Selina hat geschrieben:(05 Feb 2020, 08:14)
Das ist sehr dünnes Eis. Warum? Weil mir dann sofort wieder vorgeworfen wird, die DDR zu verherrlichen. Aber es war wirklich so: Das Arbeitsleben war menschlicher, zugewandter, hat mehr Spaß gemacht, man war gerne mit Gleichgesinnten zusammen, viele haben neben der Arbeit noch zusammen musiziert, Sport getrieben, sind gewandert uswusf. Ja, die Arbeit und das Arbeitsleben hatten zwar genauso einen wichtigen, fast übertrieben großen Stellenwert für das Leben des Einzelnen, wie es heute der Fall ist. Dennoch war damals immer genügend Zeit für die Reproduktion der Arbeitskraft. Dieses pausenlose Malochen in einer oder sogar zwei Arbeitsstellen gab es damals nicht. Dieses ungesunde allzeit Bereitsein für den Job war so nicht vorhanden. Mal abgesehen davon, dass sich die Planwirtschaft nicht als effizient erwiesen hat, wie jeder weiß, so war das Arbeitsleben einfach menschlicher. Gefunden werden müsste heute eine Mischung aus Effizienz und Menschlichkeit in der Arbeitswelt. Einige japanische Unternehmer haben das schon vor Jahrzehnten begriffen, dass sich sogar mehr Gewinn produzieren lässt, wenn es den Arbeitnehmern auf Arbeit gutgeht. Sie arbeiten einfach motivierter, konzentrierter und gewinnbringender, wenn man ihnen auch Freiräume und Abwechslungen schafft... neben der reinen Produktion. Solche Unternehmen stehen dann natürlich im krassen Gegensatz zu solchen, in denen das typische Malochen herrscht, ohne Freiraum für das eigene Leben, ohne Punkt und Komma. Mit entsprechend hoher Selbstmordrate. Beide Extreme sind vorhanden.
Nein Selina, es war NICHT
"wirklich so", wie du behauptest. Du verklärst die DDR und zwar gewaltig!
Wenn Du behauptest,
"das Arbeitsleben war menschlicher, zugewandter, hat mehr Spaß gemacht ...", dann hast Du wahrscheinlich nie einen Produktions- oder Großhandelsbetrieb von innen gesehen, hast keine Ahnung von dem hohen Anteil körperlich schwerer Arbeit - auch für Frauen, hast keine Ahnung von dem hohen Anteil gesundheitsschädlicher bzw gesundheitsgefährdender Stoffe am Arbeitsplatz, in der Atemluft und in der Umwelt.
Nein das Arbeitsleben war NICHT
"menschlicher, zugewandter", es gab NICHT mehr Freizeit oder Freizeitangebote!
Gemeinsame Unternehmungen mit
"dem Arbeitskollektiv" erfolgten (allzuoft) nicht auf freiwilliger Basis, sondern wurden erwartet, waren in gewisser Weise Pflicht("veranstaltungen").
Und nein, die Arbeit (in der Produktion) hat NICHT mehr Spaß gemacht, weil die Menschen aufgrund des hohen Anteils körperlich schwerer Arbeit und schlechter Arbeitsbedingungen (überalterter Maschinenpark, fehlender Investitionen), körperlich und psychisch mehr
"ausgebrannt" waren.
"zusammen [mit Gleichgesinnten] musizier[en], Sport [treiben], [wandern]" kann man auch heute - sogar mehr und vor allem OHNE
"staatliche Lenkung, Leitung und Kontrolle" - nennt sich Vereine - Vereine auf (eigener) Rechtsgrundlage.
Und was das
"ungesunde allzeit Bereitsein für den Job" angeht - das war sogar (teilweise) stärker ausgeprägt als heute, weil schlicht und ergreiend vom
"sozialistischen Menschen" genau das erwartet wurde.
Selina hat geschrieben:(05 Feb 2020, 08:14)Und was die in der DDR Vollzeit arbeitenden Frauen anbelangt: Die wurden durch die Männer unterschiedlich gut unterstützt. Das reichte von gar keiner Unterstützung bis hin zu sehr guter Unterstützung. Breite Palette. Fazit: Auch in der DDR ruhte die unbezahlte Familienarbeit im stärkeren Maße auf den Schultern der Frau als auf denen der Männer. Die Frauen waren im Schnitt von der Mehrfachbelastung überfordert, ausgelaugt. Trotzdem wollten sie keinesfalls ihr Arbeitsleben missen. Das war ihnen heilig. Weil sie da Anerkennung und Erfüllung fanden. Also nahmen die meisten diese permanente Überlastung einfach in Kauf. Viel gesellschaftliche Unterstützung gab es zum Beispiel für alleinerziehende und alleinverdienende Frauen. Die kriegten Fortbildungsangebote, schnell Kita-Plätze, eher mal nen halbwegs guten Urlaubsplatz (FDGB) und waren auch sonst in bescheidenem DDR-Maßstab "privilegiert". Heute sind Alleinerziehende häufig von Armut bedroht.
Du vergisst (wie kann es auch anders sein) die gesellschaftliche Arbeit, die von Frauen - trotz Doppelbelastung durch Job und Familie) von Frauen erwartet wurde!
Die Erwerbstätigkeit der Frau in der DDR, war schlichte wirtschaftliche Notwendigkeit, weil ein Gehalt/Lohn für das Bestreiten des Lebensunterhalts einfach nicht ausreichte.
Nein, das Arbeitsleben war Frauen NICHT heilig - sie kannten es nur nicht anders und konnten es sich nicht leisten,
"nur Hausfrau" zu sein, ganz abgesehen davon, dass die, sehr wenigen
"nur Hausfrauen" gesellschaftlich stigmatisiert und ausgegrenzt wurden.
Frauenerwerbstätigkeit war gesellshaftlich gewollt, DARUM die schnelle Bereitstellung von Krippen- und Kindergartenplätzen, was noch den "Nebeneffekt" hatte, dass Kinder von ganz klein auf, der staatlichen Kontrolle unterlagen und bestens ideologisch indoktriniert werden konnten.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.
Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen