H2O hat geschrieben:(11 Apr 2020, 11:23)
Also, wenn Sie schon einmal einen guten französischen Rotwein in einem Supermarkt erstanden haben sollten, dann freue ich mich für Sie!
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Es hat auch mit Protzerei nichts zu tun, wenn man anerkennt, daß in Italien und Spanien und Süd-Frankreich bessere Bedingungen für den Weinbau vorhanden sind als in Deutschland.
Die besten französichen Weine kommen, je nach persönlicher Neigung, aus dem Bordelais und Burgund. Die besondere Weichheit der letztgenannten und ein höchstelegantes Bouquet sind legendär. Mir persönlich war bei einer Weindegustation aber auch ein absoluter Spitzenburgunder zu "mädchenhaft". Ein Traumwein war es trotzdem.
Dort ebenfalls angebotetene Bordeauxweine wie der 1989-er Haut Brion (Bordeaux,Appelation Graves) und auch der für mich im Preis-Leistungsverhältnis damals unglaublich günstige 90-er La Conseillante, Bordeaux/Pomerol (1993 zum Preis bei einem Münchner Händler für DM 82,50 zu haben) waren für mich
einfach noch besser. Sowohl in der Nase als auch auf dem Gaumen, mit dieser grandiosen Dualität von Geruch und Geschmack.
Ebensowenig kam der 76-er Vega Sicilia, der spanische Häuptling der Rotweinkunst, an vorgenannte beiden Bordeauxweine heran. Der spanische Millionärswein für Königshäuser und Betuchte, die nicht nur das Kriterium des enorm dicken Geldbeutels erfüllen müssen, um vom Weingut beliefert zu werden, ist aber dennoch ein Rotweingenuß der ganz besonderen Art gewesen.
Ebenso wie ein ein Südafrikanischer Rotwein, dem man in einem benachbarten Hotel trinken kann, sogar zu moderaten Preisen, aber die Mitnahme einer angebrochenen Flasche genauso verwehrt wird, wieder Kauf ungeöffneter Flaschen zum Mitnachhausenehmen.
Achja, der wohl berühmteste Wein aus Bordeax, Chateau Petrus, Jahrg. 1982 war auch vertreten und einer jener Spitzenrotweine, die man durchaus etwas enttäuschend nennen konnte. Zumal ja gerade der 82-er Jahrgang ein Jahrhundertjahrgang im Bordelais war. Aber eben nicht durchgehend für alle Regionen der Weinburegion Bordeaux zutreffend.
Das Medoc war sicher Spitze, ebenso St. Estephe und Graves. Dagegen bis auf wenige Ausnahmen Pormerol und St. Emilion eher nur durchschnittlich bis gut.
Diese Unterschiede haben allerdings weniger mit satter Sonne als Qualitätsmerkmal zu tun, sondern mit dem jeweiligem Terroir, also den besonderen Böden und deren Eigenheiten. Auch mit den generellen klimatischen Vorraussetzungen, die ein Weinbaugebiet hat oder auch nicht. Im Falle der Bordeauxweine ist das ein - nicht zuletzt von der Gironde und der Naähe zum Atlantik beeinflusster Glücksfall, der nicht nur mildes Sonnenwetter, sondern ebenfalls den notwendigen Regen bietet.
Darüberhinaus gibt es natürlich noch andere Einflußfaktoren, die besonders einen Rotwein zu dem Sinnenverführer machen, dem gegenüber man nur zu gerne wehrlos ist. (Önologische Expertise, Alter der Rebstöcke und Beschnitt zugunsten der Qualität statt größtmöglichem Ertrag, Barrique-Ausbau sowie Dauer der Fass- und Flachenlagerung bis zur Verkaufsreife. Die man nicht mit der Trinkreife verwechseln sollte etc.).
