Ein Artikel in der Zeit wirft diese These auf:
http://www.zeit.de/2016/05/maennlichkei ... rechtigung
Wer nur einen flüchtigen Blick in die Kulturgeschichte wirft, liest dauernd von Männern, die Frauen retten. Von Männern, denen die Rettung gelingt (Nathan der Weise, Lessing). Von Männern, die beim Rettungsversuch den Heldentod sterben (Der Findling, Heinrich von Kleist). Die patriarchale Gesellschaft, die in anderen Ländern der Welt noch putzmunter ist, war nie eine, in der die Frau aus Lust und Laune gedemütigt werden sollte. Man denkt sich das heute ja so: Patriarch gleich Frauenunterdrücker. Der Patriarch aber war, zumindest als Ideal, kein Tyrann, sondern der Beschützer seiner Frau und seiner Kinder. Er zog mit größter Selbstverständlichkeit in den Krieg, schlug dem geilen Nachbarn eine aufs Maul, wenn er sich an der Gattin vergriff (in besseren Kreisen wurde sich gut angezogen duelliert), und es war immer klar, dass er bei diesen Tätigkeiten sein Leben aufs Spiel setzte.
Es gibt den Beschützer in Deutschland nicht mehr. Natürlich nicht. Der Beschützer ist aus weiblicher Sicht doch eine lächerliche Figur (zumindest sagen das die Frauen). Ich nutzte in den letzten Tagen in zwei Städten, in Hamburg und Berlin, den öffentlichen Personennahverkehr und beobachtete dabei die Männer, die ein- und ausstiegen. Gut, es mag an den Stadtteilen gelegen haben, aber die Männer entsprachen genau dem Männerbild, das die Zeitschrift Neon seit vielen Jahren verbreitet. Die jungen Männer waren sehr süß und sehr schlank, und man konnte das politisch ganz, ganz unkorrekte Ratespiel vollführen, sich zu fragen, wer von ihnen schwul war oder nur so tat. Viele trugen einen Bart, aber der verlieh ihnen nichts Männliches, im Gegenteil: Der Bart war genauso ein Zitat früherer Moden wie die Röhrenjeans und deshalb superironisch (vor allem bei sehr jungen Männern verstärkt der Vollbart übrigens das Bubihafte, weil die Absicht so sichtbar wird, erwachsener zu wirken, als man ist – egal).
Der deutsche Mann von heute hat es schwer, und er nimmt es schwer. Er ist außen weich und innen ganz weich, und spätestens seitdem die Wehrpflicht abgeschafft worden ist, wüsste ich von niemandem mehr, der sich berufen fühlte, ihn zu stählen. Ein Junge, der auf dem Schulhof einen Rivalen verdrischt, ist eher ein Fall für die Psychologin und für eine gute Dosis Ritalin, als dass Papi ihn für seine Selbstbehauptung loben würde – was, ich muss es gestehen, in meiner Generation, Jahrgang 1975, noch ein absolut erwünschtes väterliches Verhalten war.
Unterstreichung von mir.Man darf vom deutschen Mann nicht erwarten, dass er seine Frau beschützt. Das entspricht nicht seiner zeitgemäßen Rolle, und ein solcher Anspruch wäre letztlich auch ein Affront gegen die Gleichberechtigung. Die meisten Männer (nicht alle!) sind zwar aufgrund ihrer biologischen Ausstattung schlagkräftiger als Frauen, aber unwillig (und womöglich auch unfähig) zuzuschlagen. Frauen, die gerne beides hätten, den durchgegenderten Mann und den Beschützer, denen muss man leider sagen: Beides geht nicht!
Frage an die Frauen: Wen wollt ihr? Den Beschützer, der dafür auch die traditionelle Rollenverteilung einfordert? Oder den gegenderten Mann, der gleichberechtigt Elternzeit nimmt, kocht, spült und alles ausdiskutiert, euch dafür aber in einer Gewaltsituation nicht mit Faust und Knie zur Seite stehen kann, weil er gewaltunfähig geworden ist?
Frage an die Männer: Wie haltet ihr es? Seid ihr bereit, für eure Frauen andere Männer zu verprügeln? Erzieht ihr eure Jungs dazu, sich gegen unberechtigte Übergriffe zur Wehr zu setzen? Oder dazu, sich anzupassen, um nicht als leistungsunfähige Schläger dazustehen?