Diktatursozialisierung?

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Unité 1
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Unité 1 »

Kohlhaas hat geschrieben:(18 Jun 2021, 16:12)

Völliger Blödsinn. Weis doch man nach, wo ich sowas geschrieben haben soll wie "Niemand will eine Mauer bauen..." . Mach doch mal!
Warum sollte ich etwas nachweisen, was ich nicht behauptet habe? Finde dich einfach damit ab, dass deine Entschuldigung in meinen Augen den Wert und Wahrheitsgehalt von Ullbrichts Aussagen hat (und nicht nur die und nicht nur der).
Abschließend soviel dazu.

Ich bin vielmehr an deinen Erklärungsversuchen interessiert, welche Diktatur die Sozialisation in den südlichen Bundesländern versaut hat (Stimmanteil für die AfD zwei- bis dreimal so hoch wie in den nördlichen), warum es keine Diktatursozialisation in den Städten wie Rostock oder Potsdam en gros gab bzw. warum der Potsdamer Süden bspw. hart diktatursozialisiert wurde, der Potsdamer Norden dagegen nicht. Oder auch, welchen Einfluss die untergegangene DDR auf das Wahlverhalten in Europa und großen Teilen der Welt heute noch hat. Hast du da welche?
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JJazzGold
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von JJazzGold »

Kohlhaas hat geschrieben:(19 Jun 2021, 11:57)

Das sehe ich ganz genauso. Ich persönlich kann wenig dafür, dass Deutschland zu dem geworden ist, was es heute ist. Ich bin trotzdem stolz darauf. Bin ein Patriot. Deutschland ist schön. Ich leiste meinen Beitrag dazu, wo ich kann. Aber ich bin halt nur ein "kleiner Hansel". Die Summe dessen, was wir alle tun, gestaltet dieses Land. Warum soll man darauf als Individuum nicht stolz sein dürfen? Ist doch gut, was wir alle gemeinsam erreicht haben.
Sicher ist Deutschland schön und ich genieße es, wieder in Deutschland zu sein und letztendlich wieder in Bayern zu sein.
Wir haben viel erreicht, u.a. eine gewaltlose und bis dato doch recht erfolgreiche Wiedervereinigung. ;)
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Kohlhaas »

franzmannzini hat geschrieben:(19 Jun 2021, 12:56)

In Sachsen-Anhalt aber nur die von 2016 und 2021.
Damit ist die Theorie "Diktatursozialisierung" des Herrn Wanderwitz:
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ ... r-100.html

Somit sind wohl viele Ostdeutsche zwischen 1989 und 2015 in der Demokratie angekommen, 2016 aber wieder abgereist.
Wie kommst Du denn auf dieses schmale Brett? Selbst im neuen Osten haben die Nazis noch keine Mehrheit. Sie kriegen dort nur doppelt so viele STimmen wie im Westen. Und nun? Äüßerst Du Dich irgendwann mal zu diesem nachweisbaren Faktum?

Du kannst noch monatelang rumplärren. Es bleibt bei der nachgewiesenen Tatsache, dass im Osten Deutschlands gut doppel so viele Menschen rechtsradikal wählen wie im Westen Deutschlands. Das ist empirisch nachgewiesen. Erkläre es bitte.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von franzmannzini »

Kohlhaas hat geschrieben:(19 Jun 2021, 13:06)
... Es bleibt bei der nachgewiesenen Tatsache, dass im Osten Deutschlands gut doppel so viele Menschen rechtsradikal wählen wie im Westen Deutschlands...
Das ist doch nun bekannt.
In diesem Strang geht es aber darum, warum es so ist und um die Meinung des Herrn Wanderwitz, das dies an der Sozialisierung in der DDR läge.

Dieser Meinung bin ich nicht.

Und da es Dir scheißegal ist wo die Nazis herkommen, und Du damit keine Meinung zu deren Herkunft formulieren willst, oder vielmehr nicht kannst,
ist die Frage was Du in diesem Strang suchst ?
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von PeterK »

franzmannzini hat geschrieben:(19 Jun 2021, 12:56)
Somit sind wohl viele Ostdeutsche zwischen 1989 und 2015 in der Demokratie angekommen, 2016 aber wieder abgereist.
Man befürchtete möglicherweise, das seit 25 Jahren stetig fließende "Begrüßungsgeld" mit anderen teilen zu müssen.
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BlueMonday
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von BlueMonday »

Dark Angel hat geschrieben:(18 Jun 2021, 22:02)

Konsequent zu Ende gedacht, bedeutet dein Nicht Teil einer Gesellschaft sein wollen, dass du alle deine Medikamente in voller Höhe selber bezahlst
Und weiter zu Ende gefragt, wie sieht es dann als "Teil der Gesellschaft" aus? Im Schnitt bezahlt auch heute als "Teil einer Gesellschaft" jeder "seine Medikamente". Der eine oder viele zahlen viel mehr als sie in Anspruch nehmen und andere weniger oder nichts für "ihre Medikamente". Aber unterm Strich lassen sich die Medikamentenproduzenten, Entwickler usw. recht fürstlich bezahlen für "ihre Medikamente". Da wird kein Cent verschenkt, sonderm die "volle Höhe" verlangt und kassiert, die nur nicht mehr marktförmig an der Apothekenkasse zustande kommt.

Das ist auch immer das Problem an schokoschendrezkis Einsiedlervorstellung. Eine vollständige Ablehung von Interaktion oder Kooperation bedeutet dann eben, gar keine Medikamente mehr ertauschen zu können, sondern diese autark auf der einsamen Insel selbst beschaffen zu müssen. Jeder Tausch ist hingegen Teilnahme, und zwar die zivilisierteste Form der Teilnahme.
Die Abkapselung hingegen kann nun kaum jemand wollen und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch er nicht, sonst würde er hier gar nicht diskutieren können. Das wäre ein klassischer performativer Widerspruch. Internet, Kommunikationtechnik usw. ist ja eine unglaubliche kooperative Leistung.

Letztlich kommt es darauf an, wie eine Kooperation zustande kommt, ob sie mehr und mehr erzwungen wird und irgendwann "alternativlos" ist und am Ende (zu Ende gedacht) gar keine Kooperation mehr ist, so wenig wie die Beziehung eines Sklavens zu dem Sklavenhalter noch eine Kooperation ist. Das ist doch das Verdrehte heutzutage: eine Zwangsveranstaltung etwa in Gestalt einer Zwangsversicherung wird für "sozialer" (also geschaftlicher) gehalten als eine freiwillige.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Selina »

PeterK hat geschrieben:(19 Jun 2021, 13:28)

Man befürchtete möglicherweise, das seit 25 Jahren stetig fließende "Begrüßungsgeld" mit anderen teilen zu müssen.
Da fließt stetig ganz schön viel zurück an Knete... vom Osten in den Westen. In Form der Gewinne großer Einzelhandelsketten mit Stammsitz in D West, die Gewinne aus den Ostfilialen großer Westkonzerne, für immer noch ungleiche Löhne im Osten mit erwirtschaftet.

Aber was die Angst vorm Teilen anbelangt, da hast du natürlich recht. Die AfD-Sündenbockpolitik spielt mit diesen Ängsten und geht damit immer wieder auf Dummenfang.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von franzmannzini »

PeterK hat geschrieben:(19 Jun 2021, 13:28)

Man befürchtete möglicherweise, das seit 25 Jahren stetig fließende "Begrüßungsgeld" mit anderen teilen zu müssen.
Ziemlich schwierig zu sagen was dort in welche Richtung fließt.
Wenn ich mich aber auf dem Land so umschaue, dann gibt es Gegenden, wo gar nichts ankommt,
hüben wie drüben, trotz blumiger Versprechen.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von BlueMonday »

franzmannzini hat geschrieben:(19 Jun 2021, 13:21)

Das ist doch nun bekannt.
In diesem Strang geht es aber darum, warum es so ist und um die Meinung des Herrn Wanderwitz, das dies an der Sozialisierung in der DDR läge.

Dieser Meinung bin ich nicht.
Bei den ersten "freien Wahlen" nach der Wende gab es eine Partei namens "DSU", eine blockflötendistanzierte Neugründung, die zu DDR-Zeiten völlig unmöglich und undenkbar gewesen wäre. Die kam auf ca. 6%. Also immerhin. Diese Partei war nun nicht völlig deckungsgleich mit der heutigen AfD, aber eine vergleichbare Ausrichtung ist zu erkennen.

Und warum wählte man nun als DDR-Bürger die DSU? Das war im Grunde die Partei, die man am weitesten entfernt vom ehemaligen DDR-Trott des Realsozialismus verortete. Man wählte sie, um so schnell und "radikal" wie irgendmöglich sich davon zu entfernen. Und eine vergleichbare Attitüde dürfte auch 30 Jahre später in der AfD verbreitet sein, also etwas, das ganz früher mal in der CDU als "Freiheit statt Sozialismus" firmierte. Nun ist das Problem wie in jeder Partei, dass es "Flügel" gibt, und damit Missverständisse, auch zahlreich U-Boote und Unterwanderungen, letztlich einen Streit um die Ausrichtung der Partei... was ingesamt natürlich das Profil einer Partei verwässert. Ganz zu schweigen von der Außensicht irgendwelcher Unbeteiligten oder gar politischer Konkurrenten wie diesem Wanderwitz, die wieder ein ganz anderes, grobes "Bild" vom Konkurrenten zeichnen.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Selina »

JJazzGold hat geschrieben:(19 Jun 2021, 12:54)

Wenn Sie das anders sehen, dann sehen Sie es halt anders.
So what?

