gut verfügbar. Nur will sie keiner sehen. Die einen wollen gleich den Sozialismus, die anderen wollen das alles so bleibt wie es ist - nur mal selbst nachdenken und nachrechnen, was vernünftige Kriterien wären, das fällt schwer. Daran krankt gerade auch unsere Steuer- und Abgabenpolitik im Staat. Denn wenn ich jetzt beispielsweise wegen Corona ernsthaft über einen Corona-Soli nachdenke, oder eine Vermögensabgabe für Reiche - dann greift das viel zu kurz. Solche Ansätze implizieren, dass die Reichen zu wenig zur Staatsfinanzierung beitragen.....aber wenn das so ist, dann sollte die Ursache abgestellt werden, und nicht bei erster Gelegenheit nachgefordert werden.
WENN man von der These ausgeht, dass Reiche gerecht zur Staatsfinanzierung beitragen, wäre ein Corona-Soli oder eine entsprechende Vermögensabgabe sogar ungerecht! Und geht man sogar von der These aus, dass die Reichen zu viel zur Staatsfinanzierung beitragen, dann wäre das sogar ein absurder Ansatz, dann müsste man die Reichen sogar entlasten! Man muss also nicht mal eben auf die Schnelle Steuern für die einen erhöhen und die anderen senken, sondern mal an die Ursachen rangehen.

Will man die Ursache abstellen, muss man sich damit beschäftigen, was eigentlich gerecht wäre.
Und das habe ich für mich getan, habe mir eine Definition überlegt, wie es aus meiner Sicht richtig wäre, und dann nachgerechnet, wie das mit der Realität korrelliert. Das Ergebnis ist gerade, dass wir ein Gerechtigkeitsgap insbesondere bei den Superreichen haben - allerdings keines, was in Gleichmacherei münden würde, sondern nur eines, was in einer etwas gerechteren Staatsfinanzierung mündet.

Und wenn man diesen Ungerechtigkeitsbauch ablösen würde, dann könnten auch einige Menschen mehr sparen oder sich mehr leisten.

Dieser Ungerechtigkeitsbauch ist ja auch keine Entdeckung von mir - mit ähnlichen Ansätzen findet man ihn von vielen auch sehr gelehrten Personen auch von Politikern. Er drückt sich auch auf viele Arten aus - beispielsweise auch in Form des Mittelstandsbauches, der ab und an im Zusammenhang mit Steuergerechtigkeit auch von liberalen Kräften benannt wird. Allerdings bezieht sich die Betrachtung der Steuerfachleute auch meist nur auf diese, und die Ungleichbehandlung die über die Sozialversicherungen noch verstärkt werden, wird ausgeblendet.

Es steht natürlich jedem frei, meine Überlegungen zur gerechten Staatsfinanzierung nicht zu teilen und einen anderen Ansatz zu wählen - gut wäre es aber, wenn dieser auch substanziell durchdacht wäre.
Dass eine Staatsfinanzierung rein als Vermögenssteuer ausgestaltet aus ganz praktischen Gründen nicht gemacht wird, ist ein anderes Thema. Es gibt viele gute Gründe, Vermögen allenfalls niedrig zu besteuern - aber man hat als Staat ja nicht nur eine Möglichkeit sich zu finanzieren, sondern einen ganzen Blumenstrauß. Es reicht unterm Strich, wenn sich dieser Blumenstrauß im statistischen Ergebnis im Mittel dem von mir genannten Ideal annähern würde.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Realist2014 »

Atue001 hat geschrieben:(09 Feb 2021, 23:41)
Jetzt vergleiche das mit deiner Steuer- und Abgabenlast, die du tatsächlich in 2018 hattest - vergiss dabei nicht Steuern und Abgaben wie die Mehrwertsteuer, Energiesteuern, EEG-Umlage, Grundsteuer, KFZ-Steuer, Tabaksteuer, .....
Wenn du jetzt wie weit über 80% der Bevölkerung zu denen gehörst, die so mehr zur Staatsfinanzierung beigetragen haben, als sie bei meinem Vermögensansatz hätten beitragen müssen - dann gehörst du zu denen, die über viele Jahre hinweg im Verhältnis zu viel zahlen, während andere zu wenig zahlen. e.
Dein Vermögensansatz ist auch bei Wiederholung kompletter Nonsens

Du möchtest quasi die indirekten Steuern , die heute im Konsum enthalten sind, über Steuern auf Vermögen einnehmen.

