5% Hürde

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Brainiac
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Re: 5% Hürde

Beitrag von Brainiac »

Realist2014 hat geschrieben:(12 Oct 2020, 20:35)

welche da wären?

Bei den aktuellen Umfragewerten?
Umfragen und auch Wahlergebnisse geben nur bedingt darüber Auskunft, welche Mehrheiten bei einer geringeren Sperrklausel möglich wären. Viele Wähler geben ihre Stimmen nicht kleineren Parteien, weil diese Stimmen aufgrund der hohen Sperrklausel verloren wären.

2013, wie gesagt, hätten die Piraten es vielleicht noch geschafft und wären vielleicht sogar wieder erstarkt, wären sie vier Jahre im Bundestag vertreten und öffentlich sichtbar gewesen. Und wie ebenfalls bereits gesagt, die AfD hätte sich vielleicht aufgespalten und mit einem Teil davon hätte die Union vielleicht zusammenarbeiten können.
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Brainiac
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Re: 5% Hürde

Beitrag von Brainiac »

streicher hat geschrieben:(12 Oct 2020, 22:30)

Allerdings erachte ich einen Blick auf das gesamte politische System für hilfreich. Die 5%-Hürde ist zum Beispiel auch mit einer anderen Einrichtung verknüpft: eine Gesetzesvorlage im Bundestag braucht 5% im Rücken, um tatsächlich eingebracht zu werden. Mit der Infragestellung der Hürde steht meines Erachtens mehr auf dem Spiel.
Bewusst hat man sich ja gegen ein reines Verhältniswahlrecht entschieden. Tatsächlich kann man aber auch direkt in den Bundestag gelangen, wenn man mindestens drei Direktmandate holt. Man muss halt in Wahlkreisen mehrheitsfähig sein. Insofern scheint man in der BRD Abstriche im Verhältniswahlrecht bewusst angelegt zu haben, um in abgespeckter Form von den Nutzen des Mehrheitswahlrechts abschöpfen zu können oder auch bewusst einer Zersplitterung entgegenzuwirken.
Natürlich wird die Parteienlandschaft mit einer niedrigeren Hürde bunter, aber auch extreme Parteien müssen eine höhere Hürde erst mal nehmen. Bei einer 4%-Hürde wäre die NPD 1969 in den Bundestag eingezogen.
Mir wird bei der ganzen Diskussion immer das Schreckensbild von extremistischen Parteien im Bundestag zu sehr in den Vordergrund gestellt. Sicherlich wäre das bei einer niedrigeren Schwelle leichter möglich, es hätte aber andererseits auch nur noch einen viel geringeren Stellenwert als heute, wo der Bundestag die Champions League ist, und dahinter nichts von Bedeutung mehr kommt.

Wie die Sperrklausel für die Zweitstimmen mit dem Mehrheitswahlrecht für die Erststimme sowie dem Limit für Gesetzesvorlagen zusammenhängen soll, erschließt sich mir nicht direkt. Meines Erachtens sind das zunächst einmal voneinander unabhängige Dinge. Für Gesetzesvorlagen muss man sich ohnehin Verbündete suchen.
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streicher
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Re: 5% Hürde

Beitrag von streicher »

Brainiac hat geschrieben:(13 Oct 2020, 10:32)

Mir wird bei der ganzen Diskussion immer das Schreckensbild von extremistischen Parteien im Bundestag zu sehr in den Vordergrund gestellt. Sicherlich wäre das bei einer niedrigeren Schwelle leichter möglich, es hätte aber andererseits auch nur noch einen viel geringeren Stellenwert als heute, wo der Bundestag die Champions League ist, und dahinter nichts von Bedeutung mehr kommt.

Wie die Sperrklausel für die Zweitstimmen mit dem Mehrheitswahlrecht für die Erststimme sowie dem Limit für Gesetzesvorlagen zusammenhängen soll, erschließt sich mir nicht direkt. Meines Erachtens sind das zunächst einmal voneinander unabhängige Dinge. Für Gesetzesvorlagen muss man sich ohnehin Verbündete suchen.
Es ist ja auch tatsächlich so, dass das Verhältniswahlrecht für die Repräsentation als bessere Option gesehen wird. Eine niedrigere Sperrklausel geht in diese Richtung. Tendenziell stimmt aber wohl auch: je mehr Mehrheitswahl, desto stabiler die Regierung, desto mehr Politikwechsel aber auch.
Ich sehe die 5% für den Bundestag in Bezug auf die Gesetzgebung durchaus als schlüssig: mit 5% Zweitstimmen wird Fraktionsstatus im Bundestag erreicht. Und genau 5% sind es, die für eine Gesetzesvorlage reichen, heißt: eine Fraktion allein kann eine Gesetzesvorlage einbringen. Natürlich braucht es für das Durchwinken mehr Rückhalt bzw. Zuspruch für die Vorlage, die wohl kaum unverändert durchkommt. Aber mit Fraktionsstärke geht dieses Recht des Einbringens einher.
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