(Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

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Platon
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(Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von Platon »

Als Reaktion auf den Missbrauchsskandal in Deutschland und vor dem Hintergrund von vielen Kirchenaustritten gibt es in der deutschen katholischen Kirche in den letzten 1-2 Jahren den Versuch Reformen einzuleiten, welche u.A. auf eine progressive Entwicklung in der Glaubenslehre abzielen bzw. diese offen zu diskutieren. Damit soll offenbar das Image verbessert und der Bedeutungsverlust der katholischen Kirche in Deutschland entgegengewirkt werden. Dieses Vorgehen wurde vom Papst in einem Brief an die deutschen Katholiken abgesegnet. Bei vielen Themen wie Sexualmoral oder auch die Priesterweihe scheint man aber im Rahmen dieses synodalen Weges (https://www.katholisch.de/aktuelles/the ... eutschland) mehrheitlich zu Positionen gelangt zu sein, welche in dieser Form von der Weltkirche bzw. der katholischen Kirche in Rom nicht geteilt werden.

Erst kürzlich hat die Glaubenskongregation der Kirche in Rom diesen Reformbemühungen der deutschen Kirche einen ersten Riegel vorgeschoben, als man klargestellt hat, dass die Segnung homosexueller Paare für die katholische Kirche nicht erlaubt ist.
https://press.vatican.va/content/salast ... 0.html#ted

Diese Entscheidung wurde kritisiert und es stellt sich die Frage, ob mittelfristig womöglich ein Konzil einberufen werden könnte, um Meinungsverschiedenheiten zwischen progressiven und nicht so progressiven Teilen der Kirche beizulegen. Was natürlich nicht heißen muss, dass sich die progessiven Kräfte durchsetzen. In diesem Fall könnte sogar eine faktische oder tatsächliche Abspaltung der katholischen Kirche in Deutschland anstehen, weil die Ansichten der deutschen Katholiken nicht mehr mit den Ansichten von Rom in ausreichendem Maße übereinstimmen.

Wird sich eurer Meinung nach die katholische Kirche spalten in einen progressiven Teil und einen konservativen?
Wie realistisch ist die Vorstellung, dass sich die katholische Weltkirche in einem dritten vatikanischen Konzil den progressiven Ansichten der deutschen Katholiken anschließt?
Wird der Reformprozess der deutschen katholischen Kirche dessen Attraktivität in Deutschland erhöhen bzw. ist das bereits der Fall?
Zuletzt geändert von Platon am So 4. Apr 2021, 10:01, insgesamt 1-mal geändert.
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Michael_B
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von Michael_B »

Interessantes Thema. Ich überlege auch schon seit einiger Zeit, ob man nicht zwingend aus diesem Haufen austreten muss, um mal ein Zeichen zu setzen und womöglich Reformen zu beschleunigen. Denn Papst Franziskus ist sicher bemüht, aber die Mühlen des Kirchenapparats mahlen nunmal extrem langsam und denken eher in Jahrhunderten als Jahren oder Monaten.

Habe gerade nicht viel Zeit (Ostereinkäufe etc.), aber nur soviel vorab:

Ob es zu einer Spaltung kommt, wenn Rom unreformierbar bleibt? Schwer zu sagen. Ich würde es fast begrüßen, denn so kann es nicht weitergehen.

Der Umgang mit den Missbrauchsskandalen ist großer Mist, der Zölibat womöglich ein begünstigender Einflussfaktor, der abgeschafft gehört (wurde ja erst lange nach dem Wirken Jesu eingführt und lockt möglicherweise schräge Gestalten an; außerdem dürfen wohl verheiratete evangelische Priester, die zum katholischen Glauben konvertieren, verheiratet bleiben, also ganz so heilig ist das Dingen offenbar doch nicht, was auch gut so ist)

Diese ganzen menschenverachtenen Zwänge (dürfen Geschiedene und neu Vereiratete eigentlich mittlerweile wieder zur Kommunion gehen) ...

Bin beim Thema Homoehe zwiegespalten, aber was spricht gegen eine Segnung von homosexuellen Paaren? Wie rückwärtsgewandt ist das denn? Hat doch nichts mit der Nächstenliebe eines Jesus zu tun.
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von Adam Smith »

Die katholische Kirche definiert sich über den Papst. Wenn der Papst was gegen die Abspaltung hat, dann wird aus der abgespaltenen Kirche eine protestantische Kirche.
Das ist Kapitalismus:

Die ständige Wahl der Bürger bestimmt das Angebot.
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Misterfritz
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von Misterfritz »

Platon hat geschrieben:(03 Apr 2021, 11:59)Wird sich eurer Meinung nach die katholische Kirche spalten in einen progressiven Teil und einen konservativen?
Wie realistisch ist die Vorstellung, dass sich die katholische Weltkirche in einem dritten vatikanischen Konzil den progressiven Ansichten der deutschen Katholiken anschließt?
Wird der Reformprozess der deutschen katholischen Kirche dessen Attraktivität in Deutschland erhöhen bzw. ist das bereits der Fall?
Es gibt doch schon Abspaltungen. Man muss also nichts neues anfangen, einfach z.B. bei den Altkatholiken eintreten, die in vielen Sachen fortschrittlicher sind - wenn es denn unbedingt die Mitgliedschaft in einer Kirche sein muss.
https://de.wikipedia.org/wiki/Altkatholische_Kirche
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von Skeptiker »

Ich glaube nicht an eine Abspaltung, ähnlich des Protestantismus. Die Gläubigen haben ja mit der evangelischen Kirche schon ein Angebot, welches sie im Falle einer progressiveren eigenen Ausrichtung nutzen können.

Im Grundsatz ist es das Markenzeichen der Katholischen Kirche für ein konservativeres Weltbild zu stehen. Das ist weltweit der viel größere Trend in der Katholischen Kirche. Wieder einmal nehmen sich die progressiven Strömungen insbesondere in Deutschland dabei viel zu wichtig. Niemals würden die sich in einem Konzil durchsetzen. Die in der Welt sehr gläubigen Strömungen werden sich nicht von den als schwachgläubig gesehenen, kleinen progressiven Strömungen den Glauben vorschreiben lassen.
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von Adam Smith »

Altkatholiken sind im Prinzip Protestanten.
Aus anderen Kirchen heißt es häufig, die Alt-Katholiken seien ja eigentlich Protestanten ...

Ring: Vom äußeren Erscheinungsbild gibt es bei uns tatsächlich vieles, was an die evangelische Kirche erinnert. Unsere synodale Tradition ist sogar noch älter als bei den meisten protestantischen Landeskirchen. Aber wenn der Weihrauch qualmt, merkt man, dass wir eben doch katholisch sind. Die konfessionelle Zugehörigkeit ist ja auch eine Mentalitätsfrage.
https://www.evangelisch.de/inhalte/1018 ... laengst-da

https://www.evangelisch.de/inhalte/2134 ... eitskirche
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von Progressiver »

Altkatholiken sind weiterhin Katholiken. Mit dem Unterschied, dass sie das Umfehlbarkeitsdogma des Papstes nicht anerkennen. Deswegen haben sie sich von der Hauptkirche abgespalten.

Und zum Threadthema: Die Hauptprotagonisten sind immer noch die Bischöfe und Kardinäle. Meine Einschätzung ist, dass diese so lange Rom die Treue halten, bis auch der letzte Katholik in Deutschland ausgetreten ist. Die katholische Kirche in Deutschland ist gerade dabei, zu sterben. Ideologisch betrachtet ist sie schon tot. Reformfähig ist sie sowieso nicht. Halten wir sie also nicht auf.

Im Übrigen ist die Situation in Deutschland eine besondere. In Ländern, wo sie noch viel mehr Macht hat, ist sie noch reaktionärer. Ich denke da schon zum Beispiel an Polen. Wenn also Maria 2.0 nicht Erfolg haben wird -was ich stark vermute-, dann werden viele gläubige Katholiken die Kirchen verlassen. Und das war es dann.
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von Platon »

Progressiver hat geschrieben:(04 Apr 2021, 08:52)Und zum Threadthema: Die Hauptprotagonisten sind immer noch die Bischöfe und Kardinäle. Meine Einschätzung ist, dass diese so lange Rom die Treue halten, bis auch der letzte Katholik in Deutschland ausgetreten ist. Die katholische Kirche in Deutschland ist gerade dabei, zu sterben. Ideologisch betrachtet ist sie schon tot. Reformfähig ist sie sowieso nicht. Halten wir sie also nicht auf.

Im Übrigen ist die Situation in Deutschland eine besondere. In Ländern, wo sie noch viel mehr Macht hat, ist sie noch reaktionärer. Ich denke da schon zum Beispiel an Polen. Wenn also Maria 2.0 nicht Erfolg haben wird -was ich stark vermute-, dann werden viele gläubige Katholiken die Kirchen verlassen. Und das war es dann.
Das worum es geht ist das exakte Gegenteil, was du hier gerade schreibst. Es sind die deutschen Bischöfe und Kardinale welche den Reformprozess vorantreiben, freilich nicht alle, aber offenbar eine große Gruppe von ihnen, und das Problem ist, dass die deutsche katholische Kirche aufgrund der Umstände hierzulande damit einen fast schon radikalen Reformkurs fährt, den Rom aber so nicht mitgehen wird. Der synodale Weg wird von Laien (Zentralkomitee der deutschen Katholiken) und den deutschen Bischöfen (Deutsche Bischofskonferenz) gemeinsam gegangen und es ist keine Reformbewegung gegen den Widerstand der deutschen Bischöfe, ganz im Gegenteil.

Maria 2.0 ist dann freilich so radikal, dass es selbst den deutschen Bischöfen nicht möglich ist, da mehrheitlich mitzugehen. Es gab aber offenbar freundliche Worte von ein paar Bischöfen. Die Zulassung von Frauen zu allen Ämtern in der Kirche und man hat 5000 Unterschriften sammeln können und die Initiatorinnen sind letzte Woche aus der katholischen Kirche dann auch ausgetreten. Das ist dann auch in Deutschland innerhalb der Kirche so nicht zu machen. https://de.wikipedia.org/wiki/Maria_2.0
Eventuell hat man da auch falsche Vorstellungen, wie der Erfolg eines solchen Reformprozesses aussieht. Der wird nämlich selbst im besten Fall nicht in ein paar Jahren, sondern über ein Konzil in vielleicht 10-15 Jahren zu realisieren sein. Womöglich dann unter dem Nachfolger von Papst Franziskus, wer auch immer das sein wird.
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von Platon »

Misterfritz hat geschrieben:(03 Apr 2021, 12:32)

Es gibt doch schon Abspaltungen. Man muss also nichts neues anfangen, einfach z.B. bei den Altkatholiken eintreten, die in vielen Sachen fortschrittlicher sind - wenn es denn unbedingt die Mitgliedschaft in einer Kirche sein muss.
https://de.wikipedia.org/wiki/Altkatholische_Kirche
Skeptiker hat geschrieben:(03 Apr 2021, 12:51)

Ich glaube nicht an eine Abspaltung, ähnlich des Protestantismus. Die Gläubigen haben ja mit der evangelischen Kirche schon ein Angebot, welches sie im Falle einer progressiveren eigenen Ausrichtung nutzen können.
Der Punkt ist, dass die Reformen in der katholischen Kirche nicht von ein paar Gläubigen allein diskutiert werden, welche halt austreten können, wenn sie mit ihrer Kirche nicht zufrieden sind, sondern das Gesprächsformat des Synodalen Weges wird von der deutschen katholischen Kirche als Ganzes getragen: die deutsche Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken mit offizieller Erlaubnis von Papst Franziskus. Das sind keine Splittergruppen, sondern das ist die katholische Kirche in Deutschland an sich, welche eine Reformdebatte führt.
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von Misterfritz »

Platon hat geschrieben:(04 Apr 2021, 09:42)

Der Punkt ist, dass die Reformen in der katholischen Kirche nicht von ein paar Gläubigen allein diskutiert werden, welche halt austreten können, wenn sie mit ihrer Kirche nicht zufrieden sind, sondern das Gesprächsformat des Synodalen Weges wird von der deutschen katholischen Kirche als Ganzes getragen: die deutsche Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken mit offizieller Erlaubnis von Papst Franziskus. Das sind keine Splittergruppen, sondern das ist die katholische Kirche in Deutschland an sich, welche eine Reformdebatte führt.
Die deutsche kath. Kirche ist eine absolute Minderheit in der gesamten kath. Kirche. Die wird da nix bewegen.
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von Platon »

Misterfritz hat geschrieben:(04 Apr 2021, 09:58)

Die deutsche kath. Kirche ist eine absolute Minderheit in der gesamten kath. Kirche. Die wird da nix bewegen.
Und das wird möglicherweise zur (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland führen. Allerdings wird es auch in anderen katholischen Kirchen der Welt eine Menge Leute geben, welche mit progressiven Ansichten übereinstimmen und die deutsche Kirche könnte diesbezüglich eine Pionierleistung erbringen, die langfristig einer weltweiten progressiven Ausrichtung innerhalb der katholischen Kirche vorangeht. Und das würde dann womöglich ein drittes vatikanisches Ziel notwendig machen, in 10-20 Jahren...
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von Misterfritz »

Platon hat geschrieben:(04 Apr 2021, 10:07)

Und das wird möglicherweise zur (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland führen. Allerdings wird es auch in anderen katholischen Kirchen der Welt eine Menge Leute geben, welche mit progressiven Ansichten übereinstimmen und die deutsche Kirche könnte diesbezüglich eine Pionierleistung erbringen, die langfristig einer weltweiten progressiven Ausrichtung innerhalb der katholischen Kirche vorangeht. Und das würde dann womöglich ein drittes vatikanisches Ziel notwendig machen, in 10-20 Jahren...
Die meisten sind doch nur Taufschein-Katholiken. Die haben noch die Kommunion mitgemacht und gehen allenfalls zu Weihnachten in die Kirche - oder zum Heiraten. Dabei ist die Hochzeit in weiss ebenso romantisch überhöht wie weisse Weihnacht. Mit Glauben hat das nix zu tun.
Die wirklich engagierten Katholiken bilden halt eine Minderheit.
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von Michael_B »

Aber gerade den Taufschein-Katholiken geht doch die "reine Lehre" des Kirchenapparats am Allerwertesten vorbei. Die würden vielleicht wieder aktiver, wenn die Kirche moderner und lebensnäher daherkäme.
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von Michi »

Haupttreiber der Kirchenaustritte dürfte ein allgemeiner Säkularisierungstrend sein. Die evangelische Kirche ist davon genauso betroffen, obwohl sie verheiratete Priester und Frauenpriestertum kennt. Spannend ist aber die Frage, ob sich dieser Austrittstrend in den nächsten Jahren in der katholischen Kirche verstärkt, weil das Ausbleiben überfälliger Reformen immer weniger hingenommen wird.
Meinungsfreiheit bedeutet, dass deine Meinung nicht illegal ist. Beknackt ist sie trotzdem.
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von Skeptiker »

Michael_B hat geschrieben:(04 Apr 2021, 10:38)

Aber gerade den Taufschein-Katholiken geht doch die "reine Lehre" des Kirchenapparats am Allerwertesten vorbei. Die würden vielleicht wieder aktiver, wenn die Kirche moderner und lebensnäher daherkäme.
Ich glaube aber, dass die Katholische Kirche sich nicht als Konsumprodukt verwöhnter Wohlstandsbürger sieht, und für die hohe Gnade des Kirchenbesuchs von Schwachgläubigen ihre Lehre anpassen wird.