Oben genanntes spanisches Weingut Vega Sicilia zeichnet sich in einzigartiger Arroganz oder Kompentenz dadurch aus, dass man dem Käufer nicht überlässt, wann der Wein seine Trinkreife und damit den maximalen Genuß erreicht hat. Mn lierfert daher auch mal erst 20 Jahre nach der Weinbereitung einen Jahrgang aus, wenn man der Ansicht ist, dass der Wein erst dann seine vollen, trinkreifen, Zutstand erreicht hat. Bezahlt wird natürlich sofort.
Soitzenbordeauxs kommen im allgemeinen nach drei Jahren in den Handel. Allerdings ist dann mitunter Geduld gefragt.
Ein 89-er L'Evangile stellte mich auf eine besondere Probe. Nur die letzte von sechs Flaschen war ein Genuß. Die vorherigen hatte ich einfach über Jahre zu früh geöffnet und bekam dafür die Quittung eines weder betörend duftenden noch nach nach Beerenaromen schmeckenden Rotweins. Das hässliche Tanninmonster zog mir stattdessen den Rüssel nachhaltig zusammen.
Eine seltene Ausnahme, die ich bei keinem anderen Spitzenwein so wieder erlebte, war jener 90-er La Conseillante aus Pomerol.
Den ich dem Degustationsveranstlter schenkte, weil der Wein bereits ausverkauft war.
Ich hatte diesen 1994 gekauft und er bot sofort unglaublich reiches Trinvergnügen im Geruch und Geschmack. So als ob der Wein mindestens 1o Jahre weiterer Lagerung hinter sich hätte. Und das erstaunliche war, dass er tatsächlich in den Folgejahren des Genuss-Schlürfens nicht nachließ, aber sich auch kaum noch besser zeigte. Und verschlossen zeigte er sich auch nie.
Was ich natürlich nur mit einer höchst persönlich-subjektiven Expertise der angewandten Saufpraxis von 18 Flaschen über einige Jahre hinweg bezeugen kann und so manches Tonnengewicht, das mich und meinen gleichgesinnten Schwager niederdrückte. Weil es manchmal nicht bei einer Flasche blieb. Solche Weine sind nämlich auch unangenehm: Sie rinnen irgendwie in den Schlund. Rauben dir jedes Verständnis für eine sündige Tat. Sie fördern sogar den Wiederholungstäter in dir. Noch ein Glas...gerne..."Schlürf wech die Scheiße" (c) ungefähr by "Wennä".
Meine erkärte Rebsorten-Konstellation ist die im Bordelais sehr oft verwendete Mischung von ca. 65% Cabernet Sauvignon, ca. 30 % Merlot und ca. 5% Cabernet Fanc.
Aber Tempranillo oder sogar die ital. Massentraube Negro Amaro sind mir natürlich genauso genehm, bei entsprechender Liebe und Weinbaukunst des Weinguts. Wie auch ein Barolo oder ein Brunello di Montalcino. Und ebenso möchte ich die spanischen Weine des Priorat noch erwähnt haben. Und jenes oft vernachässigte Weinabaugebiet Ribero del Duero. Eine wahre Fundgrube, auch für sehr erschwingliche Rotweine.
Die schöne Zeit des Bordeaux-Sammelns (zum Trinken) ist längst vorbei. Mittlerweile genügt mir ein einfacherer Wein auch.
Es gilt und galt sowieso, für mich zumindest, wer den guten einfachen Wein nicht schätzt, ist auch nicht einen Spitzenwein wert.
Von daher macht mir mein Abstieg nichts aus.
In der Metro entdeckte ich per Zufall mal einen Vino Tinto aus dem Ribero del Duero. 3,09 EUR/0,7l-Flasche. Leider hatte ich nur Geld für zwei 12-er Kartons dabei. Ausserdem standen da zwei Paletten herum. Als ich nach lahmarschigen 3 Wochen wieder hinkam, war nichts mehr da. Verstehen konnte ich das, aber einen Arschtritt habe ich mir trotzdem verpasst.
Wie heisst der Spruch gleich wieder? "Wer zu spät kommt,den bestraft d...er Weingott."