https://www.tagesspiegel.de/politik/oes ... 04180.htmlDas Erfolgsgeheimnis von Schwarz-Grün sei, dass nicht bis ins kleinste Detail profilverwässernde Kompromisse geschlossen wurden. In der Klimapolitik haben die Grünen das Sagen, bei der Wirtschafts- und Migrationspolitik die ÖVP, betont Kurz.
Ich bin in der österreichen Politik nicht genug drin, um beurteilen zu können, wie profilverwässernd Schwarz-Grün wirklich geworden ist, und darum soll es auch höchstens am Rande gehen. Aber die Fragmentierung der deutschen Parteienland zwingt die Parteien auf Bundes- und Landesebene ja auch immer häufiger, mit ungeliebten Parteien zu koalieren.
Der Thread soll von der Frage handeln: Was ist ganz allgemein von der Idee zu halten, dass jede Partei nahezu kompromisslos ihr Kernthema durchsetzt, und dafür in den anderen Themen entsprechend hart einknickt? Ist das sinnvoll? Ist das realistisch?
Einen Vorteil sehe darin, dass der Einfluss der jeweiligen Parteien auch für politisch weniger interessierte direkt sichtbar ist. Wenn sich um Klimapolitik gekümmert wird, wissen sie direkt - "das war meine Grünen-Stimme". Und wenn kriminelle Flüchtlinge abgeschoben werden: "Das war meine ÖVP-Stimme". Das gilt erst Recht für 3-Parteien-Konstellationen wie "Jamaika", wo es sehr unübersichtlich werden könnte, welcher Partei man ein Gesetz zu verdanken hat. Es ist ein Gegenmodell zur Konsenssoße, die wir aus der derzeitigen GroKo kennen.
Andererseits ist die Frage: Wer bestimmt, was relevant ist? Gerade eine Volkspartei wie die ÖVP beansprucht ja sicherlich für sich, keine 1-Themen-Partei zu sein. Oft steckt dahinter ein komplettes konservatives Weltbild. Angenommen, ich habe die ÖVP mit der Motivation gewählt, eine zu stark regulierende Klimapolitik zu verhindern. Oder die Grünen, um ein Zeichen gegen eine zu strikte Migrationspolitik zu setzen. Werden diese Wähler damit übergangen? Und wenn ja - wäre das im Anbetracht der Vorteile ein zu vernachlässiges Übel?
Eine weitere Frage ist auch, inwieweit die Mitglieder der jeweiligen Parteien damit umgehen können. Es könnte Parteien zerreissen, wenn zB ein Migrationspolitiker der Grünen den vollen konservativen Kurs mittragen muss.
Eine Lösung könnte sein, dass jede Partei schon ausführlich intern diskutiert & kommuniziert, welche Punkte sie sich im Falle einer Koalitionsverhandlung auf jeden Fall nehmen würde. Daran könnten sie dann die Wählerinnen und Wähler messen. Andererseits ist es auch verlockend für eine Partei, gerade dies vor der Wahl eben nicht zu tun, um breitere Schichten zu erreichen.