Dass Irgendjemand von Ihnen verlangen würde sich als Bundesländerin, als Bundesdeutsche, zu irgendeiner Gemeinschaft Gehörige zu fühlen, das spielt sich nur in Ihrem Kopf ab. Niemand verlangt das von Ihnen. Es passiert Ihnen nichts, wenn Sie das anders sehen. Hysterieanfälle sind ergo reine Verschwendung.

Dass Sie sich zwangsläufig doch einer Gemeinschaft zugehörig fühlen, dafür spricht Ihre verbale Abgrenzung zu “den Westdeutschen“.
Geschenkt.
Gegen die allermeisten Westdeutschen hab ich überhaupt nix. Nur gegen die in den Osten "entsorgten" oder "delegierten" Westnazis.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von PeterK »

Selina hat geschrieben:(19 Jun 2021, 13:38)
Aber was die Angst vorm Teilen anbelangt, da hast du natürlich recht. Die AfD-Sündenbockpolitik spielt mit diesen Ängsten und geht damit immer wieder auf Dummenfang.
Mir ging es tatsächlich eher um staatliche Transferleistungen, die man plötzlich mit ein paar Flüchtlingen "teilen" musste. Der Dummenfang scheint funktioniert zu haben.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Zunder »

Selina hat geschrieben:(19 Jun 2021, 13:56)

Gegen die allermeisten Westdeutschen hab ich überhaupt nix. Nur gegen die in den Osten "entsorgten" oder "delegierten" Westnazis.
Bodo Ramelow ist übrigens auch Wessi. Nur mal so nebenbei.

Bernhard Vogel kam genauso aus dem Westen wie Kurt Biedenkopf.
Daß der Ossi dem eigenen Führungspersonal etwas skeptisch gegenüber steht, scheint ein eher allgemeines Phänomen zu sein als ein spezifisch faschistisches.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Kohlhaas »

franzmannzini hat geschrieben:(19 Jun 2021, 13:21)

Das ist doch nun bekannt.
In diesem Strang geht es aber darum, warum es so ist und um die Meinung des Herrn Wanderwitz, das dies an der Sozialisierung in der DDR läge.

Dieser Meinung bin ich nicht.

Und da es Dir scheißegal ist wo die Nazis herkommen, und Du damit keine Meinung zu deren Herkunft formulieren willst, oder vielmehr nicht kannst,
ist die Frage was Du in diesem Strang suchst ?
Na, das ist doch schön, dass Du das endlich erkannt hast. Dann könntest Du ja auch endlich mal eine Meinung formulieren, warum das so ist.

Und ja, tatsächlich ist es mir völlig egal, wo ein rechtsradikales Arschloch herkommt. Das Problem bei rechtsradikalen Arschlöchern liegt nämlich allein darin, dass es rechtsradikale Arschlöcher sind. Woher die kommen, ist bestenfalls drittrangig. :D

Bezüglich des Wahlverhaltens der "Ossis" ist auch diese Frage aber nunmal zweifelsfrei beantwortet. Wir wissen inzwischen ganz genau, wo die rechtsradikelen Wähler bevorzugt sitzen. Ob das was mit Diktatursozialisierung zu tun hat, mag bestritten werden. Aber hör doch endlich mal auf, nur reflexartig zu bestreiten. Sag uns doch mal, woran es Deiner Meinung nach sonst liegen könnte.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Teeernte »

Kohlhaas hat geschrieben:(19 Jun 2021, 13:06)

Es bleibt bei der nachgewiesenen Tatsache, dass im Osten Deutschlands gut doppel so viele Menschen rechtsradikal wählen wie im Westen Deutschlands. Das ist empirisch nachgewiesen. Erkläre es bitte.
Die Jugend//Männer mittleren Alters 25-35 im Osten fühlen sich in einer Art "Schutzgebiet" (früher Kolonie genannt). - >> Fremdbeherrscht.

Das PROBLEM ist - dass deren NACHWUCHS ebenfalls RECHTS wählt - die RECHTEN somit "durchwachsen" und später als Rentner ebenfalls AfD wählen...mit rechtem Nachwuchs.
Was dann - Mengenlehre - eine Verdopplung der AfD in 20Jahren nach sich zieht.

--------------------------

Aber - wenn das eh EGAL IST - sollte "MANN" WEST damit kein Problem haben !
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von franzmannzini »

Kohlhaas hat geschrieben:(19 Jun 2021, 14:35)
...
Und ja, tatsächlich ist es mir völlig egal, wo ein rechtsradikales Arschloch herkommt. Das Problem bei rechtsradikalen Arschlöchern liegt nämlich allein darin, dass es rechtsradikale Arschlöcher sind. Woher die kommen, ist bestenfalls drittrangig. :D
...
...eben waren es noch rechte Arschlöcher...
...nun sind es rechtsradikale Arschlöcher...

So sind eben 20,8% der Wähler in Sachsen-Anhalt "rechtsradikale Arschlöcher", aber was macht das schon, ist doch völlig egal.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Kohlhaas »

BlueMonday hat geschrieben:(19 Jun 2021, 13:31)Letztlich kommt es darauf an, wie eine Kooperation zustande kommt, ob sie mehr und mehr erzwungen wird und irgendwann "alternativlos" ist und am Ende (zu Ende gedacht) gar keine Kooperation mehr ist, so wenig wie die Beziehung eines Sklavens zu dem Sklavenhalter noch eine Kooperation ist. Das ist doch das Verdrehte heutzutage: eine Zwangsveranstaltung etwa in Gestalt einer Zwangsversicherung wird für "sozialer" (also geschaftlicher) gehalten als eine freiwillige.
Du hast es immer noch noch nicht verstanden und wirst es wohl auch nie verstehen. In dem Moment, da Du aus dem Leib Deiner Mutter hervorgekrochen bist, warst Du Teil einer "Zwangsveranstaltung". Hat Dich damals jemand gefragt, ob Du freiwillig herauskriechen wolltest? Schreckliche Welt!

Aber jetzt mal ganz ernsthaft: Die Sinnhaftigkeit gemeinschaftlicher Errungenschaften wie z.B. einer Krankenversicherung hängt ganz gewiss nicht davon ab, dass jeder Mensch ihr zustimmt. Entscheidend ist nur, dass eine Mehrheit ihr zustimmt. Das ist Demokratie. Wenn einzelne Nonkonformisten sich dadurch gegängelt fühlen, ist das allein deren Problem. Sie sind trotzdem in die heute exitierende Gemeinschaft hineingeboren worden und haben sich deren Regeln zu fügen. Das ist manchmal unangenehm, aber es ist halt einfach so. Du musst Steuern bezahlen. Dass Du daran Freude empfindest, hat nie jemand verlangt. Finde Dich also einfach mit Deinem "Sklavenstatus" ab. Kein Mensch interessiert sich dafür, was Du "freiwillig" zu tun bereit wärst.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Kohlhaas »

Selina hat geschrieben:(19 Jun 2021, 13:38)

Da fließt stetig ganz schön viel zurück an Knete... vom Osten in den Westen. In Form der Gewinne großer Einzelhandelsketten mit Stammsitz in D West, die Gewinne aus den Ostfilialen großer Westkonzerne, für immer noch ungleiche Löhne im Osten mit erwirtschaftet.

Aber was die Angst vorm Teilen anbelangt, da hast du natürlich recht. Die AfD-Sündenbockpolitik spielt mit diesen Ängsten und geht damit immer wieder auf Dummenfang.
Mein Gott! Langsam zweifele ich doch daran, dass Du eine humanistische Bildung genossen hast. Die Wessi-Zecken saugen die armen Ossis aus, weil die armen Ossis bei Aldi einkaufen? Bist Du noch normal? Ich lebe im Westen und muss auch bezahlen, wenn ich beim Aldi ein Stück Brot kaufe. Ich kriege seit 1990 jeden Monat einen Soli von meinem Gehalt abgezogen. Ja, sicher, der Westen hat den Osten immer nur ausgebeutet. Unterlass doch einfach mal diesen durchsichtigen Versuch des Dummenfangs.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Kohlhaas »

franzmannzini hat geschrieben:(19 Jun 2021, 14:51)

...eben waren es noch rechte Arschlöcher...
...nun sind es rechtsradikale Arschlöcher...

So sind eben 20,8% der Wähler in Sachsen-Anhalt "rechtsradikale Arschlöcher", aber was macht das schon, ist doch völlig egal.
Was willst Du denn damit sagen? Willst Du bestreiten, dass es in unserem Land rechte oder rechtsradikale Arschlöcher gibt? Willst Du betreiten, dass diese Arschlöcher in den neuen Bundesländern im Schnitt doppelt so häufig vorkommen wie im Westen? Was willst Du uns überhaupt sagen?

