Deutsche Gerichte haben ja schön öfter in Fällen von Mord und Totschlag bei Menschen, die in einem islamischen Kulturraum sozialisiert wurden, besondere Milde walten lassen. Insbesondere bei sogenannten „Ehrenmorden“ gab es oft Strafrabatt, weil der Täter die Schwere der Tat in seinem kulturellen Verständnis gar nicht habe ermessen können, schließlich hätte er ja nach den Wertvorstellungen seiner Welt völlig legitim gehandelt.
Wurden solche Urteile der breiteren Öffentlichkeit bekannt, so ernteten sie viele empörte Reaktionen der kulturell eher hier Beheimateten. Schlimm genug, dass sich Menschen, die hier leben wollen, unangefochten an ein Wertegerüst klammern, das mit einer aufgeklärten westlichen Gesellschaft vollkommen unvereinbar ist und die gewalttätige Durchsetzung eigener Regeln fördert. Doch dass diese Täter dann auch noch Straferlass für die Pflege ihrer kruden Weltanschauung bekommen, ist schwer verständlich. Deshalb mündete die Aufregung über ein entsprechendes Urteil sehr oft in den letzten Jahren in diverse Politiker-Beschwörungen, dass es so einen Strafrabatt nicht mehr geben dürfe.
Inzwischen sind solche Äußerungen seltener zu hören – vielleicht, weil ein Teil der einstigen Empörung einer resignierten Gewöhnung beim Publikum gewichen ist. Ob sich beispielsweise noch jemand über das folgende Stuttgarter Urteil im Verfahren gegen einen 20-jährigen afghanischen Asylbewerber aufregen wird?
Dem Gerichtsbericht der Lokalpresse kann man entnehmen: Der junge Mann hatte eine Freundin in Plüderhausen, die sich allerdings wohl von ihm getrennt hatte. Als die 19-Jährige dann auch noch zusammen mit einem anderen jungen Mann in der Stadt gesehen wurde, sah der Afghane seine Ehre verletzt. Er musste handeln, also steckte er sich ein 17 Zentimeter langes Messer ein und machte sich nachts auf den Weg zur Wohnung der Familie der Ex-Freundin. Dort stieg er in ihr Zimmer ein, doch sie war noch unterwegs. Dafür traf er auf den Vater und soll ohne Vorwarnung siebenmal auf ihn eingestochen haben. Nicht nur für die Staatsanwaltschaft, sondern auch für die Richterin war dies offenbar eindeutig ein Mordversuch, den der Vater des Mädchens glücklicherweise überlebte. Im Gerichtsbericht der Badischen Neuesten Nachrichten heißt es:
“Es war Ihnen vollkommen gleichgültig, wohin sie treffen, ob Sie ihn tödlich verletzen“, sagte die Richterin. Ebenso wie die Staatsanwaltschaft sieht sie das Mordmerkmal der Heimtücke erfüllt: Das Opfer habe nicht mit einem Einbrecher gerechnet, „wehrlos war der unbewaffnete, unbekleidete Mann in der Nacht sowieso“.
Bessere Begründungen beruhigen
Gegen den jungen Afghanen wurde nach Jugendstrafrecht verhandelt. Die Staatsanwaltschaft forderte für die Bluttat eine Haftstrafe von zehn Jahren, der absoluten Höchststrafe im Jugendstrafrecht. Doch das Gericht mochte dem nicht folgen. „Sie waren verzweifelt, Sie waren in Ihrer Ehre gekränkt und Sie waren wütend.“, wird die vorsitzende Richterin zitiert. Die Höchststrafe sah das Gericht nicht als angemessen an, wie die Badischen Neuesten Nachrichten weiter berichten:
„Die Kammer ging – anders als Jugendgerichtshilfe und Staatsanwaltschaft – von einer Reifeverzögerung beim Angeklagten aus, der mit 16 Jahren aus Afghanistan nach Europa floh. Schon viele Jahre zuvor habe er sich weitestgehend alleine durchschlagen müssen: Mit acht Jahren schickten ihn die Eltern auf eine Schule in eine entfernte Stadt, wo er selbst Geld dazu verdienen musste.“
Er ist nicht reif genug, zu erkennen, dass man nicht einfach auf Menschen einsticht, weil er sich allein durchschlagen musste und immerhin selbstständig genug war, von Afghanistan nach Deutschland zu kommen?
Ja, genau deshalb hielt das Gericht eine Strafe von sechs Jahren und zehn Monaten Haft für angemessen. Das klingt immerhin besser, als wenn man den Strafrabatt nur mit dem Verständnis für die verletzte Ehre und seinen traditionellen Ehrbegriff begründet hätte. Möglicherweise hat jeder, der an solch mörderischen Ehrbegriffen hängt, eine „Reifeverzögerung“. Sollten wir dann nicht mal über das Reifeverzögerten-Problem reden, das wir in diesem Lande haben?
https://www.achgut.com/artikel/strafrab ... Hi4sA_SBpE
Es heißt doch immer "Nichtwissen schützt vor Strafe nicht". Wenn ich z.B. in der Schweiz mit 200 km/h über eine Autobahn fahre kann ich doch auch nicht sagen "Bei mir in Deutschland ist es aber so, dass ich so schnell fahren kann wie ich will". Somit war ich doch auch in der Reife noch nicht auf das Schweizer Verkehrskonzept eingestellt.
Das Beispiel des Täters mit seinen (wohl wie immer selbst angegeben Alter) 20 Jahren zeigt offensichtlich dass dumme wie auch betrunkene Menschen Strafrabatt bekommen. Macht eine solche Vorgehensweise Sinn oder sollte die Härte des Gesetzes für alle Täter gelten?
Sledge Hammer: Ich mag einem Verbrecher nicht seine Verbrechen vorlesen ... aber ich kann wenigstens lesen!