Volkseinwand - neues politisches Instrument der Mitbestimmung aller

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Heiner Mölenbarg
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Volkseinwand - neues politisches Instrument der Mitbestimmung aller

Beitrag von Heiner Mölenbarg »

Der Ministerpräsident von Sachsen, M. Kretschmer, hat den Volkseinwand als neues politisches Instrument der politischen Mitbestimmung aller vorgeschlagen. Ich finde das eine wunderbare Idee. Was spricht dafür, was spricht dagegen?
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer möchte gern einen sogenannten Volkseinwand einführen. Bürger sollen so über vom Landtag erlassene Gesetze noch einmal abstimmen können. Voraussetzung ist dabei, dass fünf Prozent der Wahlberechtigten den Einwand mit ihrer Unterschrift fordern. Anschließend gibt es eine Abstimmung bei der die Bürger mit einfacher Mehrheit entscheiden können, ob das Gesetz tatsächlich in Kraft treten soll.

https://www.mdr.de/sachsen/michael-kret ... g-100.html
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naddy
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Re: Volkseinwand - neues politisches Instrument der Mitbestimmung aller

Beitrag von naddy »

Voraussetzung wäre, dass die Bürger die erlassenen Gesetze auch verstehen. Beispielsweise sowas:
§ 957 BGB hat geschrieben:Gestattung durch den Nichtberechtigten

Die Vorschrift des § 956 findet auch dann Anwendung, wenn derjenige, welcher die Aneignung einem anderen gestattet, hierzu nicht berechtigt ist, es sei denn, dass der andere, falls ihm der Besitz der Sache überlassen wird, bei der Überlassung, anderenfalls bei der Ergreifung des Besitzes der Erzeugnisse oder der sonstigen Bestandteile nicht in gutem Glauben ist oder vor der Trennung den Rechtsmangel erfährt.
Da müssten also entweder die gesetzeverfassenden Juristen oder die Bürger wohl noch eine ganze Menge lernen, bevor das in der Praxis funktionieren kann. ;)
"Das gefährliche an der Dummheit ist, daß sie die dumm macht, die ihr begegnen." (Sokrates).
BenJohn

Re: Volkseinwand - neues politisches Instrument der Mitbestimmung aller

Beitrag von BenJohn »

naddy hat geschrieben:(25 Dec 2019, 14:57)

Voraussetzung wäre, dass die Bürger die erlassenen Gesetze auch verstehen. Beispielsweise sowas:



Da müssten also entweder die gesetzeverfassenden Juristen oder die Bürger wohl noch eine ganze Menge lernen, bevor das in der Praxis funktionieren kann. ;)
Die meisten Bürger sind in der Lage Gesetze zu verstehen, wenn man sie ihnen erklärt. Das wäre dann zum Beispiel eine Aufgabe des ÖRF.
Die Idee von Kretschmer ist gut. Eingeführt wird das selbstverständlich nicht.
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Teeernte
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Re: Volkseinwand - neues politisches Instrument der Mitbestimmung aller

Beitrag von Teeernte »

Petition gibts...

https://www.openpetition.de

Man kann dem mehr WERT verleihen und es Einwand nennen- die Form würde ich jedoch so lassen. Eine DIGITALE Unterschrift und die bekannte Adresse weiter zu nutzen.

Es wird jedoch dazu führen - den LAndtag zu entmachten und alle Abstimmungen zur VOLKSABSTIMMUNG zu machen - die 5% wirds dazu immer geben.
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Billie Holiday
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Re: Volkseinwand - neues politisches Instrument der Mitbestimmung aller

Beitrag von Billie Holiday »

...
Zuletzt geändert von Billie Holiday am Mi 25. Dez 2019, 17:33, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Volkseinwand - neues politisches Instrument der Mitbestimmung aller

Beitrag von BenJohn »

Oh. Wie ist denn hier rein gekommen? Ja bitte verschieben, falls möglich. Danke.
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Re: Volkseinwand - neues politisches Instrument der Mitbestimmung aller

Beitrag von Misterfritz »

BenJohn hat geschrieben:(25 Dec 2019, 17:25)

Oh. Wie ist denn hier rein gekommen? Ja bitte verschieben, falls möglich. Danke.
Schon erledigt ;)
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Stoner

Re: Volkseinwand - neues politisches Instrument der Mitbestimmung aller

Beitrag von Stoner »

Heiner Mölenbarg hat geschrieben:(25 Dec 2019, 14:31)

Der Ministerpräsident von Sachsen, M. Kretschmer, hat den Volkseinwand als neues politisches Instrument der politischen Mitbestimmung aller vorgeschlagen. Ich finde das eine wunderbare Idee. Was spricht dafür, was spricht dagegen?
Das wäre ein erster wichtiger Schritt zur Machtbeschneidung der Parteien.
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Re: Volkseinwand - neues politisches Instrument der Mitbestimmung aller

Beitrag von watisdatdenn? »

Heiner Mölenbarg hat geschrieben:(25 Dec 2019, 14:31)
Der Ministerpräsident von Sachsen, M. Kretschmer, hat den Volkseinwand als neues politisches Instrument der politischen Mitbestimmung aller vorgeschlagen. Ich finde das eine wunderbare Idee. Was spricht dafür, was spricht dagegen?
Warum so wenig mutig?
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Re: Volkseinwand - neues politisches Instrument der Mitbestimmung aller

Beitrag von sünnerklaas »

Bartleby hat geschrieben:(25 Dec 2019, 17:37)

Das wäre ein erster wichtiger Schritt zur Machtbeschneidung der Parteien.
Einen Einwand kann man als unbegründet zurückweisen. In Fachfragen gibt es dann noch das Problem, dass Laien komplexe Materien nicht oder nur unzureichend durchschauen. Für Profis ist es dann ein Leichtes, den Einwand von fachlichen Laien fachlich begründet und juristisch wasserdicht zurück zu weisen.

Das gaze kostet, wie das sogenannte Beteiligungsverfahren nur eines: Zeit und Geld. Nicht umsonst ist das Beteiligungsverfahren der Bürger bei Planungen von Infrastrukturprojekten inzwischen sehr schwer in der Kritik. Eine Ursache für den Ruf, hier Bürgerbeteiligungen einzuschränken ist dieser Fall:

Hochwasser-Katastrophe in Deutschland: Sind Wutbürger mitschuld an der Flutkatastrophe?
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Re: Volkseinwand - neues politisches Instrument der Mitbestimmung aller

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Ich halte es in diesem Zusammenhang grundsätzlich für problematisch gegen etwas sein zu dürfen ohne sich über mögliche Alternativen Gedanken machen zu müssen. Insofern sind Volksentscheide wohl das bessere Mittel.
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Teeernte
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Re: Volkseinwand - neues politisches Instrument der Mitbestimmung aller

Beitrag von Teeernte »

sünnerklaas hat geschrieben:(29 Dec 2019, 18:57)

Einen Einwand kann man als unbegründet zurückweisen. In Fachfragen gibt es dann noch das Problem, dass Laien komplexe Materien nicht oder nur unzureichend durchschauen. Für Profis ist es dann ein Leichtes, den Einwand von fachlichen Laien fachlich begründet und juristisch wasserdicht zurück zu weisen.

Das gaze kostet, wie das sogenannte Beteiligungsverfahren nur eines: Zeit und Geld. Nicht umsonst ist das Beteiligungsverfahren der Bürger bei Planungen von Infrastrukturprojekten inzwischen sehr schwer in der Kritik. Eine Ursache für den Ruf, hier Bürgerbeteiligungen einzuschränken ist dieser Fall:

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„Der wunderbare Wohnwert dieses Viertels ist dann einfach hin. Das ist nun mal ein Fischerdorf“, sagt Silvia Tröster, die in Laubegast wohnt. Eine andere Nachbarin sagt: „Lieber räume ich alle paar Jahre mal die Wohnung aus, als dass ich nicht mehr auf die Elbe blicken zu kann.“
https://www.ostsee-zeitung.de/Nachricht ... der-Gefahr

Es gibt demokratische Mittel....

