Diktatursozialisierung?

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Teeernte
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Teeernte »

Vongole hat geschrieben:(17 Jun 2021, 17:54)

Durch ihre bloße Gegenwart.
Für viele im Osten - nicht nur in Deutschland- blieb der "Gegner" einfach derselbe, nämlich das globalisierte kapitalistische System, das nur anfangs als Befreiung wahrgenommen wurde.
Zusammen mit der mangelnden Aufarbeitung und der inneren, sprich ostdeutschen Auseinandersetzung mit dem sozialistischen Unrechtsstaat DDR ergibt das die Mischung aus Linke und AfD.
Putin (Russland) gut, USA (stellvertretend für den Westen) ganz schlecht.
Und natürlich, um das nicht zu vernachlässigen, auch viele Fehler seitens der Bundesrepublik-West in den Anfangsjahren der Wiedervereinigung.

Und wieder - sind die "Alten Kameraden der SED" Schuld.....NUR blöd, dass grad DIE die CDU gewählt haben.

...und DIE die mit SED NULL zutun hatten ....Nachwende Geborene >>> im UUUUUUnrechtsstaaat sozialisierte :D :D :D ..... >> Rechts wählen !!!

und - bitte nicht Eure Probleme mit "Ost" alle in einen Korb. Das bekomm ich nicht abgearbeitet.

>>> Erst die Erkenntnis - Die Ungleichbehandlung der Lehrkräfte - hat auf die Schüler durchgeschlagen..

Wenn ihr das nicht sehen wollt (Teildiagnose) - wird es gegen Afd kein Mittel geben. Ja die Ossis sind selbst Schuld ? Dann in 5 Jahren 40% AfD !! Weiter auf bewährtem Kurs.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Vongole »

schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Jun 2021, 18:05)

Eine "Aufarbeitung" gibt es ganz grundsätzlich nicht. Oder fast nicht. Nirgendwo! Weder für die Flick-Affäre noch für das was die Pentagon-Papiere hergaben noch für die niederländische oder portugiesische Kolonialgeschichte oder die Durchdringung der DDR-Gesellschaft mit Stasi-Leuten. Eine solche Aufarbeitung wäre notwendig verbunden mit der Durchdringung dieses Kokons aus Erzählungen, die das eigene historisch gewachsene Selbstbild ausmachen. Für eine solche radikale Hinterfragung muss man bereit sein, sich daneben zu stellen. Die Gesellschaft konsequent von außen zu betrachten. Nicht dazuzugehören. (..)
Aufarbeitung gelingt nur von innen, auch durch hinterfragen der eigenen Position in einem System. Wer sich daneben stellt, nur von außen schaut, obwohl er Teil des Ganzen war, macht genau das, was meine Generation
so verachtet hat bei der nachträglichen Auseinandersetzung mit dem Nazi-Regime.
Und genau das passierte nach dem Ende der DDR, die tiefgreifende Auseinandersetzung zwischen Alt und Alt, sowie Alt und Jung, blieb aus.
Statt dessen ließ sich Jung in großen Teilen von Alt sozialisieren.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von schokoschendrezki »

Vongole hat geschrieben:(17 Jun 2021, 18:29)

Aufarbeitung gelingt nur von innen, auch durch hinterfragen der eigenen Position in einem System. Wer sich daneben stellt, nur von außen schaut, obwohl er Teil des Ganzen war, macht genau das, was meine Generation
so verachtet hat bei der nachträglichen Auseinandersetzung mit dem Nazi-Regime.
Und genau das passierte nach dem Ende der DDR, die tiefgreifende Auseinandersetzung zwischen Alt und Alt, sowie Alt und Jung, blieb aus.
Statt dessen ließ sich Jung in großen Teilen von Alt sozialisieren.
Das sehe ich vollkommen anders. Man ist nicht Teil des Ganzen. Niemand! Weder die SS-Manns-Tochter noch der SED-Funktionärssohn. Man kann sich höchstens entscheiden, Teil des Ganzen sein zu wollen und diese Entscheidung irgendwann später bereuen und "aufarbeiten".
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Kohlhaas »

schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Jun 2021, 17:53)Auf keinen Fall stelle ich mich jedenfalls in irgendeine durch soziale Prägung erfolgte Tradition. Weil meine Eltern und Vorgänger schon immer Sozialdemokraten waren. Oder Antroposophie-Liebhaber. Oder konservative Katholiken. Oder DDR-Nostalgiker.
Wieder verwendest Du Begrifflichkeiten in falscher Weise und in völlig überspitzter Auslegung. Niemand hat je behauptet, dass Sozialisation zu "Prägung" führt oder "bedingte Reflexe" auslöst. Trotzdem bleibt die Idee, dass Deine Persönlichkeit zu hundert Prozent ein Ergebnis Deiner eigenen freien Entscheidungen ist, völlig absurd. Der Mensch ist ein soziales Wesen. Er erzeugt nicht sich selbst. Jeder von uns hat zahlreiche Grundüberzeugungen, die mit "Meinung" oder "freier Entscheidung" gar nichts zu tun haben. Wir halten diese Grundüberzeugungen für "alternativlos" und sehen sie als quasi naturgesetzlich an. Wir hinterfragen die nicht mal. Auch das hat mit Sozialisierung zu tun.

Beispiel: Würdest Du Menschenfleisch essen? Wenn Du diese Frage mit "Ja" beantwortest, stellst Du Dich außerhalb der Gesellschaft, in der Du lebst. Die breite Masse der Menschen in unserer Gesellschaft würde spontan und ohne nachzudenken mit "Nein" antworten. Dabei ist es keineswegs selbstverständlich oder gar naturgesetzlich, dass Menschen kein Menschenfleisch essen dürfen. Es gibt Gesellschaften, in denen das als völlig normal gilt. Zumeist aus rituellen Gründen, aber das nur am Rande...

Wenn Du mal unvoreingenommen Deine eigene Lebenseinstellung betrachtest, wirst Du zahlreiche Punkte entdecken, die Du einfach als gegeben hinnimmst und nie hinterfragst. Dazu gehört zum Beispiel Deine Einstellung, dass Du selbst Dich durch Deine eigenen Willensentscheidungen definierst. Auch das ist nicht "naturgesetzlich" und selbstverständlich. Es gibt Gesellschaften, in denen das völlig anders ist. Es gibt zum Beispiel Gesellschaften, in denen der Begriff "Individuum" schwer verständlich ist. Das geht so weit, dass es in der Sprache dieser Gesellschaften keinen Begriff für "die Welle" gibt, sondern nur Umschreibungen für "stetiges Wogen ereignet sich". Es ist bestenfalls naiv anzunehmen, dass ein Mensch unbeeinflusst von der Gesellschaft bleiben könnte, in der er lebt.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Selina »

Kohlhaas hat geschrieben:(17 Jun 2021, 18:11)

Prima. Dann verstehst Du doch im Grunde, worum es geht. Erklär mal, warum es so ist, dass es im Osten Regionen gibt, in denen Demokratiefeinde fast die Mehrheit stellen.
Solange du eine fast 70jährige studierte Person, die weit mehr als die Hälfte ihres Lebens in der DDR gelebt hat, wie ein kleines Kind belehrst, wird das nichts mit uns. Das Ursachengeflecht für die hohen AfD-Zahlen hab ich im Forum in gefühlt 100 Beiträgen (hier gerade in drei) beschrieben. Offenbar verstehst du nicht, dass man auch in der DDR eine humanistische Bildung genießen und sich ebenfalls frei fühlen konnte. Ich rede nicht von Reisefreiheit, sondern von freiem Denken. Freiheit hat nichts mit den Sonntagsreden irgendwelcher Politiker am 3. Oktober zu tun. Und nur mal am Rande: In der DDR hab ich trotz aller Verwerfungen und Missstände nie Angst vor einem neuen Faschismus haben müssen. Heute in diesem großen vereinigten Deutschland hab ich diese Sorge durchaus, weil das Problem überall greifbar und real vorhanden ist.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Teeernte »

Vongole hat geschrieben:(17 Jun 2021, 18:29)

Aufarbeitung gelingt nur von innen, auch durch hinterfragen der eigenen Position in einem System. Wer sich daneben stellt, nur von außen schaut, obwohl er Teil des Ganzen war, macht genau das, was meine Generation
so verachtet hat bei der nachträglichen Auseinandersetzung mit dem Nazi-Regime.
Und genau das passierte nach dem Ende der DDR, die tiefgreifende Auseinandersetzung zwischen Alt und Alt, sowie Alt und Jung, blieb aus.
Statt dessen ließ sich Jung in großen Teilen von Alt sozialisieren.
Nun die DDR hatte für Kinder und Jugendliche ein Programm zur Aufarbeitung mit Nazideutschland.

Falls Du das Programm nicht kennst - kann ich Dir das auch noch erklären - zerpflückt hier den Thread.

Die "NEUE" Bildung hat DAS NICHT ! Die Aufarbeitung des Naziregiemes im Osten haben nun die Eltern zu bringen. Die Schule bringt DAS nicht.

------------------------------------------------------------------------------------

Danach etwas Mathe. Von 100 "bunten" Kugeln rollen 40 Grüne und Rote in den Westen. Die Blauen und Schwarzen Kugeln bleiben .

Es wird also auch dadurch zu einer Konzentration von schwarzen und blauen geben.

NUR NEBENBEI.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von schokoschendrezki »

Ich hab diesen Thread in die Welt gesetzt ... und es ist ja nicht so, dass ich in den zahlreichen Reflexionen zu den "Thesen" von Wanderwitz nicht herumgelesen hätte. Die vernünftigen unter ihnen kommen mehr oder weniger einheitlich zu dem Schluss: Wahlentscheidungen, z.B. Pro und Kontra AfD hängen weniger von "Dikatursozialisierung" vs "Demokratiseozualisierung" ab sondern viel viel mehr von "Themenorientierung" vs. "Sicherheitsorientierung". Das - jedenfalls nach eigenen Zielen - verhältnismäßig schlechte Abschneiden der AfD in Sachsen-Anhalt und das ziemlich gute Abschneiden der CDU lässt sich ziemlich klar aus der höhren Präferenz von "Sicherheit" der Babyboomergeneration - und das sind in Sachsen-Anhalte genau die vorgeblich "diktatursozialisierten" - ableiten. Während die verhältnismäßig hohe Präferenz der jungen, Nachwendesozualisierten Wähler für die AfD sich aus ihrer höheren Präferenz für "Themen" anstelle von "Sicherheit" ableiten lässt. In meinem Studium liefen diese Unterscheidungen unter den Begriffen "Minimierung des maximalen Risikos" versus "Maximimierung des minialen Gewinns". Und unter Fragestellung wie man diese Unterscheidung quantifizieren, statistisch auswerten, numerisch berechnen kann.

Mit diesem Ansatz ist auch der Aufstieg der Grünen in der Wählergunst in jüngerer Zeit gut zu erklären. Bei den Grünen erhofft man sich am ehesten einen Umschwung bei präferierten Themen. Zum Beispiel bei der Zurückdrängung des motorisierten Individualverkehrs. Gleichzeitig jedoch ist dennoch das maximale Risiko gering. Das hat unter anderem damit zu tun, dass es eine mehr oder weniger erfolgreiche grüne Landesregierung gibt. Also: Vieles könnte anders werden bei einer grünen Bundeskanzlerin und gleichzeitig kann man sich ziemlich sicher sein, dass sie die Bundesrepublik nicht gleich an die Wand fahren werden. Diese mehr oder weniger optimale Kombination aus Sicherheit und Themenbezogenheit ist das Geheimrezept des Erfolgs.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Kohlhaas »

Selina hat geschrieben:(17 Jun 2021, 18:36)

Solange du eine fast 70jährige studierte Person, die weit mehr als die Hälfte ihres Lebens in der DDR gelebt hat, wie ein kleines Kind belehrst, wird das nichts mit uns. Das Ursachengeflecht für die hohen AfD-Zahlen hab ich im Forum in gefühlt 100 Beiträgen (hier gerade in drei) beschrieben. Offenbar verstehst du nicht, dass man auch in der DDR eine humanistische Bildung genießen und sich ebenfalls frei fühlen konnte. Ich rede nicht von Reisefreiheit, sondern von freiem Denken. Freiheit hat nichts mit den Sonntagsreden irgendwelcher Politiker am 3. Oktober zu tun. Und nur mal am Rande: In der DDR hab ich trotz aller Verwerfungen und Missstände nie Angst vor einem neuen Faschismus haben müssen. Heute in diesem großen vereinigten Deutschland hab ich diese Sorge durchaus, weil das Problem überall greifbar und real vorhanden ist.
Jetzt gerät die Diskussion auf eine neue Ebene...

Beantworte mir bitte zwei Fragen.

Erstens: Bist Du eine fast 70-jährige studierte Person?
Zweitens: Wo soll ich versucht haben, Dich zu belehren? Ich habe hier lediglich meine Meinung gesagt. Darf ich das nicht, wenn die Gefahr besteht, dass Du Dich dadurch einem Belehrungsversuch ausgesetzt siehst?

Was Du über "freies Denken" schreibst, dreht mir beinahe den Magen um. Freiheit ist nicht das Recht, tun zu dürfen was man selbst will. Freiheit ist das Recht, nicht tun zu müssen, was andere wollen. Und erzähl mir jetzt bloß nicht, dass es diese Freiheit in der DDR gegeben hat! Das DDR-Regime war ausgeprägt unfrei. Da sind Menschen bespitzelt und in den Knast gesperrt worden, weil sie mal eine "falsche" Meinung geäußert haben. Da wurden Menschen an der Grenze abgeknallt, weil sie woanders hin wollten. Dass Du Dich "frei gefühlt" hast, weil Du ja wenigstens noch "frei denken" konntest, besagt genau gar nichts. Es ist bestenfalls die Kapitulation vor der Macht der Herrschenden. Die innere Emigration. Ich weiß sehr wohl, dass die große Mehrzahl der Menschen in der DDR sich das Leben so gestaltet hat, dass man möglichst komfortabel leben konnte. Ich weiß sehr wohl, dass die meisten Menschen in der DDR damit gut zurecht gekommen sind ---- wenn sie sich systemkonform verhalten haben! Und das ist der entscheidende Punkt! Systemkonformes Verhalten. Das war der Schlüssel. Erzähl uns hier bitte nichts von "gefühlter Freiheit".

Du musstest in der DDR nie Angst vo einem neuen Faschismus haben? Interessant. Komischerweise grassiert der neue Faschismus heute gerade in der Ex-DDR. Gerade in den neuen Bundesländern, die ja angeblich immer so "antifaschistisch" waren, stimmt eine überdurchschnittlich große Zahl von Bürgern heute faschistischen Thesen zu. Das wäre natürlich nicht passiert, wenn Deutschland nicht wiedervereinigt worden wäre und wenn die östlichen Bundesländer eine Diktatur geblieben wären....

Zum Abschluss: Beleg doch bitte mal, wo ich behauptet haben soll, dass man in der DDR keine humanistische Bildung genießen konnte. Diese Bemerkung von Dir war voll daneben.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Vongole »

Teeernte hat geschrieben:(17 Jun 2021, 18:45)

Nun die DDR hatte für Kinder und Jugendliche ein Programm zur Aufarbeitung mit Nazideutschland.

Falls Du das Programm nicht kennst - kann ich Dir das auch noch erklären - zerpflückt hier den Thread.

Die "NEUE" Bildung hat DAS NICHT ! Die Aufarbeitung des Naziregiemes im Osten haben nun die Eltern zu bringen. Die Schule bringt DAS nicht.
(..)
Aufarbeitung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, zu allererst durch die Großeltern/Eltern und dazu begleitend durch die Schule.
Wird sie überwiegend nicht gewünscht, taucht sie auch kaum in den Lehrplänen auf, wie jahrelang in Westdeutschland, bis der Jugend der Geduldsfaden riss.
Nicht der Staat hat es zu richten, die Gesellschaft muss von alleine tätig werden, und das wurde sie bis auf wenige Ausnahmen nicht!

Die Programme der SED sind mir bekannt, ich hatte dort Verwandschaft und bin mit einem DDR-Flüchtling verheiratet.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Teeernte »

schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Jun 2021, 18:46)
Wahlentscheidungen, z.B. Pro und Kontra AfD hängen weniger von "Dikatursozialisierung" vs "Demokratiseozualisierung" ab sondern viel viel mehr von "Themenorientierung" vs. "Sicherheitsorientierung".
Wenn man so weiter macht und nicht erkennen WILL woran es liegt.....

Nun also liegts am "Regen" . Die AfD ist vom Dach gefallen und es liegt am Wetter....Themenorientiert.

>> HIER im OSTEN kommt "DEINE" Demokratie nicht an .

Ungleichbehandlung - Lohnunterschiede...Rentenberechnung "OOOOOST" .....30 Jahre nach der Wende... Seilschaften , Postengeschacher ...

Da wo Ihr öffentliche Aussprachen habt kommt hier die Polizei//Beamte und erklärt, dass es eben so ist im "Sozialstaat" - ohne Aussprache.

Das grösste Deutsche Staatsunternehmen - die DB AG hat "Beamte" West, Reichsbahner OST und NEUE. Tarif, Rente/Pension...Urlaub...Aufgaben alles unterschiedlich.
Schön dass es eine "OST"NeuGewerkschaft geschafft hat - dem Verein vor das Schienbein zu treten. Gewerkschaft der Lockführer - Gründung durch einen Rangierlockführer.

"Richtig" Westen....ist hier noch lange nicht - und das liegt auch an DENEN , die "uns" die Demokratie beibringen wollen.
---------------------------------------------------------------------------------------

Richtig lächerlich macht sich NEUE "Ostschule" - wenn man versucht - die "armen" Ostkinder für die Kirche zu missionieren.

Ja - das wird durch die "Diktatursozialisierung" der Eltern und Grosseltern WIRKLICH NICHTS !!!
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Teeernte »

Vongole hat geschrieben:(17 Jun 2021, 19:00)

Aufarbeitung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, zu allererst durch die Großeltern/Eltern und dazu begleitend durch die Schule.
Wird sie überwiegend nicht gewünscht, taucht sie auch kaum in den Lehrplänen auf, wie jahrelang in Westdeutschland, bis der Jugend der Geduldsfaden riss.
Nicht der Staat hat es zu richten, die Gesellschaft muss von alleine tätig werden, und das wurde sie bis auf wenige Ausnahmen nicht!

Die Programme der SED sind mir bekannt, ich hatte dort Verwandschaft und bin mit einem DDR-Flüchtling verheiratet.
Im Osten hat das früher der Staat abgewickelt - so wie Mathe, Geographie und Deutsch. Davon gehen Eltern //Grosseltern weiter aus. Der "WEST" Lehrplan der durch Lehrermangel eh nicht durchgezogen wird ->> OHNE JEGLICHE Politik//Weltanschauung (ausser Kirche) - ist ...im Osten möglicherweise >> die FALSCHE WAHL ?? !
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von schokoschendrezki »

Teeernte hat geschrieben:(17 Jun 2021, 18:45)

Nun die DDR hatte für Kinder und Jugendliche ein Programm zur Aufarbeitung mit Nazideutschland.

Falls Du das Programm nicht kennst - kann ich Dir das auch noch erklären - zerpflückt hier den Thread.

Die "NEUE" Bildung hat DAS NICHT ! Die Aufarbeitung des Naziregiemes im Osten haben nun die Eltern zu bringen. Die Schule bringt DAS nicht.

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Es wird also auch dadurch zu einer Konzentration von schwarzen und blauen geben.

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Es ist so: Du kannst die prozentualen AfD-Wähleranteile nach Bundesland farblich auf einer Karte darstellen ... und wie aus dem Nirvana erscheinen die Umrisse der ehemaligen DDR. Ja. Klar. Es gibt übrigens hochinteressante, wirklich faszinierende Verfahren, mit denen man Bodenvertiefungsunterschiede von wenigen Zentimetern messen kann ... und wenn man dann noch den aktuellen Pflanzenbestand digital wegrechnet ... dann sieht man plötzlich Fischteiche oder die Fundamente irgendwelcher alter Burganlagen, die vor hunderten von Jahren entstanden sind und die aus der Nähe kein Mensch wahrnehmen kann. Wie heißt das Verfahren? "Leva", "Lava"? ... habs vergessen. Die Userin D.A. wird das wissen. Aber jedenfalls: So interessant das für die Historie ist. Was willst Du daraus für den Wahlausgang in Sachsen oder Sachsen-Anhalt herleiten? Der zeitliche Abstand ist nicht das Problem. Man weiß, dass selbst noch in zweiter und dritter Generation traumatische Erlebnisse gewissermaßen weiterverebt werden. Aus dem Zweiten Weltkrieg zum Beispiel. Ich weiß es aus eigener Erfahrung. Was willst Du daraus ableiten? Dass Vergewaltigungen durch russische Soldaten in Berlin einen Einfluss auf das heutige Verhältnis der Menschen zu Russland haben. Oder dass die vielen traumatisierten US-SOldaten aus dem Vietnam-Krieg einen Einfluss auf die US-Wahlen haben? Es gibt nur ein schlüssiges Modell: Ich schaue mir die Dinge an, analysiere sie und entscheide mich bewusst und selbst für meine politischen Präferenzen.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von schokoschendrezki »

Kohlhaas hat geschrieben:(17 Jun 2021, 18:34)

Wieder verwendest Du Begrifflichkeiten in falscher Weise und in völlig überspitzter Auslegung. Niemand hat je behauptet, dass Sozialisation zu "Prägung" führt oder "bedingte Reflexe" auslöst. Trotzdem bleibt die Idee, dass Deine Persönlichkeit zu hundert Prozent ein Ergebnis Deiner eigenen freien Entscheidungen ist, völlig absurd.
Da verstehst Du glaub ich die Intention all der philosophischen Gedankengebäude, die das so postulieren, falsch. Wie heißt es bei Wolf Biermann: "So soll es sein. So wird es sein". Und das ist wirklich ernst gemeint. Die Wirklichkeit entsteht ganz wesentlich im Vollzug von Ideen und Vorstellungen. Aber in einem philosophischen und nicht in einem irgendwie naturwissenschaftlichen und dann empirisch verifizierbaren oder falsizifizierbaren Sinne. So soll es sein. Das ist mein Modell von der Welt, dem Universum, der Gesellschaft, meinem Ich. Und so wird es sein!
Beispiel: Würdest Du Menschenfleisch essen? Wenn Du diese Frage mit "Ja" beantwortest, stellst Du Dich außerhalb der Gesellschaft, in der Du lebst. Die breite Masse der Menschen in unserer Gesellschaft würde spontan und ohne nachzudenken mit "Nein" antworten. Dabei ist es keineswegs selbstverständlich oder gar naturgesetzlich, dass Menschen kein Menschenfleisch essen dürfen. Es gibt Gesellschaften, in denen das als völlig normal gilt. Zumeist aus rituellen Gründen, aber das nur am Rande...
Also, ob ich Menschenfleisch essen würde ... die Frage habe ich mir schon mal gestellt. Nicht, weil ich die Gelegenheit dazu hatte, sondern einfach so ....Und hätte ich die Gelegenheit, würde ich es nicht tun, nicht zuletzt, weil ich mir diese Frage selbst mit "Nein" beantwortet habe. Und nicht etwa vorrangig deshalb, weil es in Mitteleuropa unüblich ist, Menschenfleisch zu essen und nicht den kulturellen Traditionen entspricht.

Schau dir zum Beispiel die Entwicklung der Haltungen in Europa bezüglich sexueller Präferenzen an! Es handelt sich mehr und mehr um eine individulle Entscheidung und weniger und weniger um das Einbiegen in irgendeine Straße der Traditionen, Identitäten und Prägungen. Auch hier gilt das Prinzip: So soll es sein. Es spielt überhaupt keine Rolle, ob solche Entscheidungen statistisch nachweislich in der realen Gesellschaft wirklich relevant sind oder ob sie im Nullommairgendwas-Bereich liegen.

Es handelt sich nicht um eine Sache, die man irgendwie ermittelt sondern um eine Sache, die man sich vornimmt, die man beschließt.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Teeernte »

schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Jun 2021, 19:10)
Es gibt nur ein schlüssiges Modell: Ich schaue mir die Dinge an, analysiere sie und entscheide mich bewusst und selbst für meine politischen Präferenzen.
Dann versuch doch nicht, mir Deine (falsche) "Analyse" ....>> Faktenfrei aufzudrängen.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Kohlhaas »

schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Jun 2021, 19:28)

Da verstehst Du glaub ich die Intention all der philosophischen Gedankengebäude, die das so postulieren, falsch. Wie heißt es bei Wolf Biermann: "So soll es sein". Und das ist wirklich ernst gemeint. Die Wirklichkeit entsteht ganz wesentlich im Vollzug von Ideen und Vorstellungen.
Ich bin jetzt kein Fan von Biermann. Deshalb sagt mir der Liedtitel nichts. Aber, ja, Du hast recht. Unsere Lebenswirklichkeit entsteht durch den Vollzug von Ideen und Vorstellungen. Die Frage ist nur: Wo haben wir die Ideen und Vorstellungen her? Basteln wir uns die alle selbst? In vielen Fällen machen wir das tatsächlich. Deshalb ist Sozialisierung auch nicht mit "Prägung" zu vergleichen. Sozialisierung hat deshalb auch nichts zu tun mit den bedingten Reflexen bei den Hunden von Pawlow. Es gibt Sozialisierung aber trotzdem. Das ist für sozial lebende Wesen wie Menschen einfach unvermeidlich. Jeder Mensch muss sich bis zu einem gewissen Grad an die Normen der Gesellschaft anpassen, in der er lebt. Ich unterstelle mal, dass Du ein erwachsener Mensch bist. Und ich behaupte, dass es Dir nicht leicht fallen würde, von jetzt auf gleich in einer Gesellschaft aus Inuit (Polarkreis) oder San (Kalahari) zu leben. Du würdest Jahre brauchen, um Dich an deren Sozialverhältnisse zu gewöhnen. Du müsstest bewusst "lernen", was diese Menschen quasi mit der Muttermilch eingesogen haben. Und Du müsstest bewusst "vergessen", was Du mit der Muttermilch eingesogen hast.

Sozialisierung bedeutet nicht, dass wir nicht mehr die Wahl haben, uns frei zu entscheiden was wir machen. Sozialisierung setzt einfach nur einen Rahmen. Grenzen, die gesellschaftlich akzeptiert sind. In den meisten Fällen hinterfragen wir diese Grenzen nichtmal. Wir betrachten sie als naturgesetzlich richtig. Sind sie aber nicht. Wir beachten solche Regeln nicht deshalb, weil sie "naturgesetzlich richtig" sind, sondern weil wir das so empfinden. Es ist aber nicht "naturgesetzlich", bestimmte Regeln zu befolgen. Regeln werden in GEMEINSCHAFTEN formuliert. Manchmal hat man die Freiheit, selbst zu entscheiden ob man sich den Regeln unterordnet. Manchmal hat man diese Freiheit aber auch nicht. Stichwort: Strafgesetzbuch.

Wieder ein Beispiel: Mein Nachbar zur rechten ist ein widerliches fettes Arschloch mit Naturlocken. Wenn ich den sehe, kriege ich unwillkürlich Lust, dem Kerl eine reinzuhauen. Ich mache das aber nicht. Und das liegt nicht daran, dass ich mich vor Strafverfolgung fürchte. Wenn ich das wirklich wollte, könnte ich den Penner jederzeit ungesehen vermöbeln. Ich mache das deshalb nicht, weil es in unserer Gesellschaft nicht akzeptabel ist, sowas zu tun. In unserer Gesellschaft gibt es ein Rechtssytem, eine staatliche Gewalt, die das alles im Zeifel übernimmt. Es gibt aber andere Gesellschaften, in denen das nicht so ist. Gesellschaften, in denen Individuen das Recht in die eigenen Hände nehmen müssen, weil es gar keinen Staat gibt.

Das war jetzt nur ein Beispiel von ganz vielen möglichen Beispielen. Du solltest Dich wirklich von der Therie lösen, dass Du selbst autonom und vollig rational entscheiden könntest, wie Du jeweils handelst. Das ist eine Illusion! Wenn Du handelst, dann tust Du das immer nur im Rahmen der gesellschaftlich akzeptierten und durch Sozialisation vermittelten Rahmenbedingungen. Natürlich kannst Du gegen die Rahmenbedingungen verstoßen. Dann bist Du aber zumeist ein Verbrecher.
Also, ob ich Menschenfleisch essen würde ... die Frage habe ich mir schon mal gestellt. Nicht, weil ich die Gelegenheit dazu hatte, sondern einfach so ....Und hätte ich die Gelegenheit, würde ich es nicht tun, nicht zuletzt, weil ich mir diese Frage selbst mit "Nein" beantwortet habe. Und nicht etwa vorrangig deshalb, weil es in Mitteleuropa unüblich ist, Menschenfleisch zu essen und nicht den kulturellen Traditionen entspricht.
Ich wollte Dir nicht unterstellen, dass Du ein potenzieller Menschenfresser bist. Ich hatte das Extrem-Beispiel gewählt, um deutlich zu machen, dass es sehr stark vom kulturellen Kontext abhängt, wie ein Individuum sich verhält. Ja, Du hast für Dich entschieden, dass es nicht in Ordnung ist, Menschenfleisch zu essen. Glaubst Du, dass Du diese Entscheidung genauso fällen würdest, wenn Du in Papua-Neuguinea aufgewachsen wärst? In einer Gesellschaft, in der es aus rituellen Gründen wichtig ist, die Gehirne von Verstorbenen zu essen, um diese Verstorbenen in Erinnerung zu behalten? Wir reden hier nicht über vollkommen freie Entscheidung eines Idividuums. Wir reden über Entscheidungen innerhalb eines Rahmen, den die Gesellschaft vorgibt. Das nennt man Sozialisierung.
Zuletzt geändert von Kohlhaas am Do 17. Jun 2021, 20:26, insgesamt 1-mal geändert.
Slava Ukraini
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von schokoschendrezki »

Selina hat geschrieben:(17 Jun 2021, 18:36)

Solange du eine fast 70jährige studierte Person, die weit mehr als die Hälfte ihres Lebens in der DDR gelebt hat, wie ein kleines Kind belehrst, wird das nichts mit uns. Das Ursachengeflecht für die hohen AfD-Zahlen hab ich im Forum in gefühlt 100 Beiträgen (hier gerade in drei) beschrieben. Offenbar verstehst du nicht, dass man auch in der DDR eine humanistische Bildung genießen und sich ebenfalls frei fühlen konnte. Ich rede nicht von Reisefreiheit, sondern von freiem Denken. Freiheit hat nichts mit den Sonntagsreden irgendwelcher Politiker am 3. Oktober zu tun. Und nur mal am Rande: In der DDR hab ich trotz aller Verwerfungen und Missstände nie Angst vor einem neuen Faschismus haben müssen. Heute in diesem großen vereinigten Deutschland hab ich diese Sorge durchaus, weil das Problem überall greifbar und real vorhanden ist.
'ne Angst vor nem neuen Faschismus hatte ich in der DDR-Zeit durchaus. Und ganz real.

Hier gehts ja um die Äußerungen von Wanderwitz. Und mein persönliches Fazit dazu lautet, dass es sich bei seinen Einlassungen um ein ähnlich grandioses Eigentor handelt wie das kürzlich beim Fußballspiel Deutschlands gegen Frankreich. Und das ist nichtmal (nur) meine persönliche Meinung sondern (auch) die Quintessenz des Teils der Analysen dazu, die irgendwie nachvollziehbar, vernünftig und rational klingen.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Jun 2021, 20:16)

'ne Angst vor nem neuen Faschismus hatte ich in der DDR-Zeit durchaus. Und ganz real.

Hier gehts ja um die Äußerungen von Wanderwitz. Und mein persönliches Fazit dazu lautet, dass es sich bei seinen Einlassungen um ein ähnlich grandioses Eigentor handelt wie das kürzlich beim Fußballspiel Deutschlands gegen Frankreich. Und das ist nichtmal (nur) meine persönliche Meinung sondern (auch) die Quintessenz des Teils der Analysen dazu, die irgendwie nachvollziehbar, vernünftig und rational klingen.
Ja klar ist diese Äußerung Mist. Ich finde aber gut, dass du diesen Thread eröffnet hast und glaube, dass man hier durchaus diskutieren kann, was es denn dann ist, wenn nicht "diktatursozialisiert". Warum wählen im Osten so viele die AfD? Warum haben sich all die rechtsradikalen "Vordenker" aus dem Westen gerade den Osten für ihre Propaganda ausgesucht? Zufall? Nee. Sie wollten noch mal Karriere machen, politische und andere Karriere. Sie sind beseelt von ihrem Nationalismus und ihrer "Vaterlandsliebe" und möchten gerne "wieder stolz sein dürfen auf die Soldaten zweier Weltkriege". Und im Westen konnten sie damit nicht mehr landen, niemand wollte sie da. Warum schafften sie es dann im Osten, solch einen immensen Zuspruch zu erfahren? Schau dir die letzten 30 Jahre an, was im Osten so gelaufen ist außer "blühenden Landschaften". Dort findest du knallharte ökonomische und soziale Ursachen... neben der latent vorhandenen Rechtsradikalität bei etlichen Leuten. Die AfD-Nasen sind im Bundestag die größte Oppositions-Fraktion. Leute, die Demokratie und Regierung lieber heute als morgen abschaffen wollen. Was sagst du dazu? Egal?
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Kohlhaas »

schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Jun 2021, 20:16)

'ne Angst vor nem neuen Faschismus hatte ich in der DDR-Zeit durchaus. Und ganz real.

Hier gehts ja um die Äußerungen von Wanderwitz. Und mein persönliches Fazit dazu lautet, dass es sich bei seinen Einlassungen um ein ähnlich grandioses Eigentor handelt wie das kürzlich beim Fußballspiel Deutschlands gegen Frankreich. Und das ist nichtmal (nur) meine persönliche Meinung sondern (auch) die Quintessenz des Teils der Analysen dazu, die irgendwie nachvollziehbar, vernünftig und rational klingen.
Was ist denn da nachvollziehbar, vernünftigt und rational?

Die Aussage, dass die Wessies schuld sind, wenn Ossies gern rechtsradikal wählen, ist aus meiner Sicht weder nachvollziehbar noch vernünftig noch rational.

Nochmal: Wir haben es mit dem Phänomen zu tun, dass in den neuen Bundesländern mindestens doppelt so viele Menschen bereit sind, rechtsradikalie Parteien zu wählen wie im Westen Deutschlands. Es ist ja wohl durch Wahlergebnisse empirisch bewiesen, dass es genau so ist. Und es ist ja wohl völlig bescheuert, den alten Bundesländern irgendwie anlasten zu wollen, dass es in den neuen Bundeslädern viel zu viel Rechtsradikale gibt!

Macht Euch ruhig schön schlank mit der Behauptung, dass es im Westen Deutschlands nicht anders zugeht als im Osten. Das ist und bleibt aber eine Lüge. Im Osten Deutschlands ist die Zustimmung zu rechtsradkalen Positionen mindestes doppelt so hoch wie im Westen Deutschlands. Das müsst Ihr auch irgendwann mal erklären. Die vollverblödete Aussage, dass die Wessies schuld sein müssen, weil es bei den Ossis ja staatlich verordnet nie Rechtsextremismus gab, könnt Ihr Euch getrost sonstwo hin schieben. Fakt ist und bleibt, dass rechtsradikale Thesen insbesondere in Ostdeutschland verbreitet werden und insbesondere in Ostdeutschland überdurchschnittliche Zustimmung finden. Bis hin zur Mehrheitsfägigkeit. Das ist unsäglich! Geht gar nicht!
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von schokoschendrezki »

Kohlhaas hat geschrieben:(17 Jun 2021, 20:16)

Ich bin jetzt kein Fan von Biermann. Deshalb sagt mir der Liedtitel nichts. Aber, ja, Du hast recht. Unsere Lebenswirklichkeit entsteht durch den Vollzug von Ideen und Vorstellungen.
Auch da muss ich dir sofort widersprechen. "Unsere Lebenswirklichkeit" ... wenn du damit die politische Entwicklung meinst ... entsteht durch Wahrnehmung und Durchsetzung von Machtinteressen. Die größere Geschichte wie auch die aktuelle politische Entwicklung verläuft keineswegs entlang von Ideologien, "Kulturen" oder Ideen sondern entlang von Interessenswahrnehmungen und Machterhaltungsstrategien. Darüber haben Putin und Biden jetzt in Genf verhandelt. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ideologien, Ideen, die da irgendwie von "oben" kommen sind fürs dumme Volk gemacht. Irgendwer musste sich ja dafür in Vietnam oder muss sich in der Ostukraine totschießen lassen.

Wenn ich meine eignen Ideen, Entscheidungen, meine positive Freiheit, meine Freiheit "für" dagegen setze, dann nicht, um die Machtverhältnisse in der Welt zu verändern ... sondern um meine persönliche Freiheit im Sinne von Reckwitzens Gesellschaft der Singularitäten umzusetzen. Das ist einfach Idealismus. Subjektiver Idealismus wahrscheinlich sogar.
Die Frage ist nur: Wo haben wir die Ideen und Vorstellungen her? Basteln wir uns die alle selbst? In vielen Fällen machen wir das tatsächlich. Deshalb ist Sozialisierung auch nicht mit "Prägung" zu vergleichen. Sozialisierung hat deshalb auch nichts zu tun mit den bedingten Reflexen bei den Hunden von Pawlow. Es gibt Sozialisierung aber trotzdem. Das ist für sozial lebende Wesen wie Menschen einfach unvermeidlich. Jeder Mensch muss sich bis zu einem gewissen Grad an die Normen der Gesellschaft anpassen, in der er lebt. Ich unterstelle mal, dass Du ein erwachsener Mensch bist. Und ich behaupte, dass es Dir nicht leicht fallen würde, von jetzt auf gleich in einer Gesellschaft aus Inuit (Polarkreis) oder San (Kalahari) zu leben. Du würdest Jahre brauchen, um Dich an deren Sozialverhältnisse zu gewöhnen. Du müsstest bewusst "lernen", was diese Menschen quasi mit der Muttermilch eingesogen haben. Und Du müsstest bewusst "vergessen", was Du mit der Muttermilch eingesogen hast.
:p
Nur mal so ... Bei den Inuit in Grönland wie auch in vielen Teilen Afrikas hätte ich ein Problem damit, mich an den obligatorischen Gebrauch eines Smartphones zu gewöhnen ... ich hab nicht nur keins sondern vor allem auch beschlossen keins haben zu wolllen ... auch wenn ich meinen Lebensunterhalt in der Herstellung, Durchschauung und Verfügbarmachung u.a. von Smartphone-Apps verdiene. Sprich, ich sitze mehr oder weniger den ganzen Tag über irgendwelchem Programmquellcode. Und ich hätte das Problem, dass die Inuits in Grönland oder Kanada eher Wodka und vor allem eher zuviel Wodka und andere harte Sachen trinken und ich mehr auch Weißwein stehe. Auch eine der weltweit höchsten Mordraten wie die in Grönland würde einen Aufenthalt dort jetzt nicht unbedingt verschönern. Bei den Chanten und Mansen in Nordwest-Sibirien würde ich zwar ganz ungefähr und irgendwie ahnungsweise feststellen, dass deren Sprache mit der Muttersprache meines Vaters gemeinsam zur finno-ugrischen Sprachfamilie gehört ... aber ich hätte das Problem, dass ich nicht mit der dortigen aktuellen Affinität zu Baptisten, Evangeliums-Christen und Pfingstler-Bewegungen zurechtkäme. Ähnliches würde auch für viele Regionen Brasiliens zutreffen. Ich hab mit der Muttermilch vor allem Proteine eingesogen, die mein Gehirn in die Lage versetzt haben, eine Sprache und das Einmaleins zu lernen.
Zuletzt geändert von schokoschendrezki am Do 17. Jun 2021, 21:03, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von JJazzGold »

schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Jun 2021, 17:53)

Das ist eine gute Frage. Wenn auch eine nur theoretische. So viel und lange muss man nicht überlegen, um zu der Einsicht zu kommen, dass sie das nicht tun wird.