Du kannst Dir ausmalen, was Du willst. Wer AfD wählt, wählt rechtsradikal. Das passiert in den neuen Bundesländern doppelt so gern wie in den alten Bundesländern. Biete doch mal eine Erklärung dafür an. Immer nur rumzuwimmern, dass man Euch falsch verstanden hat, ist keine Antwort. Wir haben es immer noch mit der hässlichen Situation zu tun, dass im Osten Deutschlands viel zu viele Menschen rechtsradikale Einstellungen teilen. Dir mag das egal sein. Ich finde es nach wie vor erklärungsbedürftig.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von franzmannzini »

Kohlhaas hat geschrieben:(19 Jun 2021, 15:13)
... rechte oder rechtsradikale Arschlöcher... uns...
Dauerschleife.
Kohlhaas hat geschrieben:Du kannst Dir ausmalen, was Du willst. Wer AfD wählt, wählt rechtsradikal. Das passiert in den neuen Bundesländern doppelt so gern wie in den alten Bundesländern.
In den alten Bundesländern halb so gern...obwohl "Demokratiesozialisiert"
Kohlhaas hat geschrieben:Biete doch mal eine Erklärung dafür an.
Wie stehst Du zu der These von Herrn Wanderwitz ?
Siehe unten Herr Kahrs !
Kohlhaas hat geschrieben:Immer nur rumzuwimmern, dass man Euch falsch verstanden hat, ist keine Antwort.
Habe ich das ?
Kohlhaas hat geschrieben:Wir haben es immer noch mit der hässlichen Situation zu tun, dass im Osten Deutschlands viel zu viele Menschen rechtsradikale Einstellungen teilen.
Wie viele müssen es sein, damit es zu viele sind ?
Kohlhaas hat geschrieben:Dir mag das egal sein. Ich finde es nach wie vor erklärungsbedürftig.
Na dann erkläre Du es doch mal !
Es seie denn es ist Dir, wie bis eben noch egal, wo die "rechtsradikalen Arschlöcher" herkommen.

Herr Kahrs meint (Bundestagswahl 2017):

Kahrs ab Minute 7:47 auf die Frage nach dem schlechten Abschneiden der SPD:
"Und die AFD ist deswegen so stark geworden, weil natürlich Frau Merkel sich geweigert hat Wahlkampf zu machen, das hat Herr Schulz ja ganz am Anfang kritisiert und deswegen haben wir ein Problem gehabt das eben sich nicht in Deutschland über Inhalte gestritten wurde, deswegen ist die AFD so stark geworden, jetzt haben wir hier einen Haufen rechtsradikaler Arschlöcher im Parlament sitzen und Frau Merkel trägt ein gerütteltes Maß an Mitschuld."
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Kohlhaas »

franzmannzini hat geschrieben:(19 Jun 2021, 16:18)

Dauerschleife.
Ja sicher. Was bleibt denn anderes ürbrig. Umdemokratische Verhaltensweisen muss man doch undemokratisch nennen dürfen, solange sie undemokratisch sind. Oder siehst Du irgendwo einen Punkt, ab dem man das nicht mehr so nennen darf?
In den alten Bundesländern halb so gern...obwohl "Demokratiesozialisiert"
Nicht "obwohl" sondern "weil". In den alten Bundesländern gibt es nur halb so viele Nazis wie in den neuen Bundesländern. Demokratiesozialisierung zahlt sich offensichtlich aus.
Wie stehst Du zu der These von Herrn Wanderwitz ?
Wie oft soll ich das noch schreiben? Ich habe jetzt sattsam und ohne irgendwelche Beschönigungsversuche darauf hingewiesen, das "ihr Ossis" offenbar ein Problem mit der Demokratie habt. Es ist und bleibt einfach erklärngsbedürftig, dass es in den neuen Bundesländern doppelt so viele bekennende Nazis gibt wie in den alten Bundesländern. Das ist eine durch Wahlergebnisse nachgewiesene Tatsache. Wieso fragst Du danach, was ich darüber denke? Würde meine Meinung irgendwas an Wahlergebnissen ändern? Hör doch mal auf, sinnlose Fragen zu stellen. Beantworte doch einfach mal Fragen. Die wichtigste lautet: Warum gibt es in den neuen Bundesländern doppelt so viele Nazis wie in den den alten Bundesländern? Beantworte doch einfach mal diese Frage!

Um auf Deine Frage zu antworten: Wie ich weiter oben schon geschrieben habe, bin ich tatsächlich der Meinung, dass viele Menschen in den neuen Bundesländern wegen ihrer Diktatursozialisierung einfach nicht verstanden haben, was Demokratie überhaupt ist.
Wie viele müssen es sein, damit es zu viele sind ?
Jeder Einzelne ist einer zu viel. Darum geht es aber hier überhaupt nicht. Hier geht es um die nachgewiesene Tatsache, dass im Osten anteilig doppelt so viele Rechtsradikale leben wie im Westen. Ich warte immer noch auf eine Erklärung von Dir, warum das so ist.
Herr Kahrs meint (Bundestagswahl 2017):

Kahrs ab Minute 7:47 auf die Frage nach dem schlechten Abschneiden der SPD: Herr Kahrs meint (Bundest
Ja, sicher. Macht Ihr Ossis Euch ruhig mal einen schlanken Fuß indem Ihr unterstellt, dass die Wessis für die überdurchschnittliche rechtsradikale Gesinnung bei Euch verantwortlich sind. Wenn jemand rechtsradikal wählt, dann ist natürlich nicht er selbst schuld, sondern Merkel.

Und jetzt nochmal: Stell nicht einfach nur sinnbefreit immer neue Fragen. Beantworte ab und zu auch mal Fragen, die Dir gestellt wurden. Gebetsmühlenartig: Beantworte einfach mal die Frage, warum Deiner Ansicht nach im Osten Deutschlands doppelt so viele Menschen faschistisch wählen wie im Westen Deutschlands. Beantworte das doch einfach mal. Alles importiere Wessies?
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Unité 1 »

Ja, die Diktatursozialisierung ist tief in Kahrs verankert. Dass fehlende Gegenerzählungen aka Alternativlosigkeit Teil des Problems sein können, kann nur Ausdruck einer ostsozialisierten Haltung sein. Da darf sich Kahrs allerdings auch an seine bzw. die Nase seiner Partei fassen.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Teeernte »

Kohlhaas hat geschrieben:(19 Jun 2021, 17:27)

"ihr Ossis" offenbar ein Problem mit der Demokratie habt.
Wieder "Alle" über einen Löffel balbiert ?

Die Ossis haben darum gekämpft...Wessis ist die Demokratie geschenkt worden.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Ammianus »

Teeernte hat geschrieben:(19 Jun 2021, 18:04)

Wieder "Alle" über einen Löffel balbiert ?

Die Ossis haben darum gekämpft...Wessis ist die Demokratie geschenkt worden.
Die rund 60 000, die am 9. Oktober in Leipzig auf die Straße gingen, konnten sich nicht sicher sein, ob sie nicht vielleicht eine Kugel in den Kopf bekämen oder in den vorbereiteten Lagern landen würden ...
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Unité 1 »

Ironischerweise ist die Abstempelung ostdeutscher AfD-Wähler als dikatursozialisiert Ausdruck einer Unterteilung von "wir" - "unsere AfD-Wähler" - und die "anderen", was, das zeigt sich besonders in der Ausdrucksweise Kohlhaas', zudem ein generelles Verdachtsmoment gegenüber Ostdeutschen enthält. Diese Unterteilung kann selbst als Ausdruck einer Gefährdung der liberalen Demokratie betrachtet werden, da sie einer Bevölkerungsgruppe eine Andersartigkeit unterstellt und somit die Idee einer Verschiedenwertigkeit von Bevölkerungsgruppen ausdrückt. Kann man dem Ossi denn wirklich trauen, immerhin sind se alle ja diktatursozialisiert. Und wenn auch nur in 2. oder 3. Nachwendegeneration.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Dark Angel »

Kohlhaas hat geschrieben:(19 Jun 2021, 15:05)

Mein Gott! Langsam zweifele ich doch daran, dass Du eine humanistische Bildung genossen hast. Die Wessi-Zecken saugen die armen Ossis aus, weil die armen Ossis bei Aldi einkaufen? Bist Du noch normal? Ich lebe im Westen und muss auch bezahlen, wenn ich beim Aldi ein Stück Brot kaufe. Ich kriege seit 1990 jeden Monat einen Soli von meinem Gehalt abgezogen. Ja, sicher, der Westen hat den Osten immer nur ausgebeutet. Unterlass doch einfach mal diesen durchsichtigen Versuch des Dummenfangs.
Den Solibeitrag zahlen wir "Ossis" auch seit 1990.
Was allerdings nicht ausschließt, dass die Gelder für den "Aufbau Ost" verwendet werden. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass dieses Geld, ähnlich der Ökosteuer dazu dient, irgendwelche Haushaltslöcher zu stopfen.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Quatschki »

Unité 1 hat geschrieben:(19 Jun 2021, 19:01)

Ironischerweise ist die Abstempelung ostdeutscher AfD-Wähler als dikatursozialisiert Ausdruck einer Unterteilung von "wir" - "unsere AfD-Wähler" - und die "anderen", was, das zeigt sich besonders in der Ausdrucksweise Kohlhaas', zudem ein generelles Verdachtsmoment gegenüber Ostdeutschen enthält. Diese Unterteilung kann selbst als Ausdruck einer Gefährdung der liberalen Demokratie betrachtet werden, da sie einer Bevölkerungsgruppe eine Andersartigkeit unterstellt und somit die Idee einer Verschiedenwertigkeit von Bevölkerungsgruppen ausdrückt. Kann man dem Ossi denn wirklich trauen, immerhin sind se alle ja diktatursozialisiert. Und wenn auch nur in 2. oder 3. Nachwendegeneration.
Es ist ein spezifischer Rassismus gegenüber Ostdeutschen.
Wenn wir irgendwelche Paschtunen oder Usbeken wären, würde es niemanden stören, wenn wir unseren Warlord wählen, weil wir glauben, dass der unsere Interessen im Parlament am besten vertritt.
franzmannzini

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von franzmannzini »

Kohlhaas hat geschrieben:(19 Jun 2021, 17:27)
... das "ihr Ossis" offenbar ein Problem mit der Demokratie habt...
Kohlhaas hat geschrieben:... Warum gibt es in den neuen Bundesländern doppelt so viele Nazis wie in den den alten Bundesländern? Beantworte doch einfach mal diese Frage!
Kohlhaas hat geschrieben:... bin ich tatsächlich der Meinung, dass viele Menschen in den neuen Bundesländern
wegen ihrer Diktatursozialisierung einfach nicht verstanden haben, was Demokratie überhaupt ist....
Drei Fehler eines Vertreters dieser Theorie:

Er vergleicht den Ostdeutschen mit einem Kind, das seit 1989 auf dieser Entwicklungsstufe stehen geblieben ist und erklärt alles an Erfahrung, die dieser Ostdeutsche nach 1989 sammelte, für obsolet,
so als wenn die Geschehnisse nach 1989, welche auf diesen Ostdeutschen wirkten, keine mentalen Spuren bei diesem hinterlassen haben könnten.

Weiterhin betrachtet er die gepflegten Gewohnheiten, welche der Ostdeutsche aus der DDR mitbrachte, nicht in seiner Widersprüchlichkeit, sondern eher einseitig, als Behinderung, als Unart,
die es schnellstmöglich abzuwerfen gilt.

Zum Abschluß rechtfertigt er jegliche Umstände der Nachwendejahre, mit denen der Ostdeutsche klar kommen mußte. Wirtschaftlicher Kahlschlag, Ehrverletzungen,
Ungerechtigkeiten folgten dem Umbruch und warfen zahllose Ostdeutsche aus der Bahn und stempelten einige davon dauerhaft zum Bürger zweiter Klasse.

Somit wird eine Untersuchung der Ursachen für die Demokratieskepsis = Rechtslastigkeit der Ostdeutschen,
bei gewohnheitsmäßiger Auslassung der Nachwendegeschichte wohl nicht zu dem richtigen Ergebnis führen.

Wie wirkte wohl die Demokratie auf so manchen Ostdeutschen, besonders wenn er sie vor 89 inbrünstig herbei sehnte,
oder gar noch aktiv mit erkämpft hatte,
als er sie dann endlich erfahren dürfte und die verbrieften Grundrechte einher gingen mit dem Verlust des wirtschaftlichen
und sozialen Halts?

Weitere Gründe, welche gegen den vermuteten Grund "Diktatursozialisierung" für hohe AFD-Zahlen sprechen:
https://www.zeit.de/politik/deutschland ... land-umzug
Die AfD ist dort stark, wo viele Menschen gingen
In den Landkreisen und kreisfreien Städten im Osten, deren Bevölkerung seit 1991 stark geschrumpft ist, schnitt die AfD bei der Bundestagswahl 2017 besonders gut ab.
PeterK
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von PeterK »

franzmannzini hat geschrieben:(19 Jun 2021, 22:12)
... als er sie dann endlich erfahren dürfte und die verbrieften Grundrechte einher gingen mit dem Verlust des wirtschaftlichen und sozialen Halts?
Mit Vielem, was Du weiter oben schreibst, gehe ich nicht d'accord ("erkämpft" etc.). Das Zitierte halte ich aber für vollkommen richtig.
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BlueMonday
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von BlueMonday »

franzmannzini hat geschrieben:(19 Jun 2021, 22:12)

Drei Fehler eines Vertreters dieser Theorie:

Er vergleicht den Ostdeutschen mit einem Kind, das seit 1989 auf dieser Entwicklungsstufe stehen geblieben ist und erklärt alles an Erfahrung, die dieser Ostdeutsche nach 1989 sammelte, für obsolet,
so als wenn die Geschehnisse nach 1989, welche auf diesen Ostdeutschen wirkten, keine mentalen Spuren bei diesem hinterlassen haben könnten.
Auch und gerade die Erlebnisse vor 1989 können einen Menschen (wenn er kein völlig lobotomisierter, hirngewaschener Unteran war) natürlich zu Schlüssen führen, die konträr zur Systemlinie lagen.
Wie sollte es auch anders zu einer "Wende" gekommen sein? Die war ja nun wahrlich nicht im Interesse des Systems und nicht Ziel irgendeiner offiziellen "Sozialisierung".
Da ist der Ostdeutsche, der die DDR noch erlebt hat, dem Altbundesbürger eher einen Entwicklungsschritt voraus. Ausnahmen gibt es freilich immer.

Unter den Altbundesbürgern dürfte es dann auch eine nicht unerhebliche Zahl von Untertanen geben, die sich zu anderen Zeiten in jedes noch so fragwürdige System eingereiht hätten - trotz (oder gerade wegen) aller gegenwärtigen "Sozialisierung" und dieser ganzen Litanei an Bekundungen, Bekenntnissen und Sonntagsreden. Zu irgendeiner Fahne lässt es sich schnell schwören. Wer sich derart dressieren lässt, ist jedenfalls ein Mensch, dem ich sehr misstrauisch gegenüber wäre. Es geht hier auch um ein Erfahrungsdefizit, das längst nicht jeder in der Lage ist auszugleichen, etwa mit empathischer Vorstellungskraft.

Kleines Beispiel: Ulrich Tukur. Hervorragender, versierter Schauspieler, der aber mindestens zur Hälfte beim Schauspiel Tukur bleibt. Spielt im Oscar nominierten "Das Leben der anderen" einen Oberstleutnant der Staatssicherheit. Durchaus bemüht und interessiert und bestimmt von der Regie auch eingehend instruiert, aber am Ende steckt doch ein Wessi in dieser Uniform. Also selbst jemand, dessen Beruf die Versetzung in eine fremde Lage, in ein anderes Leben, in eine andere Zeit ist, schafft diesen Sprung nicht in Gänze. Umgekehrt ist es ja so, dass man Erlebtes vergisst, dass es verblasst, dass man es nicht völlig in der Vorstellung behalten kann, obwohl man mittendrin und dabei war. Mancher ist eben nur mitgeschwommen. Wenig Reibung. Wenig Erinnerung. Nichts, was sich traumatisch eingebrannt hat. Wobei diese Leute auch nicht verstehen werden, was dieser Wanderwitz von ihnen überhaupt will. Der ja praktisch auch fast nicht "dabei" gewesen ist mit seinen 45 Jahren. Sonderlich wach scheint er damals jedenfalls nicht gewesen zu sein und das hat sich leider auch nicht geändert.
ensure that citizens are informed that the vaccination is not mandatory and that no one is under political, social or other pressure to be vaccinated if they do not wish to do so;
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Teeernte »

Quatschki hat geschrieben:(19 Jun 2021, 21:11)

Es ist ein spezifischer Rassismus gegenüber Ostdeutschen.
Wenn wir irgendwelche Paschtunen oder Usbeken wären, würde es niemanden stören, wenn wir unseren Warlord wählen, weil wir glauben, dass der unsere Interessen im Parlament am besten vertritt.
Aber mit Waffenausgabe, Wegezoll, Mohnfeld, eigener Religion - 3 Ayatollah UND Atomaufbereitungsanlage. :D :D :D

Nebenbei..

https://www.tagesspiegel.de/politik/ana ... 68832.html
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Selina »

Teeernte hat geschrieben:(20 Jun 2021, 03:52)

Aber mit Waffenausgabe, Wegezoll, Mohnfeld, eigener Religion - 3 Ayatollah UND Atomaufbereitungsanlage. :D :D :D

Nebenbei..

https://www.tagesspiegel.de/politik/ana ... 68832.html
Vielen Dank, Teeernte, für den ausgesprochen guten Tagesspiegel-Beitrag. Das ist eine ausführliche und alle Seiten der Frage "warum tickt der Osten anders?" beantwortende Analyse. Sehr lesenswert. Viele der Argumente habe ich an anderer Stelle, nicht nur in diesem Thread, auch schon gebracht. Zum Beispiel im AfD-Thread vor längerer Zeit. Lange vor der Wanderwitz-Diskussion. Mal sehen, ob ich das noch finde. Man muss ja das Fahrrad nicht immer wieder neu erfinden ;)

PS: Zum Beispiel hier:
https://www.politik-forum.eu/viewtopic. ... d#p4156374

https://www.politik-forum.eu/viewtopic. ... d#p4157432

https://www.politik-forum.eu/viewtopic. ... 0#p4841730

Das sind nur einige von hunderten solcher Dialoge. Dass es unter diesen östlichen Nachwende-Bedingungen die Weidel-Gauland-Höcke-Kubitschek-Konsorten aus dem Westen leicht hatten und haben, ihr rechtsradikales Denken zu verbreiten, das ist ja nun klar. Daher ist die Frage (also wenn man all das gelesen hat), warum so viele Ostdeutsche die AfD wählen, nur aus gesamtdeutscher Sicht zu beantworten. Das Ursachengeflecht ist gesamtdeutsch. Und es geht zuerst einmal um mehr als drei Jahrzehnte (!) Nachwende-Entwicklung.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Ammianus »

Selina hat geschrieben:(20 Jun 2021, 08:43)

...

Dass es unter diesen östlichen Nachwende-Bedingungen die Weidel-Gauland-Höcke-Kubitschek-Konsorten aus dem Westen leicht hatten und haben, ihr rechtsradikales Denken zu verbreiten, das ist ja nun klar. Daher ist die Frage (also wenn man all das gelesen hat), warum so viele Ostdeutsche die AfD wählen, nur aus gesamtdeutscher Sicht zu beantworten. Das Ursachengeflecht ist gesamtdeutsch. Und es geht zuerst einmal um mehr als drei Jahrzehnte (!) Nachwende-Entwicklung.
Rechtsradikales Denken auf unterstem Niveau gab es im Osten schon immer. Am intensivsten wohl da, wo es nicht möglich war, Westsender zu empfangen.

"Polacken", "Fidschis"

"Die Polen stehen gerade einmal zwei Menschenrassen über den Negern."

Stolz bezeichnete sich der Anführer einer Langhaarigentruppe bei Leipzig als "Gauleiter von Probstheida."

In der großen Werkstatt des Straßenbahnhofes von Weissensee in Ostberlin gab es eine vietnamesische Brigade. Die wurde allgemein und ganz offen, natürlich nicht in Anwesenheit von Leitungspersonal oder der FDJ-Sekretären, als "Viehzeug" bezeichnet. War ganz normal, die waren das "Viehzeug".

Judenwitze waren auch verbreitet, obwohl Juden im normalen Leben kaum auftauchten.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Kohlhaas »

Unité 1 hat geschrieben:(19 Jun 2021, 19:01)

Ironischerweise ist die Abstempelung ostdeutscher AfD-Wähler als dikatursozialisiert Ausdruck einer Unterteilung von "wir" - "unsere AfD-Wähler" - und die "anderen", was, das zeigt sich besonders in der Ausdrucksweise Kohlhaas', zudem ein generelles Verdachtsmoment gegenüber Ostdeutschen enthält. Diese Unterteilung kann selbst als Ausdruck einer Gefährdung der liberalen Demokratie betrachtet werden, da sie einer Bevölkerungsgruppe eine Andersartigkeit unterstellt und somit die Idee einer Verschiedenwertigkeit von Bevölkerungsgruppen ausdrückt. Kann man dem Ossi denn wirklich trauen, immerhin sind se alle ja diktatursozialisiert. Und wenn auch nur in 2. oder 3. Nachwendegeneration.
Übertreib mal nicht. Ich unterstelle gar nichts, und schon gar nicht pauschal den "Ossis". Ich weise nur auf die Tatsache hin, dass die AfD in den neuen Bundesländern einen doppelt so hohen Stimmanteil hat wie in den alten Ländern. Es hilft keinen Schritt weiter, jetzt bloß die beleidigte Ost-Leberwurst zu spielen. Liefer doch einfach mal eine Erklärung für das beschriebene Wahlverhalten.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Billie Holiday »

Ammianus hat geschrieben:(20 Jun 2021, 11:22)

Rechtsradikales Denken auf unterstem Niveau gab es im Osten schon immer. Am intensivsten wohl da, wo es nicht möglich war, Westsender zu empfangen.

"Polacken", "Fidschis"

"Die Polen stehen gerade einmal zwei Menschenrassen über den Negern."

Stolz bezeichnete sich der Anführer einer Langhaarigentruppe bei Leipzig als "Gauleiter von Probstheida."

In der großen Werkstatt des Straßenbahnhofes von Weissensee in Ostberlin gab es eine vietnamesische Brigade. Die wurde allgemein und ganz offen, natürlich nicht in Anwesenheit von Leitungspersonal oder der FDJ-Sekretären, als "Viehzeug" bezeichnet. War ganz normal, die waren das "Viehzeug".

Judenwitze waren auch verbreitet, obwohl Juden im normalen Leben kaum auftauchten.
Also wußten die westdeutschen Rechtsradikalen, wo sie im Osten fette Beute machen können und kein Widerstand zu erwarten ist.
Hat mir 87 schon ein Punk in Dresden erzählt. Punks hatten zu DDR Zeiten offenbar mehr zu befürchten als Rechtsradikale, wie er sagte.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Kohlhaas »

franzmannzini hat geschrieben:(19 Jun 2021, 22:12)

Drei Fehler eines Vertreters dieser Theorie:

Er vergleicht den Ostdeutschen mit einem Kind, das seit 1989 auf dieser Entwicklungsstufe stehen geblieben ist und erklärt alles an Erfahrung, die dieser Ostdeutsche nach 1989 sammelte, für obsolet,
so als wenn die Geschehnisse nach 1989, welche auf diesen Ostdeutschen wirkten, keine mentalen Spuren bei diesem hinterlassen haben könnten.

Weiterhin betrachtet er die gepflegten Gewohnheiten, welche der Ostdeutsche aus der DDR mitbrachte, nicht in seiner Widersprüchlichkeit, sondern eher einseitig, als Behinderung, als Unart,
die es schnellstmöglich abzuwerfen gilt.

Zum Abschluß rechtfertigt er jegliche Umstände der Nachwendejahre, mit denen der Ostdeutsche klar kommen mußte. Wirtschaftlicher Kahlschlag, Ehrverletzungen,
Ungerechtigkeiten folgten dem Umbruch und warfen zahllose Ostdeutsche aus der Bahn und stempelten einige davon dauerhaft zum Bürger zweiter Klasse.

Somit wird eine Untersuchung der Ursachen für die Demokratieskepsis = Rechtslastigkeit der Ostdeutschen,
bei gewohnheitsmäßiger Auslassung der Nachwendegeschichte wohl nicht zu dem richtigen Ergebnis führen.

Wie wirkte wohl die Demokratie auf so manchen Ostdeutschen, besonders wenn er sie vor 89 inbrünstig herbei sehnte,
oder gar noch aktiv mit erkämpft hatte,
als er sie dann endlich erfahren dürfte und die verbrieften Grundrechte einher gingen mit dem Verlust des wirtschaftlichen
und sozialen Halts?

Weitere Gründe, welche gegen den vermuteten Grund "Diktatursozialisierung" für hohe AFD-Zahlen sprechen:
https://www.zeit.de/politik/deutschland ... land-umzug
Damit hast Du doch meine Analyse quasi bestätigt. Du schreibst doch selbst, dass die Nachwende-Erfahrungen im Osten zu einer überdurchschnittlichen Skepsis gegenüber der Demokratie geführt haben. Dass es quasi "unausweichlich" ist, dass die AfD im Osten so viele Wähler hat. Im Übrigen könntest Du es mal unterlassen, das so darzustellen, als würde ich pauschal über hundert Prozent der Ostdeutschen reden. Selbst in den neuen Bundesländern kommt die AfD nur auf 25 Prozent, regional vielleicht mal auf 30 Prozent der Stimmen. Das ist immer noch eine deutliche Minderheit. Unterstell mir also bitte nicht pauschales Ossi-Bashing. Hier wird die ganze Zeit über die Frage diskutiert, warum eine rechtsradikale Partei im Osten doppelt so hohe Zustimmung hat wie im Westen. Dafür muss es Erklärungen geben. Du siehst "Demokratieskepsis" als logische Folge von Nachwendeerfahrungen. Das nehme ich jetzt mal so zur Kenntnis.

Was Du über wirtschaftlichen Kahlschlag, angebliche Ehrverletzungen und vermeintliche Ungerechtigkeiten schreibst, solltest Du auch noch mal überdenken. Erstens habe ich da nichts "gerechtfertigt" (wenn Du anderer Meinung bist, kannst Du die entsprechenden Aussagen gern zitieren). Und zweitens waren nicht die alten Bundesländer schuld an der erbärmlichen Wirtschaftslage in der DDR. Es war die DDR-Regierung, die das Land völlig heruntergewirtschaftet hat. Die BRD konnte anschließend nur noch die Trümmer zusammenfegen. Das war gewiss keine leichte Aufgabe. Und es ist aller Ehren wert, dass das unter dem Strich so gut gelungen ist. Nie zuvor ist ein derart marodes Land in so kurzer Zeit in ein modernes Staatswesen umgewandelt worden. Das gehört auch zur Wahrheit!

Dass es für viele Menschen in der ehemaligen DDR dadurch zu Biographie-Brüchen gekommen ist, wissen wir alle. Dass das für viele Menschen ein durchaus schmerzhafter Prozess war, wissen wir auch alle. Aber wie hätte es denn anders funktionieren sollen? Sicher sind da auch Fehler gemacht worden. Schwere Fehler sogar. Aber tu bitte nicht so, als hätte die BRD die arme DDR ausgeraubt. Es war die DDR, die sich selbst zugrunde gerichtet hat. Das Problem konnte man einfach nicht ohne Biografie-Brüche lösen. Es musste sich was ändern. Was hätte man zum Beispiel mit dem Trabant-Werk in Eisenach machen sollen? Weiter wie gewohnt Trabis bauen? Sämtliche Arbeiter fuhren doch inzwischen mit Golfs und Opels auf den Parkplatz, um dann in der Halle weiter Trabis zusammenzukleben.

Du beklagst einen Verlust des wirtschaftlichen und sozialen Halts nach 1989? Einen wirtschaftlichen Halt hat es längst nicht mehr gegeben in diesem Land. Daran ist die DDR gescheiter. Wie hätte man den sozialen Halt nach der Wende sicherstellen können? Indem man alles so ließ wie es war? Eine schöne soziale Hängematte bauen, damit sich für die Menschen im Osten bloß nichts ändern würde? Das ging nicht. Es musste sich was ändern. Das System war zusammengebrochen. Und das war nicht die Schuld der BRD. Daran wart "Ihr" schon selbst schuld.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Kohlhaas »

BlueMonday hat geschrieben:(20 Jun 2021, 00:37)

Auch und gerade die Erlebnisse vor 1989 können einen Menschen (wenn er kein völlig lobotomisierter, hirngewaschener Unteran war) natürlich zu Schlüssen führen, die konträr zur Systemlinie lagen.
Wie sollte es auch anders zu einer "Wende" gekommen sein? Die war ja nun wahrlich nicht im Interesse des Systems und nicht Ziel irgendeiner offiziellen "Sozialisierung".
Da ist der Ostdeutsche, der die DDR noch erlebt hat, dem Altbundesbürger eher einen Entwicklungsschritt voraus. Ausnahmen gibt es freilich immer.

Unter den Altbundesbürgern dürfte es dann auch eine nicht unerhebliche Zahl von Untertanen geben, die sich zu anderen Zeiten in jedes noch so fragwürdige System eingereiht hätten - trotz (oder gerade wegen) aller gegenwärtigen "Sozialisierung" und dieser ganzen Litanei an Bekundungen, Bekenntnissen und Sonntagsreden. Zu irgendeiner Fahne lässt es sich schnell schwören. Wer sich derart dressieren lässt, ist jedenfalls ein Mensch, dem ich sehr misstrauisch gegenüber wäre. Es geht hier auch um ein Erfahrungsdefizit, das längst nicht jeder in der Lage ist auszugleichen, etwa mit empathischer Vorstellungskraft.
Aha. Hochinteressant. Wer schwört denn in Deutschland auf irgendwelche Fahnen? Um nochmal zum Kern des Themas zurückzukommen: Im Osten Deutschlands wählt ein doppelt so hoher Anteil der Menschen eine antidemokratische Partei. Welchen Entwicklungsschritt soll "der Ostdeutsche" also dem "Altbundesbürger" voraus haben und wodurch macht sich der "Altbundesbürger" für Dich verdächtig?
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Ammianus »

Billie Holiday hat geschrieben:(20 Jun 2021, 11:33)

Also wußten die westdeutschen Rechtsradikalen, wo sie im Osten fette Beute machen können und kein Widerstand zu erwarten ist.
Hat mir 87 schon ein Punk in Dresden erzählt. Punks hatten zu DDR Zeiten offenbar mehr zu befürchten als Rechtsradikale, wie er sagte.
Genau so war es. Punks waren "Zecken". Bei den sich dann langsam formierenden rechtsradikalen Skinheads tat der Staat so, als gäbe es sie nicht. Davon abgesehen wirkten die Skins in den Augen der spießbürgerlichen Oberen nicht so abstoßend. Der Gerechtigkeit halber muss man sagen, dass es auch linke und Rechtsradikalität ablehnende Skin-Gruppen gab. Da waren die Red-Skins, die sich gern am Kneipentisch über gewonnene Prügeleien gegen Nazis-Skins unterhielten.

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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Billie Holiday »

Ammianus hat geschrieben:(20 Jun 2021, 12:17)

Genau so war es. Punks waren "Zecken". Bei den sich dann langsam formierenden rechtsradikalen Skinheads tat der Staat so, als gäbe es sie nicht. Davon abgesehen wirkten die Skins in den Augen der spießbürgerlichen Oberen nicht so abstoßend. Der Gerechtigkeit halber muss man sagen, dass es auch linke und Rechtsradikalität ablehnende Skin-Gruppen gab. Da waren die Red-Skins, die sich gern am Kneipentisch über gewonnene Prügeleien gegen Nazis-Skins unterhielten.

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Das ist das, was der Punk und seine Kumpels mir und Klassenkameraden erzählt haben.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Selina »

Ammianus hat geschrieben:(20 Jun 2021, 11:22)

Rechtsradikales Denken auf unterstem Niveau gab es im Osten schon immer. Am intensivsten wohl da, wo es nicht möglich war, Westsender zu empfangen.

"Polacken", "Fidschis"

"Die Polen stehen gerade einmal zwei Menschenrassen über den Negern."

Stolz bezeichnete sich der Anführer einer Langhaarigentruppe bei Leipzig als "Gauleiter von Probstheida."

In der großen Werkstatt des Straßenbahnhofes von Weissensee in Ostberlin gab es eine vietnamesische Brigade. Die wurde allgemein und ganz offen, natürlich nicht in Anwesenheit von Leitungspersonal oder der FDJ-Sekretären, als "Viehzeug" bezeichnet. War ganz normal, die waren das "Viehzeug".

Judenwitze waren auch verbreitet, obwohl Juden im normalen Leben kaum auftauchten.
Ja, dazu hatte ich ja in den oben verlinkten Diskussionen (2018) auch schon was gesagt. Ich zitiere mich mal selbst:

Denn Fremdenfeindlichkeit gab es natürlich auch in der DDR. Ich weiß nicht genau, wie die Menschen in der alten BRD damals mit den türkischen und italienischen Gastarbeitern umgegangen sind, denn auch da wird es neben viel Freude sicher auch so manche Fremdenfeindlichkeit gegeben haben, denke ich mal. Aber hier im Osten war es schon so, dass die sozialistischen Vertragsarbeiter aus Kuba, Vietnam und aus afrikanischen Staaten und auch die Soldaten der Sowjetarmee oft angefeindet worden sind. Hab ich selbst erlebt. Das kam also vor, wurde aber durch Polizei und Stasi engmaschig kontrolliert und kleingehalten. Die "Russen" und die "Fidschis" war oft abfällig zu hören. Ich denke mal, dass etwa zehn Prozent der Bevölkerung im Osten auch schon vor der Wende latent fremdenfeindlich waren. Das wird aber im Westen ebenfalls so gewesen sein.

Dass das in Sachsen dann nach der Wende auf so besonders fruchtbaren Boden fiel, hat wie gesagt viel damit zu tun, dass die Regierenden dort immer auf dem rechten Auge blind waren. Da wurde bagatellisiert, was das Zeug hält. Und da ist der Boden halt schnell bereitet für so etwas wie Pegida, den Vorläufer der AfD. Die Anhänger wussten immer schon "uns passiert hier nicht viel, da können wir schalten und walten, wie wir wollen".


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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Selina »

BlueMonday hat geschrieben:(20 Jun 2021, 00:37)

Auch und gerade die Erlebnisse vor 1989 können einen Menschen (wenn er kein völlig lobotomisierter, hirngewaschener Unteran war) natürlich zu Schlüssen führen, die konträr zur Systemlinie lagen.
Wie sollte es auch anders zu einer "Wende" gekommen sein? Die war ja nun wahrlich nicht im Interesse des Systems und nicht Ziel irgendeiner offiziellen "Sozialisierung".
Da ist der Ostdeutsche, der die DDR noch erlebt hat, dem Altbundesbürger eher einen Entwicklungsschritt voraus. Ausnahmen gibt es freilich immer.

Unter den Altbundesbürgern dürfte es dann auch eine nicht unerhebliche Zahl von Untertanen geben, die sich zu anderen Zeiten in jedes noch so fragwürdige System eingereiht hätten - trotz (oder gerade wegen) aller gegenwärtigen "Sozialisierung" und dieser ganzen Litanei an Bekundungen, Bekenntnissen und Sonntagsreden. Zu irgendeiner Fahne lässt es sich schnell schwören. Wer sich derart dressieren lässt, ist jedenfalls ein Mensch, dem ich sehr misstrauisch gegenüber wäre. Es geht hier auch um ein Erfahrungsdefizit, das längst nicht jeder in der Lage ist auszugleichen, etwa mit empathischer Vorstellungskraft.

Kleines Beispiel: Ulrich Tukur. Hervorragender, versierter Schauspieler, der aber mindestens zur Hälfte beim Schauspiel Tukur bleibt. Spielt im Oscar nominierten "Das Leben der anderen" einen Oberstleutnant der Staatssicherheit. Durchaus bemüht und interessiert und bestimmt von der Regie auch eingehend instruiert, aber am Ende steckt doch ein Wessi in dieser Uniform. Also selbst jemand, dessen Beruf die Versetzung in eine fremde Lage, in ein anderes Leben, in eine andere Zeit ist, schafft diesen Sprung nicht in Gänze. Umgekehrt ist es ja so, dass man Erlebtes vergisst, dass es verblasst, dass man es nicht völlig in der Vorstellung behalten kann, obwohl man mittendrin und dabei war. Mancher ist eben nur mitgeschwommen. Wenig Reibung. Wenig Erinnerung. Nichts, was sich traumatisch eingebrannt hat. Wobei diese Leute auch nicht verstehen werden, was dieser Wanderwitz von ihnen überhaupt will. Der ja praktisch auch fast nicht "dabei" gewesen ist mit seinen 45 Jahren. Sonderlich wach scheint er damals jedenfalls nicht gewesen zu sein und das hat sich leider auch nicht geändert.
Sehr gute Beschreibung der Situation. Die Wende hat eher gezeigt, welche Demokratisierungs-Kraft in den Ostdeutschen steckte und zum Teil sicher noch steckt. Das ist eher was, wovon man auch im Westen lernen könnte, wenn man denn wollte. Dazu müsste man Demokratie jedoch als Prozess begreifen und nicht als was Statisches, das man nicht weiter verbessern könnte. Und auch die Tukur-Beschreibung trifft den Kern :thumbup:
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Ammianus »

Im Osten kamen noch andere Besonderheiten dazu. Wie ich schon schrieb, war ultrarechtes Gedankengut besonders dort angesagt, wo man nur schwer Westmedien konsumieren konnte. Hier grenzte man sich dann von den "Roten" damit ab, dass man sich zur radikalen Gegenpartei machte. Dazu kam noch eine zeitlich begrenzte Form der Sozialisation. Die in die DDR geborenen Generationen hatten ja noch intensiven Kontakt in Familie, Bekannten- und Kollegenkreisen mit Zeitzeugen der 12 Nazi-Jahre.
Eine der Kneipen in meinem Viertel war z.B. früher eine Stammkneipe des dortigen SA-Sturms. Mir erzählte mal ein alter Mann, dass in den 50ern und 60ern sich da nach offiziellen Kneipenschluss noch die alten Kameraden trafen und ihre Vergangenheit feierten und betrauerten. Das wird im Westen nicht anders gewesen sein, nur das die dort nicht auf den Kneipenschluss warteten. Wer solche Leute in der Familie hatte wuchs dann unter ganz anderen Vorzeichen auf.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von franzmannzini »

Kohlhaas hat geschrieben:(20 Jun 2021, 12:01)
Damit hast Du doch meine Analyse quasi bestätigt. ...
Welche Analyse ? Bis jetzt hast Du nur immer wiederholt das die AFD im Osten mehr Wählerstimmen hat und nach zähem Ringen hast Du die Diktatursozialisierung dafür verantwortlich
gemacht.
Kohlhaas hat geschrieben:Hier wird die ganze Zeit über die Frage diskutiert, warum eine rechtsradikale Partei im Osten doppelt so hohe Zustimmung hat wie im Westen.
Nein. Hier wird darüber diskutiert, ob die "Diktatursozialisierung" die Hauptursache für dieses Wahlverhalten ist.
Kohlhaas hat geschrieben:Dafür muss es Erklärungen geben. Du siehst "Demokratieskepsis" als logische Folge von Nachwendeerfahrungen. Das nehme ich jetzt mal so zur Kenntnis.
Nein. Ich sehe die Nachwendeerfahrungen nur als wichtigeren Grund für dieses Verhalten nach 30 Jahren, gegenüber der "Diktatursozialisierung",
denn Herr Wanderwitz macht nur diese dafür verantwortlich.
Kohlhaas hat geschrieben:... Erstens habe ich da nichts "gerechtfertigt" (wenn Du anderer Meinung bist, kannst Du die entsprechenden Aussagen gern zitieren).
Bis jetzt hast Du ja nicht mehr "analysiert", als im ersten Absatz erwähnt.
Kohlhaas hat geschrieben:... Die BRD konnte anschließend nur noch die Trümmer zusammenfegen. Das war gewiss keine leichte Aufgabe. Und es ist aller Ehren wert, dass das unter dem Strich so gut gelungen ist. Nie zuvor ist ein derart marodes Land in so kurzer Zeit in ein modernes Staatswesen umgewandelt worden. Das gehört auch zur Wahrheit!...
Ja, die BRD hat die Trümmer zusammengefegt und die ehemaligen DDR-Bürger haben dabei zugeschaut. :D
Kohlhaas hat geschrieben:...Du beklagst einen Verlust des wirtschaftlichen und sozialen Halts nach 1989? Einen wirtschaftlichen Halt hat es längst nicht mehr gegeben in diesem Land.
Ich beklage nicht, ich stelle fest, selbst wenn der wirtschaftliche Halt aus marktwirtschaftlicher Sicht, Deiner Sicht, nicht mehr vorhanden war,
war er für die meisten DDR-Bürger schon vorhanden. Sie gingen jeden Tag zur Arbeit, bekamen Geld und konnten damit ihren Lebensunterhalt bestreiten.
Pünktlich mit dem rasanten Umbruch, war die Mehrheit dieser Bürger Transfer- und Maßnahmenempfänger (Bittsteller), oder konnten Jobs außerhalb jeglicher tariflicher Kontrolle annehmen.
Der "Böse" Kapitalismus, wie in seiner schlechtesten Form in den Staatbürgerkundebüchern und von Oberkommunisten beschrieben, hämmerte nun mit aller Kraft auf die gerade noch
staatsbetreuten, also wirtschaftlich und sozial abgesicherten DDR-Bürger ein.
franzmannzini

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von franzmannzini »

Kohlhaas hat geschrieben: (20 Jun 2021, 12:01)
Daran ist die DDR gescheiter. Wie hätte man den sozialen Halt nach der Wende sicherstellen können? Indem man alles so ließ wie es war?
Eine schöne soziale Hängematte bauen, damit sich für die Menschen im Osten bloß nichts ändern würde? Das ging nicht.
Es musste sich was ändern. Das System war zusammengebrochen. Und das war
nicht die Schuld der BRD. Daran wart "Ihr" schon selbst schuld.
Die Diskussion darüber, was man in der Vergangenheit hätte anders machen können,
entfaltet wenig Wirkung auf aktuelle Ereignisse, wie auch die immer so gerne durchgeführte Suche nach
einem Schuldigen
Aber was bleibt den "etablierten Parteien" schon übrig, als die Verantwortung für ihre schlechten Wahlergebnisse nicht bei sich selbst zu suchen,
sondern irgendwo anders, häufig interessengeleitet und damit eine ordinäre Ideologie.
Genau das, was man der "Gegenseite" so gerne vorwirft.

So könnte man auch sagen, Deinem Sermon folgend:
"Der ehemalige DDR-Bürger ist Schuld an den Wahlerfolgen der AFD, oder an seiner Demokratieskepsis."
Kohlhaas hat geschrieben:...angebliche Ehrverletzungen und vermeintliche Ungerechtigkeiten schreibst,...
Emotionale Stärke geht nicht automatisch mit emotionaler Intelligenz, oder einfacher Empathie einher.
Ehrverletzungen würdest Du nicht einmal erkennen, wenn sie Dir mitten ins Gesicht springen.
franzmannzini

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von franzmannzini »

Billie Holiday hat geschrieben:(20 Jun 2021, 11:33)

Also wußten die westdeutschen Rechtsradikalen, wo sie im Osten fette Beute machen können und kein Widerstand zu erwarten ist.
Hat mir 87 schon ein Punk in Dresden erzählt. Punks hatten zu DDR Zeiten offenbar mehr zu befürchten als Rechtsradikale, wie er sagte.
Das Punk sein, sofern es sich um einen echten Punk handelte, stand dem System DDR ja auch diametral entgegen,
er neigte zu Arbeitsverweigerung, wofür es im StGB auch den Paragraphen 249 gab.
DDR StGB §249
(1) Wer das gesellschaftliche Zusammenleben der Bürger oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit beeinträchtigt, indem er sich aus Arbeitsscheu einer geregelten Arbeit entzieht, obwohl er arbeitsfähig ist,
wird mit Verurteilung auf Bewährung, Haftstrafe oder mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft.
Ein Überbleibsel aus dem dritten Reich.

Die Zeit nach 89 bis ungefähr 92 war eine wilde Zeit. Es gab wenig an Regeln und wenig Staatsmacht die hier noch einzugreifen vermochte oder gar wollte.
Es gab ein Machtvakuum, der Staatsapparat der DDR hatte den kräftigen großen Daumen weggenommen, welcher durch nichts ersetzt wurde.
Wildwestatmosphäre wirtschaftlich, sozial, kulturell... . Jeder konnte machen was er wollte.
Der Höhepunkt dieses "nichts machens" waren die Ereignisse in Rostock-Lichtenhagen:
https://www.mdr.de/zeitreise/schwerpunk ... n-100.html
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BlueMonday
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von BlueMonday »

Es geht da eh drunter und drüber in den Einordnungen, allein wenn man einem Skin(in der Oi!-Geschmacksrichtung) nimmt und dann was von "rechts" faselt. Punk und Skin, das sind doch fließende Inhalte (mit ihrem "Antikapitalismus").
Vor allem sind das nun Subkulturen, die sicher nicht ihren Ursprung in der DDR oder im Osten hatten, sondern da allenfalls Nachahmung wie so vieles aus dem Westen fanden. Freilich mit einer eigenen lokalen Note versehen. Der Sandow-Punk ist dann noch ein anderer als einer aus Hamburg etc. Das waren typische Reaktionen auf die offizielle Pioniertuch/Blauhemd-Sozialisierung. Provokatives Anderssein, Ausscheren, Verweigern, Ungezogensein.
Das will man dann noch am Ende zusammenrühren mit einem rechten Konservatismus oder gar dem bürgerlichen Lager, das sein Kreuz bei einer konservativen Partei macht. Gauland neben einem Oi!-Skin stellen.

Da darf sich nun der Möchtergernsoziologe austoben. Wieso gibt es eine Oi!-Szene im tiefsten Westen? Und die anderen Subversivszenen? Reichsbürger? Gayskins?! Rockerszene? Ganz zu schweigen von Clanstrukturen, diversen Mafiosi. Oder die Drogenszene. Wie "erreichbar" ist der Untergrund im tiefsten Westen für steinmeiersche Sonntagsreden und Merkelraute? Das dürfte nun dem mentalen Zugriff von Experten wie diesem Wanderwitz in ihrer Blase entzogen sein.
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Vongole
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Vongole »

Ammianus hat geschrieben:(20 Jun 2021, 12:37)

Im Osten kamen noch andere Besonderheiten dazu. Wie ich schon schrieb, war ultrarechtes Gedankengut besonders dort angesagt, wo man nur schwer Westmedien konsumieren konnte. Hier grenzte man sich dann von den "Roten" damit ab, dass man sich zur radikalen Gegenpartei machte. Dazu kam noch eine zeitlich begrenzte Form der Sozialisation. Die in die DDR geborenen Generationen hatten ja noch intensiven Kontakt in Familie, Bekannten- und Kollegenkreisen mit Zeitzeugen der 12 Nazi-Jahre.
Eine der Kneipen in meinem Viertel war z.B. früher eine Stammkneipe des dortigen SA-Sturms. Mir erzählte mal ein alter Mann, dass in den 50ern und 60ern sich da nach offiziellen Kneipenschluss noch die alten Kameraden trafen und ihre Vergangenheit feierten und betrauerten. Das wird im Westen nicht anders gewesen sein, nur das die dort nicht auf den Kneipenschluss warteten. Wer solche Leute in der Familie hatte wuchs dann unter ganz anderen Vorzeichen auf.
Stimmt, aber letztendlich fing im Westen in der 60er Jahren, auch angestoßen durch die Auschwitz-Prozesse, eine echte gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der Nazi-Zeit an, schmerzhaft, teils oft verbissen und mit schlimmen Auswüchsen (RAF), aber sie fand statt. Genau das vermisse nicht nur ich im Zusammenhang mit dem Unrechtsstaat DDR.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von franzmannzini »

Vongole hat geschrieben:(20 Jun 2021, 17:47)

Stimmt, aber letztendlich fing im Westen in der 60er Jahren, auch angestoßen durch die Auschwitz-Prozesse, eine echte gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der Nazi-Zeit an, schmerzhaft, teils oft verbissen und mit schlimmen Auswüchsen (RAF), aber sie fand statt. Genau das vermisse nicht nur ich im Zusammenhang mit dem Unrechtsstaat DDR.
Der Focus lag in der DDR auf dem Antifaschismus, aber nur auf diesem, immer jeden Tag jede Stunde, der Ideologie
geschuldet. So kommt es auch das andere Opfer keine Rolle spielten, dafür war einfach kein Platz mehr.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Vongole »

franzmannzini hat geschrieben:(20 Jun 2021, 18:06)

Der Focus lag in der DDR auf dem Antifaschismus, aber nur auf diesem, immer jeden Tag jede Stunde, der Ideologie
geschuldet. So kommt es auch das andere Opfer keine Rolle spielten, dafür war einfach kein Platz mehr.
Ja, lag! Nach der Wende hätte man sich sehr gut mit dem System, seinen Opfern und der eigenen Vergangenheit auseinandersetzen können, haben einige wenige ja auch getan.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Ammianus »

Vongole hat geschrieben:(20 Jun 2021, 17:47)

Stimmt, aber letztendlich fing im Westen in der 60er Jahren, auch angestoßen durch die Auschwitz-Prozesse, eine echte gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der Nazi-Zeit an, schmerzhaft, teils oft verbissen und mit schlimmen Auswüchsen (RAF), aber sie fand statt. Genau das vermisse nicht nur ich im Zusammenhang mit dem Unrechtsstaat DDR.
Statt dessen wird überwiegend schön geredet, abgestritten, relativiert etc.
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Gehe ich von dem aus, was in Medien oder an Literatur zu dem Thema DDR vorhanden ist, kann ich das nicht sagen. Glaube schon Ende der 90er hatte ich eine sehr dicke und umfassende Untersuchung zur Schulpolitik in der Hand. Da erfuhr man interessante Dinge. So dass z.B. zu Anfang der DDR sogenannte Bürgerliche, die z.B. als Ingenieure oder ähnliches gebraucht wurden, mit den Oberen aushandeln konnten, dass ihre Kinder das Abitur machen durften. Andererseits wurden Gymnasien in bürgerlichen Wohngegenden geschlossen und in Arbeiterviertel verlegt.
Auch Stasi und NVA sind gut aufgearbeitet. Wer sich da informieren möchte, hat jede Möglichkeit. Das sich trotzdem viele die DDR schönreden wundert nicht. Es gab 2 Millionen Mitglieder der SED, eine sechsstellige Anzahl von Stasi-Spitzeln. Tausende von Lehrer von denen jeder immer das gegenüber den Schülern zu vertreten hatte, was von der Partei verlangt wurde. Jeder der Abitur machen und studieren wollte, hatte sich tief vor den führenden Genossen zu verbeugen. All das prägt tief - Sozialisation eben.

Was den "Unrechtsstaat" angeht, so ist die Ablehnung, das Wegschwadronieren dieses Begriffes fast unbegreiflich. Jedes negative Moment reicht schon einzeln für die Einordnung. So dass die Kommunisten Millionen und Abermillionen dafür ausgaben, aber auch ausgeben mussten, um aus der DDR eine "Riesenknast mit Grünanlagen" zu machen. Oder das sie etwas, was die blanke Verarsche war als "Wahlen" ausgaben, wo die Nichtteilnahme wenigstens zu Druck führte und so eine Beteiligung von gut 99 % erzwang.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von BlueMonday »

franzmannzini hat geschrieben:(20 Jun 2021, 16:06)

"oder an seiner Demokratieskepsis."
Das ist doch im Grunde das große Missverständnis. Wer damals zumindest im Stillen an dem "Demokratischen" in der "Deutschen Demokratischen Republik" zweifelte, also eine skektische Haltung zum Status quo entwicklete, der war ja nun auch kein Antidemokrat, auch wenn er wohl so behandelt worden wäre, sobald er seinen Zweifel öffentlich geäußert hätte.
Letztlich die gleiche konservierende Immunisierungsstrategie, damals wie heute: Einen Wohlklang, eine Euphemie begrifflich mit dem Status quo deckungsgleich verbinden und schon klingt jeder Kritiker am Status Quo schlecht. Ein Missklang in den guten, wohlmeindenden Systemohren.

Es ist auch heute keine Skepsis ggü. "der Demokratie", sondern ungläubige Distanz zum vorherrschenden System, dem pol. Establishment und dafür gibt es ja nun auch gute Gründe. Wo hat man andererseits eine fundamentale Kritik an "der Demokratie" an sich zuletzt gehört? Dazu müsste man ja diesen Begriff auch viel unabhängiger inhaltlich befüllen, um überhaupt ein Maß und Anspruch zu haben, an dem man den Status quo misst, sofern dann in "der Demokratie" das Ideal gesehen wird. Das war es auch früher, was man unter "Kritik" verstand, die Benebelung durch den alltäglichen Gewohnheitsgedanken auszuschalten und Distanz zum betrachteten Gegenstand zu schaffen.

Das wäre auch eine grunsdsätzlichere Frage: Ist ein politisches alternativloses Establishment, also die sichtbare Existenz eines solchen überhaupt, Zeichen dafür, dass man es mit einer "Demokratie" zu tun hat oder ist es eher ein Indikator, dass etwas nicht stimmt, dass sich eher eine undemokratische Konstellation herausgebildet hat? Oder das Beharren auf platten Mehrheiten statt Duldung paralleler Subkulturen (die "wilden Zeiten") - was ist "demokratischer"?

Stattdessen werden nun Anspurch und Wirklichkeit immer wieder zusammengerührt. "Das beste Deutschland, das es je gab"(Steinmeier). Dicht am Ideal leben "wir" offenbar. Der undankbare, unerreichbare Kritiker kommt scheinbar gar nicht umhin
beides uno acto anzugreifen. Kein Blatt Papier bekommt er dazwischen.
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