Auch hier bei mir hat man versucht - die WIESEN zu vergolden.

Glücklicherweise bleibt Umflutgelände - Umflutgelände .....und da hat auch kein Baum was drauf zu suchen. RITSCH RATSCH.
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Re: Volkseinwand - neues politisches Instrument der Mitbestimmung aller

Beitrag von Fliege »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(29 Dec 2019, 19:54)
Ich halte es in diesem Zusammenhang grundsätzlich für problematisch gegen etwas sein zu dürfen ohne sich über mögliche Alternativen Gedanken machen zu müssen. Insofern sind Volksentscheide wohl das bessere Mittel.
Bei einer qualifizierten Mehrheitsanforderung (etwa bei mindestens 50-prozentiger Beteiligung und bei Zustimmung von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen) kann ich mir auch ein Volksveto gegen Parlaments- und Regierungsentscheidungen vorstellen.
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
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Misterfritz
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Re: Volkseinwand - neues politisches Instrument der Mitbestimmung aller

Beitrag von Misterfritz »

Fliege hat geschrieben:(29 Dec 2019, 20:05)

Bei einer qualifizierten Mehrheitsanforderung (etwa bei mindestens 50-prozentiger Beteiligung und bei Zustimmung von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen) kann ich mir auch ein Volksveto gegen Parlaments- und Regierungsentscheidungen vorstellen.
Das wäre aber immer noch eine Minderheit, die da bestimmen würde.

Ausserdem würde es Entscheidungen sehr verlangsamen, ohne wirklich Mehrwert zu bekommen.
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Fliege
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Re: Volkseinwand - neues politisches Instrument der Mitbestimmung aller

Beitrag von Fliege »

Misterfritz hat geschrieben:(29 Dec 2019, 20:45)
Das wäre aber immer noch eine Minderheit, die da bestimmen würde.
Ausserdem würde es Entscheidungen sehr verlangsamen, ohne wirklich Mehrwert zu bekommen.
Der Mehrwert bestünde in einem Veto. Das ist schon etwas und nicht nichts. Die Modalitäten wären freilich weiter zu diskutieren. Vor allem wäre zu berücksichtigen, dass beispielsweise die aktuelle Bundesregierung, wenn man auf alle Wahlberechtigten rechnet, auch keine Mehrheit hätte (nämlich nur 40,69 Prozent). Insofern ist eine Mindestzustimmung von 33,33 Prozent, wie von mir veranschlagt, gar nicht so niedrig gegriffen. Allerdings könnte man die Wahlbeteiligung der letzten Bundestagswahl als Quorum für ein Volksveto ansetzen bei zu erreichender Zwei-Drittel-Mehrheit (was aktuell eine Mindestzustimmung von 50,75 Prozent ergeben würde).
Zuletzt geändert von Fliege am So 29. Dez 2019, 21:01, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Volkseinwand - neues politisches Instrument der Mitbestimmung aller

Beitrag von sünnerklaas »

Fliege hat geschrieben:(29 Dec 2019, 20:05)

Bei einer qualifizierten Mehrheitsanforderung (etwa bei mindestens 50-prozentiger Beteiligung und bei Zustimmung von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen) kann ich mir auch ein Volksveto gegen Parlaments- und Regierungsentscheidungen vorstellen.
Das Quorum muss so angesetzt sein, dass es dann eine klare Mehrheit gibt. Also keine 50%-Plus 1 Stimme. Eine Zweidrittelmehrheit - oder besser noch: eine 3/4-Mehrheit bei einer Beteiligung von mindestens 51% der Wahlberechtigten schafft dann klare und unmissverständliche Verhältnisse. Da gibt es dann auch nichts an dem Mehrheiten zu deuteln.
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Re: Volkseinwand - neues politisches Instrument der Mitbestimmung aller

Beitrag von schokoschendrezki »

Nach meinem Verständnis bildet eine freie Presse in einem demokratischen Rechtsstaat die Gesamtheit dessen, was man als "Volkseinwand" bezeichnen könnte. Den Vorschlag mit dem "Volkseinwand" sehe ich als Teil eines Entdemokratisierungsprozesses, der sich in vielen Teilen auch der westlichen Welt direkt oder indirekt gegen eine solche freie Presse richtet. Kurz: Ich bin dagegen!