Weitaus eher relevant wird diese Frage bei Parteien, die man so ganz grob als "ökofaschistisch" einordnen kann. Der "Reichsführer SS" Heinrich Himmler ist das vielleicht bekannteste Beispiel für einen Ökofaschisten. Für einen Vollwertkost und Germanenkult liebenden NS-Ideologen. Ein anderes Beispiel wäre die Eugenik-Politik der schwedischen Sozialdemokratie. Alva und Gunnar Myrdal. Ich habe das verkürzt. Natürlich gibt es grundsätzliche sozusagen "vorgeschaltete" Ausschlusskriterien. Und dann, danach eine Auswahl nach persönlichen Präferenzen.

Auf keinen Fall stelle ich mich jedenfalls in irgendeine durch soziale Prägung erfolgte Tradition. Weil meine Eltern und Vorgänger schon immer Sozialdemokraten waren. Oder Antroposophie-Liebhaber. Oder konservative Katholiken. Oder DDR-Nostalgiker.
Es scheint doch eine funktionierende Hemmschwelle bei Ihnen zu geben.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von BlueMonday »

Selina hat geschrieben:(17 Jun 2021, 20:37)

Ja klar ist diese Äußerung Mist. Ich finde aber gut, dass du diesen Thread eröffnet hast und glaube, dass man hier durchaus diskutieren kann, was es denn dann ist, wenn nicht "diktatursozialisiert". Warum wählen im Osten so viele die AfD?
Viel naheliegender könnte man da auch "diskutieren", wieso die Linke etwa in Thüringen immer noch und wieder derartige Ergebnisse einfährt. Ob dies etwa mit den "Prägungen" aus dem Leben und den vergangenen Erfahrungen in der DDR noch zu tun haben könnte und inwiefern die Mitglieder und Wähler dieser Partei tatsächlich und nicht nur lippenbekennend in "der Demokratie" angekommen sind - was auch immer der Altbundesbürger darunter verstehen mag, denn dessen Verständnis davon wird ja mit viel Chuzpe als definierend hingestellt. Also etwas, zu dem der ehemalige DDR-Bürger nebst Nachkommenschaft erst hingeführt, hingebildet, hinbelehrt werden musste und muss, schließlich lebte der ja lange ahnungslose 40 Jahre in einer Diktatur hinter einer hohen Mauer. Sofern er überhaupt noch "erreichbar" ist. Wie will man so etwas von "Demokratie" wissen und vor allem wissen, an welcher Stelle der wackere Demokrat sein Kreuz zu machen hat.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von JJazzGold »

Vongole hat geschrieben:(17 Jun 2021, 17:54)

Durch ihre bloße Gegenwart.
Für viele im Osten - nicht nur in Deutschland- blieb der "Gegner" einfach derselbe, nämlich das globalisierte kapitalistische System, das nur anfangs als Befreiung wahrgenommen wurde.
Zusammen mit der mangelnden Aufarbeitung und der inneren, sprich ostdeutschen Auseinandersetzung mit dem sozialistischen Unrechtsstaat DDR ergibt das die Mischung aus Linke und AfD.
Putin (Russland) gut, USA (stellvertretend für den Westen) ganz schlecht.
Und natürlich, um das nicht zu vernachlässigen, auch viele Fehler seitens der Bundesrepublik-West in den Anfangsjahren der Wiedervereinigung.
Oh ja, gut, dass du es erwähnst, die Fehler dürfen wir auf gar keinen Fall vergessen. ;)
Man hätte sich besser der Blaupause zur Wiedervereinigung bedienen sollen. Nur war die nirgendwo zu finden. Weder im Westen, noch im Osten der Republik. Unverständlicherweise wird das nur “den Westdeutschen“ zum Vorwurf gemacht. Wo war denn “der Ostdeutsche“ mit seiner Blaupause? Naivität lässt auf beiden Seiten rückwirkend feststellen. Guter Wille auch, aber mich deucht, da sieht's im Osten magerer aus.

Mich erinnert diese ständige Fehleraufzählung an meine Frage an eine Freundin in Zypern, “Wann werdet ihr euch vergeben und wieder eins sein“? Ihre Antwort, “Vielleicht wenn meine Generation gestorben ist“. Wie man in Sachsen-Anhalt erkennen kann, reichen ein bis zwei Generationen nicht. Teile der aussterbenden Generation murmeln konstant “Fehler“ und deren Nachkommen wählen das, was ihnen als fehlerfrei verkauft wird, entweder die Putin affine Die Linke, oder die Trump und Putin affine AfD. Läuft im Endeffekt auf's Selbe raus, “Nimm mich an die Hand und sage mir was ich tun soll.“. Funktioniert nur nicht, hat es noch nie und wird es auch nie.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von schokoschendrezki »

JJazzGold hat geschrieben:(17 Jun 2021, 20:49)

Es scheint doch eine funktionierende Hemmschwelle bei Ihnen zu geben.
Natürlich gibt es die. Selbstverständlich. Wahlentscheidungen - zumindest bei mir - funktionieren im Prinzip so, dass es im Schritt Null eine generelle Ausschließung nach gewissen Kriterien gibt. Das ist so selbstverständlich, dass man es selbst gar nicht mehr als Teil irgendeiner Entscheidung wahrnimmt. Schritt eins ist dann: Themenorientiert plus Sicherheitsorientiert. Wie weiter oben erläutert. Maximierung des minimalen Gewinns plus Minimierung des maximalen Risikos. Ich halte mich nun aber eben für eher "themenorientiert orientiert". Ich brauche - rein aus subjektiver Gewinnmaximierungsabsicht her - eine Partei, die die Zurückdrängung des motorisierten Individualverkehrs irgendwie als irgendwie halbwegs realistisches Projekt wenigstens zu versprechen scheint. Zweitens nun muss diese Partei aber auch die Garantie bieten, demokratische Strukturen, Pressefreiheit, Gewaltenteilung, Parlamentarismus zu erhalten und drittens darf nicht die Gefahr bestehen, dass diese Partei durch Dummheit, Inkompetenz, Personenübersteigerung ("Trump") das Land an die Wand fährt. So in etwa läuft das bei mir ab . Nur eines bin ich ganz sicher nicht: Traditions-, "Kultur"- oder Ideologieorientiert.
Zuletzt geändert von schokoschendrezki am Do 17. Jun 2021, 21:14, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Selina »

BlueMonday hat geschrieben:(17 Jun 2021, 21:05)

Viel naheliegender könnte man da auch "diskutieren", wieso die Linke etwa in Thüringen immer noch und wieder derartige Ergebnisse einfährt. Ob dies etwa mit den "Prägungen" aus dem Leben und den vergangenen Erfahrungen in der DDR noch zu tun haben könnte und inwiefern die Mitglieder und Wähler dieser Partei tatsächlich und nicht nur lippenbekennend in "der Demokratie" angekommen sind - was auch immer der Altbundesbürger darunter verstehen mag, denn dessen Verständnis davon wird ja mit viel Chuzpe als definierend hingestellt. Also etwas, zu dem der ehemalige DDR-Bürger nebst Nachkommenschaft erst hingeführt, hingebildet, hinbelehrt werden musste und muss, schließlich lebte der ja lange ahnungslose 40 Jahre in einer Diktatur hinter einer hohen Mauer. Sofern er überhaupt noch "erreichbar" ist. Wie will man so etwas von "Demokratie" wissen und vor allem wissen, an welcher Stelle der wackere Demokrat sein Kreuz zu machen hat.
:thumbup: :D

Schöne Kurz-Satire :D
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Teeernte »

BlueMonday hat geschrieben:(17 Jun 2021, 21:05)

Viel naheliegender könnte man da auch "diskutieren", wieso die Linke etwa in Thüringen immer noch und wieder derartige Ergebnisse einfährt. Ob dies etwa mit den "Prägungen" aus dem Leben und den vergangenen Erfahrungen in der DDR noch zu tun haben könnte und inwiefern die Mitglieder und Wähler dieser Partei tatsächlich und nicht nur lippenbekennend in "der Demokratie" angekommen sind - was auch immer der Altbundesbürger darunter verstehen mag, denn dessen Verständnis davon wird ja mit viel Chuzpe als definierend hingestellt. Also etwas, zu dem der ehemalige DDR-Bürger nebst Nachkommenschaft erst hingeführt, hingebildet, hinbelehrt werden musste und muss, schließlich lebte der ja lange ahnungslose 40 Jahre in einer Diktatur hinter einer hohen Mauer. Sofern er überhaupt noch "erreichbar" ist. Wie will man so etwas von "Demokratie" wissen und vor allem wissen, an welcher Stelle der wackere Demokrat sein Kreuz zu machen hat.
Nebenbei...
Ihren absoluten Spitzenwert erzielte die Linke zum Beispiel in der Thüringer-Wald-Gemeinde Oberhof, wo bei der aktuellen Landtagswahl 44,3 Prozent der gültigen Zweitstimmen auf die Partei des amtierenden Ministerpräsidenten entfielen.

Weiter östlich im Thüringer Schiefergebirge erreichte die AfD in der Gemeinde Paska steil herausragende 62,7 Prozent. Wie überall allerdings gilt es hier, die stark voneinander abweichenden Gemeindegrößen zu berücksichtigen. Im ländlich geprägten Paska etwa waren insgesamt nur 89 Wahlberechtigte zur Wahl zugelassen.

Landesweit gibt es nur eine einzige Gemeinden, in denen Höckes rechte "Alternative" keine einzige Zweitstimme für sich verbuchen konnte: Der kleine Ort Gerstengrund weist jedoch weitere politische Anomalien auf. In der vergleichsweise winzigen Wartburgkreis-Gemeinde, der aus der Sicht der Landeshauptstadt weit im Südwesten hinter dem Thüringer Wald liegt, fuhr Mike Mohrings CDU ein Traumergebnis von 82,9 Prozent ein, und das bei einer Wahlbeteiligung von fast 90 Prozent.

In Gerstengrund leben allerdings auch nur 49 Wahlberechtigte, von denen sich sechs gar nicht an der Wahl beteiligen wollten - und zwei einen ungültigen Wahlzettel abgaben.
https://www.n-tv.de/politik/Kuriose-Det ... 57297.html

Nun müsste man wissen - welchen Anteil die Genossen dort früher hatten...wie auch in Suhl...oder Plauen.
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Jun 2021, 21:12)

Natürlich gibt es die. Selbstverständlich. Wahlentscheidungen - zumindest bei mir - funktionieren im Prinzip so, dass es im Schritt Null eine generelle Ausschließung nach gewissen Kriterien gibt. Das ist so selbstverständlich, dass man es selbst gar nicht mehr als Teil irgendeiner Entscheidung wahrnimmt. Schritt eins ist dann: Themenorientiert plus Sicherheitsorientiert. Wie weiter oben erläutert. Maximierung des minimalen Gewinns plus Minimierung des maximalen Risikos. Ich halte mich nun aber eben für eher "themenorientiert orientiert". Ich brauche - rein aus subjektiver Gewinnmaximierungsabsicht her - eine Partei, die die Zurückdrängung des motorisierten Individualverkehrs irgendwie als irgendwie halbwegs realistisches Projekt wenigstens zu versprechen scheint. Zweitens nun muss diese Partei aber auch die Garantie bieten, demokratische Strukturen, Pressefreiheit, Gewaltenteilung, Parlamentarismus zu erhalten und drittens darf nicht die Gefahr bestehen, dass diese Partei durch Dummheit, Inkompetenz, Personenübersteigerung ("Trump") das Land an die Wand fährt. So in etwa läuft das bei mir ab . Nur eines bin ich ganz sicher nicht: Traditions-, "Kultur"- oder Ideologieorientiert.
Ich fänd auch Pazifismus ganz gut.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Jun 2021, 17:37)

