Religiöse Vorhautbeschneidung in der Kritik

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Liegestuhl
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Re: Religiöse Vorhautbeschneidung in der Kritik

Beitrag von Liegestuhl »

Zahnderschreit hat geschrieben:(14 May 2021, 15:57)

Beachte das erste Wort.
Du hältst also männliche Beschneidungen vergleichbar mit Kinderhochzeiten.
Finde ich jetzt aus ethischen Gesichtspunkten auch nicht besser.
Ich schulde dem Leben das Leuchten in meinen Augen.
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BlueMonday
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Re: Religiöse Vorhautbeschneidung in der Kritik

Beitrag von BlueMonday »

Liegestuhl hat geschrieben:(26 Apr 2021, 16:09)

Wem glaubst du denn mit einem Gesetz zu helfen? Glaubst du, Juden, die ihre Kinder beschneiden lassen wollen, würden es plötzlich lassen, weil die aufrechten Deutschen es so wollen?

Veränderungen bezüglich Beschneidungen müssen aus der jüdischen und der muslimischen Community kommen. Mit Gesetzen wirst du allenfalls gegenseitiges Misstrauen zwischen Juden, Muslimen und "den Deutschen" schüren. Fronten werden sich verhärten und das ist keine Grundlage für Verständnis oder einem kritischen Hinterfragen.
Da hast du mcih missverstanden. Ich will da niemanden bevorzugt in dieser Sache "helfen".
Mir geht es elementar um die Frage, wie weit ein Staatswesen in "persönliche Angelegenheiten" faktisch reicht, also sich herausnimmt zu intervenieren, und wie es zu dieser Macht zum Eingriff kam. Die Intervention ist ja an der Tagesordnung, auch durchaus unter Applaus von Teilen des Publikums ("Staatsvolk"). Und das "Gewaltmonopol" des Staates schreckt ja nicht sofort zurück, nur weil es Widerstand oder "Frontenbildungen" befürchtet. Die ganze Pointe der Staatsgewalt ist es ja gerade sich gegen Widerstände durchzusetzen (und den möglichen Widerstand im Vorfeld weitgehend zu entwaffnen).

Nun kann man es sich bequem machen und sagen: Alles, was "das Recht"(die Legislative) positiv setzt (zum "Gesetz" macht), ist auch richtig/recht bzw. nicht zu beanstanden, zumindest klaglos zu befolgen, so wie es etwa neulich der grüne Kretschmann vom dt. Staatsvolk ernstlich einforderte.
Und da kann einestages eine bislang nicht verbotene, ungestrafte, bis dato für das "öffentliche Interesse" belanglose Handlung plötzlich unter Strafe stehen. Das passiert ja immer wieder, dass sich die Gesetzeslage eines Staates ändert. Das ist ja geradezu der Arbeitsnachweis der sog. Legislative, die Gesetzeslage immer wieder zu ändern. Da ist es nun nebensächlich, wer sich und warum durch diese Änderung "geholfen" sieht. Offenbar gab es ja Motive zur Änderung.
Inwiefern "hilft" es dir bspw., wenn irgendein Straftäter für seine Straftat bestraft wird? Mna könnte es ja auch lassen.

Mit Abstand betrachtet bleibt eine Machtkonstellation übrig, die den Eingriff möglich macht oder auch verhindert. Also wenn du dich einestages einer Intervention gegenübersiehst(man hindert durch Strafandrohung an einer Handlung), dann ist es das Letzte, was dir zu diesem späten Zeitpunkt noch hilft zu fragen: "Was geht es euch überhaupt an?" Offenbar so einiges, wenn man so weit gekommen ist. Man hat es sich herausgenommen und du bist offensichtlich machtlos dagegen.
Das wäre ja eine Frage, die grundsätzlich immer zu stellen wäre. Die ganze politische Sphäre besteht ja aus nichts anderem als den Eingriff in persönliche Angelegenheiten. Man macht eine private Sache zur öffentlichen Sache. "Das Private ist das Politische." Und die Entscheidungsräume vergrößern sich zusehends.
Die Büchse der Pandorra ist praktisch geöffnet mit der ersten "öffentlichen Angelegenheit". Und so wird auch die rituell versehrte Kindervorhaut immer wieder zu einer öffentlichen Angelegenheit. Die eigentliche Politik("public choice") spielt sich immer im Vorfeld des positiven Rechts ab, sonst würde sich das Recht ja praktisch nie ändern. Der entscheidende Impuls kommt immer von außerhalb des Rechts. Letztlich geht es um die Gestaltung der Welt. Der Liberale lässt möglichst viele Privatparzellen übrig ("private choice"). Der Kollektivtist, der Etatist will diese Gartenzäune überwinden und mitbestimmen, was im Garten wächst oder weggeschnitten wird...

Da gibt es ja auch vieles zu lernen, wie man kleinere Entscheidungsräume etabliert oder verteidigt, in die der Staat offenbar immer noch nicht so einfach eindringen kann.
ensure that citizens are informed that the vaccination is not mandatory and that no one is under political, social or other pressure to be vaccinated if they do not wish to do so;
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Antonius
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Re: Religiöse Vorhautbeschneidung in der Kritik

Beitrag von Antonius »

BlueMonday hat geschrieben:(14 May 2021, 20:59)
(...)
Mit Abstand betrachtet bleibt eine Machtkonstellation übrig, die den Eingriff möglich macht oder auch verhindert. Also wenn du dich einestages einer Intervention gegenübersiehst(man hindert durch Strafandrohung an einer Handlung), dann ist es das Letzte, was dir zu diesem späten Zeitpunkt noch hilft zu fragen: "Was geht es euch überhaupt an?" Offenbar so einiges, wenn man so weit gekommen ist. Man hat es sich herausgenommen und du bist offensichtlich machtlos dagegen.
Das wäre ja eine Frage, die grundsätzlich immer zu stellen wäre. Die ganze politische Sphäre besteht ja aus nichts anderem als den Eingriff in persönliche Angelegenheiten. Man macht eine private Sache zur öffentlichen Sache. "Das Private ist das Politische." Und die Entscheidungsräume vergrößern sich zusehends.
Die Büchse der Pandorra ist praktisch geöffnet mit der ersten "öffentlichen Angelegenheit". Und so wird auch die rituell versehrte Kindervorhaut immer wieder zu einer öffentlichen Angelegenheit. Die eigentliche Politik("public choice") spielt sich immer im Vorfeld des positiven Rechts ab, sonst würde sich das Recht ja praktisch nie ändern. Der entscheidende Impuls kommt immer von außerhalb des Rechts. Letztlich geht es um die Gestaltung der Welt. Der Liberale lässt möglichst viele Privatparzellen übrig ("private choice"). Der Kollektivtist, der Etatist will diese Gartenzäune überwinden und mitbestimmen, was im Garten wächst oder weggeschnitten wird...
Da gibt es ja auch vieles zu lernen, wie man kleinere Entscheidungsräume etabliert oder verteidigt, in die der Staat offenbar immer noch nicht so einfach eindringen kann.
Ich möchte Dir ausdrücklich Recht in Deiner Argumentation geben.
Die "rituell versehrte Kindervorhaut" kann zu einer öffentlichen Angelegenheit werden, wenn die Angehörigen, den Anstoß zur Reform zu geben.
Das geschieht, wenn es im Judentum eine ernsthafte Debatte darüber gibt, die Brit Milah ( בְּרִית מ'לָה ) durch die Brit Shalom ( ברית שלום) zu ersetzen.
Die Debatte führt zu der Erkenntnis, daß das Beschneidungsritual weder eine hinreichende noch eine notwendige Bedingung für das Dasein im Judentum ist.
SAPERE AUDE - Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.
Immanuel Kant (1724-1804)
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