Das wird zu 100% nicht passieren.

Was du möchtest, ist quasi eine "Strafsteuer" auf Vermögen - man könnte es auch klipp und klar als Neidsteuer bezeichen.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von franktoast »

Atue001 hat geschrieben:(09 Feb 2021, 23:41)

Quark.

Erst mal geht es mir um Gerechtigkeit - und zwar keineswegs in einem Sinne, dass man gleich die Demokratie durch Sozialismus ersetzt, oder die soziale Marktwirtschaft durch irgendein staatsgeführtes System. Von all dem halte ich genau gar nichts.


Rechnen wir mal ein paar Sichten deinerseits nach:
2018 war das Privatvermögen der Deutschen bei 14,85 Billionen Euro. https://crp-infotec.de/deutschland-priv ... oegnsberg/

2018 betrug der Gesamthaushalt der BRD 1,4285 Billionen Euro. https://www.spiegel.de/wirtschaft/sozia ... 61470.html


Deine persönliche Steuer- und Abgabenlast, die nach meinem Kriterium in 2018 anzuwenden gewesen wäre, kannst du dir also leicht ausrechnen und es ergibt sich entsprechend deinem Vermögen in 2018 in Höhe von ca. 9,6%.
Also erstmal ganz wichtig. Der Gesamthaushalt finanziert sich aus Steuern, Beiträgen und Gebühren.
- Steuern haben per Definition keine Zweckbindung. Das merkt ich zB. an der Hundesteuer, die keineswegs dafür verwendet werden muss, die mit Kotbeutel vollgestopften Mülleimer zu leeren. Genauso leitet sich aus einer bezahlten Steuer für den Steuerpflichtigen keinerlei Anspruch ab.
- Beiträge: Hier ist es anders. Beiträge zur Krankenversicherung dürfen auch nur für diesen Zweck verwendet werden. Es ist aber eher die Form einer Versicherung. Theoretisch bezahlst du dein Leben lang ein, bekommst aber nie ne Leistung aus der Gesundheitsvorsorge. Theoretisch bekommst du aber deutlich mehr als du einbezahlst. Eine Versicherung eben. So sieht es auch bei der Rentenversicherung aus. Hier hängt es eben davon ab, wie viele Rentenjahre du (oder dein Ehepartner) lebt. Die Höhe des Rentenbeitrags richtet sich aber nach den Einzahlungen. Wer mehr einbezahlt, bekommt auch mehr Rente.
- Gebühren: Hier bezahlt man direkt für eine Leistung, unabhängig vom Einkommen. Das ist der Rundfunkbeitrag, aber auch das Busticket. Ähnlich wie beim Dönermann bezahlt hier jedes Person gleich viel.

Wenn du mit deinen Reichen und Beteiligung an den Staatsausgaben geht, sollten wir ja wohl die Nettoabgabenlast betrachten. Was man bezahlt minus was man bekommt.
Der Diess von Volkswagen (10mio. Lohn) bezahlt in die Rentenkasse genauso viel wie jemand mit 70 000€ Lohn pro Jahr, aber er bekommt auch die gleiche Rente daraus. Und die 17€ Rundfunkbeitrag ist für jeden Haushalt gleich, aber Diess bekommt deswegen nicht ein Premium-ARD, sondern dasselbe wie wir alle. Genauso wie Herr Diess für 4,5€ den gleichen Döner bei Ali um die Ecke bekommt wie Hartz4-Empfänger Detlev.