Bei einem Presseartikel steht ein benannter Autor dahinter. Bei einem Gesetzesentwurf steht eine gewählte Partei oder ein Politiker oder eine Gruppe von ABgeordneten dahinter. Bei einem Volkseinwand gibt man seine Stimme ab und gut ist. Diese Anonymität und potenzielle Verantwortungslosigkeit sehe ich als das Problem bei allen direktdemokratischen Verfahren.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Heiner Mölenbarg
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Re: Volkseinwand - neues politisches Instrument der Mitbestimmung aller

Beitrag von Heiner Mölenbarg »

naddy hat geschrieben:(25 Dec 2019, 14:57)

Voraussetzung wäre, dass die Bürger die erlassenen Gesetze auch verstehen. Beispielsweise sowas:

Da müssten also entweder die gesetzeverfassenden Juristen oder die Bürger wohl noch eine ganze Menge lernen, bevor das in der Praxis funktionieren kann. ;)
Nun, das könnte man dann aber auch bzgl. normaler Wahlen sagen. Dass Bürger, die wählen wollen, nachweisen müssen, dass sie mindestens die Wahlprogramme der Partei, mindestens der, die sie wählen wollen, kennen. Macht Sinn, nur wie sollte man das verwirklichen.

Wir kämen dann womöglich zurück zu einem Wahlmännersystem früherer Zeiten, wo nur bestimmte Leute wählen dürfen, heute dann eben jene mit Sachkompetenz???
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Heiner Mölenbarg
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Re: Volkseinwand - neues politisches Instrument der Mitbestimmung aller

Beitrag von Heiner Mölenbarg »

Misterfritz hat geschrieben:(29 Dec 2019, 20:45)

Das wäre aber immer noch eine Minderheit, die da bestimmen würde.

Ausserdem würde es Entscheidungen sehr verlangsamen, ohne wirklich Mehrwert zu bekommen.
Könnte man bei Wahlen auch einwenden, bei denen die Wahlbeteiligung so gering war, dass selbst eine Partei mit absoluter Stimmenmehrheit doch nur eine Minderheit der Wähler repräsentiert. Ist es nicht bereits wiederholt so? Letztlich muss der mündige Bürger einfach erkennen:

Wer seine Stimme nicht erhebt, hat sie verwirkt!
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Re: Volkseinwand - neues politisches Instrument der Mitbestimmung aller

Beitrag von BlueMonday »

watisdatdenn? hat geschrieben:(27 Dec 2019, 18:23)

Warum so wenig mutig?
In Bayern haben wir schon ewig einen direktdemokratischen VolksENTSCHEID und Bayern geht es ausgezeichnet!
Naja, in den letzten 10 Jahren gab es in Bayern nur einen nennenswerten Volksentscheid gegen das Votum des Landtages.
Und da ging es 2009 um ein noch umfassenderes Rauchverbot, also um einen weiteren Eingriff in private Entscheidungssphären.
37,7 % der Stimmberechtigten haben damals abgestimmt. Davon haben 61% der schärferen Gesetzesfassung zugestimmt. Eine Minderheit hat also entschieden.