Würde man das glauben, dann läge dem wohl ein Missverständnis zur Bedeutung der deutschen Kirche in der Weltgemeinschaft zugrunde.
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von Misterfritz »

Michi hat geschrieben:(04 Apr 2021, 15:56)

Haupttreiber der Kirchenaustritte dürfte ein allgemeiner Säkularisierungstrend sein. Die evangelische Kirche ist davon genauso betroffen, obwohl sie verheiratete Priester und Frauenpriestertum kennt. Spannend ist aber die Frage, ob sich dieser Austrittstrend in den nächsten Jahren in der katholischen Kirche verstärkt, weil das Ausbleiben überfälliger Reformen immer weniger hingenommen wird.
Es kann in Deutschland aber keine Reformen der kath. Kirche losgelöst von Rom geben, die sind ja kein eigenständiger Verein.
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von Michi »

Misterfritz hat geschrieben:(04 Apr 2021, 16:31)

Es kann in Deutschland aber keine Reformen der kath. Kirche losgelöst von Rom geben, die sind ja kein eigenständiger Verein.
Ja, deswegen wird bei diesem synodalen Weg nicht mal ein Mini-Reförmchen rauskommen. Der synodale Weg ist de facto schon gescheitert.
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von Vongole »

Misterfritz hat geschrieben:(04 Apr 2021, 16:31)

Es kann in Deutschland aber keine Reformen der kath. Kirche losgelöst von Rom geben, die sind ja kein eigenständiger Verein.
Und genau das ist ein Witz. Der vorgesetze Weisungsgeber der deutschen Katholiken sitzt im Ausland, ein Umstand, den wir bei islamischen Glaubensverbänden kritisieren.
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Michi
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von Michi »

Wäre es rechtlich überhaupt möglich, dass sich zum Beispiel ein ganzes Bistum von Rom lossagt? Oder können nur Einzelpersonen austreten und dann ihre eigene Kirche gründen?
Meinungsfreiheit bedeutet, dass deine Meinung nicht illegal ist. Beknackt ist sie trotzdem.
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von Skeptiker »

Vongole hat geschrieben:(04 Apr 2021, 16:46)

Und genau das ist ein Witz. Der vorgesetze Weisungsgeber der deutschen Katholiken sitzt im Ausland, ein Umstand, den wir bei islamischen Glaubensverbänden kritisieren.
Hm, ich sehe da aber durchaus einen Unterschied, zwischen dem Papst als höchster Instanz der Katholischen Kirche, und einem Erdogan, der als weltlicher Politiker über die Ditib Einfluss auf Interessen in Deutschland nimmt.
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von Vongole »

Skeptiker hat geschrieben:(04 Apr 2021, 19:13)

Hm, ich sehe da aber durchaus einen Unterschied, zwischen dem Papst als höchster Instanz der Katholischen Kirche, und einem Erdogan, der als weltlicher Politiker über die Ditib Einfluss auf Interessen in Deutschland nimmt.
Der Papst ist Staatsoberhaupt des Vatikan, Päpste waren und sind immer auch Politiker, die Einfluss auf die jeweiligen Staaten nehmen, und wirklich nicht nur zu deren Vorteil, sondern zum Nachteil der Bewohner.
Als HIV in den afrikanischen Staaten grassierte, verdammte der Vatikan den Gebrauch von Kondomen, um nur ein Beispiel zu nennen.
Und von Pacelli fang ich besser gar nicht an.
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von Skeptiker »

Vongole hat geschrieben:(04 Apr 2021, 19:22)

Der Papst ist Staatsoberhaupt des Vatikan, Päpste waren und sind immer auch Politiker, die Einfluss auf die jeweiligen Staaten nehmen, und wirklich nicht nur zu deren Vorteil, sondern zum Nachteil der Bewohner.
Als HIV in den afrikanischen Staaten grassierte, verdammte der Vatikan den Gebrauch von Kondomen, um nur ein Beispiel zu nennen.
Und von Pacelli fang ich besser gar nicht an.
Die katholische Kirche ist integraler Bestandteil des Deutschen Staates und seiner Geschichte. Natürlich macht auch der Vatikan Politik, aber ich sehe ihn dennoch als Vertreter einer inneren Institution in Deutschland, auch wenn er im Ausland sitzt.

Hinter dem Papst sehe ich eben in erster Linie einen Vertreter der katholischen Christen. Hinter Erdogan sehe ich zuerst Erdogan, der über Umwege Einfluss auf Politik in Deutschland nimmt. Da sollte man vermeiden Äpfel mit Birnen zu vergleichen.
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von Vongole »

Skeptiker hat geschrieben:(04 Apr 2021, 19:47)

Die katholische Kirche ist integraler Bestandteil des Deutschen Staates und seiner Geschichte. Natürlich macht auch der Vatikan Politik, aber ich sehe ihn dennoch als Vertreter einer inneren Institution in Deutschland, auch wenn er im Ausland sitzt.
Als selbsternannter Vertreter einer Institution, die dazu offensichtlich der Ansicht ist, sie stände in Teilen über dem Gesetz.
Hinter dem Papst sehe ich eben in erster Linie einen Vertreter der katholischen Christen. Hinter Erdogan sehe ich zuerst Erdogan, der über Umwege Einfluss auf Politik in Deutschland nimmt. Da sollte man vermeiden Äpfel mit Birnen zu vergleichen.
Hinter dem Papst sehe ich in erster Linie den Vertreter der katholischen Kirche, die sich mehr und mehr von den katholischen Gläubigen entfernt, und überdies ganz offen Einfluss nimmt, man denke nur an Söders Kreuzzug.
Der politische Katholizismus ist nicht verschwunden, nur weil er leiser auftritt.
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von sünnerklaas »