-> Uns geht es also um die Steuereinnahmen und die lagen 2019 bei 800Mrd.
Jetzt vergleiche das mit deiner Steuer- und Abgabenlast, die du tatsächlich in 2018 hattest - vergiss dabei nicht Steuern und Abgaben wie die Mehrwertsteuer, Energiesteuern, EEG-Umlage, Grundsteuer, KFZ-Steuer, Tabaksteuer, .....
Wie gesagt: Mir ist hauptsächlich wichtig, wie viel ich dem Staat gebe und wie viel ich von ihm bekomme.
Lass uns mal einen "normalen" Haushalt anschauen. Gib mal 4000€ monatlich brutto ein, Steuerklasse 3, zwei Kinder. Ich komme auf ne Steuerlast von 350€ pro Monat. Dazu gibt es 430€ Kindergeld, was technisch ein Kinderfreibetrag ist, womit die Steuerbelastung auf minus 80€ pro Monat sinkt. Den Beiträgen steht Pi mal Daumen die gleiche erhaltene Leistung gegenüber, also neutral. Genauso bei Gebühren.

Auf meinen Sportsvan bezahle ich 65€ KFZ-Steuern. Würde ich 50km einfach zur Arbeit fahren, kämen etwa 1000€(?) Mineralölsteuern dazu. 1000€ Miete sind steuerfrei. Auf die 3000€ bezahlt man etwa 500€ Steuern (man spart zwar, aber das gibt man irgendwann alles aus).
-> Grob gesagt fällt etwa 500€-1000€ Steuernettolast an. Etwa 12,5-25% vom Bruttoeinkommen. Dafür erhält man aber natürlich noch Straßen, Polizei, Schulen etc.

Nun gut, morgen kommt der Chef und verkündet, dass das Einkommen nun auf 100 000€ pro Monat steigt. Yeah. Wie sieht es nun aus? Nun zahlt man 44 000€ Einkommenssteuern pro Monat. Es bleiben 56 000€ übrig, auf die nochmal 10 000€ Umsatzsteuern anfallen. Kindergeld gibt es keines (Kinderfreibeträge werden aktiv).
-> Grob fallen hier 50% Steuern an.

Und das Vermögen? Man kann wohl ungefähr annehmen, dass das Vermögen ein Faktor vom Einkommen sein könnte. Mehr Einkommen bedeutet auch mehr Vermögensaufbau. Also kommt hier noch ein relativ zum Einkommen ähnlicher Steuerbetrag zu Einkommen aus Kapitalvermögen dazu.

Was, wenn jemand 0 Lohneinkommen hätte, aber einfach nur 10Mio.€ rumliegen? Naja, um an das Vermögen ranzukommen, hat er Einkommen erzielt, welches entsprechend versteuert wurde. So what? Falls das Vermögen Einkommen abwirft, zB. Dividenden, dann fallen darauf ja wieder Steuern an, die weit, weit höher sind als die von einem Durchschnittshaushalt.



Wir haben also nun eine Situation, in der mehr Steuer bezahlt werden, wenn das Einkommen auch höher ist. Nun sagst du, es wäre objektiv, wenn man relativ zum Vermögen Steuern bezahlt. Wer 1% des Vermögens hat, sollte auch 1% der Steuereinnahmen finanzieren.
-> De facto müsstest du die Steuern der Superreichen dazu jedoch senken. Stehst du immer noch zu deiner Regel?
Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von schokoschendrezki »

Das was ich an Beiträgen zu FInanz- und Wirtschaftspolitik in Hinblick auf Zinsen, Verschuldung usw. gehört und gelesen habe ... ist verwirrend für mich.
Zum Beispiel (gerade eben):
In dem Sinne, dass wir vor einer Situation stehen in der die Zinsen auf Staatsanleihen, also Staatsschulden negativ sind. Das heißt, zurzeit verdient Bundesfinanzminister Scholz Geld damit, wenn er zusätzliche Schulden ausgibt. Der leiht sich heute 100.000 Euro am Kapitalmarkt und muss in einem Jahr nur noch 99.000 zurückzahlen. Das heißt er verdient 1000 Euro damit. Hochgerechnet sind das Milliardenbeträge durch das Emittieren von Staatsschulden. Das ist eine verrückte Welt. Da gibt es auch gar nichts daran herum zu deuteln. Da sind Zusammenhänge, die auch für Ökonomen zurzeit schwer zu verstehen sind.“
https://www.deutschlandfunk.de/staatssc ... _id=492399
Ja, schön für Deutschland vielleicht, dass man mit Schuldenmachen Geld verdient. Aber verstehen tu ich das als Ökonomie-Laie nun schon überhaupt nicht mehr. Sowohl für das Konzept "Verschulden" als auch für das Konzept "Sparen" gibt es Befürworter mit hohem Ansehen.