Es müsste vor allem um die Frage gehen, was man überhaupt der Allgemeinheit zur Abstimmung überlassen kann. M.E. sind das nur Fragen, die auch die Allgemeinheit(=alle) betreffen. Die Erhöhung einer Verbrauchssteuer bspw.
Ob hingegen in einem Geschäft, einer Kneipe etc. geraucht werden darf, ist nicht Sache der Allgemeinheit. Es wird ja niemandem verwehrt, entsprechende raucherfreie Angebote und damit Alternativräume zu schaffen. Es handelt sich also klar um ein partikulares und kein allgemeines Problem.
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Re: Volkseinwand - neues politisches Instrument der Mitbestimmung aller

Beitrag von Perkeo »

Ich denke ein Volkseinwand würde zwei Unsitten weiter erweitern:
1) Diskussionen fangen erst an, wenn die eigentlich beendet sein sollten. Wenn ein Gesetzentwurf fertig und sogar verabschiedet ist, ist ein langer Entscheidungsprozess vorausgegangen. Warum das Volk erst ausschließen und ein Packet schmücken und dann das geschnürte Packet wieder öffnen?
2) Verwechslung des Stimme des Volkes mit demjenigen welcher am lautesten schreit. Eine laute Minderheit kann ohne auch nur den Versuch einer demokratischen Legitimation das Inkrafttreten erst einmal stoppen und noch einmal abstimmen lassen weil das Ergebnis nicht gefällt - wohingegen eine der lauten Minderheit genehme Entscheidung nicht wiederholt wird.

Daher mein konstruktiver Gegenvorschlag:
1) Bürgerbeteiligung muss sofort beginnen. Das fängt an mit Transparenz. Das sind Routinemaßnahmen wie Lobbyregister oder die sofortige Offenlegung aller unterschriftsreifen Verträge.
2) Gleiche Aregeln für beide Seiten. Man kann darüber nachdenken, bei zu erwartenden Kontroversen ein Forum nach dem Vorbild der Schlichtung bei Stuttgart21 einzurichten, wo Befürworter, aber such Gegner, ihre Hose runterlassen und die Argumente einem Faktencheck unterziehen müssen. Wenn die Brexiteers systematisch hätten darlegen müssen, wie sie sich den EU-Austritt denn vorstellen, wäre Großbritannien wohl noch in der EU.
3) Das Volk entscheidet, wenn die Entscheidung ansteht . Nicht über eine Rechtschreibreform, die längst verabschiedet ist, oder über ein Bauvorhaben, wenn schon die ersten Bagger rollen.
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Re: Volkseinwand - neues politisches Instrument der Mitbestimmung aller

Beitrag von sünnerklaas »

naddy hat geschrieben:(25 Dec 2019, 14:57)

Voraussetzung wäre, dass die Bürger die erlassenen Gesetze auch verstehen. Beispielsweise sowas:



Da müssten also entweder die gesetzeverfassenden Juristen oder die Bürger wohl noch eine ganze Menge lernen, bevor das in der Praxis funktionieren kann. ;)
Viele sind schon mit der konkurrierenden Gesetzgebung überfordert. Es gibt Bereiche, in denen der Bund nur befugt ist, Rahmengesetze zu erlassen. Die Verabschiedung der Durchführungsgesetze und deren Durchsetzung fallen in die Kompetenz der Länder, manchmal ist es so, dass die Landtage zwar die Durchführungsgesetze verabschieden, die Durch- und Umsetzung jedoch kommunale Angelegenheit ist.

Ein weiteres Problem: Gesetze, Verordnungen und auch Verträge sind, solange sie nicht explizit aufgehoben wurden, immer noch gültig - egal, von wann sie stammen. Die Verträge zum Reichsdeputationshauptschluss von 1804 sind zum Beispiel immer noch gültig - v.a. was die Kirchen angeht. Eine Ablösung würde sehr teuer.
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Re: Volkseinwand - neues politisches Instrument der Mitbestimmung aller

Beitrag von naddy »

sünnerklaas hat geschrieben:(15 Sep 2020, 14:27)

