Europa2050 hat geschrieben:(14 May 2021, 09:45)
Muskelkraft, Anwesenheitsprämien, körperliche und einfache geistige Tätigkeiten verlieren an Wert, sind eben oft schon im Sinne von Angebot und Nachfrage mit Mindestlohn überbezahlt.
Klar: Manche Berufe und Tätigkeiten, die einem Familienvater in den 80ern noch erlaubten, als Alleinverdiener eine Familie zu ernähren und ein "mittelständisches Leben" zu führen, sind heute im Niedriglohnsektor und die Leute krebsen herum ("fühlen" sich aber immer noch als "Mittelstand" und wählen brav - entgegen ihrer eigenen Interessen - brav die CDU).
Gleichzeitig funktionieren viele Geschäftsmodelle nur, weil die Arbeitnehmer zu Niedriglöhnen arbeiten.
Ich meine: Wenn ein Geschäftsmodell allein deshalb erfolgreich (für den Unternehmer) ist, weil man seine Leute schlecht bezahlt - dann ist es nicht nachhaltig, hat eigentlich keine Daseinsberechtigung.
Bei der Diskussion um den Mindestlohn sieht man doch ganz gut, wie weit das gekommen ist:
Ich habe Mitte der 90er studiert und bei diversen Studentenjobs verdiente man damals mindestens 12 Mark, die Regel war eher 15. Bei der Post (Briefe austragen) oder Industrie (Verzinkerei) kam ich auf 20 Mark. Als ungelernte Hilfskraft, wohlgemerkt. Für 20 Mark packte ich mir damals bei ALDI ein ganzes Kassenband voll, davon habe ich als Student eine Woche gut gelebt. Ging man am Samstag aus, schaffte man es trotz Eintritt, Alkohol und Zigaretten kaum, 20 Mark am Abend auszugeben.
Überträgt man diese Relation aus Bezahlung und Kaufkraft auf heute, müsste man über einen Mindestlohn von annähernd 20 Euro (!) sprechen, nicht von 12 oder 13.
Also: Da ist eine ganze Menge in Schieflage geraten, wird einem aber als "Fortschritt" verkauft.
Ergebnis jedenfalls: Kinder, die in solchen Verhältnissen aufwachsen, sind die Harz-IV-Bezieher von morgen und so wird sich die Abwärtsspirale für weite Teile der Gesellschaft weiter fortsetzen.