Wenn nix weiter daraus folgt, als dass es so ist ... dann kann man es für eine Analyse der aktuellen gesellschafttlichen Veränderungen und des politischen Geschehens auch beiseite und unbetrachtet lassen.
Wie kommst du auf das schmale Brett?
schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Jun 2021, 17:37)Das wichtigste oder jedentalls meistbesprochenste und in zig Sprachen übersetzte Buch zur Soziologie in den letzten Jahren trägt den Original-Titel "Die Gesellschaft der Singularitäten" (Andreas Reckwitz) ... Was der Begriff "Singularität" beschreibt ist dir klar? Die Moderne zeichne sich vor allem durch eine immer größere Relevanz des "Besonderen" gegenüber dem Allgemeinen bzw. dem Verallgemeinerbaren aus. Auf allen Ebenen, Nicht nur auf der Ebene der Individuen. Aber dort natürlich auch.
Ganz abgesehen davon, dass es den Beriff Singularität in der Soziologie gar nicht gibt, ist der Buchtitel ein Oxymoron - entweder es gibt eine Gesellschaft - heißt eine unbestimmte Anzahl von Personen, die als sozial Handelnde miteinander verknüpft leben, von einander abhängig sind und direkt oder indirekt sozial interagieren oder es gibt Singularitäten.
Beides zusammen gibt es nicht.
schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Jun 2021, 17:37)Immer mehr Menschen - ich auch - betreiben ihre Interessen, ihre Projekte, ihre persönlichen Vorhaben, setzen ihre Präferenzen so, dass sie sich am Ende maximal von allen anderen Menschen unterscheiden.
Das alles ändert nichts an der Tatsche, dass dein Überleben von der Interaktion und der Kooperation anderer Mitglieder der Gemeinschaft - oder wenn dir der Begriff besser gefällt - Gesellschaft abhängig ist. Je größer die Spezialiserung der Gesellschaft, um so größer die Anzahl Menschen, von denen dein Überleben abhängt, die zur Sicherung DEINES Lebensunterhaltes beitragen.
Dabei ist es völlig irrelevant, ob du diese Menschen persönlich kennst oder nicht.
Durch ihre soziale Interaktion, ihre gegenseitige Abhängikeit voneinander und ihre Kooperation miteinander bilden alle diese Menschen eine Gemeinschaft, die zusammen das Überleben der gesamten Gemeinschaft/Gesellschaft (dauerhaft) sicherstellen.
schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Jun 2021, 17:37)Was heißt das in Bezug auf diese These vom Zusammenhang von der AfD-Präferenz und der "Diktatursozialisierung"? Dass man sie nicht einfach so mir nix dir nix als einen monokausalen Zusammenhang hinstellen kann.
Wer - außer DIR - postuliert denn einen monokausalen Zusammenhang?
Auch eine Diktatursozialisation, wie sie Wanderwitz ins Gespräch bringt, ist niemals monokausal, kein geschichtliches Ereignis - nicht ein einziges hat monokausale Ursachen und/oder Zusammenhänge.
Bereits in den frühen Achtzigern hat sich eine relativ große Gruppe mit rechtsradikalen und rechtsextremen Ansichten heraus gebildet - insbesondere unter damaligen Jugendlichen.
Die Besonderheit dieser Gruppe war, dass es sich um die Kinder von Parteikadern und hohen MfS-Angehörigen handelte.
Das mag paradox erscheinen, war aber so. Diese jungen Menschen SIND in einer Diktatur aufgewachsen und haben durch ihre eigene Sozialisation erlebt, dass es "Führungspersönlichkeiten" in einer Diktatur sehr weit bringen können, dass starke Führer wichtig sind. Diese jungen Menschen waren es, die in und durch das Wendegeschehen Brüche in den Biographien ihrer Eltern hautnah erlebten und deren Biographien selbst Brüche aufwiesen.
Das waren aber auch die jungen Menschen, unter denen rechtsextreme Gruppen aus dem Westen recht leicht neue Mitglieder rekrutieren konnten.
Und diese Menschen sind es, die ihre Affinität für eine Diktatur, ihre rechtsextreme Sichtweise an ihre eigenen Kinder weitergibt, welche ein Anhänger- und Wählerschaft der AfD bilden.
Das kann möglicherweise EINE Erklärung für die hohen Wahlerfolge der AfD im Osten sein und würde auch für Wanderwitz' These sprechen.
schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Jun 2021, 17:37)Es soll unbedingt demokratische Verhältnisse geben, Parlamentarismus, eine freie Presse, Gewaltenteilung, Rechtstaatlichkeit ... hab' ich was vergessen? Ein regelbasiertes System, das möglichst vernünftig und effektiv funktioniert. Ansonsten bekomme ich alle paar Jahre einen Wahlzettel, überlege, welche Partei sich am ehesten gegen den motorisiserten Individualverkehr einsetzt und wähle die dann. Und vergesse das ganze wieder und widme mich meinen persönlichen Interessen. Zu denen auch Politik gehört. Das ist aber kein Widerspruch. Ich weiß nix von einer "Gesellschaft"! "Kultur" ist all das, was mich persönlich interessiert und was ich persönlich und natürlich auch in Interaktion mit mir persönlich bekannten Menschen oder unter Einfluss von mir selbst für wichtig erachteten Menschen hervorbringe. Und man kann dementsprechend von meiner "Sozialisierung" (die, obwohl auf dem Territorium der DDR geschehen, dennoch keine Diktatursozialisierung war sondern eine von Aufklärung, Humanismus und Intellektualismus geprägte) nicht auf mein Wahlverhalten schließen.
Nun, du bist genau der Typus Mensch, der zum Totengräber der Demokratie wird, weil sie ihm de facto am Arxxx vorbei geht, der sein ganzes Engagement für demokratische Verhältnisse im Gang zu Wahlurne und dem Kreuzchen auf dem Wahlzettel besteht.
Darüber hinaus soll man ihn gefälligst in Ruhe lassen. Sich selbst einbringen, etwas tun - Fehlanzeige.
Auf Menschen wie dich passt der Spruch, welcher Archimedes zugesprochen wird.
Als die Römer seine Heimatstadt Syrakus angriffen, soll ihm nichts besseres eingefallen sein, als dem Überbringer der Nachricht zu sagen: "Störe meine Kreise nicht".
Dass man Demokratien, Rechtsstaatlichkeit etc nicht im Selbstlauf erhält, sondern täglich erkämpfen muss, interessiert Menschen wie dich nicht, weil sie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit nicht wirklich interessiert.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von JJazzGold »

schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Jun 2021, 21:12)

Natürlich gibt es die. Selbstverständlich. Wahlentscheidungen - zumindest bei mir - funktionieren im Prinzip so, dass es im Schritt Null eine generelle Ausschließung nach gewissen Kriterien gibt. Das ist so selbstverständlich, dass man es selbst gar nicht mehr als Teil irgendeiner Entscheidung wahrnimmt. Schritt eins ist dann: Themenorientiert plus Sicherheitsorientiert. Wie weiter oben erläutert. Maximierung des minimalen Gewinns plus Minimierung des maximalen Risikos. Ich halte mich nun aber eben für eher "themenorientiert orientiert". Ich brauche - rein aus subjektiver Gewinnmaximierungsabsicht her - eine Partei, die die Zurückdrängung des motorisierten Individualverkehrs irgendwie als irgendwie halbwegs realistisches Projekt wenigstens zu versprechen scheint. Zweitens nun muss diese Partei aber auch die Garantie bieten, demokratische Strukturen, Pressefreiheit, Gewaltenteilung, Parlamentarismus zu erhalten und drittens darf nicht die Gefahr bestehen, dass diese Partei durch Dummheit, Inkompetenz, Personenübersteigerung ("Trump") das Land an die Wand fährt. So in etwa läuft das bei mir ab . Nur eines bin ich ganz sicher nicht: Traditions-, "Kultur"- oder Ideologieorientiert.
Kriterien, die sich oft/meist bei der Wahl finden dürften, individuelles Interesse, gepaart mit gesellschaftlichem Interesse, auch wenn dies vermeintlich rein individuell wäre.

Heute Abend habe ich zufällig Donne in der Hand gehabt und geblättert. Und wie es der Zufall will, musste ich an Sie denken.

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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Ammianus »

Selina hat geschrieben:(17 Jun 2021, 18:36)

...

Offenbar verstehst du nicht, dass man auch in der DDR eine humanistische Bildung genießen und sich ebenfalls frei fühlen konnte. Ich rede nicht von Reisefreiheit, sondern von freiem Denken.

...
Aber nur, so lange man nicht am falschen Ort, vor den falschen Leuten das Falsche sagte. Wenn man nichts werden wollte außer einfacher Facharbeiter, dann ging das vielleicht. Wobei, war man der Meinung, nicht Mitglied des FDGB (DDR-Pseudogewerkschaft), der FDJ (Freie Deutsche Jugend, so frei wie eine gerade ins Netz gegangene Fliege), der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft, seien zu müssen, dann wurde das schon problematisch. Oder man machte es wie morgen ein großer Teil der Iraner es tun wird. Man ging nicht zu den Scheinwahlen, die aller paar Jahre mit fast 100% Wahlbeteiligung stattfanden. Das wurde dann an den Betrieb gemeldet und es gab Druck.

Und wenn man etwas werden, vielleicht studieren, wollte. Dann war man entweder dem Sozialismus und der Partei der Arbeiterklasse treu ergeben, brachte das zum Ausdruck oder man täuschte es vor. Da war dann jeder Aufsatz voller Heuchelei und Lüge und man wusste es. Freies Denken im Sinne des Eurokommunismus, Biermanns und Rudolf Barows (der bekam ein vieljähriges Terrorurteil, wurde aber nach der Amnestierung zum 30. Jahrestag der DDR in den Westen abgeschoben). Um hier Beispiele aus den 70er zu nennen. Freies Denken? Was ist mit dem Renft-Verbot? Die DDR war ein beschissener Unrechtsstaat in dem man sich in einer Nische einrichten konnte um so einigermaßen durchzukommen und das Beste draus zu machen wenn man nicht Jahre des Terrors und nicht unwahrscheinlicher Haft auf sich nehmen wollte um da rauszukommen.
"Ich möchte an einem Ort sein, an dem es keine Politik gibt, keine Waffen, keine Religion."
Libanesin Anfang August 2020
franzmannzini

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von franzmannzini »

Kohlhaas hat geschrieben:(16 Jun 2021, 20:24)
...
Wir haben die "unschöne" statistisch nachgewiesene Erkenntnis, dass in den neuen Bundesländern anteilig mindestens doppelt so viele Menschen bereit sind, demokratiefeindlichen Thesen zuzustimmen wie im Westen. Dafür muss es Gründe geben.
...
Das sind die Statistiken ("Messung") der vermuteten Symptome ("Demokratiefeindlichkeit") resultieren aus einer vermuteten Diktatursozialisierung.
Wenn die Diktatursozialisierung bis 1989 der Grund für die gegenwärtigen 30 Jahre anhaltenden Symptome sein soll,
dann müssten Biografien, in Statistiken dargelegt, eine Rolle spielen.
Wenn man von Einzelfällen, bei denen mehr über ihr Leben bekannt ist, ausgeht, mehr ist ja nicht da,
abgesehen von einer Pauschalvermutung ("Diktaturen verderben einige Menschen für immer"),
dann läßt sich das Phänomen nicht erklären.
Es gibt den Systemtreuen, den Mitläufer, den Oppositionellen, ...
Daraus läßt sich dann in betrachteten Einzelfällen nicht schließen, ob jemand aus diesen willkürlich ausgewählten, und vereinfacht zusammengefassten Personengruppen zur "Demokratiefeindlichkeit" neigt.
Auch ist es für mich immer noch fragwürdig, ob ein Kreuz bei der AFD ein sicheres Zeichen dafür ist, ob der jeweilige Ankreuzer ein "Demokratiefeind" ist.
Hier kann man natürlich die These vom "Gemeinmachen" nachschieben. :)

Thematisch dazu passend, würde ich noch Flüchtlinge erwähnen, welche ja auch sämtlichst aus Diktaturen stammen,
somit sollte es auch bei diesen einen Anteil geben, bei dem sich eine gewisse "Demokratiefeindlichkeit" zeigen müsste.
Hier kann aber nicht mit deren Wahlverhalten für die AFD gemessen werden.
Wie wird da gemessen ?

Durch diese Art der "Diskussion" wird aber auf jeden Fall vermieden, sich mit den Geschehnissen nach 1989 und deren Wirkung
auf die ehemaligen DDR-Bürger (einige) zu beschäftigen, durch die es nun 32 Jahre nicht möglich war,
den Funken der Demokratie auf diese überspringen zu lassen.
franzmannzini

Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von franzmannzini »

Teeernte hat geschrieben:(17 Jun 2021, 01:25)
Verfehlte Bildungspolitik....Der "Neuen" aus dem Westen.
...
...
Die Jungen wählen mehr AfD, die Ollen "rüsten auf" und ziehen den Zaun höher.
https://www.tagesspiegel.de/politik/wae ... 61034.html
Das wäre dann aber die "Demokratiesozialisierung" welche in die Hose gegangen ist,
also der Verantwortungsbereich nach der Diktatur des Proletariats.
Nur kann z.B. Herr Wanderwitz die Ursachen dort nicht finden, weil er dann mit dem Besen vernehmlich
vor seiner Haustür kehren müsste.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Uffhausen »

Selina hat geschrieben:(17 Jun 2021, 20:37)
Warum wählen im Osten so viele die AfD? Warum haben sich all die rechtsradikalen "Vordenker" aus dem Westen gerade den Osten für ihre Propaganda ausgesucht? Zufall? Nee. Sie wollten noch mal Karriere machen, politische und andere Karriere. Sie sind beseelt von ihrem Nationalismus und ihrer "Vaterlandsliebe" und möchten gerne "wieder stolz sein dürfen auf die Soldaten zweier Weltkriege". Und im Westen konnten sie damit nicht mehr landen, niemand wollte sie da. Warum schafften sie es dann im Osten, solch einen immensen Zuspruch zu erfahren?
Das Geheimnis müsste schon viel eher in bestimmten ehemaligen oder bestehenden politischen Systemen zu suchen sein - in meiner Stadt, im tiefen Südwesten von BaWü, gibt es zwei Russenviertel, welche seit den 90ern derart angewachsen sind, dass sie mittlerweile eigene Wahlbezirke darstellen = die Zustimmung hier für die AfD war bei der vergangenen Landtagswahl im März in beiden rund fünfmal höher (~50%), als vergleichsweise in allen anderen Wahlbezirken (~10%).
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Jun 2021, 18:34)

Das sehe ich vollkommen anders. Man ist nicht Teil des Ganzen. Niemand! Weder die SS-Manns-Tochter noch der SED-Funktionärssohn. Man kann sich höchstens entscheiden, Teil des Ganzen sein zu wollen und diese Entscheidung irgendwann später bereuen und "aufarbeiten".
Doch ist man sehr wohl! JEDES Individuum ist Teile einer Gesellschaft und damit Teil des Ganzen ==> die Gesellschaft ist das Ganze.
Jeder - jedes einzelne Individuum - trägt auf die eine oder andere Art und Weise zum Funktionieren dieser Gesellschaft bei.
Jeder, auch DU ist immer Teil des Ganzen - ob du das nun willst oder nicht. Du kannst dich nicht entscheiden, nicht zur Gesellschaft zu gehören, außerhalb der Gesellschaft und damit außerhalb jeder Gesetzgebung zu leben. Das ist eine Illusion, eine gefährliche dazu!
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Dark Angel »

Vongole hat geschrieben:(17 Jun 2021, 18:29)

Aufarbeitung gelingt nur von innen, auch durch hinterfragen der eigenen Position in einem System. Wer sich daneben stellt, nur von außen schaut, obwohl er Teil des Ganzen war, macht genau das, was meine Generation
so verachtet hat bei der nachträglichen Auseinandersetzung mit dem Nazi-Regime.
Und genau das passierte nach dem Ende der DDR, die tiefgreifende Auseinandersetzung zwischen Alt und Alt, sowie Alt und Jung, blieb aus.
Statt dessen ließ sich Jung in großen Teilen von Alt sozialisieren.
Ich stimme dir vollumfänglich zu. Aufbarbeitung kann nur von innen heraus erfolgen und muss bei jedem selbst beginnen UND Aufarbeitung ist ein sehr langwieriger und auch schmerzhafter Prozess.
Die Aufarbeitung der DDR-Geschichte und der Biographie jedes einzelnen, insbesondere durch den Einzelnen selbst blieb aus, weil sich niemand gerne eingesteht, Fehler gemacht und Fehler zugelassen zu haben. Das trifft auf "die Politik" in gleichem Maße zu, wie auf die ganz individuelle Biographie. Es ist sehr viel einfacher die Schuld bei anderen zu suchen - wie die Userin Selina das in hervorragender Art und Weise zeigt - als eine eigene "Mit"schuld einzugestehen.
JA - ich wurde in einer Diktatur sozialisiert und es hat a) sehr lange gedauert, bis ich begriffen habe, dass es sich bei der "Diktatur des Proletariats" nicht nur um eine leere Phrase gehandelt hat, sondern um die ganz reale Regierungs- und Herrschaftsform und ich habe auch den Anfängen des Widerstandes in der DDR, den sich bildenden Gruppen um Schorlemmer und Co, recht verständnislos gegenüber gestanden, aber das hat mich zum Nachdenken gebracht und zu dem Schluss, dass etwas geändert werden muss. Vom außenstehenden Beobachter wurde ich ganz allmählich zu dem Teil, der diese Veränderungen in Gang gebracht hat.
Und ja - ich hätte sogar ein wesentlich langsameres Aneinanderangleichen und Zusammenwachsen beider Staaten bis zu einer Widervereinigung präferiert, WEIL mir durchaus bewusst war, dass es sehr viele Brüche in persönlichen Biographien geben wird, so wie es eben auch einen Bruch in meiner eigenen Biographie gibt.
Mich damit auseinanderzusetzen, wie es zu diesem Bruch kommen konnte und wie ich damit umgehe, ist (aus meiner Sicht) Teil dieses Aufarbeitungsprozesses.
Zur Wende war ich Anfang Dreißig, habe also einen großen Teil meines bewussten Lebens in der DDR - in einer Diktatur - gelebt und auch wenn ich denke, recht gut in der Demokratie angekommen zu sein, ertappe ich mich hier und da immer noch, dass ich bei Debatten im Bundestag denke: "na haut hier nicht endlich mal einer auf den Tisch und sagt wo's lang geht ...".
Dabei ist mir aber sehr wohl bewusst, dass Demokratie in dieser Weise NICHT funktioniert, dass man in einer Demokratie nicht mal eben "durchregieren" (O-Ton Merkel) kann.
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Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(18 Jun 2021, 11:07)

Ich stimme dir vollumfänglich zu. Aufbarbeitung kann nur von innen heraus erfolgen und muss bei jedem selbst beginnen UND Aufarbeitung ist ein sehr langwieriger und auch schmerzhafter Prozess.
Bei der Aufarbeitung der NS-Geschichte in der bundesrepublikanischen Nachrkiegszeit wurden häufig einfach die einen Erzählungen durch andere Erzählungen ersetzt. Die Erzählung von der Überlegenheit der arischen Rasse zum Beispiel durch die Erzählung von (West)-Berlin als "Stadt der Freiheit". Die Freiheitsglocke im Schöneberger Rathaus wurde installiert. Pünklich sonntags um 12 ertönte sie, WUMM, WUMM und im RIAS, im "Rundfunk im amerikanischen Sektor" wurde ein pseudoreligiöses Gebet gesprochen:
Ich glaube an die Unantastbarkeit und an die Würde jedes einzelnen Menschen. Ich glaube, dass allen Menschen von Gott das gleiche Recht auf Freiheit gegeben wurde. Ich verspreche, jedem Angriff auf die Freiheit und der Tyrannei Widerstand zu leisten, wo auch immer sie auftreten mögen.
Am Ende glaubten die (West)-Berliner tatsächlich, dass sie in der "Stadt der Freiheit" lebten. Eigentlich auch schon zur NS-Zeit. Die Reihe der "Tyranneien" der Nachrkriegszeit, bei denen der sogenannte "Westen" nicht nur nicht eingeschritten ist sondern die er zum Teil selbst verursacht hat, ist lang und traurig.
Das ist doch keine "Aufarbeitung". Das ist - wie gesagt - die Ersetzung der einen Erzählungen durch andere Erzählungen. Für eine tatsächliche Aufarbeitung sowohl der NS-Zeit wie auch der DDR-Vergangenheit ist es nötig, beseite zu treten. Nüchtern und ohne irgendwelche Identitätsgefühle den ganzen Schlammassel zu betrachten. Und Beispiele dafür gibts ja. Von der New York Times und seinen Autoren, die schon ganz zeitig die Wahrheiten der Pentagon Papers veröffentlichten (und die - man konnte es erahnen - dafür natürlich der "Vaterlandslosigkeit" bezichtigt wurden) über die Samisdat-Publikationen von Autoren wie dem sowjetischen Dissidenten Sacharow bis hin zu Julian Assange: Immer steht am Anfang die Entscheidung, herauszutreten aus dem System. Nicht mehr "wir" sagen zu wollen. Sondern "Ich".

Hinter dieser - eigentlich erstmal vernünftig und nachvollziehbar klingenden - Forderung nach Kollektivverantwortlichkeit steht häufig genau das, was die entsprechenden Untaten, Ungerechtigkeiten usw. verursachte: Die Vorstellung von einem Volk. Als Einheit. Sowohl der DDR-Diktatur als auch der NS-Diktatur konnte man nur entgehen, indem man sich gegen die Vorstellung einer Kollektivierung wendete. Und dasselbe gilt natürlich für die "Aufarbeitung".
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(18 Jun 2021, 11:07)
JA - ich wurde in einer Diktatur sozialisiert und es hat a) sehr lange gedauert, bis ich begriffen habe, dass es sich bei der "Diktatur des Proletariats" nicht nur um eine leere Phrase gehandelt hat, sondern um die ganz reale Regierungs- und Herrschaftsform und ich habe auch den Anfängen des Widerstandes in der DDR, den sich bildenden Gruppen um Schorlemmer und Co, recht verständnislos gegenüber gestanden, aber das hat mich zum Nachdenken gebracht und zu dem Schluss, dass etwas geändert werden muss. Vom außenstehenden Beobachter wurde ich ganz allmählich zu dem Teil, der diese Veränderungen in Gang gebracht hat.
Ja. Aber dann überlege mal, wie sich ein großer Teil dieser "Wir sind das Volk"-Rufer inzwischen entwickelt hat.

In Wirklichkeit läuft es genau umgekehrt. Als kleines Kind war man in der DDR kein "außenstehender Beobachter", natürlich nicht, sondern eingebunden in alle möglichen gesellschaftlichen gewollten Einbindungen. Von der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische-Freundschaft bis hin zum FDJ-Poetenseminar.

Ich sag dir mal folgendes: Ich hab 1988, also noch zu Zeiten des staatssozialistischen Warschauer Pakts zwei Wochen an einer Sommeruniversität im ostungarischen Debrecen verbracht. Eigentlich ging es um Sprache und Dichtung. Eines Abends wurde ein Film gezeigt. Ein unsägliches, ein in seiner Unsäglichkeit kaum zu beschreibendes Machwerk. In welchem "Rumänen" als eine Art Untermenschen dargestellt wurden. Die die arme, edle ungarische Minderheit in Rumänien verfolgt.. Die Veranstalter waren der Meinung, dass sie damit sozusagen ein Zeichen des Muts gegen die sozialistische Unterdrückung setzen. Zu dem Zeitpunkt war noch immer die MSZP, die Ungarische Sozialistische Arbeiterpartei an der Macht. Die Organisatoren der Sommeruni glaubten tatsächlich, dass sie sich damit gewissermaßen als mutige Oppositionelle gegen den Sowjetkommunismus inszenieren könnten. Auch gegenüber den zahlreichen Gästen aus dem westlichen AUsland. Insbesondere aus Österreich.

Spätestens dann wurde mir klar: Du musst dich von allen WIR-Veranstaltungen absetzen. Du darfst nur und ausschließlich deine eigenen, persönlichen Ansichten vertreten. Aus den "Wir sind das Volk"-Rufern werden möglicherweise irgendwann die neuen Rufer fürs christliche Abendland werden. Ein paar Jahre später habe ich die des Nachts durch Ungarn fahrenden Züge mit Militärequipment Richtung Jugoslawienkriege fahren sehen.
Zuletzt geändert von schokoschendrezki am Fr 18. Jun 2021, 12:20, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Kohlhaas »

schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Jun 2021, 20:48)

Auch da muss ich dir sofort widersprechen. "Unsere Lebenswirklichkeit" ... wenn du damit die politische Entwicklung meinst ... entsteht durch Wahrnehmung und Durchsetzung von Machtinteressen. Die größere Geschichte wie auch die aktuelle politische Entwicklung verläuft keineswegs entlang von Ideologien, "Kulturen" oder Ideen sondern entlang von Interessenswahrnehmungen und Machterhaltungsstrategien. Darüber haben Putin und Biden jetzt in Genf verhandelt. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ideologien, Ideen, die da irgendwie von "oben" kommen sind fürs dumme Volk gemacht. Irgendwer musste sich ja dafür in Vietnam oder muss sich in der Ostukraine totschießen lassen.
Mit "unserer Lebenswirklichkeit" meinte ich tatsächlich unsere Lebenswirklichkeit. Unser tägliches Leben, das nur ganz selten von Leuten wie Biden oder Putin tangiert wird. Im Übrigen teile ich nicht Deine Interpretation, dass es in der Politik grundsätzlich nur um die Durchsetzung von Machtinteressen geht. Immerhin leben wir in einer Demokratie. Es zeugt schon von einem ziemlich eigenartigen Weltbild, wenn jemand andeutet, dass die Bürger dieses Landes bloßes Stimmvieh für ein paar Mächtige sind.
Wenn ich meine eignen Ideen, Entscheidungen, meine positive Freiheit, meine Freiheit "für" dagegen setze, dann nicht, um die Machtverhältnisse in der Welt zu verändern ... sondern um meine persönliche Freiheit im Sinne von Reckwitzens Gesellschaft der Singularitäten umzusetzen. Das ist einfach Idealismus. Subjektiver Idealismus wahrscheinlich sogar.
Das ist kein Idealismus. Es ist Traumtänzerei. Abseits jeder Realität.
Nur mal so ... Bei den Inuit in Grönland wie auch in vielen Teilen Afrikas hätte ich ein Problem damit, mich an den obligatorischen Gebrauch eines Smartphones zu gewöhnen ... ich hab nicht nur keins sondern vor allem auch beschlossen keins haben zu wolllen ... auch wenn ich meinen Lebensunterhalt in der Herstellung, Durchschauung und Verfügbarmachung u.a. von Smartphone-Apps verdiene. Sprich, ich sitze mehr oder weniger den ganzen Tag über irgendwelchem Programmquellcode. Und ich hätte das Problem, dass die Inuits in Grönland oder Kanada eher Wodka und vor allem eher zuviel Wodka und andere harte Sachen trinken und ich mehr auch Weißwein stehe. Auch eine der weltweit höchsten Mordraten wie die in Grönland würde einen Aufenthalt dort jetzt nicht unbedingt verschönern. Bei den Chanten und Mansen in Nordwest-Sibirien würde ich zwar ganz ungefähr und irgendwie ahnungsweise feststellen, dass deren Sprache mit der Muttersprache meines Vaters gemeinsam zur finno-ugrischen Sprachfamilie gehört ... aber ich hätte das Problem, dass ich nicht mit der dortigen aktuellen Affinität zu Baptisten, Evangeliums-Christen und Pfingstler-Bewegungen zurechtkäme. Ähnliches würde auch für viele Regionen Brasiliens zutreffen. Ich hab mit der Muttermilch vor allem Proteine eingesogen, die mein Gehirn in die Lage versetzt haben, eine Sprache und das Einmaleins zu lernen.
Lies nochmal in Ruhe durch, was Du da gerade geschrieben hast. Wenn Du es mit offenen Sinnen tust, wirst Du feststellen, dass Du unausgesetzt sehr tief sitzende Einstellungen formulierst, die Du gar nicht mehr hinterfragst. Du bist in hohem Maße beeinflusst von der Gesellschaft, in der Du aufgewachsen bist. In so hohem Maße, dass es Dir selbst nicht mal mehr auffällt. Und ausgerechnet Du zweifelst an, dass es sowas wie Sozialisierung gibt!

Man könnte jeden einzelnen Punkt, den Du aufgezählt hast, herausgreifen und nachweisen, dass es sich um gesellschaftlich geprägte Erscheinungen handelt. Nehmen wir zum Beispiel mal die hohe "Mordrate" unter Inuit. Fakt ist, dass viele dieser Menschen noch in Verhältnissen leben, in denen es keine "Obrigkeit" gibt. Die können nicht einfach zum Telefon greifen und die 110 wählen, wenn jemand tatsächlich oder vermeintlich ihre Rechte verletzt. Da ist in vielen Fällen nichtmal irgendwo niedergeschrieben, wer eigentlich welche Rechte hat. Wem gehört dieses Stück Land? Wer darf wo jagen? Wer darf sich auf welche Weise meiner Tochter nähern? All das ist in solchen Gesellschaften nicht allgemeinverbindlich festgelegt. Folge: Jeder muss sein Recht in die eigene Hand nehmen. Es gibt keine Polizei, es gibt keine Gerichte. Es gibt im Grunde nichtmal Gesetze.

Und das ist die Kehrseite der Medaille, die Du hier so schön als Idealvorstellung des selbst erzeugten Individualisten beschreibst. Wenn alle Leute so denken würden wie Du, dann gäbe es kein "Recht" mehr. Ich korrigiere: Es gäbe dann nur noch ein Recht: Das Recht des Stärkeren.
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Re: Diktatursozialisierung?

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Meine "Aufarbeitung" besteht garantiert nicht darin, den kulturalistischen und biologistischen Quatsch einzelner Erzkonservativer nachzubeten. Dieses neurechte Gerede hat nix mit Aufarbeitung zu tun. Im Gegenteil. Ja, genau, da wurde nur eine Erzählung durch eine andere ersetzt. Im Übrigen ist das Leben des Einzelnen sowas von konkret und individuell und überhaupt nicht kompatibel mit irgendwelchen Gemeinschafts-Ideen und Gruppen-Identitäten, so dass es immer aus dem Rahmen dieser Klischees fallen wird. Für schlichte Gemüter nicht fassbar.
Zuletzt geändert von Selina am Fr 18. Jun 2021, 12:33, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von schokoschendrezki »

Kohlhaas hat geschrieben:(18 Jun 2021, 12:16)
Man könnte jeden einzelnen Punkt, den Du aufgezählt hast, herausgreifen und nachweisen, dass es sich um gesellschaftlich geprägte Erscheinungen handelt. Nehmen wir zum Beispiel mal die hohe "Mordrate" unter Inuit. Fakt ist, dass viele dieser Menschen noch in Verhältnissen leben, in denen es keine "Obrigkeit" gibt. Die können nicht einfach zum Telefon greifen und die 110 wählen, wenn jemand tatsächlich oder vermeintlich ihre Rechte verletzt. Da ist in vielen Fällen nichtmal irgendwo niedergeschrieben, wer eigentlich welche Rechte hat. Wem gehört dieses Stück Land? Wer darf wo jagen? Wer darf sich auf welche Weise meiner Tochter nähern? All das ist in solchen Gesellschaften nicht allgemeinverbindlich festgelegt. Folge: Jeder muss sein Recht in die eigene Hand nehmen. Es gibt keine Polizei, es gibt keine Gerichte. Es gibt im Grunde nichtmal Gesetze.

Und das ist die Kehrseite der Medaille, die Du hier so schön als Idealvorstellung des selbst erzeugten Individualisten beschreibst. Wenn alle Leute so denken würden wie Du, dann gäbe es kein "Recht" mehr. Ich korrigiere: Es gäbe dann nur noch ein Recht: Das Recht des Stärkeren.
Zunächst einmal lese ich wissenschaftlich einigermaßen seriöse Statistiken und sehe darin, dass Grönland eine vergleichsweise sehr hohe Tötungs- und Alkoholismusrate hat. Das ist nicht "gesellschaftliche Prägung" sondern einfach nur Informiertheit. Ich glaube ja zu erkennen, was du meinst. Und da bin ich auch voll auf deiner Seite. Schau dir die allgemeinen Vorbehalte in Richtung Mittelosteuropa an. Ich weiß ziemlich genau, was dort tatsächlich abläuft. Die Frage ist, ob man diesen gesellschaftlichen Prägungen entkommen kann. Und ich sage: Ja. Bzw. Vielleicht auch objektiv: nein. Aber selbst dann sollte man sich als praktisch-philosophisches Modell eine Nichtprägung zulegen. Und davon ausgehen, dass man frei ist. Immer. Auch in einer Diktatur. Und dass man selbst entscheidet, wer man sein möchte.
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Beitrag von Kohlhaas »

schokoschendrezki hat geschrieben:(18 Jun 2021, 11:34)

Bei der Aufarbeitung der NS-Geschichte in der bundesrepublikanischen Nachrkiegszeit wurden häufig einfach die einen Erzählungen durch andere Erzählungen ersetzt. Die Erzählung von der Überlegenheit der arischen Rasse zum Beispiel durch die Erzählung von (West)-Berlin als "Stadt der Freiheit". Die Freiheitsglocke im Schöneberger Rathaus wurde installiert. Pünklich sonntags um 12 ertönte sie, WUMM, WUMM und im RIAS, im "Rundfunk im amerikanischen Sektor" wurde ein pseudoreligiöses Gebet gesprochen: (...)
Das ist völliger Quatsch. Zumindest in Westdeutschland hat eine Aufarbeitung der Nazi-Vergangenheit stattgefunden und findet bis heute statt. Da wurden und werden bis heute faschistische Untaten der Nazi-Zeit thematisiert und gegebenenfalls sogar juristisch verfolgt. In der DDR war das nicht so. Die DDR wurde einfach zu einem antifaschistischen Land erklärt. Und das war es dann. Welche Folgen das hatte, sieht man heute an den Wahlergebnissen der AfD. In den neuen Bundesländern wird es von einer erschreckend großen Zahl von Menschen nicht mehr als Tabubruch empfunden, rechtsradikale Demokratiefeinde und Judenhasser zu wählen.

Irgendwie habe ich das Gefühl, dass sich in dieser Diskussion manche Leute mit DDR-Biographie so aufplustern, weil sie sich persönlich "angefasst" fühlen, wenn man über ihre Vergangenheit redet. Hey Leute, kommt mal wieder runter. Ihr habt in einer Diktatur gelebt. Die Mehrheit von Euch hat sehr "angepasst" in einer Diktatur gelebt. Es tut mir leid, wenn es Euch nicht gefällt, dass man das heute noch thematisiert. Daran führt aber kein Weg vorbei. Es ist vollkommen richtig, dass z.B. auch heute noch Stasi-Unterlagen ausgewertet werden.

Das war einfach so. Ihr habt devot schweigend in einer Diktatur gelebt. Diese Tatsache mit der Behauptung leugnen zu wollen, dass Ihr ja "frei" gewesen seid, weil Ihr "humanistisch gebildet" worden seid und "frei denken" konntet, ist doch wohl nur lächerlich, oder?

Zurück zum Thema: Der Begriff "Diktatursozialisierung" hat offenbar manche Menschen tief getroffen. Vielleicht war der Begriff sogar tatsächlich falsch oder schlecht. Aber reden wir doch endlich mal über die zugrunde liegende Frage: Es gibt in der ehemaligen DDR eine erschreckend hohe Zahl von Menschen, die rechtsradikale und antismitische Meinungen teilen. Woran liegt das? Und komm mir jetzt bitte keiner mit der bescheuerten Behauptung, dass daran die Wessis schuld sind!
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von schokoschendrezki »

Selina hat geschrieben:(18 Jun 2021, 12:31)

Meine "Aufarbeitung" besteht garantiert nicht darin, den kulturalistischen und biologistischen Quatsch einzelner Erzkonservativer nachzubeten. Dieses neurechte Gerede hat nix mit Aufarbeitung zu tun. Im Gegenteil. Ja, genau, da wurde nur eine Erzählung durch eine andere ersetzt. Im Übrigen ist das Leben des Einzelnen sowas von konkret und individuell und überhaupt nicht kompatibel mit irgendwelchen Gemeinschafts-Ideen und Gruppen-Identitäten, so dass es immer aus dem Rahmen dieser Klischees fallen wird. Für schlichte Gemüter nicht fassbar.
Das beschreibt sowas wie das Leben in der Moderne. Man muss aufpassen, dass frühere soziologische Modelle möglicherweise einfach zeitgeschichtlich ihre Gültigkeit verlieren. Ganz im Sinne von Reckwitzens "Die Gesellschaft der Singularitäten". Es gibt ganz einfache Beispiele. Stettin/Szczecin zum Beispiel. Das war irgendwann mal eine deutsche Stadt, dann irgendwann mal eine polnische Stadt mit der weltweit fünftgrößten Schiffswerft. Eine polnische "Werftarbeiterstadt". Heute gibt es (so gut wie) keine Werften. Dafür das Projekt "Szczecin Floating Garden 2050." Als Vision. Und viel Optimismus, wirtschaftlichen Aufschwung, hohe Mieten und alle möglichen IT-Startup-Unternehmen. Man kommt einfach nicht mehr weiter mit solchen klassischen Sozialisierungsmodellen. Die Menschen richten sich pragmatisch auf das ein, was ist. Bzw. wollen einfach, was sie halt wollen.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Kohlhaas »

Selina hat geschrieben:(18 Jun 2021, 12:31)

Meine "Aufarbeitung" besteht garantiert nicht darin, den kulturalistischen und biologistischen Quatsch einzelner Erzkonservativer nachzubeten. Dieses neurechte Gerede hat nix mit Aufarbeitung zu tun. Im Gegenteil. Ja, genau, da wurde nur eine Erzählung durch eine andere ersetzt. Im Übrigen ist das Leben des Einzelnen sowas von konkret und individuell und überhaupt nicht kompatibel mit irgendwelchen Gemeinschafts-Ideen und Gruppen-Identitäten, so dass es immer aus dem Rahmen dieser Klischees fallen wird. Für schlichte Gemüter nicht fassbar.
Wer Deine recht diffuse Meinung nicht teilt, ist also ein "Neurechter". Sehr witzig. Nochmal für Dich zur Erinnernung: DU hast in einer Diktatur gelebt und hast Dich dort offensichtlich frei genug gefühlt. Du warst dabei nicht an Gruppen-Identitiäten geknüpft? Es gab keinen Blockwart, der Dich mit dem Lautsprecher aufgefordert hat, zur Wahl zu gehen? Es gab keinen Staat, der Dich unter Gewaltandrohung zu "staatstreuem" Verhalten aufgefordert und bei Zuwiederhandlung ("Republikflucht") notfalls sogar erschossen hätte?

Was hast Du eigentlich für Maßstäbe? Du hast Dich offensichtlich vollkommen den Gemeinschafts-Ideen der Staatsmacht untergeordnet. Was qualifiziert Dich jetzt, an unserer Kritik an diesem Verhalten Kritik zu üben? Ja, es gibt schlichte Gemüter. Frag mal Dich selbst, warum offensichtliche Tatsachen für Dich nicht fassbar sind.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Kohlhaas »

schokoschendrezki hat geschrieben:(18 Jun 2021, 12:32)

Zunächst einmal lese ich wissenschaftlich einigermaßen seriöse Statistiken und sehe darin, dass Grönland eine vergleichsweise sehr hohe Tötungs- und Alkoholismusrate hat. Das ist nicht "gesellschaftliche Prägung" sondern einfach nur Informiertheit. Ich glaube ja zu erkennen, was du meinst. Und da bin ich auch voll auf deiner Seite. Schau dir die allgemeinen Vorbehalte in Richtung Mittelosteuropa an. Ich weiß ziemlich genau, was dort tatsächlich abläuft. Die Frage ist, ob man diesen gesellschaftlichen Prägungen entkommen kann. Und ich sage: Ja. Bzw. Vielleicht auch objektiv: nein. Aber selbst dann sollte man sich als praktisch-philosophisches Modell eine Nichtprägung zulegen. Und davon ausgehen, dass man frei ist. Immer. Auch in einer Diktatur. Und dass man selbst entscheidet, wer man sein möchte.
Ich habe nicht bestritten, dass es in Grönland eine vergleichsweise hohe Tötungsrate gibt. Ich habe lediglich eine Erklärung dafür angeboten, warum das so ist und warum das etwas mit Sozialisation zu tun hat. Das erschien mir relevant, weil Du ja bestritten hast, dass es Sozialisation überhaupt gibt.

Was Du über das Leben in einer Diktatur schreibst, wird langsam echt schmerzhaft. Es gibt keine gefühlte Freiheit. In einer Diktatur zu leben und sich trotzdem frei zu fühlen, ist der Super-GAU. Schlimmer geht es gar nicht mehr. Für mich zeigt das, dass Du von dieser ausgeprägt unfreien Gesellschaft ziemlich ausgeprägt geprägt worden bist. Lebe damit. Aber hör auf so zu tun, als müssten wir Wessis das irgendwie "vorbildlich" finden.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(18 Jun 2021, 12:48)

Das beschreibt sowas wie das Leben in der Moderne. Man muss aufpassen, dass frühere soziologische Modelle möglicherweise einfach zeitgeschichtlich ihre Gültigkeit verlieren. Ganz im Sinne von Reckwitzens "Die Gesellschaft der Singularitäten". Es gibt ganz einfache Beispiele. Stettin/Szczecin zum Beispiel. Das war irgendwann mal eine deutsche Stadt, dann irgendwann mal eine polnische Stadt mit der weltweit fünftgrößten Schiffswerft. Eine polnische "Werftarbeiterstadt". Heute gibt es (so gut wie) keine Werften. Dafür das Projekt "Szczecin Floating Garden 2050." Als Vision. Und viel Optimismus, wirtschaftlichen Aufschwung, hohe Mieten und alle möglichen IT-Startup-Unternehmen. Man kommt einfach nicht mehr weiter mit solchen klassischen Sozialisierungsmodellen. Die Menschen richten sich pragmatisch auf das ein, was ist. Bzw. wollen einfach, was sie halt wollen.
Genau. Was auch temporäre Gemeinschaften nicht ausschließt, wo man zusammen an einem Gegenstand forscht, ein bestimmtes Ziel erreichen will, wozu es mehrerer Hände und Köpfe bedarf. Wo man zusammen musiziert, Theater spielt etcpp. Und danach macht jeder wieder seins. Was ich aber immer wieder feststelle: Viele Leute finden keinen Bezug zur Widersprüchlichkeit eigener und fremder Entwicklungen. Mitunter passieren solche widersprüchlichen Dinge ja fast im selben Moment. Das ist normal, wird aber oft geleugnet oder missverstanden oder als igitt abgetan. Motto: "Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht". Aber: Entwicklungen verlaufen nie linear. Das Spannendste ist es ja gerade, sich mitten in einem solchen Widerspruch zu befinden, ihn auszuhalten, aus ihm Schlüsse zu ziehen. Die jetzige gesellschaftliche Phase kann eigentlich nicht widersprüchlicher sein.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Teeernte »

Kohlhaas hat geschrieben:(18 Jun 2021, 12:16)

Mit "unserer Lebenswirklichkeit" meinte ich tatsächlich unsere Lebenswirklichkeit. Unser tägliches Leben, das nur ganz selten von Leuten wie Biden oder Putin tangiert wird. Im Übrigen teile ich nicht Deine Interpretation, dass es in der Politik grundsätzlich nur um die Durchsetzung von Machtinteressen geht. Immerhin leben wir in einer Demokratie. Es zeugt schon von einem ziemlich eigenartigen Weltbild, wenn jemand andeutet, dass die Bürger dieses Landes bloßes Stimmvieh für ein paar Mächtige sind.


Das ist kein Idealismus. Es ist Traumtänzerei. Abseits jeder Realität.

Es gäbe dann nur noch ein Recht: Das Recht des Stärkeren.
Des schnelleren präziseren Schützen.

Sozialisierung ist GUT und RICHTIG beschrieben.

Pimpfe, Jungvolk, BDM....HJ, Anfänge im Kaiserreich. DDR hatte die Jungpioniere, Thälmannpioniere, die GST...Sportschule...Jugendweiheprogramm..Patenschaften..,
Kostenfreie Fahrerlaubnis, LKW, Boot... Erlaubnis Funk...Sport - Aber auch Kindereinrichtungen - von Krippe , Kindergarten, Hort

Im Westen ?? Evangelische Jugend, Ministrantenwallfart, Jugendpastoral, Jugendseelsorge, BDKJ, Kirchlicher Weeltjugendtag..Ökomenischer Jugendkreuzweg...EKM, Jugendarbeit der Caritas..
Langsam auch Kindergarten, Hort und Krippe.

(Missbrauch der Jugend in allen Organisationen nicht zu vergessen..)

-----------------------------------------

Fehlt diese "Sozialisierung" gibt es die bekannten Probleme mit verschiedenen Migrantengruppen.

Unterschiedlich - wenn die Eltern beide arbeiten - ....OST - die "Erziehung//Sozialisierung" fast VOLL den Einrichtungen (bis zu 9h...wenige 24h) überlassen IST.
Mit Übergabe an die Einrichtung sind die Kinder der Mutterbrust entwöhnt...die Einrichtung will wenig "Arbeit" - die Kinder werden mit 1,5 Jahren "SAUBER".

West...nur Ein elternteil geht "VOLL" ....ich hab von Einzelfällen gehört - wo die Mutterbrust bis zum Schulbeginn gegeben wurde... :D :D :D ...und "Sauber" werden die Kinder im Alter von 4 Jahren. Manche Kindergärten haben kein "Mittagessen" ... also gehen die nur für wenige Stunden - und sind KEINE GanztagesEinrichtungen ...
PAMPERS-UMSATZ.

OST - die Kinder lernen schnell - dass man für bestimmte "Erzählungen" den Arsch versolht bekommt. (Westfernsehen, Politik, ....)
Bestimmte LEBENSWEISEN gesellschaftlich abgelehnt werden. (Ablehnung in die Pioniere einzutreten) Die sind aber sehr SELTEN.
Das sexuelle Leben wird "gefördert" - vom nacktbaden ...gemeischaftliche Wohnheime (Ich bedauer JEDE(N) der Nicht im gemischten Wohnheim war!!) - "Jugendspiele" ..>>Weltfestspiele.
(Filzlaustausch) Sport und Technik kostet 10 Pfennig im Monat - DTSB oder GST. (Viel Zuckerbrot - wenig Peitsche)

West ? - Eine prüde Gesellschaft - mit GEWALT ? Kirche...??

Nun Jeder hat da sicher seine "VOR" Urteile. Viele Dinge hatten früher - bis in die DDR einen militärischen Grund -aber eben auch einen wirtschaftlichen Vorteil - mit 14 hatte man - wer wollte einen Treckerschein...Mit 14 ist man in den Ferien arbeiten gegangen. Zur Jugendweihe war ein Programm gegen Nazis obligatorisch und schloss mit einem Wochenende KZ Besichtigung.

Ich zähl das zur Sozialisierung - und seh DAS als WICHTIG an.

Bis 14 würd ich das NICHT unter "Formung von Politischen Ansichten" führen. MEINE MEINUNG.
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
Kohlhaas
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Kohlhaas »

Selina hat geschrieben:(18 Jun 2021, 13:05)

Genau. Was auch temporäre Gemeinschaften nicht ausschließt, wo man zusammen an einem Gegenstand forscht, ein bestimmtes Ziel erreichen will, wozu es mehrerer Hände und Köpfe bedarf. Wo man zusammen musiziert, Theater spielt etcpp. Und danach macht jeder wieder seins. Was ich aber immer wieder feststelle: Viele Leute finden keinen Bezug zur Widersprüchlichkeit eigener und fremder Entwicklungen. Mitunter passieren solche widersprüchlichen Dinge ja fast im selben Moment. Das ist normal, wird aber oft geleugnet oder missverstanden oder als igitt abgetan. Motto: "Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht". Aber: Entwicklungen verlaufen nie linear. Das Spannendste ist es ja gerade, sich mitten in einem solchen Widerspruch zu befinden, ihn auszuhalten, aus ihm Schlüsse zu ziehen. Die jetzige gesellschaftliche Phase kann eigentlich nicht widersprüchlicher sein.
Sorry, aber Du schwafelst nur rum. Meiner Einschätzung nach machst Du das, um Deine servile Haltung in der DDR als "Lebensleistung" zu ´verkaufen.
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Selina
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Selina »

Kohlhaas hat geschrieben:(18 Jun 2021, 12:55)

Wer Deine recht diffuse Meinung nicht teilt, ist also ein "Neurechter". Sehr witzig. Nochmal für Dich zur Erinnernung: DU hast in einer Diktatur gelebt und hast Dich dort offensichtlich frei genug gefühlt. Du warst dabei nicht an Gruppen-Identitiäten geknüpft? Es gab keinen Blockwart, der Dich mit dem Lautsprecher aufgefordert hat, zur Wahl zu gehen? Es gab keinen Staat, der Dich unter Gewaltandrohung zu "staatstreuem" Verhalten aufgefordert und bei Zuwiederhandlung ("Republikflucht") notfalls sogar erschossen hätte?

Was hast Du eigentlich für Maßstäbe? Du hast Dich offensichtlich vollkommen den Gemeinschafts-Ideen der Staatsmacht untergeordnet. Was qualifiziert Dich jetzt, an unserer Kritik an diesem Verhalten Kritik zu üben? Ja, es gibt schlichte Gemüter. Frag mal Dich selbst, warum offensichtliche Tatsachen für Dich nicht fassbar sind.
Mein Vater war ein "Opfer der stalinistischen Gewaltherrschaft" und wurde nach der Wende rehabilitiert. Unsere gesamte Familie hatte damals immer unter Sippenhaft zu leiden. Trotzdem gab es in der DDR neben allen Scheußlichkeiten auch Gutes, Bewahrenswertes. Und das werde ich jederzeit wiederholen. Ich habe das im Forum aber bereits mehrfach ausführlich erläutert. Hör also auf mit deinen ständigen Unterstellungen. Auch was den Antifaschismus hüben und drüben und das Wirken von Nazigrößen nach dem Krieg in einflussreichen Ämtern anbelangt, da hast du leider ein schlechtes Geschichtswissen.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von schokoschendrezki »

Kohlhaas hat geschrieben:(18 Jun 2021, 13:15)

Sorry, aber Du schwafelst nur rum. Meiner Einschätzung nach machst Du das, um Deine servile Haltung in der DDR als "Lebensleistung" zu ´verkaufen.
Das ist aber ganz schön daneben ... versuche doch mal, bei der Sache zu bleiben.

Nochmal als Ergänzung zu meinem Beitrag weiter oben: Versuche mal, die aktuellen sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und sonstigen Entwicklungen in Stetting/Szczecin daraus ableiten, dass es sich bis Ende der 00er um eine klassische "polnische Werftarbeiterstadt" handelte. Du wirst damit nicht nur nicht weiterkommen sondern eine totale Bruchlandung erleben und auch nicht annäherungsweise verstehen, wie sich die regionalen Entwicklungen dort vollziehen. Und eine ähnliche Bruchlandung ist die "Erklärung" oder Vorhersage von irgendwelchen Wahlergebnissen in einem Ost-Bundesland aus irgendwelchen "Diktatursozialisierungen".
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von schokoschendrezki »

Teeernte hat geschrieben:(18 Jun 2021, 13:08)
Bis 14 würd ich das NICHT unter "Formung von Politischen Ansichten" führen. MEINE MEINUNG.
Nein. Wohl aber natürlich zur Bildung von allen möglichen psychologischen Problemen. Ob durch die sogenannten "Verschickungskinder" im Westen Deutschlands, die auch schonmal gezwungen wurden, ihr Erbrochenes wieder aufzuessen oder durch den Missbrauch von Kindern in kirchlichen Einrichtungen wie den Regensburger Domspatzen oder durch die Einführung des Wehrkundeunterrichts noch in der (späten) DDR durch Margot Honecker.

Wichtig ist: Jeder Mensch kann nicht nur sondern muss entscheiden, wer er sein will. Jeder Mensch ist zur Freiheit verurteilt.
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Re: Diktatursozialisierung?

Beitrag von Teeernte »

schokoschendrezki hat geschrieben:(18 Jun 2021, 13:39)

Nein. Wohl aber natürlich zur Bildung von allen möglichen psychologischen Problemen. Ob durch die sogenannten "Verschickungskinder" im Westen Deutschlands, die auch schonmal gezwungen wurden, ihr Erbrochenes wieder aufzuessen oder durch den Missbrauch von Kindern in kirchlichen Einrichtungen wie den Regensburger Domspatzen oder durch die Einführung des Wehrkundeunterrichts noch in der (späten) DDR durch Margot Honecker.

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Wehrkunde war keine Pflicht.
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