Platon hat geschrieben:(03 Apr 2021, 11:59)

Als Reaktion auf den Missbrauchsskandal in Deutschland und vor dem Hintergrund von vielen Kirchenaustritten gibt es in der deutschen katholischen Kirche in den letzten 1-2 Jahren den Versuch Reformen einzuleiten, welche u.A. auf eine progressive Entwicklung in der Glaubenslehre abzielen bzw. diese offen zu diskutieren. Damit soll offenbar das Image verbessert und der Bedeutungsverlust der katholischen Kirche in Deutschland entgegengewirkt werden. Dieses Vorgehen wurde vom Papst in einem Brief an die deutschen Katholiken abgesegnet. Bei vielen Themen wie Sexualmoral oder auch die Priesterweihe scheint man aber im Rahmen dieses synodalen Weges (https://www.katholisch.de/aktuelles/the ... eutschland) mehrheitlich zu Positionen gelangt zu sein, welche in dieser Form von der Weltkirche bzw. der katholischen Kirche in Rom nicht geteilt werden.

Erst kürzlich hat die Glaubenskongregation der Kirche in Rom diesen Reformbemühungen der deutschen Kirche einen ersten Riegel vorgeschoben, als man klargestellt hat, dass die Segnung homosexueller Paare für die katholische Kirche nicht erlaubt ist.
https://press.vatican.va/content/salast ... 0.html#ted

Diese Entscheidung wurde kritisiert und es stellt sich die Frage, ob mittelfristig womöglich ein Konzil einberufen werden könnte, um Meinungsverschiedenheiten zwischen progressiven und nicht so progressiven Teilen der Kirche beizulegen. Was natürlich nicht heißen muss, dass sich die progessiven Kräfte durchsetzen. In diesem Fall könnte sogar eine faktische oder tatsächliche Abspaltung der katholischen Kirche in Deutschland anstehen, weil die Ansichten der deutschen Katholiken nicht mehr mit den Ansichten von Rom in ausreichendem Maße übereinstimmen.

Wird sich eurer Meinung nach die katholische Kirche spalten in einen progressiven Teil und einen konservativen?
Wie realistisch ist die Vorstellung, dass sich die katholische Weltkirche in einem dritten vatikanischen Konzil den progressiven Ansichten der deutschen Katholiken anschließt?
Wird der Reformprozess der deutschen katholischen Kirche dessen Attraktivität in Deutschland erhöhen bzw. ist das bereits der Fall?
Der Zölibat ist für viele in der Weltkirche ein ganz zentraler Bestandteil, sozusagen die DNA der katholischen Kirche. Es würde vermutlich weltweit einen Riesenaufstand geben, sollte der Zölibat auch nur ansatzweise angetastet werden. Genauso übrigens bei der Frage der Frauenordination oder der Zulassung der Weihe gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Vor allem in Afrika, aber auch in Osteuropa wären die letzten beiden Punkte ein Tabu-Bruch ohne gleichen. Kurz gesagt: das Konstrukt ist nicht reformierbar. Es hat ja schon wegen des Konzils Aufstände ohne Ende gegeben - und gibt sie immer noch.

Zu einer Abspaltung der deutschen katholischen Kirche dürfte es auch kaum kommen. Romtreue (heute: Glaubenstreue) und Reformer würden aufeinander los gehen. Und wegen der Frage, wer denn das Geld vom Staat bekäme, würde es auch einen Riesenärger geben. Vermutlich den Allergrößten.
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von Skeptiker »

Vongole hat geschrieben:(04 Apr 2021, 20:01)
Als selbsternannter Vertreter einer Institution, die dazu offensichtlich der Ansicht ist, sie stände in Teilen über dem Gesetz.
Wo ruft die Kirche zum Gesetzesbruch auf? Dass man eine andere Vorstellung davon hat, wie Gesetze lauten sollten, ist Normalität.
Hinter dem Papst sehe ich in erster Linie den Vertreter der katholischen Kirche, die sich mehr und mehr von den katholischen Gläubigen entfernt, ...
Bitte die Katholiken in Deutschland, nicht mit den Katholiken in der Welt verwechseln. Ich kann diese Entfremdung auf globaler Ebene nicht bestätigen.
... und überdies ganz offen Einfluss nimmt, man denke nur an Söders Kreuzzug.
Der politische Katholizismus ist nicht verschwunden, nur weil er leiser auftritt.
Die Katholische Kirche war schon immer eine Institution mit Macht. Das ist nicht neu, und das kann ich nicht als Einmischung eines fremden Staates auffassen.

Sehr gerne bin ich übrigens für eine stärkere Trennung zwischen Kirche und Staat. Da rennst du bei mir offene Türen ein.
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von Elmar Brok »

Vongole hat geschrieben:(04 Apr 2021, 19:22)
Als HIV in den afrikanischen Staaten grassierte, verdammte der Vatikan den Gebrauch von Kondomen, um nur ein Beispiel zu nennen.
Und von Pacelli fang ich besser gar nicht an.
Ist die Verdammung von Kondomen eigentlich noch aktuell? Das wäre wirklich absurd und eine Gefahr für die Menschheit. Klar abzulehnen und zu bekämpfen! Unterscheidet sich nicht großartig von Corona-Leugnern.
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von Misterfritz »

Elmar Brok hat geschrieben:(04 Apr 2021, 21:14)

Ist die Verdammung von Kondomen eigentlich noch aktuell? Das wäre wirklich absurd und eine Gefahr für die Menschheit. Klar abzulehnen und zu bekämpfen! Unterscheidet sich nicht großartig von Corona-Leugnern.
Da es bisher keine Abkehr der kath. Sexualmoral gibt (Sex nur innerhalb der Ehe und nur Zwecks Zeugung), dürfte auch die Kondomverdammung geblieben sein.
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von jellobiafra »

Misterfritz hat geschrieben:(04 Apr 2021, 21:23)

Da es bisher keine Abkehr der kath. Sexualmoral gibt (Sex nur innerhalb der Ehe und nur Zwecks Zeugung), dürfte auch die Kondomverdammung geblieben sein.
Kondome sind verboten als Verhütungsmittel. Sie sind erlaubt als Schutz vor AIDS in der katholischen Theologie. Zwar favorisiert die katholische Lehre eheliche Treue und Enthaltsamkeit, aber wer das nicht hinkriegt, soll Kondome benutzen.
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von jellobiafra »

Der Vatikan verdammte eine Form der Aids Prophylaxe, die ausschließlich auf Kondome setzt.
Der Vatikan bevorzugt Abstinenz und eheliche Treue als die Mittel erster Wahl.
Kondome sind übrigens ein ziemlich
unzuverlässiger Schutz gegen HIV, vor allem, wenn man sie nicht benutzt. Das kommt häufig vor, denn Sex macht ohne mehr Spass.
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von jellobiafra »

Angesehen davon, galt es immer als eine grössere Sünde, Leben und Gesundheit anderer zu gefährden, als ein Kondom zu benutzen.

Ein HIV Positiver, der beim Sex auf ein Kondom verzichtet, hatte niemals den Segen der katholischen Kirche.
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von Misterfritz »

jellobiafra hat geschrieben:(04 Apr 2021, 21:52)

Angesehen davon, galt es immer als eine grössere Sünde, Leben und Gesundheit anderer zu gefährden, als ein Kondom zu benutzen.

Ein HIV Positiver, der beim Sex auf ein Kondom verzichtet, hatte niemals den Segen der katholischen Kirche.
Versuchst Du hier die kath. Sexualmoral zu verteidigen?
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von jellobiafra »

Misterfritz hat geschrieben:(04 Apr 2021, 22:26)

Versuchst Du hier die kath. Sexualmoral zu verteidigen?
Nö, nur einen Teilaspekt klarzustellen.
Bezüglich Kondombenutzung bei HIV Gefahr, hat Ratzinger 2013 ein Interview gegeben, lässt sich leicht googeln. Quintessenz: Kondome sind erlaubt in Ausnahmefällen, z.B. um vor einer Ansteckung zu schützen, oder für bestimmte Personengruppen, er nannte männliche Prostituierte, der Vatikansprecher sagte tags drauf, dass natürlich auch weibliche und transexuelle Prostituierte gemeint waren.
Die Sache mit der größeren (Lebensgefährdung) und kleineren (Kondombenutzung) Sünde, hat mir tatsächlich einmal ein katholischer Theologiestudent so erklärt.
Die katholische Sexuallehre lehne ich größtenteils ab.
Atue001
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von Atue001 »

sünnerklaas hat geschrieben:(04 Apr 2021, 20:14)

Der Zölibat ist für viele in der Weltkirche ein ganz zentraler Bestandteil, sozusagen die DNA der katholischen Kirche. Es würde vermutlich weltweit einen Riesenaufstand geben, sollte der Zölibat auch nur ansatzweise angetastet werden. Genauso übrigens bei der Frage der Frauenordination oder der Zulassung der Weihe gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Vor allem in Afrika, aber auch in Osteuropa wären die letzten beiden Punkte ein Tabu-Bruch ohne gleichen. Kurz gesagt: das Konstrukt ist nicht reformierbar. Es hat ja schon wegen des Konzils Aufstände ohne Ende gegeben - und gibt sie immer noch.

Zu einer Abspaltung der deutschen katholischen Kirche dürfte es auch kaum kommen. Romtreue (heute: Glaubenstreue) und Reformer würden aufeinander los gehen. Und wegen der Frage, wer denn das Geld vom Staat bekäme, würde es auch einen Riesenärger geben. Vermutlich den Allergrößten.
Die Situation in der katholischen Weltkirche im allgemeinen und der katholischen Kirche in Deutschland unterscheidet sich.

Das Kernproblem in Deutschland ist, dass in Deutschland typischerweise ernst genommen wird, was Rom so sagt.....in weiten Teilen der Weltkirche interessiert das nur am Rande.
In der Folge kommt es in Deutschland dazu, dass wir Rom ernst nehmen, wenn es um das Zölibat geht, wenn es um Frauen als Priester geht, und selbst darum, was genau man glaubt, wenn es um Maria ihre Empfängnis oder auch ihren Aufstieg in den Himmel geht......und schließlich auch, ob und wie genau das mit dem Leib und Blut Christi ist, wenn es um das Abendmahl geht......

Die eigentliche Abspaltung von Rom in diesen Themen gab es schon - es sind die Altkatholiken, die sich in Folge des 1. vatikanischen Konzils abgespaltet haben. Sie teilen mit der katholischen Kirche sehr viele Glaubenslehren - aber eben nicht, dass der Papst der oberste Glaubenshüter ist. Er ist nur einer unter mehreren, wenn auch ein besonderer. Die Altkatholiken können dann auch in der Folge ohne Zölibat, können mit Frauen in Priesterämtern und vieles mehr.

Der wichtigste Unterschied ist aber wohl: Altkatholiken können auch mit Protestanten!

Letzten Endes erscheint es Otto-Normalo ziemlich irrelevant, ob man nun 100% daran glaubt, was da die r.k. Kirche so von sich gibt, oder ob man an der ein oder anderen Stelle durchaus berechtigte Zweifel hegt, und Dinge wie die jungfräuliche Empfängnis und anderes etwas anders interpretiert. Für das persönliche Verhalten sollte es nicht entscheidend sein, ob Maria mit Leib oder ohne Leib in den Himmel aufgestiegen ist.....
Beschämend sollte es für Katholiken aber sein, wenn sie sich ausgrenzend und diskriminierend verhalten - mal gegenüber Frauen, mal gegenüber Menschen die eigentlich das Gleiche glauben.......aber dennoch ausgegrenzt werden.
Und schämen sollte sich die Katholische Kirche dafür, dass sie gleichgeschlechtliche Paare nicht mehr segnen will, weil es ja sein KÖNNTE dass man damit in der Folge Handlungen segnet, die Gott nicht so richtig gefallen......
Beschämend ist das für die Katholische Kirche, weil bei konsequenter Auslegung dieser Interpretation KEINE Ehe mehr geschlossen werden darf, weil man ruhig davon ausgehen darf, dass in den meisten Ehen doch so einiges passiert, was eine Sünde ist.....und beschämend ist das für die Katholische Kirche, weil die jüngeren Skandale gerade gezeigt haben, dass man unter einer solchen Sichtweise auch keine Priester mehr weihen darf, weil Priesterweihen in zu vielen Fällen dazu führen, dass Priester sich an unschuldigen Kindern vergehen, was man mit einer Weihe ja regelrecht segnen würde.....
Im Vergleich zu den bekannten Vergehen von katholischen Priestern erscheint einem normal denkenden Menschen das potentielle gleichgeschlechtliche Paarungsverhältnis von sich liebenden Menschen gleichen Geschlechtes geradezu göttlich gesegnet.....

Nein - es sind nicht die Katholiken, die den wahren Glauben verfolgen - spätestens seit dem 1. vatikanischen Konzil ist es gerade die Katholische Kirche, die sich weg vom ursprünglichen Glauben bewegt hat! DAS gehört korrigiert!

So gesehen sind die Altkatholiken die wahren Katholiken - und Rom schafft sich selbst ab. Erst in Deutschland, dann in Europa - und schließlich in der ganzen Welt.
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von Liegestuhl »

Skeptiker hat geschrieben:(03 Apr 2021, 12:51)
Im Grundsatz ist es das Markenzeichen der Katholischen Kirche für ein konservativeres Weltbild zu stehen. Das ist weltweit der viel größere Trend in der Katholischen Kirche. Wieder einmal nehmen sich die progressiven Strömungen insbesondere in Deutschland dabei viel zu wichtig. Niemals würden die sich in einem Konzil durchsetzen. Die in der Welt sehr gläubigen Strömungen werden sich nicht von den als schwachgläubig gesehenen, kleinen progressiven Strömungen den Glauben vorschreiben lassen.
So ist es. Deutschland ist nicht der Nabel der Welt. Und schon gar nicht der katholischen Welt. Die katholische Weltkirche wächst, weil sie eben nicht mit der Zeit geht und ihre Prinzipien aufweicht. Sie macht den Gläubigen ein Angebot, auf dessen Beständigkeit sie sich verlassen können und das weltweit mehr Leute annehmen, als es ablehnen.
Ich schulde dem Leben das Leuchten in meinen Augen.
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Re: (Ab)Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland?

Beitrag von sünnerklaas »

Atue001 hat geschrieben:(12 Apr 2021, 00:26)

Die Situation in der katholischen Weltkirche im allgemeinen und der katholischen Kirche in Deutschland unterscheidet sich.

Das Kernproblem in Deutschland ist, dass in Deutschland typischerweise ernst genommen wird, was Rom so sagt.....in weiten Teilen der Weltkirche interessiert das nur am Rande.
In der Folge kommt es in Deutschland dazu, dass wir Rom ernst nehmen, wenn es um das Zölibat geht, wenn es um Frauen als Priester geht, und selbst darum, was genau man glaubt, wenn es um Maria ihre Empfängnis oder auch ihren Aufstieg in den Himmel geht......und schließlich auch, ob und wie genau das mit dem Leib und Blut Christi ist, wenn es um das Abendmahl geht......
Das entstammt einer Win-Win-Situation, die sich aus dem Reichsdeputationshauptschluss, aber auch schon aus der Geschichte des HRR ergeben hat. Ursprünglich gab es ja die "Arbeitsteilung": der Papst in Rom als Stellvertreter Christi auf Erden, der römisch-deutsche Kaiser als Stellvertreter Gottes auf Erden. Letzteres haben sich dann ja die österreichisch-ungarischen Kaiser über 1806 hinaus bis 1918 gesichert. Franz-Josef I. hat ja 1902 eine Papstwahl verhindert, in dem er vom Recht der Exklusive Gebrauch gemacht hat. Das war eine Machtdemonstration. Umgekehrt wurden deutsche und österreichische Bischöfe und Erzbischöfe immer wieder großzügig mit Kardinalshüten bedacht. War ja auch notwendig, denn die deutschen, österreichischen und schweizerischen Bistümer gelten in Rom als Goldesel. Sie sind die reichsten katholischen Bistümer der Welt. Das sichert wiederum Einfluss in Rom - über die katholischen Fakultäten an den deutschsprachigen Universitäten. Das alles sollte man nicht unterschätzen.
Die eigentliche Abspaltung von Rom in diesen Themen gab es schon - es sind die Altkatholiken, die sich in Folge des 1. vatikanischen Konzils abgespaltet haben. Sie teilen mit der katholischen Kirche sehr viele Glaubenslehren - aber eben nicht, dass der Papst der oberste Glaubenshüter ist. Er ist nur einer unter mehreren, wenn auch ein besonderer. Die Altkatholiken können dann auch in der Folge ohne Zölibat, können mit Frauen in Priesterämtern und vieles mehr.