Ein weiteres Problem: Gesetze, Verordnungen und auch Verträge sind, solange sie nicht explizit aufgehoben wurden, immer noch gültig - egal, von wann sie stammen. Die Verträge zum Reichsdeputationshauptschluss von 1804 sind zum Beispiel immer noch gültig - v.a. was die Kirchen angeht. Eine Ablösung würde sehr teuer.
Ein kurioser Fall war auch die Abschaffung der Todesstrafe in Hessen im Oktober 2018. :)

Interessant auch, daß sich bei der Abstimmung nur nur 83,2 Prozent der Stimmberechtigten dafür aussprachen. Noch interessanter wäre es möglicherweise gewesen, wenn dieser Passus der Landesverfassung nicht bereits zuvor durch übergeordnetes Bundesrecht gebrochen worden wäre. Die bundesweiten Reaktionen auf ein auf dieser Basis verhängten Todesurteils hätten mich schon interessiert. ;)
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Re: Volkseinwand - neues politisches Instrument der Mitbestimmung aller

Beitrag von sünnerklaas »

naddy hat geschrieben:(15 Sep 2020, 14:48)

Ein kurioser Fall war auch die Abschaffung der Todesstrafe in Hessen im Oktober 2018. :)

Interessant auch, daß sich bei der Abstimmung nur nur 83,2 Prozent der Stimmberechtigten dafür aussprachen. Noch interessanter wäre es möglicherweise gewesen, wenn dieser Passus der Landesverfassung nicht bereits zuvor durch übergeordnetes Bundesrecht gebrochen worden wäre. Die bundesweiten Reaktionen auf ein auf dieser Basis verhängten Todesurteils hätten mich schon interessiert. ;)

Das war kurios, aber auch für Laien verständlich.
Sobald man beim Bau-, Planungs- und Umweltrecht ankommt, wird es knifflig und unüberschaulich. Das Baurecht ist ähnlich komplex, wie das Steuerrecht.
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Re: Volkseinwand - neues politisches Instrument der Mitbestimmung aller

Beitrag von sünnerklaas »

Perkeo hat geschrieben:(14 Sep 2020, 03:09)

Ich denke ein Volkseinwand würde zwei Unsitten weiter erweitern:
1) Diskussionen fangen erst an, wenn die eigentlich beendet sein sollten. Wenn ein Gesetzentwurf fertig und sogar verabschiedet ist, ist ein langer Entscheidungsprozess vorausgegangen. Warum das Volk erst ausschließen und ein Packet schmücken und dann das geschnürte Packet wieder öffnen?
2) Verwechslung des Stimme des Volkes mit demjenigen welcher am lautesten schreit. Eine laute Minderheit kann ohne auch nur den Versuch einer demokratischen Legitimation das Inkrafttreten erst einmal stoppen und noch einmal abstimmen lassen weil das Ergebnis nicht gefällt - wohingegen eine der lauten Minderheit genehme Entscheidung nicht wiederholt wird.

Daher mein konstruktiver Gegenvorschlag:
1) Bürgerbeteiligung muss sofort beginnen. Das fängt an mit Transparenz. Das sind Routinemaßnahmen wie Lobbyregister oder die sofortige Offenlegung aller unterschriftsreifen Verträge.
2) Gleiche Aregeln für beide Seiten. Man kann darüber nachdenken, bei zu erwartenden Kontroversen ein Forum nach dem Vorbild der Schlichtung bei Stuttgart21 einzurichten, wo Befürworter, aber such Gegner, ihre Hose runterlassen und die Argumente einem Faktencheck unterziehen müssen. Wenn die Brexiteers systematisch hätten darlegen müssen, wie sie sich den EU-Austritt denn vorstellen, wäre Großbritannien wohl noch in der EU.
3) Das Volk entscheidet, wenn die Entscheidung ansteht . Nicht über eine Rechtschreibreform, die längst verabschiedet ist, oder über ein Bauvorhaben, wenn schon die ersten Bagger rollen.
Bürgerbeteiligungen und Anhörung gibt es schon seit langem. In der Regel ist es aber so, dass das Interesse der Bürger da in der Regel sehr gering ist. Es gilt bei vielen die Halten "Bis-Das-Kommt-Bin-Ich-Längst-Tot". Ärger kommt erst, wenn der Beschluss gefasst und rechtskräftig ist. Dann ist Holland in Not und die Leute gehen auf die Barrikaden.
In Niedersachsen hat man seit den 20er Jahren (damals noch Provinz Hannover des Landes Preußen) über eine Verwaltungs-, Kreis- und Gemeindereform debattiert. 1932 gab es da den ersten großen Schnitt. In den 1960er Jahren kam das sogenannte Weber-Gutachten. Als dann 1977 die große Kreisreform in Kraft trat, wurde urplötzlich lautstark geheult, protestiert und demonstriert. Die ganze Jahre und Jahrzehnte zuvor war den allermeisten die Debatte vollkommen schnuppe.
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Re: Volkseinwand - neues politisches Instrument der Mitbestimmung aller

