streicher hat geschrieben:(17 Nov 2018, 16:33)
Natürlich, dass heute über das heiratsfähige Alter debattiert wird, ist ja ein Neugewinn der Moderne. Wir diskutieren in einem anderen Thread den Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche. Mit Sicherheit wurde vor 300 Jahren darüber noch nicht wie heute genau darüber diskutiert, aber man darf davon ausgehen, dass der Missbrauch stattfand. Nun steht eben auch weltweit die Kinderehe zur Debatte und damit auch alte Weltbilder und eben auch alte Sitten und Bräuche, die aus der Vergangenheit mitgebracht wurden. Wendet man sich damit nicht automatisch auch gegen die Herkunft? Es gibt ja auch Bestrebungen an verschiedenen Orten, das heiratsfähige Alter wieder herabzusetzen. Dann treffen alte Weltbilder auf neue.
Es wird übrigens mancherorts festgestellt, dass die heutigen Kinder tendenziell früher in die Pubertät kommen. Woher nimmst du die Annahme, dass Mädchen früher im jüngeren Alter gebärfähig waren oder mit einem anderen Tempo gewachsen sein müssen? Das hätte ich gerne belegt. Klar ist, dass die Eltern damals deutlich eher Kinder bekommen haben, auch vor dem Alter von 20. Sie wurden selbst oftmals nur ca. 30 Jahre alt.
Wenn eine 16-jährige einen 60-jährigen heiratet, ist ein Aufschrei im Umfeld nachvollziehbar, denn er könnte ihr Opa sein.
Verständnis mag man für den Aufschrei ja durchaus haben, aber nachvollziehbar ist es deswegen noch nicht. Die meisten Leute heiraten jemanden, der vom Alter her der Bruder oder die Schwester sein könnte, da interessiert das ja auch keinen. Mir fehlt die intellektuelle Brücke von "er könnte ihr Opa sein" zu "Aufschrei".
Es gibt Biografien von Personen aus dem Zeitraum, deren Eltern bei der Geburt 12 und 10 Jahre alt gewesen sind. Lektüre die behandelt, dass das auch nur im geringsten ungewöhnlich gewesen sei ist allerdings nicht bekannt.
Das Missverständnis bei der Debatte liegt meines Erachtens vor allem darin, dass man oft das Bild einer 6 jährigen grauen Maus suggeriert bekommt, die ihre Interessen noch in keinster Weise selbst formulieren kann und dann von einem Vater der sich nicht um ihr Wohl schert an einen wildfremden Mann wegen seines ansehnlichen Status' verscherbelt wird.
Aisha (ra) ist den Überlieferungen nach allerdings schon seit klein auf sehr direkt in ihrer Ausdrucksweise und will von sich aus die Heirat. Aisha (ra) in mehr als nur eine Zahl, sie wird als "Mutter der Gläubigen" bezeichnet, wortwörtlich Tausende Hadithe über den Propheten, Frieden und Segen sei auf ihm, stammen von ihr, mehr als von jeder anderen Einzelperson. Nach seinem Tod war sie unumstritten die wichtigste Gelehrte der Sahaba und hielt auch in nicht theologischen Bereichen, zB Medizin etliche Reden. Nach den Überlieferungen hat Aisha (ra) hat sie immer wenn der Prophet, Frieden und Segen sei mit ihm, krank gewesen ist alles Mögliche unternommen die Krankheit so ausgiebig wie möglich zu studieren. Später sollte sie sogar ein ganzes Heer befehligen.
Die Liste ist lang und hat überhaupt nichts mit ihrem Alter zutun. Ich habe das als kleinen Ausschnitt bloß mal angeführt, dass wir hier von einer Ikone der Emanzipation sprechen und nicht über ein unterdrücktes Kleinkind das heiraten muss, weil andere es wollten.