Voight-Kampff hat geschrieben:(20 Jul 2017, 13:24)
Ich könnte einen Fernseher mieten. Dann würde ich x Euro pro Jahr zahlen.
Wenn ich einen Fernseher kaufe, dann rechne ich damit, dass ich den ein paar Jahre benutze und ihn dann entsorge. Wenn ich nun den Preis des Fernsehers durch die Benutzungsdauer teile, gibt das auch x Euro pro Jahr.
Egal wie man's rechnet, ich muss also x Euro zahlen um 1 Jahr fernsehen zu können. Daran ändert sich nichts, wenn der Fernseher in Zukunft billiger wird.
Die Frage ist: Was ist mir lieber, Geld unter'm Kopfkissen oder Fernsehen können? Oder Allgemeiner: 1 Jahr Fernsehen können oder was anderes?
Die Frage, wie sich der Preis des Fernsehers entwickelt, stellt sich nicht.
Genau korrekt. Wenn man nämlich auf den Fernseherkauf wartet, dann muss man in der Zeit auch mit dem alten Fernseher (oder gar keinem) vorlieb nehmen. Das sind ja dann auch Opportunitätskosten. Ich hab auch immer das Beispiel einer Kamera gebracht. Wenn du in einer Woche deine Weltreise beginnst oder dein Kind geboren wird, was bringt es dir, wenn die Kamera deiner Wahl in einem Jahr nur noch einen Bruchteil kostet?
Wenn ich das Geld irgendwo sicher und mit positiver Rendite anlegen kann, dann werde ich das wohl eher tun als es unter'm Kopfkissen zu lassen. Umso höher die Rendite, umso eher werde ich auch bereit sein auf Fernsehen oder andere Sachen zu verzichten. Die Preisentwicklung des Fernsehers ist irrelevant. Wichtig ist nur was man sonst mit dem Geld machen könnte (z.B. gewinnbringend anlegen).
Eigentlich würde ich nicht sagen, dass die Preisentwicklung des Fernsehers irrelevant ist. Ich würde es eher so formulieren: Der Fernseher-Heute hat für dich einen bestimmten Wert. Genauso wie der Fernseher-1Jahr-Zukunft. Wenn ersterer um 30% mehr wert ist als Zweiterer und der Preis nach einem Jahr 20% niedriger ist(bzw geschätzt wird), dann kauft man. Wenn der Preis in einem Jahr 40% niedriger ist, dann wartet man.
Dazu kommt natürlich zusätzlich die erwartete Rendite. Wenn man 10% Rendite erwartet und der Fernseher um 20% günstiger wird, ist das das Gleiche, wie wenn der Fernseher um 30% günstiger wird.
Überlegen wir hier mal weiter. Sagen wir die Bank bietet 5%. Ein Unternehmen sucht Geldgeber zum Expandieren und rechnet mit 3% Rendite. (Tun wir einfach mal so als gäbe es keine Risiken, usw...) Natürlich bringe ich mein Geld dann zur Bank.
Wenn jetzt die Bank ihr Angebot auf 2% senkt, dann gebe ich mein Geld dem Unternehmen (oder ich komme zu dem Schluss, dass die Rendite überhaupt zu mickrig ist und ich mir lieber noch was gönne).
Umso tiefer der Bankzins sinkt, umso mehr werden die Leute konsumieren oder in Unternehmen investieren. Beides schafft Arbeitsplätze.
Gleichzeitig ist der Bankzins aber auch eine Untergrenze dafür, wie viel Rendite eine Unternehmung bringen muss damit sie rentabel ist. Wenn man den Zins hebt, dann werden die Leute nicht für jeden Unsinn Geld ausgeben, sondern nur für dass, was sich richtig lohnt.
Ich hoffe, das ist nicht zu stark vereinfacht.
Ich kann abstrahieren. Ich weiß, was du meinst. Aber ich stimme dir nicht zu, dass die Investition des konkreten Unternehmen mehr Arbeitsplätze schafft als das Geld zur Bank zu bringen. Denn die Bank verleiht das Geld ja weiter und dann investiert/konsumiert eben jemand anders. Die Höhe der Zinsen hat ja einen Sinn und koordiniert die Produktion.
