Diktatursozialisierung?

Moderator: Moderatoren Forum 8

Benutzeravatar
BlueMonday
Beiträge: 3794
Registriert: Mo 14. Jan 2013, 17:13
user title: Waldgänger&Klimaoptimist

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von BlueMonday »

Selina hat geschrieben:(17 Jun 2021, 20:37)

Ja klar ist diese Äußerung Mist. Ich finde aber gut, dass du diesen Thread eröffnet hast und glaube, dass man hier durchaus diskutieren kann, was es denn dann ist, wenn nicht "diktatursozialisiert". Warum wählen im Osten so viele die AfD?
Viel naheliegender könnte man da auch "diskutieren", wieso die Linke etwa in Thüringen immer noch und wieder derartige Ergebnisse einfährt. Ob dies etwa mit den "Prägungen" aus dem Leben und den vergangenen Erfahrungen in der DDR noch zu tun haben könnte und inwiefern die Mitglieder und Wähler dieser Partei tatsächlich und nicht nur lippenbekennend in "der Demokratie" angekommen sind - was auch immer der Altbundesbürger darunter verstehen mag, denn dessen Verständnis davon wird ja mit viel Chuzpe als definierend hingestellt. Also etwas, zu dem der ehemalige DDR-Bürger nebst Nachkommenschaft erst hingeführt, hingebildet, hinbelehrt werden musste und muss, schließlich lebte der ja lange ahnungslose 40 Jahre in einer Diktatur hinter einer hohen Mauer. Sofern er überhaupt noch "erreichbar" ist. Wie will man so etwas von "Demokratie" wissen und vor allem wissen, an welcher Stelle der wackere Demokrat sein Kreuz zu machen hat.
ensure that citizens are informed that the vaccination is not mandatory and that no one is under political, social or other pressure to be vaccinated if they do not wish to do so;
Benutzeravatar
JJazzGold
Beiträge: 53064
Registriert: Mo 25. Mai 2009, 01:34
user title: L'État, c'est moi

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von JJazzGold »

Vongole hat geschrieben:(17 Jun 2021, 17:54)

Durch ihre bloße Gegenwart.
Für viele im Osten - nicht nur in Deutschland- blieb der "Gegner" einfach derselbe, nämlich das globalisierte kapitalistische System, das nur anfangs als Befreiung wahrgenommen wurde.
Zusammen mit der mangelnden Aufarbeitung und der inneren, sprich ostdeutschen Auseinandersetzung mit dem sozialistischen Unrechtsstaat DDR ergibt das die Mischung aus Linke und AfD.
Putin (Russland) gut, USA (stellvertretend für den Westen) ganz schlecht.
Und natürlich, um das nicht zu vernachlässigen, auch viele Fehler seitens der Bundesrepublik-West in den Anfangsjahren der Wiedervereinigung.
Oh ja, gut, dass du es erwähnst, die Fehler dürfen wir auf gar keinen Fall vergessen. ;)
Man hätte sich besser der Blaupause zur Wiedervereinigung bedienen sollen. Nur war die nirgendwo zu finden. Weder im Westen, noch im Osten der Republik. Unverständlicherweise wird das nur “den Westdeutschen“ zum Vorwurf gemacht. Wo war denn “der Ostdeutsche“ mit seiner Blaupause? Naivität lässt auf beiden Seiten rückwirkend feststellen. Guter Wille auch, aber mich deucht, da sieht's im Osten magerer aus.

Mich erinnert diese ständige Fehleraufzählung an meine Frage an eine Freundin in Zypern, “Wann werdet ihr euch vergeben und wieder eins sein“? Ihre Antwort, “Vielleicht wenn meine Generation gestorben ist“. Wie man in Sachsen-Anhalt erkennen kann, reichen ein bis zwei Generationen nicht. Teile der aussterbenden Generation murmeln konstant “Fehler“ und deren Nachkommen wählen das, was ihnen als fehlerfrei verkauft wird, entweder die Putin affine Die Linke, oder die Trump und Putin affine AfD. Läuft im Endeffekt auf's Selbe raus, “Nimm mich an die Hand und sage mir was ich tun soll.“. Funktioniert nur nicht, hat es noch nie und wird es auch nie.
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
Alexander Freiherr von Humboldt
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von schokoschendrezki »

JJazzGold hat geschrieben:(17 Jun 2021, 20:49)

Es scheint doch eine funktionierende Hemmschwelle bei Ihnen zu geben.
Natürlich gibt es die. Selbstverständlich. Wahlentscheidungen - zumindest bei mir - funktionieren im Prinzip so, dass es im Schritt Null eine generelle Ausschließung nach gewissen Kriterien gibt. Das ist so selbstverständlich, dass man es selbst gar nicht mehr als Teil irgendeiner Entscheidung wahrnimmt. Schritt eins ist dann: Themenorientiert plus Sicherheitsorientiert. Wie weiter oben erläutert. Maximierung des minimalen Gewinns plus Minimierung des maximalen Risikos. Ich halte mich nun aber eben für eher "themenorientiert orientiert". Ich brauche - rein aus subjektiver Gewinnmaximierungsabsicht her - eine Partei, die die Zurückdrängung des motorisierten Individualverkehrs irgendwie als irgendwie halbwegs realistisches Projekt wenigstens zu versprechen scheint. Zweitens nun muss diese Partei aber auch die Garantie bieten, demokratische Strukturen, Pressefreiheit, Gewaltenteilung, Parlamentarismus zu erhalten und drittens darf nicht die Gefahr bestehen, dass diese Partei durch Dummheit, Inkompetenz, Personenübersteigerung ("Trump") das Land an die Wand fährt. So in etwa läuft das bei mir ab . Nur eines bin ich ganz sicher nicht: Traditions-, "Kultur"- oder Ideologieorientiert.
Zuletzt geändert von schokoschendrezki am Do 17. Jun 2021, 21:14, insgesamt 1-mal geändert.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
Selina
Beiträge: 17527
Registriert: Do 29. Sep 2016, 15:33

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Selina »

BlueMonday hat geschrieben:(17 Jun 2021, 21:05)

Viel naheliegender könnte man da auch "diskutieren", wieso die Linke etwa in Thüringen immer noch und wieder derartige Ergebnisse einfährt. Ob dies etwa mit den "Prägungen" aus dem Leben und den vergangenen Erfahrungen in der DDR noch zu tun haben könnte und inwiefern die Mitglieder und Wähler dieser Partei tatsächlich und nicht nur lippenbekennend in "der Demokratie" angekommen sind - was auch immer der Altbundesbürger darunter verstehen mag, denn dessen Verständnis davon wird ja mit viel Chuzpe als definierend hingestellt. Also etwas, zu dem der ehemalige DDR-Bürger nebst Nachkommenschaft erst hingeführt, hingebildet, hinbelehrt werden musste und muss, schließlich lebte der ja lange ahnungslose 40 Jahre in einer Diktatur hinter einer hohen Mauer. Sofern er überhaupt noch "erreichbar" ist. Wie will man so etwas von "Demokratie" wissen und vor allem wissen, an welcher Stelle der wackere Demokrat sein Kreuz zu machen hat.
:thumbup: :D

Schöne Kurz-Satire :D
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
Benutzeravatar
Teeernte
Beiträge: 32036
Registriert: Do 11. Sep 2014, 18:55
user title: Bedenkenträger

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Teeernte »

BlueMonday hat geschrieben:(17 Jun 2021, 21:05)

Viel naheliegender könnte man da auch "diskutieren", wieso die Linke etwa in Thüringen immer noch und wieder derartige Ergebnisse einfährt. Ob dies etwa mit den "Prägungen" aus dem Leben und den vergangenen Erfahrungen in der DDR noch zu tun haben könnte und inwiefern die Mitglieder und Wähler dieser Partei tatsächlich und nicht nur lippenbekennend in "der Demokratie" angekommen sind - was auch immer der Altbundesbürger darunter verstehen mag, denn dessen Verständnis davon wird ja mit viel Chuzpe als definierend hingestellt. Also etwas, zu dem der ehemalige DDR-Bürger nebst Nachkommenschaft erst hingeführt, hingebildet, hinbelehrt werden musste und muss, schließlich lebte der ja lange ahnungslose 40 Jahre in einer Diktatur hinter einer hohen Mauer. Sofern er überhaupt noch "erreichbar" ist. Wie will man so etwas von "Demokratie" wissen und vor allem wissen, an welcher Stelle der wackere Demokrat sein Kreuz zu machen hat.
Nebenbei...
Ihren absoluten Spitzenwert erzielte die Linke zum Beispiel in der Thüringer-Wald-Gemeinde Oberhof, wo bei der aktuellen Landtagswahl 44,3 Prozent der gültigen Zweitstimmen auf die Partei des amtierenden Ministerpräsidenten entfielen.

Weiter östlich im Thüringer Schiefergebirge erreichte die AfD in der Gemeinde Paska steil herausragende 62,7 Prozent. Wie überall allerdings gilt es hier, die stark voneinander abweichenden Gemeindegrößen zu berücksichtigen. Im ländlich geprägten Paska etwa waren insgesamt nur 89 Wahlberechtigte zur Wahl zugelassen.

Landesweit gibt es nur eine einzige Gemeinden, in denen Höckes rechte "Alternative" keine einzige Zweitstimme für sich verbuchen konnte: Der kleine Ort Gerstengrund weist jedoch weitere politische Anomalien auf. In der vergleichsweise winzigen Wartburgkreis-Gemeinde, der aus der Sicht der Landeshauptstadt weit im Südwesten hinter dem Thüringer Wald liegt, fuhr Mike Mohrings CDU ein Traumergebnis von 82,9 Prozent ein, und das bei einer Wahlbeteiligung von fast 90 Prozent.

In Gerstengrund leben allerdings auch nur 49 Wahlberechtigte, von denen sich sechs gar nicht an der Wahl beteiligen wollten - und zwei einen ungültigen Wahlzettel abgaben.
https://www.n-tv.de/politik/Kuriose-Det ... 57297.html

Nun müsste man wissen - welchen Anteil die Genossen dort früher hatten...wie auch in Suhl...oder Plauen.
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
Benutzeravatar
Selina
Beiträge: 17527
Registriert: Do 29. Sep 2016, 15:33

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Jun 2021, 21:12)

Natürlich gibt es die. Selbstverständlich. Wahlentscheidungen - zumindest bei mir - funktionieren im Prinzip so, dass es im Schritt Null eine generelle Ausschließung nach gewissen Kriterien gibt. Das ist so selbstverständlich, dass man es selbst gar nicht mehr als Teil irgendeiner Entscheidung wahrnimmt. Schritt eins ist dann: Themenorientiert plus Sicherheitsorientiert. Wie weiter oben erläutert. Maximierung des minimalen Gewinns plus Minimierung des maximalen Risikos. Ich halte mich nun aber eben für eher "themenorientiert orientiert". Ich brauche - rein aus subjektiver Gewinnmaximierungsabsicht her - eine Partei, die die Zurückdrängung des motorisierten Individualverkehrs irgendwie als irgendwie halbwegs realistisches Projekt wenigstens zu versprechen scheint. Zweitens nun muss diese Partei aber auch die Garantie bieten, demokratische Strukturen, Pressefreiheit, Gewaltenteilung, Parlamentarismus zu erhalten und drittens darf nicht die Gefahr bestehen, dass diese Partei durch Dummheit, Inkompetenz, Personenübersteigerung ("Trump") das Land an die Wand fährt. So in etwa läuft das bei mir ab . Nur eines bin ich ganz sicher nicht: Traditions-, "Kultur"- oder Ideologieorientiert.
Ich fänd auch Pazifismus ganz gut.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
Benutzeravatar
Dark Angel
Moderator
Beiträge: 22083
Registriert: Fr 7. Aug 2009, 08:08
user title: From Hell

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Jun 2021, 17:37)

Wenn nix weiter daraus folgt, als dass es so ist ... dann kann man es für eine Analyse der aktuellen gesellschafttlichen Veränderungen und des politischen Geschehens auch beiseite und unbetrachtet lassen.
Wie kommst du auf das schmale Brett?
schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Jun 2021, 17:37)Das wichtigste oder jedentalls meistbesprochenste und in zig Sprachen übersetzte Buch zur Soziologie in den letzten Jahren trägt den Original-Titel "Die Gesellschaft der Singularitäten" (Andreas Reckwitz) ... Was der Begriff "Singularität" beschreibt ist dir klar? Die Moderne zeichne sich vor allem durch eine immer größere Relevanz des "Besonderen" gegenüber dem Allgemeinen bzw. dem Verallgemeinerbaren aus. Auf allen Ebenen, Nicht nur auf der Ebene der Individuen. Aber dort natürlich auch.
Ganz abgesehen davon, dass es den Beriff Singularität in der Soziologie gar nicht gibt, ist der Buchtitel ein Oxymoron - entweder es gibt eine Gesellschaft - heißt eine unbestimmte Anzahl von Personen, die als sozial Handelnde miteinander verknüpft leben, von einander abhängig sind und direkt oder indirekt sozial interagieren oder es gibt Singularitäten.
Beides zusammen gibt es nicht.
schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Jun 2021, 17:37)Immer mehr Menschen - ich auch - betreiben ihre Interessen, ihre Projekte, ihre persönlichen Vorhaben, setzen ihre Präferenzen so, dass sie sich am Ende maximal von allen anderen Menschen unterscheiden.
Das alles ändert nichts an der Tatsche, dass dein Überleben von der Interaktion und der Kooperation anderer Mitglieder der Gemeinschaft - oder wenn dir der Begriff besser gefällt - Gesellschaft abhängig ist. Je größer die Spezialiserung der Gesellschaft, um so größer die Anzahl Menschen, von denen dein Überleben abhängt, die zur Sicherung DEINES Lebensunterhaltes beitragen.
Dabei ist es völlig irrelevant, ob du diese Menschen persönlich kennst oder nicht.
Durch ihre soziale Interaktion, ihre gegenseitige Abhängikeit voneinander und ihre Kooperation miteinander bilden alle diese Menschen eine Gemeinschaft, die zusammen das Überleben der gesamten Gemeinschaft/Gesellschaft (dauerhaft) sicherstellen.
schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Jun 2021, 17:37)Was heißt das in Bezug auf diese These vom Zusammenhang von der AfD-Präferenz und der "Diktatursozialisierung"? Dass man sie nicht einfach so mir nix dir nix als einen monokausalen Zusammenhang hinstellen kann.
Wer - außer DIR - postuliert denn einen monokausalen Zusammenhang?
Auch eine Diktatursozialisation, wie sie Wanderwitz ins Gespräch bringt, ist niemals monokausal, kein geschichtliches Ereignis - nicht ein einziges hat monokausale Ursachen und/oder Zusammenhänge.
Bereits in den frühen Achtzigern hat sich eine relativ große Gruppe mit rechtsradikalen und rechtsextremen Ansichten heraus gebildet - insbesondere unter damaligen Jugendlichen.
Die Besonderheit dieser Gruppe war, dass es sich um die Kinder von Parteikadern und hohen MfS-Angehörigen handelte.
Das mag paradox erscheinen, war aber so. Diese jungen Menschen SIND in einer Diktatur aufgewachsen und haben durch ihre eigene Sozialisation erlebt, dass es "Führungspersönlichkeiten" in einer Diktatur sehr weit bringen können, dass starke Führer wichtig sind. Diese jungen Menschen waren es, die in und durch das Wendegeschehen Brüche in den Biographien ihrer Eltern hautnah erlebten und deren Biographien selbst Brüche aufwiesen.
Das waren aber auch die jungen Menschen, unter denen rechtsextreme Gruppen aus dem Westen recht leicht neue Mitglieder rekrutieren konnten.
Und diese Menschen sind es, die ihre Affinität für eine Diktatur, ihre rechtsextreme Sichtweise an ihre eigenen Kinder weitergibt, welche ein Anhänger- und Wählerschaft der AfD bilden.
Das kann möglicherweise EINE Erklärung für die hohen Wahlerfolge der AfD im Osten sein und würde auch für Wanderwitz' These sprechen.
schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Jun 2021, 17:37)Es soll unbedingt demokratische Verhältnisse geben, Parlamentarismus, eine freie Presse, Gewaltenteilung, Rechtstaatlichkeit ... hab' ich was vergessen? Ein regelbasiertes System, das möglichst vernünftig und effektiv funktioniert. Ansonsten bekomme ich alle paar Jahre einen Wahlzettel, überlege, welche Partei sich am ehesten gegen den motorisiserten Individualverkehr einsetzt und wähle die dann. Und vergesse das ganze wieder und widme mich meinen persönlichen Interessen. Zu denen auch Politik gehört. Das ist aber kein Widerspruch. Ich weiß nix von einer "Gesellschaft"! "Kultur" ist all das, was mich persönlich interessiert und was ich persönlich und natürlich auch in Interaktion mit mir persönlich bekannten Menschen oder unter Einfluss von mir selbst für wichtig erachteten Menschen hervorbringe. Und man kann dementsprechend von meiner "Sozialisierung" (die, obwohl auf dem Territorium der DDR geschehen, dennoch keine Diktatursozialisierung war sondern eine von Aufklärung, Humanismus und Intellektualismus geprägte) nicht auf mein Wahlverhalten schließen.
Nun, du bist genau der Typus Mensch, der zum Totengräber der Demokratie wird, weil sie ihm de facto am Arxxx vorbei geht, der sein ganzes Engagement für demokratische Verhältnisse im Gang zu Wahlurne und dem Kreuzchen auf dem Wahlzettel besteht.
Darüber hinaus soll man ihn gefälligst in Ruhe lassen. Sich selbst einbringen, etwas tun - Fehlanzeige.
Auf Menschen wie dich passt der Spruch, welcher Archimedes zugesprochen wird.
Als die Römer seine Heimatstadt Syrakus angriffen, soll ihm nichts besseres eingefallen sein, als dem Überbringer der Nachricht zu sagen: "Störe meine Kreise nicht".
Dass man Demokratien, Rechtsstaatlichkeit etc nicht im Selbstlauf erhält, sondern täglich erkämpfen muss, interessiert Menschen wie dich nicht, weil sie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit nicht wirklich interessiert.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen
Benutzeravatar
JJazzGold
Beiträge: 53064
Registriert: Mo 25. Mai 2009, 01:34
user title: L'État, c'est moi

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von JJazzGold »

schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Jun 2021, 21:12)

Natürlich gibt es die. Selbstverständlich. Wahlentscheidungen - zumindest bei mir - funktionieren im Prinzip so, dass es im Schritt Null eine generelle Ausschließung nach gewissen Kriterien gibt. Das ist so selbstverständlich, dass man es selbst gar nicht mehr als Teil irgendeiner Entscheidung wahrnimmt. Schritt eins ist dann: Themenorientiert plus Sicherheitsorientiert. Wie weiter oben erläutert. Maximierung des minimalen Gewinns plus Minimierung des maximalen Risikos. Ich halte mich nun aber eben für eher "themenorientiert orientiert". Ich brauche - rein aus subjektiver Gewinnmaximierungsabsicht her - eine Partei, die die Zurückdrängung des motorisierten Individualverkehrs irgendwie als irgendwie halbwegs realistisches Projekt wenigstens zu versprechen scheint. Zweitens nun muss diese Partei aber auch die Garantie bieten, demokratische Strukturen, Pressefreiheit, Gewaltenteilung, Parlamentarismus zu erhalten und drittens darf nicht die Gefahr bestehen, dass diese Partei durch Dummheit, Inkompetenz, Personenübersteigerung ("Trump") das Land an die Wand fährt. So in etwa läuft das bei mir ab . Nur eines bin ich ganz sicher nicht: Traditions-, "Kultur"- oder Ideologieorientiert.
Kriterien, die sich oft/meist bei der Wahl finden dürften, individuelles Interesse, gepaart mit gesellschaftlichem Interesse, auch wenn dies vermeintlich rein individuell wäre.

Heute Abend habe ich zufällig Donne in der Hand gehabt und geblättert. Und wie es der Zufall will, musste ich an Sie denken.

“No man is an Island“
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
Alexander Freiherr von Humboldt
Benutzeravatar
Ammianus
Beiträge: 6118
Registriert: Sa 17. Dez 2011, 22:05

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Ammianus »

Selina hat geschrieben:(17 Jun 2021, 18:36)

...

Offenbar verstehst du nicht, dass man auch in der DDR eine humanistische Bildung genießen und sich ebenfalls frei fühlen konnte. Ich rede nicht von Reisefreiheit, sondern von freiem Denken.

...
Aber nur, so lange man nicht am falschen Ort, vor den falschen Leuten das Falsche sagte. Wenn man nichts werden wollte außer einfacher Facharbeiter, dann ging das vielleicht. Wobei, war man der Meinung, nicht Mitglied des FDGB (DDR-Pseudogewerkschaft), der FDJ (Freie Deutsche Jugend, so frei wie eine gerade ins Netz gegangene Fliege), der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft, seien zu müssen, dann wurde das schon problematisch. Oder man machte es wie morgen ein großer Teil der Iraner es tun wird. Man ging nicht zu den Scheinwahlen, die aller paar Jahre mit fast 100% Wahlbeteiligung stattfanden. Das wurde dann an den Betrieb gemeldet und es gab Druck.

Und wenn man etwas werden, vielleicht studieren, wollte. Dann war man entweder dem Sozialismus und der Partei der Arbeiterklasse treu ergeben, brachte das zum Ausdruck oder man täuschte es vor. Da war dann jeder Aufsatz voller Heuchelei und Lüge und man wusste es. Freies Denken im Sinne des Eurokommunismus, Biermanns und Rudolf Barows (der bekam ein vieljähriges Terrorurteil, wurde aber nach der Amnestierung zum 30. Jahrestag der DDR in den Westen abgeschoben). Um hier Beispiele aus den 70er zu nennen. Freies Denken? Was ist mit dem Renft-Verbot? Die DDR war ein beschissener Unrechtsstaat in dem man sich in einer Nische einrichten konnte um so einigermaßen durchzukommen und das Beste draus zu machen wenn man nicht Jahre des Terrors und nicht unwahrscheinlicher Haft auf sich nehmen wollte um da rauszukommen.
"Ich möchte an einem Ort sein, an dem es keine Politik gibt, keine Waffen, keine Religion."
Libanesin Anfang August 2020
franzmannzini

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von franzmannzini »

Kohlhaas hat geschrieben:(16 Jun 2021, 20:24)
...
Wir haben die "unschöne" statistisch nachgewiesene Erkenntnis, dass in den neuen Bundesländern anteilig mindestens doppelt so viele Menschen bereit sind, demokratiefeindlichen Thesen zuzustimmen wie im Westen. Dafür muss es Gründe geben.
...
Das sind die Statistiken ("Messung") der vermuteten Symptome ("Demokratiefeindlichkeit") resultieren aus einer vermuteten Diktatursozialisierung.
Wenn die Diktatursozialisierung bis 1989 der Grund für die gegenwärtigen 30 Jahre anhaltenden Symptome sein soll,
dann müssten Biografien, in Statistiken dargelegt, eine Rolle spielen.
Wenn man von Einzelfällen, bei denen mehr über ihr Leben bekannt ist, ausgeht, mehr ist ja nicht da,
abgesehen von einer Pauschalvermutung ("Diktaturen verderben einige Menschen für immer"),
dann läßt sich das Phänomen nicht erklären.
Es gibt den Systemtreuen, den Mitläufer, den Oppositionellen, ...
Daraus läßt sich dann in betrachteten Einzelfällen nicht schließen, ob jemand aus diesen willkürlich ausgewählten, und vereinfacht zusammengefassten Personengruppen zur "Demokratiefeindlichkeit" neigt.
Auch ist es für mich immer noch fragwürdig, ob ein Kreuz bei der AFD ein sicheres Zeichen dafür ist, ob der jeweilige Ankreuzer ein "Demokratiefeind" ist.
Hier kann man natürlich die These vom "Gemeinmachen" nachschieben. :)

Thematisch dazu passend, würde ich noch Flüchtlinge erwähnen, welche ja auch sämtlichst aus Diktaturen stammen,
somit sollte es auch bei diesen einen Anteil geben, bei dem sich eine gewisse "Demokratiefeindlichkeit" zeigen müsste.
Hier kann aber nicht mit deren Wahlverhalten für die AFD gemessen werden.
Wie wird da gemessen ?

Durch diese Art der "Diskussion" wird aber auf jeden Fall vermieden, sich mit den Geschehnissen nach 1989 und deren Wirkung
auf die ehemaligen DDR-Bürger (einige) zu beschäftigen, durch die es nun 32 Jahre nicht möglich war,
den Funken der Demokratie auf diese überspringen zu lassen.
franzmannzini

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von franzmannzini »

Teeernte hat geschrieben:(17 Jun 2021, 01:25)
Verfehlte Bildungspolitik....Der "Neuen" aus dem Westen.
...
...
Die Jungen wählen mehr AfD, die Ollen "rüsten auf" und ziehen den Zaun höher.
https://www.tagesspiegel.de/politik/wae ... 61034.html
Das wäre dann aber die "Demokratiesozialisierung" welche in die Hose gegangen ist,
also der Verantwortungsbereich nach der Diktatur des Proletariats.
Nur kann z.B. Herr Wanderwitz die Ursachen dort nicht finden, weil er dann mit dem Besen vernehmlich
vor seiner Haustür kehren müsste.
Uffhausen
Beiträge: 1943
Registriert: Mi 14. Dez 2016, 22:33

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Uffhausen »

Selina hat geschrieben:(17 Jun 2021, 20:37)
Warum wählen im Osten so viele die AfD? Warum haben sich all die rechtsradikalen "Vordenker" aus dem Westen gerade den Osten für ihre Propaganda ausgesucht? Zufall? Nee. Sie wollten noch mal Karriere machen, politische und andere Karriere. Sie sind beseelt von ihrem Nationalismus und ihrer "Vaterlandsliebe" und möchten gerne "wieder stolz sein dürfen auf die Soldaten zweier Weltkriege". Und im Westen konnten sie damit nicht mehr landen, niemand wollte sie da. Warum schafften sie es dann im Osten, solch einen immensen Zuspruch zu erfahren?
Das Geheimnis müsste schon viel eher in bestimmten ehemaligen oder bestehenden politischen Systemen zu suchen sein - in meiner Stadt, im tiefen Südwesten von BaWü, gibt es zwei Russenviertel, welche seit den 90ern derart angewachsen sind, dass sie mittlerweile eigene Wahlbezirke darstellen = die Zustimmung hier für die AfD war bei der vergangenen Landtagswahl im März in beiden rund fünfmal höher (~50%), als vergleichsweise in allen anderen Wahlbezirken (~10%).
"Man kann auf seinem Standpunkt stehen, aber man sollte nicht darauf sitzen." Erich Kästner
Benutzeravatar
Dark Angel
Moderator
Beiträge: 22083
Registriert: Fr 7. Aug 2009, 08:08
user title: From Hell

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Jun 2021, 18:34)

Das sehe ich vollkommen anders. Man ist nicht Teil des Ganzen. Niemand! Weder die SS-Manns-Tochter noch der SED-Funktionärssohn. Man kann sich höchstens entscheiden, Teil des Ganzen sein zu wollen und diese Entscheidung irgendwann später bereuen und "aufarbeiten".
Doch ist man sehr wohl! JEDES Individuum ist Teile einer Gesellschaft und damit Teil des Ganzen ==> die Gesellschaft ist das Ganze.
Jeder - jedes einzelne Individuum - trägt auf die eine oder andere Art und Weise zum Funktionieren dieser Gesellschaft bei.
Jeder, auch DU ist immer Teil des Ganzen - ob du das nun willst oder nicht. Du kannst dich nicht entscheiden, nicht zur Gesellschaft zu gehören, außerhalb der Gesellschaft und damit außerhalb jeder Gesetzgebung zu leben. Das ist eine Illusion, eine gefährliche dazu!
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen
Benutzeravatar
Dark Angel
Moderator
Beiträge: 22083
Registriert: Fr 7. Aug 2009, 08:08
user title: From Hell

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Dark Angel »

Vongole hat geschrieben:(17 Jun 2021, 18:29)

Aufarbeitung gelingt nur von innen, auch durch hinterfragen der eigenen Position in einem System. Wer sich daneben stellt, nur von außen schaut, obwohl er Teil des Ganzen war, macht genau das, was meine Generation
so verachtet hat bei der nachträglichen Auseinandersetzung mit dem Nazi-Regime.
Und genau das passierte nach dem Ende der DDR, die tiefgreifende Auseinandersetzung zwischen Alt und Alt, sowie Alt und Jung, blieb aus.
Statt dessen ließ sich Jung in großen Teilen von Alt sozialisieren.
Ich stimme dir vollumfänglich zu. Aufbarbeitung kann nur von innen heraus erfolgen und muss bei jedem selbst beginnen UND Aufarbeitung ist ein sehr langwieriger und auch schmerzhafter Prozess.
Die Aufarbeitung der DDR-Geschichte und der Biographie jedes einzelnen, insbesondere durch den Einzelnen selbst blieb aus, weil sich niemand gerne eingesteht, Fehler gemacht und Fehler zugelassen zu haben. Das trifft auf "die Politik" in gleichem Maße zu, wie auf die ganz individuelle Biographie. Es ist sehr viel einfacher die Schuld bei anderen zu suchen - wie die Userin Selina das in hervorragender Art und Weise zeigt - als eine eigene "Mit"schuld einzugestehen.
JA - ich wurde in einer Diktatur sozialisiert und es hat a) sehr lange gedauert, bis ich begriffen habe, dass es sich bei der "Diktatur des Proletariats" nicht nur um eine leere Phrase gehandelt hat, sondern um die ganz reale Regierungs- und Herrschaftsform und ich habe auch den Anfängen des Widerstandes in der DDR, den sich bildenden Gruppen um Schorlemmer und Co, recht verständnislos gegenüber gestanden, aber das hat mich zum Nachdenken gebracht und zu dem Schluss, dass etwas geändert werden muss. Vom außenstehenden Beobachter wurde ich ganz allmählich zu dem Teil, der diese Veränderungen in Gang gebracht hat.
Und ja - ich hätte sogar ein wesentlich langsameres Aneinanderangleichen und Zusammenwachsen beider Staaten bis zu einer Widervereinigung präferiert, WEIL mir durchaus bewusst war, dass es sehr viele Brüche in persönlichen Biographien geben wird, so wie es eben auch einen Bruch in meiner eigenen Biographie gibt.
Mich damit auseinanderzusetzen, wie es zu diesem Bruch kommen konnte und wie ich damit umgehe, ist (aus meiner Sicht) Teil dieses Aufarbeitungsprozesses.
Zur Wende war ich Anfang Dreißig, habe also einen großen Teil meines bewussten Lebens in der DDR - in einer Diktatur - gelebt und auch wenn ich denke, recht gut in der Demokratie angekommen zu sein, ertappe ich mich hier und da immer noch, dass ich bei Debatten im Bundestag denke: "na haut hier nicht endlich mal einer auf den Tisch und sagt wo's lang geht ...".
Dabei ist mir aber sehr wohl bewusst, dass Demokratie in dieser Weise NICHT funktioniert, dass man in einer Demokratie nicht mal eben "durchregieren" (O-Ton Merkel) kann.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(18 Jun 2021, 11:07)

Ich stimme dir vollumfänglich zu. Aufbarbeitung kann nur von innen heraus erfolgen und muss bei jedem selbst beginnen UND Aufarbeitung ist ein sehr langwieriger und auch schmerzhafter Prozess.
Bei der Aufarbeitung der NS-Geschichte in der bundesrepublikanischen Nachrkiegszeit wurden häufig einfach die einen Erzählungen durch andere Erzählungen ersetzt. Die Erzählung von der Überlegenheit der arischen Rasse zum Beispiel durch die Erzählung von (West)-Berlin als "Stadt der Freiheit". Die Freiheitsglocke im Schöneberger Rathaus wurde installiert. Pünklich sonntags um 12 ertönte sie, WUMM, WUMM und im RIAS, im "Rundfunk im amerikanischen Sektor" wurde ein pseudoreligiöses Gebet gesprochen:
Ich glaube an die Unantastbarkeit und an die Würde jedes einzelnen Menschen. Ich glaube, dass allen Menschen von Gott das gleiche Recht auf Freiheit gegeben wurde. Ich verspreche, jedem Angriff auf die Freiheit und der Tyrannei Widerstand zu leisten, wo auch immer sie auftreten mögen.
Am Ende glaubten die (West)-Berliner tatsächlich, dass sie in der "Stadt der Freiheit" lebten. Eigentlich auch schon zur NS-Zeit. Die Reihe der "Tyranneien" der Nachrkriegszeit, bei denen der sogenannte "Westen" nicht nur nicht eingeschritten ist sondern die er zum Teil selbst verursacht hat, ist lang und traurig.
Das ist doch keine "Aufarbeitung". Das ist - wie gesagt - die Ersetzung der einen Erzählungen durch andere Erzählungen. Für eine tatsächliche Aufarbeitung sowohl der NS-Zeit wie auch der DDR-Vergangenheit ist es nötig, beseite zu treten. Nüchtern und ohne irgendwelche Identitätsgefühle den ganzen Schlammassel zu betrachten. Und Beispiele dafür gibts ja. Von der New York Times und seinen Autoren, die schon ganz zeitig die Wahrheiten der Pentagon Papers veröffentlichten (und die - man konnte es erahnen - dafür natürlich der "Vaterlandslosigkeit" bezichtigt wurden) über die Samisdat-Publikationen von Autoren wie dem sowjetischen Dissidenten Sacharow bis hin zu Julian Assange: Immer steht am Anfang die Entscheidung, herauszutreten aus dem System. Nicht mehr "wir" sagen zu wollen. Sondern "Ich".

Hinter dieser - eigentlich erstmal vernünftig und nachvollziehbar klingenden - Forderung nach Kollektivverantwortlichkeit steht häufig genau das, was die entsprechenden Untaten, Ungerechtigkeiten usw. verursachte: Die Vorstellung von einem Volk. Als Einheit. Sowohl der DDR-Diktatur als auch der NS-Diktatur konnte man nur entgehen, indem man sich gegen die Vorstellung einer Kollektivierung wendete. Und dasselbe gilt natürlich für die "Aufarbeitung".
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(18 Jun 2021, 11:07)
JA - ich wurde in einer Diktatur sozialisiert und es hat a) sehr lange gedauert, bis ich begriffen habe, dass es sich bei der "Diktatur des Proletariats" nicht nur um eine leere Phrase gehandelt hat, sondern um die ganz reale Regierungs- und Herrschaftsform und ich habe auch den Anfängen des Widerstandes in der DDR, den sich bildenden Gruppen um Schorlemmer und Co, recht verständnislos gegenüber gestanden, aber das hat mich zum Nachdenken gebracht und zu dem Schluss, dass etwas geändert werden muss. Vom außenstehenden Beobachter wurde ich ganz allmählich zu dem Teil, der diese Veränderungen in Gang gebracht hat.
Ja. Aber dann überlege mal, wie sich ein großer Teil dieser "Wir sind das Volk"-Rufer inzwischen entwickelt hat.

In Wirklichkeit läuft es genau umgekehrt. Als kleines Kind war man in der DDR kein "außenstehender Beobachter", natürlich nicht, sondern eingebunden in alle möglichen gesellschaftlichen gewollten Einbindungen. Von der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische-Freundschaft bis hin zum FDJ-Poetenseminar.

Ich sag dir mal folgendes: Ich hab 1988, also noch zu Zeiten des staatssozialistischen Warschauer Pakts zwei Wochen an einer Sommeruniversität im ostungarischen Debrecen verbracht. Eigentlich ging es um Sprache und Dichtung. Eines Abends wurde ein Film gezeigt. Ein unsägliches, ein in seiner Unsäglichkeit kaum zu beschreibendes Machwerk. In welchem "Rumänen" als eine Art Untermenschen dargestellt wurden. Die die arme, edle ungarische Minderheit in Rumänien verfolgt.. Die Veranstalter waren der Meinung, dass sie damit sozusagen ein Zeichen des Muts gegen die sozialistische Unterdrückung setzen. Zu dem Zeitpunkt war noch immer die MSZP, die Ungarische Sozialistische Arbeiterpartei an der Macht. Die Organisatoren der Sommeruni glaubten tatsächlich, dass sie sich damit gewissermaßen als mutige Oppositionelle gegen den Sowjetkommunismus inszenieren könnten. Auch gegenüber den zahlreichen Gästen aus dem westlichen AUsland. Insbesondere aus Österreich.

Spätestens dann wurde mir klar: Du musst dich von allen WIR-Veranstaltungen absetzen. Du darfst nur und ausschließlich deine eigenen, persönlichen Ansichten vertreten. Aus den "Wir sind das Volk"-Rufern werden möglicherweise irgendwann die neuen Rufer fürs christliche Abendland werden. Ein paar Jahre später habe ich die des Nachts durch Ungarn fahrenden Züge mit Militärequipment Richtung Jugoslawienkriege fahren sehen.
Zuletzt geändert von schokoschendrezki am Fr 18. Jun 2021, 12:20, insgesamt 1-mal geändert.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Kohlhaas
Beiträge: 13677
Registriert: So 24. Feb 2019, 19:47

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Kohlhaas »

schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Jun 2021, 20:48)

Auch da muss ich dir sofort widersprechen. "Unsere Lebenswirklichkeit" ... wenn du damit die politische Entwicklung meinst ... entsteht durch Wahrnehmung und Durchsetzung von Machtinteressen. Die größere Geschichte wie auch die aktuelle politische Entwicklung verläuft keineswegs entlang von Ideologien, "Kulturen" oder Ideen sondern entlang von Interessenswahrnehmungen und Machterhaltungsstrategien. Darüber haben Putin und Biden jetzt in Genf verhandelt. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ideologien, Ideen, die da irgendwie von "oben" kommen sind fürs dumme Volk gemacht. Irgendwer musste sich ja dafür in Vietnam oder muss sich in der Ostukraine totschießen lassen.
Mit "unserer Lebenswirklichkeit" meinte ich tatsächlich unsere Lebenswirklichkeit. Unser tägliches Leben, das nur ganz selten von Leuten wie Biden oder Putin tangiert wird. Im Übrigen teile ich nicht Deine Interpretation, dass es in der Politik grundsätzlich nur um die Durchsetzung von Machtinteressen geht. Immerhin leben wir in einer Demokratie. Es zeugt schon von einem ziemlich eigenartigen Weltbild, wenn jemand andeutet, dass die Bürger dieses Landes bloßes Stimmvieh für ein paar Mächtige sind.
Wenn ich meine eignen Ideen, Entscheidungen, meine positive Freiheit, meine Freiheit "für" dagegen setze, dann nicht, um die Machtverhältnisse in der Welt zu verändern ... sondern um meine persönliche Freiheit im Sinne von Reckwitzens Gesellschaft der Singularitäten umzusetzen. Das ist einfach Idealismus. Subjektiver Idealismus wahrscheinlich sogar.
Das ist kein Idealismus. Es ist Traumtänzerei. Abseits jeder Realität.
Nur mal so ... Bei den Inuit in Grönland wie auch in vielen Teilen Afrikas hätte ich ein Problem damit, mich an den obligatorischen Gebrauch eines Smartphones zu gewöhnen ... ich hab nicht nur keins sondern vor allem auch beschlossen keins haben zu wolllen ... auch wenn ich meinen Lebensunterhalt in der Herstellung, Durchschauung und Verfügbarmachung u.a. von Smartphone-Apps verdiene. Sprich, ich sitze mehr oder weniger den ganzen Tag über irgendwelchem Programmquellcode. Und ich hätte das Problem, dass die Inuits in Grönland oder Kanada eher Wodka und vor allem eher zuviel Wodka und andere harte Sachen trinken und ich mehr auch Weißwein stehe. Auch eine der weltweit höchsten Mordraten wie die in Grönland würde einen Aufenthalt dort jetzt nicht unbedingt verschönern. Bei den Chanten und Mansen in Nordwest-Sibirien würde ich zwar ganz ungefähr und irgendwie ahnungsweise feststellen, dass deren Sprache mit der Muttersprache meines Vaters gemeinsam zur finno-ugrischen Sprachfamilie gehört ... aber ich hätte das Problem, dass ich nicht mit der dortigen aktuellen Affinität zu Baptisten, Evangeliums-Christen und Pfingstler-Bewegungen zurechtkäme. Ähnliches würde auch für viele Regionen Brasiliens zutreffen. Ich hab mit der Muttermilch vor allem Proteine eingesogen, die mein Gehirn in die Lage versetzt haben, eine Sprache und das Einmaleins zu lernen.
Lies nochmal in Ruhe durch, was Du da gerade geschrieben hast. Wenn Du es mit offenen Sinnen tust, wirst Du feststellen, dass Du unausgesetzt sehr tief sitzende Einstellungen formulierst, die Du gar nicht mehr hinterfragst. Du bist in hohem Maße beeinflusst von der Gesellschaft, in der Du aufgewachsen bist. In so hohem Maße, dass es Dir selbst nicht mal mehr auffällt. Und ausgerechnet Du zweifelst an, dass es sowas wie Sozialisierung gibt!

Man könnte jeden einzelnen Punkt, den Du aufgezählt hast, herausgreifen und nachweisen, dass es sich um gesellschaftlich geprägte Erscheinungen handelt. Nehmen wir zum Beispiel mal die hohe "Mordrate" unter Inuit. Fakt ist, dass viele dieser Menschen noch in Verhältnissen leben, in denen es keine "Obrigkeit" gibt. Die können nicht einfach zum Telefon greifen und die 110 wählen, wenn jemand tatsächlich oder vermeintlich ihre Rechte verletzt. Da ist in vielen Fällen nichtmal irgendwo niedergeschrieben, wer eigentlich welche Rechte hat. Wem gehört dieses Stück Land? Wer darf wo jagen? Wer darf sich auf welche Weise meiner Tochter nähern? All das ist in solchen Gesellschaften nicht allgemeinverbindlich festgelegt. Folge: Jeder muss sein Recht in die eigene Hand nehmen. Es gibt keine Polizei, es gibt keine Gerichte. Es gibt im Grunde nichtmal Gesetze.

Und das ist die Kehrseite der Medaille, die Du hier so schön als Idealvorstellung des selbst erzeugten Individualisten beschreibst. Wenn alle Leute so denken würden wie Du, dann gäbe es kein "Recht" mehr. Ich korrigiere: Es gäbe dann nur noch ein Recht: Das Recht des Stärkeren.
Slava Ukraini
Benutzeravatar
Selina
Beiträge: 17527
Registriert: Do 29. Sep 2016, 15:33

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Selina »

Meine "Aufarbeitung" besteht garantiert nicht darin, den kulturalistischen und biologistischen Quatsch einzelner Erzkonservativer nachzubeten. Dieses neurechte Gerede hat nix mit Aufarbeitung zu tun. Im Gegenteil. Ja, genau, da wurde nur eine Erzählung durch eine andere ersetzt. Im Übrigen ist das Leben des Einzelnen sowas von konkret und individuell und überhaupt nicht kompatibel mit irgendwelchen Gemeinschafts-Ideen und Gruppen-Identitäten, so dass es immer aus dem Rahmen dieser Klischees fallen wird. Für schlichte Gemüter nicht fassbar.
Zuletzt geändert von Selina am Fr 18. Jun 2021, 12:33, insgesamt 1-mal geändert.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von schokoschendrezki »

Kohlhaas hat geschrieben:(18 Jun 2021, 12:16)
Man könnte jeden einzelnen Punkt, den Du aufgezählt hast, herausgreifen und nachweisen, dass es sich um gesellschaftlich geprägte Erscheinungen handelt. Nehmen wir zum Beispiel mal die hohe "Mordrate" unter Inuit. Fakt ist, dass viele dieser Menschen noch in Verhältnissen leben, in denen es keine "Obrigkeit" gibt. Die können nicht einfach zum Telefon greifen und die 110 wählen, wenn jemand tatsächlich oder vermeintlich ihre Rechte verletzt. Da ist in vielen Fällen nichtmal irgendwo niedergeschrieben, wer eigentlich welche Rechte hat. Wem gehört dieses Stück Land? Wer darf wo jagen? Wer darf sich auf welche Weise meiner Tochter nähern? All das ist in solchen Gesellschaften nicht allgemeinverbindlich festgelegt. Folge: Jeder muss sein Recht in die eigene Hand nehmen. Es gibt keine Polizei, es gibt keine Gerichte. Es gibt im Grunde nichtmal Gesetze.

Und das ist die Kehrseite der Medaille, die Du hier so schön als Idealvorstellung des selbst erzeugten Individualisten beschreibst. Wenn alle Leute so denken würden wie Du, dann gäbe es kein "Recht" mehr. Ich korrigiere: Es gäbe dann nur noch ein Recht: Das Recht des Stärkeren.
Zunächst einmal lese ich wissenschaftlich einigermaßen seriöse Statistiken und sehe darin, dass Grönland eine vergleichsweise sehr hohe Tötungs- und Alkoholismusrate hat. Das ist nicht "gesellschaftliche Prägung" sondern einfach nur Informiertheit. Ich glaube ja zu erkennen, was du meinst. Und da bin ich auch voll auf deiner Seite. Schau dir die allgemeinen Vorbehalte in Richtung Mittelosteuropa an. Ich weiß ziemlich genau, was dort tatsächlich abläuft. Die Frage ist, ob man diesen gesellschaftlichen Prägungen entkommen kann. Und ich sage: Ja. Bzw. Vielleicht auch objektiv: nein. Aber selbst dann sollte man sich als praktisch-philosophisches Modell eine Nichtprägung zulegen. Und davon ausgehen, dass man frei ist. Immer. Auch in einer Diktatur. Und dass man selbst entscheidet, wer man sein möchte.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Kohlhaas
Beiträge: 13677
Registriert: So 24. Feb 2019, 19:47

Re:

Beitrag von Kohlhaas »

schokoschendrezki hat geschrieben:(18 Jun 2021, 11:34)

Bei der Aufarbeitung der NS-Geschichte in der bundesrepublikanischen Nachrkiegszeit wurden häufig einfach die einen Erzählungen durch andere Erzählungen ersetzt. Die Erzählung von der Überlegenheit der arischen Rasse zum Beispiel durch die Erzählung von (West)-Berlin als "Stadt der Freiheit". Die Freiheitsglocke im Schöneberger Rathaus wurde installiert. Pünklich sonntags um 12 ertönte sie, WUMM, WUMM und im RIAS, im "Rundfunk im amerikanischen Sektor" wurde ein pseudoreligiöses Gebet gesprochen: (...)
Das ist völliger Quatsch. Zumindest in Westdeutschland hat eine Aufarbeitung der Nazi-Vergangenheit stattgefunden und findet bis heute statt. Da wurden und werden bis heute faschistische Untaten der Nazi-Zeit thematisiert und gegebenenfalls sogar juristisch verfolgt. In der DDR war das nicht so. Die DDR wurde einfach zu einem antifaschistischen Land erklärt. Und das war es dann. Welche Folgen das hatte, sieht man heute an den Wahlergebnissen der AfD. In den neuen Bundesländern wird es von einer erschreckend großen Zahl von Menschen nicht mehr als Tabubruch empfunden, rechtsradikale Demokratiefeinde und Judenhasser zu wählen.

Irgendwie habe ich das Gefühl, dass sich in dieser Diskussion manche Leute mit DDR-Biographie so aufplustern, weil sie sich persönlich "angefasst" fühlen, wenn man über ihre Vergangenheit redet. Hey Leute, kommt mal wieder runter. Ihr habt in einer Diktatur gelebt. Die Mehrheit von Euch hat sehr "angepasst" in einer Diktatur gelebt. Es tut mir leid, wenn es Euch nicht gefällt, dass man das heute noch thematisiert. Daran führt aber kein Weg vorbei. Es ist vollkommen richtig, dass z.B. auch heute noch Stasi-Unterlagen ausgewertet werden.

Das war einfach so. Ihr habt devot schweigend in einer Diktatur gelebt. Diese Tatsache mit der Behauptung leugnen zu wollen, dass Ihr ja "frei" gewesen seid, weil Ihr "humanistisch gebildet" worden seid und "frei denken" konntet, ist doch wohl nur lächerlich, oder?

Zurück zum Thema: Der Begriff "Diktatursozialisierung" hat offenbar manche Menschen tief getroffen. Vielleicht war der Begriff sogar tatsächlich falsch oder schlecht. Aber reden wir doch endlich mal über die zugrunde liegende Frage: Es gibt in der ehemaligen DDR eine erschreckend hohe Zahl von Menschen, die rechtsradikale und antismitische Meinungen teilen. Woran liegt das? Und komm mir jetzt bitte keiner mit der bescheuerten Behauptung, dass daran die Wessis schuld sind!
Slava Ukraini
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von schokoschendrezki »

Selina hat geschrieben:(18 Jun 2021, 12:31)

Meine "Aufarbeitung" besteht garantiert nicht darin, den kulturalistischen und biologistischen Quatsch einzelner Erzkonservativer nachzubeten. Dieses neurechte Gerede hat nix mit Aufarbeitung zu tun. Im Gegenteil. Ja, genau, da wurde nur eine Erzählung durch eine andere ersetzt. Im Übrigen ist das Leben des Einzelnen sowas von konkret und individuell und überhaupt nicht kompatibel mit irgendwelchen Gemeinschafts-Ideen und Gruppen-Identitäten, so dass es immer aus dem Rahmen dieser Klischees fallen wird. Für schlichte Gemüter nicht fassbar.
Das beschreibt sowas wie das Leben in der Moderne. Man muss aufpassen, dass frühere soziologische Modelle möglicherweise einfach zeitgeschichtlich ihre Gültigkeit verlieren. Ganz im Sinne von Reckwitzens "Die Gesellschaft der Singularitäten". Es gibt ganz einfache Beispiele. Stettin/Szczecin zum Beispiel. Das war irgendwann mal eine deutsche Stadt, dann irgendwann mal eine polnische Stadt mit der weltweit fünftgrößten Schiffswerft. Eine polnische "Werftarbeiterstadt". Heute gibt es (so gut wie) keine Werften. Dafür das Projekt "Szczecin Floating Garden 2050." Als Vision. Und viel Optimismus, wirtschaftlichen Aufschwung, hohe Mieten und alle möglichen IT-Startup-Unternehmen. Man kommt einfach nicht mehr weiter mit solchen klassischen Sozialisierungsmodellen. Die Menschen richten sich pragmatisch auf das ein, was ist. Bzw. wollen einfach, was sie halt wollen.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Kohlhaas
Beiträge: 13677
Registriert: So 24. Feb 2019, 19:47

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Kohlhaas »

Selina hat geschrieben:(18 Jun 2021, 12:31)

Meine "Aufarbeitung" besteht garantiert nicht darin, den kulturalistischen und biologistischen Quatsch einzelner Erzkonservativer nachzubeten. Dieses neurechte Gerede hat nix mit Aufarbeitung zu tun. Im Gegenteil. Ja, genau, da wurde nur eine Erzählung durch eine andere ersetzt. Im Übrigen ist das Leben des Einzelnen sowas von konkret und individuell und überhaupt nicht kompatibel mit irgendwelchen Gemeinschafts-Ideen und Gruppen-Identitäten, so dass es immer aus dem Rahmen dieser Klischees fallen wird. Für schlichte Gemüter nicht fassbar.
Wer Deine recht diffuse Meinung nicht teilt, ist also ein "Neurechter". Sehr witzig. Nochmal für Dich zur Erinnernung: DU hast in einer Diktatur gelebt und hast Dich dort offensichtlich frei genug gefühlt. Du warst dabei nicht an Gruppen-Identitiäten geknüpft? Es gab keinen Blockwart, der Dich mit dem Lautsprecher aufgefordert hat, zur Wahl zu gehen? Es gab keinen Staat, der Dich unter Gewaltandrohung zu "staatstreuem" Verhalten aufgefordert und bei Zuwiederhandlung ("Republikflucht") notfalls sogar erschossen hätte?

Was hast Du eigentlich für Maßstäbe? Du hast Dich offensichtlich vollkommen den Gemeinschafts-Ideen der Staatsmacht untergeordnet. Was qualifiziert Dich jetzt, an unserer Kritik an diesem Verhalten Kritik zu üben? Ja, es gibt schlichte Gemüter. Frag mal Dich selbst, warum offensichtliche Tatsachen für Dich nicht fassbar sind.
Slava Ukraini
Kohlhaas
Beiträge: 13677
Registriert: So 24. Feb 2019, 19:47

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Kohlhaas »

schokoschendrezki hat geschrieben:(18 Jun 2021, 12:32)

Zunächst einmal lese ich wissenschaftlich einigermaßen seriöse Statistiken und sehe darin, dass Grönland eine vergleichsweise sehr hohe Tötungs- und Alkoholismusrate hat. Das ist nicht "gesellschaftliche Prägung" sondern einfach nur Informiertheit. Ich glaube ja zu erkennen, was du meinst. Und da bin ich auch voll auf deiner Seite. Schau dir die allgemeinen Vorbehalte in Richtung Mittelosteuropa an. Ich weiß ziemlich genau, was dort tatsächlich abläuft. Die Frage ist, ob man diesen gesellschaftlichen Prägungen entkommen kann. Und ich sage: Ja. Bzw. Vielleicht auch objektiv: nein. Aber selbst dann sollte man sich als praktisch-philosophisches Modell eine Nichtprägung zulegen. Und davon ausgehen, dass man frei ist. Immer. Auch in einer Diktatur. Und dass man selbst entscheidet, wer man sein möchte.
Ich habe nicht bestritten, dass es in Grönland eine vergleichsweise hohe Tötungsrate gibt. Ich habe lediglich eine Erklärung dafür angeboten, warum das so ist und warum das etwas mit Sozialisation zu tun hat. Das erschien mir relevant, weil Du ja bestritten hast, dass es Sozialisation überhaupt gibt.

Was Du über das Leben in einer Diktatur schreibst, wird langsam echt schmerzhaft. Es gibt keine gefühlte Freiheit. In einer Diktatur zu leben und sich trotzdem frei zu fühlen, ist der Super-GAU. Schlimmer geht es gar nicht mehr. Für mich zeigt das, dass Du von dieser ausgeprägt unfreien Gesellschaft ziemlich ausgeprägt geprägt worden bist. Lebe damit. Aber hör auf so zu tun, als müssten wir Wessis das irgendwie "vorbildlich" finden.
Slava Ukraini
Benutzeravatar
Selina
Beiträge: 17527
Registriert: Do 29. Sep 2016, 15:33

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(18 Jun 2021, 12:48)

Das beschreibt sowas wie das Leben in der Moderne. Man muss aufpassen, dass frühere soziologische Modelle möglicherweise einfach zeitgeschichtlich ihre Gültigkeit verlieren. Ganz im Sinne von Reckwitzens "Die Gesellschaft der Singularitäten". Es gibt ganz einfache Beispiele. Stettin/Szczecin zum Beispiel. Das war irgendwann mal eine deutsche Stadt, dann irgendwann mal eine polnische Stadt mit der weltweit fünftgrößten Schiffswerft. Eine polnische "Werftarbeiterstadt". Heute gibt es (so gut wie) keine Werften. Dafür das Projekt "Szczecin Floating Garden 2050." Als Vision. Und viel Optimismus, wirtschaftlichen Aufschwung, hohe Mieten und alle möglichen IT-Startup-Unternehmen. Man kommt einfach nicht mehr weiter mit solchen klassischen Sozialisierungsmodellen. Die Menschen richten sich pragmatisch auf das ein, was ist. Bzw. wollen einfach, was sie halt wollen.
Genau. Was auch temporäre Gemeinschaften nicht ausschließt, wo man zusammen an einem Gegenstand forscht, ein bestimmtes Ziel erreichen will, wozu es mehrerer Hände und Köpfe bedarf. Wo man zusammen musiziert, Theater spielt etcpp. Und danach macht jeder wieder seins. Was ich aber immer wieder feststelle: Viele Leute finden keinen Bezug zur Widersprüchlichkeit eigener und fremder Entwicklungen. Mitunter passieren solche widersprüchlichen Dinge ja fast im selben Moment. Das ist normal, wird aber oft geleugnet oder missverstanden oder als igitt abgetan. Motto: "Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht". Aber: Entwicklungen verlaufen nie linear. Das Spannendste ist es ja gerade, sich mitten in einem solchen Widerspruch zu befinden, ihn auszuhalten, aus ihm Schlüsse zu ziehen. Die jetzige gesellschaftliche Phase kann eigentlich nicht widersprüchlicher sein.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
Benutzeravatar
Teeernte
Beiträge: 32036
Registriert: Do 11. Sep 2014, 18:55
user title: Bedenkenträger

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Teeernte »

Kohlhaas hat geschrieben:(18 Jun 2021, 12:16)

Mit "unserer Lebenswirklichkeit" meinte ich tatsächlich unsere Lebenswirklichkeit. Unser tägliches Leben, das nur ganz selten von Leuten wie Biden oder Putin tangiert wird. Im Übrigen teile ich nicht Deine Interpretation, dass es in der Politik grundsätzlich nur um die Durchsetzung von Machtinteressen geht. Immerhin leben wir in einer Demokratie. Es zeugt schon von einem ziemlich eigenartigen Weltbild, wenn jemand andeutet, dass die Bürger dieses Landes bloßes Stimmvieh für ein paar Mächtige sind.


Das ist kein Idealismus. Es ist Traumtänzerei. Abseits jeder Realität.

Es gäbe dann nur noch ein Recht: Das Recht des Stärkeren.
Des schnelleren präziseren Schützen.

Sozialisierung ist GUT und RICHTIG beschrieben.

Pimpfe, Jungvolk, BDM....HJ, Anfänge im Kaiserreich. DDR hatte die Jungpioniere, Thälmannpioniere, die GST...Sportschule...Jugendweiheprogramm..Patenschaften..,
Kostenfreie Fahrerlaubnis, LKW, Boot... Erlaubnis Funk...Sport - Aber auch Kindereinrichtungen - von Krippe , Kindergarten, Hort

Im Westen ?? Evangelische Jugend, Ministrantenwallfart, Jugendpastoral, Jugendseelsorge, BDKJ, Kirchlicher Weeltjugendtag..Ökomenischer Jugendkreuzweg...EKM, Jugendarbeit der Caritas..
Langsam auch Kindergarten, Hort und Krippe.

(Missbrauch der Jugend in allen Organisationen nicht zu vergessen..)

-----------------------------------------

Fehlt diese "Sozialisierung" gibt es die bekannten Probleme mit verschiedenen Migrantengruppen.

Unterschiedlich - wenn die Eltern beide arbeiten - ....OST - die "Erziehung//Sozialisierung" fast VOLL den Einrichtungen (bis zu 9h...wenige 24h) überlassen IST.
Mit Übergabe an die Einrichtung sind die Kinder der Mutterbrust entwöhnt...die Einrichtung will wenig "Arbeit" - die Kinder werden mit 1,5 Jahren "SAUBER".

West...nur Ein elternteil geht "VOLL" ....ich hab von Einzelfällen gehört - wo die Mutterbrust bis zum Schulbeginn gegeben wurde... :D :D :D ...und "Sauber" werden die Kinder im Alter von 4 Jahren. Manche Kindergärten haben kein "Mittagessen" ... also gehen die nur für wenige Stunden - und sind KEINE GanztagesEinrichtungen ...
PAMPERS-UMSATZ.

OST - die Kinder lernen schnell - dass man für bestimmte "Erzählungen" den Arsch versolht bekommt. (Westfernsehen, Politik, ....)
Bestimmte LEBENSWEISEN gesellschaftlich abgelehnt werden. (Ablehnung in die Pioniere einzutreten) Die sind aber sehr SELTEN.
Das sexuelle Leben wird "gefördert" - vom nacktbaden ...gemeischaftliche Wohnheime (Ich bedauer JEDE(N) der Nicht im gemischten Wohnheim war!!) - "Jugendspiele" ..>>Weltfestspiele.
(Filzlaustausch) Sport und Technik kostet 10 Pfennig im Monat - DTSB oder GST. (Viel Zuckerbrot - wenig Peitsche)

West ? - Eine prüde Gesellschaft - mit GEWALT ? Kirche...??

Nun Jeder hat da sicher seine "VOR" Urteile. Viele Dinge hatten früher - bis in die DDR einen militärischen Grund -aber eben auch einen wirtschaftlichen Vorteil - mit 14 hatte man - wer wollte einen Treckerschein...Mit 14 ist man in den Ferien arbeiten gegangen. Zur Jugendweihe war ein Programm gegen Nazis obligatorisch und schloss mit einem Wochenende KZ Besichtigung.

Ich zähl das zur Sozialisierung - und seh DAS als WICHTIG an.

Bis 14 würd ich das NICHT unter "Formung von Politischen Ansichten" führen. MEINE MEINUNG.
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
Kohlhaas
Beiträge: 13677
Registriert: So 24. Feb 2019, 19:47

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Kohlhaas »

Selina hat geschrieben:(18 Jun 2021, 13:05)

Genau. Was auch temporäre Gemeinschaften nicht ausschließt, wo man zusammen an einem Gegenstand forscht, ein bestimmtes Ziel erreichen will, wozu es mehrerer Hände und Köpfe bedarf. Wo man zusammen musiziert, Theater spielt etcpp. Und danach macht jeder wieder seins. Was ich aber immer wieder feststelle: Viele Leute finden keinen Bezug zur Widersprüchlichkeit eigener und fremder Entwicklungen. Mitunter passieren solche widersprüchlichen Dinge ja fast im selben Moment. Das ist normal, wird aber oft geleugnet oder missverstanden oder als igitt abgetan. Motto: "Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht". Aber: Entwicklungen verlaufen nie linear. Das Spannendste ist es ja gerade, sich mitten in einem solchen Widerspruch zu befinden, ihn auszuhalten, aus ihm Schlüsse zu ziehen. Die jetzige gesellschaftliche Phase kann eigentlich nicht widersprüchlicher sein.
Sorry, aber Du schwafelst nur rum. Meiner Einschätzung nach machst Du das, um Deine servile Haltung in der DDR als "Lebensleistung" zu ´verkaufen.
Slava Ukraini
Benutzeravatar
Selina
Beiträge: 17527
Registriert: Do 29. Sep 2016, 15:33

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Selina »

Kohlhaas hat geschrieben:(18 Jun 2021, 12:55)

Wer Deine recht diffuse Meinung nicht teilt, ist also ein "Neurechter". Sehr witzig. Nochmal für Dich zur Erinnernung: DU hast in einer Diktatur gelebt und hast Dich dort offensichtlich frei genug gefühlt. Du warst dabei nicht an Gruppen-Identitiäten geknüpft? Es gab keinen Blockwart, der Dich mit dem Lautsprecher aufgefordert hat, zur Wahl zu gehen? Es gab keinen Staat, der Dich unter Gewaltandrohung zu "staatstreuem" Verhalten aufgefordert und bei Zuwiederhandlung ("Republikflucht") notfalls sogar erschossen hätte?

Was hast Du eigentlich für Maßstäbe? Du hast Dich offensichtlich vollkommen den Gemeinschafts-Ideen der Staatsmacht untergeordnet. Was qualifiziert Dich jetzt, an unserer Kritik an diesem Verhalten Kritik zu üben? Ja, es gibt schlichte Gemüter. Frag mal Dich selbst, warum offensichtliche Tatsachen für Dich nicht fassbar sind.
Mein Vater war ein "Opfer der stalinistischen Gewaltherrschaft" und wurde nach der Wende rehabilitiert. Unsere gesamte Familie hatte damals immer unter Sippenhaft zu leiden. Trotzdem gab es in der DDR neben allen Scheußlichkeiten auch Gutes, Bewahrenswertes. Und das werde ich jederzeit wiederholen. Ich habe das im Forum aber bereits mehrfach ausführlich erläutert. Hör also auf mit deinen ständigen Unterstellungen. Auch was den Antifaschismus hüben und drüben und das Wirken von Nazigrößen nach dem Krieg in einflussreichen Ämtern anbelangt, da hast du leider ein schlechtes Geschichtswissen.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von schokoschendrezki »

Kohlhaas hat geschrieben:(18 Jun 2021, 13:15)

Sorry, aber Du schwafelst nur rum. Meiner Einschätzung nach machst Du das, um Deine servile Haltung in der DDR als "Lebensleistung" zu ´verkaufen.
Das ist aber ganz schön daneben ... versuche doch mal, bei der Sache zu bleiben.

Nochmal als Ergänzung zu meinem Beitrag weiter oben: Versuche mal, die aktuellen sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und sonstigen Entwicklungen in Stetting/Szczecin daraus ableiten, dass es sich bis Ende der 00er um eine klassische "polnische Werftarbeiterstadt" handelte. Du wirst damit nicht nur nicht weiterkommen sondern eine totale Bruchlandung erleben und auch nicht annäherungsweise verstehen, wie sich die regionalen Entwicklungen dort vollziehen. Und eine ähnliche Bruchlandung ist die "Erklärung" oder Vorhersage von irgendwelchen Wahlergebnissen in einem Ost-Bundesland aus irgendwelchen "Diktatursozialisierungen".
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von schokoschendrezki »

Teeernte hat geschrieben:(18 Jun 2021, 13:08)
Bis 14 würd ich das NICHT unter "Formung von Politischen Ansichten" führen. MEINE MEINUNG.
Nein. Wohl aber natürlich zur Bildung von allen möglichen psychologischen Problemen. Ob durch die sogenannten "Verschickungskinder" im Westen Deutschlands, die auch schonmal gezwungen wurden, ihr Erbrochenes wieder aufzuessen oder durch den Missbrauch von Kindern in kirchlichen Einrichtungen wie den Regensburger Domspatzen oder durch die Einführung des Wehrkundeunterrichts noch in der (späten) DDR durch Margot Honecker.

Wichtig ist: Jeder Mensch kann nicht nur sondern muss entscheiden, wer er sein will. Jeder Mensch ist zur Freiheit verurteilt.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
Teeernte
Beiträge: 32036
Registriert: Do 11. Sep 2014, 18:55
user title: Bedenkenträger

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Teeernte »

schokoschendrezki hat geschrieben:(18 Jun 2021, 13:39)

Nein. Wohl aber natürlich zur Bildung von allen möglichen psychologischen Problemen. Ob durch die sogenannten "Verschickungskinder" im Westen Deutschlands, die auch schonmal gezwungen wurden, ihr Erbrochenes wieder aufzuessen oder durch den Missbrauch von Kindern in kirchlichen Einrichtungen wie den Regensburger Domspatzen oder durch die Einführung des Wehrkundeunterrichts noch in der (späten) DDR durch Margot Honecker.

Wichtig ist: Jeder Mensch kann nicht nur sondern muss entscheiden, wer er sein will. Jeder Mensch ist zur Freiheit verurteilt.
Wehrkunde war keine Pflicht.
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von schokoschendrezki »

Man konnte auch zu DDR-Zeiten innerhalb der DDR-Oppositionsbewegungen bereits Tendenzen Richtung Rechskonservativismus, Rechtspopulismus, Nationalismus erkennen. Ganz sicher nicht bei solchen Gruppen wie der "Umweltbbibliothek", Zionskirche. Sondern eher wenn sie aus Richtung Dresden oder Leipzig kamen. Das hatte aber nix mit DDR-Sozialisierung sondern eher mit einer generationsübergreifend weitergegebenen NS-Sozialisierung zu tun. Nach dem Motto: Erst einmal werden wir die SED los. Und dann die volksfremden Elemente.

Aber auch dies lässt sich keineswegs für irgendeinen kausalen Zusammenhang Sozialisierung/Wahlergebnisse instrumentalisieren.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
Teeernte
Beiträge: 32036
Registriert: Do 11. Sep 2014, 18:55
user title: Bedenkenträger

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Teeernte »

schokoschendrezki hat geschrieben:(18 Jun 2021, 13:50)

Man konnte auch zu DDR-Zeiten innerhalb der DDR-Oppositionsbewegungen bereits Tendenzen Richtung Rechskonservativismus, Rechtspopulismus, Nationalismus erkennen. Ganz sicher nicht bei solchen Gruppen wie der "Umweltbbibliothek", Zionskirche. Sondern eher wenn sie aus Richtung Dresden oder Leipzig kamen. Das hatte aber nix mit DDR-Sozialisierung sondern eher mit einer generationsübergreifend weitergegebenen NS-Sozialisierung zu tun. Nach dem Motto: Erst einmal werden wir die SED los. Und dann die volksfremden Elemente.

Aber auch dies lässt sich keineswegs für irgendeinen kausalen Zusammenhang Sozialisierung/Wahlergebnisse instrumentalisieren.
>> DSU 1% ....Teil des Wahlbündnisses Allianz für Deutschland
nationale, konservative und soziale Kraft“..„bürgernah, wertkonservativ, christlich-abendländisch, freiheitlich, wertorientiert und patriotisch“

Die Christlich-Demokratische Union (CDU-Ost) als ehemalige Blockpartei der DDR und die in der Wendezeit neugegründeten Parteien Deutsche Soziale Union (DSU) und Demokratischer Aufbruch (DA) bildeten ein in der rechten Mitte des Parteienspektrums angesiedeltes Wahlbündnis, das Allianz für Deutschland genannt wurde.
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von schokoschendrezki »

Teeernte hat geschrieben:(18 Jun 2021, 13:49)

Wehrkunde war keine Pflicht.
Nee. Das ist richtig. Das war auch nur ein Beispiel. Meine Grundschulzeit war vor allem geprägt von einer Überlagerung der neuen staatssozialistischen Zeit mit einem protestantisch geprägten Preußentum. Auch wenn Staatssozialismus und Kirche sich eigentlich ausschließen: Turnunterricht, Zack Zack, Fackelmärsche, Lenin und der Geist des Preußentums ... das schloss sich keineswegs aus.

Ich kann mich an eine stark im Gedächtnis haften gebliebene Veranstaltung erinnern. Um 1970 herum. Alle Schulklassen (zumindest in Berlin) wurden verpflichtet, sich den Film "Die Fahne von Kriwoj Rog" im Kino anzusehen. Es geht dabei um die Freundschaft des als typisch angesehenen DDR-Arbeiters zu den sowjetischen Soldaten. Diese Aktion war selbst für DDR-Verhältnisse eigentlich ungewöhnlich. Ich denke heute, sie hing damals mit den Nachwirkungen des Prager Frühlings zusammen. Wie sah die Sozialisierung konkret aus. Ich, zusammen mit meinen Klassenfreunden, 10, 11 jährige Bengels lümmelten uns auf den Kinosesseln. Füße auf der Sitzlehne vor uns. Einer von denen rief in regelmäßigen Abständen die Forderung "Porno!" aus. Einfach so. "Porno". Typische freche Berliner Jungs kurz vor der Pubertät. Bis die FDJ-Sekräterin aus der Reihe hinter uns irgendwann rief: "Ihr wisst doch noch jarnicht, wat dit eigentlich iss" Antwort: "Porno!"

Ja, glaubt man tatsächlich, dass mein späteres Verhältnis zur russischen Kultur dadurch auch nur um ein jota verändert wurde. Dass Erlebnisse wie dieses mich daran gehindert hätten, Filme von Tarkowski anzusehen? Ich entscheide mich selbst!
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
BlueMonday
Beiträge: 3794
Registriert: Mo 14. Jan 2013, 17:13
user title: Waldgänger&Klimaoptimist

Re:

Beitrag von BlueMonday »

schokoschendrezki hat geschrieben:(18 Jun 2021, 11:34)

Hinter dieser - eigentlich erstmal vernünftig und nachvollziehbar klingenden - Forderung nach Kollektivverantwortlichkeit steht häufig genau das, was die entsprechenden Untaten, Ungerechtigkeiten usw. verursachte: Die Vorstellung von einem Volk. Als Einheit. Sowohl der DDR-Diktatur als auch der NS-Diktatur konnte man nur entgehen, indem man sich gegen die Vorstellung einer Kollektivierung wendete. Und dasselbe gilt natürlich für die "Aufarbeitung".
Und dieser Wanderwitz -neben vielen anderen- steht genau in der Tradition dieses Kollektivismus, der nur die Überschrift gewechselt hat. Er fordert damals wie heute Subordination. Der Hauptzweck ist der Erhalt einer "höheren Sache". Die Gefahr für diese höhere Sache ist immer der Einzelne, der sich dazu eindeutig zu positionieren und unterzuordnen hat, sonst steht er unter "Beobachtung". Er soll alle vier Jahre seine Kreuze an der richtigen Stelle machen und dann ist auch schon genug "Demokratie" geübt.

Allein wenn man mal diese politische (Un)kultur des "Fraktionszwanges" nimmt, dann steht diese klar dem Geist des Grundgesetzes entgegen (an "Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen").
Der Kollektivismus hat nun aus der ganzen Veranstaltung einen regierenden "Bund" gemacht, der von oben nach unten reicht, von dem faktisch die Gewalt ausgeht. Das einzige nennenswerte institutionelle Gegengewicht sind die Rotroben des Verfassungsgerichts, was auch mehr und mehr an ein mittleres Wunder grenzt, da dieses Gericht ja letztlich auch nicht "unabhängig" besetzt wird.
Aber selbst jene werden ja ob ihrer verbliebenen Restwiderspenstigkeit auch zunehmend misstrauisch beäugt und irgendwann durch eine noch höheren Instanz(EU) ihrer Kompetenz entledigt.

Wie gesagt, jene in dieser Sache völlig unkritisch Dahergelaufene wie dieser Wanderwitz wollen nun den Menschen irgendeine Unerreichbarkeit für "die Demokratie" attestieren. Ein Witz, wenn es nicht so ernst wäre.

Überfällig ist nicht der Blick zurück zur "DDR", sondern zu den Wurzeln des aktuellen Systems. Da kritisch zu fragen, warum die Dinge sind, wie sie sind. Wieviel Sein vom schönen Schein tatsächlich übrigbleibt. Wie sehr Anspruch und Wirklichkeit auseinanderliegen. Das wäre eigentlich die Angelegenheit der Wanderwitze. Denn an der DDR können wir nichts mehr ändern, am Status quo schon.
Zuletzt geändert von BlueMonday am Fr 18. Jun 2021, 14:25, insgesamt 2-mal geändert.
ensure that citizens are informed that the vaccination is not mandatory and that no one is under political, social or other pressure to be vaccinated if they do not wish to do so;
Benutzeravatar
Teeernte
Beiträge: 32036
Registriert: Do 11. Sep 2014, 18:55
user title: Bedenkenträger

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Teeernte »

schokoschendrezki hat geschrieben:(18 Jun 2021, 14:07)

Nee. Das ist richtig. Das war auch nur ein Beispiel. Meine Grundschulzeit war vor allem geprägt von einer Überlagerung der neuen staatssozialistischen Zeit mit einem protestantisch geprägten Preußentum. Auch wenn Staatssozialismus und Kirche sich eigentlich ausschließen: Turnunterricht, Zack Zack, Fackelmärsche, Lenin und der Geist des Preußentums ... das schloss sich keineswegs aus.

Ich kann mich an eine stark im Gedächtnis haften gebliebene Veranstaltung erinnern. Um 1970 herum. Alle Schulklassen (zumindest in Berlin) wurden verpflichtet, sich den Film "Die Fahne von Kriwoj Rog" im Kino anzusehen. Es geht dabei um die Freundschaft des als typisch angesehenen DDR-Arbeiters zu den sowjetischen Soldaten. Diese Aktion war selbst für DDR-Verhältnisse eigentlich ungewöhnlich. Ich denke heute, sie hing damals mit den Nachwirkungen des Prager Frühlings zusammen. Wie sah die Sozialisierung konkret aus. Ich, zusammen mit meinen Klassenfreunden, 10, 11 jährige Bengels lümmelten uns auf den Kinosesseln. Füße auf der Sitzlehne vor uns. Einer von denen rief in regelmäßigen Abständen die Forderung "Porno!" aus. Einfach so. "Porno". Typische freche Berliner Jungs kurz vor der Pubertät. Bis die FDJ-Sekräterin aus der Reihe hinter uns irgendwann rief: "Ihr wisst doch noch jarnicht, wat dit eigentlich iss" Antwort: "Porno!"

Ja, glaubt man tatsächlich, dass mein späteres Verhältnis zur russischen Kultur dadurch auch nur um ein jota verändert wurde. Dass Erlebnisse wie dieses mich daran gehindert hätten, Filme von Tarkowski anzusehen? Ich entscheide mich selbst!
Wir hatten Befreiung .....
Teil 1 und 2
„Mit aufwendigen Rekonstruktionen und ziellosen historischen Exkursen ausgestattet, bietet der Film keine kritische Analyse, sondern ein vordergründiges Kriegsspektakel.“
– Lexikon des internationalen Films[7]
Teil 3
„Ein vornehmlich an der Arbeit des sowjetischen Oberkommandos orientierter Film, der sich um historische Detailtreue bemüht.“
– Lexikon des internationalen Films[8]
Teil 4 und 5
„Obwohl naiver als die Vorgängerfilme, wird doch eine deutliche Unterscheidung zwischen dem deutschen Volk und seinem faschistischen Regime getroffen.“
– Lexikon des internationalen Films[9]
https://de.wikipedia.org/wiki/Befreiung_(Film)

Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
Benutzeravatar
Teeernte
Beiträge: 32036
Registriert: Do 11. Sep 2014, 18:55
user title: Bedenkenträger

Re: Re:

Beitrag von Teeernte »

BlueMonday hat geschrieben:(18 Jun 2021, 14:21)

Wie gesagt, jene in dieser Sache völlig unkritisch Dahergelaufene wie dieser Wanderwitz wollen nun den Menschen irgendeine Unerreichbarkeit für "die Demokratie" attestieren. Ein Witz, wenn es nicht so ernst wäre.

Überfällig ist nicht der Blick zurück zur "DDR", sondern zu den Wurzeln des aktuellen Systems. Da kritisch zu fragen, warum die Dinge sind, wie sie sind. Wieviel Sein vom schönen Schein tatsächlich übrigbleibt. Wie sehr Anspruch und Wirklichkeit auseinanderliegen. Das wäre eigentlich die Angelegenheit der Wanderwitze. Denn an der DDR können wir nichts mehr ändern, am Status quo schon.
Die Frage ist doch - will die Regierung - was sie ja mit der "Besetzung" des WanderWitz Postens zeigt - die AfD im Osten ?

Brauchen WIR nichts machen ...können eh nichts ändern... Sind dumme Ossis....Diktatursozialisiert...Hopfen und Malz verloren ?

Absicht ?? ... H....eil AfD ?? Wir - Regierung wollen da nichts ändern !!?

Ursachen ? Ändern ?? SCH......EIS....s drauf - iss eh "NUR" Osten. Schnelle Transitwege möglichst ohne Halt - durch die Schutzgebiete (Colonien) ??
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
Benutzeravatar
Selina
Beiträge: 17527
Registriert: Do 29. Sep 2016, 15:33

Re: Re: Diktatursozialisierung

Beitrag von Selina »

BlueMonday hat geschrieben:(18 Jun 2021, 14:21)

Und dieser Wanderwitz -neben vielen anderen- steht genau in der Tradition dieses Kollektivismus, der nur die Überschrift gewechselt hat. Er fordert damals wie heute Subordination. Der Hauptzweck ist der Erhalt einer "höheren Sache". Die Gefahr für diese höhere Sache ist immer der Einzelne, der sich dazu eindeutig zu positionieren und unterzuordnen hat, sonst steht er unter "Beobachtung". Er soll alle vier Jahre seine Kreuze an der richtigen Stelle machen und dann ist auch schon genug "Demokratie" geübt.

Allein wenn man mal diese politische (Un)kultur des "Fraktionszwanges" nimmt, dann steht diese klar dem Geist des Grundgesetzes entgegen (an "Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen").
Der Kollektivismus hat nun aus der ganzen Veranstaltung einen regierenden "Bund" gemacht, der von oben nach unten reicht, von dem faktisch die Gewalt ausgeht. Das einzige nennenswerte institutionelle Gegengewicht sind die Rotroben des Verfassungsgerichts, was auch mehr und mehr an ein mittleres Wunder grenzt, da dieses Gericht ja letztlich auch nicht "unabhängig" besetzt wird.
Aber selbst jene werden ja ob ihrer verbliebenen Restwiderspenstigkeit auch zunehmend misstrauisch beäugt und irgendwann durch eine noch höheren Instanz(EU) ihrer Kompetenz entledigt.

Wie gesagt, jene in dieser Sache völlig unkritisch Dahergelaufene wie dieser Wanderwitz wollen nun den Menschen irgendeine Unerreichbarkeit für "die Demokratie" attestieren. Ein Witz, wenn es nicht so ernst wäre.

Überfällig ist nicht der Blick zurück zur "DDR", sondern zu den Wurzeln des aktuellen Systems. Da kritisch zu fragen, warum die Dinge sind, wie sie sind. Wieviel Sein vom schönen Schein tatsächlich übrigbleibt. Wie sehr Anspruch und Wirklichkeit auseinanderliegen. Das wäre eigentlich die Angelegenheit der Wanderwitze. Denn an der DDR können wir nichts mehr ändern, am Status quo schon.
Genau. Die Frage ist nur: Wer will den Status quo ändern? Mit welchem Ziel? Wohin soll denn die Reise gehen? Was übrigens eine Liedzeile eines drolligen DDR-Kinderliedes ist, das aus einer Zeit stammt, 1956, als die Reise wahrlich noch wo ganz anders hingehen konnte als Jahrzehnte später :D
Zuletzt geändert von Selina am Fr 18. Jun 2021, 14:51, insgesamt 1-mal geändert.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
Benutzeravatar
BlueMonday
Beiträge: 3794
Registriert: Mo 14. Jan 2013, 17:13
user title: Waldgänger&Klimaoptimist

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von BlueMonday »

schokoschendrezki hat geschrieben:(18 Jun 2021, 14:07)
Dass Erlebnisse wie dieses mich daran gehindert hätten, Filme von Tarkowski anzusehen? Ich entscheide mich selbst!
Wobei nun Werke wie Tarkowskis Stalker die eigentliche Zuflucht bilden, eine Unerreichbarkeit für die Banalität des politischen Ungeistes. Eine unberührbare Spiritualität. Eine Ästhetik, auf die man sich selbst zubewegt und nicht per leerem Leerplan hinbugsiert werden kann. Unendlich weit weg von einer Dressur. Der Grund, auf dem alles steht, ist immer ein Motiv. Aber wo stammt es her? Spuckt es die Gesellschaft oder das Kollektiv über den Köpfen aus? Oder ist nicht "die Gesellschaft" vielmehr schon eine formbare Idee, die ausgespuckt wird.
ensure that citizens are informed that the vaccination is not mandatory and that no one is under political, social or other pressure to be vaccinated if they do not wish to do so;
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von schokoschendrezki »

Teeernte hat geschrieben:(18 Jun 2021, 14:24)

Wir hatten Befreiung .....

https://de.wikipedia.org/wiki/Befreiung_(Film)

Ja, apropos "Befreiung". Befreiung in einem diktatorischen oder autoritären System hat grundsätzlich etwas mit Emanzipation, mit Selbstständigwerdung zu tun. Völlig anders als es Userin D.A. darstellte. Zumal es nirgendwo in der DDR-Gesellschaft so etwas wie den "unabhängigen Beobachter" gab, der sich dann entschloss, sich irgendeiner "Bewegung" anzuschließen. Das wäre - wenn es denn möglich wäre - nicht der Anfang sondern das Ende von politischer Mündigkeit. Ich sehe es noch heute so, dass ein großer Teil der Oppositionsbewegungen, insbesondere aus der Richtung "Wir sind das Volk" ... kritisch zu sehen ist. Man kann bzw. konnte oder sollte sich ihnen anschließen. Aber nur aus der taktischen Distanz heraus. Immer mit kritischem Blick. Sowohl der Arbeiter- und Bauernstaat wie auch ein Teil dieser oppositionellen Bewegungen waren auf "Gemeinschaftsbildung" aus. Ein kritischer Intellektueller bleibt grundsätzlich kritisch und unabhängig.

Mitte der 90er war ich mal in einer Veranstaltung in Leipzig. Das waren so Leute ... die so taten wie "Wir haben mit unseren Schwertern die Unabhängigkeit erfochten. Nun ruhen die Schwerter in irgendeiner Kammer. Aber wir werden sie wieder hervorholen, wenn es nötig ist." Das war so unsäglich peinlich. Das kann man gar nicht beschreiben. Da konnte ich nur die Flucht antreten.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Kohlhaas
Beiträge: 13677
Registriert: So 24. Feb 2019, 19:47

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Kohlhaas »

Selina hat geschrieben:(18 Jun 2021, 13:17)

Mein Vater war ein "Opfer der stalinistischen Gewaltherrschaft" und wurde nach der Wende rehabilitiert. Unsere gesamte Familie hatte damals immer unter Sippenhaft zu leiden. Trotzdem gab es in der DDR neben allen Scheußlichkeiten auch Gutes, Bewahrenswertes. Und das werde ich jederzeit wiederholen. Ich habe das im Forum aber bereits mehrfach ausführlich erläutert. Hör also auf mit deinen ständigen Unterstellungen. Auch was den Antifaschismus hüben und drüben und das Wirken von Nazigrößen nach dem Krieg in einflussreichen Ämtern anbelangt, da hast du leider ein schlechtes Geschichtswissen.
Hör Du Deinerseits doch einfach mal auf mit der Unterstellung, dass ich Dir irgendwas unstellen würde oder je unterstellt hätte. Ich habe lediglich eine andere Meinung vertreten als Du und ich habe Dir Fragen gestellt, die Du merkwürdigerweise nicht beantwortet hast.

Die Tatsache, dass Dein Vater "Opfer stalinistischer Gewalt" war und dass Ihr unter Sippenhaft gelitten habt bedeutet für mich jedenfalls noch lange nicht, dass ich es gut finden muss, wenn Ihr Euch in der Täterä trotzdem noch "frei fühlen" konntet, weil Ihr ja "frei denken" durftet. Die Gedanken sihind frei, wer kann sie erraten... Mensch, denk einfach mal darüber nach, was Du hier sie geschrieben hast und wo eigentlich die Meinungsverschiedenheit zwischen uns liegt. Du bist das Paradebeispiel dafür, dass Leute sich aufplustern, weil sie ihre DDR-Biografie nicht hinreichend gewürdigt fühlen. Ich muss Deine DDR-Biografie aber nicht würdigen. Die DDR war ein Drecks-Staat. Dass Du dort in "gefühlter Freiheit" leben konntest, ist Dein Problem. Unterstell mir einfach nicht, dass ich Dir zum Beispiel eine humanistsiche Bildung abgesprochen hätte. Denk einfach mal drüber nach, was Du hier so rumschreibst.

Zum Beispiel über das Wirken von Nazigrößen habe ich nirgendwo auch nur ein Wort geschrieben. Was soll also Dein "wohlmeinender" Hinweis? Deine Aussagen über mein "Geschichtsverständnis" kannst Du Dir folglich gern sparen. Es bleibt eine Tatsache, dass die Nazi-Vergangenheit in Westdeutschland gut aufgearbeitet wurde und wird, in Ostdeutschland hingegen nicht. Deswegen wählen heute in Ostdeutschland locker doppelt so viele Menschen Nazis wie in Westdeutschland.
Slava Ukraini
Benutzeravatar
Teeernte
Beiträge: 32036
Registriert: Do 11. Sep 2014, 18:55
user title: Bedenkenträger

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Teeernte »

schokoschendrezki hat geschrieben:(18 Jun 2021, 14:55)
Ich sehe es noch heute so, dass ein großer Teil der Oppositionsbewegungen, insbesondere aus der Richtung "Wir sind das Volk" ... kritisch zu sehen ist. Man kann bzw. konnte oder sollte sich ihnen anschließen.
Führung und Propaganda durch die Stasi. (Selbst Parolenrufer und Parolenbestätiger wurden instruiert und trainiert.)
(Planung >> Einberufung.... im "Ernst" Fall!! - wer "fehlt" ist Fahnenflüchtig . Die Listen lagen vor.)

Führung...wie beim NSU - der VS.

Kanalisierung und Dokumentation der Opposition durch >> Organisation.
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
Kohlhaas
Beiträge: 13677
Registriert: So 24. Feb 2019, 19:47

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Kohlhaas »

schokoschendrezki hat geschrieben:(18 Jun 2021, 13:26)

Das ist aber ganz schön daneben ... versuche doch mal, bei der Sache zu bleiben.

Nochmal als Ergänzung zu meinem Beitrag weiter oben: Versuche mal, die aktuellen sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und sonstigen Entwicklungen in Stetting/Szczecin daraus ableiten, dass es sich bis Ende der 00er um eine klassische "polnische Werftarbeiterstadt" handelte. Du wirst damit nicht nur nicht weiterkommen sondern eine totale Bruchlandung erleben und auch nicht annäherungsweise verstehen, wie sich die regionalen Entwicklungen dort vollziehen. Und eine ähnliche Bruchlandung ist die "Erklärung" oder Vorhersage von irgendwelchen Wahlergebnissen in einem Ost-Bundesland aus irgendwelchen "Diktatursozialisierungen".
Du kannst offensichtlicht unserer Diskussion nicht mehr folgen. Ich habe an keiner Stelle Wahlergebnisse "erklärt" oder gar "prognostiziert". Ich habe lediglich die Frage gestellt, warum Wahlergebnisse in den östlichen Bundesländern so signifikant anders únd rechtsradikaler sind als den alten Bundesländern. Findest Du es illegitim, diese Frage zu stellen? Überfodert Dich diese Frage?
Slava Ukraini
Benutzeravatar
Selina
Beiträge: 17527
Registriert: Do 29. Sep 2016, 15:33

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Selina »

Kohlhaas hat geschrieben:(18 Jun 2021, 14:59)

Hör Du Deinerseits doch einfach mal auf mit der Unterstellung, dass ich Dir irgendwas unstellen würde oder je unterstellt hätte. Ich habe lediglich eine andere Meinung vertreten als Du und ich habe Dir Fragen gestellt, die Du merkwürdigerweise nicht beantwortet hast.

Die Tatsache, dass Dein Vater "Opfer stalinistischer Gewalt" war und dass Ihr unter Sippenhaft gelitten habt bedeutet für mich jedenfalls noch lange nicht, dass ich es gut finden muss, wenn Ihr Euch in der Täterä trotzdem noch "frei fühlen" konntet, weil Ihr ja "frei denken" durftet. Die Gedanken sihind frei, wer kann sie erraten... Mensch, denk einfach mal darüber nach, was Du hier sie geschrieben hast und wo eigentlich die Meinungsverschiedenheit zwischen uns liegt. Du bist das Paradebeispiel dafür, dass Leute sich aufplustern, weil sie ihre DDR-Biografie nicht hinreichend gewürdigt fühlen. Ich muss Deine DDR-Biografie aber nicht würdigen. Die DDR war ein Drecks-Staat. Dass Du dort in "gefühlter Freiheit" leben konntest, ist Dein Problem. Unterstell mir einfach nicht, dass ich Dir zum Beispiel eine humanistsiche Bildung abgesprochen hätte. Denk einfach mal drüber nach, was Du hier so rumschreibst.

Zum Beispiel über das Wirken von Nazigrößen habe ich nirgendwo auch nur ein Wort geschrieben. Was soll also Dein "wohlmeinender" Hinweis? Deine Aussagen über mein "Geschichtsverständnis" kannst Du Dir folglich gern sparen. Es bleibt eine Tatsache, dass die Nazi-Vergangenheit in Westdeutschland gut aufgearbeitet wurde und wird, in Ostdeutschland hingegen nicht. Deswegen wählen heute in Ostdeutschland locker doppelt so viele Menschen Nazis wie in Westdeutschland.
Sorry, aber das klingt alles nach kleinem bockigen Jungen, der mit dem Fuß aufstampft, wenn ihm Erwachsene was sagen. So wird das nichts mit uns. Die weltgeschichtlichen Entwicklungen, einschließlich Fall des Eisernen Vorhanges plus komplexer deutsch-deutscher Vorgeschichte lässt sich nicht so schwarz-weiß abhandeln, wie du das hier tust. Das war alles ein wenig komplizierter, facettenreicher. Die DDR und den damaligen "real existierenden Sozialismus", der alles andere als ein wirklicher Sozialismus war, zu verstehen, setzt Kenntnisse, Interesse und Zuhören-Wollen voraus.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
Kohlhaas
Beiträge: 13677
Registriert: So 24. Feb 2019, 19:47

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Kohlhaas »

schokoschendrezki hat geschrieben:(18 Jun 2021, 13:50)Das hatte aber nix mit DDR-Sozialisierung sondern eher mit einer generationsübergreifend weitergegebenen NS-Sozialisierung zu tun. Nach dem Motto: Erst einmal werden wir die SED los. Und dann die volksfremden Elemente.
Aha, verstehe. Sozialisierung gibt es zwar eigentlich nicht, aber NS-Sozialisierung gab es dann irgendwie doch. Erst, als die erklärtt antifaschistische DDR gegründet worden ist, gab es dann keine Sozialisierung mehr. Von dem Moment an wirkte nur noch unbetrachtet und unbemerkt die Nazi-Sozialisierung nach.

Warst nicht Du es, der behauptet hat, dass es Sozialisierung gar nicht gibt????

Ich entschuldige mich jetzt nochmal dafür, wenn ich irgendeinem Menschen mit "Ost-Sozialisierung" auf die Füße getreten haben sollte. Es ist nur so, dass ich meine Meinung haben darf, ohne Eure "Lebensleistung" würdigen zu müssen. Es bleibt die erklärungsbedürtige Tatsache, dass ihr "Ostlinge" doppelt so gern rechtsradikal wählt wie wir "Wessis". Das ist auch keine "Meinung". Das ist durch Wahlergebnisse unwiderleglich bewiesen.
Slava Ukraini
PeterK
Beiträge: 14083
Registriert: Di 31. Mai 2016, 11:06

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von PeterK »

Kohlhaas hat geschrieben:(18 Jun 2021, 14:59)
Deswegen wählen heute in Ostdeutschland locker doppelt so viele Menschen Nazis wie in Westdeutschland.
Was Du dabei nicht erwähnst, ist, dass das Wahlverhalten in Ostdeutschland eher (im europäischen Kontext) als "normal" zu bewerten ist. Man denke an F, PL, I, NL, HU, FI et al..
Kohlhaas
Beiträge: 13677
Registriert: So 24. Feb 2019, 19:47

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Kohlhaas »

Selina hat geschrieben:(18 Jun 2021, 15:17)

Sorry, aber das klingt alles nach kleinem bockigen Jungen, der mit dem Fuß aufstampft, wenn ihm Erwachsene was sagen. So wird das nichts mit uns. Die weltgeschichtlichen Entwicklungen, einschließlich Fall des Eisernen Vorhanges plus komplexer deutsch-deutscher Vorgeschichte lässt sich nicht so schwarz-weiß abhandeln, wie du das hier tust. Das war alles ein wenig komplizierter, facettenreicher. Die DDR und den damaligen "real existierenden Sozialismus", der alles andere als ein wirklicher Sozialismus war, zu verstehen, setzt Kenntnisse, Interesse und Zuhören-Wollen voraus.
Das hast Du aber sehr schön geschrieben. Mein Kompliment dazu. Ich erinnere nur noch mal daran, dass nicht ICH es war, der geschrieben hat, dass man in der DDR auch ein Gefühl der "Freiheit" empfinden konnte, solange es eine "innere Meinungsfreiheit" war. Das hast DU geschrieben. Wenn Du mit Deiner "gefühlten Freiheit" in der DDR zufrieden warst, dann ist doch alles okay für Dich. Sei glücklich. Erzähl uns aber nicht, dass diese Haltung irgendwie "vobildlich" sein und von uns geteilt werden muss.

Nochmal: Die DDR war ein Drecksregime. Dass man sich damit auch arrangieren konnte, ist völlig gleichgültig und gewiss nicht vorbildlich. Da kannst Du noch so lange über "fehlende Kenntnisse" schwadornieren.

Nebenbei: Ich hatte Dir Fragen gestellt. Warum beanwortest Du die eigentlich nicht? Hindert Dich Deine DDR-Sozialisierung daran?
Slava Ukraini
Kohlhaas
Beiträge: 13677
Registriert: So 24. Feb 2019, 19:47

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Kohlhaas »

PeterK hat geschrieben:(18 Jun 2021, 15:25)

Was Du dabei nicht erwähnst, ist, dass das Wahlverhalten in Ostdeutschland eher (im europäischen Kontext) als "normal" zu bewerten ist. Man denke an F, PL, I, NL, HU, FI et al..
Stimmt, das habe ich nicht erwähnt. Ist mir auch scheißegal. Dass im benachbarten Ausland noch "lieber" Nazis gewählt werden als in Deutschland, betrachte ich nunmal nicht als Legitimation dafür, in Deutschland Nazis zu wählen. Und unabhängig von dieser gerade geäußerten Meinung: Es bleibt eine Tatsache, dass in den neuen Bundesländern die Zustimmung für Nazi-Parolen doppelt so hoch ist wie in den alten Bundesländern. Ich warte immer noch auf Erklärungen für diesen statistisch nachgewiesenen Umstand.
Slava Ukraini
PeterK
Beiträge: 14083
Registriert: Di 31. Mai 2016, 11:06

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von PeterK »

Kohlhaas hat geschrieben:(18 Jun 2021, 15:33)
Es bleibt eine Tatsache, dass in den neuen Bundesländern die Zustimmung für Nazi-Parolen doppelt so hoch ist wie in den alten Bundesländern. Ich warte immer noch auf Erklärungen für diesen statistisch nachgewiesenen Umstand.
Ich hielte es für angebrachter, darüber nachzudenken, warum die Zustimmung für rechtspopulistische Parolen in D-West erfreulicherweise ca. halb so hoch ist wie in den neuen Bundesländern (und deutlich niedriger als in manchen europäischen Nachbarländern).
Benutzeravatar
Unité 1
Beiträge: 4428
Registriert: Mi 4. Jun 2008, 21:18
user title: fsociety

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Unité 1 »

Kohlhaas hat geschrieben:(18 Jun 2021, 15:19)

Ich entschuldige mich jetzt nochmal dafür, wenn ich irgendeinem Menschen mit "Ost-Sozialisierung" auf die Füße getreten haben sollte. Es ist nur so, dass ich meine Meinung haben darf, ohne Eure "Lebensleistung" würdigen zu müssen. Es bleibt die erklärungsbedürtige Tatsache, dass ihr "Ostlinge" doppelt so gern rechtsradikal wählt wie wir "Wessis". Das ist auch keine "Meinung". Das ist durch Wahlergebnisse unwiderleglich bewiesen.
Der erste Satz ist so glaubwürdig wie die Aussagen Ulbrichts zur Einfriedung Ostberlins. War eine wirklich beeindruckende Performance die letzten Seiten in diesem Strang deinerseits. Danke für die Einblicke in deine Perspektive.

"Diktatursozialisierung" ist ein schön knalliger Begriff, der, das hast du eindrucksvoll dargelegt, mehr der Bauchnabelpflege denn der Erklärung dient. Die da drüben sind halt so, was willste machen. Die augenfälligen Unterschiede im Wahlverhalten zwischen den südlichen und nördlichen Bundesländern (Schleswig Holstein AfD: 5,9% - Hessen: 13,1% und besonders interessant Ba-Wü 9,7%, trotz des fraktionsinternen Kriegs, trotz der Abspaltungen, Austritte usw., (vorheriges Ergebnis: 15,1%)), zwischen Stadt und Land (Bsp: Brandenburg| Potsdam I AfD: 9,4% Spree-Neiße II 36%) oder innerhalb von Städten (Potsdam I: 9,4% Potsdam II: 18,4%) die braucht man da gar nicht ins Auge fassen. Von der globalen Tendenz müssen wir dann auch nicht sprechen. Wozu darauf schauen, welche Unterschiede es gibt (sic!), wozu analysieren, woher die Unterschiede kommen, wenn man sie mit einem assoziativen "Argument" verwischen kann. Osten, Diktatur, AfD.

Das traurige daran ist, dass das der Erklärung der Ursachen des Austiegs bspw. der AfD und daraus zu ziehenden Schlüssen für Gegenstrategien einen Bärendienst erweist. Sonst wär mir die Borniertheit glatt egal.
We're more like FDP, ambitious and misunderstood!
Benutzeravatar
Dark Angel
Moderator
Beiträge: 22083
Registriert: Fr 7. Aug 2009, 08:08
user title: From Hell

Re:

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(18 Jun 2021, 11:34)

Bei der Aufarbeitung der NS-Geschichte in der bundesrepublikanischen Nachrkiegszeit wurden häufig einfach die einen Erzählungen durch andere Erzählungen ersetzt. Die Erzählung von der Überlegenheit der arischen Rasse zum Beispiel durch die Erzählung von (West)-Berlin als "Stadt der Freiheit". Die Freiheitsglocke im Schöneberger Rathaus wurde installiert. Pünklich sonntags um 12 ertönte sie, WUMM, WUMM und im RIAS, im "Rundfunk im amerikanischen Sektor" wurde ein pseudoreligiöses Gebet gesprochen:

Am Ende glaubten die (West)-Berliner tatsächlich, dass sie in der "Stadt der Freiheit" lebten. Eigentlich auch schon zur NS-Zeit.
Sorry, aber was du da von dir gibst, ist Unsinn und zwar in mehrfacher Hinsicht!
Niemand bestreitet, dass die Aufarbeitung der NS-Zeit in der Bundesrepublik zumindest unzureichend ist.
In der Bundesrepublik und in der DDR genauso, hatte diese Aufarbeitung eine starke ideologische Komponente, wurden revisionistische/geschichtsrevisionistische Ansätze vertreten.
Das hat allerdings mit der Bezeichnung des Weststeil von Berlin als "Stadt der Freiheit" nichts aber auch gar nichts zu tun, weil diese Bezeichnung das unmittelbare Ergebnis der Luftbrücke, während der sowjetischen Blockade ist. Grund für die Blockade waren die Währungsreform in den allierten Besatzungszonen einerseits und Stalins Bestreben die Westallierten aus Berlin zu vertreiben und die gesamte Stadt unter sowjetische Kontrolle zu bringen.
Mit Aufarbeitung der NS-Zeit hat das herzlich wenig zu tun.
schokoschendrezki hat geschrieben:(18 Jun 2021, 11:34) Die Reihe der "Tyranneien" der Nachrkriegszeit, bei denen der sogenannte "Westen" nicht nur nicht eingeschritten ist sondern die er zum Teil selbst verursacht hat, ist lang und traurig.
Ach nee welche denn?
Bring doch bitte mal Belege dafür!
schokoschendrezki hat geschrieben:(18 Jun 2021, 11:34) Das ist doch keine "Aufarbeitung". Das ist - wie gesagt - die Ersetzung der einen Erzählungen durch andere Erzählungen. Für eine tatsächliche Aufarbeitung sowohl der NS-Zeit wie auch der DDR-Vergangenheit ist es nötig, beseite zu treten. Nüchtern und ohne irgendwelche Identitätsgefühle den ganzen Schlammassel zu betrachten.
Falsch, man kann und darf nicht beiseite treten, weil jeder Einzelne bei sich selbst mit der Aufarbeitung beginnen muss, weil jeder einzelne Teil der Gesellschaft ist und zum Funktionieren dieser Gesellschaft beiträgt und last but not least, weil die Gesellschaft IMMER zur Identitätsfindung des Individuums beiträgt. Es gibt KEINE individuelle Identität OHNE gesellschaftliche Einflüsse.
Auch DU bist (offensichtlich) in der DDR aufgewachsen, warst Teil dieser Gesellschaft, wurdest in dieser Gesellschft sozialisiert und diese Gesellschaft hat auch DEINE individuelle (persönliche) Identität beeinflusst.
Niemand, absolut niemand lebt außerhalb einer Gesellschaft und aus diem Grund kann er sie auch nicht von außen betrachten.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen
Antworten