In einem anderen Beitrag gings um die Wirtschaftswissenschaft im akademischen Bereich. In dem oben verwiesenen Beitrag zu den Staatsschulden kommt vereinfacht gesagt so ein bissel heraus: Die einen Wissenschaftler sagen, eins und eins seien zwei, die anderen sagen drei, und einige wenige sagen, es käme minus 11 heraus. Im akademischen Bereich, bei dem was Studenten so vermittelt wird, siehts im krassen Widerspruch dazu wieder ganz anders aus: Da wird so getan, als wenn es eine von niemandem angezweifelte kanonische Theorie gibt. Mit Lehrsätzen, die noch in tausend Jahren kein Jota anders formuliert werden müssen .... Und dass die starke Mathematisierung dieser Theorie in jüngerer Zeit im Prinzip so etwas wie eine Vergöttlichung der realen ökonomischen Verhältnisse ist: Es muss so sein wie es ist. Es kann gar nicht anders sein. Es ist gottgewollt!

Ich denke immer öfter: Es wird so getan, als wäre Ökonomie eine "Wissenschaft". Sie ist aber reine Scholastik. Oder so etwas ähnliches wie Astrologie.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von BlueMonday »

schokoschendrezki hat geschrieben:(13 Feb 2021, 13:13)

Das was ich an Beiträgen zu FInanz- und Wirtschaftspolitik in Hinblick auf Zinsen, Verschuldung usw. gehört und gelesen habe ... ist verwirrend für mich.
Zum Beispiel (gerade eben):
https://www.deutschlandfunk.de/staatssc ... _id=492399
Ja, schön für Deutschland vielleicht, dass man mit Schuldenmachen Geld verdient. Aber verstehen tu ich das als Ökonomie-Laie nun schon überhaupt nicht mehr. Sowohl für das Konzept "Verschulden" als auch für das Konzept "Sparen" gibt es Befürworter mit hohem Ansehen.

In einem anderen Beitrag gings um die Wirtschaftswissenschaft im akademischen Bereich. In dem oben verwiesenen Beitrag zu den Staatsschulden kommt vereinfacht gesagt so ein bissel heraus: Die einen Wissenschaftler sagen, eins und eins seien zwei, die anderen sagen drei, und einige wenige sagen, es käme minus 11 heraus. Im akademischen Bereich, bei dem was Studenten so vermittelt wird, siehts im krassen Widerspruch dazu wieder ganz anders aus: Da wird so getan, als wenn es eine von niemandem angezweifelte kanonische Theorie gibt. Mit Lehrsätzen, die noch in tausend Jahren kein Jota anders formuliert werden müssen .... Und dass die starke Mathematisierung dieser Theorie in jüngerer Zeit im Prinzip so etwas wie eine Vergöttlichung der realen ökonomischen Verhältnisse ist: Es muss so sein wie es ist. Es kann gar nicht anders sein. Es ist gottgewollt!

Ich denke immer öfter: Es wird so getan, als wäre Ökonomie eine "Wissenschaft". Sie ist aber reine Scholastik. Oder so etwas ähnliches wie Astrologie.
Im "akademischen Bereich" wird schon vermittelt, dass es unterschiedliche ökonomische Schulengibt. Manche Heterodoxie fällt evtl unter den Tisch dabei. Dominant sind eher interventionistische Schulen(Keynesianismus, Monetarismus). Ein laissez-faire-Ansatz hat es natürlich schwerer, akademische Aufmerksamkeit zu gewinnen. Er kann keine aktive "Medizin" bieten, sondern zeigt vor allem die schlechten, ungewollten Wirkungen der verabreichten Arzneien zur Gesundung der Wirtschaft.

