sünnerklaas hat geschrieben:(22 Feb 2021, 10:58)
Wobei bei die Schützenvereine - ganz besonders auf dem Lande, aber nicht nur da - massive Nachwuchsprobleme haben. Das erkennt man allein schon daran, dass Schützenfeste, die noch vor 30, 40 Jahren ganz große Ereignisse waren, heute nur noch ein Schatten ihrer selbst darstellen. Und dass das so ist liegt nicht nur, daran, dass das Vogelschießen beim Schützenfest alles andere, als ein sportlicher Wettbewerb ist. Den Schützenkönig muss man sich in der Regel kaufen, er ist richtig teuer, das ist eine richtig große Investition.
Nachwuchsprobleme treffen nicht nur Schützenvereine, sondern Sportvereine allgemein, wenn es sich nicht grade um Fußballvereine handelt, das betrifft auch Chöre, die DOG hat Nachwuchsprobleme.
Und Sorry, ein Schützenfest ist wirklich kein sportlicher Wettkampf, Landesmeisterschaften, Deutsche Meisterschaften oder Weltmeisterschaften hingegen schon. Das ist sogar Leistungssport!
Leider hält sich die Vorstellung, dass in Schützenvereinen kein (richtiger) Sport betrieben wird, hartnäckig, dass sich der Sport beim Schießsport, im Vogelschießen und Biermaßstemmen erschöpfen würde. Dem ist NICHT so.
Es mag durchaus in den Altländern "Trachtenvereine" geben, in denen der Schützenkönig gekauft wird.
In den neuen Bundesländern ist das nicht der Fall, da wird der- bzw diejenige Schützenkönig oder Schützenkönigin, die/der die meisten Ringe geschossen hat.
sünnerklaas hat geschrieben:(22 Feb 2021, 10:58)Die Vereine gelten, auch mit Hinblick auf ihre seltsam anmutenden Uniformen bei vielen als aus der Zeit gefallen. Hinzu kommt, dass Sportschützen in der lokalen Presse nicht als Sportler gelten - die Berichterstattung auch von normalen sportlichen Wettbewerben erfolgt nicht im Sportteil, sondern in der Regel im Lokalteil der lokalen Gazette.
Das liegt halt daran, dass die betreffenden Schreiberlinge keine Ahnung haben und auch nicht haben wollen.
Sie sehen nur die Traditionspflege, die sich in den Trachten/Uniformen äußert und übersehen den Leistungsgedanken, den Leistungssport. Biatlethen sind Sportschützen und Biathlon ist sogar Hochleistungssport.
Die Qualifikation zur Deutschen Meisterschaft Vorderlader liegt bei 145 Ringen von 150 möglichen, bei Ordonanzgewehr bei 370 von 400 möglichen. Die Auswertung erfolgt elektronisch und da entscheiden 0,2 Ringe über Sieg oder Niederlage.
Deutschland hat eine Nationalmannschaft, die bei Olmpischen Spielen antritt.
Wenn das keine "normalen" sportlichen Wettkämpfe sind, was dann?
sünnerklaas hat geschrieben:(22 Feb 2021, 10:58)Nachwuchsmangel führt mit Hinblick darauf, welchen Stellenwert Schützenvereine einmal hatten, zu einer großen Wehmut. Viele Vereine wissen, dass sie sich mittelfristig nur noch auflösen können. Man ist also für jeden Neuen dankbar, der kommt und Interesse zeigt. Und da kann es passieren, dass man in naiver Euphorie über interessierte Neulinge unbemerkt unterwandert wird. Vor allem, wenn da Leute kommen, die Heimatduseln und die große Vergangenheit beschwören. Das ganze ist ein ganz großes und auch bei vielen Sportschützen und dem Schützenbund nicht unbekanntes Problem. Die Aufklärung über die Gefahren und darüber, wie man Problembären rechtzeitig erkennt, ist sowohl Aufgabe der Dachverbände aller Sportarten sowie von Staat und Gesellschaft.
Wie bereits geschrieben, Nachwuchsmangel ist kein Alleinstellungsmerkmal von Schützenvereinen. Damit haben viele Vereine zu kämpfen.
Ein Grund dafür ist eine zunehmende Individalisierung und auch eine gewisse Portion Egoismus.
Vereine existieren durch Teamwork, durch Zusammengehörigkeitsgefühl, gegenseitige Unterstützung etc pp
Die Wahrung von Traditionen spielt eine Rolle u.v.m.
Für viele ist allerdings schon der Verweis auf Tradition(en) und Zusammengehörigkeitsgefühl zumindest
anrüchig, stinkt nach rechts und weckt Assoziationen mit "völkisch", auch wenn das nicht der Fall ist.
Hinzu kommt der Umgang mit Waffen, der Gebrauch von Waffen für sportliche Zwecke. Das kann nach allgemeinem Verständnis nicht gut sein, dass muss was mit rechtsextrem zu tun haben - geht gar nicht anders
Was allerdings den wenigsten bekannt ist und worüber die auch nicht ansatzweise nachdenken, drückt dieser Ausspruch der Historikerin, Philosophin und
Antifaschistin Ricarda Huch aus:
Tradition ist gesiebte Vernunft des gesamten Volkes aus einem Jahrhundert in das andere.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.
Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen