Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

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JJazzGold
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von JJazzGold »

Vongole hat geschrieben:(24 Nov 2018, 14:26)

Sag mal, hast du eigentlich den Eingangsthread gelesen? Es geht um ein Volk, das niemals mit unseren Wertevorstellungen in Berührung kam.
Wie sollen sie also zwischen Recht und Unrecht unterscheiden? Jedem Kind muss man das erst vermitteln, geboren wird es nicht damit.
Ich gehe davon aus, dass sie ihre eigene Werteskala haben, nur muss diese nicht deckungsgleich mit unserer sein.
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Cat with a whip
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Cat with a whip »

MäckIntaier hat geschrieben:(22 Nov 2018, 15:01)

Aber wie bewerten wir eigentlich aus ethischer Sicht das Verhalten der Andamaner? Hatten die ein Recht, den Missionar zu töten?
Müssen sie hinfahren, und die Sprache lernen und nachfragen. Solange das niemand macht, kennt man deren Recht nicht und es reine Spekulation.
"Die Erde ist ein Irrenhaus. Dabei könnte das bis heute erreichte Wissen der Menschheit aus ihr ein Paradies machen." Joseph Weizenbaum
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Stoner »

Cat with a whip hat geschrieben:(24 Nov 2018, 17:17)

Müssen sie hinfahren, und die Sprache lernen und nachfragen. Solange das niemand macht, kennt man deren Recht nicht und es reine Spekulation.
Über diesen anfänglichen Punkt ist die Diskussion ja inzwischen längst hinaus.
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McKnee
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von McKnee »

PeterK hat geschrieben:(24 Nov 2018, 15:49)
Mal abgesehen davon, dass Du IMO den Begriff des Notwehrexzesses entweder nicht kennst oder ihn nicht berücksichtigst.
Du hast hier nicht von Notwehrexzess gesprochen oder suchst du nun nen Ausweg?

Du solltest dir Gedanken über deine Aussagen machen, bevor du darüber nachdenkst, was ich berücksichtige oder nicht.
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BlueMonday
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von BlueMonday »

Also wonach suchen? Nach einem überpositiven Recht?

Man wird nichts außerhalb finden, nun innerhalb in sich selbst. Recht fußt auf Affekten. Ein schlechtes Gewissen zeugt von Unrecht, von einer Diskrepanz, das Rechtsgefühl will diese Diskrepanz beenden. Ist man mit sich im Reinen, bei dem was man tut, ist man im Recht.
Der Mensch ist ein "operativ geschlossenes System" (Luhmann, Maturana). Rechtsvorstellungen können nicht übertragen werden, nicht wie in ein leeres Gefäß gegossen werden. Sie können von außen nur energetisch angeregt werden, durch Störung des inneren Friedens. Die ganze Palette der vorstellbaren, denkbaren Möglichkeiten muss bereits als Keim angelegt sein, sonst können sie nicht angeregt oder betäubt werden. Ein Hitler kann nicht Nazis "machen", er kann nur bereits Vorhandenes buchstäblich hervorrufen und wecken und zuerst in sich selbst.

Der Missionar fühlte sich im Recht, war erweckt, sonst hätte er nicht getan, was er getan hat. Der Stamm fühlte ich im Recht, ist erweckt, sonst hätte er nicht getan, was er getan hat.
Was haben wir vor mit dem Stamm? Das ist doch die eigentliche Frage, zu was berechtigen wir uns? Zur Störung. Zum Eingriff?
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Misterfritz »

BlueMonday hat geschrieben:(24 Nov 2018, 18:47)Was haben wir vor mit dem Stamm? Das ist doch die eigentliche Frage, zu was berechtigen wir uns? Zur Störung. Zum Eingriff?
Wir? Wer ist wir?
Das Salz in der Suppe des Lebens ist nicht Selbstdisziplin, sondern kontrollierte Unvernunft ;)
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von BlueMonday »

Misterfritz hat geschrieben:(24 Nov 2018, 18:55)

Wir? Wer ist wir?
Die Mitglieder der Sprachgemeinschaft(en) außerhalb des isolierten Stammes, die auf ihn gestoßen sind und sich bspw. in dem Thread hier fragen, was rechtens ist.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Stoner »

Cat with a whip hat geschrieben:(24 Nov 2018, 18:58)

Dh. die Diskussion ist irrelevant und hat sich erledigt. Ich finde auch dass das Thema geschlossen werden kann.
Eine Grundlage fürs "auch" ist nicht zu entdecken.

Es bleibt aber jedem unbenommen, sich in anderen Strängen einzubringen. Die Forumsregeln sehen keinen Schreibzwang für offene Stränge vor.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von PeterK »

McKnee hat geschrieben:(24 Nov 2018, 18:24)
Du hast hier nicht von Notwehrexzess gesprochen oder suchst du nun nen Ausweg?
Du schriebst: "Nach einer überragend mehrheitlichen Wertevorstellung ist die Tötung eines Menschen in Notwehr gerechtfertigt." Das ist - so pauschal formuliert - nicht korrekt.

Ich versuche lediglich, Dich darauf aufmerksam zu machen, dass auch in einer Notwehrlage das mildeste Mittel zu ergreifen ist.
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McKnee
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von McKnee »

PeterK hat geschrieben:(25 Nov 2018, 09:40)

Du schriebst: "Nach einer überragend mehrheitlichen Wertevorstellung ist die Tötung eines Menschen in Notwehr gerechtfertigt." Das ist - so pauschal formuliert - nicht korrekt.

Ich versuche lediglich, Dich darauf aufmerksam zu machen, dass auch in einer Notwehrlage das mildeste Mittel zu ergreifen ist.
Das ist ja mal ein guter Ansatz. Dann tu das auch in dieser Art, die du ja beherrscht. Sprichst du mich so an, bekommst du auch eine angemessene Antwort.

Nein, sie ist so pauschal nicht richtig. Ich wollte das Thema an dieser Stelle nicht weiter vertiefen, weil es wieder so weit vom "roten Faden" abweicht, dass ich meine Beiträge wieder in der Ablage finde.

Nur ganz kurz dazu. Ich sehe die opportune Subsumtion des Exzesses unter die Rechtfertigung der Notwehr sehr kritisch.

Vielleicht können wir uns in der Tiefe bei diesem Thema auf die Rechtfertigung des erforderlichen Notwehrmittels einigen.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von PeterK »

McKnee hat geschrieben:(25 Nov 2018, 09:50)
Vielleicht können wir uns in der Tiefe bei diesem Thema auf die Rechtfertigung des erforderlichen Notwehrmittels einigen.
Das können wir. Ich sehe Meucheln hier - offenbar im Gegensatz zu anderen (ich meine nicht Dich) - nicht als erforderlich an.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von PeterK »

Zunder hat geschrieben:(24 Nov 2018, 16:20)
Das Kriegsvölkerrecht legitimiert auch nach "unserer" Ethik die Tötung des Feindes.

Die Sentilesen haben den Missionar erst zurückgewiesen. Als er trotzdem wieder angetanzt kam, könnten sie das nicht zu Unrecht als Kriegserklärung genommen haben. Und aus die Maus.
Da ich mich im Kriegsvölkerrecht nicht so gut auskenne: Kann dem Kriegsvölkerrecht nach eine einzelne Person (hier der wirre "Missionar") den Krieg erklären? Es wunderte mich, wenn dem so wäre.
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McKnee
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von McKnee »

PeterK hat geschrieben:(25 Nov 2018, 10:14)

Kann dem Kriegsvölkerrecht nach eine einzelne Person (hier der wirre "Missionar") den Krieg erklären?
Soweit ich weiß, ist dies grundsätzlich möglich. Es hat entsprechende Vorfälle an europäischen Grenzen gegeben. Dies wurden mittlerweile über bilaterale Vereinbarungen geregelt. Ich bin mir nicht sicher, ob dazu das Kriegs- bzw Völkerrecht geändert wurde.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Stoner »

Wenn in einer Notwehrlage das mildeste Mittel zu ergreifen ist, woran misst sich dieses mildeste Mittel: Am Unmittelbaren oder auch am (erwarteten) Mittelbaren? Denn die Gefahr, die der Missionar darstellt, ist ja auch nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar zu verstehen.

Im Strafrecht gibt es hierzulande den Begriff der Putativnotwehr.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von PeterK »

MäckIntaier hat geschrieben:(25 Nov 2018, 10:30)
Im Strafrecht gibt es hierzulande den Begriff der Putativnotwehr.
Damit wärest Du beim ETBI und weit weg von Deiner Frage:
MäckIntaier hat geschrieben:(22 Nov 2018, 15:01)
Hatten die ein Recht, den Missionar zu töten?
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McKnee
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von McKnee »

MäckIntaier hat geschrieben:(25 Nov 2018, 10:30)

Wenn in einer Notwehrlage das mildeste Mittel zu ergreifen ist, woran misst sich dieses mildeste Mittel: Am Unmittelbaren oder auch am (erwarteten) Mittelbaren? Denn die Gefahr, die der Missionar darstellt, ist ja auch nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar zu verstehen.

Im Strafrecht gibt es hierzulande den Begriff der Putativnotwehr.

Wir führen hioer eine Diskussion auf der Grundlage unserer "Standards" mit denen wir ein Verhalten von Menschen bewerten, die diese nicht kennen.

Für mich ergeben sich zwei "Fragen"

mit welchem Recht wollte dieser Mensch die Inselbewohner mit aller Macht missionieren?

können wir diesen Inselbewohnern unsere "Wertvorstellungen" vorhalten?

Vielleicht ist dieser Vergleich zu weit hergeholt, aber ...

wenn ein Artist zwischen zwei Berggipfeln ungesichert auf einem Seil balanciert und dabei abstürzt, sprenge ich dann die Gipfel und fülle das Tal mit ihnen auf?
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Skeptiker »

MäckIntaier hat geschrieben:(25 Nov 2018, 10:30)
Wenn in einer Notwehrlage das mildeste Mittel zu ergreifen ist, woran misst sich dieses mildeste Mittel: Am Unmittelbaren oder auch am (erwarteten) Mittelbaren? Denn die Gefahr, die der Missionar darstellt, ist ja auch nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar zu verstehen.

Im Strafrecht gibt es hierzulande den Begriff der Putativnotwehr.
Wir verstricken uns in Detaildiskussionen darüber was LAUT DEUTSCHEM RECHT in der Situation angemessen gewesen wäre. Wie steht es denn mit dem Recht was auf der Insel gilt?

Die Argumente da würde ein Naturrecht gelten welches in irgendeiner Form dem unsrigen in der Auslegung von Notwehr ähnelt, sind für mich nicht überzeugend.

Indien hat den Bewohnern der Insel vollständige Selbstverwaltung überlassen. Das bedeutet auch, dass DEREN Rechtsnormen gelten. Man kann natürlich eine eigene Diskussion darüber führen wie diese Situation übertragen auf die Nordseeinseln mit einem Angriff tödlich hochansteckender Zombies zu interpretieren wäre, aber das ist eben nicht die Situation um die es geht.

Es ist schon bemerkenswert, dass es gerade die Kämpfer für Vielfalt in der Gesellschaft sind, die den Gedanken ablehnen, dass Vielfalt in der Welt auch Vielfalt der Rechts- und Normensysteme in der Welt nahelegt. Da haben manche Universalisten scheinbar erhebliche Probleme mit. Dass Inselbewohner ihre eigenen Maßstäbe haben scheint ein unerträglicher Gedanke zu sein.

PS: McKnee war schneller, hatte das hier aber schon getippt … also raus damit.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von PeterK »

McKnee hat geschrieben:(25 Nov 2018, 11:00)
Wir führen hioer eine Diskussion auf der Grundlage unserer "Standards"
Korrekt. Die Frage des TE lautet:
MäckIntaier hat geschrieben:(22 Nov 2018, 15:01)
Aber wie bewerten wir eigentlich aus ethischer Sicht das Verhalten der Andamaner? Hatten die ein Recht, den Missionar zu töten?
Meine Antwort darauf ist: Nein.

Wie beantwortest Du die Frage des TE? (Sollte ich eine Antwort Deinerseits überlesen haben, bitte ich um Entschuldigung)
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McKnee
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von McKnee »

Ich kann darauf nicht so eindeutig antworten wie du.

Aus unserer Bewertung hatten sie das Recht nicht. Aus ihrer Sicht war es gerechtfertigt.

War es sein Recht, sie mit diesem Druck missionieren zu wollen? War es nicht ihr Recht, ihm da zu verbieten sich ihnen auch nur zu nähern?

Leben sie auf ihrer Insel, auf Distanz zu unserer "Wertewelt", haben wir das Recht ihre Werte zu bestimmen? Hätten sie das Recht, mit ihren Werten in unsere Wertewelt "einzudringen"?
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Stoner »

Skeptiker hat geschrieben:(25 Nov 2018, 11:02)

Wir verstricken uns in Detaildiskussionen darüber was LAUT DEUTSCHEM RECHT in der Situation angemessen gewesen wäre. Wie steht es denn mit dem Recht was auf der Insel gilt?

Die Argumente da würde ein Naturrecht gelten welches in irgendeiner Form dem unsrigen in der Auslegung von Notwehr ähnelt, sind für mich nicht überzeugend.

Indien hat den Bewohnern der Insel vollständige Selbstverwaltung überlassen. Das bedeutet auch, dass DEREN Rechtsnormen gelten. Man kann natürlich eine eigene Diskussion darüber führen wie diese Situation übertragen auf die Nordseeinseln mit einem Angriff tödlich hochansteckender Zombies zu interpretieren wäre, aber das ist eben nicht die Situation um die es geht.

Es ist schon bemerkenswert, dass es gerade die Kämpfer für Vielfalt in der Gesellschaft sind, die den Gedanken ablehnen, dass Vielfalt in der Welt auch Vielfalt der Rechts- und Normensysteme in der Welt nahelegt. Da haben manche Universalisten scheinbar erhebliche Probleme mit. Dass Inselbewohner ihre eigenen Maßstäbe haben scheint ein unerträglicher Gedanke zu sein.

PS: McKnee war schneller, hatte das hier aber schon getippt … also raus damit.
Ja, stimme ich zu. Mir kam nach dem letzten Beitrag von PeterK und dem Rückverweis auf die Eingangsfrage dann mein abschließendes Urteil zur Sache: Ich halte auch angesichts mancher Gedanken, die hier aufkamen, unsere ethischen Maßstäbe, unser Recht und das Völkerrecht für ungeeignet, sie auf die Sentilesen anzuwenden. Deren Welt ist mit unseren Maßstäben nicht zu fassen und sollte ihnen nach meiner Auffassung auch nicht unterworfen werden. Würde unsere Ethik so universell gelten sollen, unterschiede sich das nach meinem Dafürhalten nicht von der Haltung des Missionars. Wir sollten lernen, mit solchen Widersprüchen zu leben.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von PeterK »

MäckIntaier hat geschrieben:(25 Nov 2018, 11:50)
Ja, stimme ich zu. Mir kam nach dem letzten Beitrag von PeterK und dem Rückverweis auf die Eingangsfrage dann mein abschließendes Urteil zur Sache: Ich halte auch angesichts mancher Gedanken, die hier aufkamen, unsere ethischen Maßstäbe, unser Recht und das Völkerrecht für ungeeignet, sie auf die Sentilesen anzuwenden. Deren Welt ist mit unseren Maßstäben nicht zu fassen und sollte ihnen nach meiner Auffassung auch nicht unterworfen werden. Würde unsere Ethik so universell gelten sollen, unterschiede sich das nach meinem Dafürhalten nicht von der Haltung des Missionars. Wir sollten lernen, mit solchen Widersprüchen zu leben.
Die Grundlage Deiner Haltung nennt man IMO moralischen bzw. ethischen Relativismus.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von JJazzGold »

PeterK hat geschrieben:(25 Nov 2018, 12:17)

Die Grundlage Deiner Haltung nennt man IMO moralischen bzw. ethischen Relativismus.

Versuch mal etwas abstrakter zu denken.
Stell dir vor wir sind in der Lage unsere Galaxie (Erde) zu erforschen und stoßen auf Planeten (Adamaneninsel), deren Bewohner eine unterschiedliche Werteskala haben.
Haben wir das Recht, diese unserer Werteskala zu unterwerfen, nur weil wir sie für die einzig akzeptable halten?
Welches Recht ist das? Das Recht des Stärkeren, das Recht des Missionierenden?
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Stoner »

PeterK hat geschrieben:(25 Nov 2018, 12:17)

Die Grundlage Deiner Haltung nennt man IMO moralischen bzw. ethischen Relativismus.

Es gibt noch ein paar Dutzend solcher Völker, die außerhalb der völkerrechtlichen Welt leben, über deren Welt- und Menschenbilder wir nur im Rahmen unserer eigenen spekulieren können. In Bezug auf diese Völker würde ich den Relativismus tatsächlich bejahen. Und in gewisser Weise hilft er auch fürs Verständnis dort, wo solche Nicht-Staatenvölker noch autonom leben. Und dort, wo Moral oder Ethik nicht widerspruchsfrei zu haben ist, wie im vorliegenden Fall, entscheide ich mich zuungunsten der Universaltheorie zugunsten einer relativistischen aber konkreten Überlebenspraxis, denn die Durchsetzung des Universalismus wäre im Grunde mit der physischen oder kulturellen Auslöschung verbunden.

Der entscheidende Punkt ist aber: außerhalb der völkerrechtlichen Welt. Das gilt lediglich für die letzten paar Zehntausend Mitglieder solcher Völker.

Im vorliegenden Fall gibt es übrigens noch einen anderen ethischen Aspekt: Dem Missionar müssten wir unterstellen bzw. wir müssten von ihm verlangen, dass er auf dem allgemeinen Kenntnisstand ist. Im Grunde sollte man ihn, falls er die Insel betritt und es überlebt, wegen versuchtem Völkermord anklagen. Das wäre ein Signal an alle, die ähnliche Versuche starten wollen. Im Grunde könnte man dies auch auf diejenigen anwenden, die im brasilianischen Urwald illegal Holz schlagen und sich solchen Völkern nähern.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von BlueMonday »

PeterK hat geschrieben:(25 Nov 2018, 12:17)

Die Grundlage Deiner Haltung nennt man IMO moralischen bzw. ethischen Relativismus.
Wie nennt man den Gegensatz dazu? Moralischen Totalitarismus? Absolutismus?

Also entweder betrachtet man dieses Urvolk irgendwie als Teil eines größeren Staates, einer größeren Rechtssphäre - das wäre wohl in diesem Falle Indien - dann ist das Sache der Inder und ihres Strafrechts.
Oder man betrachtet dieses Urvolk als eine Art eigenständigen Staat mit Staatsgebiet und Staatsvolk, dann geht es wiederum um deren Strafrecht, ist also deren Sache, wie sie mit Grenzverletzern umgehen. Das ist wohl die aktuelle Rechstauffassung der Inder, dass man also dieses Gebiet sich selbst überlässt. Daraus könnte man eine Art Gewohnheitsrecht ableiten mit dem Inhalt eines Schutzes der "territorialen Unversehrtheit", die ja auch völkerrechtlich zwischen Staaten garantiert wird.

Und niemand fordert doch wohl, dass sich bspw. Deutschland in die Strafgesetzgebung von Frankreich, Spanien etc. einmischt. Also herrscht hier ein rechtlicher Relativismus.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von PeterK »

JJazzGold hat geschrieben:(25 Nov 2018, 12:32)
Haben wir das Recht, diese unserer Werteskala zu unterwerfen, nur weil wir sie für die einzig akzeptable halten?
Nein. Darum geht es hier IMO auch nicht.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von JJazzGold »

PeterK hat geschrieben:(25 Nov 2018, 14:11)

Nein. Darum geht es hier IMO auch nicht.
Meines Erachtens geht es exakt darum, da die Sentilesen nicht als Bestandteil einer globalen Gesellschaft anzusehen sind, sondern eine eigenständige, autarke Gesellschaft darstellen.
In der ggfls. das "Du sollst nicht töten", was Du pauschal auf alle Menschen anwenden willst, nur begrenzt auf Mitglieder ihrer Gesellschaft angewandt wird und nicht für Externe gilt?
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Stoner »

JJazzGold hat geschrieben:(25 Nov 2018, 12:32)


Versuch mal etwas abstrakter zu denken.
Stell dir vor wir sind in der Lage unsere Galaxie (Erde) zu erforschen und stoßen auf Planeten (Adamaneninsel), deren Bewohner eine unterschiedliche Werteskala haben.
Haben wir das Recht, diese unserer Werteskala zu unterwerfen, nur weil wir sie für die einzig akzeptable halten?
Welches Recht ist das? Das Recht des Stärkeren, das Recht des Missionierenden?
Eine ähnliche Idee hatte ich auch schon.
Würde morgen, alle Physik jetzt beiseite gelassen, ein Zwillingsplanet zur Erde auftauchen in 10.000 km Entfernung, also relalitv bequem erreichbar, was würden wir tun?
Wir schicken ein Raumschiff hin, stellen fest, alles identisch von den Lebensbedingungen, gleiche Gattung, die verstehen uns sogar. Sie leben dort wie hier vor etwa 1.000 Jahren, mit dem Unterschied, es gibt nur ein paar regionale Monotheismen, und diejenigen, bei denen wir gelandet sind, schicken uns dann weg und sagen, behaltet euer Zeugs für euch. Man reist ab, ein neue Expedition wird gestartet von einem anderen Land, die kommen in Japan raus und werden umgehend gemeuchelt.
Die Frage ist: Müsste man jetzt für diese etwas ungleichen Zwillinge allein aufgrund ihrer identischen Gattung Mensch unsere gesamten Wertmaßstäbe auch anwenden? Gälte für dann auch der naturrechtliche Ansatz? Dürften wir eine Strafexpedition starten?
Ich würde beides verneinen, ich glaube nicht an das Naturrecht, das die Basis für so eine Berechtigung bildet. Es ist sinnlos, seine Kategorien auf Menschen anzuwenden, die es gar nicht verstehen. Wir könnten es aber von unserer Seite aus praktisch anwenden und die Zwillingserdenbewohner mit unserer Anwesenheit dort verschonen. Gleiches gilt für unsere Haltung gegenüber den Sentilesen.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von PeterK »

JJazzGold hat geschrieben:(25 Nov 2018, 14:20)

Meines Erachtens geht es exakt darum, da die Sentilesen nicht als Bestandteil einer globalen Gesellschaft anzusehen sind, sondern eine eigenständige, autarke Gesellschaft darstellen.
In der ggfls. das "Du sollst nicht töten", was Du pauschal auf alle Menschen anwenden willst, nur begrenzt auf Mitglieder ihrer Gesellschaft angewandt wird und nicht für Externe gilt?
Ersetze einfach mal "Sentilesen" durch "Angehörige des islamischen Staats" und überlege kurz, ob Du Deinen Satz dann noch für richtig hältst.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von PeterK »

MäckIntaier hat geschrieben:(25 Nov 2018, 14:36)
Die Frage ist: Müsste man jetzt für diese etwas ungleichen Zwillinge allein aufgrund ihrer identischen Gattung Mensch unsere gesamten Wertmaßstäbe auch anwenden? Gälte für dann auch der naturrechtliche Ansatz? Dürften wir eine Strafexpedition starten?
Du fragtest nicht nach der Legitimität von Strafexpeditionen, sondern danach, wie "wir" das Verhalten der Andamaner aus ethischer Sicht beurteilen.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Zunder »

PeterK hat geschrieben:(25 Nov 2018, 14:39)

Ersetze einfach mal "Sentilesen" durch "Angehörige des islamischen Staats" und überlege kurz, ob Du Deinen Satz dann noch für richtig hältst.
Ersetze einfach mal "Missionar" durch "Adolf Hitler" und überlege kurz, ob ein einzelner einem Volk den Krieg erklären kann.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von PeterK »

Zunder hat geschrieben:(25 Nov 2018, 16:24)
Ersetze einfach mal "Missionar" durch "Adolf Hitler" und überlege kurz, ob ein einzelner einem Volk den Krieg erklären kann.
War denn der "Missionar" Reichskanzler o.ä. (welchen Reiches/Staates auch immer) wie einst der Hitler Adolf?
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Zunder »

PeterK hat geschrieben:(25 Nov 2018, 16:36)

War denn der "Missionar" Reichskanzler o.ä. (welchen Reiches auch immer) wie einst der Hitler Adolf?
Interessiert das die Sentilesen?
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von PeterK »

Zunder hat geschrieben:(25 Nov 2018, 16:44)
Interessiert das die Sentilesen?
Du bemühtest das "Kriegsvölkerrecht". Vielleicht magst Du einem Laien wie mir erklären, inwiefern das "Kriegsvölkerrecht" in diesem Fall greifen könnte? Soweit ich weiß, war der "Missionar" nicht in der Situation, ein Volk oder einen Staat zu vertreten.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von JJazzGold »

MäckIntaier hat geschrieben:(25 Nov 2018, 14:36)

Eine ähnliche Idee hatte ich auch schon.
Würde morgen, alle Physik jetzt beiseite gelassen, ein Zwillingsplanet zur Erde auftauchen in 10.000 km Entfernung, also relalitv bequem erreichbar, was würden wir tun?
Wir schicken ein Raumschiff hin, stellen fest, alles identisch von den Lebensbedingungen, gleiche Gattung, die verstehen uns sogar. Sie leben dort wie hier vor etwa 1.000 Jahren, mit dem Unterschied, es gibt nur ein paar regionale Monotheismen, und diejenigen, bei denen wir gelandet sind, schicken uns dann weg und sagen, behaltet euer Zeugs für euch. Man reist ab, ein neue Expedition wird gestartet von einem anderen Land, die kommen in Japan raus und werden umgehend gemeuchelt.
Die Frage ist: Müsste man jetzt für diese etwas ungleichen Zwillinge allein aufgrund ihrer identischen Gattung Mensch unsere gesamten Wertmaßstäbe auch anwenden? Gälte für dann auch der naturrechtliche Ansatz? Dürften wir eine Strafexpedition starten?
Ich würde beides verneinen, ich glaube nicht an das Naturrecht, das die Basis für so eine Berechtigung bildet. Es ist sinnlos, seine Kategorien auf Menschen anzuwenden, die es gar nicht verstehen. Wir könnten es aber von unserer Seite aus praktisch anwenden und die Zwillingserdenbewohner mit unserer Anwesenheit dort verschonen. Gleiches gilt für unsere Haltung gegenüber den Sentilesen.
Ja, das entspricht meinem Gedankengang. Inwieweit sind wir gewillt, oder fühlen uns verpflichtet unsere Einstellung einer anderen Welt missionierend, oder mit Gewalt, wobei man beides nicht sauber trennen kann, über zu stülpen.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von JJazzGold »

PeterK hat geschrieben:(25 Nov 2018, 14:39)

Ersetze einfach mal "Sentilesen" durch "Angehörige des islamischen Staats" und überlege kurz, ob Du Deinen Satz dann noch für richtig hältst.
Das ist nicht austauschbar, da der IS Bestandteil unserer Gesellschaft ist und kein isoliertes Inselvolk, das keine Anstalten macht, uns zu seiner Lebensweise zu bekehren. Ganz im Gegenteil, es will nicht vereinnahmen, sondern nicht vereinnahmt werden.
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
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van Kessel

Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von van Kessel »

Lassen wir doch einfach alle 'Betrachtungen' außen vor und verweisen darauf, dass Indien das Betreten dieser Insel verboten hat. Die Gründe mögen die Inder interessieren, ganz gewiss keine Bibeleiferer aus dem 'Bibel-Belt'.
War es nicht ein Rockefeller, welcher gar bei fremden Leuten, verspeist wurde? Lassen wir sie in Ruhe (dies gilt insbesondere für Native in Südamerika, welche von der Gier nach Gold und Baum, ausgerottet werden).
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Stoner »

van Kessel hat geschrieben:(25 Nov 2018, 17:15)

Lassen wir doch einfach alle 'Betrachtungen' außen vor und verweisen darauf, dass Indien das Betreten dieser Insel verboten hat. Die Gründe mögen die Inder interessieren, ganz gewiss keine Bibeleiferer aus dem 'Bibel-Belt'.
War es nicht ein Rockefeller, welcher gar bei fremden Leuten, verspeist wurde? Lassen wir sie in Ruhe (dies gilt insbesondere für Native in Südamerika, welche von der Gier nach Gold und Baum, ausgerottet werden).
Das ist Politik, nicht Ethik.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von PeterK »

JJazzGold hat geschrieben:(25 Nov 2018, 17:10)
Das ist nicht austauschbar, da der IS Bestandteil unserer Gesellschaft ist und kein isoliertes Inselvolk, das keine Anstalten macht, uns zu seiner Lebensweise zu bekehren. Ganz im Gegenteil, es will nicht vereinnahmen, sondern nicht vereinnahmt werden.
Und was genau hat das mit der Frage zu tun, ob wir meinen, (manche) Menschen hätten das "Recht", andere Menschen zu töten?
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von JJazzGold »

PeterK hat geschrieben:(25 Nov 2018, 17:35)

Und was genau hat das mit der Frage zu tun, ob wir meinen, (manche) Menschen hätten das "Recht", andere Menschen zu töten?
Wenn ich mich richtig erinnere, dann kam der IS Vergleich von dir.

Es dürfte in einer so kleinen, abgeschiedenen, allein von sich abhängigen Einheit auch das Tötungsverbot existieren, allein um die Einheit nicht zu dezimieren. Nur bezieht sich das auf intern und nicht auf extern. Extern ist der als Gefahr bringende ungewollte Eindringling.

Nicht wir meinen das, sie meinen das. Wir können das allenfalls akzeptieren, oder nicht akzeptieren.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von McKnee »

PeterK hat geschrieben:(25 Nov 2018, 14:39)

Ersetze einfach mal "Sentilesen" durch "Angehörige des islamischen Staats" und überlege kurz, ob Du Deinen Satz dann noch für richtig hältst.
Komm schon, die Sentilesen kommen von der Insel nicht runter. Grundlage, Ziele, Strukturen, die Sozialisation ihrer "Kämpfer" ... alles nicht vergleichbar.
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Es ist mir egal, ob es ein Albert-Einstein-Zitat ist ...

.....er wusste es :D
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Fliege »

MäckIntaier hat geschrieben:(22 Nov 2018, 15:01)
Während hier unzählige Stränge über den Islam laufen, schafft es Religion auch anderswo, die Gemüter zu erhitzen. Im vorliegenden, unten verlinkten Fall, haben Bewohner einer Andameninsel einen Versuch, sie zu missionieren, gewaltsam beendet. Liest man den Artikel ("Fisch und Fußball als Geschenke") erinnert das sicher manchen an etwas.

http://www.spiegel.de/panorama/justiz/a ... 39839.html

Aber wie bewerten wir eigentlich aus ethischer Sicht das Verhalten der Andamaner? Hatten die ein Recht, den Missionar zu töten? Hatten sie es nicht? Was denken Sie? Und wenn nun einer kommt und ihnen Demokratie und Humanismus beibringen wollte?
Eine schöne Threaderöffnung mit einem Thema, das perfekt in einen Ethik-Bereich passen würde.
Danke und weiter so. :-)
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Fliege »

aleph hat geschrieben:(22 Nov 2018, 18:36)
ethisch: natürlich ist es ethisch verwerflich, diesen menschen zu töten. er war ja unbewaffnet, kein grund, ihn zu töten.
Wäre die von dir vertretene These "natürlich", wärst du Vertreter einer Naturrechtsauffassung, wonach überpositive Maßstäbe gelten. Falls du keine Naturrechtsauffassung vertreten möchtest, müsstest du eine andere Quelle für ethische Bestimmungen benennen.
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Stoner »

JJazzGold hat geschrieben:(25 Nov 2018, 17:05)

Ja, das entspricht meinem Gedankengang. Inwieweit sind wir gewillt, oder fühlen uns verpflichtet unsere Einstellung einer anderen Welt missionierend, oder mit Gewalt, wobei man beides nicht sauber trennen kann, über zu stülpen.
Das Problem ist aber grundsätzliher und betrifft unsere Ethik. Da das überpositive Recht dem positiven Recht als Legitimitätsquelle dient, gilt es gleichzeitig auch als Korrektiv des letzteren. Daher unterliegt in dieser Sicht im Zweifelsfall, wie wir ihn hier haben, das Recht der Andamaner dem Korrektiv durchs überpositive Recht, weil zum Beispiel die Menschenrechte daraus begründet werden, denn nur so lässt sich ja ihre Universalität auch überhaupt begründen. Sonst könnten Staaten ja hergehen und sich auf ihre Verfassung berufen, die abweichende Auffassungen über Teile oder die gesamten Menschenrechte enthält. In einer so begründeten Ethik kann die handlung der Andamaner kein Recht sein. Wer also die Prämisse vom überpositiven Recht setzt, kann die Tötung des Missionars nicht für rechtens erklären. Was allerdings nichts darüber aussagt, zu welchen Konsequenzen die Tat nun führen soll. Daher auch der Einwand gegen meine Position, wonach ich einen moralischen oder ethischen Relativismus vertrete, weil diese Position mit einem aus dem Naturrecht abgeleiteten Universalismus (das ist der freundliche Begriff) oder Absolutismus (das ist der weniger freundliche Begriff) nicht vereinbar ist und nur unter der Relativismus-Prämisse funktioniert.
van Kessel

Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von van Kessel »

Hey "MäckIntaier"](25 Nov 2018, 17:24)
Das ist Politik, nicht Ethik.
Vive la difference! Man kann die ungeheuer wichtigen Probleme dieser Welt durch die Ethik oder ganz simpel mit Politik erklären.

Eine Diskussion über die Anzahl von Engeln auf einer Kirchturmspitze, mag recht reizvoll sein für Hirne, welche der Demenz entgegentaumeln, bringt aber nicht wirklich einen Zugewinn.
Stoner

Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Stoner »

van Kessel hat geschrieben:(25 Nov 2018, 22:08)

Hey "MäckIntaier"](25 Nov 2018, 17:24)
Vive la difference! Man kann die ungeheuer wichtigen Probleme dieser Welt durch die Ethik oder ganz simpel mit Politik erklären.

Eine Diskussion über die Anzahl von Engeln auf einer Kirchturmspitze, mag recht reizvoll sein für Hirne, welche der Demenz entgegentaumeln, bringt aber nicht wirklich einen Zugewinn.
Gut. Wir sagen also dann beispielsweise: Ein Auto, das fährt, ohne dass einer es lenkt, fährt von selbst. Wenn das funktioniert, erlauben wir es, dann steigen die Leute ein, und das Auto fährt. Dann haben wir das politisch geklärt und alle sind glücklich und alle Fragen beantwortet.

Es ist nur so: Die Frage nach dem toten Missionar kann man natürlich politisch beantworten, nur hier sieht man vielleicht, dass sich an das Ereignis auch bestimmte ethische Frage knüpfen. Durften die das denn? Was sagen wir dazu? Wenn sie es nicht durften, warum eigentlich nicht? Oder warum doch? Und dann tauchen ein paar demenztaumelnde Hirnler auf und versuchen, eine Antwort auf die Frage zu finden. Obwohl doch politisch alles klar. Und Politik, wie alle wissen, ist völlig grund-los, freischwebend, frei nach dem Motto: In einem gesunden Hirn wohnt ein gesunder politischer Geist, den diese Ethik-Engel auf der Kirchturmspitze nichts angehen. Das kann man glauben. Aber warum sollte man es glauben?
van Kessel

Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von van Kessel »

Hey "MäckIntaier"](25 Nov 2018, 22:52)
Gut. Wir sagen also dann beispielsweise: Ein Auto, das fährt, ohne dass einer es lenkt, fährt von selbst. Wenn das funktioniert, erlauben wir es, dann steigen die Leute ein, und das Auto fährt. Dann haben wir das politisch geklärt und alle sind glücklich und alle Fragen beantwortet.
als Ethiker müsstest du erst einmal die Notwendigkeit eines Automobiles erklären.
Es ist nur so: Die Frage nach dem toten Missionar kann man natürlich politisch beantworten, nur hier sieht man vielleicht, dass sich an das Ereignis auch bestimmte ethische Frage knüpfen. Durften die das denn? Was sagen wir dazu? Wenn sie es nicht durften, warum eigentlich nicht? Oder warum doch?
dürfen..? Wenn du es ethisch siehst, kommst du auf keinen grünen Zweig. Politisch ist es schon klarer durch eine Gesetzgebung.
Und dann tauchen ein paar demenztaumelnde Hirnler auf und versuchen, eine Antwort auf die Frage zu finden. Obwohl doch politisch alles klar. Und Politik, wie alle wissen, ist völlig grund-los, freischwebend, frei nach dem Motto: In einem gesunden Hirn wohnt ein gesunder politischer Geist, den diese Ethik-Engel auf der Kirchturmspitze nichts angehen. Das kann man glauben. Aber warum sollte man es glauben?
weil auch taumelnde Demenzhirne sich der politischen Realität beugen müssen.

Wäre denn die Frage warum sich deutsche Soldaten in Afghanistan herumtreiben auch eine ethische oder doch eine politische Frage? Denn was dem einen sein Missionar auf einer Adamaneninsel, ist dem anderen sein Soldat in Afghanistan, oder?

Politik, bekanntlich die Kunst des Möglichen scheint klarer als Ethik, welche mir als Kunst der Selbstbefriedigung erscheint. Wer hat je nach einem kategorischen Imperativ gelebt, wenn es keinen Vorteil brachte? Bringen wir den Pudel zum Gassigeh'n.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Zunder »

PeterK hat geschrieben:(25 Nov 2018, 16:57)

Du bemühtest das "Kriegsvölkerrecht". Vielleicht magst Du einem Laien wie mir erklären, inwiefern das "Kriegsvölkerrecht" in diesem Fall greifen könnte? Soweit ich weiß, war der "Missionar" nicht in der Situation, ein Volk oder einen Staat zu vertreten.
Was interessiert das die Sentinelesen?

Du behauptest
Kein Mensch hat das "Recht", einen Menschen zu töten; auch dann nicht, wenn er meint, sein Handeln sei natürlich.
und berufst dich auf ein übernatürliches Recht und "unsere" Ethik.

Tatsache ist, daß auch "unsere" Ethik die Tötung legitimiert:

"320. Den Personen mit Kombattantenstatus ist im bewaffneten Konflikt die Bekämpfung rechtmäßiger militärischer Ziele gestattet. Dies bedeutet die Befugnis zur Verletzung oder Tötung von Personen (gegnerische Kombattanten und Zivilpersonen, die ohne dazu berechtigt zu sein, unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen, 5 51 Abs. 3) sowie zur Beschädigung, Neutralisierung oder Zerstörung von Objekten, die als militärisches Ziel einzuordnen sind (5 52 Abs. 2 Satz 2, siehe auch Kapitel 4, Nrn. 407 ff.).
Handbuch für Soldatinnen und Soldaten und zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in allen Führungsebenen

Wenn selbst in hochzivilisierten Ländern die Tötung von Personen, die Feindseligkeiten begehen, legitim ist, gibt es keinen vernünftigen Grund, dieses Recht Naturvölkern abzusprechen. Das wäre purer Rassenchauvinismus.

Ob sich das Eindringen des Missionars als kriegerische Handlung darstellt, entscheidet doch nicht der Aggressor, sondern das angegriffene Volk.
Nachdem sie ihn ein Mal schon vertrieben hatten und er trotzdem wieder eingedrungen ist, brauchten die Sentinelesen an der feindseligen Haltung wohl kaum zu zweifeln. Aus dem ius ad bellum folgt das ius in bello.

Wenn man bedenkt, wie vor 75 Jahren die Deutschen Krieg geführt haben, ist diese Arroganz, Naturvölkern aus angeblich ethischen Gründen das Recht auf selbstbestimmter Gefahrenabwehr abzusprechen, geradezu grotesk.
Stoner

Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Stoner »

van Kessel hat geschrieben:(25 Nov 2018, 23:49)

Hey "MäckIntaier"](25 Nov 2018, 22:52)
als Ethiker müsstest du erst einmal die Notwendigkeit eines Automobiles erklären.dürfen..? Wenn du es ethisch siehst, kommst du auf keinen grünen Zweig. Politisch ist es schon klarer durch eine Gesetzgebung.weil auch taumelnde Demenzhirne sich der politischen Realität beugen müssen.
Politik trifft Entscheidungen natürlich nach Interessenslage, also werden beispielsweise wirtschaftliche Interessen eine Rolle spielen. Das findet aber nicht in einem ethischen Vakuum statt, darum geht es doch.

https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Press ... ssion.html

Oder: Die Politik kann regeln, ob Abtreibung erlaubt oder verboten ist. Sie würde das ohne ethische Überlegungen nur in einem Willkürakt vollziehen können. Gleiches gilt für Sterbehilfe, wo man sich sogar fragen könnte: Was um alles in der Welt haben sich Politiker um den selbstbestimmten Tod von Menschen zu scheren? Wie sollte ein Strafrecht ohne ethische Überlegungen funktionieren? Einfach politisch entscheiden, ob der Kopf abgeschlagen wird oder ob ein Täter eine milde Ermahnung bekommt? Deshalb schrieb ich, dass Politik nicht freischwebend ist, sondern immer eine Grundlage hat.
van Kessel hat geschrieben:(25 Nov 2018, 23:49)
Wäre denn die Frage warum sich deutsche Soldaten in Afghanistan herumtreiben auch eine ethische oder doch eine politische Frage? Denn was dem einen sein Missionar auf einer Adamaneninsel, ist dem anderen sein Soldat in Afghanistan, oder?
Die Entscheidung, Soldaten dorthin zu schicken, ist letztlich eine politische und (völker)rechtliche. Aber auch Recht schwebt nicht frei sondern steht in einem Wechselverhältnis mit der Ethik. Denn die Frage, was wollen wir in Afghanistan erreichen und welche Mittel sind angemessen - was sollte das letztlich anderes sein als eine ethische Frage?
van Kessel hat geschrieben:(25 Nov 2018, 23:49)
Politik, bekanntlich die Kunst des Möglichen scheint klarer als Ethik, welche mir als Kunst der Selbstbefriedigung erscheint. Wer hat je nach einem kategorischen Imperativ gelebt, wenn es keinen Vorteil brachte? Bringen wir den Pudel zum Gassigeh'n.
Ethik als Selbstbefriedigung, nun ja. Um noch einmal einen Gedanken von oben aufzunehmen: Wenn Sie 20 Jahre vom Hals ab gelähmt im Bett liegen, hätten Sie vielleicht nur noch einen Wunsch, nämlich zu sterben. Dann würden Sie feststellen, dass die Politik sie daran hindert, wenn Sie nicht genügend Geld haben, in die Schweiz zu fahren. Da hätte Ihnen die Kunst des Möglichen, also in diesem Falle dessen, was sein kann, weil Politik es sein machen kann, dann einen Strich durch die Rechnung gemacht und Ihnen das Unmögliche schmerzhaft vor Augen geführt. Keine Frage der Ethik? Liegt der Gelähmte dann selbstbefriedigend im Bett? Sie sollten das nochmal überdenken. Kants Ethik ist übrigens nur eine, der kategorische Imperativ nur der bekannteste Satz der Ethik. Aber kein Mensch muss Kant folgen, und trotzdem gibt es Ethik.

Der Fall des Missionars hat also ein paar Dimensionen als nur eine politische. Wie man sieht an der Diskussion, gibt es da ganz unterschiedliche ethische Selbstverständnisse, und diese unterschiedlichen Selbstverständnisse haben auch Auswirkungen auf Recht und Politik.
PeterK
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von PeterK »

Zunder hat geschrieben:(26 Nov 2018, 01:19)

Was interessiert das die Sentinelesen?

Du behauptest
Kein Mensch hat das "Recht", einen Menschen zu töten; auch dann nicht, wenn er meint, sein Handeln sei natürlich.
und berufst dich auf ein übernatürliches Recht und "unsere" Ethik.

Tatsache ist, daß auch "unsere" Ethik die Tötung legitimiert:

"320. Den Personen mit Kombattantenstatus ist im bewaffneten Konflikt die Bekämpfung rechtmäßiger militärischer Ziele gestattet. Dies bedeutet die Befugnis zur Verletzung oder Tötung von Personen (gegnerische Kombattanten und Zivilpersonen, die ohne dazu berechtigt zu sein, unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen, 5 51 Abs. 3) sowie zur Beschädigung, Neutralisierung oder Zerstörung von Objekten, die als militärisches Ziel einzuordnen sind (5 52 Abs. 2 Satz 2, siehe auch Kapitel 4, Nrn. 407 ff.).
Handbuch für Soldatinnen und Soldaten und zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in allen Führungsebenen

Wenn selbst in hochzivilisierten Ländern die Tötung von Personen, die Feindseligkeiten begehen, legitim ist, gibt es keinen vernünftigen Grund, dieses Recht Naturvölkern abzusprechen. Das wäre purer Rassenchauvinismus.
Erstens: Ich schrieb von überpositivem Recht, nicht von übernatürlichem Recht (gibt's das?).

Zweitens: Wie oben schon dargestellt, besteht ein Unterschied zwischen einem Recht, das jemand hat, und einem Rechtfertigungsgrund, den er bemühen kann. Mir scheint, dass Du die beiden Begriffe nicht auseinanderhältst.
van Kessel

Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von van Kessel »

Hey "MäckIntaier"](26 Nov 2018, 08:28)
Oder: Die Politik kann regeln, ob Abtreibung erlaubt oder verboten ist. Sie würde das ohne ethische Überlegungen nur in einem Willkürakt vollziehen können.
eben. Es muss noch nicht einmal Willkür sein, sondern lediglich Anwendung des Mandates der Macht. Ich halte ethische Überlegungen deshalb für 'Selbstbefriedigung', weil mit ethischen Erwägungen jede Machtanwendung ausgehebelt werden kann.

Ist es ethisch, einen Missionar auf eine Insel mit Kannibalen oder 'Mördern' zu lassen? Nein, deshalb gilt das Primat des Gesetzes - der Macht -.
Gleiches gilt für Sterbehilfe, wo man sich sogar fragen könnte: Was um alles in der Welt haben sich Politiker um den selbstbestimmten Tod von Menschen zu scheren?
ist es eine ethische Entscheidung oder vielmehr der Machtanspruch, etwas erlauben zu können oder nicht?
Wie sollte ein Strafrecht ohne ethische Überlegungen funktionieren?
was gedacht werden kann, kann auch in Gesetze gegossen werden. Ist ein Tier unethisch, wenn es eine Beute schlägt? Sicherlich nicht, werden wir sagen, aber bei dem Menschen machen wir (trotz seines Raubtiercharakters) eine Ausnahme und meinen er könne ethisch handeln. Ich denke die Ethik kommt dann ins Spiel, wenn man einen Machtanspruch mit anderen Mitteln rechtfertigen will.
Einfach politisch entscheiden, ob der Kopf abgeschlagen wird oder ob ein Täter eine milde Ermahnung bekommt? Deshalb schrieb ich, dass Politik nicht freischwebend ist, sondern immer eine Grundlage hat.
Politik (Macht, was ja von Mandat (Mandas) kommt) hat erkannt, dass es einen Teil seiner selbst aufgeben muss, um das Ganze zu bekommen. Die Grundlage (Gesetze) welche du wohl meinst, sind Zugeständnisse, selten Einsichten.
Die Entscheidung, Soldaten dorthin zu schicken, ist letztlich eine politische und (völker)rechtliche. Aber auch Recht schwebt nicht frei sondern steht in einem Wechselverhältnis mit der Ethik. Denn die Frage, was wollen wir in Afghanistan erreichen und welche Mittel sind angemessen - was sollte das letztlich anderes sein als eine ethische Frage?
ich wüsste da viele Antworten, weshalb 'man' in Afghanistan mit den großen Hunden unbedingt pinkeln wollte; aber führt zu weit vom Thema.
Ethik als Selbstbefriedigung, nun ja. Um noch einmal einen Gedanken von oben aufzunehmen: Wenn Sie 20 Jahre vom Hals ab gelähmt im Bett liegen, hätten Sie vielleicht nur noch einen Wunsch, nämlich zu sterben. Dann würden Sie feststellen, dass die Politik sie daran hindert, wenn Sie nicht genügend Geld haben, in die Schweiz zu fahren. Da hätte Ihnen die Kunst des Möglichen, also in diesem Falle dessen, was sein kann, weil Politik es sein machen kann, dann einen Strich durch die Rechnung gemacht und Ihnen das Unmögliche schmerzhaft vor Augen geführt. Keine Frage der Ethik? Liegt der Gelähmte dann selbstbefriedigend im Bett? Sie sollten das nochmal überdenken. Kants Ethik ist übrigens nur eine, der kategorische Imperativ nur der bekannteste Satz der Ethik. Aber kein Mensch muss Kant folgen, und trotzdem gibt es Ethik.
Ein Schicksal kann kaum mit Ethik bewältigt werden. Hat ein Koma-Patient noch eine Ethik, dies wäre ja die Erhöhung der Geschichte vom Gelähmten?
Der Fall des Missionars hat also ein paar Dimensionen als nur eine politische. Wie man sieht an der Diskussion, gibt es da ganz unterschiedliche ethische Selbstverständnisse, und diese unterschiedlichen Selbstverständnisse haben auch Auswirkungen auf Recht und Politik.
sehe ich nicht so, denn ein Verbot etwas zu tun (in diesem Fall das Betreten einer Insel) hat keine ethischen Implikationen, sondern nur eine klare Anweisung.
An keiner Brücke oder Hochhaus steht ein Schild: "es ist ethisch nicht vertretbar, hier herunterzuspringen". Die Menschen machen es trotzdem ab und an. Da ist der Tod die Konsequenz eines Handelns; nicht anders als bei einem Bekehrer im Indischen Ozean welcher verbotenes Land betrat.

Ethik als moralisches Handeln camoufliert eher die Intentionen der(des)-jenigen, welche sich Macht anmaßen oder ausüben. "Aber ich liebe euch doch alle", meinte E.Mielke.
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