Wer kauft nun eine Anleihe mit "Negativzins"? Etwa jemand, der durch ein interventionistischen Umstand dazu gezwungen ist, weil er vielleicht für "geparktes Geld" einen noch höheren Negativzins zahlen muss. Wenn du Wahl hast zwischen: "Ich blute pro Minute 1 ml" und "Ich blute pro Minute 2 ml" und dein Ziel ist es, nicht zu verbluten/sterben, dann wird dir der Mikroökonom sagen, dass Option 1 vernünftiger wäre und das zu erwartende Verhalten. Aber die Ziele der Menschen sind unterschiedlich. Der Lebensmüde wird halt möglichst schnell verbluten wollen. Das ist die Form der wissenschaftlichen Aussage: Unter der Prämisse X wird sich folgender Effekt einstellen. Ceteris paribus. Das Urproblem aller Wissenschaft und Logik und nicht nur der Ökonomik ist aber, dass der Rest ungern gleichbleibt.
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schokoschendrezki
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von schokoschendrezki »

BlueMonday hat geschrieben:(13 Feb 2021, 15:29)

Im "akademischen Bereich" wird schon vermittelt, dass es unterschiedliche ökonomische Schulengibt. Manche Heterodoxie fällt evtl unter den Tisch dabei. Dominant sind eher interventionistische Schulen(Keynesianismus, Monetarismus). Ein laissez-faire-Ansatz hat es natürlich schwerer, akademische Aufmerksamkeit zu gewinnen. Er kann keine aktive "Medizin" bieten, sondern zeigt vor allem die schlechten, ungewollten Wirkungen der verabreichten Arzneien zur Gesundung der Wirtschaft.
Gut. Das verstehe ich schon. Es ist auch wesentlich schwieriger, ein Konzept für den Umgang mit dem Klimawandel zu finden, als zu zeigen, dass das bisherige Verhalten der Menschen die Klimakrise verschärft. Aber der Unmut vor allem unter Studenten muss schon ziemlich groß sein. Sonst hätten sich nicht solche Dinge wie das Netzwerk "Plurale Ökonomik" gebildet.
Inzwischen rütteln engagierte VWL-Studierende des Netzwerks "Plurale Ökonomik" an den Grundfesten der Disziplin. Sie werfen der bisherigen Lehre Realitätsferne vor und organisieren ein Parallelstudium, das Selbstverständlichkeiten wie die Effizienz des Marktes und die Neutralität der VWL infrage stellt.
https://www.swr.de/swr2/wissen/realitae ... 0-100.html Mich erinnert die Situation zumindest vom subjektiven Eindruck her ein wenig an die Verweigerungshaltung der "Marxisten-Leninisten" Ende der 80er Jahre.

Aus der Sendung:
Flassbeck hat geschrieben: Wenn Sie heute eine akademische Ausbildung als Volkswirt an einer deutschen Universität aber auch international machen, haben Sie von Wirtschaft in dem Sinne, wie man vor 30, 40 Jahren mal Wirtschaft verstanden hat, in dem Sinne wissen Sie von Wirtschaft nichts. Sie kennen ein paar abstrakte Modelle, Sie können ein paar Modelle ableiten und irgendwelche Schlussfolgerungen daraus ziehen. Aber sie haben mit der wirtschaftlichen Realität eigentlich nichts zu tun.
Interessant für mich, der ich selbst Mathemariker bin, ist vor allem die Kritik an der Mathematisierung der Ökonomie. Eine Scheinverwissenschaftlichung. Mit der Folge dass das Nichtmessbare, das Nichtquantifizierbare einfach ausgeblendet wird. Als würde es nicht existieren. Das ist doch aber ein fataler Irrtum. Natürlich wird das Theaterstück "Wirtschaft" von Menschen aufgeführt. Die alle möglichen und auch irrationalen Bestrebungen aufweisen. Und die zum Beispiel auch eine nichtquantifizierbare Vorstellung von sozialer Gerechtigkeit haben. Und es gibt die Mächtigen, die sich einen Dreck darum scheren, ob ihre Entscheidungen zu den neoklassischen ökonomischen Modellen passt oder nicht.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von Tom Bombadil »