Beitrag von Perkeo »

sünnerklaas hat geschrieben:(15 Sep 2020, 15:12)

Bürgerbeteiligungen und Anhörung gibt es schon seit langem. In der Regel ist es aber so, dass das Interesse der Bürger da in der Regel sehr gering ist. Es gilt bei vielen die Halten "Bis-Das-Kommt-Bin-Ich-Längst-Tot". Ärger kommt erst, wenn der Beschluss gefasst und rechtskräftig ist. Dann ist Holland in Not und die Leute gehen auf die Barrikaden.
In Niedersachsen hat man seit den 20er Jahren (damals noch Provinz Hannover des Landes Preußen) über eine Verwaltungs-, Kreis- und Gemeindereform debattiert. 1932 gab es da den ersten großen Schnitt. In den 1960er Jahren kam das sogenannte Weber-Gutachten. Als dann 1977 die große Kreisreform in Kraft trat, wurde urplötzlich lautstark geheult, protestiert und demonstriert. Die ganze Jahre und Jahrzehnte zuvor war den allermeisten die Debatte vollkommen schnuppe.
Demokratie heißt, das Volk ist der Chef. Und wenn der Chef sich um nichts kümmert, dann ist er natürlich unzufrieden - und selber schuld.
Man kann nicht Demokratie leben wenn dem Volk nicht ein gewisses Minimum an Verantwortungsbewusstsein eingefordert wird.
Außerdem: Hätte man diese Reform durch Volksentscheid beschlossen, wäre es schwer zu vermitteln gewesen, dass die Proteste legitim sind - sieht man ja auch bei Stuttgart 21, da demonstriert kaum noch jemand.
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Re: Volkseinwand - neues politisches Instrument der Mitbestimmung aller

Beitrag von sünnerklaas »

Perkeo hat geschrieben:(15 Sep 2020, 15:36)

Demokratie heißt, das Volk ist der Chef. Und wenn der Chef sich um nichts kümmert, dann ist er natürlich unzufrieden - und selber schuld.
Man kann nicht Demokratie leben wenn dem Volk nicht ein gewisses Minimum an Verantwortungsbewusstsein eingefordert wird.
Außerdem: Hätte man diese Reform durch Volksentscheid beschlossen, wäre es schwer zu vermitteln gewesen, dass die Proteste legitim sind - sieht man ja auch bei Stuttgart 21, da demonstriert kaum noch jemand.
Ich fremdle mit der Vorstellung von Volksentscheiden. Nicht nur wegen des Brexits. Der Bürger sollte sich eher Partizipationsrechten bewusst werden und die auch wahr nehmen.