Der wichtigste Unterschied ist aber wohl: Altkatholiken können auch mit Protestanten!
Wobei sich das Verhältnis zwischen Katholiken und Protestanten nach dem II. Vatikanischen Konzil ebenfalls - sehr zum Leidwesen der Traditionalisten - in atemberaubenden Tempo entspannt hat. Bei einigen Traditionalisten hört ja die Papstzählung mit Pius XII. auf, andere haben nur hinter vorgehaltener Hand den nachfolgenden Päpsten die Anerkennung entzogen. Der Grund, warum sie es aber nicht offen sagen: sie würden ihre Bühne verlieren. Dem Selbstdarsteller alleine wird nicht zugehört, er steht irgendwo am Rande.
Letzten Endes erscheint es Otto-Normalo ziemlich irrelevant, ob man nun 100% daran glaubt, was da die r.k. Kirche so von sich gibt, oder ob man an der ein oder anderen Stelle durchaus berechtigte Zweifel hegt, und Dinge wie die jungfräuliche Empfängnis und anderes etwas anders interpretiert. Für das persönliche Verhalten sollte es nicht entscheidend sein, ob Maria mit Leib oder ohne Leib in den Himmel aufgestiegen ist.....
Wobei es interessant ist, hier anzumerken, dass nach Pius XII. es kein Papst mehr gewagt hat, sich auf den Stuhl Petri zu setzen und ex cathedra in päpstlicher Unfehlbarkeit ein Dogma zu verkünden. Pius XII. hat seinerzeit eine Menge Prügel dafür bezogen, der Schaden war größer, als der Nutzen.

Beschämend sollte es für Katholiken aber sein, wenn sie sich ausgrenzend und diskriminierend verhalten - mal gegenüber Frauen, mal gegenüber Menschen die eigentlich das Gleiche glauben.......aber dennoch ausgegrenzt werden.
Und schämen sollte sich die Katholische Kirche dafür, dass sie gleichgeschlechtliche Paare nicht mehr segnen will, weil es ja sein KÖNNTE dass man damit in der Folge Handlungen segnet, die Gott nicht so richtig gefallen......
Beschämend ist das für die Katholische Kirche, weil bei konsequenter Auslegung dieser Interpretation KEINE Ehe mehr geschlossen werden darf, weil man ruhig davon ausgehen darf, dass in den meisten Ehen doch so einiges passiert, was eine Sünde ist.....und beschämend ist das für die Katholische Kirche, weil die jüngeren Skandale gerade gezeigt haben, dass man unter einer solchen Sichtweise auch keine Priester mehr weihen darf, weil Priesterweihen in zu vielen Fällen dazu führen, dass Priester sich an unschuldigen Kindern vergehen, was man mit einer Weihe ja regelrecht segnen würde.....
Im Vergleich zu den bekannten Vergehen von katholischen Priestern erscheint einem normal denkenden Menschen das potentielle gleichgeschlechtliche Paarungsverhältnis von sich liebenden Menschen gleichen Geschlechtes geradezu göttlich gesegnet.....
Es geht dabei darum, über andere zu bestimmen. Es geht um Macht. Und dann kommen die ganzen Widersprüche: konvertierte evangelische Pfarrer sind selbstverständlich verheiratet und haben Familie, wenn sie zu Priestern geweiht werden. Und dann wären da die ganzen Geschichten mit dem sexuellen Missbrauch, bei dem die Glaubensbrüder bis hin zu Bischöfen, Erzbischöfen etc. artig weggesehen haben - es sei denn, man konnte den Amtsbruder nicht leiden.
Nein - es sind nicht die Katholiken, die den wahren Glauben verfolgen - spätestens seit dem 1. vatikanischen Konzil ist es gerade die Katholische Kirche, die sich weg vom ursprünglichen Glauben bewegt hat! DAS gehört korrigiert!

So gesehen sind die Altkatholiken die wahren Katholiken - und Rom schafft sich selbst ab. Erst in Deutschland, dann in Europa - und schließlich in der ganzen Welt.
Sie ist selbst in ihrer heutigen Form ein überkommenes Relikt aus dem Römischen Reich, vor allem aber aus dem HRR. Das HRR wurde 1806 mit der Abdankung von Franz II. aber aufgelöst. Im Deutschen Bund spielte die katholische Kirche keine politische Rolle mehr.
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