Je höher die erwartete Rendite, desto mehr Mehrwert entsteht. Grob gesprochen: Die Konsumenten wollen lieber eine bessere App als einen besseren Fernseher. Also wären sie bereit auch mehr dafür zu bezahlen, ergo höhere Rendite. Wenn ein Unternehmer 3% Rendite bei Fernseher erwartet, ein anderes bei der App 7%, dann wäre es klug, wenn der Apphersteller die Ressourcen bekommt. Denn Ressourcen sind endlich. Wenn der eine 100 Arbeitskräfte nutzt, kann sie niemand anders gleichzeitig nutzen. (am besten erst bis unten lesen, bevor du antwortest)
In dem Fall wäre der Apphersteller bereit, 5% Zinsen zu bezahlen. Also bietet die Bank 5% Zinsen und der Fernseherunternehmer gibt sein Geld zur Bank.
Nehmen wir an, die Menschen wollen doch lieber Fernseher, also würde der Apphersteller nur 2% Rendite erzielen. Also bietet die Bank nur 2% Zinsen. Der Fernseherhersteller präferiert hier also die direkte Investition.
Was bewirkt die Deflation hier? Durch die Deflation gibt es praktisch eine Rendite auf Geld unter'm Kopfkissen. Den Bankzins kann man nicht unter 0 senken, weil die Leute ihr Geld dann nicht mehr zur Bank bringen. Wenn man an dem Punkt ist, muss die Rendite eines Investments nicht mehr den Bankzins überbieten, sondern die Deflation. Um so höher die Deflation, um so mehr Investitionen werden unterbleibem. Es wird gespart, ohne das investiert wird.
Mehr Konsum gibt es auch nicht, weil mit der "Kopfkissenrendite" der Anreiz zu sparen, statt sich was zu gönnen, erhalten bleibt.
Ach, was sind 2 oder 5% Deflation? Denk mal daran, wie Preise bestimmter Güter pro Jahr fallen. Das macht das Kraut auch nicht fett. Das Geld unters Kopfkissen zu legen ist ja genauso wie wenn man das Geld zur Bank bringt und einen höheren Zins wie die Inflation erzielt.
Aber: Wie entsteht Deflation? Die ist ja nicht einfach nur da. Deflation kommt, wenn die Gütermenge schneller als die Geldmenge wächst. Deflation ist also die Folge wirtschaftlicher Prosperität. Da kann man nicht gleichzeitig sagen, Deflation wäre schlecht für die Wirtschaft, denn sie wäre ja die Begleiterscheinung einer gut laufenden Wirtschaft.
Ich bin skeptisch, ob das viel bringt. Die Preise für die einzelnen Güter (z.B Öl) verändern sich immer relativ zueinander, abhängig von unkontrollierbaren Einflüssen.
Wie groß der Effekt ist, weiß ich nicht und kann man nicht quantifizieren.
Wieso das?
Wie ich oben schon beschrieb, hat der Zins eine koordinierende Wirkung. Sie bestimmt, ob die Ressourcen nun für Fernseher oder die App genutzt werden. Nun stell dir vor, Konsumenten präferieren die App. Also sollte der Apphersteller die Ressourcen nutzen, weil damit ein dringlicheres Bedürfnis befriedigt wird als durch die Fernseher. Der Zins wäre eigentlich bei 5%.
Nun kommt die Zentralbank ins Spiel und druckt Geld bzw. senkt der Zins. Zb. auf 2%. Yeah, nun bekommt der Apphersteller sein Geld und kann App-Entwickeln anfangen. Genauso tätigt der andere seine Investition in Fernseher. Nun werden die 100 Arbeitskräfte von beiden gebraucht. Die Nachfrage danach steigt. Löhne steigen folglich(Boom + Inflation). Dadurch sinkt die Rendite und wird niedriger als erhofft. Im Worstcase wird bei beiden die Rendite negativ. Letztlich geht das auch anderen Unternehmen so. Die Folge ist eine größere Pleitewelle (Bust + Deflation). Löhne sinken wieder. Nun kann es sein, dass der Fernseherhersteller sich bei den Arbeitskräften durchgesetzt hat und sie beschäftigt hat. Im Bust wird nun neu sortiert. Eigentlich wollte man ja eher die App statt den Fernsehern. Dadurch gibt es viele Arbeitslose.
-> Durch die Inflation hat sich ein Boom der Fehlinvestitionen entwickelt. Und man kann nicht einfach mit dem Finger schnippen und die Ressourcen wieder an den Platz bringen, an den sie eigentlich sollten.
PS: Nein, das heißt nicht, dass bei 0%Inflation keine Fehlinvestitionen mehr getätigt würden. Es wäre nur schlichtweg seltener und weniger stark.
Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.