Parallel zu den Debatten um die Kreis- und Verwaltungsreform in Niedersachsen gab es seinerzeit Volksentscheide zur Wiedereinrichtung der Freistaaten Schaumburg-Lippe und Oldenburg. In beiden Fällen votierten im Januar 1975 Mehrheiten für die Wiedereinrichtung.der fürstlichen
Das Dumme: beide Freistaaten wären wirtschaftlich nicht überlebensfähig gewesen. Schaumburg-Lippe (340 km² groß) hatte nach 1918 massive Finanzprobleme, weil das Fürstentum, das es vor 1918 war, letztendlich ein Zuschussgeschäft des Fürsten war. Wider besseren Wissens wurde schon 1926 in einem Volksentscheid gegen die Angliederung an Preussen gestimmt - obwohl der Mini-Staat praktisch bankrott war. Rund 50 Jahre später wurde für die Wiedereinrichtung gestimmt, wissend, dass das aus den Landstädtchen Stadthagen (ca. 23.000 Einwohner) und Bückeburg (ca. 20.000 Einwohner) und ein paar ländlichen Umlandgemeinden bestehende Ländchen nur wirtschaftstrukturell extrem schwach auf der Brust war.
Auch ein wieder eingerichteter Freistaat Oldenburg wäre nicht überlebensfähig gewesen. Da hätten schon Bremen und Bremerhaven mit dazu kommen müssen. Da Bremer und Oldenburger sich seinerzeit aus historischen Gründen nicht vertrugen, war daran nicht zu denken gewesen.
Auch dort lief alles wider besseren Wissens ab.
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Re: Volkseinwand - neues politisches Instrument der Mitbestimmung aller

Beitrag von Perkeo »

sünnerklaas hat geschrieben:(15 Sep 2020, 15:52)

Ich fremdle mit der Vorstellung von Volksentscheiden. Nicht nur wegen des Brexits. Der Bürger sollte sich eher Partizipationsrechten bewusst werden und die auch wahr nehmen.
Übereinstimmung mit dem Schlussatz: Der begrenzende Faktor sind nicht die Partizipationsrechte, sondern deren Wahrnehmung. Am offensichtlichsten ist das bei der Diskussion um Wahlbeteiligung, wo immer unter den Tisch fällt, dass Nichtwähler ja nicht Ausgeschlossene sind, sondern freiwillig nicht teilnehmen. Wer eine neue, ganz andere Partei will, soll selbst eine solche gründen.
Der Brexit ist sicherlich das Beispiel schlechthin für ein schief gegangenes Referendum, aber ich habe durch Stuttgart 21 meinen Glauben an die direkte Demokratie gefunden. Nicht etwa weil ich S21 so toll finde, sondern aus zwei Gründen:
1) Durch die Schlichtung mussten BEIDE Seiten die Hose runterlassen - und BEIDE hatten nicht so viel drin wie sie behaupteten: Ja, die Kosten laufen aus dem Ruder, und die Kapazität ist nicht so wie man sie sich wünschen würde, aber nein, die Gegner hatten kein fertiges Alternativprojekt in der Tasche das man einfach nur umsetzen muss. Kosten in Milliardenhöhe alleine um NICHTS zu bauen sind harter Tobak. Und ob das dannbesser wäre? Ich bin 4 Jahre in diesen Hauptbahnhof gependelt und habe auf den letzten Metern unendlich viel Zeit verloren. Die Kosten für K21 hätten auch us dem Ruder laufen können - entsprechende Unwägbarkeiten gab es.
2) S21 hat gezeigt, dass auch die schweigende Mehrheit gegen die laute Minderheit stimmen kann. Die abgegebenen Nein-Stimmen (zum Projektabbruch, nicht zu S21) waren mehr als die Ja-Stimmen, obwohl jedem halbwegs Informierten klar war, dass Nichtwählen fast sicher den gleichen Effekt hat wie mit Nein Stimmen. Seitdem ist Ruhe im Karton - von einem radikalen Kern der immer noch die Baugruben umnutzen will abgesehen (und solche Leute wollten besser geplant haben...).

Mein Fazit daher: Volksabstimmungen funktionieren, wenn es eine Plattform analog der Schlichtung durch Heiner Geißler gibt - und zwar dann, wenn die Entscheidung ansteht. Das ist das einzige was bei S21 aus demokratischer Sich schlecht gelaufen ist.
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