Wir leben im Zeitalter des Keynesianimus, nicht der Neoklassik, es wird mit viel Geld und niedrigen Zinsen die Nachfrage "angekurbelt", die Produktion erfüllt nur noch die Funktion diese Nachfrage zu befriedigen.
The tree of liberty must be refreshed from time to time with the blood of patriots and tyrants. It is its natural manure.
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Re: Sparen war gestern

Beitrag von BlueMonday »

schokoschendrezki hat geschrieben:(13 Feb 2021, 20:44)

Gut. Das verstehe ich schon. Es ist auch wesentlich schwieriger, ein Konzept für den Umgang mit dem Klimawandel zu finden, als zu zeigen, dass das bisherige Verhalten der Menschen die Klimakrise verschärft. Aber der Unmut vor allem unter Studenten muss schon ziemlich groß sein. Sonst hätten sich nicht solche Dinge wie das Netzwerk "Plurale Ökonomik" gebildet.
Ja gut. Es steht ja auch jedem frei, sich nach Alternativen umzusehen. Ich hänge weitestgehend der "austrian school of economics" an. Die dürfte in deutschen Universitäten nicht mal Erwähnung finden.
Die Vertreter dieser Schule haben schon vor vielen Jahrzehnten die "Mathematisierung" der Ökonomik kiritisiert bzw. den unrealistischen mechanistischen gleichgewichtsbasierten Ansatz des Mainstreams.
Wobei man sich nun von Vorlesungen der "Pluralen Ökonomik" auch keine Wunder erwarten sollte. Hab da mal reingeschaut zur Geldenstehung, weil mich das Thema inbesondere interessiert. Da stellt dann ein Herr Brodbeck die zwei wesentlichen theoriegeschichtlichen Ansätze der Geldentstehung dar: Knapp mit seiner etatistischen Erklärung und Menger mit der spontanen Entstehung. Sagt dann, dass beides mehr oder weniger Unsinn sei. Und kommt damit, dass Geld schlicht das wäre, was die Menschen dafür halten... Hab mich mit ihm etwas darüber ausgetauscht, aber er war nicht davon abzubringen, dass seine Erklärung kaum mehr als eine nutzlose Tautologie ist.
Grundsätzlich begrüße ich natürlich eine Öffnung der Betrachtung.
Wobei nun die fehlende Pluralität, epistemologische Fundierung, Theoriegeschichte kein Problem der Ökonomik allein ist, sondern der ganzen Lehre.


Interessant für mich, der ich selbst Mathemariker bin, ist vor allem die Kritik an der Mathematisierung der Ökonomie. Eine Scheinverwissenschaftlichung. Mit der Folge dass das Nichtmessbare, das Nichtquantifizierbare einfach ausgeblendet wird. Als würde es nicht existieren. Das ist doch aber ein fataler Irrtum. Natürlich wird das Theaterstück "Wirtschaft" von Menschen aufgeführt. Die alle möglichen und auch irrationalen Bestrebungen aufweisen. Und die zum Beispiel auch eine nichtquantifizierbare Vorstellung von sozialer Gerechtigkeit haben. Und es gibt die Mächtigen, die sich einen Dreck darum scheren, ob ihre Entscheidungen zu den neoklassischen ökonomischen Modellen passt oder nicht.
Man muss sich nur die Motivation hinter der Mathematisierung von Teilen der Ökonomik anschauen. Es geht um Steuerbarkeit, Planbarkeit und dazu braucht man Messbarkeit. Messbarkeit bedeutet kardinale Größen. Die Basis ökonomischer Phänome sind aber Wertphänomene, also Stellenwerte, Präferenzen, Ordinalskalen. Also schon bei ganz schöden Dingen wie Brot und Butter.
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